L 4 RA 136/01

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 9 RA 303/00
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 RA 136/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 19.06.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Altersrente der Klägerin. Es geht um die Frage, wie viele Arbeitsjahre der Umwertung der Bestandsrente zugrunde zu legen sind.

Die am ... geborene Klägerin erhielt mit Bescheid der Sozialversicherung der DDR vom 15.12.1971 eine monatliche Altersrente von 456 Mark. Der Rentenberechnung wurden 2 Arbeitsjahre vor 1945 und 18 Arbeitsjahre nach 1945 zugrunde gelegt. Vermerkt wurde, dass die Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit von August 1933 bis April 1941 ausbezahlt worden seien. Gegen die Feststellung der Arbeitsjahre erhob die Klägerin Einwendungen. Mit Schreiben vom 13.04.1988 teilte die Verwaltung der Sozialversicherung mit, dass die Versicherungszeiten entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen ordnungsgemäß erfasst seien.

Mit Schreiben vom 20.12.1997 bat die Klägerin um Nachzahlung für etwa 10 Arbeitsjahre, die sie im Betrieb ihres Vaters geleistet habe. Mit Bescheid vom 14.05.1998 wertete die Beklagte darauf die Rente der Klägerin um und passte sie an. Es ergab sich ein monatlicher Zahlbetrag von 923,54 DM ab dem 01.07.1998. Weiterhin ergab sich eine Nachzahlung, weil bei der ursprünglichen Umwertung die Zahl der Arbeitsjahre fehlerhaft addiert worden sei. Der Berechnung wurden 20 Arbeitsjahre (8/41 - 7/43, 6/51 - 8/51, 11/51 - 3/69) zugrunde gelegt. Mit Schreiben vom 09.09.1999 bat die Klägerin nochmals um Nachzahlung der Rente für die Arbeitsjahre im Betrieb des Vaters. Die Beklagte wertete das Schreiben als Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), den sie mit Bescheid vom 05.10.1999 zurückwies. Nach den vorliegenden Beitragsnachweiskarten ab Nr. 2 seien die Beiträge für die Zeit vom August 1933 bis einschließlich April 1941 erstattet worden. Aus diesem Grund könne dieser Zeitraum nicht als Zeit einer versicherungspflichtigen Tätigkeit anerkannt werden.

Mit Schreiben vom 04.11.1999 trug die Klägerin vor, dass sie 1929 bis 1933 im Betrieb des Vaters gearbeitet habe. Dies könne ihre Nachbarin H ... G ... bestätigen. Auf die Anfrage, welches Gehalt sie bezogen habe, beschrieb die Klägerin nur ihre Tätigkeit. Diesen erneuten Überprüfungsantrag wies die Beklagte mit Bescheid vom 03.01.2000 zurück. Als mitarbeitendes Familienmitglied habe in der Zeit von 1929 - 1933 keine Versicherungspflicht bestanden. Hiergegen wendete sich die Klägerin mit Schreiben vom 22.01.2000. Als sie bei einer Auslieferung einen Unfall gehabt und sich verletzt habe, habe ihr Vater geäußert, dass es gut sei, dass er auch sie versichert habe.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 12.04.2000 zurück. Die Zeit von 1929 bis April 1941 könne bei den Arbeitsjahren nicht berücksichtigt werden. Bis 1933 habe keine Versicherungspflicht bestanden. Die Folgejahre könnten wegen der Beitragserstattung nicht berücksichtigt werden. Selbst wenn für die Zeit bis 1933 eine Versicherung bestanden hätte, könnten diese Jahre wegen der nachfolgenden Erstattung nicht mehr berücksichtigt werden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 11.05.2000 beim Sozialgericht Altenburg erhobene Klage, die am 07.07.2000 dem Sozialgericht Chemnitz (SG) vorgelegt wurde. Die Klageerhebung beim Sozialgericht Altenburg beruhte auf der Belehrung im Widerspruchsbescheid, die dieses Gericht als das Zuständige bezeichnet hatte. Mit der Klage wird das Ziel der Anrechnung der Jahre 1929 bis 1933 als Arbeitsjahre weiter verfolgt.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 19.06.2001 ab. Die Anträge der Klägerin seien, nachdem die Rentenbescheide bestandskräftig geworden sein, als Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X anzusehen. Danach könne ein bestandskräftiger Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit geändert werden, wenn bei Erlass das Recht unrichtig angewendet oder von einem Sachverhalt ausgegangen sei, der sich als unrichtig erweise, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht würden. Für die Klägerin gelte, dass ihre Bestandsrente zum 01.01.1992 nach § 307a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) habe umgewertet und angepasst werden müssen. Diese Umwertung sei korrekt erfolgt. Eine Anrechnung der Arbeitsjahre 1929 bis 1933 sei dabei nicht möglich. Nach dem Primärdatenträger der Beklagten seien die Beiträge für die Jahre 1933 bis April 1941 zurückerstattet worden. Aus diesem Grund könne die vorher liegende Zeit nicht als beitragspflichtige Zeit gewertet werden, denn nach § 286d SGB VI i.V.m. § 210 Abs. 6 S. 2 u. 3 SGB VI sei dadurch das Versicherungsverhältnis gelöst. Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestünden nicht mehr.

Gegen das am 21.07.2001 zugestellte Urteil legte die Klägerin am 20.08.2001 Berufung ein. Sie bezog sich auf den bisherigen Vortrag.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 19.06.2001 und den Bescheid der Beklagten vom 05.10.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Abänderung des Bescheides vom 14.05.1998 ab dem 01.01.1992 eine höhere Rente unter Anrechnung der Jahre von 1929 bis Juli 1933 als beitragspflichtige Arbeitsjahre zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Instanzen und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorlagen.

Entscheidungsgründe:

Da das persönliche Erscheinen der ordnungsgemäß geladenen Klägerin nicht angeordnet war, konnte der Senat auch in Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden. Die statthafte und zulässige Berufung, §§ 144, 151, 153 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erweist sich als unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin wird durch die Entscheidungen der Beklagten nicht in ihren Rechten verletzt. Bei der Umwertung im Bescheid vom 14.05.1998 ist weder das Recht unrichtig angewendet noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden, § 44 SGB X.

Die Klägerin bezog im Beitrittsgebiet seit 1971 eine Altersrente. Damit war die Rente zum 01.01.1992 nach § 307a SGB VI anzupassen und umzuwerten. Dies geschieht nach Abs. 1 der Vorschrift dadurch, dass die ermittelten Entgeltpunkte (Ost) mit der Anzahl der Arbeitsjahre vervielfältigt werden. Diese Umwertung erfolgt nach Abs. 8 Satz 1 und 2 aufgrund der vorhandenen Daten der Sozialversicherung der DDR. Nach dieser Vorschrift ist die Rente der Klägerin korrekt umgewertet, denn der Berechnung liegen die Verdienste zugrunde, die der Träger der Sozialversicherung festgestellte hatte. Außerdem beruht die Berechnung auf den festgestellten Arbeitsjahren, die auf Antrag der Klägerin bereits von der Sozialversicherung der DDR überprüft worden waren.

§ 307a Abs. 8 Satz 3 räumt den Rentnern die Möglichkeit ein, einen Antrag auf Überprüfung zu stellen. Der ursprüngliche Antrag vom 20.12.1997 hat zu dem Bescheid vom 14.05.1998 geführt, der bestandskräftig geworden ist. In dem Verfahren und in der Folge im Verfahren nach § 44 SGB X kann geprüft werden, ob die Daten der Sach- und Rechtslage entsprechen. Grundlage sind hierbei immer die nach den Vorschriften der DDR anzunehmenden Daten. Anzuwenden für die Überprüfung der 1971/72 errechneten und gewährten Rente ist die Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialversicherung vom 15.03.1968 (GBl. S. 135). Diese bestimmt in § 4, dass Anspruch auf Rente nur durch versicherungspflichtige Tätigkeit erworben werden kann. Dabei ist nicht zu beanstanden und wird von der Klägerin auch nicht mehr gerügt, dass die Jahre, für die die Beitgräge zurückerstattet wurden, nicht als beitragspflichtige Arbeitsjahre zählen. Die Berücksichtigung dieser Jahre schließt § 4 Abs. 5 der Rentenverordnung aus. Aber auch die Arbeitsjahre von 1929 bis März 1933 sind nicht als Arbeitsjahre einer beitragspflichtigen Tätigkeit der Rentenberechenung zugrunde zu legen.

Die von der Klägerin für diese Jahre angegebene Tätigkeit ist nicht als versicherungspflichtige Tätigkeit im Sinne der Rentenverordnung anzusehen. Die Klägerin gibt nur an, dass sie von 1929 bis 1933 im Betrieb des Vaters gearbeitet habe. Unterlagen hierüber würden nicht existieren. Ihr Vater habe nur bei einem Unfall, den sie beim Ausliefern erlitten habe, geäußert, dass es gut sei, dass er sie versichert habe. Versicherungskarten sind nur für die Zeit ab 1933 vorhanden. Aus einem Stempelabdruck ergibt sich aber, dass die Beiträge erstattet wurden. Aus diesem Vortrag ist zu schließen, dass die Klägerin vorher im Rahmen ihrer Mitarbeitspflicht nach § 1619 des Bürgerlichen Gesetzbuches im elterlichen Betrieb gearbeitet hat. Nach dieser Vorschrift haben Kinder, solange sie dem elterlichen Hausstand angehörten und von den Eltern unterhalten wurden, im Hauswesen und Geschäft Dienste zu leisten. Für diese mithelfenden Familienangehörige bestand keine Versicherungspflicht. Vielmehr konnten sie nach § 176 Nr. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.12.1924 (RGBl. 1924 I, 779 ff.) freiwillig versichert werden. Nach der Rentenverordnung können aber nur Zeiten der Pflichtversicherung berücksichtigt werden.

Anzunehmen ist, dass eine Versicherungskarte Nr. 1 existierte. Da diese nicht vorgelegt ist, ist eine Beitragszeit nicht nachgewiesen. Sie ist auch nicht glaubhaft gemacht, denn aus der Tatsache, dass ab Karte Nr. 2 die Erstattung der Beiträge nachgewiesen ist, folgt als wahrscheinlich und damit auch glaubhaft, dass auch die evtl. früher gezahlten Beiträge erstattet wurden. Diese nahe liegende Möglichkeit ist durch den dürftigen Vortrag zu den Jahren vor Sommer 1933 nicht erschüttert. Insgesamt kann als wahrscheinlich allenfalls angesehen werden, dass die Klägerin ab Vollendung des 21. Lebensjahres versichert war, aber auch die frühen Beiträge aus Karte Nr. 1 erstattet wurden.

Aus den Angaben der Klägerin ergibt sich auch nicht, dass sie vom Vater für die früheren Jahre rentenversichert worden sei. Bis 1933 existierte nur Kranken-, Unfall- und Invalidenversicherung. Eine Beitragszeit kann auch nur angenommen werden, wenn Versicherungskarten mit geklebten Marken vorgelegt werden. Die Tatsache, dass Versicherungsleistungen nach dem Unfall beim Ausliefern erbracht wurden, lässt auch nicht auf eine umfassende Versicherung der Klägerin schließen. In der Unfallversicherung werden nicht einzelne Beschäftigte versichert. Versichert sind und waren vielmehr die Unternehmen, § 537 RVO. Bei Betriebsunfällen war der mithelfende Ehegatte versichert, § 551 RVO. Mithelfende Familienangehörige konnten nach Maßgabe des § 552 RVO in die Versicherung einbezogen werden.

Nach diesen Überlegungen ergeben sich keine genügenden Anzeichen dafür, dass die der Rentenberechnung zugrunde liegenden Daten nicht der Sachlage und der Rechtslage der DDR entsprechen würden. Das SG hat somit zu Recht die Klage abgewiesen. Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision sich nicht ersichtlich, § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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