L 6 LW 28/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 2 LW 49/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 LW 28/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 26. Juli 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht der Klägerin zur beklagten Landwirtschaftlichen Alterskasse nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).

Die 1961 geborene Klägerin ist die Ehefrau des Maurers G ... K ... und lebt von diesem nicht dauernd getrennt. Der Ehemann der Klägerin betreibt neben seinem Beruf ein Unternehmen der Landwirtschaft, das mit 8,65 ha Nutzfläche die Mindestgrößen nach § 1 Abs. 5 in Verbindung mit § 84 Abs. 5 ALG überschreitet. Er hält seit 1996 folgenden Bestand an Tieren:

Jahr Mutterkühe Kälber Rinder

1996 5 5 5
1997 4 4 4
1998 5 4 2
1999 5 2

In den Jahren 1996 bis 1999 erhielt der Ehemann der Klägerin 15.853,27 DM an Ausgleichszahlungen, 3.744,36 DM an Fördermitteln für Mutterkuhhaltung, 4.388,66 DM Rindfleisch-Sonderprämien sowie Gasölverbilligungen im Umfang von 2.127,38 DM.

Mit Bescheid vom 02.09.1998 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin ab 01.01.1995 als Ehegatte eines Landwirts versicherungspflichtig zur Sächsischen Landwirtschaftlichen Alterskasse sei. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 01.10.1998 Widerspruch ein. Als Grund für den Widerspruch gab sie an, seit dem 01.04.1991 arbeitslos zu sein. Nur im Zeitraum vom 01.10.1996 bis zum 30.09.1997 habe sie gearbeitet. Daher bat sie um Befreiung von der Versicherungspflicht.

Die Beklagte befreite die Klägerin mit Bescheid vom 04.03.1999 für die Zeit vom 01.10.1996 bis 31.03.1998 von der Versicherungspflicht. Für die übrigen Zeiträume vom 01.01.1995 bis 30.09.1996 und ab 01.04.1998 verblieb es bei der Beitragspflicht.

Auf den erneuten Widerspruch der Klägerin erließ die Beklagte am 26.07.1999 einen weiteren Bescheid zur Befreiung von der Versicherungspflicht. Die Befreiung erstreckte sich nunmehr auf folgende Zeiträume:

01.01.1995 bis 30.06.1996, 01.10.1996 bis 30.03.1998, ab 01.04.1999.

Der Beitragsrückstand betrug 4.176,00 DM.

Den dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass auch im Zeitraum vom 01.07. bis 30.09.1996 sowie vom 01.04.1998 bis 31.03.1999 Beiträge zur gesetzlichen Ren- tenversicherung geleistet worden seien. Dies habe die Beklagte nicht berücksichtigt. Sie sei nicht bereit und finanziell auch nicht in der Lage, die geforderte Summe in Höhe von 4.176,00 DM zu zahlen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.1999 wies die Beklagte die Rechtsbehelfe gegen die Bescheide vom 02.09.1998, 04.03.1999 und 26.07.1999 zurück. Die Klägerin unterliege kraft Gesetzes nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 ALG der Versicherungspflicht. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht richte sich nach § 3 Abs. 1 ALG. Die Arbeitslosenhilfe, die die Klägerin in der Zeit vom 01.07. bis 30.09.1996 und vom 01.04.1998 bis zum 31.03.1999 bezogen habe, stelle kein Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 1 ALG dar. Die Befreiung von der Versicherungspflicht für obige Zeiträume sei daher zu Recht versagt worden.

Gegen den Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 09.11.1999 vor dem Sozialgericht Dresden Klage. Sie sei keine Landwirtin im Sinne von § 1 Abs. 3 ALG, da ihr Ehemann kein Landwirt im Sinne von § 1 Abs. 2 ALG sei. Denn der Ehemann betreibe die Nebenerwerbslandwirtschaft ohne Absicht einer nachhaltigen Gewinnerzielung. Es sei schon höchst zweifelhaft, ob der Ehemann der Klägerin die Nebenerwerbslandwirtschaft überhaupt selbständig ausübe, da ca. 6 ha der Gesamtfläche im Umfang von 8,65 ha durch andere landwirtschaftliche Unternehmen bewirtschaftet würden. Hierfür erhalte der Ehemann der Klägerin ein gewisses Entgelt. Im Übrigen hielten sich Ausgaben und Einnahmen aus der Landwirtschaft in etwa die Waage; Gewinne würden nicht oder nur in ganz geringem Maße erwirtschaftet.

Das Sozialgericht Dresden (SG) wies die Klage mit Urteil vom 26.07.2000 (verkündet am 09.08.2000) ab. Der Ehemann der Klägerin sei als selbständiger Landwirt im Sinne von § 1 Abs. 2 ALG anzusehen. Unerheblich sei, ob Gewinne in nennenswertem Umfang zu erzielen seien oder nicht.

Die Klägerin legte gegen das ihr am 15.08.2000 zugestellte Urteil am 11.09.2000 Berufung ein. Entgegen der Ansicht des SG sei der Ehemann nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer anzusehen. Die Tätigkeit in der Landwirtschaft stelle lediglich ein Hobby dar, der Ehemann habe nicht die Absicht zur nachhaltigen Gewinnerzielung. Der Ehemann verfüge zwar über 8,65 ha Nutzfläche. Ca. 6 ha dieser Fläche würden jedoch von anderen landwirtschaftlichen Unternehmen bearbeitet. Die Erträge verblieben bei diesen Unternehmen, der Ehemann sei aber berechtigt, von den Betrieben Futtermittel für die eigene Tierversorgung zu beziehen. Durchschnittlich könne er 4 Kälber im Jahr bei einem Reinerlös von 300,00 bis 400,00 DM/Kalb verkaufen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des SG Dresden vom 26.07.2000 sowie die Bescheide vom 02.09.1998, 04.03.1999 und 26.07.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.1999 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt unter Hinweis auf die zutreffenden Ausführungen des SG,

die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat haben die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Klägerin unterliegt gemäß § 1 Abs. 3 ALG als Ehefrau eines Landwirts im Sinne von § 1 Abs. 2 ALG der Versicherungspflicht zur Beklagten.

Die Klägerin lebt von ihrem Ehemann nicht dauernd getrennt, sie ist nicht erwerbsunfähig im Sinne des Sechsten Buches Sozialge- setzbuch (SGB VI) und ihr Ehemann ist Landwirt im Sinne des § 1 Abs. 2 ALG. Der Ehemann der Klägerin betreibt selbständig ein auf Bodenbewirtschaftung beruhendes Unternehmen der Landwirtschaft im Nebenerwerb, das mit 8,65 ha Nutzfläche die Mindestgröße nach § 84 Abs. 5 ALG (4 ha) überschreitet.

Der Umstand, dass der Ehemann der Klägerin ca. 6 ha der Nutzfläche nicht selbst bearbeitet, sondern die Bewirtschaftung anderen ortsansässigen landwirtschaftlichen Unternehmen überlässt, führt nicht dazu, dass dieser Anteil der Nutzfläche unberücksichtigt zu bleiben hat. Denn der Ehemann der Klägerin ist berechtigt, von den bearbeitenden Unternehmen Futtermittel zur Versorgung seiner Rinder zu beziehen. Diese Art der Nutzung ist nicht mit einer Verpachtung der Flächen gleichzusetzen.

Zur Bodenbewirtschaftung gehört auch die mit der Bodennutzung verbundene Tierhaltung, sofern diese nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes (BewG) zur landwirtschaftlichen Nutzung rechnet, § 1 Abs. 4 Satz 2 ALG. Gemäß § 51 Abs. 1 und 1a BewG gehören Tierbestände in vollem Umfang zur landwirtschaftlichen Nutzfläche, wenn im Wirtschaftjahr für die ersten 20 ha nicht mehr als 10 Vieheinheiten (VE) je ha erzeugt oder gehalten werden. Dabei sind die Tierbestände nach ihrem Futterbedarf nach Maßgabe des Schlüssels der Anlage 1 zum BewG in Vieheinheiten umzurechnen. Für Rindvieh sieht der Umrechnungsschlüssel folgende Werte vor: Kälber und Jungvieh unter 1 Jahr = 0,30, Jungvieh 1 bis 2 Jahre = 0,70, Kühe, Färsen, Mastrinder = 1,00.

Der vom Ehemann der Klägerin gehaltene und erzeugte Tierbestand erreicht die Grenzwerte des § 51 BewG bei weitem nicht, so dass die Tierhaltung im vollen Umfang der Bodenbewirtschaftung zuzurechnen ist.

Die Landwirtseigenschaft des Ehemannes der Klägerin wird nicht durch § 1 Abs. 7 ALG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist Landwirt im Sinne von § 1 Abs. 2 ALG derjenige nicht, der ein Unternehmen der Landwirtschaft ohne Absicht nachhaltiger Gewinnerzielung betreibt. Die Vorschrift bezweckt, nur solche Landwirte dem Schutz der landwirtschaftlichen Alterssicherung zu unterstellen, die die Landwirtschaft aus erwerbswirtschaftlichen Gründen betreiben (Kommentar des Gesamtverbandes der landwirtschaftlichen Alterskassen, § 1 ALG Abs. 7, 6.1). Personen, die die Landwirtschaft lediglich als Hobby oder aus Liebhaberei ohne Gewinnerzielungsabsicht betreiben, sollen dagegen von der Versicherungspflicht nach dem ALG ausgeschlossen werden. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) zur Liebhaberei beim Betrieb einer Landwirtschaft kann der Nachweis der fehlenden Gewinnerzielungsabsicht nur anhand objektiver Indizien geführt werden (BFH Urteil vom 24.08.2000, Az.: IV R 46/99, BFHE 192, 542; LSG Niedersachsen, Urteil vom 02.02.2000, Az.: L 10 LW 21/99, S. 6).

Aus der steuerrechtlichen Behandlung der Nebenerwerbslandwirtschaft des Ehemannes der Klägerin durch die Finanzverwaltung läßt sich das Bestehen einer bloß hobbymäßig betriebenen Landwirtschaft nicht herleiten. Die in den Einkommenssteuerbescheiden der Eheleute für die Jahre 1994, 1996 und 1997 ausgewiesenen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von jeweils 5.173 DM wurden nach § 13 a Einkommenssteuergesetz (EstG) pauschal ermittelt. Dieser Gewinn lag in den betreffen- den Jahren über dem Freibetrag für Land- und Forstwirte (4.000 DM) und musste deshalb anteilig versteuert werden. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH schließt eine Gewinnermittlung nach § 13 a EstG steuerrechtlich eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht und damit das Vorliegen einer bloßen Liebhaberei aus (vgl. z.B. BFH Urteil vom 01.12.1988, Az. IV R 72/87, Bundessteuerblatt 1989, S. 234 ff).

Auch die weiteren Umstände des vorliegenden Falles sprechen gegen eine Hobby-Landwirtschaft. Der Ehemann der Klägerin be- treibt die Landwirtschaft bereits seit 1992. Dabei ist die mit der Bodennutzung verbundene Tierhaltung der Landwirtschaft zuzurechnen. In den Jahren 1996 bis 1999 hielt der Ehemann der Klägerin zwischen 4 und 5 Mutterkühe, die in der Regel einmal im Jahr kalbten. Darüberhinaus befanden sich auch noch männliche Rinder im Bestand, und zwar 5 Rinder im Jahr 1996, 4 Rinder im Jahr 1997 und je 2 Rinder in den Jahren 1998 und 1999. Abgesehen von einem Kalb, das für den Eigenverzehr geschlachtet wurde, verkaufte der Ehemann der Klägerin die übrigen Kälber. Dieser Umfang der landwirtschaftlichen Tätigkeit spricht nach Überzeugung des Senats eindeutig gegen eine ohne jegliche Gewinnerzielungsabsicht betriebene Landwirtschaft.

Aus den vom Ehemann der Klägerin nur schleppend zur Verfügung gestellten Unterlagen und Angaben lässt sich nicht entnehmen, dass der Betrieb der Landwirtschaft durchgehend mit Verlusten verbunden war. Gegen die fehlende Gewinnerzielungsabsicht spricht im Übrigen, dass dem Ehemann der Klägerin allein in den Jahren 1996 bis 1999 Fördergelder in einem Gesamtvolumen von über 26.000 DM gewährt wurden. Gerade der Erhalt dieser Fördergelder belegt, dass es sich bei dem Betrieb des landwirtschaftlichen Unternehmens keinesfalls um bloße Liebhaberei handelt. § 1 Abs. 7 ALG ist deshalb nicht einschlägig.

Die Berufung der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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