Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 31. August 2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Der Kläger begehrt ab 1. Dezember 1996 Ausgleichsgeld für landwirtschaftliche Arbeitnehmer.
Der im November 1941 geborene Kläger war von 1985 bis 1991 als Landarbeiter bei der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) Pflanzenproduktion J , anschließend bis 30. November 1996 bei der Landgut Z GmbH beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag.
Am 29. März 1996 beantragte der Kläger bei der Beklagten Ausgleichsgeld. In der Arbeitgeberbescheinigung zum Antrag auf Ausgleichsgeld bestätigte die frühere Arbeitgeberin des Klägers, das Beschäftigungsverhältnis als Landarbeiter sei wegen Stillegung von Ackerflächen im Umfang von 134,58 ha bei einer Gesamtfläche von 822,58 ha zum 30. November 1996 beendet worden. Die frühere Arbeitgeberin des Klägers hatte in der Zeit von 1993 bis 1997 an der konjunkturellen Flächenstillegung nach der Verordnung (EWG) Nr 1765/92 teilgenommen. Die Größen der Gesamtfläche und der jeweiligen Stillegungsflächen (Angaben jeweils in ha) haben sich wie folgt verändert:
Jahr Gesamtfläche Stillegungsfläche
1993 1.033 93,81
1994 1.044 219,02
1995 1.004 216,98
1996 970 134,58
1997 1.020 90,82
Die Gesamtzahl der Beschäftigten entwickelte sich seit 1992 wie folgt:
15.06.1992 17 Vollzeit- und 2 Teilzeitkräfte
15.07.1993 17 Vollzeit- und 2 Teilzeitkräfte
15.07.1994 16 Vollzeit- und 3 Teilzeitkräfte
15.07.1995 12 Vollzeit- und 4 Teilzeitkräfte
15.07.1996 12 Vollzeit- und 4 Teilzeitkräfte
Das Landgut Z GmbH übersandte der Beklagten eine im Juni 1996 ausgestellte ärztliche Bescheinigung, nach der aus orthopädischer Sicht Arbeit, die mit schwerem Heben und Tragen in ventraler Zwangshaltung, Laufen in unebenem Gelände und Leitersteigen verbunden sei, den Gesundheitszustand des Klägers fortlaufend verschlimmern würde. Im übrigen teilte die frühere Arbeitgeberin des Klägers der Beklagten mit, dem Kläger falle die Arbeit wegen seiner angegriffenen Gesundheit zunehmend schwerer. Die Ärzte hätten zur Aufgabe des Arbeitsplatzes geraten. Eine Umsetzung im Betrieb sei nicht möglich.
Die Beklagte lehnte es ab, dem Kläger Ausgleichsgeld zu gewähren, weil seine Entlassung nicht aufgrund von Flächenstillegungsmaßnahmen erfolgt sei (Bescheid vom 29. September 1997, Widerspruchsbescheid vom 17. November 1997). Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 16. März 1999 und des Sächsischen Landessozialgerichts (LSG) vom 31. August 2000). Das LSG hat ausgeführt: Dem Kläger stehe kein Ausgleichsgeld zu, weil seine Beschäftigung nicht, wie nach § 9 Abs 1 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit - FELEG - (BGBl 1989 I, 233 idF des Gesetzes vom 19. Dezember 1998, BGBl I, 3843) erforderlich, "auf Grund" von Flächenstillegungsmaßnahmen geendet habe. Mit den Worten "auf Grund" werde ein Ursachenzusammenhang vorausgesetzt, der nach der im Recht der Sozialversicherung maßgeblichen Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung zu ermitteln sei. Dafür seien in wertender Gesamtschau regelmäßig mehrere Kriterien zu berücksichtigen, nämlich, das Motiv für die Beendigung der Beschäftigung, der innere und der zeitliche Zusammenhang zwischen Ende der Beschäftigung und Stillegung, die Proportionalität zwischen dem Verhältnis der durch die Stillegung freigesetzten Arbeitnehmer zur Gesamtzahl der Arbeitnehmer und das Verhältnis der in die Stillegung einbezogenen Flächen zur Gesamtfläche des Unternehmens. Außerdem müsse der konkrete Arbeitsplatz tatsächlich weggefallen sein und Art und Umfang der Beschäftigung des Arbeitnehmers vor der Stillegung beachtet werden. Im vorliegenden Fall fehle es an allen diesen Voraussetzungen. Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Flächenstillegung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehe hier nicht, weil die letzte maßgebliche Stillegungserhöhung 1994 erfolgt sei. Die 1995 stillgelegte Fläche mit 216,98 ha sei kleiner als die 1994 stillgelegte Fläche mit 219,02 ha. Proportionalitätsgesichtspunkte seien hier ebenfalls nicht ursächlich geworden, weil bereits 1993 und 1994 jeweils zwei Arbeitnehmer eingespart worden seien. Auch sei der Arbeitsplatz des Klägers nicht weggefallen, denn er habe noch einen Nachfolger in seine Spezialaufgaben bei der Frühjahrs- und Herbstbestellung eingearbeitet. Schließlich hätte sich bei der Tätigkeit eines Landarbeiters die Stillegung von Flächen unverzüglich und nicht erst mit einer zeitlichen Differenz von mehreren Jahren auswirken müssen. Der Aufhebungsvertrag sei wegen des Gesundheitszustandes des Klägers geschlossen worden.
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Er rügt, das LSG habe den Kausalzusammenhang zwischen Flächenstillegungen und Verlust seines Arbeitsplatzes verkannt. Für einen Ursachenzusammenhang genüge bereits, daß der Unternehmer, wie in seinem Fall geschehen, diesen Zusammenhang bestätige. Die Flächenstillegung sei zumindest mitursächlich für die Aufgabe seiner Beschäftigung geworden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 31. August 2000 und das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 16. März 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. September 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. November 1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Ausgleichsgeld ab dem 1. Dezember 1996 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
II
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ausgleichsgeld, weil seine Beschäftigung als landwirtschaftlicher Arbeitnehmer nicht aufgrund von Flächenstillegungen geendet hat. Das LSG hat die Kausalitätserfordernisse des vor allem streitigen Begriffs "auf Grund" in § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und § 13 Abs 1 FELEG nicht verkannt.
Gemäß § 9 Abs 1 Satz 1 FELEG in der hier maßgebenden Fassung des Agrarsozialreformgesetzes 1995 (ASRG 1995) vom 29. Juli 1994 (BGBl I 1890) erhalten ua Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, ein Ausgleichsgeld,
wenn - neben weiteren, hier nicht zu erörternden Voraussetzungen nach §§ 9 Abs 1, 13 Abs 1 Nr 6, 18c Abs 1 FELEG -
1. ihre Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft iS des § 1 Abs 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) auf Grund dessen Stillegung (§ 2) oder Abgabe (§ 3) endet und
2. sie in den letzten 120 Kalendermonaten vor der Antragstellung mindestens 90 Kalendermonate in Unternehmen der Landwirtschaft iS des § 1 Abs 2 des ALG, davon in den letzten 48 Kalendermonaten vor der Stillegung oder Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft mindestens 24 Kalendermonate in diesem Unternehmen hauptberuflich tätig gewesen sind.
Die Leistungen werden nach Satz 2 aaO frühestens ab Vollendung des 55. Lebensjahres, bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit ab Vollendung des 53. Lebensjahres, gewährt; das maßgebende Lebensjahr muß vor dem 1. Januar 1997 vollendet sein. Diese Vorschrift gilt gemäß § 13 Abs 1 Nr 6 FELEG entsprechend für Arbeitnehmer, deren Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft auf Grund einer Maßnahme nach Maßgabe von sonstigen (nicht in den Nr 1-5 aaO genannten) EWG-rechtlichen Vorschriften hinsichtlich einer Stillegung landwirtschaftlicher Nutzflächen endet. Gemäß § 18c Abs 1 FELEG gilt § 9 FELEG für am 1. Juli 1990 im Beitrittsgebiet ansässige und rentenversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer mit der Maßgabe, daß auf die nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 2 FELEG erforderlichen Zeiten der Tätigkeit auch Zeiten der hauptberuflichen Tätigkeit in einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, einem volkseigenen Gut oder einer vergleichbaren Einrichtung angerechnet werden. Nach § 22 Abs 3 FELEG sind die durch das ASRG 1995 erweiterten Tatbestände des § 13 Abs 1 FELEG ab 1. Januar 1995 auch dann anzuwenden, wenn sie bereits vor jenem Zeitpunkt erfüllt sind.
Das LSG hat sich in seiner Beurteilung, daß diese Voraussetzungen bei dem Kläger nicht erfüllt seien, auf eingehende Ausführungen zu den Kausalitätserfordernissen in den §§ 9 und 13 FELEG sowie auf die im einzelnen von ihm festgestellten tatsächlichen Umstände gestützt. Diese hat der Kläger nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen. Sie sind deshalb für den Senat bindend (§ 163 SGG). Die Ausführungen des LSG lassen keine Rechtsfehler erkennen. Wie vom LSG richtig erkannt, gibt der Rechtsbegriff "auf Grund" in § 9 und § 13 FELEG einen kausalen Zusammenhang iS der Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung wieder. Diese auf dem Gebiet der Sozialversicherung einheitlich angewandte Kausalitätslehre gilt auch im Regelungsbereich des FELEG (vgl dazu näher das zur Veröffentlichung bestimmte Senatsurteil vom 9. August 2001 - B 10 LW 9/00 R -).
Danach dürfen als Ursachen für das Ende der Beschäftigung eines landwirtschaftlichen Arbeitnehmers - unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes - nur die (naturwissenschaftlich wirksam gewordenen) Bedingungen angesehen werden, die wegen ihrer besonderen Beziehungen zu dem Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl zB BSG, Urteil vom 12. Juni 2001 - B 9 V 5/00 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen und BSGE 1, 72, 76). Die Beurteilung, ob eine Bedingung wesentlich und deshalb (auch) rechtlich Ursache oder Mitursache ist, stellt eine Wertentscheidung dar (vgl zB BSGE 69, 108, 113 = SozR 3-4100 § 119 Nr 6). Sie richtet sich nach der Qualität der Bedingung, die nicht davon abhängt, an welcher Stelle der Kausalkette sie steht. Insbesondere ist eine Bedingung nicht erst (oder schon) deshalb wesentlich, weil sie als letzte eingetreten ist und den Erfolg sichtbar gemacht hat (vgl BSGE 13, 40, 42 = SozR Nr 9 zu § 35 Bundesversorgungsgesetz (BVG)). Entscheidend kommt es stets auf die Umstände des einzelnen Falles an (vgl BSG SozR 2200 § 548 Nr 81). Sind zwei oder mehr Ereignisse im gleichen Maße wesentlich für den Erfolg, dann sind sie sämtlich wesentliche Bedingungen und damit Ursachen im Rechtssinn (vgl BSG SozR Nr 6 zu § 589 Reichsversicherungsordnung (RVO)); ist eine der Bedingungen oder sind mehrere Bedingungen gemeinsam gegenüber anderen Bedingungen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur jene die wesentliche Bedingung und damit die Ursache im Rechtssinne der geltenden Kausalitätslehre (vgl BSGE 12, 242, 245 f = SozR Nr 27 zu § 542 aF RVO).
Auf dieser Grundlage hat das LSG zutreffend entschieden, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht aufgrund der in seinem früheren Betrieb vorgenommenen Flächenstillegungen geendet hat. Die zur Ausfüllung des Kausalitätsbegriffs vom LSG entwickelten Kriterien hat es als nicht erfüllt angesehen und deshalb auch die Ursächlichkeit der Entlassung des Klägers nicht in den Flächenstillegungen bei seinem früheren Arbeitgeber gesehen. Dazu hat es im einzelnen festgestellt, daß im Falle des Klägers weder ein innerer Zusammenhang zwischen seiner Entlassung und früheren Flächenstillegungen noch ein zeitlicher Zusammenhang zu dem Beginn hier vorgenommener Flächenstillegungen bestanden habe und schließlich auch der Arbeitsplatz des Klägers nicht weggefallen sei.
Als alleinige Ursache für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers ist nach den Feststellungen des LSG der schlechte Gesundheitszustand des Klägers anzusehen. Darauf hatte seine frühere Arbeitgeberin die Beklagte unter Übersendung einer im Juni 1996 ausgestellten ärztlichen Bescheinigung, aus der die eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Klägers deutlich hervorging, bereits vor dessen Entlassung hingewiesen.
Eine für den Kläger günstigere Entscheidung läßt sich schließlich entgegen seiner Auffassung nicht daraus herleiten, daß seine frühere Arbeitgeberin einen Zusammenhang zwischen den vorgenommenen Flächenstillegungen und der Entlassung bescheinigt hat. Dies ist zwar in der Regel Anlaß, die Behauptung im Verwaltungs- und ggf auch im Klageverfahren zu überprüfen, die Feststellung eines derartigen Ursachenzusammenhanges obliegt im sozialgerichtlichen Verfahren jedoch allein den Gerichten. Bei seiner Beweiswürdigung war das LSG deshalb nicht an entsprechende Angaben der früheren Arbeitgeberin des Klägers zur Kausalitätsfrage gebunden, sondern mußte sich mit dem Inhalt der Bescheinigung - kritisch - auseinandersetzen und konnte - wie hier geschehen - den Ursachenzusammenhang zwischen den erfolgten Flächenstillegungen und der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses verneinen. Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht dabei nicht unterlaufen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Alterssicherung der Landwirte
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 LW 32/00 R
Datum
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
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