Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 2 LW 234/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 LW 15/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 23.02.2000 sowie der Bescheid der Beklagten vom 21.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.07.1998 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger Ausgleichsgeld ab dem 01.12.1996 zu bewilligen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Ausgleichsgeld für die Zeit ab dem 01.12.1996.
Der am ... geborene Kläger war im Zeitraum vom 01.01.1981 bis 30.06.1991 Vorsitzender der LPG "Ernst Thälmann" in B ... Anschließend übte er bis zum 30.11.1996 die Tätigkeit eines Vorstandsvorsitzenden bei der Agrarproduktivgenossenschaft L .../ ... e. G. (APG) aus. In dem Kündigungsschreiben vom 28.06.1996 heißt es unter anderem: "Die gesamte Entwicklung in der Landwirtschaft zwingt uns zur Teilnahme an Extensivierungsprogrammen im pflanzlichen und tierischen Bereich. Nur durch drastische Kostenminimierung, insbesondere der Kosten für die lebendige Arbeit, lässt sich ein positives Betriebsergebnis erzielen ... Sie gehören zu den älteren Arbeitnehmern unserer Genossenschaft. Gleichzeitig wird Ihnen von Ihrem Hausarzt bescheinigt, die Funktion des Vorstandsvorsitzenden auf Grund ihres chronischen Herzleidens nicht mehr auszuüben. Die Wahrnehmung der Aufgaben des Vorstandsvorsitzenden übernimmt nach Ihrem Ausscheiden Ihr bisheriger Stellvertreter Herr M ... F ...". Am 10.12.1996 ging bei der Beklagten der Antrag des Klägers auf Ausgleichsgeld ein.
In der Arbeitgeberbescheinigung zum Antrag auf Ausgleichsgeld bestätigte die APG, das Beschäftigungsverhältnis als Vorstandsvorsitzender sei wegen Stilllegung von Ackerflächen im Umfang von 109,79 ha bei einer Gesamtbetriebsfläche von 655,41 ha im Wirtschaftsjahr 1996/1997 unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum 30.11.1996 beendet worden.
Die APG nahm in der Zeit von 1993 bis 1997 an der konjunkturellen Flächenstilllegung nach der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 teil. Die Größen der Gesamtfläche und der jeweiligen Stilllegungsfläche (Angaben jeweils in ha) betrugen:
Jahr Gesamtfläche Stilllegungsfläche
1993 745,31 75,60
1994 667,16 80,65
1995 641,14 81,26
1996 656,09 109,79
1997 656,34 125,61
Weiterhin beteiligte sich das Unternehmen von 1992 bis 1996 am Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) - extensive Weidewirtschaft - mit 99,99 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche. Seit 1997 nimmt die APG am neuen KULAP - Grünlandnutzung - mit reduziertem Mitteleinsatz (50,04 ha) und extensiver Weidenutzung (21,7 ha) teil.
Die Zahl der von der APG beschäftigten Arbeitnehmer entwickelte sich wie folgt:
Juli 1992 26,5 Arbeitnehmer
Juli 1993 24,5 Arbeitnehmer
Juli 1994 22,5 Arbeitnehmer
Juli 1995 20,5 Arbeitnehmer
Juli 1996 15,5 Arbeitnehmer
Im Zeitraum vom 01.08.1995 bis zum 31.07.1996 bescheinigte die APG drei Arbeitnehmern, dass die Entlassung auf Flächenstilllegungen zurückzuführen sei. Im anschließenden Zeitraum bis Sommer 1997 begründete die APG zwei weitere Kündigungen mit Extensivierungsmaßnahmen bzw. Flächenstilllegungen.
Am 13.02.1997 erstellte SR. W ..., Fachärztin für Allgemeinmedizin, ein ärztliches Gutachten. Danach ist dem Kläger noch ein täglicher Einsatz bis zu drei Stunden in körperlich leichter Tätigkeit ohne besondere Stressbelastung zumutbar. Der Obergutachter der Beklagten Dr. K ... schloss sich am 21.02.1997 dieser Einschätzung an.
Mit Bescheid vom 21.04.1998 wies die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Ausgleichsgeld zurück. Maßgebliche kausale Stilllegung für die Kündigung des Klägers könne nur die Stilllegung 1997 mit dem Stilllegungsbeginn 15.01.1997 gewesen sein. Für dieses Stilllegungsjahr habe sich eine grundsätzliche Berechtigung zum Bezug von Ausgleichsgeld für eine Person ergeben. Da bereits für diese Anzahl von ehemaligen Mitarbeitern der APG Ausgleichsgeld bewilligt worden sei, sei die Quote der anspruchsberechtigten Personen für dieses Stilllegungsjahr ausgeschöpft. Die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers könne deshalb nicht der Stilllegung von Flächen im Sinne des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) zugerechnet werden, so dass für die Gewährung von Ausgleichsgeld die Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Soweit die APG über die "gewöhnlichen" Stilllegungsmaßnahmen hinaus am KULAP teilgenommen habe, hätten sich hieraus zwar zwei zusätzliche Quotenplätze ergeben, diese könnten aber nach der vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Familie zur Beachtung vorgeschriebenen Richtlinie nicht mit der Entlassung des Klägers im zeitlichen Zusammenhang gesehen werden. Darüber hinaus liege bei dem Kläger auch keine Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VII) vor. Dies ergebe sich daraus, dass der Kläger seine Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender fortführe. Ausweislich des Auszuges aus dem Genossenschaftsregister vom 07.01.1998 fungiere der Kläger weiter als Mitglied des Vorstandes. Der Einwand, dass es sich lediglich um eine ehrenamtliche Tätigkeit handele, ändere nichts an dem mit der Tätigkeit verbundenen Anforderungsprofil.
Hiergegen legte der Kläger am 19.05.1998 Widerspruch ein. In seiner Widerspruchsbegründung berief sich der Kläger auf Vertrauensschutzgesichtspunkte. Noch mit Schreiben vom 05.06.1997 an die APG habe die Beklagte für das Stilllegungsjahr 1997 eine Ausgleichsgeldberechtigung für zwei Personen bescheinigt. Der Bescheid vom 21.04.1998 basiere nunmehr auf veränderten Berechnungsgrundlagen. Dies stelle sich auch als Widerspruch zu den allgemeinen Informationsveranstaltungen im Jahr 1994 sowie dem durch die Beklagte verteilten Merkblatt dar. Dort sei jeweils erläutert worden, dass bei 15 ha stillgelegter Fläche auch eine Entlassung möglich sei, die einen Anspruch auf Ausgleichsgeld begründen könnte. Der Gesetzgeber des FELEG sei davon ausgegangen, der Kausalitätsnachweis werde durch eine Bestätigung des Unternehmers erbracht, dass der Verlust des Arbeitsplatzes auf eine Teilnahme an einer Maßnahme des § 13 FELEG zurückzuführen sei. Dies sei beim Kläger zu bejahen. Auch das Argument der nicht vorliegenden Berufsunfähigkeit gehe ins Leere. Spätestens im April 1997 habe der Kläger das 55. Lebensjahr erreicht und erfülle dann alle Voraussetzungen zur Gewährung des Ausgleichsgeldes. Daran ändere auch seine ehrenamtliche Tätigkeit als Vorstandsmitglied bei der APG nichts, welche einen zeitlichen Umfang von ca. einer Stunde pro Woche einnehme. Er sei auf das beantragte Ausgleichsgeld angewiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.1998 wies die Beklagte den Rechtsbehelf des Klägers zurück. Das Ende des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers vom 30.11.1996 liege außerhalb des 6-Monats-Zeitraumes der erstmaligen oder einer später erweiterten Stilllegungsmaßnahme mit Quotenplätzen. Deshalb sei von fehlendem Zusammenhang mit der Folge auszugehen, dass Ausgleichsgeld nicht gewährt werden könne. Gründe, die eine Ausnahme von dem 6-Monats-Zeitraum rechtfertigten, hätten nicht in ausreichendem Maße festgestellt werden können. Die Teilnahme der APG am Sächsischen Kulturlandschaftsprogramm habe zu Beginn Auswirkungen auf den Arbeitskräftebedarf gehabt. Es sei jedoch unwahrscheinlich, dass sich auch im Jahr der Entlassung 1996 deswegen noch eine Reduzierung des Arbeitsaufwandes ergeben habe, so dass die Entlassung des Klägers auch nicht in kausalem Zusammenhang mit diesen Maßnahmen stehe. Der Widerspruchsbescheid ging dem Kläger am 15.08.1998 zu.
Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner am 10.09.1998 beim Sozialgericht Dresden (SG) eingegangenen Klage vom 07.09.1998. Der Kläger erfülle spätestens ab April 1997 die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung des Ausgleichsgeldes. Darüber hinaus sei auch der gem. § 13 FELEG notwendige kausale Zusammenhang zwischen Flächenstilllegung und dem Ausscheiden des Klägers aus dem Beschäftigungsverhältnis mit der APG gegeben. Am 01.12.1996 habe neben dem Kläger eine weitere Beschäftigte von der APG auf Grund von Flächenstilllegungsmaßnahmen eine Kündigung zum 31.12.1996 erhalten. Dieser habe die Beklagte mit Bescheid vom 13.03.1998 Ausgleichsgeld bewilligt, während es beim Kläger mit Bescheid vom 21.04.1998 abgelehnt worden sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte dem Kläger 18 Monate nach Antragstellung willkürlich die Gewährung von Ausgleichsgeld versage, aber im Fall einer zweiten Arbeitnehmerin mit dem zeitlich späteren, aber im selben Stilllegungszeitraum liegenden Antrag positiv entscheide und das Ausgleichsgeld bewillige. Der Kläger habe auf die Bewilligung vertraut. Dieses Vertrauen beruhe sowohl auf den Informationen der Beklagten seit November 1994 als auch auf dem Schreiben der Beklagten vom 05.06.1997 an die APG, in welchem eine Ausgleichsgeldberechtigung für zwei Personen auf Grund des Stilllegungsjahres 1997 bestätigt worden sei. Die ehrenamtliche Tätigkeit des Klägers als Vorstandsmitglied bei der APG, welche einen zeitlichen Umfang von einer Stunde pro Woche einnehme, führe zu keinen Einkünften.
Mit Urteil vom 23.02.2000 wies das SG die Klage ab. Ein Anspruch auf Ausgleichsgeld bestehe nicht, da keine Kausalität zwischen der Flächenstilllegung und dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses anzunehmen sei. Dies folge bereits daraus, dass die Stelle des Klägers als Vorstandsvorsitzender nicht weggefallen sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht unter Zugrundelegung der Anzahl der im Betrieb zwischen 1993 und 1997 beschäftigten Arbeitnehmer sowie des prozentualen Verhältnisses von stillgelegter Fläche zur Gesamtbetriebsfläche.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25.03.2000 zugestellte Urteil legte dieser mit Schriftsatz vom 13.04.2000, eingegangen beim Sächsischen Landessozialgericht (LSG) am 14.04.2000, Berufung ein. Die Beendigung der Tätigkeit des Klägers als hauptamtliches Vorstandsmitglied sei auf Grund der vorgenommenen Flächenstilllegungen und Extensivierungsmaßnahmen seit 1993 und der daraufhin veranlassten Folgemaßnahmen, wie einem seit diesem Zeitpunkt vorgenommenen Personalabbau, erfolgt. Die Beschäftigtenzahl habe sich, verursacht durch die Maßnahmen im Zusammenhang mit den Flächenstilllegungen und Extensivierungen, halbiert. Dies habe sich entsprechend auf den Vorstand ausgewirkt. Der Vorstand einer eingetragenen Genossenschaft müssse gem. § 24 Abs. 2 S. 1 Genossenschaftsgesetz aus zwei Mitgliedern bestehen, die in das Genossenschaftsregister eingetragen würden. Die registergerichtliche Eintragung enthalte keinen Vermerk bezüglich der Ausübung der Vorstandstätigkeit als hauptamtlich, nebenamtlich oder ehrenamtlich bzw. darüber, ob eine solche Stellung als Vorsitzender oder Stellvertreter wahrgenommmen werde. Bis zur Entlassung des Klägers hätten ein vollbeschäftigter Vorstandsvorsitzender und ein vollbeschäftigter stellvertretender Vorstandsvorsitzender in der Agrarproduktivgenossenschaft agieren müssen. Im Zusammenhang mit den Flächenstilllegungen sei seit dem 01.12.1996 nur noch die Arbeitskraft für einen hauptamtlichen und vollbeschäftigten Vorstand wirtschaftlich sinnvoll einsetzbar. Der Kläger sei seit diesem Zeitpunkt aus dem Anstellungsverhältnis ausgeschieden und übe die genossenschaftsrechtliche Organstellung seitdem ehrenamtlich in einem zeitlichen Umfang von einer Stunde wöchentlich aus. Der darüber hinaus normierte zeitliche Zusammenhang zwischen Flächenstillegungs-/Extensivierungsmaßnahmen und Beendigung der klägerischen Tätigkeit sei durch die Beklagtenseite nicht einmal streitig gestellt worden, sondern gelte ausdrücklich als zugestanden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 23.02.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.07.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 01.12.1996 Ausgleichsgeld zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die zutreffenden Ausführungen des SG. Sie weist ferner darauf hin, dass der vom Kläger vorgetragene Personalabbau von 26 auf 13 Mitarbeiter in den Jahren 1993 bis 1997 laut Aufstellung der APG vom 13.06.1996 nicht nur fünf EG-bedingte Kündigungen, sondern auch acht aus anderen Gründen erfolgte Kündigungen umfasse. Die Halbierung des Personalbestandes sei also nicht ausschließlich auf die Stilllegung bzw. Extensivierung zurückzuführen und damit für die Herstellung eines sachlichen Zusammenhanges zwischen der Entlassung des als Vorstandsvorsitzenden tätigen Klägers und der Stilllegung ungeeignet.
Auf Nachfrage des LSG erklärten die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
Dem Senat liegen die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor.
Entscheidungsgründe:
Die fristgemäß eingelegte und auch sonst zulässige Berufung ist begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Ausgleichsgeld ab 01.12.1996 gemäß § 9 Abs. 1 i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) vom 21.02.1989 (BGBl. I S. 233), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 19.12.1998 (BGBl. I, S. 3843) zu.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 FELEG erhalten Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Rentenversicherung tätig sind, ein Ausgleichsgeld, wenn 1. ihre Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) auf Grund dessen Stilllegung (§ 2) oder Abgabe (§ 3) endet und 2. sie in den letzten 120 Kalendermonaten vor der Antragstellung mindestens 90 Kalendermonate in Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 ALG, davon in den letzten 48 Kalendermonaten vor der Stilllegung oder Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft mindestens 24 Kalendermonate in diesem Unternehmen hauptberuflich tätig gewesen sind. Satz 2 Nr. 1 verlangt darüber hinaus, dass das 55. Lebensjahr vor dem 01.01.1997 vollendet wurde; gemäß Satz 2 Nr. 2 genügt bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung insofern die Vollendung des 53. Lebensjahres.
Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 6 FELEG gelten die §§ 9 bis 12 FELEG entsprechend für Arbeitnehmer, deren Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft auf Grund einer Maßnahme nach Maßgabe sonstiger EWG-rechtlicher Vorschriften hinsichtlich einer Stilllegung oder Extensivierung landwirtschaftlicher Nutzfläche endet.
1. § 9 Abs. 1 Nr. 1 FELEG setzt mit den Worten "auf Grund" einen Ursachenzusammenhang zwischen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses einerseits und der Flächenstilllegung/Extensivierung oder der Abgabe von Flächen andererseits voraus. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei diesen Worten aus dogmatischer Sicht um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt (so LSG Thüringen, Urteil vom 26.03.1998, Aktz. L 2 LW 397/97), weil das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale einer Anspruchsgrundlage in jedem Fall voller richterlicher Überprüfung zugänglich ist und § 9 Abs. 1 Nr. 1 FELEG der Verwaltung ohnehin kein - nur eingeschränkt überprüfbares - Ermessen eröffnet. Zu beachten ist insoweit, dass jeder in einer Rechtsnorm verwendete Begriff in seinem Sinngehalt mehrdeutig und somit unbestimmt ist (vgl. Achterberg, Norbert, Allgemeines Verwaltungsrecht. Ein Lehrbuch, 2. Auflage, 1986, § 18 Rdnr. 39, S. 341: Der Ausdruck "unbestimmter Rechtsbegriff" sei ein Pleonasmus). Deshalb bedürfen auch die Worte "auf Grund" - wie jedes Tatbestandsmerkmal - der Auslegung (siehe Achterberg, a. a. O., S. 341 ff.; vgl. ferner Forsthoff, Ernst, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Band I, Allgemeiner Teil, 10. Auflage 1973, § 86: "Die Handhabung rein empirischer Begriffe ist ... Auslegung"). Für die Ermittlung eines Kausalzusammenhangs ist insbesondere im Recht der Sozialversicherung die Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung entwickelt worden, welcher sich auch der erkennende Senat anschließt. Im Gegensatz zu der Äquivalenztheorie - wonach alle Ursachen als gleichwertig angesehen werden (sog. conditio sine qua non-Formel) - nimmt die Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung eine Bewertung der Ursachen vor und gewichtet sie entsprechend. Damit steht sie der ebenfalls wertenden, im Zivilrecht geltenden Adäquanztheorie nahe. Anders als diese ist sie aber nicht generalisierend und abstrahierend, sondern vielmehr individualisierend und konkretisierend. Sie ermöglicht mithin anhand einer an den Umständen des Einzelfalls ausgerichteten Wertung eine am Gesetzeszweck orientierte Bestimmung und Begrenzung der Leistungspflicht des Sozialleistungsträgers (vgl. zum Ganzen: Schulin, Bertram, Sozialrecht. Ein Studienbuch, 5. Auflage, 1993, Rdnr. 337 ff.). Im Hinblick auf § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FELEG sind bei der Beurteilung der Kausalitätsfrage regelmäßig folgende Kriterien zu berücksichtigen:
a) innerer Zusammenhang zwischen Ende der Beschäftigung und Stilllegung/Abgabe oder Extensivierungsmaßnahme
Hiermit ist der sachliche Grund, also das Motiv für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses angesprochen (siehe LSG Thüringen, a. a. O. und LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20.05.1998, Aktz. L 3 LW 2/97).
b) zeitlicher Zusammenhang zwischen Ende der Beschäftigung und Stilllegung/Abgabe bzw. Extensivierungsmaßnahme
Dieses Kriterium meint die zeitliche Komponente: Der zeitliche Zusammenhang kann nur bejaht werden, wenn die Flächenstilllegung/Extensivierung und das Ende der Beschäftigung nicht zu weit auseinander liegen (siehe LSG Thüringen und LSG Sachsen-Anhalt, jeweils a. a. O.). Wann dies der Fall ist, wird unterschiedlich eingeschätzt: Der Gesetzgeber hielt die grundsätzliche Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs bei Arbeitsplatzverlusten in einem Gesamtzeitraum von zwölf Monaten - Beendigung der Beschäftigung sechs Monate vor und sechs Monate nach der (Teil-)Flächenstilllegung - für plausibel (siehe BT-Drucks 13/391, S 7). Ausnahmsweise könne jedoch auch außerhalb dieses Zeitrahmens der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs bei Arbeitsplatzverlusten geführt werden (siehe BT-Drucks, a. a. O.). Die Landessozialgerichte Thüringen und Sachsen-Anhalt verneinen den zeitlichen Zusammenhang, sobald zwischen Stilllegung/Abgabe und Ende des Beschäftigungsverhältnisses ein Zeitraum von ca. zwei Jahren liegt (siehe jeweils a. a. O.). Nach dem Gesetzeswortlaut ist für die Prüfung des zeitlichen Zusammenhanges stets der Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und nicht derjenige der Kündigung maßgeblich.
c) Proportionalität zwischen dem Verhältnis der durch die Stilllegung/Abgabe freigesetzten Arbeitnehmer zur Gesamtzahl der Arbeitnehmer im landwirtschaftlichen Unternehmen und dem Verhältnis der in die Stilllegung/Abgabe einbezogenen Fläche zur Gesamtfläche des Unternehmens (siehe Rombach, Wolfgang, Alterssicherung der Landwirte, Das neue Recht nach dem Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung, 1995, S. 299 sowie LSG Thüringen, a. a. O.).
Das Verhältnis zwischen Flächenstilllegung und Personalbestand ist für jedes Jahr neu zu bestimmen, in dem die Stilllegungsfläche erhöht wurde. Maßgeblich ist insoweit dann nur die zusätzlich stillgelegte Fläche. Die Praxis der Beklagten, von der Anzahl der Arbeitnehmer vor der ersten Entlassung abzüglich der errechneten Quote vom Vorjahr auszugehen, verkennt, dass Arbeitnehmer regelmäßig nicht nur auf Grund von Flächenstilllegungen entlassen werden. Die von der Beklagten zu Grunde gelegte Fiktion wird somit den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht. Lehnt man diesen Berechnungsweg jedoch ab, so kann konsequenterweise für die der ersten Stilllegung folgenden Jahre auch nicht auf die ursprüngliche Gesamtbetriebsfläche abgestellt werden. Denn dies macht nur Sinn, wenn die Verhältnismäßigkeit zwischen Fläche und Personal ausschließlich durch Stilllegung definiert würde. Will man den tatsächlichen Verhältnissen gerecht werden, so ist grundsätzlich für jedes Jahr mit zusätzlicher Flächenstilllegung die jeweils aktuelle Gesamtbetriebsfläche zu berücksichtigen.
Sofern in einem Jahr weniger Arbeitnehmer entlassen wurden, als es unter Proportionalitätsgesichtspunkten der stillgelegten Fläche entsprach, ist eine pauschale Quotenübertragung auf die Folgejahre nicht möglich. Denn es bedarf stets des inneren Zusammenhangs zwischen Stilllegung/Abgabe und konkretem Arbeitsplatzverlust (Kriterium unter a).
d) tatsächlicher Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes (siehe LSG Thüringen, a. a. O., und LSG Brandenburg, Urteil vom 17.03.1999, Aktz. L 4 LW 1/98)
Vom Gesetzeszweck her dient das Ausgleichsgeld als Ausgleich dafür, dass wegen der Flächenstilllegung/Abgabe der Arbeitsplatz tatsächlich entfällt.
e) Art und Umfang der Beschäftigung der Arbeitnehmer vor der Stilllegung/Abgabe
Hierbei wird die zu prüfende Kausalität bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Flächenbezug (z.B. Tätigkeit im Feldbau) eher zu bejahen sein als bei einer Tätigkeit ohne unmittelbaren Flächenbezug (z.B. Tätigkeit in der Verwaltung oder der Viehproduktion).
Insgesamt gilt, dass nur eine wertende Zusammenschau sämtlicher aufgeführter Kriterien eine dem jeweiligen Einzelfall gerecht werdende Entscheidung ermöglicht (vgl. BT-Drucks 13/391, S. 7):
Dabei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber der Ursächlichkeit zwischen der Stilllegung/Abgabe oder der Extensivierungsmaßnahme auf der einen Seite und der Beendigung der Beschäftigung auf der anderen Seite erhebliches Gewicht beigemessen hat (siehe BT-Drucks 11/2972, S. 11 ff., 16). Dies ergibt sich vor allem aus der Tatsache, dass der Vorschlag der SPD-Fraktion, auf das Kausalitätserfordernis bei Arbeitnehmern vollständig zu verzichten, vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen wurde (siehe BT-Drucks 11/3859, S. 21 ff. und 11/7233, S. 11, 13). Vor diesem Hintergrund erscheint die Auffassung fragwürdig, es dürften keine strengen Anforderungen an die Kausalität gestellt werden (so aber Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen [Hrsg.], Stellungnahme zum FELEG, 2. Auflage, 1993, S. 172, 207).
Ebenso wenig vermag die Meinung zu überzeugen, der Kausalitätsnachweis sei bereits erbracht, wenn der Unternehmer bestätige, der Verlust des Arbeitsplatzes sei auf die Stilllegung/Abgabe bzw. die Extensivierung zurückzuführen, es sei denn, es lägen konkrete Erkenntnisse darüber vor, dass die Angabe nicht der Realität entspreche (so jedoch Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen, a. a. O., S. 207).
Weiterhin ist die Gesamtbetrachtung stets so vorzunehmen, dass besonders schwerwiegende sonstige Umstände eine Ausnahmeentscheidung zulassen (vgl. BT Drucks 13/391, S. 7 ff.; zum Fall der Zusicherung der Gewährung von Ausgleichsgeld seitens der Verwaltung siehe Sächsisches LSG, Urteil vom 19.01.2000, Aktz. L 4 LW 20/99).
2. Im vorliegenden Fall führt die Anwendung dieser Kriterien zu folgenden Ergebnissen:
a) In dem Kündigungsschreiben nennt die APG zwei Gründe für die Entlassung des Klägers. Zum einen wird die Teilnahme an den Extensivierungsprogrammen im pflanzlichen und tierischen Bereich genannt, zum anderen der angegriffene Gesundheitszustand des Klägers, der eine weitere Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender nicht zulasse. Aus der Aufstellung der APG vom 13.06.1996 ergibt sich, dass diese in den Jahren 1993 bis 1997 den Personalbestand um 13 Mitarbeiter abgebaut hat. EG-bedingt waren jedoch nur fünf Kündigungen, acht Kündigungen erfolgten hingegen aus anderen Gründen. Dennoch ist es nachvollziehbar, dass sich auch der flächenstillegungsbedingte Personalabbau in gewissem Umfang auf den Arbeitsaufwand des Vorstands ausgewirkt hat.
b) Der zeitliche Zusammenhang zwischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger und dem Beginn der Stilllegungsmaßnahmen ist sowohl für 1996 als auch für 1997 zu bejahen. Sowohl die Flächenstilllegung als auch die KULAP-Maßnahmen wirken sich grundsätzlich bereits zu Beginn auf den Arbeitskräftebedarf aus. Einsparungen an Arbeitskraft durch brachliegende Flächen bzw. - im Zusammenhang mit dem KULAP - von Arbeitsgängen bei der Düngung, durch Verringerungen der Schritte sowie Weideumtriebe machen sich schon in der ersten Vegetationsperiode bemerkbar. Im Bereich der Tierproduktion und der Verwaltung kann es jedoch zu zeitlichen Verzögerungen kommen. Eine zeitliche Differenz zwischen dem Beginn der Stilllegung 1996 und der Entlassung des Klägers zum 30.11.1996 steht der Annahme eines zeitlichen Zusammenhanges nicht entgegen. Hinsichtlich der am 15.01.1997 begonnenen Stilllegung und der Beendigung zum 30.11.1996 ist der zeitliche Zusammenhang unstreitig zu bejahen.
c) Unter Proportionalitätsgesichtspunkten lässt sich im Zusammenhang mit der Stilllegung im Jahr 1997 die flächenstilllegungsbedingte Entlassung eines Arbeitnehmers begründen. Tatsächlich sind von der APG 1997 zwei Arbeitsverhältnisse mit der Begründung der Flächenstilllegung beendet worden. Zum einen das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger (Kündigung vom 28.06.1996 zum 30.11.1996), zum anderen das mit einer Landarbeiterin (Kündigung vom 01.12.1996 zum 31.12.1996). Die Entlassung des Klägers lag vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Landarbeiterin.
Hinsichtlich der Flächenstilllegung 1996 ließe sich unter Proportionalitätsgesichtspunkten die Entlassung einer Arbeitskraft rechtfertigen. Im Zeitraum von Dezember 1995 bis März 1996 entließ die APG jedoch drei Arbeitnehmer mit dem Hinweis auf Flächenstilllegungen.
d) Die Funktion des Vorstandsvorsitzenden ist zwar nicht weggefallen. Diese Position wird seit dem Ausscheiden des Klägers von dessen bisherigen Stellvertreter wahrgenommen. Jedoch setzt sich der Vorstand nach der Entlassung des Klägers nicht mehr aus zwei vollbeschäftigten Vorstandsmitgliedern, sondern nur noch aus einem vollbeschäftigtem Mitglied und einem ehrenamtlich, eine Stunde pro Woche tätigen Mitglied zusammen.
e) Bei der Tätigkeit im Vorstand ist ein unmittelbarer Flächenbezug zu verneinen.
In der Gesamtwürdigung ist entscheidend darauf abzustellen, dass sich der Arbeitsaufwand im Vorstand der Agrarproduktivgenossenschaft bedingt durch die Flächenstilllegungen erheblich reduziert hat. Die Tatsache, dass die Vorstandstätigkeit nunmehr nahezu ausschließlich nur noch von einem Vorstandsmitglied wahrgenommen wird, ist wesentlich auf die Stilllegungsmaßnahmen zurückzuführen. Die Frage, wer innerhalb des Vorstandes die Funktion des Vorstandsvorsitzenden wahrnimmt, hat nur eine untergeordnete Bedeutung. Ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen der Entlassung des Klägers und den Flächenstilllegungen ist daher zu bejahen. Proportionalitätsgesichtspunkte stehen dieser Annahme nicht entgegen. Hierbei ist entscheidend, dass die Kündigung des Klägers zeitlich vor der Entlassung einer weiteren Mitarbeiterin ausgesprochen und wirksam wurde.
Der Kläger ist berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI. Er ist sowohl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch in seiner letzten Tätigkeit nur noch drei Stunden bis unterhalbschichtig einsetzbar. Es muss sich um leichte körperliche Tätigkeiten ohne Stressbelastung handelt. Dieser Einschätzung der von der Beklagten beauftragten Gutachterin SR W ..., die von dem Obergutachter der Beklagten geteilt wird, schließt sich der Senat an. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers ist damit auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken. Der Umstand, dass der Kläger nach seiner Entlassung im Umfang von ca. einer Stunde pro Woche ehrenamtlich im Vorstand der Agrarproduktivgenossenschaft tätig ist, steht der Annahme der Berufsunfähigkeit nicht entgegen.
Der am 27.04.1942 geborene Kläger hat vor dem 01.01.1997 sein 53. Lebensjahr vollendet.
Damit liegen alle Voraussetzungen für den Anspruch auf Ausgleichsgeld vor.
Der Berufung war stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Kausalitätsfrage im Rahmen von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FELEG grundsätzliche Bedeutung hat und höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt ist.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Ausgleichsgeld für die Zeit ab dem 01.12.1996.
Der am ... geborene Kläger war im Zeitraum vom 01.01.1981 bis 30.06.1991 Vorsitzender der LPG "Ernst Thälmann" in B ... Anschließend übte er bis zum 30.11.1996 die Tätigkeit eines Vorstandsvorsitzenden bei der Agrarproduktivgenossenschaft L .../ ... e. G. (APG) aus. In dem Kündigungsschreiben vom 28.06.1996 heißt es unter anderem: "Die gesamte Entwicklung in der Landwirtschaft zwingt uns zur Teilnahme an Extensivierungsprogrammen im pflanzlichen und tierischen Bereich. Nur durch drastische Kostenminimierung, insbesondere der Kosten für die lebendige Arbeit, lässt sich ein positives Betriebsergebnis erzielen ... Sie gehören zu den älteren Arbeitnehmern unserer Genossenschaft. Gleichzeitig wird Ihnen von Ihrem Hausarzt bescheinigt, die Funktion des Vorstandsvorsitzenden auf Grund ihres chronischen Herzleidens nicht mehr auszuüben. Die Wahrnehmung der Aufgaben des Vorstandsvorsitzenden übernimmt nach Ihrem Ausscheiden Ihr bisheriger Stellvertreter Herr M ... F ...". Am 10.12.1996 ging bei der Beklagten der Antrag des Klägers auf Ausgleichsgeld ein.
In der Arbeitgeberbescheinigung zum Antrag auf Ausgleichsgeld bestätigte die APG, das Beschäftigungsverhältnis als Vorstandsvorsitzender sei wegen Stilllegung von Ackerflächen im Umfang von 109,79 ha bei einer Gesamtbetriebsfläche von 655,41 ha im Wirtschaftsjahr 1996/1997 unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum 30.11.1996 beendet worden.
Die APG nahm in der Zeit von 1993 bis 1997 an der konjunkturellen Flächenstilllegung nach der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 teil. Die Größen der Gesamtfläche und der jeweiligen Stilllegungsfläche (Angaben jeweils in ha) betrugen:
Jahr Gesamtfläche Stilllegungsfläche
1993 745,31 75,60
1994 667,16 80,65
1995 641,14 81,26
1996 656,09 109,79
1997 656,34 125,61
Weiterhin beteiligte sich das Unternehmen von 1992 bis 1996 am Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) - extensive Weidewirtschaft - mit 99,99 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche. Seit 1997 nimmt die APG am neuen KULAP - Grünlandnutzung - mit reduziertem Mitteleinsatz (50,04 ha) und extensiver Weidenutzung (21,7 ha) teil.
Die Zahl der von der APG beschäftigten Arbeitnehmer entwickelte sich wie folgt:
Juli 1992 26,5 Arbeitnehmer
Juli 1993 24,5 Arbeitnehmer
Juli 1994 22,5 Arbeitnehmer
Juli 1995 20,5 Arbeitnehmer
Juli 1996 15,5 Arbeitnehmer
Im Zeitraum vom 01.08.1995 bis zum 31.07.1996 bescheinigte die APG drei Arbeitnehmern, dass die Entlassung auf Flächenstilllegungen zurückzuführen sei. Im anschließenden Zeitraum bis Sommer 1997 begründete die APG zwei weitere Kündigungen mit Extensivierungsmaßnahmen bzw. Flächenstilllegungen.
Am 13.02.1997 erstellte SR. W ..., Fachärztin für Allgemeinmedizin, ein ärztliches Gutachten. Danach ist dem Kläger noch ein täglicher Einsatz bis zu drei Stunden in körperlich leichter Tätigkeit ohne besondere Stressbelastung zumutbar. Der Obergutachter der Beklagten Dr. K ... schloss sich am 21.02.1997 dieser Einschätzung an.
Mit Bescheid vom 21.04.1998 wies die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Ausgleichsgeld zurück. Maßgebliche kausale Stilllegung für die Kündigung des Klägers könne nur die Stilllegung 1997 mit dem Stilllegungsbeginn 15.01.1997 gewesen sein. Für dieses Stilllegungsjahr habe sich eine grundsätzliche Berechtigung zum Bezug von Ausgleichsgeld für eine Person ergeben. Da bereits für diese Anzahl von ehemaligen Mitarbeitern der APG Ausgleichsgeld bewilligt worden sei, sei die Quote der anspruchsberechtigten Personen für dieses Stilllegungsjahr ausgeschöpft. Die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers könne deshalb nicht der Stilllegung von Flächen im Sinne des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) zugerechnet werden, so dass für die Gewährung von Ausgleichsgeld die Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Soweit die APG über die "gewöhnlichen" Stilllegungsmaßnahmen hinaus am KULAP teilgenommen habe, hätten sich hieraus zwar zwei zusätzliche Quotenplätze ergeben, diese könnten aber nach der vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Familie zur Beachtung vorgeschriebenen Richtlinie nicht mit der Entlassung des Klägers im zeitlichen Zusammenhang gesehen werden. Darüber hinaus liege bei dem Kläger auch keine Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VII) vor. Dies ergebe sich daraus, dass der Kläger seine Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender fortführe. Ausweislich des Auszuges aus dem Genossenschaftsregister vom 07.01.1998 fungiere der Kläger weiter als Mitglied des Vorstandes. Der Einwand, dass es sich lediglich um eine ehrenamtliche Tätigkeit handele, ändere nichts an dem mit der Tätigkeit verbundenen Anforderungsprofil.
Hiergegen legte der Kläger am 19.05.1998 Widerspruch ein. In seiner Widerspruchsbegründung berief sich der Kläger auf Vertrauensschutzgesichtspunkte. Noch mit Schreiben vom 05.06.1997 an die APG habe die Beklagte für das Stilllegungsjahr 1997 eine Ausgleichsgeldberechtigung für zwei Personen bescheinigt. Der Bescheid vom 21.04.1998 basiere nunmehr auf veränderten Berechnungsgrundlagen. Dies stelle sich auch als Widerspruch zu den allgemeinen Informationsveranstaltungen im Jahr 1994 sowie dem durch die Beklagte verteilten Merkblatt dar. Dort sei jeweils erläutert worden, dass bei 15 ha stillgelegter Fläche auch eine Entlassung möglich sei, die einen Anspruch auf Ausgleichsgeld begründen könnte. Der Gesetzgeber des FELEG sei davon ausgegangen, der Kausalitätsnachweis werde durch eine Bestätigung des Unternehmers erbracht, dass der Verlust des Arbeitsplatzes auf eine Teilnahme an einer Maßnahme des § 13 FELEG zurückzuführen sei. Dies sei beim Kläger zu bejahen. Auch das Argument der nicht vorliegenden Berufsunfähigkeit gehe ins Leere. Spätestens im April 1997 habe der Kläger das 55. Lebensjahr erreicht und erfülle dann alle Voraussetzungen zur Gewährung des Ausgleichsgeldes. Daran ändere auch seine ehrenamtliche Tätigkeit als Vorstandsmitglied bei der APG nichts, welche einen zeitlichen Umfang von ca. einer Stunde pro Woche einnehme. Er sei auf das beantragte Ausgleichsgeld angewiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.1998 wies die Beklagte den Rechtsbehelf des Klägers zurück. Das Ende des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers vom 30.11.1996 liege außerhalb des 6-Monats-Zeitraumes der erstmaligen oder einer später erweiterten Stilllegungsmaßnahme mit Quotenplätzen. Deshalb sei von fehlendem Zusammenhang mit der Folge auszugehen, dass Ausgleichsgeld nicht gewährt werden könne. Gründe, die eine Ausnahme von dem 6-Monats-Zeitraum rechtfertigten, hätten nicht in ausreichendem Maße festgestellt werden können. Die Teilnahme der APG am Sächsischen Kulturlandschaftsprogramm habe zu Beginn Auswirkungen auf den Arbeitskräftebedarf gehabt. Es sei jedoch unwahrscheinlich, dass sich auch im Jahr der Entlassung 1996 deswegen noch eine Reduzierung des Arbeitsaufwandes ergeben habe, so dass die Entlassung des Klägers auch nicht in kausalem Zusammenhang mit diesen Maßnahmen stehe. Der Widerspruchsbescheid ging dem Kläger am 15.08.1998 zu.
Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner am 10.09.1998 beim Sozialgericht Dresden (SG) eingegangenen Klage vom 07.09.1998. Der Kläger erfülle spätestens ab April 1997 die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung des Ausgleichsgeldes. Darüber hinaus sei auch der gem. § 13 FELEG notwendige kausale Zusammenhang zwischen Flächenstilllegung und dem Ausscheiden des Klägers aus dem Beschäftigungsverhältnis mit der APG gegeben. Am 01.12.1996 habe neben dem Kläger eine weitere Beschäftigte von der APG auf Grund von Flächenstilllegungsmaßnahmen eine Kündigung zum 31.12.1996 erhalten. Dieser habe die Beklagte mit Bescheid vom 13.03.1998 Ausgleichsgeld bewilligt, während es beim Kläger mit Bescheid vom 21.04.1998 abgelehnt worden sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte dem Kläger 18 Monate nach Antragstellung willkürlich die Gewährung von Ausgleichsgeld versage, aber im Fall einer zweiten Arbeitnehmerin mit dem zeitlich späteren, aber im selben Stilllegungszeitraum liegenden Antrag positiv entscheide und das Ausgleichsgeld bewillige. Der Kläger habe auf die Bewilligung vertraut. Dieses Vertrauen beruhe sowohl auf den Informationen der Beklagten seit November 1994 als auch auf dem Schreiben der Beklagten vom 05.06.1997 an die APG, in welchem eine Ausgleichsgeldberechtigung für zwei Personen auf Grund des Stilllegungsjahres 1997 bestätigt worden sei. Die ehrenamtliche Tätigkeit des Klägers als Vorstandsmitglied bei der APG, welche einen zeitlichen Umfang von einer Stunde pro Woche einnehme, führe zu keinen Einkünften.
Mit Urteil vom 23.02.2000 wies das SG die Klage ab. Ein Anspruch auf Ausgleichsgeld bestehe nicht, da keine Kausalität zwischen der Flächenstilllegung und dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses anzunehmen sei. Dies folge bereits daraus, dass die Stelle des Klägers als Vorstandsvorsitzender nicht weggefallen sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht unter Zugrundelegung der Anzahl der im Betrieb zwischen 1993 und 1997 beschäftigten Arbeitnehmer sowie des prozentualen Verhältnisses von stillgelegter Fläche zur Gesamtbetriebsfläche.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25.03.2000 zugestellte Urteil legte dieser mit Schriftsatz vom 13.04.2000, eingegangen beim Sächsischen Landessozialgericht (LSG) am 14.04.2000, Berufung ein. Die Beendigung der Tätigkeit des Klägers als hauptamtliches Vorstandsmitglied sei auf Grund der vorgenommenen Flächenstilllegungen und Extensivierungsmaßnahmen seit 1993 und der daraufhin veranlassten Folgemaßnahmen, wie einem seit diesem Zeitpunkt vorgenommenen Personalabbau, erfolgt. Die Beschäftigtenzahl habe sich, verursacht durch die Maßnahmen im Zusammenhang mit den Flächenstilllegungen und Extensivierungen, halbiert. Dies habe sich entsprechend auf den Vorstand ausgewirkt. Der Vorstand einer eingetragenen Genossenschaft müssse gem. § 24 Abs. 2 S. 1 Genossenschaftsgesetz aus zwei Mitgliedern bestehen, die in das Genossenschaftsregister eingetragen würden. Die registergerichtliche Eintragung enthalte keinen Vermerk bezüglich der Ausübung der Vorstandstätigkeit als hauptamtlich, nebenamtlich oder ehrenamtlich bzw. darüber, ob eine solche Stellung als Vorsitzender oder Stellvertreter wahrgenommmen werde. Bis zur Entlassung des Klägers hätten ein vollbeschäftigter Vorstandsvorsitzender und ein vollbeschäftigter stellvertretender Vorstandsvorsitzender in der Agrarproduktivgenossenschaft agieren müssen. Im Zusammenhang mit den Flächenstilllegungen sei seit dem 01.12.1996 nur noch die Arbeitskraft für einen hauptamtlichen und vollbeschäftigten Vorstand wirtschaftlich sinnvoll einsetzbar. Der Kläger sei seit diesem Zeitpunkt aus dem Anstellungsverhältnis ausgeschieden und übe die genossenschaftsrechtliche Organstellung seitdem ehrenamtlich in einem zeitlichen Umfang von einer Stunde wöchentlich aus. Der darüber hinaus normierte zeitliche Zusammenhang zwischen Flächenstillegungs-/Extensivierungsmaßnahmen und Beendigung der klägerischen Tätigkeit sei durch die Beklagtenseite nicht einmal streitig gestellt worden, sondern gelte ausdrücklich als zugestanden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 23.02.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.07.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 01.12.1996 Ausgleichsgeld zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die zutreffenden Ausführungen des SG. Sie weist ferner darauf hin, dass der vom Kläger vorgetragene Personalabbau von 26 auf 13 Mitarbeiter in den Jahren 1993 bis 1997 laut Aufstellung der APG vom 13.06.1996 nicht nur fünf EG-bedingte Kündigungen, sondern auch acht aus anderen Gründen erfolgte Kündigungen umfasse. Die Halbierung des Personalbestandes sei also nicht ausschließlich auf die Stilllegung bzw. Extensivierung zurückzuführen und damit für die Herstellung eines sachlichen Zusammenhanges zwischen der Entlassung des als Vorstandsvorsitzenden tätigen Klägers und der Stilllegung ungeeignet.
Auf Nachfrage des LSG erklärten die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
Dem Senat liegen die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor.
Entscheidungsgründe:
Die fristgemäß eingelegte und auch sonst zulässige Berufung ist begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Ausgleichsgeld ab 01.12.1996 gemäß § 9 Abs. 1 i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) vom 21.02.1989 (BGBl. I S. 233), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 19.12.1998 (BGBl. I, S. 3843) zu.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 FELEG erhalten Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Rentenversicherung tätig sind, ein Ausgleichsgeld, wenn 1. ihre Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) auf Grund dessen Stilllegung (§ 2) oder Abgabe (§ 3) endet und 2. sie in den letzten 120 Kalendermonaten vor der Antragstellung mindestens 90 Kalendermonate in Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 ALG, davon in den letzten 48 Kalendermonaten vor der Stilllegung oder Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft mindestens 24 Kalendermonate in diesem Unternehmen hauptberuflich tätig gewesen sind. Satz 2 Nr. 1 verlangt darüber hinaus, dass das 55. Lebensjahr vor dem 01.01.1997 vollendet wurde; gemäß Satz 2 Nr. 2 genügt bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung insofern die Vollendung des 53. Lebensjahres.
Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 6 FELEG gelten die §§ 9 bis 12 FELEG entsprechend für Arbeitnehmer, deren Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft auf Grund einer Maßnahme nach Maßgabe sonstiger EWG-rechtlicher Vorschriften hinsichtlich einer Stilllegung oder Extensivierung landwirtschaftlicher Nutzfläche endet.
1. § 9 Abs. 1 Nr. 1 FELEG setzt mit den Worten "auf Grund" einen Ursachenzusammenhang zwischen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses einerseits und der Flächenstilllegung/Extensivierung oder der Abgabe von Flächen andererseits voraus. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei diesen Worten aus dogmatischer Sicht um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt (so LSG Thüringen, Urteil vom 26.03.1998, Aktz. L 2 LW 397/97), weil das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale einer Anspruchsgrundlage in jedem Fall voller richterlicher Überprüfung zugänglich ist und § 9 Abs. 1 Nr. 1 FELEG der Verwaltung ohnehin kein - nur eingeschränkt überprüfbares - Ermessen eröffnet. Zu beachten ist insoweit, dass jeder in einer Rechtsnorm verwendete Begriff in seinem Sinngehalt mehrdeutig und somit unbestimmt ist (vgl. Achterberg, Norbert, Allgemeines Verwaltungsrecht. Ein Lehrbuch, 2. Auflage, 1986, § 18 Rdnr. 39, S. 341: Der Ausdruck "unbestimmter Rechtsbegriff" sei ein Pleonasmus). Deshalb bedürfen auch die Worte "auf Grund" - wie jedes Tatbestandsmerkmal - der Auslegung (siehe Achterberg, a. a. O., S. 341 ff.; vgl. ferner Forsthoff, Ernst, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Band I, Allgemeiner Teil, 10. Auflage 1973, § 86: "Die Handhabung rein empirischer Begriffe ist ... Auslegung"). Für die Ermittlung eines Kausalzusammenhangs ist insbesondere im Recht der Sozialversicherung die Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung entwickelt worden, welcher sich auch der erkennende Senat anschließt. Im Gegensatz zu der Äquivalenztheorie - wonach alle Ursachen als gleichwertig angesehen werden (sog. conditio sine qua non-Formel) - nimmt die Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung eine Bewertung der Ursachen vor und gewichtet sie entsprechend. Damit steht sie der ebenfalls wertenden, im Zivilrecht geltenden Adäquanztheorie nahe. Anders als diese ist sie aber nicht generalisierend und abstrahierend, sondern vielmehr individualisierend und konkretisierend. Sie ermöglicht mithin anhand einer an den Umständen des Einzelfalls ausgerichteten Wertung eine am Gesetzeszweck orientierte Bestimmung und Begrenzung der Leistungspflicht des Sozialleistungsträgers (vgl. zum Ganzen: Schulin, Bertram, Sozialrecht. Ein Studienbuch, 5. Auflage, 1993, Rdnr. 337 ff.). Im Hinblick auf § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FELEG sind bei der Beurteilung der Kausalitätsfrage regelmäßig folgende Kriterien zu berücksichtigen:
a) innerer Zusammenhang zwischen Ende der Beschäftigung und Stilllegung/Abgabe oder Extensivierungsmaßnahme
Hiermit ist der sachliche Grund, also das Motiv für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses angesprochen (siehe LSG Thüringen, a. a. O. und LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20.05.1998, Aktz. L 3 LW 2/97).
b) zeitlicher Zusammenhang zwischen Ende der Beschäftigung und Stilllegung/Abgabe bzw. Extensivierungsmaßnahme
Dieses Kriterium meint die zeitliche Komponente: Der zeitliche Zusammenhang kann nur bejaht werden, wenn die Flächenstilllegung/Extensivierung und das Ende der Beschäftigung nicht zu weit auseinander liegen (siehe LSG Thüringen und LSG Sachsen-Anhalt, jeweils a. a. O.). Wann dies der Fall ist, wird unterschiedlich eingeschätzt: Der Gesetzgeber hielt die grundsätzliche Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs bei Arbeitsplatzverlusten in einem Gesamtzeitraum von zwölf Monaten - Beendigung der Beschäftigung sechs Monate vor und sechs Monate nach der (Teil-)Flächenstilllegung - für plausibel (siehe BT-Drucks 13/391, S 7). Ausnahmsweise könne jedoch auch außerhalb dieses Zeitrahmens der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs bei Arbeitsplatzverlusten geführt werden (siehe BT-Drucks, a. a. O.). Die Landessozialgerichte Thüringen und Sachsen-Anhalt verneinen den zeitlichen Zusammenhang, sobald zwischen Stilllegung/Abgabe und Ende des Beschäftigungsverhältnisses ein Zeitraum von ca. zwei Jahren liegt (siehe jeweils a. a. O.). Nach dem Gesetzeswortlaut ist für die Prüfung des zeitlichen Zusammenhanges stets der Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und nicht derjenige der Kündigung maßgeblich.
c) Proportionalität zwischen dem Verhältnis der durch die Stilllegung/Abgabe freigesetzten Arbeitnehmer zur Gesamtzahl der Arbeitnehmer im landwirtschaftlichen Unternehmen und dem Verhältnis der in die Stilllegung/Abgabe einbezogenen Fläche zur Gesamtfläche des Unternehmens (siehe Rombach, Wolfgang, Alterssicherung der Landwirte, Das neue Recht nach dem Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung, 1995, S. 299 sowie LSG Thüringen, a. a. O.).
Das Verhältnis zwischen Flächenstilllegung und Personalbestand ist für jedes Jahr neu zu bestimmen, in dem die Stilllegungsfläche erhöht wurde. Maßgeblich ist insoweit dann nur die zusätzlich stillgelegte Fläche. Die Praxis der Beklagten, von der Anzahl der Arbeitnehmer vor der ersten Entlassung abzüglich der errechneten Quote vom Vorjahr auszugehen, verkennt, dass Arbeitnehmer regelmäßig nicht nur auf Grund von Flächenstilllegungen entlassen werden. Die von der Beklagten zu Grunde gelegte Fiktion wird somit den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht. Lehnt man diesen Berechnungsweg jedoch ab, so kann konsequenterweise für die der ersten Stilllegung folgenden Jahre auch nicht auf die ursprüngliche Gesamtbetriebsfläche abgestellt werden. Denn dies macht nur Sinn, wenn die Verhältnismäßigkeit zwischen Fläche und Personal ausschließlich durch Stilllegung definiert würde. Will man den tatsächlichen Verhältnissen gerecht werden, so ist grundsätzlich für jedes Jahr mit zusätzlicher Flächenstilllegung die jeweils aktuelle Gesamtbetriebsfläche zu berücksichtigen.
Sofern in einem Jahr weniger Arbeitnehmer entlassen wurden, als es unter Proportionalitätsgesichtspunkten der stillgelegten Fläche entsprach, ist eine pauschale Quotenübertragung auf die Folgejahre nicht möglich. Denn es bedarf stets des inneren Zusammenhangs zwischen Stilllegung/Abgabe und konkretem Arbeitsplatzverlust (Kriterium unter a).
d) tatsächlicher Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes (siehe LSG Thüringen, a. a. O., und LSG Brandenburg, Urteil vom 17.03.1999, Aktz. L 4 LW 1/98)
Vom Gesetzeszweck her dient das Ausgleichsgeld als Ausgleich dafür, dass wegen der Flächenstilllegung/Abgabe der Arbeitsplatz tatsächlich entfällt.
e) Art und Umfang der Beschäftigung der Arbeitnehmer vor der Stilllegung/Abgabe
Hierbei wird die zu prüfende Kausalität bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Flächenbezug (z.B. Tätigkeit im Feldbau) eher zu bejahen sein als bei einer Tätigkeit ohne unmittelbaren Flächenbezug (z.B. Tätigkeit in der Verwaltung oder der Viehproduktion).
Insgesamt gilt, dass nur eine wertende Zusammenschau sämtlicher aufgeführter Kriterien eine dem jeweiligen Einzelfall gerecht werdende Entscheidung ermöglicht (vgl. BT-Drucks 13/391, S. 7):
Dabei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber der Ursächlichkeit zwischen der Stilllegung/Abgabe oder der Extensivierungsmaßnahme auf der einen Seite und der Beendigung der Beschäftigung auf der anderen Seite erhebliches Gewicht beigemessen hat (siehe BT-Drucks 11/2972, S. 11 ff., 16). Dies ergibt sich vor allem aus der Tatsache, dass der Vorschlag der SPD-Fraktion, auf das Kausalitätserfordernis bei Arbeitnehmern vollständig zu verzichten, vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen wurde (siehe BT-Drucks 11/3859, S. 21 ff. und 11/7233, S. 11, 13). Vor diesem Hintergrund erscheint die Auffassung fragwürdig, es dürften keine strengen Anforderungen an die Kausalität gestellt werden (so aber Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen [Hrsg.], Stellungnahme zum FELEG, 2. Auflage, 1993, S. 172, 207).
Ebenso wenig vermag die Meinung zu überzeugen, der Kausalitätsnachweis sei bereits erbracht, wenn der Unternehmer bestätige, der Verlust des Arbeitsplatzes sei auf die Stilllegung/Abgabe bzw. die Extensivierung zurückzuführen, es sei denn, es lägen konkrete Erkenntnisse darüber vor, dass die Angabe nicht der Realität entspreche (so jedoch Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen, a. a. O., S. 207).
Weiterhin ist die Gesamtbetrachtung stets so vorzunehmen, dass besonders schwerwiegende sonstige Umstände eine Ausnahmeentscheidung zulassen (vgl. BT Drucks 13/391, S. 7 ff.; zum Fall der Zusicherung der Gewährung von Ausgleichsgeld seitens der Verwaltung siehe Sächsisches LSG, Urteil vom 19.01.2000, Aktz. L 4 LW 20/99).
2. Im vorliegenden Fall führt die Anwendung dieser Kriterien zu folgenden Ergebnissen:
a) In dem Kündigungsschreiben nennt die APG zwei Gründe für die Entlassung des Klägers. Zum einen wird die Teilnahme an den Extensivierungsprogrammen im pflanzlichen und tierischen Bereich genannt, zum anderen der angegriffene Gesundheitszustand des Klägers, der eine weitere Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender nicht zulasse. Aus der Aufstellung der APG vom 13.06.1996 ergibt sich, dass diese in den Jahren 1993 bis 1997 den Personalbestand um 13 Mitarbeiter abgebaut hat. EG-bedingt waren jedoch nur fünf Kündigungen, acht Kündigungen erfolgten hingegen aus anderen Gründen. Dennoch ist es nachvollziehbar, dass sich auch der flächenstillegungsbedingte Personalabbau in gewissem Umfang auf den Arbeitsaufwand des Vorstands ausgewirkt hat.
b) Der zeitliche Zusammenhang zwischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger und dem Beginn der Stilllegungsmaßnahmen ist sowohl für 1996 als auch für 1997 zu bejahen. Sowohl die Flächenstilllegung als auch die KULAP-Maßnahmen wirken sich grundsätzlich bereits zu Beginn auf den Arbeitskräftebedarf aus. Einsparungen an Arbeitskraft durch brachliegende Flächen bzw. - im Zusammenhang mit dem KULAP - von Arbeitsgängen bei der Düngung, durch Verringerungen der Schritte sowie Weideumtriebe machen sich schon in der ersten Vegetationsperiode bemerkbar. Im Bereich der Tierproduktion und der Verwaltung kann es jedoch zu zeitlichen Verzögerungen kommen. Eine zeitliche Differenz zwischen dem Beginn der Stilllegung 1996 und der Entlassung des Klägers zum 30.11.1996 steht der Annahme eines zeitlichen Zusammenhanges nicht entgegen. Hinsichtlich der am 15.01.1997 begonnenen Stilllegung und der Beendigung zum 30.11.1996 ist der zeitliche Zusammenhang unstreitig zu bejahen.
c) Unter Proportionalitätsgesichtspunkten lässt sich im Zusammenhang mit der Stilllegung im Jahr 1997 die flächenstilllegungsbedingte Entlassung eines Arbeitnehmers begründen. Tatsächlich sind von der APG 1997 zwei Arbeitsverhältnisse mit der Begründung der Flächenstilllegung beendet worden. Zum einen das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger (Kündigung vom 28.06.1996 zum 30.11.1996), zum anderen das mit einer Landarbeiterin (Kündigung vom 01.12.1996 zum 31.12.1996). Die Entlassung des Klägers lag vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Landarbeiterin.
Hinsichtlich der Flächenstilllegung 1996 ließe sich unter Proportionalitätsgesichtspunkten die Entlassung einer Arbeitskraft rechtfertigen. Im Zeitraum von Dezember 1995 bis März 1996 entließ die APG jedoch drei Arbeitnehmer mit dem Hinweis auf Flächenstilllegungen.
d) Die Funktion des Vorstandsvorsitzenden ist zwar nicht weggefallen. Diese Position wird seit dem Ausscheiden des Klägers von dessen bisherigen Stellvertreter wahrgenommen. Jedoch setzt sich der Vorstand nach der Entlassung des Klägers nicht mehr aus zwei vollbeschäftigten Vorstandsmitgliedern, sondern nur noch aus einem vollbeschäftigtem Mitglied und einem ehrenamtlich, eine Stunde pro Woche tätigen Mitglied zusammen.
e) Bei der Tätigkeit im Vorstand ist ein unmittelbarer Flächenbezug zu verneinen.
In der Gesamtwürdigung ist entscheidend darauf abzustellen, dass sich der Arbeitsaufwand im Vorstand der Agrarproduktivgenossenschaft bedingt durch die Flächenstilllegungen erheblich reduziert hat. Die Tatsache, dass die Vorstandstätigkeit nunmehr nahezu ausschließlich nur noch von einem Vorstandsmitglied wahrgenommen wird, ist wesentlich auf die Stilllegungsmaßnahmen zurückzuführen. Die Frage, wer innerhalb des Vorstandes die Funktion des Vorstandsvorsitzenden wahrnimmt, hat nur eine untergeordnete Bedeutung. Ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen der Entlassung des Klägers und den Flächenstilllegungen ist daher zu bejahen. Proportionalitätsgesichtspunkte stehen dieser Annahme nicht entgegen. Hierbei ist entscheidend, dass die Kündigung des Klägers zeitlich vor der Entlassung einer weiteren Mitarbeiterin ausgesprochen und wirksam wurde.
Der Kläger ist berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI. Er ist sowohl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch in seiner letzten Tätigkeit nur noch drei Stunden bis unterhalbschichtig einsetzbar. Es muss sich um leichte körperliche Tätigkeiten ohne Stressbelastung handelt. Dieser Einschätzung der von der Beklagten beauftragten Gutachterin SR W ..., die von dem Obergutachter der Beklagten geteilt wird, schließt sich der Senat an. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers ist damit auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken. Der Umstand, dass der Kläger nach seiner Entlassung im Umfang von ca. einer Stunde pro Woche ehrenamtlich im Vorstand der Agrarproduktivgenossenschaft tätig ist, steht der Annahme der Berufsunfähigkeit nicht entgegen.
Der am 27.04.1942 geborene Kläger hat vor dem 01.01.1997 sein 53. Lebensjahr vollendet.
Damit liegen alle Voraussetzungen für den Anspruch auf Ausgleichsgeld vor.
Der Berufung war stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Kausalitätsfrage im Rahmen von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FELEG grundsätzliche Bedeutung hat und höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt ist.
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