L 6 LW 17/01

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 5 LW 6/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 LW 17/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. März 2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben sich auch für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch auf Ausgleichsgeld für Landwirte aufgrund europarechtlich geförderter Flächenstilllegungen und anderer Extensivierungsmaßnahmen.

Die am ... geborene Klägerin war zunächst als Verkäuferin und Aushilfe bis 1969 in verschiedenen Betrieben tätig. Es folgte eine Tätigkeit als Sachbearbeiterin bei einer Kfz-Instandsetzungsfirma; vom 04.08.1986 bis zum 12.05.1991 war sie als Telefonistin und Kassiererin bei dem Volkseigenen Gut C ... - Tierproduktion (nach Auflösung der DDR: "Gut C ...") eingesetzt. Am 13.05. - in unmittelbarem Anschluss an das Ende ihrer Tätigkeit als Kassiererin und Telefonistin - nahm sie an einer ABM beim selben Arbeitgeber teil; ihr Aufgabenbereich war jetzt die Materialbuchhaltung. Nachdem diese ABM am 12.12.1991 endete, bezog die Klägerin zunächst bis zum 04.04.1992 Arbeitslosengeld, danach nahm sie an einem vom Arbeitsamt Plauen geförderten Lehrgang (06.04.1992 bis 09.06.1992) teil, um anschließend bei der Agrargenossenschaft Helmsgrün als Verkäuferin in der Fleisch- und Wurstverkaufsstelle eingesetzt zu werden. Dieses Arbeitsverhältnis endete am 15.12.1996. Am 23.12.1996 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Ausgleichsgeld für rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer in der Landwirtschaft.

Die Arbeitgeberin der Klägerin hatte von 1993 bis 1997 an europarechtlich geförderten Flächenstilllegungen teilgenommen. Dabei wurden im Wege der Rotationsbrache im Jahre

1993 von 971,80 ha Gesamtfläche 58,70 ha,
1994 " 971,80 ha " 64,95 ha,
1995 " 971,80 ha " 76,54 ha,
1996 " 971,80 ha " 57,48 ha und
1997 " 971,80 ha " 39,19 ha

stillgelegt.

Mit Bescheid vom 10.09.1997 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Für das Jahr 1993 habe der Stilllegungskoeffizient 6,04 % betragen, so dass sich bei 64 Gesamtbeschäftigten für - aufgerundet - vier Arbeitnehmer ein Ausgleichsgeldanspruch für dieses Stilllegungsjahr errechne. Die Steigerung der Stilllegungsfläche im Jahr 1994 und im Jahr 1995 habe zur Folge, dass jeweils ein weiterer Arbeitnehmer habe entlassen werden können. In den Jahren 1996 und 1997 sei allerdings die Stilllegungsfläche nicht erhöht worden. Mit Hinweis auf die Flächenstilllegungen wurden vom 15.07.1994 bis zum 14.07.1997 bei der Agrargenossenschaft Helmsgrün acht Arbeitnehmer entlassen. Im selben Zeitraum wurden sechs weitere Kündigungen aus anderen Gründen ausgesprochen. Vom 15.06.1992 bis 14.07.1994 waren noch einmal - nicht flächenstilllegungsbedingt - 11 Arbeitnehmer entlassen worden.

Mit Schreiben vom 02.10.1997 legte die Klägerin Widerspruch gegen die Ablehnung des Ausgleichsgeldes ein und wies darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Beantragung ihr keine Information vorgelegen habe, wonach der Anspruch ausgeschlossen sei, wenn die Entlassung erst über sechs Monate nach der maßgebenden Flächenstilllegung erfolge.

Der Widerspruch wurde mit Bescheid vom 17.11.1997 als unbegründet zurückgewiesen. Die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin zum 15.12.1996 könne weder der erstmaligen noch einer später erweiternden Stilllegungsmaßnahme zugeordnet werden. Die nach dem Gesetz erforderliche Kausalität sei also nicht gegeben.

Auf die dagegen erhobene Klage zum Sozialgericht (SG) Chemnitz hat dieses noch weitere Unterlagen beigezogen, aus denen sich folgende Entwicklung des Rinderbestandes ergab:

Jahr 1993 1994 1995 1996 1997 Gesamtrinderbestand 1672 1560 1467 1434 1307.

Außerdem hat das SG die Zeugen Kaiser und Riedel angehört, welche ausgesagt haben, die Einstellung der Schweineproduktion habe sich auf die Verkaufstätigkeit nicht ausgewirkt, da dann ca. bis zu 10 Schweine in der Woche zugekauft worden seien. Die Reduzierung des Schweinebestandes habe aber auch mit den Flächenstilllegungen nichts zu tun gehabt. Anders sei es bei dem Rinderbestand gewesen: Hier habe die geringere Futterfläche schon eine Rolle gespielt. Allerdings seien für die Eigenvermarktung trotz des Bestandsabbaus im Rinderbereich immer noch genügend Tiere vorhanden gewesen. Es seien sogar noch Tiere an Schlachthöfe abgegeben worden.

Das SG hat daraufhin mit Urteil vom 13.03.2001 die Klage abgewiesen: Die nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) erforderliche Kausalverknüpfung zwischen dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses und der Stilllegung oder Abgabe von Landwirtschaftsflächen sei nicht gegeben. Dabei könne dahinstehen, ob bei einer zeitlichen Differenz zwischen der letzten Erhöhung der Stilllegungsfläche und der Entlassung von nahezu zwei Jahren ein kausaler Zusammenhang überhaupt noch vorliegen könne. Denn jedenfalls hätten weder die Flächenstilllegungen noch die Maßnahmen im Rahmen des umweltgerechten Ackerbaus Auswirkungen auf den Arbeitsplatz der Klägerin gehabt. Der Abbau des Rinderbestandes habe auf die Eigenvermarktung von produziertem Fleisch und somit auf den Arbeitsplatz der Klägerin keinen Einfluss gehabt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Die Anwendung von Kausalitätskriterien sei hier fehl am Platz. Die Kausalität spiele eine Rolle im Recht der Unfallversicherung, im privatrechtlichen Haftungsrecht, im Strafrecht und im Polizeirecht. Jedesmal gehe es um die Auswirkungen einer Handlung, die als "Tat" bezeichnet werden könne, oder eines Sachverhalts, der anderweitig eine Gefahr verwirkliche (Berufskrankheiten, Altlasten). § 13 Abs. 2 FELEG stelle klar, dass die Berechtigung eines Arbeitnehmers zur Inanspruchnahme von Ausgleichsgeld die Kriterien der betriebsbedingten Kündigung nicht ändere. Zu fragen sei also nach der unternehmerischen Entscheidung. Wenn außerbetriebliche oder innerbetriebliche Gründe zu einem Überhang an Arbeitskräften geführt hätten und durch die Umsetzung einer unternehmerischen Entscheidung ein Arbeitsplatz in Wegfall gekommen sei, bestehe ohne weiteres der Anspruch. Auf das "haftungsrechtliche Moment" des Bestehens einer "wesentlichen Bedingung" komme es nicht an.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des SG Chemnitz vom 13.03.2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.09.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.11.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Ausgleichsgeld nach dem FELEG ab dem 01.01.1997 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Chemnitz vom 13.03.2001 zurückzuweisen.

Dem Senat haben neben den Gerichtsakten beider Instanzen die Verwaltungsakten der Beklagten vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die fristgemäß eingelegte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet.

Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung von Ausgleichsgeld ab 01. Januar 1997 gemäß § 9 Absatz 1 in Verbindung mit § 13 Absatz 1 Nr. 6 FELEG zu.

Nach § 9 Absatz 1 Satz 1 FELEG erhalten Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, ein Ausgleichsgeld, wenn 1. ihre Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Absatz 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte auf Grund dessen Stilllegung (§ 2) oder Abgabe (§ 3) endet und 2. sie in den letzten 120 Kalendermonaten vor der Antragstellung mindestens 90 Kalendermonate in Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Absatz 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte, davon in den letzten 48 Kalendermonaten vor der Stilllegung oder Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft mindestens 24 Kalendermonate in diesem Unternehmen hauptberuflich tätig gewesen sind. Satz 2 Nr. 1 verlangt darüber hinaus, dass das 55. Lebensjahr vor dem 01. Januar 1997 vollendet wurde; gemäß Satz 2 Nr. 2 genügt bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung insofern die Vollendung des 53. Lebensjahres.

Gemäß § 13 Absatz 1 Nr. 6 FELEG gelten die §§ 9 bis 12 FELEG entsprechend für Arbeitnehmer, deren Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft auf Grund einer Maßnahme nach Maßgabe sonstiger EWG-rechtlicher Vorschriften hinsichtlich einer Stilllegung oder Extensivierung landwirtschaftlicher Nutzflächen endet.

1. § 9 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) vom 21. Februar 1989 (BGBl. I, Seite 233), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I, Seite 3843), setzt mit den Worten "auf Grund" einen Ursachenzusammenhang zwischen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses einerseits und der Flächenstilllegung oder der Abgabe von Flächen andererseits voraus. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei diesen Worten aus dogmatischer Sicht um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt (so LSG Thüringen, Urteil vom 26. März 1998, Az.: L 2 LW 397/97), weil das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale einer Anspruchsgrundlage in jedem Fall voller richterlicher Überprüfung zugänglich ist und § 9 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 FELEG der Verwaltung ohnehin kein - nur eingeschränkt überprüfbares - Ermessen eröffnet. Zu beachten ist insoweit, dass jeder in einer Rechtsnorm verwendete Begriff in seinem Sinngehalt mehrdeutig und somit unbestimmt ist (vgl. Achterberg, Norbert, Allgemeines Verwaltungsrecht. Ein Lehrbuch, 2. Auflage, 1986, § 18, Rdnr. 39, Seite 341: Der Ausdruck "unbestimmter Rechtsbegriff" sei ein Pleonasmus). Deshalb bedürfen auch die Worte "auf Grund" - wie jedes Tatbestandsmerkmal - der Auslegung (siehe Achterberg, am angegebenen Ort, Seite 341 f.; vgl. ferner Forsthoff, Ernst, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Band I, Allgemeiner Teil, 10. Auflage, 1973, § 5, Seite 86: "Die Handhabung rein empirischer Begriffe ist ... Auslegung".). Für die Ermittlung eines Kausalzusammenhangs ist insbesondere im Recht der Sozialversicherung die Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung entwickelt worden, welcher sich auch der erkennende Senat anschließt. Im Gegensatz zur Äquivalenztheorie - wonach alle Ursachen als gleichwertig angesehen werden (sog. conditio sine qua non-Formel) - nimmt die Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung eine Bewertung der Ursachen vor und gewichtet sie entsprechend. Damit steht sie der ebenfalls wertenden, im Zivilrecht geltenden, Adäquanztheorie nahe. Anders als diese ist sie aber nicht generalisierend und abstrahierend, sondern vielmehr individualisierend und konkretisierend. Sie ermöglicht mithin anhand einer an den Umständen des Einzelfalls ausgerichteten Wertung eine am Gesetzeszweck orientierte Bestimmung und Begrenzung der Leistungspflicht des Sozialleistungsträgers (vgl. zum Ganzen Schulin, Bertram, Sozialrecht. Ein Studienbuch, 5. Auflage, 1993, Rdnr. 337 f.). Im Hinblick auf § 9 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 FELEG sind bei der Beurteilung der Kausalitätsfrage regelmäßig folgende Kriterien zu berücksichtigen:

a) innerer Zusammenhang zwischen Ende der Beschäftigung und Stilllegung/Abgabe Hiermit ist der sachliche Grund, also das Motiv für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses angesprochen (siehe LSG Thüringen, a. a. Ort, und LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. Mai 1998, Az: L 3 LW 2/97).

b) zeitlicher Zusammenhang zwischen Ende der Beschäftigung und Stilllegung/Abgabe Dieses Kriterium meint die zeitliche Komponente: Der zeitliche Zusammenhang kann nur bejaht werden, wenn die Flächenstilllegung/Abgabe und das Ende der Beschäftigung nicht zu weit auseinander liegen (siehe LSG Thüringen und LSG Sachsen-Anhalt, jeweils a. a. O.). Wann dies der Fall ist, wird unterschiedlich eingeschätzt: Der Gesetzgeber hielt die grundsätzliche Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs bei Arbeitsplatzverlusten in einem Gesamtzeitraum von zwölf Monaten - Beendigung der Beschäftigung sechs Monate vor und sechs Monate nach der (Teil-)Flächenstilllegung - für plausibel (siehe Bundestags-Drucksache 13/391, Seite 7). Ausnahmsweise könne jedoch auch außerhalb dieses Zeitrahmens der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs bei Arbeitsplatzverlusten geführt werden (siehe Bundestags-Drucksache, a. a. O.). Die Landessozialgerichte Thüringen und Sachsen-Anhalt verneinen den zeitlichen Zusammenhang, sobald zwischen Stilllegung/Abgabe und Ende des Beschäftigungsverhältnisses ein Zeitraum von ca. zwei Jahren liegt (siehe jeweils a. a. O.). Nach dem Gesetzeswortlaut ist für die Prüfung des zeitlichen Zusammenhangs stets der Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und nicht derjenige der Kündigung maßgeblich.

c) Proportionalität zwischen dem Verhältnis der durch die Stilllegung/Abgabe freigesetzten Arbeitnehmer zur Gesamtzahl der Arbeitnehmer im landwirtschaftlichen Unternehmen und dem Verhältnis der in die Stilllegung/Abgabe einbezogenen Fläche zur Gesamtfläche des Unternehmens (siehe, Rombach, Wolfgang, Alterssicherung der Landwirte, Das neue Recht nach dem Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung, 1995, Seite 299, sowie LSG Thüringen, a. a. O.).

d) tatsächlicher Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes (siehe LSG Thüringen, am angegebenen Ort, und LSG Brandenburg, Urteil vom 17. März 1999, Az.: L 4 LW 1/98) Insoweit ist eine pauschale Quotenübertragung nicht möglich, sofern bezüglich des Kriteriums unter c) weniger Arbeitnehmer entlassen wurden als es der stillgelegten Fläche entsprach. Denn es bedarf stets auch des inneren Zusammenhangs zwischen Stilllegung/Abgabe und konkretem Arbeitsplatzverlust (Kriterium unter a).

e) Art und Umfang der Beschäftigung des Arbeitnehmers vor der Stilllegung Hierbei wird die zu prüfende Kausalität bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Flächenbezug (z. B. Tätigkeit im Feldbau) eher zu bejahen sein als bei einer Tätigkeit ohne unmittelbaren Flächenbezug (z. B. Tätigkeit in der Verwaltung oder in der Viehproduktion).

Insgesamt gilt, dass nur eine wertende Zusammenschau sämtlicher aufgeführter Kriterien eine dem jeweiligen Einzelfall gerecht werdende Entscheidung ermöglicht (vgl. Bundestags-Drucksache 13/391, Seite 7):

Dabei ist zunächst zu beachten, dass der Gesetzgeber der Ursächlichkeit zwischen der Stilllegung oder Abgabe auf der einen Seite und der Beendigung der Beschäftigung auf der anderen Seite erhebliches Gewicht beigemessen hat (siehe Bundestags-Drucksache 11/2972, Seiten 11 f., 16). Dies ergibt sich vor allem aus der Tatsache, dass der Vorschlag der SPD-Fraktion, auf das Kausalitätserfordernis bei Arbeitnehmern vollständig zu verzichten, vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen wurde (siehe Bundestags-Drucksachen 11/3859, Seiten 21 f., und 11/7233, Seiten 11 und 13). Vor diesem Hintergrund erscheint die Auffassung fragwürdig, es dürften keine strengen Anforderungen an die Kausalität gestellt werden, vielmehr genüge Mitursächlichkeit (so aber Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen [Hrsg.], Stellungnahme zum FELEG, 2. Auflage, 1993, Seiten 172 und 207).

Ebenso wenig vermag die Meinung zu überzeugen, der Kausalitätsnachweis sei bereits erbracht, wenn der Unternehmer bestätige, der Verlust des Arbeitsplatzes sei auf die Stilllegung/Abgabe zurückzuführen, es sei denn es lägen konkrete Erkenntnisse darüber vor, dass die Angabe nicht der Realität entspreche (so jedoch Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen, a. a.O., Seite 207).

Weiterhin ist die Gesamtbetrachtung stets so vorzunehmen, dass besonders schwerwiegende sonstige Umstände eine Ausnahmeentscheidung zulassen (vgl. Bundestags-Drucksache 13/391, Seiten 7 f.; zum Fall der Zusicherung der Gewährung von Ausgleichsgeld seitens der Verwaltung siehe Sächsisches LSG, Urteil vom 19. Januar 2000, Az.: L 4 LW 20/99).

2. Im vorliegenden Fall führt die Anwendung dieser Kriterien zu folgenden Ergebnissen:

a) Der innere Zusammenhang zwischen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 15.12.1996 und einer Flächenstilllegung im Jahre 1995 ist zu verneinen. Die Klägerin war nicht auf einem unmittelbar flächenbezogenen Arbeitsplatz eingesetzt, so dass ohnehin nur eine mittelbare Beziehung etwa dergestalt in Betracht käme, dass die Reduzierung von Futterflächen eine Reduzierung des Tierbestandes erforderlich macht und mittelbare Auswirkung hiervon wiederum nunmehr der Rückgang der anfallenden Arbeiten in der Fleisch- und Wurstverkaufsstelle wäre. Ein solcher Zusammenhang war aber gerade nicht gegeben, wie sich aus den Aussagen der vom SG vernommenen Zeugen ergibt: Die - ohnehin ohne Bezug zu Flächenstilllegungen - erfolgte Reduzierung des Schweinebestandes hat sich in der Verkaufsstelle nicht ausgewirkt, da Schweine zugekauft wurden. Die allmähliche Reduzierung des Rinderbestandes von 1672 (1993) auf 1307 (1997) Tiere wirkte sich auch auf die Fleisch- und Wurstverkaufsstelle überhaupt nicht aus, da auch mit dem geringeren Bestand immer noch ein Überschuss da war, so dass Tiere an die Schlachthöfe abgegeben wurden. Der Senat folgt der Beweiswürdigung des SG; Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugen Kaiser und Riedel nicht der Wahrheit entsprechend ausgesagt hätten, sind nicht gegeben; auch wurden die getätigten Aussagen von keinem der Beteiligten inhaltlich angegriffen. Da mithin überhaupt kein innerer Zusammenhang ersichtlich ist, kann der Grad der erforderlichen Mitursächlichkeit (vgl. BSGE 12, 242, 245 f.; BSG, Urteil vom 09.08.2001 - B 10 LW 9/00 R -) der Flächenstilllegung für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses dahingestellt bleiben (vgl. Senat, Urteil vom 13.7.2000 - L 6 LW 16/99 -).

b) Es fehlt auch am zeitlichen Zusammenhang zwischen der Flächenstilllegung und der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Maßgebend kann in diesem Zusammenhang spätestens die Flächenstilllegung aus dem Jahre 1995 sein, da danach die Fläche der Rotationsbrache reduziert wurde und hierdurch begreiflicherweise nicht ein zusätzlicher Arbeitskräfteüberhang mehr entstehen kann. Ein zeitlicher Abstand von fast 2 Jahren spricht gegen die Kausalität (vgl. BSG, Urteil vom 09.08.2001 - B 10 LW 28/00 R -): Nur in seltenen Ausnahmefällen ist es denkbar, dass ein Kausalzusammenhang trotz einer Weiterbeschäftigung von fast 2 Jahren sozusagen die ganze Zeit ununterbrochen latent weiterbestanden hat und sich dann erst später verwirklicht. Aber auch in solchen Fällen dürfte - bei einer Zeitverzögerung von 2 Jahren und mehr - jedenfalls der zeitliche Zusammenhang zu verneinen sein; ob dann gleichwohl ein Zusammenhang zu bejahen ist, ist eine Frage der Gesamtwürdigung und richtet sich nach dem Gewicht der anderen Kausalitätskriterien.

c) Obwohl Proportionalitätserwägungen gegenüber dem inneren und dem zeitlichen Zusammenhang nachrangig sind in dem Sinne, dass sie trotz gegebenen inneren und zeitlichen Zusammenhangs gleichwohl eine Kausalität ausschließen können (vgl. Senat, Urteil vom 13.07.2000, S. 13 des Entscheidungsumdrucks) sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass die Relation maximale Stilllegungsfläche von 1995 (76,54 ha) zu 971,80 ha Gesamtfläche bedeutet, dass ca. 7,88 % stillgelegt wurden. Ausgehend von 64 Arbeitnehmern ergäbe sich so bei Anwendung einer strikten Proportionalität ein theoretischer Arbeitskräfteüberhang von 5 Beschäftigten. Die Beklagte errechnete - indem sie sukzessive für jede jährlich erfolgte Steigerung der Stilllegungsfläche einen eigenen Koeffizienten bildete - einen Arbeitskräfteüberhang von 6 Beschäftigten. Nun ist es auch hier denkbar, dass es angezeigt sein kann, einen subtileren Proportionalitätsmaßstab anzuwenden, welcher berücksichtigt, dass nicht von Betrieb zu Betrieb die Zahl der Beschäftigten pro Fläche schwankt, sondern auch innerhalb des Betriebes es beschäftigungsintensive Bereiche und weniger beschäftigungsintensive Bereiche geben kann. Solche Überlegungen können sich aber hier keinesfalls zugunsten der Klägerin auswirken, da sie nicht in einem Bereich beschäftigt war, der - wie etwa die Feldarbeit - möglicherweise überproportional von einer Flächenstilllegung betroffen sein kann. Jedenfalls wurden in dem Zeitraum vom 15.7.1994 bis zum 14.7.1997 mit Hinweis auf Flächenstilllegungen 8 Arbeitnehmer entlassen. Auch dieser Umstand macht also deutlich, dass sich ein Kausalzusammenhang im Falle der Klägerin nicht herstellen lässt.

d) Der konkrete Arbeitsplatz der Klägerin ist tatsächlich weggefallen.

e) Ein unmittelbarer Flächenbezug fehlt.

f) Außerdem sind keine besonderen Umstände, die zur Bejahung der Kausalität führen könnten, ersichtlich.

Somit ist von den Indizien nur eins erfüllt: Der Arbeitsplatz ist tatsächlich weggefallen. Dies kann allerdings nicht ausreichen, um einen Kausalzusammenhang zu bejahen. Der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin geäußerte Gedanke, dass § 13 Abs. 2 FELEG im Umkehrschluss dem Unternehmer erlaube, aus Gründen der Sozialauswahl, anstelle eines von der Flächenstilllegung betroffenen einen anderen eher nur peripher betroffenen Arbeitnehmer zu entlassen, führt hier nicht weiter: Es wurde kein Arbeitnehmer von einem Arbeitsplatz mit unmittelbarem Flächenbezug auf den Arbeitsplatz der Klägerin umgesetzt.

Nach alledem kann für den Anspruch auf Ausgleichsgeld dahingestellt bleiben, ob bei der Klägerin Berufsunfähigkeit im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FELEG besteht.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor, da die entsprechenden Rechtsfragen mittlerweile höchstrichterlich geklärt sind.
Rechtskraft
Aus
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