L 6 LW 32/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 5 LW 8/00
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 LW 32/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 23. August 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch auf Ausgleichsgeld nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG).

Die am ... geborene Klägerin war vom 01.01.1984 bis zum 31.12.1991 bei der LPG Pflanzenproduktion M ... im Weidebau tätig. Es folgten zwei über ABM finanzierte Beschäftigungsverhältnisse bei der A ... GmbH M ... (01.01. bis 05.01.1992 sowie 01.02.1992 bis 07.06.1993). Im Anschluss daran war die Klägerin als Landschaftsgärtnerin bei der F ... GmbH M ... für einen Monat beschäftigt; ab dem 12.07.1993 wurde dieses Beschäftigungsverhältnis über Lohnkostenzuschuss vom Arbeitsamt subventioniert. Gleichwohl endete es bereits zum 31.12.1993 wegen der "Winterpause". Es schloss sich eine Zeit der Arbeitslosigkeit bis zum 04.04.1994 an, anschließend wurde die Klägerin wieder von der F ... GmbH bis zum 30.06.1995 beschäftigt. Bei diesem Unternehmen handelte es sich um ein Tochterunternehmen der A ... Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG, die wiederum Rechtsnachfolgerin der LPG M ... war.

Ein weiteres Tochterunternehmen der A ... Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG, die A ...-D ...-M ... GmbH, legte 1993 europarechtlich geförderte Flächen still.

Am 21.06.1996 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Ausgleichsgeld. Dem Antrag lag eine Arbeitgeberbescheinigung bei, wonach die Klägerin vom 01.01.1976 bis zum 30.06.1995 einheitlich in dem bestätigten Unternehmen beschäftigt gewesen sei. Ein erläuterndes Schreiben vom 08.05.1995, stellte klar, dass die Klägerin bereits seit 1993 arbeitslos gewesen wäre, wenn man damals schon gewusst hätte, dass im Jahre 1995 eine Regelung in Form des Ausgleichsgelds geschaffen würde. In diesem Fall hätte die Klägerin sicher bessere Chancen gehabt, anspruchsberechtigt im Sinne der Ausgleichsgeldregelung zu sein.

Mit Bescheid vom 26.08.1997 lehnte die Beklagte den Antrag ab: In den letzten 120 Kalendermonaten vor der Antragstellung, also vom 01.06.1986 bis 31.05.1996 sei die Klägerin keine 90 Monate in einem Unternehmen der Landwirtschaft tätig gewesen. Die F ... Garten- und Landwirtschaftsbau GmbH M ... sei kein Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch bat die Klägerin darum, ihr kurzfristiges Beschäftigungsverhältnis in der F ... GmbH nicht zum Anlass zu nehmen, ihr das beantragte Ausgleichsgeld zu versagen. Die rein formale Umsetzung im Rahmen des Unternehmensverbundes dürfe nicht diese Konsequenzen haben.

Mit Bescheid vom 09.04.1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück: Innerhalb der Rahmenfrist von 120 Kalendermonaten sei die Klägerin nur für 84 Kalendermonate hauptberuflich in einem Unternehmen der Landwirtschaft tätig gewesen.

Mit der dagegen erhobenen Klage zum Sozialgericht (SG) Chemnitz legte die Klägerin eine Bescheinigung der Alterkasse für den Gartenbau vor, wonach die F ... GmbH zumindest seit dem 01.07.1994 ein Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 2 ALG gewesen sei.

Das SG hat mit Urteil vom 23.08.2000 die Klage abgewiesen: Es fehle schon an der Kausalität zwischen der 1993 erfolgten Flächenstilllegung und der Kündigung zum 30.06.1995. Zum Zeitpunkt der Flächenstilllegung sei die Klägerin bei der Altlastensanierung eingesetzt gewesen. Wesentliche Bedingung für die Kündigung sei allein gewesen, dass aufgrund der nicht zufriedenstellenden Geschäftsentwicklung in der F ... G ...- und L ... GmbH zum Ende Juni 1995 Arbeitsplätze hätten abgebaut werden müssen, wie der Geschäftsführer dieser GmbH auch bestätigt habe. Im Übrigen habe sich auch die Stilllegung von der flächenstilllegenden A ...-D ...-M ... GmbH über das Mutterunternehmen A ... GmbH nicht auf die F ... GmbH fortgesetzt. Es könne daher dahinstehen, ob bei der gegebenen Sachlage überhaupt auch ein zeitlicher Zusammenhang gegeben sei und ob die Klägerin die in § 9 Abs. 1 Satz 1 FELEG vorausgesetzten Zeiten erfüllt habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin: Ihre Beschäftigungsmöglichkeit sei infolge der Flächenstilllegung weggefallen. Gleichwohl habe der ehemalige Arbeitgeber versucht, die Klägerin so lange wie möglich weiterzubeschäftigen. Man habe sie nach dem flächenstilllegungsbedingten Wegfall ihres eigentlichen Arbeitsplatzes mit verschiedenen anfallenden Tätigkeiten bis zur endgültigen Entlassung vorübergehend weiterbeschäftigt, um ihr einen sozial verträglichen Ausstieg aus dem Arbeitsleben zu ermöglichen.

Sie beantragt,

das Urteil des SG Chemnitz vom 23.08.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26.08.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.04.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Ausgleichsgeld nach dem FELEG ab dem 01.07.1995 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Chemnitz vom 23.08.2000 zurückzuweisen.

Dem Senat liegen neben den Gerichtsakten beider Instanzen die Verwaltungsakten der Beklagten vor.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung von Ausgleichsgeld ab dem 01.07.1995 gemäß § 9 Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) vom 21.02.1989 (BGBl. I S. 323) i.d.F. des Agrarsozialreformgesetzes 1995 vom 29.07.1994 (BGBl. I S. 890) zu. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 FELEG erhalten Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, ein Ausgleichsgeld, wenn 1. ihre Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) aufgrund dessen Stilllegung (§ 2 FELEG) oder Abgabe (§ 3 FELEG) endet und 2. sie in den letzten 120 Kalendermonaten vor der Antragstellung mindestens 90 Kalendermonate in Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne von § 1 Abs. 2 ALG, davon in den letzten 48 Kalendermonaten vor der Stilllegung oder Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft mindestens 24 Kalendermonate in diesem Unternehmen hauptberuflich tätig gewesen sind. Satz 2 Nr. 1 verlangt darüber hinaus, dass das 55. Lebensjahr vor dem 01.01.1997 vollendet wurde. Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 6 FELEG gelten die §§ 9 bis 12 FELEG entsprechend für Arbeitnehmer, deren Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft aufgrund einer Maßnahme nach Maßgabe sonstiger EWG-rechtlicher Vorschriften hinsichtlich einer Stilllegung oder Extensivierung landwirtschaftlicher Nutzfläche endet.

Das SG hat zu Recht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichts (Urteil vom 07.06.2000, L 6 LW 1/98) einen Kausalzusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin bei der F ... GmbH und den Flächenstilllegungen der A ...-D ...-M ... GmbH im Jahre 1993 verneint. Es fehlt schon am zeitlichen Zusammenhang: Nach nahezu zwei Jahren ist im Regelfall davon auszugehen, dass - wie hier ja auch ausdrücklich eingeräumt wurde - letztlich andere Gründe ausschlaggebend waren. Ausschlaggebend für die konkrete Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 30.06.1995 war die wirtschaftliche Situation der F ... Garten- und Landschaftsbau GmbH. Selbst wenn man jetzt mit der Klägerin einen Zusammenhang mit den Flächenstilllegungen dahingehend sehen wollte, dass an der finanziellen Situation der F ... GmbH auch der Umstand schuld war, dass die Klägerin aus sozialen Gründen dort beschäftigt wurde, obwohl keine wirkliche Beschäftigungsmöglichkeit bestand, und man insofern eine Fernwirkung der Flächenstilllegungsmaßnahmen bei der A ...-D ...-M ... GmbH ausmachen wollte, wäre dieser Zusammenhang zu konstruiert und zu fernlegend, um noch als wesentliche Bedingung angesehen werden zu können.

Zu Recht hat das SG auch den inneren Zusammenhang verneint: Die Klägerin war bei dem unmittelbar flächenstilllegenden Unternehmen zu keinem Zeitpunkt beschäftigt.

Darüber hinaus fehlt es auch an den weiteren Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FELEG. Die Klägerin hat in den letzten 48 Kalendermonaten vor Beginn der Stilllegung nicht mindestens 24 Kalendermonate in dem stilllegendem Unternehmen gearbeitet. Mit dieser Regelung wird gewissermaßen eine unwiderlegliche Vermutung aufgestellt: Ein Kausalzusammenhang ist stets dann - ohne weitere Prüfung - zu verneinen, wenn bereits diese besonderen Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt in dem stilllegenden Unternehmen gearbeitet. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass das stilllegende Unternehmen wie auch ihr Beschäftigungsunternehmen beide Tochterunternehmen der gleichen A ... Vermögensverwaltungs GmbH & Ko. KG gewesen seien. Der Begriff des Unternehmens ist weder im FELEG noch im ALG definiert. Im Bereich des FELEG erscheint es aber allein angezeigt, als das stilllegende Unternehmen dasjenige anzusehen, das entsprechende Fördergelder beantragt und auch erhalten hat (vgl. Senat, Urteil vom 26.07.2001 - L 6 LW 4/01). Adressat der Bescheide über Ausgleichszahlungen war die A ...-D ...-M ... GmbH (Bescheid des Staatlichen Amts für Landwirtschaft vom 23.10.1993). Der Umstand, dass die F ... Garten- und Landschaftsbau GmbH und das stilllegende Unternehmen A ...-D ...-M ... GmbH beide 100%ige Töchter der A ... Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG waren, reicht nicht aus, um die Tätigkeit der Klägerin bei der F ... GmbH als Zeit der Beschäftigung im stilllegenden Unternehmen zu behandeln (vgl. Senat, a.a.O.). Durch die auch formelle Aufspaltung eines ehemals einheitlichen Unternehmens wird auch formalrechtlich das klargestellt, was sich in der Gesamtbetrachtung ohnehin ergibt, dass nämlich eine Auswirkung der Flächenstilllegungen auf den Bereich, in welchem die Klägerin beschäftigt war, nicht gegeben ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 153 Abs. 2 auf die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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