L 1 KR 20/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 13 KR 130/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 20/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 12. April 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung der Differenz zwischen von ihr geleisteter Umlagebeiträgen und den von ihr erhaltenen Erstattungsbeträgen nach dem Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheitsfalle (Lohnfortzahlungsgesetz - LFZG).

Die Klägerin betreibt ein Zahntechnisches Labor. Gegenüber der Beklagten gab sie am 30. März 1992 an, der Betrieb habe am 01. Januar 1991 bestanden, die Zahl der Beschäftigten habe am 01. jeden Monats unter 30 gelegen. Von der Beklagten wurde daraufhin eine Umlagepflicht (U 1 und U 2) für das Jahr 1991 und das Jahr 1992 festgestellt. Zumindest für den Zeitraum von Januar 1995 bis Oktober 1996 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten Erstattungen für Lohnfortzahlung und Mutterschaftsgeld geltend, die entsprechend befriedigt wurden.

Mit Schreiben vom 12. Dezember 1996 teilte die Beklagte der Klägerin mit, von deren Steuerbüro sei sie vor einiger Zeit mit dem Tatbestand konfrontiert worden, dass die Anzahl der Beschäftigten seit 1994 mehr als 30 betrage. Somit sei die Teilnahme am Umlageverfahren ab dem Jahr 1994 in Frage gestellt. Sie verschicke am Ende eines jeden Jahres Fragebögen bezüglich der Feststellung zur Teilnahme am Umlageverfahren für das kommende Jahr. Wenn kein ausgefüllter Fragebogen zurückgeschickt werde, werde automatisch der Stand vom Vorjahr übernommen. Von den Unterlagen der Klägerin liege ihr der letzte ausgefüllte Fragebogen aus dem Jahre 1992 vor. Die gestellten Lohnfortzahlungserstattungsaufträge seien auch bis zum heutigen Zeitpunkt von ihr erstattet worden. Da sie auf die Mitteilung von Veränderungen des Arbeitgebers angewiesen sei und ebenfalls seit 1994 das Risiko der Rückerstattung getragen habe, werde der Bescheid über die Teilnahme am Umlageverfahren nicht rückwirkend aufgehoben. Die Beitragspflicht zur Umlage entfalle somit zum 01. Januar 1997 und damit verbunden auch die Erstattungspflicht ihrerseits.

Unter dem 13. Dezember 1996 übersandten die für die Klägerin tätigen Steuerberater Jannert und Blum eine Aufstellung über die Beschäftigtenzahl der Klägerin für die Jahre 1993 bis 1996 und teilten gleichzeitig mit, 1993 sei die Beschäftigtenzahl von 30 Personen nicht überschritten worden. Für 1994 habe grundsätzlich die Pflicht am Umlageverfahren teilzunehmen bestanden. 1994, 1995 und 1996 sei durchweg über acht Monate hinaus die Beschäftigtenzahl von 30 Personen überschritten worden. Somit entfalle für die Jahre 1995 und 1996 die Teilnahme am Umlageverfahren. Für das Jahr 1995 ergebe sich ein Guthaben zu Gunsten der Klägerin von 6.908,36 DM für das Jahr 1996 in Höhe von 4.618,34 DM. Man beantrage die vorgenannten Guthaben mit den künftigen Beitragszahlungen für das Jahr 1996 zu verrechnen.

Daraufhin entgegnete die Beklagte mit Schreiben vom 18. Dezember 1996, die Beitragspflicht zur Umlage entfalle zum 01. Januar 1997 und damit verbunden auch die Erstattungspflicht ihrerseits. Einem Antrag, ein Guthaben aus den von der Klägerin errechneten Rückbuchung mit den zukünftigen Beitragszahlungen für das Jahr 1996 zu verrechnen, könne aus der vorgenannten Entscheidung ihrerseits nicht stattgegeben werden. Gleichzeitig könne einer Stundung aus diesem Grunde nicht zugestimmt werden.

Die Steuerberater der Klägerin führten unter dem 25. Februar 1997 aus, die Teilnahme am Umlageverfahren sei durch gesetzliche Normen geregelt. Ihres Erachtens nach stehe der Beklagten hier kein Ermessen zu, ob und wer am Verfahren teilnehme. Weiterhin obliege es den Krankenkassen, diese Verhältnisse zu prüfen. Die von ihr erwähnten Fragebögen habe die Klägerin nicht erhalten. Nach den geltenden Vorschriften bestehe somit ein Erstattungsanspruch der Klägerin.

Die Beklagte erließ am 14. März 1997 einen Bescheid, mit dem sie feststellte, dass die Klägerin trotz rückwirkender Feststellungen der Änderung der Verhältnisse für die Jahre 1995, 1996 an die Teilnahme am Umlageverfahren U 1/U 2 gebunden sei. Ab dem 01. Januar 1997 entfalle die Teilnahmepflicht. Erst im Dezember 1996 sei die veränderte Situation in den Beschäftigungszahlen der Beklagten bekannt geworden. Nach § 10 Abs. 2 LFZG sei es Aufgabe der Krankenkasse, zum Beginn eines Kalenderjahres festzustellen, welche Arbeitgeber für die Dauer des entsprechenden Kalenderjahres teilnähmen. Leider könne der Eingang des Fragebogens nicht mehr nachvollzogen werden. Unabhängig davon habe die Klägerin durch schlüssiges Handeln, Abführung der Umlagebeiträge bis Beitragsmonat Oktober 1996 und Einreichung entsprechender Erstattungsanträge erkennen lassen, dass eine Teilnahme weiterhin möglich gewesen sei. Grundsätzlich sei kein jährlicher Neubescheid für die Teilnahme gefordert. Der letzte geltende Teilnahmebescheid sei aus dem Jahr 1992. Auch lasse die Beschäftigtenzahl von AOK-Mitgliedern keinen Zweifel an der Richtigkeit der Teilnahme zu. Somit habe sie mit dem Ausgleichsverfahren bzw. allen beteiligten Arbeitgebern das Risiko für die Erstattung der Lohnfortzahlungskosten getragen. Damit trage diese Entscheidung auch zum finanziellen Schutz der beteiligten Arbeitgeber bei, da sonst die Finanzierung dieses Umlageverfahrens rückwirkend in Frage gestellt werden könnte. Wenn auf Grund der damaligen Tatsachenentscheidung die Teilnahmepflicht beurteilt worden sei (hier: 1995 und 1996), bestehe keine gesetzliche Verpflichtung im Lohnfortzahlungsgesetz, einen eventuellen Erstattungsanspruch auf Umlagebeiträge zu verwirklichen. Einer Änderung für das Jahr 1997 sei zugestimmt worden, da hier neue Verhältnisse bekannt gewesen seien. Wären ihr die veränderten Beschäftigtenzahlen, die nur sehr geringfügig über 30 Arbeitnehmern lägen, früher bekannt gegeben worden, wäre die entsprechende Änderung eher zustande gekommen, da davon auszugehen sei, dass die Klägerin über die gesetzlichen Grundlagen informiert gewesen sei.

Dagegen legte die Klägerin am 04. April 1997 Widerspruch ein. Wäre die Beklagte der ihr auferlegten Verpflichtung der jährlichen Überprüfung nachgekommen, hätten für die Jahre 1995/1996 keine Beiträge mehr entrichtet werden müssen. Über die Höhe der gezahlten Umlage, die in der Vergangenheit eine steigende Tendenz gehabt habe, sei ein Rückschluss auf die erhöhten Beschäftigungszahlen möglich gewesen. Da nach dem jetzigen Erkenntnisstand voraussichtlich der Erstattung der überzahlten Umlagebeiträge keine Vorschrift entgegenstehe, beantrage man daher die Aufrechnung der Beträge mit der Beitragsschuld für November 1996.

Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. August 1997). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach § 16 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 5 des Anhangs der Satzung der AOK Chemnitz a.F. habe die AOK Chemnitz bis 31. Dezember 1996 den Arbeitgebern, die in der Regel nicht mehr als 30 Arbeitnehmern beschäftigten, die Aufwendung nach § 10 Abs. 1 LFZG erstattet. Die Klägerin habe durch die Zahlung von Umlagebeiträgen und die Beantragung von Erstattung ihr Einverständnis mit der Teilnahme am Umlageverfahren zu erkennen gegeben. Eine Rücknahme des Verwaltungsaktes über die Teilnahme am Umlageverfahren widerspreche dem vom Bundessozialgericht wiederholt hervorgehobenen Prinzip, dass in der Vergangenheit abgeschlossene zurückliegende Versicherungsverhältnisse nicht nachträglich rückwirkend umgestaltet werden dürften. Die "Lohnfortzahlungsversicherung" sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung als Zwangsversicherung zu qualifizieren. Sie sei in gleicher Weise mit einem Risiko verbunden, das die Krankenkasse getragen und dafür die geschuldeten Beiträge entgegengenommen habe. Ließe man in diesem Verhältnis eine wechselseitige Rückerstattung von Beiträgen und Leistungen zu, bliebe das von der Krankenkasse getragene Versicherungsrisiko unkompensiert. Da die Höhe der Umlagebeiträge gemäß § 14 Abs. 2 LFZG nach der Höhe des vor gesetzlichen Rentenversicherung beitragspflichtigen Arbeitsentgeltes bemessen werde, könne aus einer Erhöhung der gezahlten Umlage nicht nur auf eine Erhöhung der Beschäftigtenzahlen, sondern auch auf eine Erhöhung der Arbeitsentgelte bei gleichbleibender Beschäftigtenzahl geschlossen werden. Eine Aufklärung dieser alternativen Möglichkeiten werde jedoch nicht von der Amtsermittlungspflicht gemäß § 20 Abs.1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erfasst.

Gegen den per Postzustellungsurkunde am 11. September 1997 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 10. Oktober 1997 beim Sozialgericht Chemnitz (SG) Klage erhoben mit dem am Schluss der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag: "1. Der Bescheid der Beklagten vom 14.03.1997 in der Fassung des Wider spruchsbescheides vom 27.08.1997 wird aufgehoben. 2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für den Zeitraum 01.01.1995 bis Oktober 1996 11.526,70 DM zu zahlen. 3. Der Rückzahlungsbetrag wird mit 4 % p.a. verzins lich erklärt. 4. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen."

Auf die mündliche Verhandlung vom 12. April 2000 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 14. März 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 1997 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Feststellung der Teilnahmepflicht der Klägerin am Umlageverfahren zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen nach dem LFZG sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Ein Anspruch auf die Erstattung der Differenz zwischen den gezahlten Umlagebeiträgen und erhaltenen Erstattungen bestehe jedoch nicht, da es sich insoweit um eine Rückabwicklung eines Sozialversicherungsverhältnisses handele. Die Klägerin habe im Jahr 1994 durchgehend und im Jahr 1995 in einem Zeitraum von neun Kalendermonaten mehr als 30 Arbeitnehmer beschäftigt, so dass die gesetzlichen Voraussetzungen einer Teilnahme am Umlageverfahren auf Grund der regelmäßigen (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 LFZG) Überschreitung der Höchstbeschäftigtenzahl nicht vorgelegen habe. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 LFZG habe die Beklagte jeweils zum Beginn des Kalenderjahres festzustellen gehabt, welche Arbeitgeber für die Dauer dieses Kalenderjahres an dem Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen teilnehmen. Eine solche Feststellung sei sowohl für das Jahr 1995 als auch für das Jahr 1996 unterblieben. Ein der Bestandskraft fähiger Feststellungsbescheid sei gegenüber der Klägerin nicht erlassen worden, so dass es auf die Frage, ob die Beklagte die Teilnahmepflicht der Klägerin von sich aus hätte überprüfen müssen, nicht ankomme. Die Teilnahmepflicht der Klägerin am Umlageverfahren könne sich nur aus dem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ergeben, da einem Feststellungsbescheid der Beklagten keine konstitutive, sondern nur deklaratorische Wirkung zugekommen wäre. Da diese unstreitig nicht vorgelegen habe, sei die Klägerin in den Jahren 1995 und 1996 nicht teilnahmepflichtig hinsichtlich des Umlageverfahrens nach dem LFZG gewesen, so dass der eine solche Teilnahmepflicht feststellende Bescheid der Beklagten aufzuheben war. Gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) seien zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruches auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden seien, Leistungen erbracht oder zu erbringen habe. Diese Vorschrift sei zwar auf das Umlageverfahren nach dem LFZG nicht unmittelbar anzuwenden, da § 1 Abs. 1 SGB IV den sachlichen Geltungsbereich auf die Versicherungszweige der Sozialversicherung sowie die Arbeitsförderung beschränke. Der in dieser Vorschrift enthaltene Rechtsgedanke sei aber auf das Umlageverfahren entsprechend anzuwenden. Da die Teilnahme an dieser "Lohnfortzahlungsversicherung" gesetzlich vorgeschrieben sei, handele es sich darüber hinaus um eine Pflichtversicherung. Dieses Pflichtversicherungsverhältnis sei von den Beteiligten in dem für die Erstattung streitgegenständlichen Zeitraum abgewickelt worden, d.h. die Klägerin habe die entsprechenden Beiträge entrichtet und habe auf entsprechende Anträge von der Beklagten Leistungen erhalten. Die Klägerin übersehe, dass die Beklagte für den Zeitraum das Versicherungsrisiko getragen habe und für die Klägerin auch Leistungen erbracht hätte, die die Beitragszahlungen überstiegen hätten, wenn die entsprechenden Versicherungsfälle eingetreten wären. Dem Begehren der Klägerin stehe das vom Bundessozialgericht entwickelte Prinzip, abgewickelte Versicherungsverhältnisse nicht nachträglich zu ändern, entgegen. Ein Erstattungsanspruch ergebe sich schließlich auch nicht im Hinblick auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Die Beklagte habe keine gegenüber der Klägerin bestehende subjektiv-öffentliche Pflicht verletzt.

Am 26. Mai 2000 hat die Klägerin gegen das ihr am 28. April 2000 zugestellte Urteil beim Sächsischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.

Die Klägerin ist der Ansicht, es wäre zwingende Verpflichtung der Beklagten gewesen, jährlich neu durch Bescheid festzustellen, ob und inwieweit sie am Umlageverfahren teilnimmt. In ihren Räumen habe die Beklagte entsprechende Kassenprüfungen der Beitragszahlungen für die Jahre 1994 und 1995 vorgenommen. Auch dabei sei unterlassen worden, sie auch nur darauf hinzuweisen, dass die Voraussetzungen für die Teilnahme am Umlageverfahren nicht mehr vorlägen. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, insbesondere aufgrund der ständig steigenden Höhe der Beitragszahlung durch sie, die notwendigen Voraussetzungen für die Teilnahme am Beitragsverfahren zu erfragen. § 26 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB IV finde auf den vorliegenden Fall keine Anwendung. In jedem Fall stehe ihr ein Rückzahlungsanspruch unter Hinblick auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu (Berufungsbegründung vom 25. April 2001).

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 12. April 2000 aufzuheben, soweit danach die Klage abgewiesen worden ist, den Bescheid der Beklagten vom 14. März 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 1997 hinsichtlich des geltend gemachten Erstattungsanspruches aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Differenz zwischen den im Zeitraum vom 01. Januar 1995 bis 31. Oktober 1996 geleisteten Umlagebeiträgen und den erhaltenen Erstattungszahlungen in Höhe von 11.526,70 DM nebst 4 % Zinsen hierauf per anno zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist zulässig. Zwischen den Beteiligten allein streitig und auch Berufungsgegenstand ist ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Differenz zwischen den im Zeitraum vom 01. Januar 1995 bis Ende Oktober 1996 geleisteten Umlagebeträgen und den in diesem Zeitraum erhaltenen Erstattungsbeträgen. Soweit das SG mit Urteil vom 12. April 2000 den Bescheid der Beklagten vom 14. März 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 1997 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen hat, war der Tenor des Urteils unter Heranziehung der Entscheidungsgründe auszulegen (vgl. BSGE 4, 121, 123 f.). Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten enthalten auch eine Entscheidung über den von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsanspruch, der vom SG in den Entscheidungsgründen verneint wurde, gleichzeitig wurde eine Teilnahmepflicht der Klägerin am Umlageverfahren in den Jahren 1995 und 1996 verneint. Der Tenor ist daher dahingehend auszulegen, dass der Bescheid der Beklagten vom 14. März 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 1997 allein hinsichtlich der Feststellung der Teilnahmepflicht der Klägerin am Umlageverfahren in den Jahren 1995 und 1996 aufgehoben wurde.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage hinsichtlich des von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsanspruches abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 14. März 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 1997 ist im hier allein streitgegenständlichen Umfang rechtmäßig.

Mit von den Beteiligten insoweit nicht angegriffenem Urteil vom 12. April 2000 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 14. März 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 1997 hinsichtlich einer Teilnahmepflicht der Klägerin am Umlageverfahren nach dem LFZG in den Jahren 1995 und 1996 aufgehoben. Eine Erstattung der Differenz - in Höhe von 11.526,70 DM - der von der Klägerin im Zeitraum vom 01. Januar 1995 bis Oktober 1996 geleisteten Umlagebeiträge und der von der Beklagten erhaltenen Erstattungsbeträge ergibt sich dennoch nicht.

Ein Erstattungsanspruch ergibt sich allenfalls aus einer analogen Anwendung des § 26 Abs. 2 SGB IV. Danach sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruches auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten. Aus dem LFZG selbst ist eine Anspruchsgrundlage für das von der Klägerin geltend gemachte Begehren nicht ersichtlich.

Die Teilnahme an der Lohnfortzahlungsversicherung des LFZG ist als Pflichtversicherung zu charaktierisieren (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 1980, Az.: 3 RK 18/78 = SozR 7860 § 10 Nr. 2; Sächs. LSG, Urteil vom 08. April 1998, Az.: L 1 KR 23/97 = NZS 1999, 204). Die Krankenkassen sind als Träger dieser "Kostenerstattungsversicherung" des LFZG nicht nur Schuldner der Erstattungsansprüche nach § 10 LFZG, sondern Inhaber der Umlageforderung nach § 14 LFZG, die sie wie Beitragsansprüche geltend zu machen und durchzusetzen haben. Dies ergibt sich aus § 17 LFZG, wonach auf das Verfahren nach §§ 10 ff. LFZG die für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung finden, soweit das LFZG nichts anderes bestimmt (BSG, Urteil vom 15. Juli 1993, Az.: 1 RK 13/92 = BSGE 73, 31 - 37). Dies bedeutet zum Beispiel, dass nicht nur für die Zahlung und Einziehung der Umlagen die jeweils maßgebenden Vorschriften des SGB IV gelten, insbesondere die Krankenkassen berechtigt und verpflichtet sind, die genannten Umlagen zu erheben und die Rückstände mittels Verwaltungsakt geltend zu machen (§ 28 h Abs. 1 Satz 2 SGB IV), sondern auch die Durchsetzung des Anspruchs, also die Verfolgung des Anspruchs im Wege der Zwangsvollstreckung und im Konkurs (vgl. BSG, Urteil vom 15. Juli 1993, a. a. O.). Mangels Vorliegens entsprechender Vorschriften über die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge im LFZG muss nach Überzeugung des Senats hier § 26 Abs. 2 SGB IV entsprechend Anwendung finden. Die Beklagte hat, wie im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist, im Zeitraum vom 01. Januar 1995 bis Ende Oktober 1996 Erstattungszahlungen geleistet. Dies ergibt sich insbesondere aus den von der Klägerin im Verwaltungsverfahren mit Schriftsatz vom 13. Dezember 1996 übersandten Aufstellungen über gezahlte Umlage und Erstattung für Lohnfortzahlung und Mutterschaftsgeld 1995 bis Oktober 1996. Ein Erstattungsanspruch entsprechend § 26 Abs. 2 SGB IV kommt daher schon deswegen nicht in Betracht.

Eine Erstattung von Beiträgen widerspräche auch dem vom Bundessozialgericht wiederholt hervorgehobenen Prinzip, dass in der Vergangenheit abgeschlossene zurückliegende Versicherungsverhältnisse nicht nachträglich rückwirkend umgestaltet werden dürfen (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 1980, Az.: 3 RK 18/78 = SozR 7860 § 10 Nr. 2). Die "Lohnfortzahlungsversicherung" ist in gleicher Weise mit einem Risiko verbunden, das die Krankenkasse getragen und dafür die geschuldeten Beiträge entgegengenommen hat; ließe man in diesem Verhältnis eine wechselseitige Rückerstattung von Beiträgen und Leistungen zu, bliebe das von der Krankenkasse getragene Versicherungsrisiko unkompensiert. Im Übrigen liefe dieses dem Gesetzeszweck zuwider, klare Verhältnisse zu schaffen und die Kalkulation beeinträchtigende Veränderungen zu vermeiden. Für den einzelnen Arbeitgeber können sich nämlich dann erhebliche - unvorhergesehene - Belastungen ergeben, wenn die Erstattungsbeträge die gezahlten Umlagebeträge übersteigen (BSG, Urteil vom 16. Dezember 1980). Dies trifft nach Überzeugung des Senats auch auf den hier vorliegenden Fall zu.

Eine Erstattungspflicht ergibt sich auch nicht aus dem Rechtsinstitut des so genannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruches. Voraussetzung dieses Anspruches ist eine Pflichtverletzung eines Leistungsträgers, die einen sozialrechtlichen Nachteil bewirkt haben muss, wobei ein Schutzzweckzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Nachteil vorliegen muss (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 1994, Az.: 4 RA 64/93 = NZS 1995, 183, 184). Für das Vorliegen einer Pflichtverletzung muss der auf Herstellung in Anspruch genommene Leistungsträger eine (Haupt- oder Neben-)Pflicht aus seinem jeweiligen Sozialrechtsverhältnis mit dem Anspruchsteller, der ihm gerade diesem gegenüber oblag, (objektiv) rechtswidrig nicht oder schlecht erfüllt haben, sei es durch eigene Organe (Behörden, Stellen oder Beliehene) sei es durch andere Leistungsträger oder deren Organe, falls diese durch das SGB oder durch Vertrag mit der Erfüllung dieser Pflicht für ihn beauftragt waren (so genannte Funktionseinheiten; vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 1994, a. a. O.). Eine Pflichtverletzung der Beklagten, sei es durch eine fehlerhafte Beratung (§ 14 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - SGB I) oder Auskunft (§ 15 SGB I) oder eine fehlerhafte Aufklärung (§ 13 SGB I) ist im Ganzen nicht zu ersehen.

Selbst wenn man hier eine Pflichtverletzung der Beklagten durch Unterlassen - konkret: Nichtfeststellung zum Beginn eines Kalenderjahres, welche Arbeitgeber für die Dauer dieses Kalenderjahres an dem Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen teilnehmen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 LFZG) - annehmen wollte, würde eine Erstattung - wie sie von der Klägerin begehrt wird - wie o. a. dem Prinzip widersprechen, das in der Vergangenheit abgeschlossene zurückliegende Versicherungsverhältnisse nicht nachträglich rückwirkend umgestaltet werden dürfen.

Nach alledem hatte die Berufung keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 SGG).
Rechtskraft
Aus
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