S 12 AL 201/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 12 AL 201/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen ist.

Der Präsident des Justizvollzugsamtes L erkannte bei dem am 00.00.1943 geborenen Kläger durch Bescheid vom 07.09.1987 als Folgen von Dienstunfällen vom 00.00.1979, 00.00.1981 und 00.00.1985 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 35 v.H. ab 27.05.1987 an. Auf Antrag des Klägers vom 20.06.2001 stellte das Versorgungsamt Duisburg durch Bescheid vom 20.09.2001 zunächst einen GdB von 30 ab 01.01.1987 und auf Widerspruch durch Abhilfebescheid vom 31.10.2001 von 40 fest. In der Begründung des Bescheides werden folgende Beeinträchtigungen als vorliegend genannt: Kognitive Störung bei abgelaufenem gedeckten Schädel-Hirn-Trauma, Sensibilitätsstörungen der linken Gesichts- und Körperhälfte, Anpassungsstörung Bluthochdruck mit Augenhintergrundveränderungen Degeneratives Wirbelsäulensyndrom, Spinalkanalstenose. Das Versorgungsamt Duisburg erkannte an, dass die Behinderungen zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt haben. Der weitergehende Widerspruch des Klägers blieb erfolglos. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Duisburg S 22 SB 2/02 ist noch keine Entscheidung ergangen. Ein Rentenantrag des Klägers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte blieb erfolglos. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Duisburg S 21 RA 92/00 ist noch keine Entscheidung ergangen.

Der Kläger hat sich am 08.03.1999 arbeitslos gemeldet und Leistungen beantragt. Ausweislich der Arbeitsbescheinigung war er vom 00.00.1979 bis 00.00.1999 als Beamter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch den Arbeitgeber beendet. Als Grund ist in der Arbeitsbescheinigung genannt: "Weigerung zur Durchführung einer Untersuchung psychiatrischer, neurologischer und orthopädischer Art, Anordnung vom 02.09.1992". In der Rubrik "sonstige Hinweise des Arbeitgebers an das Arbeitsamt" ist durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW eingetragen: "Entfernung aus dem Dienst nach der Disziplinarordnung NRW; Urteil Disziplinarkammer des VG Düsseldorf vom 11.03.1998 (31 K 0000/00.O).

Der beim Arbeitsamt X geführten Leistungsakte des Klägers ist zu entnehmen, das Rechtsmittel des Klägers gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Urt. vom 04.03.1999 - 00 dA 0000/00.O) und Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 20.05.1999 - BVerwG 0 Db 00.00) und eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (einstimmiger Beschluss vom 16.08.1999 - 0 BvR 0000/00) erfolglos geblieben sind. Im Anschluss an eine Sperrzeit für die Zeit vom 05.03. bis 27.05.1999 hat der Kläger vom 28.05.1999 bis 11.02.2000 Arbeitslosenhilfe (AlhiB) bezogen.

Nach einem vom ärztlichen Dienst des Arbeitsamtes durch den Sachverständigen M erstellten Gutachten nach Aktenlage vom 29.08.2000 können vom Kläger nur leichte Arbeiten verrichtet werden in wechselnder Körperhaltung, ohne Heben und Tragen von mittelschweren Lasten, häufigem Bücken oder Klettern auf höheren Leitern oder Gerüsten. Anforderung an die Konzentrationsfähigkeit und psychische Belastbarkeit können nicht gestellt werden. Unterbleiben müssen auch Tätigkeiten mit besonderen Zeitdruck sowie Wechselschichten und Nachtschicht. Sicherheitshalber sollten Arbeiten mit deutlich erhöhter Verletzungsgefahr vermieden werden. Arbeiten unter Zeitdruck sowie unter Einfluss von Nässe, Kälte, Zugluft und Temperaturschwankungen seien auszuschließen. Diese Arbeiten seien vollschichtig möglich.

Am 20.07.2000 beantragte der Kläger die Gleichstellung mit Schwerbehinderten gemäß § 2 Schwerbehindertengesetz zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes.

Nach einer am 07.12.2000 erteilten Auskunft des zuständigen Arbeitsvermittlers stehe insbesondere das Alter des Klägers (Vollendung des 57. Lebensjahres) einer möglichen Arbeitsaufnahme im Wege. Es lägen keine Anhaltspunkte vor, wonach sich durch eine Gleichstellung die Vermittlungsaussichten verbesserten.

Mit Bescheid vom 07.12.2000 lehnte die Beklagte die Gleichstellung des Klägers im wesentlichen mit der Begründung ab, allein aus der Tatsache, dass er arbeitslos sei, lasse sich nicht schließen, das er zwingend auf die Hilfe der Gleichstellung angewiesen sei, wieder einen Arbeitsplatz zu finden.

Zur Begründung seines am 07.12.2000 erhobenen Widerspruchs führt der Kläger aus, aus gesundheitlichen Gründen sei er nicht in der Lage, eine vollschichtige Beschäftigung auszuüben, es sei sogar zweifelhaft, ob er überhaupt noch vermittelbar sei. Er benötige die Gleichstellung zur Erlangung eines Arbeitsplatzes und sehe sich insoweit durch das Gutachten des Arbeitsamtsarztes vom 29.08.2000 bestätigt.

In einer ergänzenden Erklärung des Arbeitsberaters vom 09.03.2001 heißt es, der Kläger könne im Rahmen des Arztgutachtens vom 29.08.2000 vollschichtige Arbeitsplätze im Bürobereich aufgrund seiner bisherigen Berufsbiographie einnehmen. Solche Arbeitsplätze seien im nennenswerten Umfang sowohl in Vollzeit als auch in Teilzeit im zumutbaren Tagespendelbereich vorhanden. Eine Einschränkung seiner Konkurrenzfähigkeit im Hinblick auf diese Arbeitsplätze gegenüber Nichtbehinderten bzw. Behinderten mit einem GdB von weniger als 30 bei der bestehenden Arbeitsmarktlage können ausgeschlossen werden. Die gemachten Aussagen träfen auch auf alternative Möglichkeiten wie Wachmann oder Pförtner zu. In einer Ergänzung vom 23.03.2001 heißt es, bisher seien keine Vermittlungsvorschläge unterbreitet worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2001 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gestützt auf § 2 Abs. 1 Schwerbehindertengesetz im wesentlichen mit der Begründung zurück, die Voraussetzung für eine Gleichstellung zur Erlangung eines Arbeitsplatzes lägen nicht vor. Dies setze voraus, dass die aufgrund der Behinderung eingeschränkte Wettbewerbs- und Konzentrationsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Falle der Gleichstellung gesteigert werde und dadurch Vermittlungs- aussichten des Antragstellers verbessert werden könnten. Dies sei nach den Feststellungen der zuständigen Arbeitsvermittlung nicht der Fall. Vielmehr seien die Vermittlungschancen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht wegen der Behinderung eingeschränkt, sondern aufgrund seines Lebensalters.

Zur Begründung seiner am 05.07.2001 erhobenen Klage vertritt der Kläger weiterhin die Auffassung, er benötige die Gleichstellung zur Erlangung eines Arbeitsplatzes. Er sei bis heute aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen unverschuldet arbeitslos. Durch die Gleichstellung sollten seine Vermittlungsaussichten verbessert werden, denn aufgrund der nachweislichen Behinderungen sei mit Hilfe der Gleichstellung die Wiedereingliederung in das Erwerbsleben nicht chancenlos.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2001 zu verurteilen, ihn einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide auch unter Berücksichtigung des Urteils des BSG vom 02.03.2000 - B 7 AL 246/99 R - (SozR 3/3870 § 2 Nr. 1) für rechtmäßig. Bei der hier alleine in Frage kommenden Gleichstellung zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes sei nach der BSG Rechtssprechung zu prüfen, ob der Kläger infolge seiner Behinderung bei wertender Betrachtung im Sinne einer wesentlichen Bedingung in seiner Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Nichtbehinderten in besonderer Weise beeinträchtigt und deshalb nur schwer vermittelbar gewesen sei bzw. sei. Dies sei zu verneinen. Seine Schwierigkeiten, einen neuen Arbeitsplatz zu finden, beruhten nicht überwiegend auf seinen Behinderungen. Durch Gleichstellung würden seine Vermittlungsaussichten nicht verbessert. Insbesondere sein Alter stehe einer möglichen Arbeitsaufnahme im Wege. Hinzu komme die langjährige Tätigkeit als Justizbeamter, die eine sehr spezielle Tätigkeit ohne Gegenstück in der Wirtschaft sei. Dadurch habe er 20 Jahre keinen Praxisbezug zum erlernten Beruf des Kaufmanns gehabt. Hinzu komme noch seine Einschränkung auf eine Teilzeitbeschäftigung, die es erschwere, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden. Aufgrund der vielschichtigen Ursachen für seine andauernde Arbeitslosigkeit handele es sich bei den festgestellten Behinderungen nicht um eine wesentliche Bedingung im Sinne der von der Rechtssprechung geforderten wertenden Betrachtung.

Stellenangebote hätten dem Kläger bislang nicht unterbreitet werden können. Initiativangebote seien ebenfalls aufgrund der Arbeitsmarktsituation, des Alters und der gesundheitlichen Einschränkungen nicht möglich gewesen. Steuerungsmöglichkeiten seien grundsätzlich gegeben. Bei Vorliegen aller Förderungsvoraussetzungen könnte ein Arbeitgeber Leistungen im Rahmen der Aktion Beschäftigungshilfe für Langzeitarbeitslose oder Eingliederungszuschüsse nach § 218 Abs. 1 Nr. 3 SGB III erhalten.

Die Beklagte fügte eine weitere Stellungnahme des Arbeitsvermittlers vom 23.08. 2001 bei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakten und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten sowie der Leistungsakten des Arbeitsamtes X verwiesen. Diese Akten haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Zurecht hat die Beklagte die Gleichstellung des Klägers mit einem behinderten Menschen abgelehnt.

Das Gericht hat bereits das seit dem 01.07.2001 geltende SGB IX anzuwenden, dass das bis dahin geltende Schwerbehindertengesetz abgelöst hat. Nach § 2 Abs. 3 SGB IX sollten behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 aber wenigstens 30 schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können. Eine inhaltliche Änderung zu § 2 Abs. 1 Schwerbehindertengesetz ergibt sich durch die Rechtsänderung nicht.

Der Kläger erfüllt zwar die persönlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 SGB IX, denn bei ihm liegt ein GdB von 40 vor. Die sachlichen Voraussetzungen für eine Gleichstellung sind aber nicht erfüllt. Da der Kläger seit Antragstellung durchgehend arbeitslos ist, kommt es nur darauf an, ob er infolge seiner Behinderung ohne die Gleichstellung ein geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen kann. Davon konnte sich das Gericht weder für den Zeitpunkt der Antragstellung noch für die seither bis zur mündlichen Verhandlung vergangene Zeit überzeugen.

Ausgangspunkt ist, dass § 2 Abs. 3 SGB IX dem Personenkreis Rechnung trägt, der bei einer konkreten Betrachtung wegen seiner individuellen Behinderung besonders schutzbedürftig ist. Entscheidendes Kriterium ist allein die mangelnde Konkurrenzfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt insgesamt (BSG aaO). Es ist deshalb zu prüfen, ob der Kläger infolge seiner Behinderungen bei wertender Betrachtung (im Sinne einer wesentlichen Bedingung) in seiner Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Nichtbehinderten in besonderer Weise beeinträchtigt und deshalb nur schwer vermittelbar war bzw. ist. Wäre dies der Fall, wäre auch eine Gleichstellung zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes gerechtfertigt. Dabei bedarf es keiner Prognose darüber, ob die Gleichstellung zur Erlangung eines Arbeitsplatzes führt (BSG aaO). Es kommt daher darauf an, welche Arbeitplätze für den Kläger nach seinen beruflichen Kenntnissen und Fertigkeiten, nach seinen gesundheitlichen Voraussetzungen zumutbar in Betracht kommt, ob und inwieweit hierfür (geeignete) Arbeitsplätze vorhanden sind und inwieweit der Kläger im Hinblick auf diese Arbeitsplätze gegenüber Nichtbehinderten bzw. Behinderten mit einem GdB von weniger als 30 bei der bestehenden Arbeitsmarktlage konkurrenzfähig ist. Dabei bemisst sich die Konkurrenzfähigkeit an allen Tätigkeiten, auf die das Arbeitsamt Vermittlungsbemühungen erstrecken darf (BSG aaO).

Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen sind die Voraussetzungen für eine Gleichstellung zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes nicht erfüllt. Ausgangspunkt ist die Feststellung über das körperliche Leistungsvermögen des Klägers, wie sie im arbeitsamtsärztlichen Gutachten des Sachverständigen M vom 29.08.2000 geschrieben und im Tatbestand wiedergegeben sind. Dieses Gutachten nach Aktenlage hat den gesamten aktenkundigen medizinischen Sachverhalt ausgewertet und gewürdigt. Der Kläger selbst beruft sich auch auf dieses Gutachten, ist allerdings abweichend davon der Meinung, dass er nur noch halbtags arbeiten kann. Dieses Gutachten ist vom Gericht zugrunde zu legen, denn im Folgenden hat der Kläger weitere medizinische Sachaufklärung nicht zugelassen. Insbesondere war es dem Sozialgericht Duisburg im Verfahren S 21 RA 92/00 wegen mangelnder Mitwirkung des Klägers nicht möglich, aktuellere Gutachten aufgrund persönlicher Untersuchung durch Sachverständige zu erhalten. Die im Bescheid des Versorgungsamtes Duisburg vom 31.10.2001 genannten Beeinträchtigungen entsprechen den Erkenntnissen, die sich aus dem Akteninhalt ergeben. Aus diesen Gesundheitsstörungen und dem verbleibenden körperlichen Leistungsvermögen ergibt sich zwar eine reduzierte Konkurrenzfähigkeit des Klägers auf dem Arbeitsmarkt. Dies wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Zurecht weist die Beklagte aber darauf hin, dass nach der Rechtssprechung (aaO) zu prüfen ist, ob ein Kläger infolge seiner Behinderungen bei wertender Betrachtung (im Sinne einer wesentlichen Bedingung) in seiner Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Nichtbehinderten in besonderer Weise beeinträchtigt und deshalb nur schwer vermittelbar war bzw. ist. Der Kläger kommt unter Berücksichtigung seines körperlichen Leistungsvermögens in erster Linie für eine Bürotätigkeit in Betracht. Dies entspricht auch seiner Ausbildung zum Bürokaufmann. Solche Arbeitsplätze sind nach der Stellungnahme des Arbeitsberaters vom 09.03.2001 in nennenswertem Umfang sowohl in Vollzeit als auch in Teilzeit im zumutbaren Tagespendelbereich vorhanden. Der Einschränkung auf Halbtagsbeschäftigungen als Vermittlungshemmnis misst das Gericht im Hinblick auf diese Stellungnahme nur untergeordnete Bedeutung zu.

Die von der Beklagten wohl im Hinblick auf die langjährige Tätigkeit als Justizvollzugsbeamter genannten alternativen Tätigkeiten eines Wachmannes oder eines Pförtners hält das Gericht unter Berücksichtigung des körperlichen Leistungsvermögens nicht für zumutbar, denn Anforderung an Konzentrationsfähigkeit und psychische Belastbarkeit können beim Kläger nicht gestellt werden. Unterbleiben müssen auch Tätigkeiten mit besonderen Zeitdruck. Diese ausgeschlossenen Belastungen lassen sich bei Tätigkeiten als Wachmann oder Pförtner jedoch nicht ausschließen. Bei einem Wachmann kann darüber hinaus nicht ausgeschlossen werden, dass Tätigkeiten ohne Witterungsschutz verrichtet werden müssen.

An der Entwicklung moderner Bürotätigkeiten hat der Kläger während der Zeit seiner Tätigkeit als Justizvollzugsbeamter und seither nicht teilgenommen. Stattdessen hat er als Justizvollzugsbeamter eine Tätigkeit ausgeübt, die in der freien Wirtschaft keine Entsprechung hat. Seinen Arbeitsplatz hat er - entgegen seiner Behauptung - offensichtlich auch nicht unverschuldet verloren. Vielmehr ergibt sich aus den Akten, dass er seinen sicheren Arbeitsplatz (Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit) durch pflichtwidriges Verhalten verloren hat. Trotz Durchführung eines Disziplinarverfahrens hat er sich nach den Angaben des Dienstherrn geweigert, Gesundheitszustand und körperliches Leistungsvermögen im Rahmen von Begutachtungen überprüfen zu lassen. Dies hat zu seiner Entfernung aus dem Dienst geführt. Rechtsmittel dagegen sind in allen Instanzen erfolglos geblieben. Bei Antragstellung hatte der Kläger das 57. Lebensjahr bereits vollendet, z. Z. steht er kurz vor dem 59. Lebensjahres. Neben den Behinderungen des Klägers treten als seine Vermittlungsmöglichkeiten beeinträchtigende Faktoren somit seine unzureichende berufliche Qualifikation durch mehr als 20 jährige mangelnde Berufserfahrung, die durch den Dienstherrn durchgesetzte Entfernung aus dem Dienst eines Lebenszeitbeamten, die er beim potentiellen Arbeitsgeber plausibel machen müsste und die jeden Arbeitgeber befürchten lassen muss, dass es sich bei dem Kläger um einen halsstarrigen, rechthaberischen Arbeitnehmer handeln wird, sowie - worauf die Beklagte zurecht hinweist - das Lebensalter des Klägers. Zwar ist die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nicht an ein bestimmtes Lebensalter gebunden oder auf ein bestimmtes Lebensalter beschränkt. Bei der Beurteilung, ob die Gleichstellung zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes notwendig ist, dürfen jedoch die Augen vor der Lebenswirklichkeit des Arbeitsmarktes nicht verschlossen werden. Es ist nicht nur allgemein aus jedermann zugänglichen Nachrichtenquellen, sondern auch aus zahlreichen Streitigkeiten aus der Erstattungspflicht des Arbeitgebers nach §§ 128 AFG bzw. 147 a SGB III gerichtsbekannt, dass Arbeitgeber sich individuell oder im Rahmen von Sozialplänen im erheblichen Umfang von sogenannten älteren Arbeitnehmern (und darunter werden auch Arbeitnehmer deutlich vor der Vollendung des 57. Lebensjahres verstanden) trennen. Diese Erkenntnis hat sich auch im SGB III niedergeschlagen, in dem dort in § 218 Abs. 1 Nr. 3 besondere Förderungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, geregelt sind. Durch diese Umstände ist nach Einschätzung des Gerichts die Wettbewerbsfähigkeit des Klägers in besonderer Weise beeinträchtigt und er nur deshalb schwer vermittelbar. Die sich aus seinen Behinderungen ergebenden Beeinträchtigungen verlieren dem gegenüber an Bedeutung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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