Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 8 KR 30/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 16/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23. November 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Beendigung ihrer Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31. Dezember 1997.
Die im ... geborene Klägerin war aufgrund einer Beschäftigung bei der Fa. Immobilienverwaltung GmbH G ... vom 19. Mai 1994 bis zum 30. Juni 1997 Pflichtmitglied bei der Beklagten. Ab 01. Juli 1997 meldete die Fa. D ... Hausverwaltung GmbH die Klägerin wieder als Pflichtmitglied bei der Beklagten an. Mit einer "Versicherungserklärung" teilte die Klägerin der Beklagten am 18. Juni 1997 mit, ab dem 01. Juli 1997 beginne ihr Arbeitsverhältnis bei der Fa. D ... Hausverwaltung GmbH. Mit Schreiben vom 08. September 1997, bei der Beklagten eingegangen am 10. September 1997, kündigte sie ihre Mitgliedschaft per 31. Dezember 1997.
Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 21. Oktober 1997 mit, sie bedauere sehr, dass die Klägerin sich für eine andere Krankenkasse entschieden habe. Ihre Entscheidung, Mitglied der Beklagten zu werden, habe sie erst in diesem Jahr getroffen. Das Krankenkassenwahlrecht lasse einen Wechsel zu einer anderen Krankenkasse erst nach Ablauf von 12 Monaten ununterbrochener Mitgliedschaft zu. Deshalb könne man ihre Mitgliedschaft nicht zum 31. Dezember 1997 beenden.
Die Klägerin erwiderte am 03. November 1997, dass ihre Mitgliedschaft nicht erst seit 12 Monaten, sondern bereits seit dem Jahr 1993 bestehe. Die Frist des § 175 Abs. 4 S. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) habe sie daher eingehalten.
Mit Schreiben vom 11. November 1997 führte die Beklagte aus, die von ihr getroffene Feststellung, dass es sich bei der vorliegenden Kündigung der Klägerin um eine unrechtmäßige Kündigung handele, begründe sich u. a. damit, dass die Klägerin zum 01. Juli 1997 eine neue Beschäftigung begonnen habe. Die davor versicherungspflichtig gültige Beschäftigung sei zum 30. Juni 1997 durch den damaligen Arbeitgeber beendet worden. Die Bindungswirkung des § 175 Abs. 4 S. 1 SGB V gelte im Übrigen auch für Versicherte, die von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch gemacht hätten und deshalb von der zur Meldung verpflichteten Stelle bei einer bestimmten Krankenkasse angemeldet worden seien. Dieser Tatbestand treffe auf den Versicherungsverlauf der Klägerin zu.
Die Klägerin erhob am 12. Februar 1998 beim Sozialgericht Leipzig Klage. Unter dem 16. April 1998 erließ die Beklagte einen ablehnenden Widerspruchsbescheid.
Auf mündliche Verhandlung hat das Sozialgericht Leipzig (SG) die Klage am 23. November 1999 abgewiesen. Das Versicherungsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten sei nicht zum 31. Dezember 1997 beendet worden. Die Klägerin habe der Beklagten auf einer vorgedruckten "Versicherungserklärung" am 18. Juni 1997 mitgeteilt, dass sie zum 01. Juli 1997 ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei der Fa. D ... Hausverwaltung aufgenommen habe. Nach Auffassung der Kammer sei bereits hierin eine Ausübung des Krankenkassenwahlrechts im Hinblick auf das neue Beschäftigungsverhältnis zu sehen. Überdies habe der Arbeitgeber die Klägerin zum 01. Juli 1997 bei der Beklagten angemeldet. Mit der wirksamen Kündigung gemäß § 175 Abs. 4 S. 2 SGB V werde die Mitgliedschaft zum Ende eines Kalenderjahres beendet. Eines gesonderten Bescheides der jeweiligen Krankenkasse bedürfe es hierüber grundsätzlich nicht. Die Schreiben der Beklagten vom 21. Oktober 1997 bzw. 11. November 1997 seien auch nicht als feststellende Verwaltungsakte über die Mitgliedschaft auszulegen.
Gegen das ihr am 04. April 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04. Mai 2000 beim Sächsischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.
Sie ist der Ansicht, sie habe nach dem Arbeitsstellenwechsel ihr Krankenkassenwahlrecht nicht ausgeübt. An die "Nichtausübung" des Krankenkassenwahlrechts und damit an dem Verbleib bei der vorherigen Krankenkasse sei sie jedoch weder nach dem Wort noch nach dem Sinn des Gesetzes gebunden. In § 175 Abs. 1 S. 1 SGB V werde davon ausgegangen, dass das Wahlrecht nur ausgeübt sei, wenn eine Erklärung gegenüber der gewählten Krankenkasse erfolge. Hiervon zu unterscheiden sei der Fall des § 175 Abs. 3 S. 2 SGB V, indem das Wahlrecht nicht ausgeübt werde, also die Erklärung gegenüber einer Krankenkasse nicht stattfinde. Die Nichtausübung des Krankenkassenwahlrechts stehe der Ausübung des Krankenkassenwahlrechts nicht gleich. Sie sei seit 1993 Mitglied der Beklagten gewesen und sei nach dem Wechsel ins neue Arbeitsverhältnis durch die Nichtausübung des Wahlrechts auch nicht erneut Mitglied der Beklagten geworden, sondern deren Mitglied geblieben. Die vorgedruckte Versicherungserklärung vom 18. Juni 1997 sei keineswegs die Ausübung des Wahlrechts, sondern lediglich eine Information an die Beklagte über den Wechsel der Arbeitsstelle, ihr sei ein Rechtsbindungswille im Hinblick auf das erneute Zustandekommen eines Versicherungsverhältnisses nicht zu entnehmen.
Die im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht anwesende und nicht vertretene Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23. November 1999 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 1998 aufzuheben und festzustellen, dass ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31. Dezember 1997 beendet ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit der ordnungsgemäß geladenen Klägerin verhandeln und entscheiden (§ 153 Abs. 1, § 110 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 1998 ist rechtmäßig. Die Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten hat nicht zum 31. Dezember 1997 geendet.
Die Klage auf Feststellung der Beendigung der Mitgliedschaft der Klägerin ist zulässig (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 SGG).
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist das Schreiben der Beklagten vom 21. Oktober 1997 als Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu qualifizieren. Obwohl dieses Schreiben nicht als "Bescheid" benannt ist und auch keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, hat die Beklagte darin - auf den Antrag der Klägerin mit Schreiben vom 08. September 1997 - eine Entscheidung dahin getroffen, dass deren Mitgliedschaft nicht zum 31. Dezember 1997 beendet werden kann, weil das Krankenkassenwahlrecht einen Wechsel zu einer anderen Krankenkasse erst nach Ablauf von 12 Monaten ununterbrochener Mitgliedschaft zulasse. Im Übrigen ist auch die Beklagte selbst von der "Regelung eines Einzelfalles" im Sinne des § 31 S. 1 SGB X ausgegangen. In ihrem Schreiben vom 11. November 1997 ist insoweit ausgeführt, sie habe eine "Feststellung" getroffen. Im Widerspruchsbescheid vom 16. April 1998 hat sie angeführt, unter dem 21. Oktober 1997 habe sie ein Kündigungsrecht zum 31. Dezember 1997 "verneint". Eine andere Sichtweise ergibt sich auch nicht aufgrund der Textpassage im Schreiben vom 21. Oktober 1997: "Uns ist natürlich an zufriedenen Kunden gelegen. Ich möchte sie gern am 28.10.1997, um 18.00 Uhr zu Hause besuchen, um die Gründe für ihren beabsichtigten Wechsel zu erfragen.". Eine Aussage zu einer Beendigung der Mitgliedschaft nach dem 31. Dezember 1997 musste von der Beklagten nicht zwangsläufig getroffen werden, sondern lediglich eine Entscheidung über den Antrag der Klägerin, ihre Mitgliedschaft zum 31. Dezember 1997 zu beenden. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände ist mithin davon auszugehen, dass der Klageantrag der Klägerin auch den streitgegenständlichen Bescheid umfasst (§ 123 SGG).
Die Klägerin hat an der begehrten Feststellung auch ein berechtigtes Interesse, das in der Unsicherheit über die Rechtslage zu sehen ist, aber auch wirtschaftlicher und finanzieller Art ist (§ 55 Abs. 1 SGG).
Die Kassenzuständigkeit ist in den §§ 173 ff. SGB V seit dem 01. Januar 1996 durch Artikel 1 Nr. 116, Artikel 35 Abs. 6 des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266) neu geregelt worden. Seitdem ist die Zuständigkeit aufgrund einer Wahl die Regel, diejenige kraft gesetzlicher Zuweisung die Ausnahme. § 173 Abs. 1 SGB V bestimmt, dass Versicherungspflichtige vorbehaltlich abweichender Sonderregelung Mitglied der von ihnen gewählten Krankenkasse sind, wobei die wählbaren Krankenkassen § 173 Abs. 2 bis 5 SGB V bestimmt. Die Ausübung des Wahlrechts ist gegenüber der gewählten Krankenkasse zu erklären (§ 175 Abs. 1 S. 1 SGB V). Nach Ausübung des Wahlrechts hat diese unverzüglich eine Mitgliedsbescheinigung auszustellen (§ 175 Abs. 2 S. 1 SGB V). Spätestens zwei Wochen nach Eintritt der Versicherungspflicht ist das Wahlrecht Versicherungspflichtiger auszuüben (§ 175 Abs. 3 S. 1 SGB V). Wird das Wahlrecht nicht ausgeübt, hat die zur Meldung verpflichtete Stelle den Versicherungspflichtigen ab Eintritt der Versicherungspflicht bei einer Krankenkasse anzumelden (§ 175 Abs. 3 S. 2 SGB V). An die Wahl der Krankenkasse ist der Versicherungspflichtige mindestens 12 Monate gebunden (§ 175 Abs. 4 S. 1 SGB V). Auf der Grundlage dieser Vorschriften stand der Klägerin im Juli 1997 ein neues Wahlrecht zu, das sie zum einen mit ihrer "Versicherungserklärung" im Juni 1997 und zum anderen durch die Meldung ihres Arbeitgebers, der Fa. D ... Hausverwaltung GmbH, für die Zeit ab 01. Juli 1997 zugunsten der Beklagten ausgeübt hat. Hieran war sie mindestens 12 Monate gebunden. Ihre Mitgliedschaft konnte sie nicht zum Jahresende 1997 kündigen.
Mit Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Fa. D ... Hausverwaltung GmbH hat die Klägerin einen neuen Versicherungspflicht-Tatbestand im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V erfüllt. Die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter beginnt mit dem Tag des Eintritts in die Beschäftigung (§ 186 Abs. 1 SGB V). Ein dergestalt neues Versicherungsverhältnis löst ein Kassenwahlrecht aus, nach dem sich künftig die Kassenzuständigkeit richtet. Das Wahlrecht bei Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung besteht auch, wenn zuvor eine Mitgliedschaft bei einer gesetzlichen Krankenkasse bestanden hat. Dies ergibt sich aus § 173 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 SGB V. Danach ist die bisherige Krankenkasse lediglich wählbar, also bei Eintritt einer neuen Versicherungspflicht nicht ohne weiteres die künftig zuständige Krankenkasse (vgl. BSG, Urteil vom 08. Oktober 1998, AZ: B 12 KR 11/98 R = SozR 3-2500 § 175 Nr. 2 = BSGE 83, 48 - 52 = NZS 1999, 340 - 342).
Aufgrund der Beschäftigungsaufnahme zum 01. Juli 1997 hat die Klägerin die Zuständigkeit der Beklagten als der bisherigen Krankenkasse begründet. Dies erfolgte zum einen im Rahmen der "Versicherungserklärung" vom Juni 1997 und zum anderen durch die Anmeldung ihres Arbeitgebers (§ 198 SGB V).
Einem Kassenwechsel zum streitgegenständlichen Zeitpunkt steht § 175 Abs. 4 S. 1 SGB V entgegen. Danach ist der Versicherungspflichtige ist an die Wahl der Krankenkasse mindestens 12 Monate gebunden. Ausweislich der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG a. a. O.) gilt § 175 Abs. 4 S. 1 SGB V, nach welchem der Versicherungspflichtige an die Wahl der Krankenkasse mindestens 12 Monate gebunden ist, auch für den Fall, dass die bisherige Krankenkasse durch die wahlersetzende Anmeldung nach § 175 Abs. 3 S. 2 SGB V ab Eintritt einer neuen Versicherungspflicht zuständig ist. Ein neuer Tatbestand der Versicherungspflicht begründet ein neues, selbständiges Versicherungsverhältnis mit neuen Wahlrechten. Dem entspricht es, dass auch die 12-monatige Bindungszeit des § 175 Abs. 4 S. 1 SGB V an die gewählte Kasse einheitlich vom Beginn dieses Versicherungsverhältnisses an läuft und nicht darauf abzustellen ist, ob diese Krankenkasse vom Versicherungspflichtigen nach § 175 Abs. 3 S. 1 SGB V oder vom Arbeitgeber nach § 175 Abs. 3 S. 2 Halbsatz 2 SGB V gewählt worden ist oder ob sie nach § 175 Abs. 3 S. 2 Halbsatz 1 SGB V unter Anmeldung durch den Arbeitgeber für das neue Versicherungsverhältnis zuständig geblieben ist (BSG a.a.O.). Diesen Ausführungen schließt sich der Senat vollinhaltlich an. Die Klägerin war daher an die Wahl der Beklagten mindestens 12 Monate ab 01. Juli 1997 gebunden. Eine Beendigung der Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31. Dezember 1997 scheidet mithin aus.
Unabhängig von dem Vorstehenden ist die Kündigung auch deshalb schon nicht wirksam, weil die Klägerin innerhalb der Kündigungsfrist eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung nicht nachgewiesen hat (vgl. § 175 Abs. 4 S. 4 SGB V).
Nach alledem hatte die Berufung keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Wegen der zu dieser Rechtsproblematik bereits schon bestehenden Rechtsprechung des BSG kam eine Zulassung der Revision nicht in Betracht (§ 160 Abs. 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Beendigung ihrer Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31. Dezember 1997.
Die im ... geborene Klägerin war aufgrund einer Beschäftigung bei der Fa. Immobilienverwaltung GmbH G ... vom 19. Mai 1994 bis zum 30. Juni 1997 Pflichtmitglied bei der Beklagten. Ab 01. Juli 1997 meldete die Fa. D ... Hausverwaltung GmbH die Klägerin wieder als Pflichtmitglied bei der Beklagten an. Mit einer "Versicherungserklärung" teilte die Klägerin der Beklagten am 18. Juni 1997 mit, ab dem 01. Juli 1997 beginne ihr Arbeitsverhältnis bei der Fa. D ... Hausverwaltung GmbH. Mit Schreiben vom 08. September 1997, bei der Beklagten eingegangen am 10. September 1997, kündigte sie ihre Mitgliedschaft per 31. Dezember 1997.
Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 21. Oktober 1997 mit, sie bedauere sehr, dass die Klägerin sich für eine andere Krankenkasse entschieden habe. Ihre Entscheidung, Mitglied der Beklagten zu werden, habe sie erst in diesem Jahr getroffen. Das Krankenkassenwahlrecht lasse einen Wechsel zu einer anderen Krankenkasse erst nach Ablauf von 12 Monaten ununterbrochener Mitgliedschaft zu. Deshalb könne man ihre Mitgliedschaft nicht zum 31. Dezember 1997 beenden.
Die Klägerin erwiderte am 03. November 1997, dass ihre Mitgliedschaft nicht erst seit 12 Monaten, sondern bereits seit dem Jahr 1993 bestehe. Die Frist des § 175 Abs. 4 S. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) habe sie daher eingehalten.
Mit Schreiben vom 11. November 1997 führte die Beklagte aus, die von ihr getroffene Feststellung, dass es sich bei der vorliegenden Kündigung der Klägerin um eine unrechtmäßige Kündigung handele, begründe sich u. a. damit, dass die Klägerin zum 01. Juli 1997 eine neue Beschäftigung begonnen habe. Die davor versicherungspflichtig gültige Beschäftigung sei zum 30. Juni 1997 durch den damaligen Arbeitgeber beendet worden. Die Bindungswirkung des § 175 Abs. 4 S. 1 SGB V gelte im Übrigen auch für Versicherte, die von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch gemacht hätten und deshalb von der zur Meldung verpflichteten Stelle bei einer bestimmten Krankenkasse angemeldet worden seien. Dieser Tatbestand treffe auf den Versicherungsverlauf der Klägerin zu.
Die Klägerin erhob am 12. Februar 1998 beim Sozialgericht Leipzig Klage. Unter dem 16. April 1998 erließ die Beklagte einen ablehnenden Widerspruchsbescheid.
Auf mündliche Verhandlung hat das Sozialgericht Leipzig (SG) die Klage am 23. November 1999 abgewiesen. Das Versicherungsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten sei nicht zum 31. Dezember 1997 beendet worden. Die Klägerin habe der Beklagten auf einer vorgedruckten "Versicherungserklärung" am 18. Juni 1997 mitgeteilt, dass sie zum 01. Juli 1997 ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei der Fa. D ... Hausverwaltung aufgenommen habe. Nach Auffassung der Kammer sei bereits hierin eine Ausübung des Krankenkassenwahlrechts im Hinblick auf das neue Beschäftigungsverhältnis zu sehen. Überdies habe der Arbeitgeber die Klägerin zum 01. Juli 1997 bei der Beklagten angemeldet. Mit der wirksamen Kündigung gemäß § 175 Abs. 4 S. 2 SGB V werde die Mitgliedschaft zum Ende eines Kalenderjahres beendet. Eines gesonderten Bescheides der jeweiligen Krankenkasse bedürfe es hierüber grundsätzlich nicht. Die Schreiben der Beklagten vom 21. Oktober 1997 bzw. 11. November 1997 seien auch nicht als feststellende Verwaltungsakte über die Mitgliedschaft auszulegen.
Gegen das ihr am 04. April 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04. Mai 2000 beim Sächsischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.
Sie ist der Ansicht, sie habe nach dem Arbeitsstellenwechsel ihr Krankenkassenwahlrecht nicht ausgeübt. An die "Nichtausübung" des Krankenkassenwahlrechts und damit an dem Verbleib bei der vorherigen Krankenkasse sei sie jedoch weder nach dem Wort noch nach dem Sinn des Gesetzes gebunden. In § 175 Abs. 1 S. 1 SGB V werde davon ausgegangen, dass das Wahlrecht nur ausgeübt sei, wenn eine Erklärung gegenüber der gewählten Krankenkasse erfolge. Hiervon zu unterscheiden sei der Fall des § 175 Abs. 3 S. 2 SGB V, indem das Wahlrecht nicht ausgeübt werde, also die Erklärung gegenüber einer Krankenkasse nicht stattfinde. Die Nichtausübung des Krankenkassenwahlrechts stehe der Ausübung des Krankenkassenwahlrechts nicht gleich. Sie sei seit 1993 Mitglied der Beklagten gewesen und sei nach dem Wechsel ins neue Arbeitsverhältnis durch die Nichtausübung des Wahlrechts auch nicht erneut Mitglied der Beklagten geworden, sondern deren Mitglied geblieben. Die vorgedruckte Versicherungserklärung vom 18. Juni 1997 sei keineswegs die Ausübung des Wahlrechts, sondern lediglich eine Information an die Beklagte über den Wechsel der Arbeitsstelle, ihr sei ein Rechtsbindungswille im Hinblick auf das erneute Zustandekommen eines Versicherungsverhältnisses nicht zu entnehmen.
Die im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht anwesende und nicht vertretene Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23. November 1999 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 1998 aufzuheben und festzustellen, dass ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31. Dezember 1997 beendet ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit der ordnungsgemäß geladenen Klägerin verhandeln und entscheiden (§ 153 Abs. 1, § 110 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 1998 ist rechtmäßig. Die Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten hat nicht zum 31. Dezember 1997 geendet.
Die Klage auf Feststellung der Beendigung der Mitgliedschaft der Klägerin ist zulässig (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 SGG).
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist das Schreiben der Beklagten vom 21. Oktober 1997 als Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu qualifizieren. Obwohl dieses Schreiben nicht als "Bescheid" benannt ist und auch keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, hat die Beklagte darin - auf den Antrag der Klägerin mit Schreiben vom 08. September 1997 - eine Entscheidung dahin getroffen, dass deren Mitgliedschaft nicht zum 31. Dezember 1997 beendet werden kann, weil das Krankenkassenwahlrecht einen Wechsel zu einer anderen Krankenkasse erst nach Ablauf von 12 Monaten ununterbrochener Mitgliedschaft zulasse. Im Übrigen ist auch die Beklagte selbst von der "Regelung eines Einzelfalles" im Sinne des § 31 S. 1 SGB X ausgegangen. In ihrem Schreiben vom 11. November 1997 ist insoweit ausgeführt, sie habe eine "Feststellung" getroffen. Im Widerspruchsbescheid vom 16. April 1998 hat sie angeführt, unter dem 21. Oktober 1997 habe sie ein Kündigungsrecht zum 31. Dezember 1997 "verneint". Eine andere Sichtweise ergibt sich auch nicht aufgrund der Textpassage im Schreiben vom 21. Oktober 1997: "Uns ist natürlich an zufriedenen Kunden gelegen. Ich möchte sie gern am 28.10.1997, um 18.00 Uhr zu Hause besuchen, um die Gründe für ihren beabsichtigten Wechsel zu erfragen.". Eine Aussage zu einer Beendigung der Mitgliedschaft nach dem 31. Dezember 1997 musste von der Beklagten nicht zwangsläufig getroffen werden, sondern lediglich eine Entscheidung über den Antrag der Klägerin, ihre Mitgliedschaft zum 31. Dezember 1997 zu beenden. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände ist mithin davon auszugehen, dass der Klageantrag der Klägerin auch den streitgegenständlichen Bescheid umfasst (§ 123 SGG).
Die Klägerin hat an der begehrten Feststellung auch ein berechtigtes Interesse, das in der Unsicherheit über die Rechtslage zu sehen ist, aber auch wirtschaftlicher und finanzieller Art ist (§ 55 Abs. 1 SGG).
Die Kassenzuständigkeit ist in den §§ 173 ff. SGB V seit dem 01. Januar 1996 durch Artikel 1 Nr. 116, Artikel 35 Abs. 6 des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266) neu geregelt worden. Seitdem ist die Zuständigkeit aufgrund einer Wahl die Regel, diejenige kraft gesetzlicher Zuweisung die Ausnahme. § 173 Abs. 1 SGB V bestimmt, dass Versicherungspflichtige vorbehaltlich abweichender Sonderregelung Mitglied der von ihnen gewählten Krankenkasse sind, wobei die wählbaren Krankenkassen § 173 Abs. 2 bis 5 SGB V bestimmt. Die Ausübung des Wahlrechts ist gegenüber der gewählten Krankenkasse zu erklären (§ 175 Abs. 1 S. 1 SGB V). Nach Ausübung des Wahlrechts hat diese unverzüglich eine Mitgliedsbescheinigung auszustellen (§ 175 Abs. 2 S. 1 SGB V). Spätestens zwei Wochen nach Eintritt der Versicherungspflicht ist das Wahlrecht Versicherungspflichtiger auszuüben (§ 175 Abs. 3 S. 1 SGB V). Wird das Wahlrecht nicht ausgeübt, hat die zur Meldung verpflichtete Stelle den Versicherungspflichtigen ab Eintritt der Versicherungspflicht bei einer Krankenkasse anzumelden (§ 175 Abs. 3 S. 2 SGB V). An die Wahl der Krankenkasse ist der Versicherungspflichtige mindestens 12 Monate gebunden (§ 175 Abs. 4 S. 1 SGB V). Auf der Grundlage dieser Vorschriften stand der Klägerin im Juli 1997 ein neues Wahlrecht zu, das sie zum einen mit ihrer "Versicherungserklärung" im Juni 1997 und zum anderen durch die Meldung ihres Arbeitgebers, der Fa. D ... Hausverwaltung GmbH, für die Zeit ab 01. Juli 1997 zugunsten der Beklagten ausgeübt hat. Hieran war sie mindestens 12 Monate gebunden. Ihre Mitgliedschaft konnte sie nicht zum Jahresende 1997 kündigen.
Mit Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Fa. D ... Hausverwaltung GmbH hat die Klägerin einen neuen Versicherungspflicht-Tatbestand im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V erfüllt. Die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter beginnt mit dem Tag des Eintritts in die Beschäftigung (§ 186 Abs. 1 SGB V). Ein dergestalt neues Versicherungsverhältnis löst ein Kassenwahlrecht aus, nach dem sich künftig die Kassenzuständigkeit richtet. Das Wahlrecht bei Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung besteht auch, wenn zuvor eine Mitgliedschaft bei einer gesetzlichen Krankenkasse bestanden hat. Dies ergibt sich aus § 173 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 SGB V. Danach ist die bisherige Krankenkasse lediglich wählbar, also bei Eintritt einer neuen Versicherungspflicht nicht ohne weiteres die künftig zuständige Krankenkasse (vgl. BSG, Urteil vom 08. Oktober 1998, AZ: B 12 KR 11/98 R = SozR 3-2500 § 175 Nr. 2 = BSGE 83, 48 - 52 = NZS 1999, 340 - 342).
Aufgrund der Beschäftigungsaufnahme zum 01. Juli 1997 hat die Klägerin die Zuständigkeit der Beklagten als der bisherigen Krankenkasse begründet. Dies erfolgte zum einen im Rahmen der "Versicherungserklärung" vom Juni 1997 und zum anderen durch die Anmeldung ihres Arbeitgebers (§ 198 SGB V).
Einem Kassenwechsel zum streitgegenständlichen Zeitpunkt steht § 175 Abs. 4 S. 1 SGB V entgegen. Danach ist der Versicherungspflichtige ist an die Wahl der Krankenkasse mindestens 12 Monate gebunden. Ausweislich der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG a. a. O.) gilt § 175 Abs. 4 S. 1 SGB V, nach welchem der Versicherungspflichtige an die Wahl der Krankenkasse mindestens 12 Monate gebunden ist, auch für den Fall, dass die bisherige Krankenkasse durch die wahlersetzende Anmeldung nach § 175 Abs. 3 S. 2 SGB V ab Eintritt einer neuen Versicherungspflicht zuständig ist. Ein neuer Tatbestand der Versicherungspflicht begründet ein neues, selbständiges Versicherungsverhältnis mit neuen Wahlrechten. Dem entspricht es, dass auch die 12-monatige Bindungszeit des § 175 Abs. 4 S. 1 SGB V an die gewählte Kasse einheitlich vom Beginn dieses Versicherungsverhältnisses an läuft und nicht darauf abzustellen ist, ob diese Krankenkasse vom Versicherungspflichtigen nach § 175 Abs. 3 S. 1 SGB V oder vom Arbeitgeber nach § 175 Abs. 3 S. 2 Halbsatz 2 SGB V gewählt worden ist oder ob sie nach § 175 Abs. 3 S. 2 Halbsatz 1 SGB V unter Anmeldung durch den Arbeitgeber für das neue Versicherungsverhältnis zuständig geblieben ist (BSG a.a.O.). Diesen Ausführungen schließt sich der Senat vollinhaltlich an. Die Klägerin war daher an die Wahl der Beklagten mindestens 12 Monate ab 01. Juli 1997 gebunden. Eine Beendigung der Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31. Dezember 1997 scheidet mithin aus.
Unabhängig von dem Vorstehenden ist die Kündigung auch deshalb schon nicht wirksam, weil die Klägerin innerhalb der Kündigungsfrist eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung nicht nachgewiesen hat (vgl. § 175 Abs. 4 S. 4 SGB V).
Nach alledem hatte die Berufung keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Wegen der zu dieser Rechtsproblematik bereits schon bestehenden Rechtsprechung des BSG kam eine Zulassung der Revision nicht in Betracht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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