L 1 KR 34/99

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 16 KR 202/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 34/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 29.07.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über das Bestehen einer freiwilligen Versicherung im Kalenderjahr 1991.

Die am ... geborene Klägerin war bereits vor Herstellung der Einheit Deutschlands als Bezieher einer Leistung aus einem "Sonderversorgungssystem" der ehemaligen DDR auf der Grundlage des § 14 Buchst. d) SVG-DDR gesetzlich krankenversichert.

Die Klägerin ging zunächst davon aus, dass sie bei der Beklagten pflichtversichertes Mitglied sei. Nachdem sie bei der Beklagten einen Leistungsantrag gestellt hatte, teilte ihr die Beklagte unter dem 20.01.1993 mit, dass sie als Versorgungsbezieher seit dem 01.01.1991 freiwilliges Mitglied der Beklagten sei. Am 06.04.1993 hat die Klägerin der Beklagten zur Durchführung der freiwilligen Versicherung eine Anmeldebescheinigung vorgelegt.

Mit Bescheid vom 10.06.1993 und weiterem Bescheid vom 31.01.1994 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin ab dem 01.01.1992 als Mitglied in der Krankenversicherung der Rentner geführt werde, weil sie seitdem eine Rente von der BfA beziehe. Ihre freiwillige Krankenversicherung habe indessen bis zum 31.12.1991 bestanden. Unter Berücksichtigung der Beiträge bis 31.12.1991 und der von ihr geleisteten Zahlungen weise ihr Beitragskonto einen Rückstand in Höhe von 835,20 DM aus.

Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 06.06.1994, Zustellung am 08.06.1994). Nachfolgend erteilte die Beklagte der Klägerin unter dem 24.06.1994 einen Beitragsbescheid, mit welchem sie Krankenversicherungsbeiträge für den Zeitraum Januar bis Dezember 1991 (jeweils 69,60 DM monatlich) sowie Säumniszuschläge im Gesamtbetrag von 1.124,10 DM feststellte. Dazu hat die Klägerin ein Schuldanerkenntnis abgegeben mit dem Hinweis, sie sehe derzeit keine andere Möglichkeit, als die Klagesumme ratenweise zu bezahlen; bei Erfolg ihrer Klage bestehe aber Einigkeit darüber, dass die Beklagte den Forderungsbetrag ihr zurückerstatten werde.

Das Sozialgericht Dresden (SG) hat die streitgegenständlichen Bescheide auf die am 07.07.1994 erhobene Klage mit Urteil auf mündliche Verhandlung am 29.07.1999 hinsichtlich der festgestellten Säumniszuschläge und Auslagen aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Klägerin sei gem. § 309 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bei der Beklagten im Kalenderjahr 1991 freiwillig versichertes Mitglied gewesen; die für diesen Zeitraum erhobene Beitragsforderung sei rechtmäßig. Das SG hat die Berufung mit Beschluss der Kammer vom 21.10.1999 zugelassen.

Gegen das am 14.10.1999 zugestellte Urteil richtet sich die bereits am 26.08.1999 von der Klägerin beim SG eingelegte Berufung, mit der sie geltend macht, sie habe nicht die finanziellen Mittel, für die Beitragsschuld aufzukommen.

Die in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende und nicht vertretene Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 29.07.1999 abzuändern und die Bescheide vom 10.06.1993 und vom 31.01.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.06.1994 insgesamt aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf die angefochtene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und auf die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in Abwesenheit der ordnungsgemß geladenen Klägerin verhandeln und entscheiden (§ 153 Abs. 1, § 110 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Streitig ist allein die mit der Berufung gerügte freiwillige Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten. Soweit das SG die streitgegenständlichen Bescheide hinsichtlich der Säumniszuschläge und Auslagen aufgehoben hat, hat die Beklagte keine Berufung eingelegt. Soweit das SG über den Beitragsentscheid vom 24.06.1994 befunden hat, ist klarzustellen, dass die Klägerin dsbzgl. keine Klage erhoben hat. Die Abgabe des Schuldanerkenntnisses nebst der weiteren Erklärung der Klägerin gegenüber dem SG vom 18.07.1994 (Bl. 10 SG-Akte) belegen, dass es ihr und der Beklagten allein um die Frage des Bestehens einer freiwilligen Versicherung geht.

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Die streitgegenständliche Bescheide der Beklagten vom 10.06.1993 und vom 31.01.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.06.1994 sind rechtmäßig. Der Klägerin steht, worauf bereits das SG hingewiesen hat, der behauptete Anspruch nicht zu.

Das SG hat in seiner angefochtenen Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die Beklagte mit Recht auf die hier streitgegenständliche Vorschrift des § 309 Abs. 2 SGB V stützt. übereinstimmend entscheidet (vgl. Senat, Urt. vom 27.11.1996 [L 1 Kr 7/96] m.w.N.; seitdem st. Rspr.), den Ausführungen des SG an und nimmt auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug.

Verfassungsrechtliche Bedenken hat der Senat nicht. Die 1. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts hat in gleichgelagerten Verfahren die dortigen Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorlagen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.08.2001 [1 BvR 653, 684/95]). In der Entscheidung ist ausgeführt, dass die Verfassungsbeschwerden keine Aussicht auf Erfolg haben, weil die angegriffenen Regelungen, auf denen die freiwillige Mitgliedschaft der Beschwerdeführer in der gesetzlichen Krankenversicherung und ihre Beitragspflicht im Jahre 1991 beruhten, nicht verfassungswidrig sind. Insbesondere ist hiernach Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Im Hinblick auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist es unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, dass er die Empfänger von Versorgungsleistungen aus einem beamtenrechtsähnlichen Sonderversorgungssystem der Deutschen Demokratischen Republik in § 309 Abs. 2 SGB V für das Jahr 1991 der gesetzlichen Krankenversicherung als freiwillige Mitglieder und nicht - wie die Empfänger von Renten aus der Sozialpflichtversicherung und von Leistungen aus Zusatzversorgungen - als Pflichtversicherte zugewiesen hat. Er knüpfte damit in der Zeit des Übergangs an Unterscheidungen im Alterssicherungssystem der Deutschen Demokratischen Republik an (vgl. näher BVerfGE 100, 1 [3 ff.]). Er durfte mit der endgültigen krankenversicherungsrechtlichen Behandlung dieser Personengruppe warten, bis gesetzlich entschieden war, ob und wie deren Ansprüche aus Versorgungssystemen der Deutschen Demokratischen Republik in das soziale Sicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland übergeleitet würden. Diese Entscheidung wurde erst im Laufe des Jahres 1991 durch das AAÜG getroffen. Eine unangemessene Benachteiligung der Beschwerdeführer war damit nicht verbunden. Die Berechtigten aus dem Sonderversorgungssystem MfS/AfNS waren trotz Absenkung der Versorgungsleistungen durch § 7 AAÜG im Allgemeinen in einer besseren wirtschaftlichen Situation als die Versicherten der Sozialpflichtversicherung, die für das Kalenderjahr 1991 beitragsrechtlich von § 313 Abs. 7 SGB V erfasst wurden (vgl. BVerfGE 100, 138 [194]).

Aus den genannten Gründen hat die Berufung keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die streitgegenständliche Rechtsfrage ist höchstrichterlich geklärt (vgl. bereits BSG, Urt. vom 10.11.1994 [12 RK 18/94]).
Rechtskraft
Aus
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