L 1 KR 38/98

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 16 KR 57/96
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 38/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 18.09.1998 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Haftung der Klägerin für Sozialversicherungsbeiträge im Zeitraum von August 1991 bis Januar 1992.

Die Klägerin gründete in der Gesellschafterversammlung vom 11.03.1991 gemeinschaftlich mit Herrn Reinhard N. die Firma "Bau Sanierung Sachsen GmbH" (im folgenden: Gesellschaft). Nach dem notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag war sie mit 10.000 DM und der Mitgesellschafter N. mit 40.000 DM am Stammkapital beteiligt. N. wurde zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt. Sitz der GmbH sollte Dresden sein. Zur Eintragung in das Handelsregister kam es nicht, ebenso nicht zu einer Gewerbeanmeldung. Nach dem die Gesamtvollstreckung ablehnenden Beschluss des AmtsG Dresden vom 28.05.1993 (Az. 35-N-185 und 187/939) hat N. sowohl für die Vorgesellschaft als auch für sich eidesstattliche Versicherungen nach § 807 ZPO abgegeben. Insoweit hat N. seit dem 10.04.1990 ein Einzelunternehmen unter dem Namen "Bausanierung Sachsen" mit Betriebsstätte in Dorfstr. 17, 01462 Gohlis" betrieben, das seit 1989 im Bereich der Bausanierung tätig war.

Die Gesellschaft trat in der Folge unter dem gesellschaftsvertraglich vereinbarten Namen "Bau Sanierung Sachsen GmbH" auf, so etwa bei dem am 11.03.1991 mit der Beigeladenen zu 3. auf den 01.02.1991 datierten Arbeitsvertrag. Die unter dem 27.06.1991 datierte, mit der Kreissparkasse Dresden vereinbarte "Abtretung von Außenständen (Globalabtretung)" führt die "Bau Sanierung Sachsen GmbH i.G." neben N. als Zedent auf. In einem an den Baumarkt Heidenau gerichteten Schreiben vom 06.06.1991 und in den geschäftlichen Unterlagen (z.B. Protokoll vom 10.12.1991) wurde im Briefkopf das Firmenzeichen der geplanten Gesellschaft mit dem Zusatz "GmbH" verwendet.

Neben der Beigeladenen zu 3. war für die Gesellschaft der zwischenzeitlich verstorbene Hans-Ulrich B. (vom 01.07.1991 bis zum 31.12.1991) als Arbeitnehmer tätig. Der Beklagten als Einzugsstelle reichte sie unter der Betriebsnummer "05154416" überwiegend handschriftlich ausgefüllte Beitragsnachweisen ein. Nach Auskunft des Arbeitsamtes Dresden ist diese Betriebsnummer der "Bau Sanierung Sachsen GmbH" erteilt worden. Die Beitragsnachweise sind von dem Mitgesellschafter N., teilweise auch von der Klägerin (August bis November 1991) selbst unterzeichnet. Teilweise haben die Gesellschafter unabhängig voneinander Beitragsnachweise für gleichlautende Zeiträume vorgelegt. Die von der Klägerin erstellten Beitragsnachweise führen als Arbeitgeber die "Bausanierung Sachsen GmbH" an. Die vom Mitgesellschafter N. erstellten Nachweise führen ebenfalls die der GmbH erteilte Betriebsnummer auf.

Mit Bescheid vom 07.11.1995 hat die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Beitragsforderung in Höhe von 7.756,91 DM (5.205,91 DM aus offenen Sozialversicherungsbeiträgen, 2.438,40 DM wegen Säumniszuschlägen, 12,00 DM aus Verwaltungsgebühren und 100,60 DM aus Kosten des Beitragseinzugs) geltend gemacht.

Der Widerspruch, in dem die Klägerin die Meinung vertrat, die GmbH sei zu keinem Zeitpunkt gegründet worden und rechtsgeschäftlich nicht nach Außen tätig geworden, blieb ohne Erfolg. Im Widerspruchsbescheid vom 04.04.1996 ist ausgeführt, nach § 11 GmbHG bestehe die Gesellschaft vor der Eintragung nicht. Soweit vor Eintragung gehandelt werde, trete eine solidarische und persönliche Haftung der Handelnden ein. Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger seien kraft Gesetzes entstanden. Die Widerspruchsführerin hafte daher neben dem Mitgesellschafter N ... Dies gelte auch, soweit sie nicht persönlich mit der Abführung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge befasst gewesen sei. Die Gesellschaft sei auch unter dem Namen "Bausanierung Sachsen GmbH" tätig geworden, wie etwa der mit der Beigeladenen zu 3. geschlossene Arbeitsvertrag belege. Die Haftung der Klägerin sei auch nicht auf die Stammeinlage beschränkt. Eine solche Begrenzung komme nur in Frage, wenn im Namen der zukünftigen Gesellschaft gehandelt werde und die Haftungsbeschränkung bekannt oder zumindest erkennbar sei.

Hiergegen hat sich die am 06.05.1996 erhobene Klage gerichtet. Die Klägerin hat vorgetragen, weder die GmbH noch die Vorgründungsgesellschaft seien auf dem Markt tätig geworden. Der Mitgesellschafter N. habe vielmehr die seit 1989 bestehende Einzelfirma weitergeführt. Die Klägerin habe keine Tätigkeit entfaltet, sondern ausschließlich N. nach außen gehandelt. Soweit die Klägerin im Protokoll vom 10.12.1991 als Prokuristin bezeichnet werde, beruhe dies auf einer persönlichen Einschätzung des Protokollanten. Zwar weise der Arbeitsvertrag mit der Arbeitnehmerin P. die GmbH als Arbeitgeberin aus. Die Unterschrift habe aber N. getätigt. Der Klägerin habe keine eigene Entscheidungskompetenz zugestanden. Sie sei lediglich Angestellte des Einzelunternehmers N. gewesen. Allein wegen des persönlichen Vertrauensverhältnisses mit N. sei sie bereit gewesen, eine Gesellschaft zu gründen. N. habe auch die Absicht gehabt, die GmbH allein zu gründen und habe nur aufgrund der fälschlicherweise erteilten Auskunft, dass dies nicht möglich sei, mit der Klägerin den Gesellschaftsvertrag geschlossen. Soweit die Bezeichnung "GmbH" auf verschiedenen Briefköpfen geführt worden sei, sei dies unbedeutend. Den Bürgern der ehemaligen DDR sei das Institut einer GmbH unbekannt gewesen. Man habe diese Bezeichnung übernommen, ohne den Sinn zu verstehen. Unbeachtlich sei, dass bei der mit der Sparkasse vereinbarten Globalabtretung die Gesellschaft als "GmbH in Gründung" bezeichnet worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei die Eintragung der Gesellschaft bereits "ad acta" gelegt worden.

Die Beklagte hat vorgetragen, für die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages mit der Beigeladenen zu 3. sei es nicht entscheidend, dass alle Gründungsgesellschafter unterzeichnet hätten. Auch soweit der Mitgesellschafter N. seine Einzelfirma neben der GmbH weiterbetrieben haben sollte, spreche dies nicht gegen ein Tätigwerden der GmbH. Es widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, Briefköpfe mit der Bezeichnung "GmbH" zu drucken und zu verwenden, ohne eine Eintragung zu planen, bzw. das Ziel einer nach außen gerichteten Tätigkeit zu verfolgen. Welche persönlichen Motive zum Abschluss des Gesellschaftsvertrages geführt hätten, sei ohne Belang.

In der mündlichen Verhandlung hat das Sozialgericht den Mitgesellschafter N. und die Beigeladene zu 3. als Zeugen vernommen. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen (Bl. 187 ff. SG-Akte). Sodann hat das Sozialgericht mit Urteil auf mündliche Verhandlung am 18.09.1998 den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Der Bescheid sei bereits wegen mangelnder personeller Bestimmtheit rechtswidrig. Ihm lasse sich nicht entnehmen, ob und in welcher Höhe er sich auf Beiträge für die einzelnen Versicherungszweige und die aufgeführten Arbeitnehmer beziehe. Nach § 28h Abs. 2 SGB IV seien aber gerade auf die einzelne Person des jeweiligen Arbeitnehmers bezogene Feststellungen der Versicherungspflicht, Beitragspflicht und Beitragshöhe erforderlich. Aus der Ablieferung von Beitragsnachweisen könne nicht geschlossen werden, dass personenbezogene Feststellungen nicht erforderlich seien und die Krankenkasse die angegebenen Daten übernehmen könne. Auch sei kein Fall der Zulässigkeit des Beitragssummenbescheides gegeben. Der Beitragsnachweis stelle außerdem keinen Leistungsbescheid i.S.d. § 28f Abs. 3 Satz 5 SGB IV dar. Zum einen sei die Forderung der Beklagten bereits nicht von den Beitragsnachweisen gedeckt. Unabhängig von der fehlenden Bestimmtheit sei der Anspruch der Krankenkasse für einen wesentlichen Teil des vom Bescheid erfassten Zeitraumes zweifelhaft, da sich spätestens im September 1991 ergeben habe, dass es nicht mehr zur geplanten Eintragung der GmbH kommen werde. Die Gesellschafter hätten auch keinen vertraglichen Bindungswillen zur Fortführung der GmbH mehr gehabt.

Gegen das am 29.11.1998 zugestellte Urteil richtet sich die von der Beklagten am 07.12.1998 eingelegte Berufung.

Das SG habe die §§ 28a ff. SGB IV außer Acht gelassen. Nach § 28f Abs. 1 SGB IV habe der Arbeitgeber für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Lohnunterlagen zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres aufzubewahren. Nach § 28f Abs. 3 Satz 5 SGB IV gelte der eingereichte Beitragsnachweis als Leistungsbescheid der Einzugsstelle. Eine auf einzelne Arbeitnehmer und Versicherungszweige bezogene Aufstellung sei nur erforderlich, wenn zwischen Arbeitnehmern, Versicherungsträger und Arbeitgeber Streit über die Versicherungspflicht, die Beitragspflicht oder die Beitragshöhe bestehe oder nicht geforderte Beiträge gefordert werden sollten. Das SG habe nicht beachtet, dass die Klägerin in vollem Umfang in den Geschäftsbetrieb integriert gewesen sei. So habe sie jeweils die maschinell erstellten Beitragsnachweise unterschrieben. Erst die am 03.12.1992 erstellten Korrekturnachweise habe dann der Mitgesellschafter N. unterzeichnet. Es stehe mit hinreichender Sicherheit fest, dass der Klägerin die Zahlungspflicht einschließlich der Beitragshöhe bekannt gewesen sei. Entgegen den Ausführungen des SG habe die Klägerin gemeinsam mit N. die Gesellschaft betrieben. Die Gesellschaft habe durch ihre Bezeichnung als GmbH unter Auslassung des Zusatzes "i.G." in verschiedenen Schriftsätzen den Eindruck erweckt, bereits im Handelsregister eingetragen zu sein. Sie habe nicht versehentlich am Rechtsverkehr teilgenommen. Da die GmbH nicht im Handelsregister eingetragen worden sei, bestehe eine uneingeschränkte Haftung i.S.d. § 11 Abs. 1 GmbHG. Dabei seien die Grundsätze des § 128 HGB anzuwenden. Da sich die Beitragspflicht aus §22 SGB IV ergäbe, sei die Entscheidung nicht vom rechtsgeschäftlichen Handeln abhängig, sondern vom Vorliegen des gesetzlich beschriebenen Sachverhaltes. Daher sei eine Haftung der Klägerin im vollen Umfang gegeben.

Die Beigeladene zu 2. schließt sich den Ausführungen der Beklagten an.

Die Beklagte und die in der mündlichen Verhandlung nicht vertretene Beigeladene zu 2. beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 18.09.1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladene zu 1. und 3. haben keine Anträge gestellt. Sie waren in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend und nicht vertreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und auf die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in Abwesenheit der ordnungsgemäß geladenen Beigeladenen zu 1. und zu 3. verhandeln und entscheiden (§ 153 Abs. 1, § 110 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG) und begründet. Das Sozialgericht hat den streitgegenständlichen Bescheid vom 07.11.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.1996 zu Unrecht aufgehoben. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ist dieser Bescheid weder unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der fehlenden personellen Bestimmtheit noch - worauf das Sozialgericht nicht unzweideutig eingegangen ist - des materiellen Rechts rechtswidrig.

Das Sozialgericht führt aus, der Bescheid sei bereits wegen mangelnder personeller Bestimmtheit rechtswidrig, weil sich ihm nicht entnehmen lasse, ob und in welcher Höhe er sich auf Beiträge für die einzelnen Versicherungszweige und die aufgeführten Arbeitnehmer beziehe. Nach § 28h Abs. 2 SGB IV seien aber gerade auf die einzelne Person des jeweiligen Arbeitnehmers bezogene Feststellungen der Versicherungspflicht, Beitragspflicht und Beitragshöhe erforderlich. Aus der Ablieferung von Beitragsnachweisen könne nicht geschlossen werden, dass personenbezogene Feststellungen nicht erforderlich seien und die Krankenkasse die angegebenen Daten übernehmen könne. Auch sei kein Fall der Zulässigkeit des Beitragssummenbescheides gegeben. Der Beitragsnachweis stelle außerdem keinen Leistungsbescheid i.S.d. § 28f Abs. 3 Satz 5 SGB IV dar. Mit diesen Erwägungen ist die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu begründen.

Der angefochtene Bescheid ist inhaltlich hinreichend bestimmt und deshalb nicht wegen Verstoßes gegen § 33 Abs. 1 SGB X rechtswidrig.

Zwar müssen Beitragsbescheide, mit denen die Einzugsstelle gegenüber dem Arbeitgeber über Versicherungspflicht, Beitragspflicht und Beitragshöhe entscheidet, in Bezug auf die betroffenen Arbeitnehmer grundsätzlich personenbezogen sein; allerdings sind solche, von den Einzugsstellen erteilte Bescheide regelmäßig nicht erforderlich, weil die Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer nach Maßgabe des § 28a bis § 28c SGB IV melden, getrennt davon die Beiträge nachweisen (§ 28f Abs. 3 SGB IV) und sie an die Einzugsstellen abführen; nur bei Streit hat die Einzugsstelle insoweit einen "Beitragsbescheid" zu erteilen (vgl. § 28h Abs. 2 SGB IV; zum Ganzen umfassend BSG, Urteil vom 08.12.1999 (Az. B 12 KR 18/99 R Umdruck S. 4 ff. m.w.N.).

Indessen hat die Beklagte hier keinen Beitragsbescheid erteilt. Der angefochtene Bescheid begründet vielmehr die Haftung der Klägerin. Insoweit hat die Beklagte ersichtlich nicht über die Beitragsschuld eines Arbeitgebers einschließlich der Versicherungs- und Beitragspflicht von Arbeitnehmern entschieden. Nach der vom Senat seiner Entscheidung zu Grunde gelegten Rechtsprechung des BSG (vgl. erneut BSG, a.a.O., Umdruck S. 6 ff. m.w.N.) ändert daran die Bezeichnung als "Beitragsbescheid" nichts. Im Bescheid vom 07.11.1995 hat die Beklagte die Höhe gegen die GmbH i.G. bestehenden Beitragsforderungen einschließlich der Nebenforderungen angegeben. Zugleich hat sie mitgeteilt, dass sich diese auf die Mitglieder P. (Beigeladene zu 3.) und den zwischenzeitlich verstorbenen B. als Arbeitnehmer der GmbH i.G. in den Zeiträumen vom 01.08.1991 bis 31.01.1992 bezieht. Im Widerspruchsbescheid vom 04.04.1996 bezieht sich die Beklagte ausdrücklich auf die ihr zugegangenen Beitragsnachweise. Unschädlich ist, dass die vom Mitgesellschafter N. handschriftlich erstellten Beitragsnachweise den Hinweis auf die GmbH nicht enthalten. Sämtliche, auch die von der Klägerin unterzeichneten Beitragsnachweise, sind unter der an die Bausanierung Sachsen GmbH vergebene Betriebsnummer ausgestellt. Dies reicht für die nach der genannten höchstrichterlichen Rechtsprechung an die Bestimmtheit von Haftungsbescheiden zu richtenden Anforderungen zweifelsfrei aus.

Die Klägerin legt in ihrem angefochtenen Bescheid mit Recht eine Beitragsforderung gegen den Arbeitgeber zu Grunde. Über die Höhe der Beitrags- und der Nebenforderungen besteht weder Streit noch sind insoweit Bedenken ersichtlich. Arbeitgeber ist zweifelsfrei die von der Klägerin mit N. gegründete, jedoch nicht zur Eintragung gekommene "Bausanierung Sachsen GmbH" i.G ... Ausschlaggebend ist für den Senat die Bezeichnung der genannten Firma in den von der Klägerin maschinenschriftlich erstellten Beitragsnachweisen und daneben die auf sämtlichen - auch den von N. handschriftlich ausgestellten - Beitragsnachweisen vermerkte, der Gründungs-GmbH erteilte Betriebsnummer 05154416. Deshalb folgt der Senat der Einlassung der Klägerin nicht, die insoweit vorträgt, die Beitragsnachweise hätten sich nicht auf die Gesellschaft, sondern auf das Einzelunternehmen des N. bezogen. Ohne Belang ist die Bekundung des Zeugen N. vor dem Sozialgericht, der zu Folge die Betriebsnummer 05154416 sei nur aus dem Grunde verwendet worden, damit die Einzugsstelle von der beabsichtigten Gründung der GmbH Kenntnis erlangen solle. Das Sozialgericht berücksichtigt nicht und setzt sich nicht mit der Erwägung auseinander, dass nach der Bekundung des Zeugen N. die Beitragsnachweise bewusst und gewollt unter Bezeichnung der GmbH und der dieser erteilten Betriebsnummer ausgestellt worden sind.

Kein Zweifel besteht für den Senat auch daran, dass die dem Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Arbeitsverträge solche sind, die gerade die von der Klägerin mit N. errichtete Firma "Bau Sanierung Sachsen GmbH" als Arbeitgeber verpflichteten. Die Beigeladene zu 3. und B. waren, dies belegen die von der Klägerin und von N. vorgenommenen Eintragungen in den Beitragsnachweisen, bei der GmbH i.G. beschäftigte Arbeitnehmer. Der am 11.03.1991 mit der Arbeitnehmerin P. (Beigeladene zu 3.) geschlossene Arbeitsvertrag weist überdies unzweideutig die "Bau Sanierung Sachsen GmbH" als Arbeitgeber aus.

Die Beklagte hat die Klägerin im streitgegenständlichen Haftungsbescheid mit Recht in voller Höhe, auch in Bezug auf die Nebenforderungen, in Anspruch genommen.

Die Haftung der Klägerin richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts. Nach der Rechtsprechung des BGH haften als Gesellschafter einer Vor-GmbH diejenigen, die als Einzelperson oder in Gemeinschaft mit anderen Geschäfte betreiben, für die daraus entstehenden Verpflichtungen unbeschränkt. Die GmbH besteht nach § 11 Abs. 1 GmbHG als solche vor ihrer Eintragung nicht. Die in § 13 Abs. 2 GmbHG normierte Haftungsbeschränkung gilt vor der Eintragung nicht (vgl. zum Ganzen BGHZ 134, 133 [335 f.]). Ausweislich der höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht eine einheitliche Gründerhaftung in Form einer bis zur Eintragung der Gesellschaft andauernden Verlustdeckungshaftung und einer an die Eintragung geknüpften Vorbelastungs-(unterbilanz-)haftung. Dieser Rechtsprechung des BGH (vgl. BGHZ 134, 333) haben sich das BAG (BAGE 85, 94 und 86, 38), der BFH (BFHE 185, 356) und das BSG (Urt. vom 08.12.1999 [B 12 KR 10/98 R und B 12 KR 18/99 R]) angeschlossen.

Zwar findet nach der genannten übereinstimmenden Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte im Regelfall eine unbeschränkte, aber nur anteilige Innenhaftung der GmbH-Gründungsgesellschafter statt, wie sie der nach Eintragung der GmbH allgemein anerkannten Vorbelastungshaftung entspricht. Nach dem vom BGH entwickelten gesellschaftsrechtlichen Haftungskonzept (vgl. BGHZ 134, 333 [339]), dem sich BAG, BFH und BSG angeschlossen haben (vgl. BAGE 85, 94 [99]; 86, 38 [41]; BFHE 185 356 [360]; BSG, Urt. vom 08.12.1999 [Az. B 12 KR 18/99 R] m.w.N.), haften die Gesellschafter der Vor-GmbH grundsätzlich nur im Innenverhältnis zur Gesellschaft entsprechend ihrem Gesellschaftsanteil, aber der Höhe nach unbeschränkt. Diese Innenhaftung wandelt sich, insbesondere bei Vermögenslosigkeit der Gesellschaft, in eine anteilige unbeschränkte Außenhaftung. Die Gesellschafter haften schließlich unbeschränkt als Gesamtschuldner, wenn sich die Vor-GmbH als unechte Vorgesellschaft erweist; dies ist der Fall, wenn die Eintragung von vornherein nicht ernstlich beabsichtigt war oder die Eintragung später aufgegeben worden ist, die Geschäfte aber gleichwohl weiter betrieben worden sind. Entschließen sich mithin die Gesellschafter nach Errichtung der Gesellschaft zwar zur Aufgabe der Gründung der GmbH, setzen sie jedoch ihre Tätigkeit fort, so führt dies ipso jure und ungeachtet eines entgegen stehenden Willens der Gesellschafter zur "Umwandlung" der Vorgesellschaft in eine BGB-Gesellschaft oder, falls die einschlägigen Voraussetzungen des Handelsrechts vorliegen, in eine OHG. Firmieren die Gesellschafter weiterhin mit dem Firmen- oder Geschäftsbezeichnungszusatz "GmbH" oder "GmbH i.G.", ändert dies nichts an der rechtlichen Qualifizierung ihres Zusammenschlusses als BGB-Gesellschaft oder als OHG (vgl. MünchHdb. GesR III-Gummert, § 16 Rdnr. 17 m.w.N.).

Gemessen daran haftet die Klägerin für die hier streitigen Verbindlichkeiten in entsprechender Anwendung des § 128 HGB unmittelbar und in voller Höhe. Die von ihr mit N. gegründete "Bau Sanierung Sachsen GmbH" stellt eine "unechte" Vorgesellschaft dar. Deren Gesellschafter Vorgesellschaft können in entsprechender Anwendung des § 128 HGB unmittelbar in Anspruch genommen werden, wenn sie den Geschäftsbetrieb in der bisherigen Weise fortsetzen, obwohl die Eintragung der zu gründenden GmbH ernsthaft nicht mehr in Frage kommt (vgl. BGHZ 70, 132 [136]; 80, 129 [142, 143]; ferner BGHZ 134, 333 [339]; übereinstimmend BAGE 86, 38 [41] = AP Nr. 11 zu § 11 GmbHG; BFH, Urt. vom 07.04.1998 [Az. VII R 82/97]; BSG, Urt. vom 08.12.1999 [Az. B 12 KR 10/98 R]), und zwar auch für diejenigen Verbindlichkeiten, die vor der "Umwandlung" der Vor-GmbH in eine "unechte" Vorgesellschaft begründet worden sind (vgl. BAGE 86, 38 [42]); MünchHdb. GesR III-Gummert, § 16 Rdnr. 66 m.w.N.).

Die von der Klägerin mit N. betriebene "Bau Sanierung Sachsen GmbH" geht auf den Abschluss des notariell beurkundeten Gründungsvertrages vom 11.03.1991 zurück, ausweislich dessen die Klägerin nebst N. Gesellschafterin der Bausanierung Sachsen GmbH i.G. geworden ist. Mit dem Zustandekommen des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrages war die Gesellschaft, nach ihrer Gründung zunächst als Vor-GmbH, errichtet. Der Gesellschaftsvertrag ist durch notarielle Urkunde unter Anwendung des § 2 GmbHG formgültig geschlossen und von beiden Gesellschaftern unterzeichnet. Das Zustandekommen der "Bau Sanierung Sachsen GmbH" war von den Gesellschaftern und damit gerade auch der Klägerin gewollt. Ohne Belang ist, dass die Klägerin, wie sie selbst vorträgt, mit dem Hinweis, es bedürfe zu einer GmbH-Gründung der Teilnahme von zwei Gründungsgesellschaftern, allein wegen einer fehlerhaften Beratung als Gesellschafterin eingeschrieben wurde. Weil die Klägerin bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages im eigenen Namen gehandelt hat und im Gesellschaftsvertrag Verpflichtungen eingegangen ist, treffen sie auch gesellschaftsrechtlich die Pflichten als Gründungsgesellschafterin (vgl. BFHE 185, 356 [358] m.w.N.).

Die Klägerin verkennt, dass die "Bau Sanierung Sachsen GmbH" als GmbH auf dem Markt tätig geworden ist. Dies ist nach Überzeugung des Senats nachgewiesen. Im mit der Arbeitnehmerin P. am 11.03.1991 geschlossenen Arbeitsvertrag firmiert sie mit dem Zusatz "GmbH". Zugleich ist auf den von ihr im Geschäftsverkehr eingesetzten Briefformularen die Bezeichnung "Bausanierung Sachsen GmbH" verwendet, so etwa in dem an den Baumarkt Heidenau gerichteten Schreiben vom 06.06.1991. Hierin und in den geschäftlichen Unterlagen (z.B. Protokoll vom 10.12.1991) wurde im Briefkopf das Firmenzeichen der geplanten Gesellschaft mit dem Zusatz "GmbH" verwendet. Im Rahmen der Globalabtretung gegenüber der Kreissparkasse Dresden vom 27.06.1991 trat die Gesellschaft ebenfalls unter der Bezeichnung "Bausanierung Sachsen GmbH i.G." im Rechtsverkehr auf. Diese "Abtretung von Außenständen (Globalabtretung)" führt im Übrigen die "Bau Sanierung Sachsen GmbH i.G." neben N. als Zedent auf. Entgegen der Meinung der Klägerin liegt darin nicht eine lediglich passive Heranziehung der Gesellschaft als Schuldnerin, sondern vielmehr ein rechtsgeschäftliches Handeln der Vor-GmbH selbst.

Die Vor-GmbH nahm ihre Tätigkeit gerade auch mit Einverständnis mit der Klägerin auf. Die Klägerin selbst hat das an den Baumarkt Heidenau gerichtete Schreiben vom 06.06.1991, das den Briefkopf der geplanten GmbH enthält, unterzeichnet. Die Klägerin hatte Kenntnis vom Handeln der Gesellschaft unter dem "Firmenlogo" der geplanten GmbH. Es geht zu ihren Lasten, wenn sie sich, ihren Angaben zu Folge, über die damit einher gehenden rechtlichen Folgen keine Gedanken gemacht haben sollte. Zu Unrecht beruft sich die Klägerin darauf, dass die Gesellschaft angeblich irrtümlich unter der Bezeichnung GmbH firmiert habe. Durch das Auftreten der GmbH im Rechtsverkehr haben ihre Gesellschafter den Rechtsschein der Existenz der GmbH gesetzt. Diesen Rechtsschein muss sich die Klägerin als Mitgesellschafterin der Vor-GmbH gegenüber dem redlichen Dritten aus Gründen der Sicherheit des Rechtsverkehrs zurechnen lassen. Abgesehen davon, dass der Notar die Klägerin im Rahmen der Gesellschaftsgründung auf die Haftungsfolgen hingewiesen hat, führt der Irrtum über Bedeutung und Folgen des Handelns im Namen der GmbH weder zur Unwirksamkeit rechtsgeschäftlichen Handelns noch zum Haftungsausschluss.

Zur Registereintragung der Firma "Bau Sanierung Sachsen GmbH" kam es indessen zu keinem Zeitpunkt. Die "Bau Sanierung Sachsen GmbH" hat vielmehr mit Einverständnis und Zutun der Klägerin die Geschäfte aufgenommen, ohne dass es zur Eintragung gekommen ist. Allein dies - die gesellschaftsrechtliche Stellung der Klägerin als Mitgesellschafterin der "Bau Sanierung Sachsen GmbH" - ist für ihre persönliche Haftung aus § 128 HGB maßgeblich. Ohne Belang ist, dass sie, wie von ihr vorgetragen, weder im Rahmen der Geschäftsführung noch als Prokuristin noch in sonstiger Weise im Namen der Gesellschaft tätig geworden ist.

Die Gesellschafter haben die Eintragung der GmbH nach der gesellschaftsvertraglichen Begründung aufgegeben und deren Geschäfte gleichwohl weiter betrieben. Nach den Angaben des Zeugen N., dessen Bekundung vor dem Sozialgericht der Senat für glaubhaft hält, haben die Gesellschafter die Eintragung der Firma als GmbH Anfang 1991 beantragt. Der Zeuge N. hat bekundet, er habe "etwa im Juli/August 1991" einen Zwischenbescheid erhalten, in welchem ihm mitgeteilt worden sei, dass wegen der Verwendung des Namenszusatzes "Sachsen" die Eintragung "so nicht" erfolgen dürfe. Der Zeuge hat ebenfalls unzweideutig bekundet, "im September" 1991 sei ihm klar gewesen, dass es nicht mehr zur Eintragung kommen werde. Versuche, das Eintragungshindernis der gewählten überregionalen Bezeichnung "Sachsen"" zu beseitigen, wurden nach Angabe des Zeugen N. ab September 1991 nicht mehr unternommen. Die Aussage des Zeugen N deckt sich mit dem Vortrag der Klägerin insoweit vollinhaltlich. Die Klägerin hat im Termin vor dem Sozialgericht selbst erklärt: "Nachdem mitgeteilt worden war, dass die GmbH so nicht eingetragen werden kann, war mir klar, dass es nie zur Eintragung kommen werde". Bereits in der Klagebegründung hat sie ausgeführt, dass zum Zeitpunkt der mit der Sparkasse vereinbarten Globalabtretung die Eintragung "ad acta" gelegt worden war.

Gleichwohl haben die Gesellschafter die GmbH, teils mit dem Gründungszusatz, über diesen Zeitpunkt hinaus betrieben. Dies ergibt sich zum einen aus dem Protokoll zur Sondervereinbarung über die Lohnzahlung für die Mitarbeiter des Baumarktes Heidenau vom 10.12.1991, das ausdrücklich unter dem Briefkopf der GmbH gefertigt worden ist. Auch das in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht verlesene Schriftstück der Karin K., die zunächst als Sachbearbeiterin, später als Leiterin des Personalwesens bei der Gesellschaft beschäftigt war, wird deutlich, dass die Gesellschaft ihren Arbeitnehmern keine Mitteilung hinsichtlich der Aufgabe der Eintragungsersuchens gegeben hat. Gleichwohl hat die mithin "unechte" Vorgesellschaft die Arbeitnehmer weiter beschäftigt, ohne die nach Angaben des Zeugen N. beabsichtigte "Überleitung in ein Einzelunternehmen" kundzutun. Nicht zuletzt belegen die der Beklagten vorgelegten Beitragsnachweise, welche unter anderem die Klägerin selbst im Zeitraum ab 12.09.1991 bis 13.12.1991 unterzeichnet hat und die ebenfalls mit dem Zusatz "GmbH" firmieren, dass die mithin als unechte Vorgesellschaft anzusehende Gesellschaft nach Aufgabe des Eintragungswillens fortgeführt worden ist.

Aus den genannten Gründen ist die Klägerin entgegen der Ansicht des Sozialgerichts der Beklagten in entsprechender Anwendung des § 128 HGB in vollem Umfang verpflichtet. Der Anspruch der Beklagten auf die offen stehenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge beruht auf § 28h Abs. 1 SGB IV. Der Säumniszuschlag findet seine Grundlage in § 24 Abs. 1 SGB IV, die Verwaltungskosten in § 19 Abs. 1, §§ 3 und 5 VwVG, § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Weder ist die Höhe der Ansprüche streitig noch bestehen insoweit rechnerische Zweifel.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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