L 6 LW 25/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 17 LW 70/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 LW 25/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufungen gegen die Urteile des Sozialgerichts Chemnitz vom 13.07.2000 werden zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revisionen werden zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Ausgleichsgeld.

Die Kläger zu 1) bis 4) arbeiteten zuletzt für die Agrargenossenschaft S ... e. G. (A-Gen).

Der am ... geborene Kläger zu 1) war als Traktorist in der Zeit vom 01.01.1977 bis zum 20.11.1990 bei der LPG Pflanzenproduktion O ... und vom 21.11.1990 bis zum 31.10.1991 bei der LPG "Aktivist" S ... tätig. Anschließend arbeitete er in gleicher Tätigkeit bis 13.12.1993, vom 18.04. bis 18.12.1994 und vom 03.04.1995 bis zum 31.05.1996 bei der A-Gen. Dazwischen bezog er Arbeitslosengeld. Vor seiner Entlassung hat er neben der Tätigkeit als Traktorist im Bereich der Pflanzenproduktion auch Kranarbeiten im Zusammenhang mit der Tierproduktion (z. B. Transport von Silage, Futter, Mist) verrichtet.

Die am ... geborene Klägerin zu 2) arbeitete seit dem 01.06.1987 in der Landwirtschaft. Im Zeitraum vom 01.11.1991 bis zum 30.11.1996 wurde sie bei der A-Gen als Tierpflegerin im Kälberaufzuchtstall eingesetzt.

Der am ... geborene Kläger zu 3) arbeitete seit dem 01.01.1976 in der Landwirtschaft. Bei der A-Gen war er seit dem 01.11.1991 zunächst als Traktorist, später auch als Viehpfleger tätig. Das Beschäftigungsverhältnis endete zum 30.11.1996.

Der am ... geborene Kläger zu 4) war seit dem 19.05.1982 als Schlosser in der Landwirtschaft tätig. Das seit dem 01.11.1991 bestehende Beschäftigungsverhältnis mit der A-Gen endete zum 31.05.1996.

Mit Anträgen vom 28.05.1996 (Kläger zu 1 und 4), 13.11.1996 (Klägerin zu 2) und 19.11.1996 (Kläger zu 3) begehrten die Kläger die Gewährung von Ausgleichsgeld.

In der Arbeitgeberbescheinigung zu den Anträgen auf Ausgleichsgeld bestätigte die A-Gen, die Beschäftigungsverhältnisse würden wegen Flächenstilllegungen zum 15.01.1996 sowie wegen der aktualisierten Teilnahme am Kulturlandschaftsprogramm unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 31.05.1996 bzw. 30.11.1996 beendet.

Der frühere Arbeitgeber der Kläger nahm in der Zeit von 1993 bis 1997 an der konjunkturellen Flächenstilllegung nach der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 in der Form der Rotationsbrache teil. Die Größen der Gesamtfläche und der jeweiligen Stilllegungsfläche (Angaben jeweils in ha) entwickelten sich wie folgt:

1993 1.302,00 97,66
1994 1.278,00 95,67
1995 1.235,00 99,62
1996 1.227,00 127,49
1997 1.220,00 29,11

Zusätzlich beteiligte sich der Betrieb seit 1992 am Kulturlandschaftsprogramm (alt) nach der Verordnung (EWG) Nr. 2328/91. Das Unternehmen stieg mit 169,85 ha in das Programm ein. Im Jahr 1996 erfolgte eine Erweiterung auf insgesamt 179,90 ha.

In den Wirtschaftsjahren 1992/93 und 1993/94 sprach die A-Gen keine Kündigungen unter Hinweis auf Maßnahmen der Flächenstilllegung und Extensivierung aus. In den Wirtschaftsjahren 1995/96 bis 1996/97 begründete die A-Gen Entlassungen in folgendem Umfang mit Flächenstilllegung/Extensivierung:

Jahr Verwal. Pflanzen- Tier- Werk- Ges. tung prod. prod. statt
1994/95 1 3 3 1 8
1995/96 0 2 2 2 6
1996/97 0 0 2 0 2

Die Beklagte bewilligte in 11 Fällen die Anträge auf Ausgleichsgeld. Betroffen davon waren Entlassungen bis spätestens zum 29.02.1996. Im Einzelnen handelte es sich um fünf Mitarbeiter aus der Tierproduktion, vier Mitarbeiter aus der Pflanzenproduktion und je einen Mitarbeiter aus der Verwaltung und der Werkstatt. Fünf Anträge, darunter die der Kläger, lehnte sie hingegen ab.

Die A-Gen nahm zu den Gründen für die Kündigungen der Kläger wie folgt Stellung: Es handele sich um ein landwirtschaftliches Unternehmen, in dem sowohl Tier- als auch Pflanzenproduktion, hier vorwiegend Grobfutterproduktion, betrieben werde. Wegen der konjunkturellen Flächenstilllegungen seien nach und nach immer weniger Arbeitskräfte benötigt worden. Die anfangs stillgelegten Flächen seien zuvor wegen ihrer geringen Größe nur sehr arbeitsintensiv zu bewirtschaften gewesen. Erst im Laufe der Zeit sei es gelungen, größere Schlagkomplexe herzustellen. Durch die Stilllegung der kleineren Schlagkomplexe seien verhältnismäßig mehr Arbeitskräfte freigesetzt worden, als dies bei größeren Flächen der Fall gewesen wäre. Von den Stilllegungs- und Extensivierungsmaßnahmen sei auch die Tierproduktion stark betroffen gewesen. Der Futteranfall habe sich enorm reduziert. Dies habe zu einem versetzt eintretenden Abbau des Tierbestandes geführt. So habe sich der Bestand an Jung- und Mastrindern von 1.753 Tieren im Jahr 1992 auf 718 Tiere im Jahr 1996 verringert. Die Haltung von Mutterschafen sei 1994 eingestellt worden. Ferner hätten sich infolge des Futterrückgangs auch die Fütterungsgewohnheiten geändert. So erhielten die Schweine mittlerweile kein Rauhfutter mehr. Dies habe sich auch auf den Arbeitskräftebedarf ausgewirkt. Nicht mehr benötigte Stallanlangen seien abgerissen oder vor Abgabe an die Eigentümer saniert worden. Mit der Reduzierung der Arbeiten in der Pflanzenproduktion sei auch der Verschleiß an Maschinen und Geräten zurückgegangen. Deshalb habe man auch Schlossern wegen der Stilllegungs- und Extensivierungsmaßnahmen kündigen müssen.

Mit Bescheiden vom 16.12.1997 wies die Beklagte die Anträge der Kläger auf Gewährung von Ausgleichsgeld zurück. Es könne von keiner Entlassung auf Grund einer Flächenstilllegung ausgegangen werden. Insgesamt habe sich eine Berechtigung auf Ausgleichsgeld für neun Arbeitnehmer ergeben. Da bereits für diese Anzahl von ehemaligen Mitarbeitern der A-Gen Ausgleichsgeld bewilligt worden sei, sei die Quote der anspruchsberechtigten Personen ausgeschöpft. Die Teilnahme der A-Gen am Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) könne nicht in zeitlichem Zusammenhang mit der Entlassung der Kläger gesehen werden.

Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 10.01.1998 bzw. 14.01.1998 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 20.05.1998 wegen fehlender Kausalität zwischen Stilllegungs- und Extensivierungsmaßnahmen und der Entlassung der Kläger zurückwies.

Dagegen wandten sich die Kläger mit ihren am 22.06.1998 beim Sozialgericht Chemnitz (SG) eingegangenen Klagen vom 18.06.1998. Das Gesetz fordere keinen zeitlichen Zusammenhang. Der Kausalitätsnachweis werde durch eine Bestätigung des Arbeitgebers erbracht. Mehrfache plausible Erklärungen durch den Arbeitgeber der Kläger seien von der Beklagten nicht ausreichend gewürdigt worden.

Das SG holte eine weitere Stellungnahme bei dem früheren Arbeitgeber ein. Die A-Gen führte mit Schreiben vom 25.03.1999 zusätzlich aus: Die Anzahl der Großvieheinheiten sei kontinuierlich von 1.596 im Jahr 1992 auf 1.271 im Jahr 1996 gesunken. Das Futteraufkommen sei insbesondere durch die Einbeziehung von Futterfläche in die Flächenstilllegung (1993 und 1994 habe der Anteil der Futterfläche an der Stilllegungsfläche 100 % betragen, im Jahr 1995 43,6 % und im Jahr 1996 53,9 %) sowie die extensive Produktion wegen der Teilnahme am KULAP zurückgegangen. Der Arbeitskräftebestand (Mitarbeiter - MA) im Bereich der Pflanzen- (PP) und Tierproduktion (TP) sowie der Werkstatt habe sich wie folgt entwickelt:

Jahr Pflanzen- Tier- Werkstatt produktion produktion
1992 18 MA 31 MA 10 MA
1993 17 MA 30 MA 9 MA
1994 15 MA 30 MA 9 MA
1995 13 MA 25 MA 8 MA
1996 10 MA 23 MA 6 MA
1997 10 MA 22 MA 6 MA

Durch die Teilnahme am KULAP sei der Bestand an Mastrindern in den Jahren 1993 bis 1996 um ca. 200 Tiere abgebaut worden. Die zeitliche Verschiebung bei den Entlassungen lasse sich zum einen mit der verzögert eingetretenen Reduzierung des Tierbestandes begründen, zum anderen aber auch mit dem zeitweisen Ausscheiden mehrerer Mitarbeiter durch Mutterschafts-/Erziehungsurlaub sowie Wehr- und Ersatzdienst. Folgende Zeiträume hätten überbrückt werden müssen:

Erziehungsurlaub
21.01.1993 bis 11.09.1995
21.06.1993 bis 31.10.1994
12.10.1993 bis 29.02.1996
23.09.1994 bis 17.04.1996

Wehr- und Ersatzdienst
01.12.1993 bis 28.02.1995
02.11.1995 bis 30.11.1996

Zur Überbrückung dieser Zeiten seien andere Arbeitnehmer, die aufgrund von Flächenstilllegung und Extensivierung frei geworden seien, noch länger beschäftigt worden. Die Reduzierung der Ausgleichsgeldbeträge im Jahr 1996 habe ebenfalls aus ökonomischen Gründen zum Abbau der Arbeitskräfte gezwungen.

In der mündlichen Verhandlung am 13.07.2000 hörte das SG den Vorstandsvorsitzenden der Agrargenossenschaft, Herrn Dr. R ..., sowie die Prokuristin, Frau R ..., als Zeugen.

Durch Urteile vom 13.07.2000 wies das Sozialgericht die Klagen ab. Der erforderliche Kausalitätsnachweis der Entlassung der Kläger sei weder im Hinblick auf die Flächenstilllegung im Jahr 1996 noch im Zusammenhang mit der KULAP-Teilnahme zu bejahen.

Gegen die am 14.08.2000 bzw 21.08.2000 zugestellten Urteile hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit Schriftsätzen vom 04.09.2000 und 08.09.2000, beim LSG eingegangen am 05.09.2000 und 11.09.2000, Berufung eingelegt. An die Kausalität dürften keine strengen Anforderungen gestellt werden. Es reiche aus, wenn die Flächenstilllegungen zumindest mitursächlich für die Kündigungen gewesen seien. Der Kläger zu 1) habe überwiegend in der Pflanzenproduktion gearbeitet. Das Ausbringen des Stalldungs als Düngung landwirtschaftlicher Flächen sei der Pflanzenproduktion zuzurechenen. Die Entlassung des Klägers zu 1) sei äußerst zeitnah zur letzten Erhöhung der Stilllegungsfläche im Jahr 1996 erfolgt. Der Umstand, dass die A-Gen trotz Verringerung der Stilllegungsfläche im Jahr 1997 keine neuen Arbeitskräfte eingestellt habe, stehe der Annahme der Kausalität nicht entgegen. Vielmehr habe gerade erst 1997 derart rationalisiert werden können, dass trotz einer erhöhten Bewirtschaftungsfläche Neueinstellungen nicht erforderlich geworden seien. Die Klägerin zu 2) habe im Bereich der Tierproduktion gearbeitet. Der Tierbestand sei von 1993 bis 1996 erheblich reduziert worden. Dafür sei das flächenstilllegungs- und extensivierungsbedingt rückläufige Futteraufkommen zumindest mitursächlich gewesen. Die Entlassung der Klägerin zu 2) sei zeitnah zur Flächenstilllegung 1996 erfolgt. Der Kläger zu 3) sei sowohl als Traktorist in der Pflanzenproduktion als auch als Viehpfleger in der Tierproduktion zum Einsatz gekommen. In einem Landwirtschaftsbetrieb mittlerer Größe - wie der A-Gen - könne eine Abgrenzung der jeweiligen Berufsgruppen nicht strikt vorgenommen werden. Es sei nicht nachvollziehbar, inwiefern gerade der Kläger zu 3) von der Verringerung des Arbeitskräftebedarfs infolge der Erweiterung der Stilllegungsfläche im Jahr 1996 nicht betroffen gewesen sollte. Hinsichtlich der Entlassung des Klägers zu 4) sei davon auszugehen, dass ohne die Flächenstilllegung auch bei moderner Technik zusätzliche Geräte erforderlich gewesen wären. Der Umstand, dass vor den Klägern bereits andere Arbeitnehmer entlassen worden seien, ändere in den betreffenden Fällen nichts an der Kausalität.

Der Kläger zu 1) beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13.07.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm ab dem 01.08.1996 Ausgleichsgeld zu bewilligen.

Die Klägerin zu 2) beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13.07.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr ab dem 01.01.1997 Ausgleichsgeld zu bewilligen.

Der Kläger zu 3) beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13.07.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm ab dem 01.12.1996 Ausgleichsgeld zu bewilligen.

Der Kläger zu 4) beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13.07.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm ab dem 01.08.1996 Ausgleichsgeld zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Die Ausführungen der Kläger seien nicht geeignet, die zutreffenden Urteile des SG zu widerlegen.

Mit Beschluss vom 26.02.2001 wurden die vier Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Dem Senat liegen die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakten der Beklagten vor.

Entscheidungsgründe:

Anspruchsgrundlage für einen Anspruch auf Ausgleichsgeld und deren Voraussetzungen sind von dem Sozialgericht in zutreffender Weise ausführlich erläutert worden. Auf die dortigen Ausführungen wird daher Bezug genommen.

Wie das SG zutreffend festgestellt hat, ist ein Kausalzusammenhang zwischen den Entlassungen der Kläger und den Stilllegungs- und Extensivierungsmaßnahmen nicht gegeben.

a) Die erstmalige Stilllegung 1992/1993 umfasste 7,5 % der Gesamtfläche. Unter Berücksichtigung der Anzahl der damals von der Agrargenossenschaft beschäftigten 76 Mitarbeiter errechnet sich eine Quote von sechs Arbeitnehmern, bei denen ein Zusammenhang zwischen Kündigung und Flächenstilllegung vermutet werden konnte. Hinsichtlich der Entlassung der Kläger zum 31.05. bzw 30.11.1996 ist die zeitliche Differenz von dreieinhalb bzw. vier Jahren zu der am 15.12.1992 begonnenen Stilllegungsmaßnahme jedoch zu lang, um eine Kausalität begründen zu können. Entsprechendes gilt für den Beginn der Teilnahme der A-Gen am Kulturlandschaftsprogramm. Einsparungen von Arbeitskräften im Zusammenhang mit dem KULAP sind vor allem zu Beginn zu erwarten. Verzögerungen von dreieinhalb und mehr Jahren lassen sich nicht begründen.

b) Die Erhöhung der Stilllegungsfläche im Jahr 1995 um knapp 2 ha (0,16 % der damaligen Gesamtfläche) ist nicht geeignet, eine flächenstilllegungsbedingte Entlassung von zumindest einem Arbeitnehmer zu rechtfertigen.

c) Im Jahr 1996 erhöhte die A-Gen die Stilllegungsfläche um weitere 27,87 ha oder um 2,27 % der Gesamtfläche. Ausgehend von 61 zu Beginn des Jahres beschäftigten Arbeitnehmern ließe sich rechnerisch bei der Entlassung von maximal zwei Arbeitskräften eine Kausalität zur Erweiterung der Flächenstilllegung im Jahr 1996 vermuten. Tatsächlich kündigte die A-Gen 1995/1996 das Beschäftigungsverhältnis mit sechs Arbeitnehmern (eine Kündigung zum 31.10.1995, zwei Kündigungen zum 29.02.1996, drei Kündigungen zum 31.05.1996 - darunter die Kläger zu 1) und 4)) und 1996/1997 mit zwei Arbeitnehmern (Kündigungen zum 30.11.1996 - Klägerin zu 2) und Kläger zu 3)) unter Hinweis auf die erfolgten Flächenstilllegungsmaßnahmen. Die Zahl der tatsächlich mit Flächenstilllegungen begründeten acht Entlassungen steht damit in einem krassen Missverhältnis zu der rechnerisch mit der zeitlich korrespondierenden Flächenstilllegungsmaßnahme 1996 zu rechtfertigenden Einsparung von zwei Arbeitskräften. Aus Proportionalitätsgesichtspunkten lässt sich daher ein Kausalzusammenhang zwischen den Entlassungen der Kläger und der Flächenstilllegung 1996 nicht ableiten.

Die Erweiterung der Stilllegungsfläche im Jahr 1996 war nicht der sachliche Grund für die Entlassungen der Kläger zu 1) bis 4).

Der Kläger zu 1) arbeitete überwiegend als Kran- und Baggerfahrer, verrichtete als Traktorist aber auch Feldarbeiten. Bei den Bagger- und Feldarbeiten handelt es sich um Tätigkeiten mit unmittelbarem Flächenbezug. Die Kranarbeiten wie der Transport von Silage, Mist und Futter, die der Kläger vor seiner Entlassung verrichtet hat, weisen jedoch entgegen der Ansicht des Klägervertreters keinen unmittelbaren Flächenbezug auf. Soweit wegen eines reduzierten Viehbestandes der Arbeitsanfall bei den Kranarbeiten zurückgegangen ist, wäre dies für einen Anspruch auf Ausgleichsgeld nur dann beachtlich, wenn der Tierbestandabbau wegen eines verringerten Futteraufkommens als Folge von Flächenstilllegungen oder Extensivierungsmaßnahmen erfolgt wäre. Im Zeitraum von 1995 bis 1996 ging der Viehbestand bei der A-Gen von 1.340 Großvieheinheiten auf 1.271 Großvieheinheiten zurück. Der Zusammenhang dieses Abbaus mit der Flächenstilllegung 1996 ist nicht nachvollziehbar. Wie der Vorstandsvorsitzende der A-Gen in der mündlichen Verhandlung vor dem SG aussagte, betrug der Anteil der Futterfläche an der stillgelegten Fläche in den Jahren 1993 und 1994 100 %, im Jahr 1995 43,6 % und 1996 53,9 %. Hieraus ergibt sich, dass die A-Gen Futterfläche in folgemdem Umfang stillgelegt hat:

Jahr Fläche
1993 97,66 ha
1994 95,67 ha
1995 43,73 ha und
1996 68,72 ha

Die stillgelegte Futterfläche war also 1996 um ca. 30 ha kleiner als 1993. Ein weiterer Abbau des Tierbestandsbestandes wegen eines verringerten Futteraufkommens lässt sich mit dieser Stilllegungsmaßnahme nicht rechtfertigen. Ein verringertes Futteraufkommen lässt sich auch nicht mit der stillgelegten Futterfläche im Jahr 1995 erklären; mit 43,73 ha wurde in diesem Jahr noch nicht einmal die Hälfte der Futterfläche des Jahres 1993 stillgelegt.

Der Abbau des Viehbestandes lässt sich auch nicht mit den Folgen der Teilnahme am KULAP erklären. Die A-Gen beteiligte sich seit 1992 am KULAP. Sie stieg mit 169,85 ha in das Programm ein. Einsparungen an Arbeitskräften durch die Teilnahme am KULAP wirken sich grundsätzlich bereits zu Beginn der Teilnahme aus. Anhaltspunkte dafür, dass der Abbau des Tierbestandes im Jahr 1996 Folge eines verringerten Futteraufkommens durch die 1992 begonnenen Extensivierungsmaßnahmen sind, sind nicht ersichtlich. Die Erweiterung der KULAP-Fläche im Jahr 1996 um ca. 10 ha fällt nicht derart ins Gewicht, als dass sich hiermit der Abbau des Viehbestandes erklären ließe.

Bezogen auf Tätigkeiten des Klägers zu 1) im Rahmen der Pflanzenproduktion ist zu beachten, dass sich die Zahl der Mitarbeiter im Bereich der Pflanzenproduktion im Zeitraum von 1992 (18 Arbeitskräfte) bis 1996 (10 Arbeitskräfte) um mehr als 44 % reduziert hat. Im selben Zeitraum legte die A-Gen maximal 10,34 % der Gesamtfläche still. Die tatsächliche Einsparung an Arbeitskräften im Bereich der Pflanzenproduktion steht damit außer Verhältnis zum Anteil der stillgelegten Fläche an der Gesamtfläche des Betriebes. Sie ist deshalb überwiegend auf andere Ursachen (insbesondere Erneuerung des Fuhrparks mit leistungsfähigeren Maschinen) zurückzuführen. Im Übrigen beendete die A-Gen bereits drei Monate vor der Entlassung des Klägers zu 1) das Beschäftigungsverhältnis mit einer Mitarbeiteirn aus der Pflanzenproduktion unter Hinweis auf die Flächenstilllegung/Extensivierung. Die Flächenstilllegung 1996 kommt deshalb nicht auch als wesentliche Bedingung für die Kündigung des Klägers zu 1) in Betracht. Die Arbeitskraft des Klägers zu 1) im Bereich der Pflanzenproduktion ist auch nicht wegen der Teilnahme am KULAP eingespart worden. Arbeitsgänge bei der Düngung und dem Pflanzenschutz wirken sich mit Beginn der KULAP-Teilnahme aus. Einsparungen weiterer Arbeitsgänge mit einer zeitlichen Verzögerung von dreieinhalb Jahren lassen sich damit nicht erklären.

Die Klägerin zu 2) arbeitete im Kälberaufzuchtstall. Es handelte sich um einen Arbeitsplatz ohne unmittelbaren Flächenbezug. Wie bereits im Fall des Klägers zu 1) wäre die Bewilligung von Ausgleichsgeld nur unter der Voraussetzung möglich, dass die Entlassung der Klägerin auf die Reduzierung des Tierbestandes zurückzuführen ist und dieser Abbau seine Ursache wiederum in einem flächenstilllegungs- und extensivierungsbedingt verringerten Futteraufkommen hat. Während die repräsentative Viehzählung zum 03.12.1995 noch 458 Kälber bis zu einem Jahr vermerkte, sank der Bestand zum 03.06.1996 zwar auf 382 Kälber. Auch der Bestand an Kälbern einschließlich der Jungrinder unter zwei Jahren reduzierte sich von 915 Tieren im Dezember 1995 auf 643 Tiere zum 03.06.1996. Laut Aussage des Vorstandsvorsitzenden der A-Gen, Dr. R ..., hat sich dieser Bestand seitdem aber nicht mehr verändert. Die Zahl der Arbeitskräfte innerhalb der Tierproduktion reduzierte sich zeitlich korrespondierend von 25 MA zum 30.06.1995 auf 23 MA zum 30.06.1996. Den beiden ausgeschiedenen Arbeitnehmern aus der Tierproduktion bewilligte die Beklagte Ausgleichsgeld. Die Klägerin zu 2) ist jedoch erst zum 30.11.1996 entlassen worden. Ein Zusammenhang mit dem Abbau des Kälberbestandes lässt sich hier nicht erkennen. Gründe für eine verzögerte Kündigung liegen nicht vor. Der letzte Erziehungsurlaub von Mitarbeiterinnen aus der Tierpoduktion endete bereits im April 1996 und kann deshalb nicht für eine verzögerte Entlassung der Klägerin zu 2) angeführt werden.

Der Kläger zu 3) arbeitete bei der A-Gen insbesondere im Herbst bis zum Frühjahr als Tierpfleger; im Sommer kam er als Mähdrescherfahrer zum Einsatz. Wie oben bei dem Kläger zu 1) bereits ausgeführt wurde, kann der Abbau des Viehbestandes von 1995 bis 1996 nicht auf die Maßnahmen der Flächenstilllegung und Extensivierung zurückgeführt werden. Diese Maßnahmen waren nicht ursächlich für die Einsparung der Arbeitskraft des Klägers zu 3) im Bereich der Tierproduktion. Die Beweisaufnahme vor dem SG hat im übrigen ergeben, dass sich die Zahl der Mähdrescherfahrer in den Jahren 1993 bis 1997 nicht verändert hat. Dies steht der Annahme eines Ursachenzusammenhanges zwischen der Flächenstilllegungserweiterung und der Entlassung des Kläges zu 3) entgegen.

Der Kläger zu 4) arbeitete als Schlosser mit allenfalls mittelbarem Flächenbezug. Die Erweiterung der Stilllegungsfläche im Jahr 1996 betrug lediglich 2,27 % der Gesamtfläche. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern durch die Verringerung der Gesamtanbaufläche in diesem Umfang die Arbeitskraft eines Schlossers hätte eingespart werden können. Nicht außer acht gelassen werden darf in diesem Zusammenhang, dass sich der Zahl der Werkstattmitarbeiter im Zeitraum vom 30.06.1992 (zehn Arbeitskräfte) bis zum 30.06.1996 (sechs Arbeitskräfte) um 40 % reduzierte. Im selben Zeitraum legte die A-Gen maximal 10,34 % der Gesamtfläche still. Nachvollziehbar wäre die Einsparung von Arbeitskräften in der Werkstatt im entsprechenden Umfang, also von einem Mitarbeiter. Zum 31.05.1995 entließ die A-Gen auch bereits einen Schlosser unter dem Hinweis auf die erfolgten Flächenstilllegungen. Die Einsparung weiterer Werkstattkräfte lässt sich weder mit der Erweiterung der Flächenstilllegung noch der KULAP-Flächen erklären.

Die Berufungen der Kläger waren daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Kausalitätsfrage im Rahmen von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FELEG grundsätzliche Bedeutung hat und höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt ist.
Rechtskraft
Aus
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