Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 7 KN 123/99 U
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 KN 44/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 14.5.2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin wegen eines Arbeitsunfalles vom 8.9.1995 Anspruch auf Verletztenrente hat.
Die am ... geborene Klägerin arbeitete am 8.9.1995 als Forstarbeiterin bei der Fa ... D .../B ...; beim Rasenmähen trat sie in eine Fahrrinne und rutschte aus. Der Durchgangsarztbericht beschrieb eine Sprunggelenkluxationsfraktur links mit Außenrotation des linken Unterschenkels, Schwellung und Verformung in Höhe des oberen Sprunggelenkes sowie Beinverkürzung. Es erfolgte eine Osteosynthese im Kreiskrankenhaus D ...; infolge der Adipositas gestaltete sich die postoperative Mobilisation schwierig, so dass die Klägerin erst am 21.10.1995 in ambulante Weiterbehandlung entlassen wurde. Am 7.11.1995 konnte sie zur Entfernung des Fixateurs erneut stationär aufgenommen werden. Mit Schreiben vom 13.11.1995 äußerte Prof. Dr. R ... vom Kreiskrankenhaus D ... die Vermutung, dass mit einer MdE in rentenberechtigendem Grade zu rechnen sei. Diese Auffassung äußerte er auch noch am 14.3.1996, als eine Beendigung der Arbeitsunfähigkeit (Anfang des II. Quar- tales 1996) abzusehen war. Mit Bescheid vom 7.2.1997 (B 162) bewilligte die Beklagte der Klägerin eine vorläufige Rente nach § 1585 Abs. 1 RVO ab dem 8.6.1996 (Wegfall der Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung). Als Folge des Arbeitsunfalles wurden anerkannt:
- Einschränkung der Auswärtsdrehung des linken Fußes um 20°, - leichte Einschränkung der Muskelfunktion des linken Fußes, - Schwellneigung im Bereich des linken oberen und unteren Sprunggelenkes im Vergleich zu rechts, - 20 cm lange reizlose Narbe über dem distalen Wadenbein links, - noch liegendes Osteosynthesematerial.
Zur Klarstellung führte die Beklagte aus, dass die Diagnosen "X-Beinstellung links mehr als rechts, Beckenschiefstand links, Beinverkürzung links, Senkfuß beidseits, rezidivierende Ischialgie, Übergewichtigkeit" nicht Folgen des Arbeitsunfalles seien.
Am 24.3.1997 schrieb die Beklagte die Klägerin an und teilte mit, dass beabsichtigt sei, ein neues Gutachten einzuholen zu der Frage, ob mittlerweile eine Änderung der Verhältnisse eingetreten sei. Sie bot der Klägerin die Gutachter Prof. Dr. R ..., D ..., Dr. G ..., L ..., und Dr. B ..., H ..., an. Die Klägerin entschied sich für eine Untersuchung durch Prof. Dr. R ... aus D ... Im 2. Rentengutachten kam Prof. Dr. R ... zu der Auffassung, dass die MdE jetzt nur noch 10 v. H. betrage. Die Beweglichkeit der Sprunggelenke sei nur noch mäßig eingeschränkt, die Fraktur sei in weitgehend anatomischer Stellung ausgeheilt. Das Gangbild sei mittlerweile besser. Dieser Einschätzung schloss sich auch der beratende Arzt der Klägerin, Dr. E ..., an.
Nach Anhörung entzog die Beklagte mit Bescheid vom 8.9.1997 die vorläufige Rente und lehnte gleichzeitig die Zahlung einer Dauerrente ab. Nunmehr bestehe nach in achsengerechter Stellung knöchern konsolidierter Sprunggelenkstrümmerfraktur links nur noch eine geringe Einschränkung der Auswärtsdrehbarkeit des linken Fußes sowie eine geringe Schwellungsneigung und eine 12 cm lange, reizlose Narbe. Die Erwerbsfähigkeit sei daher durch die Folgen des Arbeitsunfalles nicht mehr in rentenberechtigendem Grade gemindert. Auf den Widerspruch der Klägerin wurde - wiederum nach Absprache mit ihr - Prof. Dr. O ... aus H ... mit der Erstellung eines weiteren Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 16.1.1998 vertrat Prof. O ... die Auffassung, aufgrund der nachweisbaren Bewegungseinschränkungen, der beginnenden posttraumatischen Arthrose und der doch erheblich erscheinenden subjektiven Beschwerden sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % gerechtfertigt. Nachdem der beratende Arzt der Beklagten, Dr. G ..., Zweifel daran geäußert hatte, dass eine starke Einschränkung der Fußhebung links bei völlig freier Beweglichkeit des linken unteren Sprunggelenkes vorliege, bestätigte Prof. Dr. O ... auf Nachfrage noch einmal ausdrücklich diesen Befund. Daraufhin beauftragte die Beklagte Frau Prof. A ...-J ..., L ..., mit der Erstellung eines weiteren Gutachtens. In diesem Gutachten vom 7.12.1998 werden die Unfallfolgen lediglich mit einer MdE von 10 % eingeschätzt. Folgende Gesundheitsstörungen seien auf den Unfall vom 8.9.1995 zurückzuführen: - endgradige Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk links, - Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk links, - leichte Schwellneigung der Sprunggelenks- und unteren Unterschenkelregion links, - nicht funktionsbehindernde Narbenbildung, - 0,5 mm Unebenheit in der Schienenbeingelenksfläche bei seitengleich bestehenden, beginnenden arthrotischen Veränderungen im oberen Sprunggelenk links. Die MdE sei u. a. deswegen mit nur 10 v. H. zu bewerten, da eine seitengleiche Fußsohlenbeschwielung bestehe, die Umfangsmaße am Oberschenkel und am Unterschenkel ebenfalls seitengleich seien und der seitengleiche Kalksalzgehalt der Knochen (Röntgendokumentation) ebenfalls als Zeichen seitengleicher Benutzung gelten könne. Nicht als Unfallfolgen anzusehen seien die erhebliche Adipositas sowie deren Folgen, insbesondere die Senk-Spreiz-Knickfußbildung beidseits sowie die seitengleichen Verschleißerscheinungen im Bereich der Fußwurzel, der Sprunggelenke und der Kniegelenke. Die angegebenen sensiblen Störungen seien ebenfalls unfallunabhängig und durch die bekannte Bandscheibenerkrankung zu erklären. Mit Bescheid vom 22.2.1999 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Auf die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Chemnitz (SG) gemäß § 109 SGG Chefarzt Dr. M ..., Waldkrankenhaus B ... D ..., gutachterlich gehört. Dr. M ... schätzte die MdE ebenfalls mit 10 v. H. ein. Diese Einschätzung begründe sich in der nur geringgradigen Funktionseinschränkung des oberen und unteren Sprunggelenks sowie in den auf Röntgenaufnahmen nachgewiesenen geringvermehrten Verschleißerscheinungen des oberen Sprunggelenks links im Sinne einer beginnenden posttraumatischen Arthrose. Eine höhergradige Einschätzung könne eindeutig nicht erfolgen, da insbesondere auch keine Muskelminderung im Bereich des linken Beines nachweisbar sei, die bei einer Mindernutzung zu erwarten gewesen wäre. Die übrigen Gesundheitsstörungen stünden in keinem Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Die im Bereich der Lendenwirbelsäule geäußerten Beschwerden seien auf klinisch und radiologisch nachweisbare beginnende Verschleißveränderungen zurückzuführen. Die im Bereich der Hüftgelenke genannten Beschwerden seien ebenfalls auf eine radiologisch nachweisbare Verschleißerkrankung zurückzuführen. Ein Unfallzusammenhang sei nicht gegeben. Die im Bereich der Kniegelenke geäußerten Beschwerden seien ebenfalls auf eine beginnende Verschleißerkrankung zurückzuführen, wobei die Veränderungen nur als gering anzusehen und beidseits gleich anzutreffen seien. Ein Großteil der geklagten Beschwerden im Fußbereich sei auf den vorbestehenden Knick-, Senk- und Spreizfuß im Sinne einer Überlastungsreaktion (Adipositas) zurückzuführen. Des Weiteren sei radiologisch ein unterer und hinterer Fersensporn nachweisbar, der sich klinisch auch in einer deutlichen Druckschmerzhaftigkeit im Bereich des Fersenbeines nachweisen lasse.
Das SG hat daraufhin mit Urteil vom 14.5.2001 die Klage abgewiesen: Ein der völligen Versteifung des Sprunggelenks, der eine MdE von 20 % rechtfertige, vergleichbarer Zustand läge bei der Klägerin nicht vor. Nur aufgrund der subjektiven Beschwerden, die MdE auf 20 % zu erhöhen, wie es Prof. Dr. O ... vorgeschlagen habe, sei unangemessen.
Gegen das der Klägerin am 19.6.2001 mit Einschreiben übersandte Urteil richtet sich die am 16.7.2001 beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangene Berufung.
Die Klägerin trägt vor, sie sei nicht mehr in der Lage, ohne Benutzung eines Stützstrumpfes leichte Tätigkeiten über einen längeren Zeitraum auszuführen. Sie fühle sich in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Es komme zu Schwellungen und zu Taubheitsgefühl. In den letzten 5 Jahren seien keine Besserungen eingetreten, im Gegenteil. Sie sei durch die Folgen des Arbeitsunfalles einer seelischen und körperlichen Belastung ausgesetzt.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 14.5.2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8.9.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.2.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalles vom 8.9.1995 ab dem 1.10.1997 Dauerrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 14.5.2001 zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Dem Senat haben neben den Gerichtsakten beider Instanzen die Verwaltungsakten der Beklagten (3 Bände, Az.: 95.030 412/0) vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Senat konnte die Berufung der Klägerin durch einstimmigen Beschluss der Berufsrichter zurückweisen, da eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich erschien und die Beteiligten vorher gehört wurden (§ 153 Abs. 4 SGG). Auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen, § 153 Abs. 2 SGG.
Die Beklagte hat der Klägerin zu Recht die vorläufige Rente entzogen, da vor Ablauf der 2-Jahresfrist des § 1585 Abs. 2 RVO eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X eingetreten war, wobei hier im Rechtssinne von einer wesentlichen Änderung zu Ungunsten der Klägerin die Rede zu sein hat - im medizinischen Sinne haben sich allerdings die Verhältnisse zu ihren Gunsten verändert. Die erhebliche und komplizierte mehrfache Fraktur mit Fehlstellung wurde durch eine subtile Osteosynthese und anschließende längerwährende Physiotherapie behandelt. Während der ersten postoperativen Monate war nicht abzusehen, ob ein ernsthafter Dauerschaden verbleibt, von der Art der Verletzung her war dies eher zu erwarten. Erst im Januar 1997 wurde das Osteosynthese-Material vollständig entfernt. Bis zu diesem Zeitpunkt war ohnehin schon allein wegen der Fremdkörper eine merkliche Einschränkung des Gesundheitszustandes gegeben. Es zeigte sich dann aber im Folgenden, dass nahezu eine vollständige Reposition geglückt war, die von Prof. O ... diagnostizierte "beginnende posttraumatische Arthrose" hat sich nicht weiterentwickelt, vielmehr blieben die Arthrose-Zeichen minimal, auch Prof. M ... konnte im August 2000 nur dieselbe "beginnende posttraumatische Arthrose" feststellen, wie sie schon 1997 vorgelegen hatte. Diese - minimale - Arthrose betrifft lediglich das linke obere Sprunggelenk; das linke untere Sprunggelenk zeigt einen Normalbefund. Die Arthrose ist bei dem Sprunggelenk noch weniger ausgeprägt als bei den Knien. Im Gegensatz zu dem Befund bei der - unfallunabhängigen Gonarthrose - war nämlich zum Zeitpunkt der Untersuchung bei dem rechten oberen Sprunggelenk noch keine Gelenkspaltverschmälerung auszumachen. Da sich die "nachvollziehbare" Erwartung von Prof. O ..., die Arthrose des linken oberen Sprunggelenkes würde sich verschlimmern, nicht erfüllt hat, ist es also sowohl aktuell als auch für die streitbefangene Vergangenheit nicht gerechtfertigt, eine MdE in rentenberechtigendem Grade anzunehmen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach § 581 RVO - ausgedrückt in %-Sätzen - bezeichnet den durch die körperlichen, seelischen und geistigen Folgen des Versicherungsfalles bedingten Verlust an Erwerbsmöglichkeiten auf dem so genannten allgemeinen Arbeitsmarkt (vgl. BSGE I, 174, 178). Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ist die Fähigkeit, auf Erwerb gerichtete Arbeitstätigkeit auszuüben. Daraus ergibt sich, dass die Minderung oder der Ausfall von Fähigkeiten, also von Körper- oder Gliedmaßenfunktionen, den Maßstab für die Bewertung bildet und nicht etwa anatomische Defekte oder Schäden. Unfallbegutachtung ist immer Funktionsbegutachtung (vgl. Mehrhoff/Muhr, Unfallbegutachtung, 10. Aufl., S. 99). Die Erfahrungswerte (zitiert nach Mehrhoff/Muhr a. a. O., S. 154) sehen bei Verletzungen der Sprunggelenke folgende MdE-Werte vor:
Art der Verletzung MdE-Grad völlige Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks (in günstiger Stellung) 20 völlige Versteifung des oberen Sprunggelenks ab 20° Fußhebung (Hackenfuß) 40 im Winkel von 0 bis 20° Fußsenkung 20 im Winkel von mehr als 20° (Spitzfuß) 30 Versteifung des unteren Sprunggelenks 15 Versteifung des unteren Sprunggelenks und des Vorfußes 25 Versteifung des vorderen unteren Sprunggelenks 10 Sprungbeinbruch mit Verformung desselben und Sekundärarthrose bis 30
Schon diese Vergleiche zeigen, dass die bei der Klägerin gegebene geringgradige Bewegungseinschränkung, selbst wenn man eine außergewöhnliche Schmerzempfindlichkeit berücksichtigt, eine rentenberechtigende MdE von 20 nie erreichen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin wegen eines Arbeitsunfalles vom 8.9.1995 Anspruch auf Verletztenrente hat.
Die am ... geborene Klägerin arbeitete am 8.9.1995 als Forstarbeiterin bei der Fa ... D .../B ...; beim Rasenmähen trat sie in eine Fahrrinne und rutschte aus. Der Durchgangsarztbericht beschrieb eine Sprunggelenkluxationsfraktur links mit Außenrotation des linken Unterschenkels, Schwellung und Verformung in Höhe des oberen Sprunggelenkes sowie Beinverkürzung. Es erfolgte eine Osteosynthese im Kreiskrankenhaus D ...; infolge der Adipositas gestaltete sich die postoperative Mobilisation schwierig, so dass die Klägerin erst am 21.10.1995 in ambulante Weiterbehandlung entlassen wurde. Am 7.11.1995 konnte sie zur Entfernung des Fixateurs erneut stationär aufgenommen werden. Mit Schreiben vom 13.11.1995 äußerte Prof. Dr. R ... vom Kreiskrankenhaus D ... die Vermutung, dass mit einer MdE in rentenberechtigendem Grade zu rechnen sei. Diese Auffassung äußerte er auch noch am 14.3.1996, als eine Beendigung der Arbeitsunfähigkeit (Anfang des II. Quar- tales 1996) abzusehen war. Mit Bescheid vom 7.2.1997 (B 162) bewilligte die Beklagte der Klägerin eine vorläufige Rente nach § 1585 Abs. 1 RVO ab dem 8.6.1996 (Wegfall der Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung). Als Folge des Arbeitsunfalles wurden anerkannt:
- Einschränkung der Auswärtsdrehung des linken Fußes um 20°, - leichte Einschränkung der Muskelfunktion des linken Fußes, - Schwellneigung im Bereich des linken oberen und unteren Sprunggelenkes im Vergleich zu rechts, - 20 cm lange reizlose Narbe über dem distalen Wadenbein links, - noch liegendes Osteosynthesematerial.
Zur Klarstellung führte die Beklagte aus, dass die Diagnosen "X-Beinstellung links mehr als rechts, Beckenschiefstand links, Beinverkürzung links, Senkfuß beidseits, rezidivierende Ischialgie, Übergewichtigkeit" nicht Folgen des Arbeitsunfalles seien.
Am 24.3.1997 schrieb die Beklagte die Klägerin an und teilte mit, dass beabsichtigt sei, ein neues Gutachten einzuholen zu der Frage, ob mittlerweile eine Änderung der Verhältnisse eingetreten sei. Sie bot der Klägerin die Gutachter Prof. Dr. R ..., D ..., Dr. G ..., L ..., und Dr. B ..., H ..., an. Die Klägerin entschied sich für eine Untersuchung durch Prof. Dr. R ... aus D ... Im 2. Rentengutachten kam Prof. Dr. R ... zu der Auffassung, dass die MdE jetzt nur noch 10 v. H. betrage. Die Beweglichkeit der Sprunggelenke sei nur noch mäßig eingeschränkt, die Fraktur sei in weitgehend anatomischer Stellung ausgeheilt. Das Gangbild sei mittlerweile besser. Dieser Einschätzung schloss sich auch der beratende Arzt der Klägerin, Dr. E ..., an.
Nach Anhörung entzog die Beklagte mit Bescheid vom 8.9.1997 die vorläufige Rente und lehnte gleichzeitig die Zahlung einer Dauerrente ab. Nunmehr bestehe nach in achsengerechter Stellung knöchern konsolidierter Sprunggelenkstrümmerfraktur links nur noch eine geringe Einschränkung der Auswärtsdrehbarkeit des linken Fußes sowie eine geringe Schwellungsneigung und eine 12 cm lange, reizlose Narbe. Die Erwerbsfähigkeit sei daher durch die Folgen des Arbeitsunfalles nicht mehr in rentenberechtigendem Grade gemindert. Auf den Widerspruch der Klägerin wurde - wiederum nach Absprache mit ihr - Prof. Dr. O ... aus H ... mit der Erstellung eines weiteren Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 16.1.1998 vertrat Prof. O ... die Auffassung, aufgrund der nachweisbaren Bewegungseinschränkungen, der beginnenden posttraumatischen Arthrose und der doch erheblich erscheinenden subjektiven Beschwerden sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % gerechtfertigt. Nachdem der beratende Arzt der Beklagten, Dr. G ..., Zweifel daran geäußert hatte, dass eine starke Einschränkung der Fußhebung links bei völlig freier Beweglichkeit des linken unteren Sprunggelenkes vorliege, bestätigte Prof. Dr. O ... auf Nachfrage noch einmal ausdrücklich diesen Befund. Daraufhin beauftragte die Beklagte Frau Prof. A ...-J ..., L ..., mit der Erstellung eines weiteren Gutachtens. In diesem Gutachten vom 7.12.1998 werden die Unfallfolgen lediglich mit einer MdE von 10 % eingeschätzt. Folgende Gesundheitsstörungen seien auf den Unfall vom 8.9.1995 zurückzuführen: - endgradige Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk links, - Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk links, - leichte Schwellneigung der Sprunggelenks- und unteren Unterschenkelregion links, - nicht funktionsbehindernde Narbenbildung, - 0,5 mm Unebenheit in der Schienenbeingelenksfläche bei seitengleich bestehenden, beginnenden arthrotischen Veränderungen im oberen Sprunggelenk links. Die MdE sei u. a. deswegen mit nur 10 v. H. zu bewerten, da eine seitengleiche Fußsohlenbeschwielung bestehe, die Umfangsmaße am Oberschenkel und am Unterschenkel ebenfalls seitengleich seien und der seitengleiche Kalksalzgehalt der Knochen (Röntgendokumentation) ebenfalls als Zeichen seitengleicher Benutzung gelten könne. Nicht als Unfallfolgen anzusehen seien die erhebliche Adipositas sowie deren Folgen, insbesondere die Senk-Spreiz-Knickfußbildung beidseits sowie die seitengleichen Verschleißerscheinungen im Bereich der Fußwurzel, der Sprunggelenke und der Kniegelenke. Die angegebenen sensiblen Störungen seien ebenfalls unfallunabhängig und durch die bekannte Bandscheibenerkrankung zu erklären. Mit Bescheid vom 22.2.1999 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Auf die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Chemnitz (SG) gemäß § 109 SGG Chefarzt Dr. M ..., Waldkrankenhaus B ... D ..., gutachterlich gehört. Dr. M ... schätzte die MdE ebenfalls mit 10 v. H. ein. Diese Einschätzung begründe sich in der nur geringgradigen Funktionseinschränkung des oberen und unteren Sprunggelenks sowie in den auf Röntgenaufnahmen nachgewiesenen geringvermehrten Verschleißerscheinungen des oberen Sprunggelenks links im Sinne einer beginnenden posttraumatischen Arthrose. Eine höhergradige Einschätzung könne eindeutig nicht erfolgen, da insbesondere auch keine Muskelminderung im Bereich des linken Beines nachweisbar sei, die bei einer Mindernutzung zu erwarten gewesen wäre. Die übrigen Gesundheitsstörungen stünden in keinem Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Die im Bereich der Lendenwirbelsäule geäußerten Beschwerden seien auf klinisch und radiologisch nachweisbare beginnende Verschleißveränderungen zurückzuführen. Die im Bereich der Hüftgelenke genannten Beschwerden seien ebenfalls auf eine radiologisch nachweisbare Verschleißerkrankung zurückzuführen. Ein Unfallzusammenhang sei nicht gegeben. Die im Bereich der Kniegelenke geäußerten Beschwerden seien ebenfalls auf eine beginnende Verschleißerkrankung zurückzuführen, wobei die Veränderungen nur als gering anzusehen und beidseits gleich anzutreffen seien. Ein Großteil der geklagten Beschwerden im Fußbereich sei auf den vorbestehenden Knick-, Senk- und Spreizfuß im Sinne einer Überlastungsreaktion (Adipositas) zurückzuführen. Des Weiteren sei radiologisch ein unterer und hinterer Fersensporn nachweisbar, der sich klinisch auch in einer deutlichen Druckschmerzhaftigkeit im Bereich des Fersenbeines nachweisen lasse.
Das SG hat daraufhin mit Urteil vom 14.5.2001 die Klage abgewiesen: Ein der völligen Versteifung des Sprunggelenks, der eine MdE von 20 % rechtfertige, vergleichbarer Zustand läge bei der Klägerin nicht vor. Nur aufgrund der subjektiven Beschwerden, die MdE auf 20 % zu erhöhen, wie es Prof. Dr. O ... vorgeschlagen habe, sei unangemessen.
Gegen das der Klägerin am 19.6.2001 mit Einschreiben übersandte Urteil richtet sich die am 16.7.2001 beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangene Berufung.
Die Klägerin trägt vor, sie sei nicht mehr in der Lage, ohne Benutzung eines Stützstrumpfes leichte Tätigkeiten über einen längeren Zeitraum auszuführen. Sie fühle sich in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Es komme zu Schwellungen und zu Taubheitsgefühl. In den letzten 5 Jahren seien keine Besserungen eingetreten, im Gegenteil. Sie sei durch die Folgen des Arbeitsunfalles einer seelischen und körperlichen Belastung ausgesetzt.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 14.5.2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8.9.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.2.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalles vom 8.9.1995 ab dem 1.10.1997 Dauerrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 14.5.2001 zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Dem Senat haben neben den Gerichtsakten beider Instanzen die Verwaltungsakten der Beklagten (3 Bände, Az.: 95.030 412/0) vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Senat konnte die Berufung der Klägerin durch einstimmigen Beschluss der Berufsrichter zurückweisen, da eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich erschien und die Beteiligten vorher gehört wurden (§ 153 Abs. 4 SGG). Auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen, § 153 Abs. 2 SGG.
Die Beklagte hat der Klägerin zu Recht die vorläufige Rente entzogen, da vor Ablauf der 2-Jahresfrist des § 1585 Abs. 2 RVO eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X eingetreten war, wobei hier im Rechtssinne von einer wesentlichen Änderung zu Ungunsten der Klägerin die Rede zu sein hat - im medizinischen Sinne haben sich allerdings die Verhältnisse zu ihren Gunsten verändert. Die erhebliche und komplizierte mehrfache Fraktur mit Fehlstellung wurde durch eine subtile Osteosynthese und anschließende längerwährende Physiotherapie behandelt. Während der ersten postoperativen Monate war nicht abzusehen, ob ein ernsthafter Dauerschaden verbleibt, von der Art der Verletzung her war dies eher zu erwarten. Erst im Januar 1997 wurde das Osteosynthese-Material vollständig entfernt. Bis zu diesem Zeitpunkt war ohnehin schon allein wegen der Fremdkörper eine merkliche Einschränkung des Gesundheitszustandes gegeben. Es zeigte sich dann aber im Folgenden, dass nahezu eine vollständige Reposition geglückt war, die von Prof. O ... diagnostizierte "beginnende posttraumatische Arthrose" hat sich nicht weiterentwickelt, vielmehr blieben die Arthrose-Zeichen minimal, auch Prof. M ... konnte im August 2000 nur dieselbe "beginnende posttraumatische Arthrose" feststellen, wie sie schon 1997 vorgelegen hatte. Diese - minimale - Arthrose betrifft lediglich das linke obere Sprunggelenk; das linke untere Sprunggelenk zeigt einen Normalbefund. Die Arthrose ist bei dem Sprunggelenk noch weniger ausgeprägt als bei den Knien. Im Gegensatz zu dem Befund bei der - unfallunabhängigen Gonarthrose - war nämlich zum Zeitpunkt der Untersuchung bei dem rechten oberen Sprunggelenk noch keine Gelenkspaltverschmälerung auszumachen. Da sich die "nachvollziehbare" Erwartung von Prof. O ..., die Arthrose des linken oberen Sprunggelenkes würde sich verschlimmern, nicht erfüllt hat, ist es also sowohl aktuell als auch für die streitbefangene Vergangenheit nicht gerechtfertigt, eine MdE in rentenberechtigendem Grade anzunehmen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach § 581 RVO - ausgedrückt in %-Sätzen - bezeichnet den durch die körperlichen, seelischen und geistigen Folgen des Versicherungsfalles bedingten Verlust an Erwerbsmöglichkeiten auf dem so genannten allgemeinen Arbeitsmarkt (vgl. BSGE I, 174, 178). Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ist die Fähigkeit, auf Erwerb gerichtete Arbeitstätigkeit auszuüben. Daraus ergibt sich, dass die Minderung oder der Ausfall von Fähigkeiten, also von Körper- oder Gliedmaßenfunktionen, den Maßstab für die Bewertung bildet und nicht etwa anatomische Defekte oder Schäden. Unfallbegutachtung ist immer Funktionsbegutachtung (vgl. Mehrhoff/Muhr, Unfallbegutachtung, 10. Aufl., S. 99). Die Erfahrungswerte (zitiert nach Mehrhoff/Muhr a. a. O., S. 154) sehen bei Verletzungen der Sprunggelenke folgende MdE-Werte vor:
Art der Verletzung MdE-Grad völlige Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks (in günstiger Stellung) 20 völlige Versteifung des oberen Sprunggelenks ab 20° Fußhebung (Hackenfuß) 40 im Winkel von 0 bis 20° Fußsenkung 20 im Winkel von mehr als 20° (Spitzfuß) 30 Versteifung des unteren Sprunggelenks 15 Versteifung des unteren Sprunggelenks und des Vorfußes 25 Versteifung des vorderen unteren Sprunggelenks 10 Sprungbeinbruch mit Verformung desselben und Sekundärarthrose bis 30
Schon diese Vergleiche zeigen, dass die bei der Klägerin gegebene geringgradige Bewegungseinschränkung, selbst wenn man eine außergewöhnliche Schmerzempfindlichkeit berücksichtigt, eine rentenberechtigende MdE von 20 nie erreichen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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