S 19 KA 23/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
19
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 19 KA 23/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten werden den Klägern auferlegt, sonst sind Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Richtlinien zur Verordnung häuslicher Krankenpflege.

Die Kläger zu 1) bis 9) vertreten Interessen der ihnen angeschlossenen Pflegedienste und sind teils selbst Träger von Pflegediensten. Sie sind bei den Rahmenverträgen nach § 132 a Buch V des Sozialgesetzbuches (SGB V) Vertragspartner. Die Kläger zu 10) bis 13) betreiben Pflegedienste; sie sind unter anderem zur häuslichen Krankenpflege als Leistungserbringer zugelassen. Ihre Leistungen werden ganz überwiegend auf vertragsärztliche Verordnung hin erbracht. Über die Einzelheiten der Leistungserbringung haben sie mit den Krankenkassen und deren Verbänden Verträge geschlossen.

Am 16.02.2000 beschloss der Beklagte die "Richtlinien zur Verordnung häuslicher Krankenpflege" (Häusliche Krankenpflege-Ri). Nachdem sie von der Bundesministerin für Gesundheit nicht beanstandet waren, wurden sie am 13.05.2000 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Sie regeln die Verordnung häuslicher Krankenpflege durch Vertragsärzte, die Dauer der Krankenpflege, die Genehmigung der Krankenpflege durch die Krankenkassen und die Zusammenarbeit der Vertragsärzte mit den Pflegediensten und den Krankenhäusern. Die verordnungsfähigen Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege sind in einem als Anlage der Richtlinien beigefügten Leistungsverzeichnis zusammengestellt.

Die Richtlinien schließen teilweise Leistungen von der Verordnungsfähigkeit aus, die die Kläger zu 10) bis 13) bisher - auch auf Grund der Verträge mit Krankenkassen - erbrachten.

Mit ihrer Klage vom 25.04.2001 wenden sich die Kläger gegen diese Richtlinien.

Die Kläger zu 1) bis 9) tragen vor, der Beklagte habe die ihnen durch § 132 a Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 SGB V eingeräumte Kompetenz nahezu umfassend besetzt; dies habe zur Folge, dass die Spitzenverbände der Krankenkassen als Partner der Rahmenempfehlungen nun nicht mehr abweichend handeln dürften; dadurch seien die Möglichkeiten der Kläger vollständig ausgehöhlt; die Inhalte der häuslichen Krankenpflege festzulegen und abzugrenzen sei dagegen allein Gegenstand der Rahmenempfehlung; Hintergrund sei, dass die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung von denen der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht scharf abgegrenzt seien; zahlreiche Streitigkeiten und die umfangreiche Rechtsprechung in diesem Bereich würden zeigen, dass der Beklagte zur Regelung dieser Materie nicht zuständig sei, erst recht könne der Beklagte nicht den Vorrang seiner Richtlinien gegenüber den Rahmenempfehlungen beanspruchen; sie würden nicht einmal konkurrieren; so sei die mit 132 a Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 SGB V eingeräumte Kompetenz nahezu überflüssig, wenn sie nur soweit reiche, wie der Richtliniengeber nicht tätig geworden sei; sollten die Kompetenzen tatsächlich konkurrieren, hätten es die Spitzenverbände der Krankenkassen in der Hand, Standort und Rechtsinstrument der Regelung nach ihrem Gutdünken zu bestimmen; vielmehr sei der Beklagte (nur) für die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung zuständig, während (unter anderem) die Kläger von 1) bis 9) die Inhalte der häuslichen Krankenpflege und deren Abgrenzung zu regeln hätten; die Richtlinie setze zwar immer an der vertragsärztlichen Verordnung an, vom Inhalt der verordneten Maßnahme sei aber in § 92 SGB V nicht die Rede; insbesondere hätten die Partner der Rahmenempfehlung die Aufgabe, einen Leistungskatalog zu errichten; gleiches gelte für die Genehmigung von häuslicher Krankenpflege nach Abschnitt V der Richtlinien; aus dem Gesetz folge ein Bewilligungsvorbehalt gerade nicht, auch sei es keine Angelegenheit der Vertragsärzte zu entscheiden, inwieweit die Krankenkassen bis zur Genehmigungsentscheidung Kosten für die vom Vertragsarzt verordneten und vom Pflegedienst erbrachten Leistungen zu tragen hätten; im übrigen sei diese Frage bereits in Verträgen nach § 132 SGB V a.F. bzw. § 132 a Abs. 2 SGB V n.F. geregelt; durch seine Kompetenzüberschreitung habe der Beklagte subjektives Recht der Kläger jedenfalls verletzt, soweit sie selbst Träger von Einrichtungen seien; im übrigen hätten die klagenden Verbände eine Sachwalterstellung für die Leistungserbringer; schließlich aber sei auch ihr Recht auf Verfahrensteilhabe verletzt; die Stellungnahmen der Spitzenorganisationen seien bezüglich der Einwände gegen ein abschließendes Leistungsverzeichnis komplett ausgefallen, der Beklagte habe nicht einmal auf die Einwände erwidert; auch sei ihnen eine Einsicht in die Verwaltungsvorgänge verwehrt worden. Darüber hinaus greife der Beklagte in die durch Artikel 12 und 14 des Grundgesetzes (GG) geschützten Rechte der Kläger zu 10) bis 13) ein; so würden sie durch die Präambel des Leistungskataloges verpflichtet, pflegerische Prophylaxen unabhängig davon zu erbringen, welche Maßnahmen der Vertragsarzt verordnet habe; für diese Regelung habe der Beklagte endgültig keine Regelungsmacht, immerhin lege er den Trägern eine Garantiehaftung auf; überhaupt hätten die Leistungserbringer keinen Sicherstellungsauftrag für die lückenlose Versorgung mit Prophylaxen; auch lasse die Regelung nicht erkennen, wie die Verpflichtung zu Prophylaxeleistungen umgesetzt werden solle; am schwersten wiege jedoch, dass einerseits Vorschriften zur unentgeltlichen Leistungserbringung verpflichten würden, während andererseits Leistungen z.B. der Infusionstherapie nicht mehr erbracht werden dürften; schließlich werde in die Privatautonomie der Kläger zu 10) bis 13) eingegriffen, weil sämtliche Leitungserbringungsverträge Kataloge enthalten, in denen die Maßnahmen häuslicher Krankenpflege der Behandlungs- oder Grundpflege zugeordnet seien; ebenso seien Fragen des Genehmigungsverfahrens und der Vorlagefrist privatautonom geregelt, mit der Besetzung dieser Materie durch den Beklagten sei ebenfalls in die durch Artikel 12 Abs. 1 GG geschützten Rechte eingegriffen.

Die Kläger beantragen,

festzustellen, dass die Richtlinien über die Verordnung von "häuslicher Krankenpflege" nach § 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Abs. 7 SGB V vom 16.Februar 2000, veröffentlicht im Bundesanzeiger am 13. Mai 2000, unwirksam sind; hilfsweise festzustellen, dass die Ziffer 23 der Richtlinie sowie das Verzeichnis verordnungsfähiger Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege als Anlage der Richtlinien nichtig sind; äußerst hilfsweise festzustellen, dass die Regelung über die pflegerischen Prophylaxen gemäß der Vorbemerkung zum Verzeichnis verordnungsfähiger Maßnahmen "Pflegerische Prophylaxen, Lagern und Hilfen bei der Mobilität sind Bestandteil der verordneten Leistung in dem Umfang, wie sie zur Wirksamkeit notwendig sind, auch wenn die Häufigkeit, in der sie nach Maßgabe der individuelle Pflegesituation erbracht werden müssen, von der Frequenz der verordneten Pflegeleistungen abweichen," - sowie die Leistungsbeschreibungen der Ziffern 16 und 18 des Leistungsverzeichnisses unwirksam sind.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezweifelt zunächst die Zulässigkeit der Klage: Die Kläger zu 1) bis 9) stünden in keinerlei Rechtsverhältnis zum Beklagten; zwar seien sie durch § 132 a SGB V mit den Krankenkassen verknüpft; die Frage, ob durch die angegriffenen Richtlinien Kompetenzregelungen verletzt seien, könne jedoch nur im Verhältnis zwischen den Rahmenvertragspartnern geklärt werden; auch die Kläger zu 10) bis 13) würden allenfalls in einem Rechtsverhältnis mit den die Pflegeleistungen bei Vorliegen einer vertragsärztlichen Verordnung vergütenden Krankenkassen stehen; der Sache nach hätten die Kläger einen abstrakten Normenkontrollantrag gestellt, der im sozialgerichtlichen Verfahren unzulässig sei. Jedenfalls aber - so trägt der Beklagte weiter vor - seien die Klagen unbegründet: Um den gesetzlichen Auftrag zur Konkretisierung des Leistungsanspruchs zu erfüllen, hätten die Richtlinien die verordnungsfähigen Pflegeleistungen festlegen müssen; die dahingehende Ermächtigung des Beklagten bezüglich Inhalt und Umfang der ärztlichen Behandlung beruhe auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage und verletze die Verfassung nicht (BSG, Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKa 62/94 -in: USK 96 116; Urteil vom 16.09.1997 - 1 RK 32/95 -in: USK 97 108); nur auf diesem Wege könnten die Vertragsärzte ihrer Verpflichtung nachkommen, eine ausreichende, notwendige und wirtschaftliche Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten mit verordnungsfähigen Pflegeleistungen sicher zu stellen; das Konkretisieren einer gesetzlichen Aufgabe aber könne nicht zugleich Rechte Dritter verletzen; wenn die Rahmenvereinbarungen nach § 132 a SGB V (nur) Empfehlungen seien und sie darüber hinaus die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V zu berücksichtigen hätten, folge daraus ein Richtlinienvorrang; insoweit könnten die Richtlinien die den Klägern zu 1) bis 9) eingeräumten Kompetenzen nicht beeinträchtigen; aber auch durch die Einzelregelungen seien die Kläger von 10) bis 13) nicht in ihren Rechten verletzt; soweit Leistungen der Prophylaxe nicht gesondert verordnungsfähig, sondern nur im Rahmen einer sachgerechten aktivierenden Pflege Bestandteil verordneter Pflegeleistungen seien, bedeute dieses nicht, dass Leistungen unentgeltlich verlangt würden; vielmehr sei ihre sachgerechte Vergütung im Rahmen des § 132 a SGB V zu regeln; letztlich würden sich die Kläger gegen eine unzureichende Vergütung der Leistung wenden, was jedoch keine Frage der Richtlinien sei, sondern zwischen den Krankenkassen und den maßgeblichen Spitzenorganisationen geregelt werden müsse; zu Recht seien auch Infusionen und Injektionen zur Medikamentenabgabe von der Verordnungsfähigkeit ausgeschlossen, weil diese Tätigkeiten dem Arzt vorbehalten seien; soweit früher derartige Leistungen durch Pflegekräfte erbracht seien, werde nunmehr ein rechtswidriger Zustand beendet; dies aber könne die Leistungserbringer in ihren Rechten nicht verletzen.

Die Beteiligten haben weitere Einzelheiten vorgetragen. Sie ergeben sich ebenso aus den Akten wie die sonstigen Besonderheiten des Sach- und Streitstandes. Über den Inhalt der Gerichtsakten haben die Beteiligten mündlich verhandelt.

Entscheidungsgründe:

Der Rechtsstreit war mit ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Krankenkassen und der Vertragsärzte zu entscheiden (§ 12 Abs. 3 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Er betrifft eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts, weil die Kläger untergesetzliche Normen des Vertragsarztrechts angreifen (dazu unten Seite 14 ff.). Dabei konnte die ehrenamtliche Richterin als Vertragspsychotherapeutin mitwirken. Aus § 10 Abs. 2 SGG folgt, dass keine eigenen Psychotherapeutenkammern gebildet werden, vielmehr die Psychotherapeuten turnusmäßig wie Ärzte zu den Sitzungen der Vertragsarztkammern aus einer einheitlichen Liste der Vertragsärzte und -psychotherapeuten geladen werden (vgl. BSG, Urteil vom 25.08.1999 - B 6 KA 17/98 R - in:SozR 3-1500 § 12 Nr. 13).

I.

Die Klagen sind unzulässig, soweit die Kläger mit ihrem Hauptantrag festzustellen begehren, dass die von ihnen angegriffenen Richtlinien samt und sonders unwirksam sind.

Nach der hier allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 55 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann mit der Klage (nur) die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden. Derartige Rechtsverhältnisse sind die aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer Rechtsnorm öffentlichen Rechts sich ergebenden rechtlichen Beziehungen unter anderem zwischen Rechtsträgern (Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 4. Auflage, § 18 Rdnr. 7, 15). Zunächst sind - wie unter den Beteiligten unstreitig - die Kläger mit dem Beklagten nicht durch Rechtsvorschriften unmittelbar verbunden. Aber auch der Umstand, dass der Beklagte Richtlinien über die häusliche Krankenpflege erlassen hat, löst keine rechtlichen Beziehungen zwischen den Klägern und dem Beklagten aus. In die Rechte der Kläger zu 1) bis 9) könnte der Beklagte mit den Richtlinien nur dann eingreifen, wenn er in diesem Bereich überhaupt nicht hätte tätig werden dürfen, statt seiner vielmehr die Kläger zu 1) bis 9) als maßgebliche Spitzenorganisationen auf Bundesebene. Gerade dies jedoch ist nicht der Fall. In § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ist dem Beklagten expressis verbis aufgegeben, Richtlinien über die häusliche Krankenpflege zu beschließen. Wenn der Beklagte diesen gesetzlichen Auftrag ausfüllt, kann dies allein die Rechtssphäre der Kläger zu 1) bis 9) nicht berühren, denen keine (konkurrierende) Richtlinienkompetenz eingeräumt ist. Zwar sind die Kläger zu 1) bis 9) in das Leistungserbringungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung über § 132 a Abs. 1 SGB V insofern einbezogen, als sie ermächtigt sind, mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen Rahmenempfehlungen über die einheitliche Versorgung mit häuslicher Krankenpflege abzugeben. Dies allein aber hindert den Beklagten nicht an seinem Auftrag aus § 92 SGB V. In gleicher Weise besteht zwischen dem Beklagten und den Klägern zu 10) bis 13) keine Rechtsbeziehung. Zwar schließen sie mit den Krankenkassen nach § 132 a Abs. 2 Satz 1 SGB V über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege sowie über die Preise und deren Abrechnung Verträge. Es liegt aber auf der Hand, dass diese Berechtigung der einzelnen Leistungserbringer den gesetzlichen Auftrag des Beklagten erst recht nicht aufheben kann. Allerdings haben sich die Kläger in den Begründungen ihrer Klage auch nicht gegen jede einzelne Vorschrift des Regelungswerkes gewandt. Wenn sie aber dennoch umfassend beantragen, diese Richtlinien aufzuheben, so liegt darin auch ein Angriff auf Vorschriften, von denen sie nicht betroffen sind. Damit aber begehren die Kläger eine im sozialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene abstrakte Normenkontrolle.

Die Hilfsanträge dagegen hält die Kammer für zulässig. Zwar richten sie sich auch gegen näher bestimmte Rechtsnormen des Beklagten, obgleich das SGG den Weg einer abstrakten Normenkontrolle nicht eröffnet (BSG, Urteil vom 01.07.1992 - 14a/6 RKa 1/90 - in: USK 92 117). § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG ist jedoch in erweiternder Auslegung heranzuziehen, wenn Rechtsschutz gegen untergesetzliche Normsetzungen begehrt wird, die sich unmittelbar auf Rechtspositionen des Betroffenen auswirken, ohne dass die jeweilige Vorschrift durch Verwaltungsakt umgesetzt werden müsste, und die Voraussetzungen für eine unmittelbar gegen eine untergesetzliche Rechtsnorm gerichtete Verfassungsbeschwerde vorliegen (BSG, Urteil vom 13.01.1993 - 14a/6 RKa 67/91 - in: USK 93 129). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Zunächst sind die Kläger zu 11) und 12) grundrechtsberechtigt. Zwar treten sie als Firmen auf, jeweils vertreten durch den Inhaber. Nach § 17 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches ist die Firma aber (lediglich) der Name, unter dem ein Kaufmann im Handel seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt. Träger aller Rechte und Pflichten ist der Kaufmann, mithin der Inhaber als natürliche Person. Natürliche Personen aber sind die historischen und natürlichen Grundrechtsberechtigten (Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland III/1 Seite 1003). Aber auch rechtsfähige Vereine sind ebenso wie auch Gesellschaften mit beschränkter Haftung grundrechtsfähig (Stern a.a.O. Seite 1121 f). Zwar sind juristische Personen des Privatrechts nur grundrechtsberechtigt, soweit die Grundrechte ihrem Wesen nach auf sie anwendbar sind. Zu den danach auf die Kläger zu 1) bis 10) sowie 13) anwendbaren Grundrechtsbestimmungen, die ihrem Inhalt nach auf juristische Personen des Privatrechts anwendbar sind, gehören vor allem die Artikel 9, 11 bis 15 (Stern, a.a.O. Seite 1126; Band III/2 Seite 1310 m.w.N.). Alle Kläger aber machen geltend, in ihrem durch Artikel 12 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Grundrecht auf freie Berufsausübung durch Vorschriften der Häuslichen Krankenpflege-Ri beeinträchtigt zu sein. Darüber hinaus werden die Kläger durch die Richtlinien unmittelbar beeinträchtigt, so dass ihre Inzidenter-Kontrolle durch ein auf den Vorschriften beruhendes Verwaltungshandeln der Krankenkassen ausgeschlossen ist.

Allerdings können die Kläger zu 1) bis 9) ihre Beeinträchtigung durch Abschnitt V der Richtlinien "Genehmigung von häuslicher Krankenpflege" sowie das Leistungsverzeichnis nicht darauf stützen, dass sie als Sachwalter ihrer Mitglieder berufen seien, deren Interessen wahrzunehmen. Daraus können sie kein eigenes Klagerecht herleiten. Eine gesetzliche Prozeßstandschaft besteht nicht. Wenn darüber hinaus durch § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG eine gewillkürte Prozeßstandschaft für Anfechtungsklagen im sozialgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen ist, so gilt dies nach Auffassung der Kammer auch für Feststellungsklagen, für die eine rechtliche Beschwer wie bei Anfechtungsklagen erforderlich ist. Die Kammer sieht jedoch durch Abschnitt V und damit auch durch dessen Ziffer 23 der Richtlinien sowie das Verzeichnis verordnungsfähiger Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege die Kläger zu 1) bis 9) in ihrem durch § 132 a Abs. 1 SGB V zugebilligten Verhandlungsraum eingeengt. Dies stört sie in ihrer durch Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Koalitionsfreiheit. Daraus folgt die für die Klagebefugnis notwendige Beschwer. Für die Kläger zu 10) bis 13) gilt für die genannte Ziffer 23 gleiches: Als Leistungserbringer ist ihnen nunmehr die Möglichkeit genommen, Vergütungen zu vereinbaren, wenn die ärztliche Verordnung häuslicher Krankenpflege nicht spätestens am zweiten der Ausstellung folgenden Arbeitstag der Krankenkassen vorgelegt wird; darüber hinaus sind sie durch das Leistungsverzeichnis unmittelbar beschwert, weil Vertragsärzte künftig nur noch in den durch das Verzeichnis vorgeschriebenen Eingrenzungen verordnen.

II.

Die Klagen sind jedoch nicht begründet. Die angegriffenen Richtlinien sind nicht zu beanstanden, weil sie rechtmäßig sind. Sie verletzen weder die Rechte der Interessenverbände, der Kläger zu 1) bis 9), noch diejenigen der Leistungserbringer, der Kläger zu 10) bis 13).

1.
Die Kläger zu 1) bis 9) sind zunächst nicht rechtswidrig in ihrem Freiheitsrecht aus Artikel 12 GG eingeschränkt. Das folgt zwar nicht schon daraus, dass sich die Richtlinien nicht an sie als Adressaten richten, sondern vielmehr die Rechtsbeziehungen der Vertragsärzte, der gesetzlich Krankenversicherten und der gesetzlichen Krankenkassen untereinander regeln. Staatliche Maßnahmen können auch dann in den Schutzbereich des Artikel 12 Abs. 1 GG eingreifen, wenn sie sich (lediglich) tatsächlich auf den Grundrechtsträger auswirken, "vorausgesetzt, dass sie in engem Zusammenhang mit der Berufsausübung stehen und eine deutlich erkennbare objektiv berufsregelnde Tendenz aufweisen" (BVerwG, Urteil vom 18.04.1985 - 3 C 34.84 - in: BVerwGE 71, 183, 191). Nach Auffassung der Kammer haben Abschnitt V sowie die Anlage der Richtlinien einen derartigen Bezug zu der beruflichen Tätigkeit der Interessenverbände von Pflegediensten. Das Grundrecht selbst hat den Schutz der wirtschaftlich sinnvollen Arbeit zum Inhalt, den Beitrag des Einzelnen zur gesellschaftlichen Gesamtleistung (Stern, a.a.O. III/2 Seite 821 m.w.N.). Soweit die Kläger zu 1) bis 9) sich jeweils das Ziel gesetzt haben, das berufliche Umfeld ihrer Mitglieder sowohl in Bezug auf den Inhalt ihrer Tätigkeit als auch deren Vergütung interessengerecht zu fördern, sieht die Kammer darin eine Modalitätsverwirklichung des inhaltlich weit gefassten Rechts auf ungestörte Berufsausübung. Die angegriffenen Richtlinien haben zum Ziel, eine qualitätsgesicherte und wirtschaftliche Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten mit häuslicher Krankenpflege sicher zu stellen. Die damit verbundenen Auflagen insbesondere für Vertragsärzte schränken zwangsläufig die Berufsausübung der Pflegedienste ein, deren Tätigkeit ihrerseits durch Artikel 12 Abs. 1 GG geschützt ist. Sie wirken also gleichzeitig mittelbar auf die Möglichkeiten der Kläger zu 1) bis 9) ein, die Interessen der von ihnen vertretenen Leistungserbringer wahrzunehmen. Damit aber werden Grundrechte nicht verletzt. Zum einen erlaubt Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 eine Grundrechtseinschränkung auf Grund eines Gesetzes. Wenn § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V den Beklagten zum Erlass von Richtlinien zur häuslichen Krankenpflege beauftragt, ist damit bereits eine Berufsausübungsbeschränkung ebenso wie eine Einschränkung der Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) der Leistungserbringer und dem folgend auch deren Interessenvertreter intendiert. Freilich bedarf auch diese Einschränkung verfassungsrechtliche Rechtfertigung, die sich am Maßstab der Verhältnismäßigkeit orientiert. Dabei ist die Eingriffsbefugnis inhaltlich umso freier, je mehr eine reine Ausübungsregelung getroffen ist (BVerfG, Urteil vom 11.06.1958 - 1 BvR 596/56 - in: BVerfGE 7, 377). Für die Stufe der Berufsausübung genügt als Gesetzeszweck der Schutz eines Gemeinschaftsgutes, wobei dem Gesetzgeber ein weites Ermessen eingeräumt ist; die gerichtliche Kontrolle ist auf offensichtliche Fehler begrenzt. Dass solches Ermessen für die Richtlinienkompetenz zur Gewähr für einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten nicht verletzt ist, liegt auf der Hand. Deshalb wiederum können die Kläger zu 1) bis 9) durch die häuslichen Krankenpflege-Ri auch ihrerseits in den genannten Grundrechten nicht verletzt sein.

Anderes gilt auch nicht deshalb, weil der Beklagte die ihm grundsätzlich rechtmäßig eingeräumten Befugnisse aus § 92 SGB V überschritten hätte. Bezüglich der von den Klägern zu 1) bis 9) inkriminierten Ziffer 23 der Richtlinien ist zunächst deren Rechtsnatur zu berücksichtigen. Im Hinblick auf ihre normative Wirkung binden sie sowohl die Kassenärztlichen Vereinigungen als auch die Vertragsärzte, die Krankenkassen und die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (BSG, Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKa 62/94 - in: USK 96 166). Nach § 92 Abs. 8 SGB V sind die Richtlinien Bestandteil der Bundesmantelverträge, deren normativer Charakter unbestritten ist. Auch sind die Vertragsärzte an die Richtlinien des Beklagten über die Satzung ihrer jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung gebunden (§ 81 Abs. 3 Nr. 2 SGB V), deren Rechtsnormqualität ebenfalls unbestritten ist. Darüber hinaus sichern die nach § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V erlassenen Normen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten, womit sie zugleich den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen gegenüber den Versicherten konkretisieren (BSG, Urteile vom 16.09.1997, u.a. 1 RK 17/95, in: USK 97 114). Nach Auffassung der Kammer kann der Umfang der zu gewährenden Krankenversorgung im Verhältnis der Versicherten zu ihren Krankenkassen kein anderer sein als im Verhältnis der Vertragsärzte zu ihnen und den Kassenärztlichen Vereinigungen. Deshalb bedürfen die an die ärztlichen Leistungserbringer gerichteten Richtlinien keiner Verbindlichkeitserklärung im Verhältnis zu den Versicherten (BSG, Urteil vom 23.03.1996 - 6 RKa 62/94 - in: USK 96 166). Durch die Richtlinien des Bundesausschusses sollen gerade Leistungs- und Leistungserbringungsrecht mit verbindlicher Wirkung sowohl für Versicherte und Krankenkassen als auch für Vertragsärzte und Kassenärztliche Vereinigungen in Übereinstimmung gebracht werden (BT-Drucksache 13/7264, Seite 64 zu Artikel 1 Nr. 27a). Sowohl von ihrem Inhalt als auch von der Intention des Beklagten erfüllen dessen Richtlinien die Definition der Rechtsnorm als hoheitliche Anordnung, die allgemein verbindliche Regelungen für eine unbestimmte Vielzahl von Personen erhält, hier innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung. Insbesondere seitdem der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz - GSG) vermehrt Regelbefugnisse zur Konkretisierung gesetzlicher Vorgaben auf Institutionen der Selbstverwaltung übertragen hat (vgl. dazu Engelmann, Untergesetzliche Normsetzung im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung durch Verträge und Richtlinien, Teil 1 in: NZS 00, Seite 1) ist umfangreiches Schrifttum veröffentlicht worden (z.B. Clemens, Verfassungsrechtliche Anforderungen an untergesetzliche Rechtsnormen, in: MedR 96, 432 ff; Ossenbühl, Richtlinien im Kassenarztrecht, in: NZS 97, 497 ff; Schwerdtfeger, Die Leistungsansprüche der Versicherten im Rechtskonkretisierungskonzept des SGB V, in: NZS 98, 49 ff, 97 ff; Schnapp, Aktuelle Rechtsprobleme in SGb 99, 62 ff; Wimmer, Grenzen der Regelungsbefugnis in der vertragsärztlichen Selbstverwaltung, in: NZS 99, 113 ff). Angesichts der gesetzlichen Anordnung, dass die Richtlinien Teil des jeweils gültigen Bundesmantelvertrages sind, vermag die Kammer jener Auffassung nicht zu folgen, die Richtlinien seien nicht einmal Verwaltungsvorschriften (Wimmer, a.a.O., 118). Sie sind auch nicht (nur) fachkundige Äußerungen (Schimmelpfeng-Schütte, Richtliniengebung durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen und demokratische Legitimation, in: NZS 99, Seite 530, 535), etwa weil sie als Rechtsnorm an verfassungsrechtlichen Anforderungen scheitern müssten. Da sie als untergesetzliche Norm gewollt und vom Gesetzgeber eingeordnet sind, kann nur die Frage bleiben, ob sie rechtmäßig sind - und dann so bestehen bleiben wie sie erlassen sind - oder nichtig, so dass sie weder die Rechte der Kläger beeinflussen noch Vertragsärzte, Versicherte und Krankenkassen binden. Nach Auffassung der Kammer sind die Richtlinien jedoch wirksam, der Beklagte ist demokratisch legitimiert, auch über die Leistungsrechte der Versicherten zu entscheiden (a.A. Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 92 SGB V Rdnr. 14.2). Dabei ist zum einen wesentlich, dass für die verbandsdemokratische Legitimation zwar eine ununterbrochene Legitimationskette nötig ist, wobei aber eine über mehrere Stufen laufende Kette ausreicht (Clemens, a.a.O., Seite 434, 435 m.w.N.). Allerdings darf die Legitimationskette nicht soweit verdünnt sein, dass letztlich eine demokratische Mitwirkung nicht mehr möglich ist. Ausgeschlossen sind die Versicherten von den Entscheidungen des Beklagten jedoch nicht. Mag man auch ihre Beteiligung im Hinblick auf die Richtlinien des Beklagten dadurch als zu gering ansehen, dass nur die Verwaltungsräte der Bundesverbände der Krankenkassen zur Hälfte aus Vertretern der Versicherten, bei Ersatzkassen ausschließlich aus Versichertenvertretern bestehen (vgl. dazu Schwerdtfeger, a.a.O. Seite 51), wird dieser Nachteil doch durch das Beanstandungsrecht der Bundesministerin für Gesundheit ausgeglichen. § 94 SGB V überträgt ihr nicht nur eine Rechtsaufsicht, sondern bürdet ihr auch eine demokratische Mitverantwortung für das in den Richtlinien liegende politische Handeln des Beklagten auf. Die Bundesministerin für Gesundheit kann die Richtlinien auch deshalb beanstanden, standen, weil sie die Verengung der Versichertenrechte politisch nicht billigt. Insofern ist sie für den Inhalt der Richtlinien politisch dem Bundestag verantwortlich (vgl. Schwerdtfeger, a.a.O., Seite 52). Die multifunktionale Verbindlichkeit der Richtlinien des Beklagten berechtigt ihn nach Auffassung der Kammer zu den Regelungen des Abschnittes V in den Häuslichen Krankenpflege-Ri. Dort ist zunächst geregelt, dass die vom Versicherten durch Vorlage der vertragsärztlichen Verordnung beantragten Leistungen der Genehmigung durch die Krankenkasse bedürfen. Diese Regelung sieht die Kammer als geeignet und angemessen an, das Wirtschaftlichkeitsgebot im Leistungsgeschehen der häuslichen Krankenpflege zu fördern. Dass der Gesetzgeber der Wirtschaftlichkeit allen Leistungsgeschehens einen hohen Stellenwert eingeräumt hat, ergibt sich bereits daraus, dass er die Pflicht zum wirtschaftlichen Handeln mehrfach im Gesetz erwähnt (§§ 2, 12, 40 Abs. 1, 63 Abs. 1, 70 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 SGB V, und eben auch in § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Darüber hinaus zeigen die gesetzlichen Regelungen, dass dem Gesetzgeber die Verpflichtung von Krankenkassen, Vertragsärzten und Versicherten zu wirtschaftlichen Leistungen nicht ausreichend erscheint, sondern nur durch Kontrollen durchgesetzt werden kann (§§ 106, 113 SGB V). Ferner weist § 13 Abs. 2 Satz 6 SGB V darauf hin, dass der Gesetzgeber von der Wirksamkeit derartiger Wirtschaftlichkeitsprüfungen ausgeht. Richtig ist das Vorbringen der Kläger, dass der Genehmigungsvorbehalt selbst zu einer Leistungsverzögerung führen kann; durch Ziffer 23 der Richtlinie ist aber gewährleistet, dass die Pflegedienste unmittelbar nach der Verordnung des Vertragsarztes die verordneten Pflegeleistungen den Versicherten erbringen können, ohne das Risiko einzugehen, zu guter Letzt ohne Vergütung dazustehen. Voraussetzung ist freilich, dass die Verordnung spätestens am zweiten der Ausstellung folgenden Arbeitstag der Krankenkasse vorgelegt wird. Dies schränkt die Vereinbarungsmöglichkeiten der Kläger zu 1) bis 9) im Rahmen des § 132 a Abs. 2 SGB V zwar ein. Dieser Nachteil jedoch wiegt gering gegenüber dem Vorzug, dass die Leistungen nur nach gesicherter ärztlicher Notwendigkeitsbeurteilung erbracht werden. Durch die paritätische Besetzung des Bundesausschusses mit Vertragsärzten und Kassenvertretern neben den unparteiischen Mitglieder ist gewährleistet, dass die Interessen derjenigen, die Leistungen erbringen, und jener, die sie zu bezahlen haben, ausgewogen in die Entscheidungen des Beklagten einfließen. Es ist aber gerade das ureigenste Interesse der Krankenkassen und damit auch der Versicherten selbst, die letztlich die Mittel für das gesamte Leistungsgeschehen mit aufzubringen haben, dass nur im Rahmen der Notwendigkeit und damit auch Wirtschaftlichkeit Leistungen der häuslichen Krankenpflege abgegeben werden. Im übrigen sieht die Kammer den Bewilligungsvorbehalt in Abschnitt V der Richtlinien durch § 19 Satz 1 SGB IV gedeckt. Richtig ist, dass weder der Bewilligungsvorbehalt noch die Folgeregelung der Ziffer 23 eine Angelegenheit der Vertragsärzte ist. Sie sind aber eine solche der Krankenkassen. Außerdem - und dies ist wiederum eine Angelegenheit der Vertragsärzte - kann sich der Arzt nur dann sicher sein, das seine Verordnung zeitnah ausgeführt wird, wenn dafür eine angemessene Vergütung gesichert ist. Krankenkassen sind an der Normsetzung beteiligt, gerade weil auch ihre Interessen bei leistungsrelevanten Normen berücksichtig werden sollen. Die von den Klägern vor allem inkriminierte Ziffer 23 schließlich stellt sicher, dass eine notwendig zügige Versorgung nicht durch Finanzierungsunsicherheiten verzögert wird. Soweit Verträge nach § 132 a SGB V durch die Regelung ausgehebelt werden, ist dieses wegen des Regelungsvorranges durch den Beklagten unerheblich.

Desweiteren sind die Kläger zu 1) bis 9) auch nicht durch das Verzeichnis verordnungsfähiger Maßnahme der häuslichen Krankenpflege rechtswidrig beeinträchtigt, die als Anlage der Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und Abs. 7 SGB V aufgeführt sind. Damit ist scharf umgrenzt, was die Ärzte verordnen können und welchen Inhalt die einzelne verordnete Leistung hat. Es ist aber gerade ureigenste Angelegenheit der Vertragsärzte, den Inhalt jener Leistungen zu bestimmen, die sie mit ihrer Verordnung erbracht sehen wollen. Auch dies schränkt den Verhandlungs- und Vereinbarungsraum der Kläger zu 1) bis 9) ein. Dies jedoch ist die Kehrseite des vom Gesetzgeber eingeführten Grundsatzes der ärztlichen Dominanz (auch) in der Behandlungspflege. Der Vorrang ärztlicher Beurteilung und Leistungserbringung ist in § 15 Abs. 1 SGB V festgeschrieben. Folgerichtig beschreibt § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V an erster Stelle, dass die Krankenbehandlung die ärztliche Behandlung umfasst. Nach Nr. 4 umfasst die Krankenbehandlung zwar auch unter anderem die häusliche Krankenpflege. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB V aber dürfen Hilfeleistungen anderer Personen als der Ärzte nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt angeordnet und von ihm verantwortet werden. Daraus folgt, dass die Hilfskräfte den Ärzten während der Behandlung untergeordnet sind; die Heilhilfspersonen haben sich je nach Art und Schwierigkeit der Hilfeleistungen bei ihrer Tätigkeit den Anleitungen durch den behandelnden Arzt zu unterwerfen (Krauskopf, a.a.O., § 15 SGB V Rdnr. 3). Zwar sind von den Hilfeleistungen im Rahmen der ärztlichen Behandlung die selbständig und eigenverantwortlich erbrachten Leistungen der Erbringer aus anderen Heilberufen zu unterscheiden. Durch den Verordnungsvorbehalt ihrer selbständigen Leistungen aber wird gesichert, dass diese Heilpersonen ausschließlich jene Leistungen erbringen, die nach ärztlicher Beurteilung für den Heilerfolg notwendig sind. Wenn auch der Vertragsarzt selbst nicht für das Erbringen jener Heilmittel ausgebildet ist, die von den Heilberufen erbracht werden, so obliegt ihm aber zu bestimmen, welche Heilmittel für den Heilerfolg erforderlich sind. Insoweit hat nach Auffassung der Kammer der Beklagte in Ziffer 24 zu Recht dem Vertragsarzt aufgegeben, unter anderem mit dem Pflegedienst eng zusammen zu arbeiten. Ebenso rechtmäßig jedoch ist auch die Beschreibung, dass die Koordination der Zusammenarbeit beim behandelnden Vertragsarzt liegt. Ist aber der Vertragsarzt berechtigt und verpflichtet, die Art der häuslichen Krankenpflegeleistung zu bestimmen und die Durchführung zu koordinieren - im übrigen auch mit den Krankenkassen -, ist es zumindest sachgerecht, wenn der Beklagte durch die Beschreibung der einzelnen Leistungen einen Leistungskatalog erstellt. Ist er aber berechtigt, die im Rahmen der häuslichen Krankenpflege mit einer Verordnung möglichen Leistungen zu beschreiben, ist der Beklagte auch berechtigt, Leistungskomplexe zu bilden. Deshalb sieht die Kammer auch keinen Anlass, die Präambel vor den Leistungsbeschreibungen zu Ziffer 1 und 6 zu beanstanden. Insbesondere gehen die Kläger zu 1) bis 9) zu Unrecht davon aus, dass mit dieser Präambel von den Leistungserbringern unentgeltliche Prophylaxen gefordert werden; richtig ist vielmehr die Auffassung des Beklagten, dass über die Vergütung Vereinbarungen im Rahmen des 132 a SGB V getroffen werden müssen. Im übrigen hält es die Kammer für sachgerecht, pflegerische Prophylaxen jenen verordneten Leistungen zuzuordnen, zu deren Wirksamkeit sie notwendig sind. Dass die in jener Vorschrift genannten Spitzenorganisationen für einen Leistungskatalog Vereinbarungsbefugnisse hätten, die gegenüber der Kompetenz des Beklagten abgegrenzt wären, ist unrichtig, vielmehr das Gegenteil ist der Fall: Die Kläger zu 1) bis 9) sind lediglich Vertragspartner gemeinsamer "Rahmenempfehlungen" über die einheitliche Versorgung mit häuslicher Krankenpflege. Empfehlungen beschreiben in der Rechtssprache eine weit mindere Verbindlichkeit, als sie Richtlinien mit dem Rechtscharakter untergesetzlicher innersystematischer Normen zukommt (vgl. Krauskopf, a.a.O., § 132 a SGB V Rdnr. 5). Wenn darüber hinaus in der Kompetenznorm, auf die die Kläger zu 1) bis 9) sich stützen, die Verpflichtung geregelt ist, bei den Rahmenempfehlungen die Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V zu berücksichtigen, so wird auch damit die ärztliche Dominanz bei der Behandlungspflege durchgesetzt: Die Vertragspartner der gesetzlichen Krankenkasse für die Vereinbarung von Rahmenempfehlungen dürfen nur insoweit Verträge schließen, wie dies mit den Richtlinien des Beklagten übereinstimmt. Dies ist vom Gesetzgeber gewollt, dies ist von ihm mit erfreulicher Deutlichkeit in § 132 a Abs. 1 Satz 1 SGB V ausgedrückt und es ist kohärenter Baustein im Leistungserbringungsrecht. Unerheblich ist dabei, in welchem Umfang der Beklagte die Möglichkeiten der Kläger zu 1) bis 9) einschränkt, selbst wenn sie ihre Befugnisse bei den Rahmenempfehlungen als ausgehöhlt ansehen. Es fällt in den Kernbereich der Tätigkeit des Beklagten, den Inhalt der vertragsärztlichen Verordnung zu umgrenzen. Dies gilt besonders dort, wo die Grenzen der vertragsärztlichen Verordnungsmöglichkeiten unscharf sind. Soweit sich die Rechtsprechung mit diesen Grenzen befasst hat, hindert das die Normsetzung des Beklagten nicht, er ist allenfalls verpflichtet, die Folgerungen dieser Rechtsprechung zu berücksichtigen. Auch ist der Einwand der Kläger unberechtigt, die Krankenkassen könnten die Leistungen nach ihrem Gutdünken bestimmen. Sie sind neben den Vertragsärzten (nur) gleichgewichtig im Beklagten vertreten; seine Entscheidungen können sie nicht einmal blockieren, weil eine Patt-Situation durch die unparteiischen Mitglieder ausgeschlossen ist. Dementsprechend blieb der Kammer unverständlich, dass sich die Kläger zu 1) bis 9) gegen die Leistungsbeschreibungen der Ziffern 16 und 18 des Leistungsverzeichnisses wenden. Unzweifelhaft sind Injektionen, Infusionen, Blutentnahmen und Bluttransfusionen Aufgaben des Arztes (Vorstandsbeschluss der Bundesärztekammer vom 18.04.1980, veröffentlicht im Deutschen Ärzteblatt vom 03. Juli 1980; Bekanntgabe der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung "Anforderungen an die persönliche Leistungserbringung" in: Deutsches Ärzteblatt, Heft 38 vom 22.09.1988; Böhme, Das Recht des Krankenpflegepersonals Teil 2, 1991 Seite 222; Peters, Die Delegation ärztlicher Leistungen in Theorie und Praxis, in: Der Arzt und sein Recht 1999 Seite 9; LG Berlin, Urteil vom 08.06.1993 - 6 O 330/92 -in: NJW RR 94, 801-802; OLG Köln, Urteil vom 22.01.1987 - 7 U 193/86 - in: MedR 1987, 192). Dem folgend ist die Delegation intravenöser Injektionen an Krankenpflegepersonal im Hinblick auf deren Ausbildungsstand nur eingeschränkt möglich (vgl. Tegtmeyer-Metzdorf/Grundmann, Krankenhausarzt und Recht, 1990, Seite 43). Wie auch immer sich die Pflegepraxis entwickelt hat: Das Legen intravenöser Infusionen und intravenöser Injektionen unterfällt ausschließlich der ärztlichen Kompetenz. Nur unter bestimmten - für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblichen - Voraussetzungen kann der Arzt diese Leistungen an nichtärztliche Fachkräfte delegieren. Dadurch kann ein Versorgungsengpass - wie von den Klägern befürchtet - ausgeschlossen werden. Im übrigen mag es für die Vertragsärzte mühevoll, für die Krankenkassen teuer sein, wenn die Injektionen und Infusionen mangels ausreichend ausgebildeter Pflegekräfte von den Ärzten zu guter Letzt doch selbst erbracht werden müssen. Im Hinblick auf eine möglichst sichere Leistung aber ist das von allen Beteiligten hinzunehmen. Dies gilt besonders für die Kläger von 1) bis 9), die allenfalls in ihren Rahmenempfehlungen beschränkt sind. Dabei ist anzumerken, dass den Klägern zu 1) bis 9) keine Qualitätssicherungskompetenz eingeräumt ist - gleich gar nicht etwa eine ausschließliche. Vielmehr soll mit den Rahmenempfehlungen im Bundesgebiet eine qualitativ gleichwertige Versorgung erreicht werden (BT-Drucksache 13/7264, Seite 68). Ihre vorrangige Aufgabe ist nach Auffassung der Kammer deshalb, daran mitzuwirken, dass ihnen vorgegebene Qualitätsstandards auch tatsächlich flächendeckend beachtet werden.

Schließlich können die Kläger zu 1) bis 9) sich nicht auf ein fehlerhaftes Zustandekommen der Richtlinien berufen. Als Normengeber ist der Beklagte nicht verpflichtet, jeden Schritt seiner Verwaltungstätigkeit - etwa durch Anlegen einer Verwaltungsakte - zu dokumentieren. Da sich das Normgebungsverfahren von dem Verfahren des Dritten Abschnittes SGB X unterscheidet, muss der Beklagte auch nicht begründen, ob und in welchem Umfang er den Einwänden der Kläger Rechnung getragen hat. Er ist bei seiner Verwaltungstätigkeit frei, lediglich das Ergebnis dieser Tätigkeit ist justiziabel, nicht der Weg, wie der Beklagte zu diesem Ergebnis gekommen ist.

2.
Aus diesen Überlegungen folgt, dass auch die Klagen der Kläger zu 10) bis 13) unbegründet sind. Zwar sind sie von den angegriffenen Richtlinien des Beklagten in ihren Rechten mehr beeinträchtigt als die zuvor genannten Kläger, und zwar in zweifacher Weise: Zum einen bleiben Verordnungen der Ärzte künftig aus, soweit eine Leistung nicht im Verzeichnis verordnungsfähige Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege aufgenommen ist. Zum anderen haben nach Auffassung der Kammer die Pflegedienste die Leistungsbeschreibungen der Richtlinien-Anlage ebenso zu beachten, wie die sie betreffenden Ziffern der Richtlinie selbst. Dies folgt daraus, dass sie ausschließlich auf ärztliche Verordnung tätig werden und deshalb den durch die Richtlinien beschriebenen Inhalt der ärztlichen Verordnung auszuführen haben, nicht mehr, allerdings auch nicht weniger. Die Leistungserbringer unterliegen bei ihrer Tätigkeit unmittelbar der ärztlichen Dominanz jener Leistungen, die sie als Grund- oder Behandlungspflege den gesetzlich Krankenversicherten erbringen. Insoweit wird durch die Richtlinien ebenfalls in die Rechte der Kläger zu 10) bis 13) aus Artikel 12 Abs. 1 Satz 1 eingegriffen, weniger aus Art. 14 GG, durch ihn wird das durch die Berufstätigkeit Erworbene geschützt. Die Richtlinien des Beklagten können allenfalls in Randbereiche des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes eingreifen. Trotz der im Hinblick auf Artikel 12 gegenüber den Klägern zu 1) bis 9) größeren Eingriffsdichte aber gilt auch für sie, dass Pflegedienste die Einschränkungen als verhältnismäßig hinnehmen müssen, damit der Schutz des Versicherten nicht ins Leere läuft und sich der Arzt sicher sein kann, dass die Leistung so erbracht wird, wie sie von ihm verordnet wurde.

Insbesondere sind die Kläger zu 10) bis 13) durch die Präambeln bezüglich der Prophylaxeleistungen nicht so betroffen, wie es ihnen erscheint. Zum einen ist Dekubitusbehandlung nicht - wie für den Beklagten vorgetragen - von der vertragsärztlichen Verordnung ausgeschlossen; im Verzeichnis verordnungsfähiger Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege ist diese Prophylaxeleistung unter der Ziffer 12 der Behandlungspflege umschrieben. Zum anderen muss bei einem Leistungskatalog nicht jeder Handgriff als verordnungsfähig aufgeführt und gesondert vergütet werden. Vor allem aber sind pflegerische Prophylaxen, Lagern und Hilfen bei der Mobilität nur dann Bestandteil der verordneten Leistung, wie sie zu ihrer Wirksamkeit notwendig sind. Daraus folgt, dass die genannten Prophylaxen nur dann mit erbracht werden müssen, wenn sie gegenüber der Verordnung als Nebenleistung anzusehen sind. So entnimmt die Kammer dem Vortrag der Kläger vor allem die Sorge, dass die Pflegedienste wegen nur geringer Verordnungen weit übergewichtig pflegerische Leistungen unentgeltlich erbringen müssten. Eine solche Forderung stellen die genannten Präambeln nicht auf. So wäre es missbräuchlich, wegen geringer Hilfen bei der Medikamentengabe umfangreiche Dekubitusvorsorge zu verlangen. Richtig ist, dass - stellt sich bei einer verordneten Medikamentengabe die Notwendigkeit eines Umlagerns heraus - diese Leistung mit erbracht werden muss und nicht gesondert abrechnungsfähig ist. Den durch die Nebenleistung verursachten durchschnittlichen Mehraufwand zu erfassen, zu bewerten und in Gebührenvereinbarungen einfließen zu lassen, ist Aufgabe der Kläger zu 1) bis 9) und unterliegt desweiteren der Vereinbarung zwischen den Krankenkassen und den Pflegediensten bzw. ihren Verbänden.

Schließlich sieht die Kammer in dem Leitungskatalog keinen rechtswidrigen Eingriff in den Schutzbereich des Artikel 9 Abs. 1 GG, soweit die Kläger zu 10) bis 13) bisher nach § 125 Abs. 2 SGB V sich bei ihren Verträgen mit den Krankenkassen gebunden haben. Qualität und Wirtschaftlichkeit zu sichern ist ein bedeutsames Gemeinschaftsgut. Während die Richtlinien nur gering in die Vereinbarungsfreiheit der Kläger eingreifen wird, steht dem ein hohes Maß an Leistungssicherheit gegenüber. Darüber hinaus ist die Koalitionsfreiheit der Kläger zu 10) bis 13) a priori durch Ausrichtung des Geschäftsbetriebes auf das Versorgen der gesetzlich Krankenversicherten damit belastet, dass die von Vertragsärzten verordneten Leistungen unter dem Vorbehalt gesetzlicher Regelungen stehen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved