L 6 LW 18/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 2 LW 153/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 LW 18/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 23.05.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Aussparung der Klägerin von Erhöhungen des Ausgleichsgeldes nach § 10 Abs. 3 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG).

Die am ...1941 geborene Klägerin war vom 01.01.1982 bis zum 31.07.1990 Mitglied der LPG (P) "DSF" T ... und vom 01.08.1990 bis zum 30.11.1991 Mitglied bei der LPG (T) "Neues Leben" T ... In der Zeit vom 01.12.1991 bis zum 30.06.1996 arbeitete sie bei dem Landwirt N ... Als Arbeiterin in der Landwirtschaft verrichtete sie Aufgaben im Bereich der Feldwirtschaft, ferner wurde sie als Stallvertretung eingesetzt und mit Aufgaben im Zusammenhang mit dem Aufbau der Damwildhaltung betraut.

Mit Antrag vom 29.05.1996 begehrte die Klägerin die Gewährung von Ausgleichsgeld.

In der Arbeitgeberbescheinigung zum Antrag auf Ausgleichsgeld bestätigte der Landwirt N ..., das Beschäftigungsverhältnis als Arbeiterin in der Landwirtschaft werde wegen Stilllegung von Ackerflächen im Umfang von 146,21 ha bei einer Gesamtfläche von 676,96 ha unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 30.06.1996 beendet.

Der frühere Arbeitgeber der Klägerin nahm in der Zeit von 1993 bis 1997 an der konjunkturellen Flächenstilllegung nach der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 teil. Die Größen der Gesamtfläche und der jeweiligen Stilllegungsfläche (Angaben jeweils in ha) sowie die Zahl der Mitarbeiter (MA)entwickelten sich wie folgt:

Jahr Gesamtfläche Still.Fläche Mitarbeiter
1993 560,26 72,43 8
1994 662,01 128,50 5
1995 673,00 141,12 4
1996 666,36 135,56 3
1997 4 1998 6

Zusätzlich beteiligte sich der Betrieb in den Jahren 1994 bis 1996 am Kulturlandschaftsprogramm (KULAP).

Mit Bescheid vom 26.08.1996 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 01.07.1996 Ausgleichsgeld in Höhe von monatlich 1.120,24 DM.

Nach Prüfung der Bearbeitungsweise der Beklagten durch die zuständigen Bundesministerien forderte die Aufsichtsbehörde die Beklagte auf, die bislang erfolgten Bewilligungen von Ausgleichsgeld unter Anwendung der von der Aufsichtsbehörde vorgegebenen Richtlinien zu überprüfen. Mit Schreiben vom 16.04.1998 informierte die Beklagte die Klägerin hierüber und teilte mit, die Überprüfung habe ergeben, dass der Klägerin das Ausgleichsgeld zu Unrecht bewilligt worden sei. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ihren Arbeitsplatz auf Grund von Flächenstilllegungen verloren habe. Denn dies setze einen umittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen der Beendigung der Beschäftigung un der Stilllegungs- oder Extensivierungsmaßnahme voraus. Bei der Klägerin könne der zeitliche Zusammenhang nicht vermutet werden. Besondere betriebliche Gründe, warum das Beschäftigungsverhältnis nur mit zeitlicher Verzögerung beendet worden sei, habe der Betrieb nicht bzw. nicht ausreichend dargelegt.

Die Klägerin äußerte sich mit Schreiben vom 28.04.1998. Aus dem Merkblatt zum FELEG und aus dem Gesetzestext habe man die nunmehr geforderte zeitliche Kausalität nicht entnehmen können.

Mit Bescheid vom 05.06.1998 stellte die Beklagte fest, dass der Bescheid vom 26.08.1996 über die Bewilligung von Ausgleichsgeld rechtswidrig begünstigend ergangen sei. Sie änderte ihn dahingehend ab, dass die neu nach § 10 Abs. 3 FELEG festzustellenden Leistungen nicht über den Betrag hinausgehen dürften, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergebe. Die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin könne nicht der Stilllegung von Flächen im Sinne des FELEG zugerechnet werden. Maßgebliche kausale Stilllegung könne nur die des Jahres 1995 mit dem Stilllegungsbeginn zum 15.01.1995 sein. Die Entlassung der Klägerin sei jedoch erst zum 30.06.1996 erfolgt. Hier könne ein zeitlicher Zusammenhang nicht mehr vermutet werden. Die von dem früheren Arbeitgeber für die "verzögerte" Entlassung mitgeteilten Gründe reichten den Vorgaben der Aufsichtsbehörde zufolge nicht aus, einen besonderen Ausnahmefall anzunehmen. Eine Aufhebung des Bescheides vom 26.08.1996 sei jedoch wegen § 45 Abs. 2 SGB X ausgeschlossen. Trete eine Änderung zugunsten des Betroffenen ein, dürfe allerdings gemäß § 48 Abs. 3 SGB X die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergebe.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 16.06.1998 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.1998 zurückwies.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer am 06.07.1998 beim Sozialgericht Dresden (SG) eingegangenen Klage. Das Gesetz fordere keinen zeitlichen Zusammenhang. Der Kausalitätsnachweis werde durch eine Bestätigung des Arbeitgebers erbracht. Mehrfache plausible Erklärungen durch den Arbeitgeber der Klägerin seien von der Beklagten nicht ausreichend gewürdigt worden.

Das SG holte eine weitere Stellungnahmen bei dem früheren Arbeitgeber ein. Dieser führte mit Schreiben vom 16.02.1999 zusätzlich aus: Die Klägerin habe im Feldbau vorrangig handarbeitsintensive Tätigkeiten verrichtet. Durch Festlegung der Flächenstilllegung und damit einhergehender Veränderungen von Betriebsstruktur und Anbauverhältnissen seien bestimmte Produktionsstrecken vollständig oder zum Teil weggefallen. Dies habe bedingt durch die Spezifik der Arbeit vor allem die Klägerin betroffen. Ursprünglich sei beabsichtigt gewesen, dass Arbeitsverhältnis bereits 1995 zu beenden. In diesem Zeitraum sei jedoch eine Mutterkuhherde aufgebaut worden. Ferner habe der Betrieb mit der Damtierhaltung begonnen. Hierfür habe ein Damwildgatter geschaffen werden müssen. In der Aufbauphase sei die Klägerin auch mit der Hege und Pflege des Damwildbestandes befasst gewesen. Von 1992 bis 1998 seien fünf Arbeitnehmer neu eingestellt worden. Deren vorrangiges Einsatzgebiet habe sich auf die Bereiche der Tierhaltung, dabei insbesondere auf die Damtier- und Mutterkuhhaltung erstreckt.

In dem Schreiben vom 16.02.1999 teilte der Landwirt N ... mit, dass die Entlassung der Klägerin nicht im Zusammenhang mit der KULAP-Teilnahme gestanden habe. Er korrigierte diese Auffassung mit Schreiben vom 19.04.1999.

Durch Gerichtsbescheid vom 23.05.2000 wies das SG die Klage ab. Der Bescheid vom 26.08.1996 sei rechtswidrig begünstigend ergangen. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen nach § 9 FELEG nicht. Der erforderliche Kausalitätsnachweis der Entlassung der Klägerin sei weder im Hinblick auf die maßgebliche Flächenstilllegung im Jahr 1993 noch im Zusammenhang mit der KULAP-Teilnahme zu bejahen.

Gegen den am 13.06.2000 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin mit Fax vom 20.06.2000, beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangen am selben Tag, Berufung eingelegt. In der Begründung vom 30.06.2000 verweist der Vertreter der Klägerin darauf, dass die Erweiterung der Stilllegungsfläche 1995 vom SG zu Unrecht nicht beachtet worden sei. Auch der Widerspruchsbescheid habe für das Jahr 1995 eine Quote von einem Mitarbeiter bestätigt. Im Übrigen sei auch ein Zusammenhang zwischen der Teilnahme des Betriebes am KULAP und der Entlassung der Klägerin gegeben. Der Arbeitgeber sei auf Grund späterer Erkenntnisse erst nach der konkreten Berechnung im Fragebogen zum KULAP zur Überzeugung gelangt, dass die KULAP-Teilnahme maßgeblich zur Kündigung der Klägerin beigetragen habe. Der Fragebogen habe dem Betrieb erst nach Erstellung des Schreibens vom 16.02.1999 vorgelegen. Auswirkungen habe die KULAP-Teilnahme nicht nur zu Beginn gehabt. Wegen eines vorübergehenden erhöhten Arbeitsaufwandes im Zusammenhang mit der Produktionsumstellung sei die Kündigung der Klägerin verzögert ausgesprochen worden.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 23.05.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.06.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Rentenanpassungen zum Ausgleichsgeld nach dem FELEG entsprechend des Bescheides der Beklagten vom 26.08.1996 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Ausführungen der Klägerin seien nicht geeignet, das zutreffende Urteil des SG zu widerlegen.

Dem Senat liegen die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 05.06.1998 ist nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Teilnahme an den Rentenerhöhungen.

Gemäß § 48 Abs. 3 SGB X gilt: Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden und tritt eine Änderung nach Abs. 1 oder 2 zu Gunsten des Betroffenen ein, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergeben würde.

Der Bescheid vom 26.08.1996 ist rechtswidrig begünstigend. Entgegen den Ausführungen in diesem Bescheid steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von Ausgleichsgeld ab 01.07.1996 gemäß § 9 Abs. 1 i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) vom 21.02.1989 (BGBl. I Seite 233), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.12.1998 (BGBl. I, Seite 3843) nicht zu.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 FELEG erhalten Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Rentenversicherung tätig sind, ein Ausgleichsgeld, wenn 1. ihre Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Altersicherung der Landwirte (ALG) auf Grund dessen Stilllegung (§ 2) oder Abgabe (§ 3) endet und 2. sie in den letzten 120 Kalendermonaten vor der Antragstellung mindestens 90 Kalendermonate in Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 ALG, davon in den letzten 48 Kalendermonaten vor der Stilllegung oder Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft mindestens 24 Kalendermonate in diesem Unternehmen hauptberuflich tätig gewesen sind. Satz 2 Nr. 1 verlangt darüber hinaus, dass das 55. Lebensjahr vor dem 01.01.1997 vollendet wurde.

Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 6 FELEG gelten die §§ 9 bis 12 FELEG entsprechend für Arbeitnehmer, deren Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft auf Grund einer Maßnahme nach Maßgabe sonstiger EWG-rechtlicher Vorschriften hinsichtlich einer Stilllegung oder Extensivierung landwirtschaftlicher Nutzfläche endet.

1. § 9 Abs. 1 Nr. 1 FELEG setzt mit den Worten "auf Grund" einen Ursachenzusammenhang zwischen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses einerseits und der Flächenstilllegung oder der Abgabe von Flächen andererseits voraus. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei diesen Worten aus dogmatischer Sicht um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt (so LSG Thüringen, Urteil vom 26.03.1998, Az. L 2 LW 397/97), weil das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale einer Anspruchsgrundlage in jedem Fall voller richterlicher Überprüfung zugänglich ist und § 9 Abs. 1 Nr. 1 FELEG der Verwaltung ohnehin kein - nur eingeschränkt überprüfbares - Ermessen eröffnet. Zu beachten ist insoweit, dass jeder in einer Rechtsnorm verwendete Begriff in seinem Sinngehalt mehrdeutig und somit unbestimmt ist (vgl. Achterberg, Norbert, Allgemeines Verwaltungsrecht. Ein Lehrbuch, 2. Auflage, 1986, § 18, Rdnr. 39, S. 341: Der Ausdruck "unbestimmter Rechtsbegriff" sei ein Pleonasmus). Deshalb bedürfen auch die Worte "auf Grund" - wie jedes Tatbestandsmerkmal - der Auslegung (siehe Achterberg, a. a. O., S. 341 f.; vgl. ferner Forsthoff, Ernst, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Band I, Allgmeiner Teil, 10. Auflage 1973, § 5, S. 86: "Die Handhabung rein empirischer Begriffe ist ... Auslegung".) Für die Ermittlung eines Kausalzusammenhangs ist insbesondere im Recht der Sozialversicherung die Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung entwickelt worden, welcher sich auch der erkennende Senat anschließt. Im Gegensatz zu der Äquivalenztheorie - wonach alle Ursachen als gleichwertig angesehen werden (sog. conditio sine qua non-Formel) - nimmt die Lehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung eine Bewertung der Ursachen vor und gewichtet sie entsprechend. Damit steht sie der ebenfalls wertenden, im Zivilrecht geltenden Adäquanztheorie nahe. Anders als diese ist sie aber nicht generalisierend und abstrahierend, sondern vielmehr individualisierend und konkretisierend. Sie ermöglicht mithin anhand einer an den Umständen des Einzelfalls ausgerichteten Wertung eine am Gesetzeszweck orientierte Bestimmung und Begrenzung der Leistungspflicht des Sozialleistungsträgers (vgl. zum Ganzen: Schulin, Bertram, Sozialrecht. Ein Studienbuch, 5. Auflage, 1993, Rdnr. 337 f.) Im Hinblick auf § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FELEG sind bei der Beurteilung der Kausalitätsfrage regelmäßig folgende Kriterien zu berücksichtigen:

a) innerer Zusammenhang zwischen Ende der Beschäftigung und Stilllegung/Abgabe

Hiermit ist der sachliche Grund, also das Motiv für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses angesprochen (siehe LSG Thüringen, a. a. O., und LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20.05.1998, Az. L 3 LW 2/97).

b) zeitlicher Zusammenhang zwischen Ende der Beschäftigung und Stilllegung/Abgabe

Dieses Kriterium meint die zeitliche Komponente: Der zeitliche Zusammenhang kann nur bejaht werden, wenn die Flächenstilllegung/Abgabe und das Ende der Beschäftigung nicht zu weit auseinander liegen (siehe LSG Thüringen und LSG Sachsen-Anhalt, jeweils a. a. O.). Wann dies der Fall ist, wird unterschiedlich eingeschätzt: Der Gesetzgeber hielt die grundsätzliche Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs bei Arbeitsplatzverlusten in einem Gesamtzeitraum von zwölf Monaten - Beendigung der Beschäftigung sechs Monate vor und sechs Monate nach der (Teil-)Flächenstilllegung - für plausibel (siehe BT-Drucks 13/391, Seite 7). Ausnahmsweise könne jedoch auch außerhalb dieses Zeitrahmens der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs bei Arbeitsplatzverlusten geführt werden (siehe BT-Drucks, a. a. O.). Die Landessozialgerichte Thüringen und Sachsen-Anhalt verneinen den zeitlichen Zusammenhang, sobald zwischen Stilllegung/Abgabe und Ende des Beschäftigungsverhältnisses ein Zeitraum von ca. zwei Jahren liegt (siehe jeweils a. a. O.). Nach dem Gesetzeswortlaut ist für die Prüfung des zeitlichen Zusammenhangs stets der Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und nicht derjenige der Kündigung maßgeblich.

Proportionalität zwischen dem Verhältnis der durch die Stilllegung/Abgabe freigesetzten Arbeitnehmer zur Gesamtzahl der Arbeitnehmer im landwirtschaftlichen Unternehmen und dem Verhältnis der in die Stilllegung/Abgabe einbezogenen Fläche zur Gesamtfläche des Unternehmes (siehe Rombach, Wolfgang, Altersicherung der Landwirte, Das neue Recht nach dem Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung, 1995, Seite 299, sowie LSG Thüringen, a. a. O.).

Das Verhältnis zwischen Flächenstilllegung und Personalbestand ist für jedes Jahr neu zu bestimmen, in dem die Stilllegungsfläche erhöht wurde. Maßgeblich ist insoweit dann nur die zusätzlich stillgelegte Fläche. Die Praxis der Beklagten, von der Anzahl der Arbeitnehmer vor der ersten Entlassung abzüglich der errechneten Quote vom Vorjahr auszugehen, verkennt, dass Arbeitnehmer regelmäßig nicht nur auf Grund von Flächenstilllegungen entlassen werden. Die von der Beklagten zu Grunde gelegte Fiktion wird somit den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht. Lehnt man diesen Berechnungsweg jedoch ab, so kann konsequenterweise für die der ersten Stilllegung folgenden Jahre auch nicht auf die ursprüngliche Gesamtbetriebsfläche abgestellt werden. Denn dies macht nur Sinn, wenn die Verhältnismäßigkeit zwischen Fläche und Personal ausschließlich durch Stilllegungen definiert würde. Will man den tatsächlichen Verhältnissen gerecht werden, so ist grundsätzlich für jedes Jahr mit zusätzlicher Flächenstilllegung die jeweils aktuelle Gesamtbetriebsfläche zu berücksichtigen.

Sofern in einem Jahr weniger Arbeitnehmer entlassen wurden, als es unter Proportionalitätsgesichtspunkten der stillgelegten Fläche entsprach, ist eine pauschale Quotenübertragung auf die Folgejahre nicht möglich. Denn es bedarf stets auch des inneren Zusammenhangs zwischen Stilllegung/Abgabe und konkretem Arbeitsplatzverlust (Kriterium unter a).

d) tatsächlicher Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes (siehe LSG Thüringen, a. a. O., und LSG Brandenburg, Urteil vom 17.03.1999, Az. L 4 LW 1/98)

Vom Gesetzeszweck her dient das Ausgleichsgeld als Ausgleich dafür, dass wegen der Flächenstilllegung/Abgabe der Arbeitsplatz tatsächlich entfällt.

e) Art und Umfang der Beschäftigung der Arbeitnehmers vor der Stilllegung/Abgabe

Hierbei wird die zu prüfende Kausalität bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Flächenbezug (z.B. Tätigkeit im Feldbau) eher zu bejahen sein als bei einer Tätigkeit ohne unmittelbaren Flächenbezug (z.B. Tätigkeit in der Verwaltung oder der Viehproduktion).

Insgesamt gilt, dass nur eine wertende Zusammenschau sämtlicher aufgeführter Kriterien eine dem jeweiligen Einzelfall gerecht werdende Entscheidung ermöglicht (vgl. BT-Drucks 13/391, Seite 7):

Dabei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber der Ursächlichkeit zwischend der Stilllegung/Abgabe auf der einen Seite und der Beendigung der Beschäftigung auf der anderen Seite erhebliches Gewicht beigemessen hat (siehe BT-Drucks 11/2972, Seiten 11 f., 16). Dies ergibt sich vor allem aus der Tatsache, dass der Vorschlag der SPD-Fraktion, auf das Kausalitätserfordernis bei Arbeitnehmern vollständig zu verzichten, vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen wurde (siehe BT-Drucks 11/3859, Seiten 21 f., und 11/7233, Seiten 11 und 13). Vor diesem Hintergrund erscheint die Auffassung fragwürdig, es dürften keine strengen Anforderungen an die Kausalität gestellt werden, vielmehr genüge Mitursächlichkeit (so aber Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen [Hrsg.], Stellungnahme zum FELEG, 2. Auflage, 1993, Seiten 172 und 207).

Ebenso wenig vermag die Meinung zu überzeugen, der Kausalitätsnachweis sei bereits erbracht, wenn der Unternehmer bestätige, der Verlust des Arbeitsplatzes sei auf die Stilllegung/Abgabe zurückzuführen, es sei denn es lägen konkrete Erkenntnisse darüber vor, dass die Angabe nicht der Realität entspreche (so jedoch Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen, a. a. O., Seite 207).

Weiterhin ist die Gesamtbetrachtung stets so vorzunehmen, dass besonders schwerwiegende sonstige Umstände eine Ausnahmeentscheidung zulassen (vgl. BT-Drucks 13/391, Seiten 7 f.; zum Fall der Zusicherung der Gewährung von Ausgleichsgeld seitens der Verwaltung siehe Sächsisches LSG, Urteil vom 19.01.2000, Az. L 4 LW 20/99).

2. Im vorliegenden Fall führt die Anwendung dieser Kriterien zu folgenden Ergebnissen:

Ein Zusammenhang zwischen der Entlassung der Klägerin und den Flächenstilllegungen in den Jahren 1993 bis 1996 ist nicht nachgewiesen. Die Tätigkeiten der Klägerin bei dem Landwirt N ... als Arbeiterin in der Landwirtschaft waren umfangreich. So verrichtete sie Arbeiten im Feldbau, als Stallvertretung und im Bereich der Damwildhaltung, wobei im Laufe der Jahre eine Verlagerung vom Feldbau auf die Tierhaltung stattfand.

Der Landwirtschaftsbetrieb beteiligte sich erstmals 1993 mit 72,43 ha an der konjunkturellen Flächenstilllegung. Wegen der großen zeitlichen Differenz von dreieinhalb Jahren bis zur Entlassung der Klägerin kann nicht davon ausgegangen werden, dass die erstmalige Flächenstilllegung ursächlich für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses war. Gründe für eine derart lange Verzögerung sind von der Klägerin nicht ausreichend dargelegt. Eine Übertragung der von der Beklagten errechneten Quote im Zusammenhang mit der Flächenstilllegung 1993 auf die Folgejahre unter Außerachtlassung der zeitlichen Kausalität ist nicht möglich.

In den Jahren 1994 und 1995 erhöhte der Betrieb die Stilllegungsfläche auf 128,50 ha bzw 141,12 ha; gleichzeitig vergrößerte sich die Gesamtfläche jedoch auf 662,01 ha im Jahr 1994, auf 673,00 ha im Jahr 1995 bzw 666,36 ha im Jahr 1996. Dies führte dazu, dass in den Jahren 1993 bis 1996 die tatsächlich bewirtschaftete Fläche mit 487,83 ha im Jahr 1993 am geringsten war. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, dass sich die Erweiterungen der Stilllegungsfläche bezogen auf den Gesamtbetrieb in den Folgejahren stärker auf den Arbeitskräftebedarf ausgewirkt haben, als im ersten Stilllegungsjahr 1993. Bezogen auf den Arbeitsplatz der Klägerin ist weiterhin festzustellen, dass dieser nicht weggefallen ist. Unmittelbar vor ihrer Entlassung war die Klägerin nach Auskunft ihres ehemaligen Arbeitgebers weniger im Feldbau als vielmehr im Bereich der Tierhaltung eingesetzt. Die Milchkuhhaltung stellte der Betrieb zwar 1994 ein. Gleichzeitig baute der Landwirtschaftsbetrieb aber eine Mutterkuhherde auf und begann mit der Damwildhaltung. Der Landwirt N ... teilte dem SG im Schreiben vom 16.02.1999 mit, dass von 1992 bis 1998 insgesamt fünf Mitarbeiter neu eingestellt worden seien. Deren vorrangiges Einsatzgebiet habe sich auf die Bereiche der Tierhaltung, dabei insbesondere auf die Damtier- und Mutterkuhhaltung erstreckt. Diese Aussagen belegen, dass im Bereich der Tierproduktion nicht nur vorübergehender Arbeitskräftebedarf bestanden hat, sondern dauerhafte Einsatzmöglichkeiten auch für die Klägerin gegeben waren. Das spiegelt sich auch in der Zahl der Rinder wieder. Während der Landwirt 1995 nur 87 Rinder hielt, vergrößerte sich der Rinderbestand 1996 - dem Entlassungsjahr der Klägerin - auf 124 Tiere und im Jahr 1997 auf 209 Tiere. Da nicht davon auszugehen ist, dass sich das Fressverhalten von (arbeitsintensiven) Milchkühen deutlich von dem der Mutterkühe unterscheidet, kann die Einstellung der Milchkuhhaltung nicht auf ein reduziertes Futteraufkommen durch Teilnahme an Flächenstilllegungen und Extensivierungsmaßnahmen zurückgeführt werden.

Die Entlassung der Klägerin kann auch nicht mit der Teilnahme des Landwirtschaftsbetriebes am KULAP begründet werden. Wie das SG zu Recht festgestellt hat, wirkt sich die Teilnahme am KULAP grundsätzlich bereits zu Beginn der Maßnahmen aus. Dies gilt insbesondere für Einsparungen an Arbeitskraft im Zusammenhang mit Arbeitsgängen bei Düngung, Pflanzenschutz, Anzahl der Schnitte und Weideumtriebe. Soweit im bisherigen Arbeitsbereich der Klägerin durch die KULAP-Teilnahme Aufgaben weggefallen sind, wurde dies durch die Übernahme anderer Tätigkeiten in den Jahren 1995 und 1996 (Hege und Pflege des Damwildes, vermehrt Stallarbeiten) kompensiert. Die zeitliche Differenz zwischen dem Beginn der KULAP-Teilnahme 1994 und der Entlassung der Klägerin im Juni 1996 ist wiederum zu lang, als dass hier noch von einem Kausalzusammenhang gesprochen werden könnte.

Besondere Gründe, die hier ausnahmsweise doch zur Kausalität führen, liegen nicht vor. Wollte man jegliche Mitursächlichkeit ausreichen lassen, gäbe man de facto die im Sozialrecht geltende Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung auf. Alle Ursachen wären dann wie bei der Äquivalenztheorie gleichwertig und eine wertende Betrachtung ausgeschlossen. Dies aber würde dem Gesetzeszweck des FELEG zuwiderlaufen. Andernfalls müsste jeder noch so vage Zusammenhang zwischen Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses und Flächenstilllegung zur Bejahung der Kausalität führen.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist gemäß § 160 Absatz 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Kausalitätsfrage im Rahmen von § 9 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 FELEG grundsätzliche Bedeutung hat und höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt ist.
Rechtskraft
Aus
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