Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 13 RA 588/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 RA 155/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23. August 2000 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (ZAVO technInt) angehört.
Die am ... geborene Klägerin studierte an der Technischen Hochschule Dresden Chemie und schloss das Studium im Jahre 1959 mit dem Diplom ab. Vom 01.06.1959 bis 31.01.1971 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin beim VEB Konstruktions- und Ingenieurbüro Chemie in ... Zunächst hatte sie bis 30.09.1960 einen Förderungsvertrag zur Ableistung der praktischen Vorbereitungszeit. Sie erhielt eine Vergütung der Gruppe I II. Ab dem 01.10.1960 wurde ein Arbeitsvertrag als wissenschaftliche Mitarbeiterin geschlossen. Bei der Vergütungsgruppe blieb es. Im Rahmen einer Aspirantur bis 30.09.1974 promovierte sie an der Karl-Marx Universität in Leipzig zum Dr. rer. nat. Anschließend war sie bis 30.06.1990 erneut im VEB Konstruktions- und Ingenieurbüro Chemie als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Verfahrensingenieurin beschäftigt. Ab 01.10.1974 gehörte sie der Gehaltsgruppe J IV an. Ab dem 01.09.1979 wurde ihr die Tätigkeit einer Verfahrensingenieurin übertragen. Die Entlohnung erfolgte nach der Gruppe HF 4. Nach einer schriftlichen Äußerung des Werkdirektors Naumann vom 02.03.01 wurden mit Tätigkeiten als Verfahrensingenieur ausgebildete Ingenieure, Diplomchemiker, Physiko-Chemiker und andere Wissenschaftler eingesetzt. Bezogen auf die Entlohnung sei eine Gleichbehandlung für die gleiche Tätigkeit erfolgt. Aufgabe der Klägerin sei es gewesen, verfahrenstechnische Teile von Projektunterlagen auszuarbeiten, die für die komplexe Anlagenprojektierung benötigt wurden.
Am 07.02.1999 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung, dass sie der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz seit dem 01.06.1959 zugehört habe. Ihre Tätigkeit als Diplomchemikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin sei nach der neuen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entsprechend § 8 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) als Zeit der Zugehörigkeit zur ZAVO technInt festzustellen und die entsprechende Mitteilung an den Rentenversicherungsträger zu fertigen. Nach einer zweijährigen Absolventenzeit habe ein Rechtsanspruch auf Aufnahme in die zusätzliche Alterversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und in den gleichgestellten Betrieben bestanden (Verordnung vom 17.08.1950, GBl. I S. 844).
Mit Bescheid vom 09.06.1999 lehnte die Beklagte die Anerkennung dieser Zeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem ab. Eine positive Versorgungszusage habe zu Zeiten der DDR nicht bestanden. Ohne erteilte Zusage lägen Zugehörigkeitszeiten nur vor, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden sei, die ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst war. Die Qualifikation als Diplomchemiker entspreche nach dem Wortlaut der Versorgungsordnung nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers. Es gebe hier auch keine Regelungen, nach denen dieser Berufskreis generell dem Ingenieur gleichgestellt worden sei. Ein Diplomchemiker gehöre zu den so genannten Ermessensfällen, die auf Antrag des Werkdirektors in die Angehörigen des Zusatzversorgungssystems eingereiht werden konnten. Eine bis zur Schließung der Versorgungssysteme nicht getroffene Ermessensentscheidung der damals dazu berufenen Stellen könne nicht durch eine Ermessensentscheidung des bundesdeutschen Versorgungsträgers nachgeholt werden.
Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin fristgerecht Widerspruch ein. Nach § 1 der Versorgungsordnung hätten auch Angestellte mit Ausbildungsberufen der Chemie zum berechtigten Personenkreis gehört. Auch Chemiker seien nach der 3. Durchführungsbestimmung vom 24.05.1951, GBl. I S. 488, einbezogen gewesen. Hochschulabsolventen der Chemie mit dem Abschluss als Diplomingenieur habe es in der ehemaligen DDR nur bis Mitte der 50er Jahre gegeben. Danach hätten alle den akademischen Grad eines Diplomchemikers bekommen. Der Studiengang sei aber unverändert geblieben. Ihre Entlohnung im Betrieb sei nach dem Ingenieurtarif erfolgt. Sie sei in der Abteilung Verfahrenstechnik tätig gewesen. Diese habe mehrheitlich aus Mitarbeitern mit naturwissenschaftlichem Hochschulabschluss bestanden. Es seien Diplommathematiker, Diplomphysiker und Diplomchemiker gewesen, die entsprechend ihrem Eintritt in den Betrieb die Urkunde erhalten hätten, auch ohne über Leitungsfunktionen zu verfügen. Wegen der Abschottung der DDR ab August 1961 habe es keine Veranlassung mehr gegeben, Angehörige der technischen Intelligenz besonders zu fördern. Deswegen seien Urkunden fast nicht mehr erteilt worden. Sie sei aber auch ohne Urkunde dem Personenkreis zuzurechnen, der in die Altersversorgung der technischen Intelligenz einzubeziehen gewesen sei.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 06.09.1999 zurück. Das Bundessozialgericht habe in einer Reihe von Entscheidungen festgelegt, dass die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nicht von einer erteilten Versorgungszusage abhänge. Es genüge, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war. Es komme damit auf die Art der ausgeübten Tätigkeit, die erforderliche Qualifikation und den zutreffenden Beschäftigungsbereich an. Die Qualifikation eines Diplomchemikers entspreche nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers im Sinne der Versorgungsordnung. Die tatsächliche Ausübung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit sei unbeachtlich. Die BfA als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme sei an Recht und Gesetz gebunden. Es müsse daher bei der getroffenen Entscheidung verbleiben.
Hiergegen richtet sich die am 20.09.1999 beim Sozialgericht (SG) Leipzig erhobene Klage, mit der die Klägerin ihr Ziel weiter verfolgt. Zur Begründung nahm die Klägerin Bezug auf ihren Widerspruch.
Auf Anfrage des SG teilte die Technische Universität Dresden mit, dass in den Jahren 1950 bis 1968 das Studium der Chemie generell mit dem akademischen Grad Diplomchemiker beendet wurde. Gleichzeitig wurde auf die Mitteilungen des Staatssekretariats für das Hoch- und Fachschulwesen, insbesondere die Mitteilung Nr. 20/1963 über die Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur, verwiesen.
Mit Urteil vom 23.08.2000 gab das SG Leipzig dem Begehren statt und verurteilte die Beklagte, die Zeiträume vom 01.06.1959 bis 31.01.1971 sowie 14.10.1974 bis 30.06.1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich bezogenen Arbeitsentgelte festzustellen. Die Klägerin habe nach § 8 Abs. 1 bis 3 i. V. m. § 5 Abs. 1 AAÜG einen Anspruch auf Feststellung dieser Zeiten. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG hänge die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nicht notwendig davon ab, ob und wann in der DDR die Versorgungszusage erteilt worden sei. Zugehörigkeitszeiten lägen vor, wenn eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Alterversorgung vorgesehen war. Auf die praktische Durchführung der Versorgungsordnung seitens der DDR-Organe komme es nicht an. Verwiesen ist auf die Urteile des BSG vom 24.03.1998, 4 RA 27/97, vom 23.06.1998, 4 RA 5/97 und 4 RA 61/97, vom 30.06.1998, 4 RA 11/98 und 4 RA 94/97, vom 04.08.1998, 4 RA 63/97, und vom 04.08.1999, 4 RA 1/99.
Die Klägerin habe in den streitigen Zeiträumen eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt, die in der Versorgungsordnung der technischen Intelligenz als versorgungsberechtigt aufgelistet sei. Nach § 1 der 1. Durchführungsbestimmung vom 26.09.1950 (GBl. I S. 1043) würden als Angehörige der technischen Intelligenz unter anderem gelten Ingenieure, Chemiker ..., die konstruktiv und schöpferisch in einem Produktionsbetrieb verantwortlich tätig sind und hervorragenden Einfluss auf die Herstellungsvorgänge nehmen. Damit sei die Tätigkeit der Klägerin als versorgungsberechtigend konkret aufgelistet. Dieser Regelung sei nicht zu entnehmen, dass Chemiker nur bei zusätzlicher Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur versorgungsberechtigt gewesen sein sollten. Auch die Formulierung "konstruktiv und schöpferisch in einem Produktionsbetrieb verantwortlich tätig sind und hervorragenden Einfluss auf die Herstellungsvorgänge nehmen" sei nicht als zusätzliches, über den erfolgreichen Abschluss eines Studiums der Chemie hinausgehendes Erfordernis anzusehen. Dies ergebe sich nicht zuletzt aus der 3. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verbesserung der Entlohnung der Arbeiter und Angestellten in den volkseigenen und in den gleichgestellten Betrieben vom 24.05.1951 (GBl. I S. 488). Nach § 1 Abs. 1 dieser Vorschrift gehörten Chemiker mit Hochschulabschluss, die in volkseigenen Betrieben tätig seien, allein auf Grund ihrer Qualifikation zu den Angehörigen der technischen Intelligenz.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Regelungen in § 1 Satz 1 der 2. Durchführungsbestimmung. Danach gehörten zum Kreis der Versorgungsberechtigten unter anderem Ingenieure und Techniker der Chemie. Dadurch sei die 1. Durchführungsbestimmung nicht dahingehend eingeschränkt, dass nunmehr der Titel eines Ingenieurs erforderlich sei. Diese 2. Durchführungsbestimmung sei in Zusammenhang mit der am gleichen Tage veröffentlichten Durchführungsbestimmung zu der Verordnung zur Entwicklung einer fortschrittlichen demokratischen Kultur des deutschen Volkes und zur weiteren Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Intelligenz (GBl. I S. 485) zu sehen. Danach sollten unter anderem die bisher nur teilweise verwirklichten Beschlüsse zur Verbesserung der materiellen Lage der technischen Intelligenz verwirklicht werden. Vor diesem Hintergrund sei eine weitergehende Eingrenzung und Reduzierung des Kreises der Versorgungsberechtigten und eine nunmehr erstmals vorgenommene Ausgrenzung der Chemiker ohne Ingenieurtitel nicht anzunehmen. Auch das BSG gehe in seiner Entscheidung vom 23.06.1998 (4 RA 11/98), in der ebenfalls ein Diplomchemiker die Feststellung weiterer Zusatzversorgungszeiten geltend gemacht habe, davon aus, dass diese Gruppe zu den in § 1 Abs. 1 der 2. Durchführungsbestimmung aufgeführten Berufsgruppen gehört.
Gegen die Eingrenzung des Kreises der Versorgungsberechtigten auf Ingenieure der Chemie stehe auch, dass mit der am gleichen Tage veröffentlichten 3. Durchführungsbestimmung/Entlohnung mit Chemikern obligatorisch Einzelverträge abzuschließen waren. In diese Verträge hätte obligatorisch die zusätzliche Altersversorgung aufgenommen werden müssen.
Einer Eingrenzung des Kreises der Versorgungsberechtigen auf Ingenieure der Chemie stehe außerdem entgegen, dass das Studium der Chemie auf Hochschulebene in der DDR in den 40er, 50er und 60er Jahren stets als Diplomchemiker abgeschlossen wurde. Das würde zu dem widersinnigen Ergebnis führen, dass hoch- qualifizierte Chemiker von der Zusatzversorgung ausgenommen wären. Chemieingenieure mit Fachschulabschluss wären einbezogen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach der Gehaltsgruppe für ingenieurtechnisches Personal entlohnt wurde.
Würde man der Auffassung folgen, dass mit der 2. Durchführungsbestimmung der Kreis der Versorgungsberechtigten im Vergleich zur Verordnung über die ZAVO technInt eingeschränkt wurde, hätte dies nach der Rechtsprechung des BSG keine Bedeutung. Eine der Verordnung widersprechende oder diese relativierende Beschlusslage seitens der DDR sei unerheblich. Der zu einem bestimmten Zeitpunkt eröffnete Kreis der Versorgungsberechtigten könne nicht mehr durch spätere Arbeitsrichtlinien oder Durchführungsbestimmungen verkleinert werden. Eine spätere Reduzierung des versorgungsberechtigten Personenkreises aus politischen, finanziellen oder anderen Motiven könne für die Anwendbarkeit des AAÜG nicht von Bedeutung sein.
Weiterhin ergebe sich die Versorgungsberechtigung der Klägerin aus § 1 Abs. 3 der 2. Durchführungsbestimmung. Danach gehöre zum Kreis der Versorgungsberechtigten, wer auf Grund eines Einzelvertrages Anspruch auf eine Altersversorgung hat. Zwar sei mit der Klägerin ein entsprechender Einzelvertrag nicht geschlossen worden. Jedoch hätte sie nach §§ 1 und 5 der 3. Durchführungsbestimmung/Entlohnung einen uneingeschränkten Anspruch auf Abschluss eines solchen Einzelvertrages mit obligatorischer Einbeziehung der zusätzlichen Altersversorgung. Komme es nach der Rechtsprechung des BSG für die Frage der Ausübung einer versorgungsberechtigten Tätigkeit nicht auf die formale Erteilung einer Versorgungszusage an, könne es für die Frage der Ausübung einer einzelvertragsberechtigenden und damit zugleich versorgungsberechtigenden Tätigkeit nicht auf den formalen Abschluss eines Einzelvertrages ankommen. Dass die später erlassene Verordnung über die Neuregelung des Abschlusses von Einzelverträgen mit Angehörigen der Intelligenz vom 23.07.1954 (GBl. I S. 897) lediglich eine fakultative Aufnahme der zusätzlichen Altersversorgung in Einzelverträgen vorgesehen habe, sei aus den dargelegten Gründen nicht relevant.
Gegen das am 31.08.2000 zugestellte Urteil legte die Beklagte am 15.09.2000 Berufung ein. Nach dem Text der Versorgungsordnung und ihrer 2. Durchführungsbestimmung sei eine Qualifikation als Diplomchemiker faktisch nicht genannt. Die Zusatzversorgung habe konkret nur eine Einbeziehung der Ingenieure, Konstrukteure, Architekten und Techniker aller Spezialgebiete vorgesehen. Alle weiteren Personenkreise, die die Vorschrift umfasse, könnten auf Antrag des Werkdirektors eingereiht werden. Diese Kann-Bestimmung erlaube aus bundesrechtlicher Sicht nicht, bei fehlender Versorgungszusage von erworbenen Versorgungsanwartschaften auszugehen. Die fehlende Ermessungsentscheidung zu Zeiten der DDR könne nicht rückwirkend aus bundesrechtlicher Sicht ersetzt werden.
Die Zusatzversorgung der technischen Intelligenz sei als erste Zusatzversorgung nach ihrem Gesamtbild nicht für alle Bereiche der technischen Intelligenz ausgelegt gewesen. Sie sollte wegen des forcierten Aufbaus der Industrieproduktion die Kader in der unmittelbaren Produktion begünstigen. Die Aufzählung auch von Technikern, Meistern, Polieren usw. zeige, dass nicht die Führungskader in breiter Ebene, sondern mehr ein vertikaler Schnitt durch alle Ebenen der Produktionsbereiche eines VEB angedacht war.
Soweit die Klägerin vortrage, die Tätigkeit als Diplomchemikerin sei unter dem Begriff Ingenieur zu subsummieren, könne nicht gefolgt werden. Auch die DDR habe einen Unterschied zwischen einem Chemiker und dem technischen Beruf eines Ingenieurs gemacht.
Die Beklagte beantragt daher,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23.08.2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Meinung, dass sie nach der 1. Durchführungsbestimmung zum Kreis der Versorgungsberechtigten gehöre. Als Angehörige der technischen Intelligenz hätten danach Ingenieure, Chemiker und Techniker gegolten. Mit der 2. Durchführungsbestimmung sei keine Einschränkung des betroffen Personenkreises beabsichtigt gewesen. Die 3. Durchführungsbestimmung beweise dies, da in deren § 1 auch die Chemiker ausdrücklich zu den Angehörigen der technischen Intelligenz gezählt werden. Sie verweist außerdem darauf, dass Urkunden über die Zugehörigkeit zur ZAVO technInt nach dem 13.08.1961 nicht mehr genehmigt worden seien. Dies sei politischen Gründen zuzuschreiben. In der letzten Zeit habe die BfA auf Antrag ehemaliger Angehöriger ihres Betriebes aus dem technischen Bereich die Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz nachträglich zuerkannt. Es könne nicht sein, dass die in der ehemaligen DDR praktizierte Diskriminierung akademischer Berufe nach der Vereinigung fortgesetzt werde.
Wegen des übrigen Vorbringens wird auf die Gerichtsakten aus beiden Instanzen und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die fristgerechte und statthafte Berufung der Beklagten, § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG), erweist sich als begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass ihre Beschäftigungszeit beim VEB Konstruktions- und Ingenieurbüro Chemie als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt wird.
Für die begehrte Feststellung ist das AAÜG anzuwenden. Nach § 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Die Zusatzversorgungssysteme sind in Anlage I zum AAÜG genannt, das unter Nr. 1 die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz nennt. Aufgabe des Trägers der Zusatzversorgung ist es nach § 8 AAÜG, dem Träger der für die Leistung zuständigen Rentenversicherung die Daten mitzuteilen, die zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dabei gelten Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine entsprechende Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wurde, als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung, § 5 AAÜG.
Nach § 8 Abs. 2 AAÜG hat der Versorgungsträger der Rentenversicherung die versorgungsspezifischen Tatsachen (Zeiten der Zugehörigkeit, Arbeitsentgelte, Arbeitseinkommen, Tätigkeiten in der DDR) mitzuteilen, die nach den §§ 5 bis 8 AAÜG für die spätere Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über die Höhe der SGB VI-Rente rechtserheblich sein können (BSG, Urteil vom 05.12.1996, 4 RA 94/95). Dies bedeutet, dass der Versorgungsträger zunächst festzustellen hat, für welche Zeiten die Zugehörigkeit besteht. Das BSG hat dazu entschieden (Urteil vom 04.08.1998, 4 RA 93/97 R): "Der Rechtsgehalt des § 5 AAÜG ist ausschließlich nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts zu ermitteln; es kommt weder auf die frühere Auslegung der Versorgungsordnungen durch die Staatsorgane der DDR oder auf deren Verwaltungspraxis an, noch haben der Rentenversicherungsträger und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit die früheren "Ansprüche" unter Anwendung des früheren DDR-Rechts (hier Versorgungsrechts) zu prüfen. Zugehörigkeitszeiten des § 5 AAÜG liegen immer dann vor, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war, die in den Anlagen I und II des AAÜG aufgelistet worden ist. Nur insoweit ist - in faktischer Anknüpfung an von der DDR erlassene Bestimmungen - zu klären, ob die ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit in einer Versorgungsordnung genannt ist."
Nach den anzuwendenden Kriterien war die Klägerin nicht einer Gruppe oder einem Berufsbild zuzuordnen, die in der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz oder einer Durchführungsbestimmung hierzu genannt ist. Nach der Entscheidung des BSG kommt es dabei nicht auf die Verwaltungspraxis in der DDR an. Dies könnte gegen die Anwendung der Durchführungsbestimmungen sprechen. Dies kann aber nur gelten, wenn es um Bestimmungen geht, die ihrer Art nach von der Verwaltung Belohnungen für Wohlverhalten zuließen, die zu bestimmten Gelegenheiten erlassen wurden und den Betroffenen nicht bekannt waren. Bei den von der Klägerin und der Beklagten angeführten Durchführungsbestimmungen handelt es sich um Vorschriften, die im Gesetzblatt veröffentlicht wurden und bis zur Schließung der Versorgungssysteme galten, bzw. durch veröffentlichte Vorschriften ersetzt oder ergänzt wurden (s.a. Urteil des BSG vom 30.06.1998, Az.: B 4 RA 11/98 R).
Die Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung selbst führt nicht aus, welcher Personenkreis zur technischen Intelligenz gehört. Der Kreis wird vielmehr durch die 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und in den gleichgestellten Betrieben vom 26.09.1950 und in der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersvorsorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und in den gleichgestellten Betrieben vom 24.05.1951 festgelegt. So bestimmt die 1. Durchführungsbestimmung in § 1, dass als Angehörige der technischen Intelligenz gelten Ingenieure, Chemiker und Techniker, die konstruktiv und schöpferisch in einem Produktionsbetrieb verantwortlich tätig sind und hervorragenden Einfluss auf die Herstellungsvorgänge nehmen. § 3 bestimmt hierzu, dass die volkseigenen Betriebe ihre Vorschläge an das für sie zuständige Ministerium einreichen. Die Bestätigungen (über die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung) sind von dem zuständigen Ministerium und dem Ministerium der Finanzen der Deutschen Demokratischen Republik vorzunehmen. Auf Grund der Bestätigung hatten die Vereinigungen der volkseigenen Betriebe die zusätzlich zu versorgenden Mitarbeiter der technischen Intelligenz bei der Versicherungsanstalt des Landes Brandenburg in Potsdam anzumelden. Diese hatte den Versicherungsschein zuzustellen. Dieses Verfahren zeigt, dass die Formulierung "konstruktiv und schöpferisch ..." ein gesondertes Kriterium für die Einbeziehung ist.
Die Regelungen der 1. Durchführungsbestimmung zeigen, dass der Kreis der Versorgungsberechtigten durch diese veröffentlichte Vorschrift nicht endgültig bestimmt wurde. Es war vielmehr noch ein Auswahlakt vorzunehmen. Soweit das Bundessozialgericht entschieden hat, dass es auf die praktische Durchführung, die Auslegung der Versorgungsordnung seitens der DDR-Organe oder eine der Versorgungsordnung widersprechende oder diese relativierende Beschlusslage seitens der ehemaligen DDR nicht ankomme (Urteil des BSG vom 30.06.1998, 4 RA 11/98) kann dies für die 1. Durchführungsbestimmung nur bedeuten, dass eine objektive Bestimmung des Kreises der Versorgungsberechtigten nicht möglich ist. Eine Einbeziehung der Klägerin in den Kreis der technischen Intelligenz ist durch diese Vorschrift nicht erfolgt. Eine objektive Bestimmung des Kreises ist nicht möglich. Vielmehr konnten aus dem Kreis der Mitarbeiter mit technischen Berufen besonders wichtige Personen in die zusätzliche Altersversorgung einbezogen werden.
Die nach § 5 der Versorgungsordnung erlassene 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz umschreibt den Kreis der Versorgungsberechtigten:
"Als Angehörige der technischen Intelligenz im Sinne des § 1 der Verordnung vom 17. August 1950 über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben gelten: Ingenieure, Konstrukteure, Architekten und Techniker aller Spezialgebiete, wie Ingenieure und Techniker des Bergbaus, der Metallurgie, das Maschinenbaues, der Elektrotechnik, der Feinmechanik und Optik, der Chemie, des Bauwesens und Statiker. Zu diesem Kreis gehören ferner Werkdirektoren und Lehrer technischer Fächer an den Fach- und Hochschulen. Außerdem können auf Antrag des Werkdirektors durch das zuständige Fachministerium bzw. die zuständige Hauptverwaltung auch andere Personen, die verwaltungstechnische Funktionen bekleiden, wie Stellvertretende Direktoren, Produktionsleiter, Abteilungsleiter, Meister, Steiger, Poliere im Bauwesen, Laboratoriumsleiter, Bauleiter, Leiter von produktionstechnischen Abteilungen und andere Spezialisten, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Techikers haben, aber durch ihre Arbeit bedeutenden Einfluss auf den Produktionsprozess ausüben, eingereiht werden."
Diese Formulierung zeigt, dass Angehörige bestimmter Berufe unabhängig von irgendwelchen staatlichen Akten in den Kreis der Versorgungsberechtigten einbezogen sind. Die Inhaber bestimmter Funktionen konnten durch einen zusätzlichen Akt in den Kreis der Versorgungsberechtigten einbezogen werden. Zu diesem Personenkreis gehört die Klägerin, nicht zu den Personen, die kraft ihrer Ausbildung der zusätzlichen Altersversorgung angehören. Die Vorschrift engte auch entgegen der Ansicht des SG nicht den Kreis der Zugehörigen ein. Die 1. Durchführungsbestimmung ließ eine Versorgungszusage an die Personen zu, die verantwortlich tätig waren und und hervorragenden Einfluss auf die Herstellungsvorgänge nahmen. Dies ist nach der 2. Durchführungsbestimmung weiter ein Teil der Personen, die auf Antrag des Werkdirektors in den Kreis der Versorgungsberechtigten aufzunehmen war. Dieser Kreis wurde aber um weitere Berufe und Funktionen erweitert. Außerdem wurde zusätzlich ein Kreis von Personen mit bestimmten Berufsabschlüssen bestimmt, der ohne verantwortliche Tätigkeit und hervorragenden Einfluss auf die Produktion der technischen Intelligenz zugerechnet wurde.
Dem Argument, dass die Bezeichnung Ingenieur in der Durchführungsbestimmung "umgangssprachlich" verwendet sei, damit alle gemeint seien, die eine Ingenieurtätigkeit ausüben, kann nicht gefolgt werden. Dagegen spricht schon die Formulierung der Bestimmung, die von dem formellen Begriff ausgeht. Ausdrücklich geregelt ist, dass "andere Spezialisten, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Technikers haben," einbezogen werden können. Die Klägerin ist Diplomchemikerin, nicht Chemieingenieurin. Sie ist und war nicht berechtigt, den Titel Ingenieur zu führen. Diese Berechtigung regelte die Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" vom 12.04.1962, GBl. II S. 278. Nach § 1 der Verordnung war die Berechtigung an den Nachweis eines abgelegten technischen Examens an einer deutschen Hochschule oder Universität vor 1945 oder der DDR ab 1945 mit der Verleihung des entsprechenden Diploms, oder durch Besitz eines Ingenieurzeugnisses einer Fachschule oder an die Zuerkennung der Berufsbezeichnung durch andere gesetzliche Vorschriften gebunden. Die Klägerin gehört auch nicht zu dem Personenkreis, der nach § 2 der Verordnung gleichgestellt ist. Hier geht um Ausbildungen vor 1945 oder Abschlüsse anderer Staaten. Der Klägerin wurde der Titel auch nicht nach § 3 der Verordnung zuerkannt.
Eine Zugehörigkeit der Klägerin zur ZAVO technInt ergibt sich auch nicht aus der 3. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verbesserung der Entlohnung. Diese Vorschrift beschreibt nicht den Kreis der Zugehörigen zur technischen Intelligenz sondern nimmt Bezug auf den nach anderen Vorschriften feststehenden Begriff. Die Verordnung über die Verbesserung der Entlohnung der Arbeiter und Angestellten in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17.08.1950, GBl. S. 839, betrifft die Löhne aller Arbeiter und Angestellten. Der Begriff technische Intelligenz kommt in der Verordnung nicht vor. Sie lässt nur in § 4 den Abschluss von Einzelverträgen mit leitenden Angestellten und Fachkräften besonderer Qualifikation zu, also nicht beschränkt auf Angehörige der technischen Intelligenz. In § 5 befindet sich eine Ermächtigung zum Erlass von Durchführungsbestimmungen. Die 3. Durchführungsbestimmung beschäftigt sich mit Einzelverträgen nach § 4 der Verordnung. In § 1 der Durchführungsbestimmung ist der Kreis genannt, mit dem Einzelverträge abzuschließen sind. Hierbei ist nur auf einen Teil der Personen verwiesen, der in § 1 Abs. 1 der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung genannt ist. Die Aufzählung der einzelnen Berufe steht unter der Prämisse, dass Einzelverträge mit solchen Angehörigen der technischen Intelligenz abzuschließen sind, "die verantwortlich tätig sind und hervorragenden Einfluss auf die Produktion nehmen." Damit ist der Kreis der Zugehörigen nicht objek- tiv durch die Beschreibung in der Vorschrift bestimmt. Es ist wieder ein zusätzlicher Prüfungsakt nötig. Der Entscheidung, wer hervorragenden Einfluss auf die (sozialistische) Produktion hatte, kann aus heutiger Sicht nicht mehr getroffen werden. Aus diesem Grund kann auch nicht gesagt werden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Abschluss eines Einzelvertrages hatte. Die Überprüfung zeigt auch, dass durch die Vorschrift kein anderer Kreis der Versorgungsberechtigten bestimmt wurde. Vielmehr wur- de festgelegt, dass mit bestimmten Mitarbeitern, die aus Sicht des Betriebes sehr wichtig waren, Einzelverträge zu schließen waren, die dann zwingend die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung beinhalteten. Dieser genannte Kreis gehörte zu den Arbeitnehmern, der nach § 1 Abs. 1 der 2. Durchführungs- bestimmung nach dem Beruf der Altersversorgung zuzuordnen war oder auf Antrag des Werkdirektors in den Kreis einzureihen war. Die beiden Personenkreise stimmten aber nicht überein, denn z. B. Ingenieure oder Techniker, die keinen hervorragenden Ein- fluss auf die Produktion hatten und auch nicht verantwortlich tätig waren, hatten keinen Anspruch auf einen Einzelvertrag.
Damit steht fest, dass die Klägerin zu dem Kreis der techni- schen Intelligenz gehört, der der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz angehörte, wenn das zuständige Fachministerium auf Antrag des Werkdirektors ihn in den Kreis eingereiht hatte, damit eine Versorgungszusage erteilt war. Nach der Versorgungszusage ist dann aber die gesamte Zeit der Tätigkeit dem Versorgungssystem zuzurechnen (so der dem Urteil des BSG vom 30.06.1998, Az.: B 4 RA 11/98 R, zugrunde liegende Fall). Die Ermessensentscheidung über die Aufnahme in die zusätzliche Altersversorgung kann nicht mehr getroffen werden. Die Zusatzversorgungssysteme wurden zum 30.06.1990 geschlossen. Für die Entscheidung waren Minister oder andere Gremien der DDR zuständig. Durch den Beitritt der Bundesländer der früheren DDR zur Bundesrepublik ist die DDR samt ihren Untergliederungen ohne Rechtsnachfolger untergegangen (Urteil des BSG v. 24.03.1998, Az.: B 4 RA 86/95 R = BSGE 82, 77).
Aus diesen Gründen war das Urteil des SG Leipzig vom 23.08.2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, § 160 Abs. 2 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (ZAVO technInt) angehört.
Die am ... geborene Klägerin studierte an der Technischen Hochschule Dresden Chemie und schloss das Studium im Jahre 1959 mit dem Diplom ab. Vom 01.06.1959 bis 31.01.1971 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin beim VEB Konstruktions- und Ingenieurbüro Chemie in ... Zunächst hatte sie bis 30.09.1960 einen Förderungsvertrag zur Ableistung der praktischen Vorbereitungszeit. Sie erhielt eine Vergütung der Gruppe I II. Ab dem 01.10.1960 wurde ein Arbeitsvertrag als wissenschaftliche Mitarbeiterin geschlossen. Bei der Vergütungsgruppe blieb es. Im Rahmen einer Aspirantur bis 30.09.1974 promovierte sie an der Karl-Marx Universität in Leipzig zum Dr. rer. nat. Anschließend war sie bis 30.06.1990 erneut im VEB Konstruktions- und Ingenieurbüro Chemie als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Verfahrensingenieurin beschäftigt. Ab 01.10.1974 gehörte sie der Gehaltsgruppe J IV an. Ab dem 01.09.1979 wurde ihr die Tätigkeit einer Verfahrensingenieurin übertragen. Die Entlohnung erfolgte nach der Gruppe HF 4. Nach einer schriftlichen Äußerung des Werkdirektors Naumann vom 02.03.01 wurden mit Tätigkeiten als Verfahrensingenieur ausgebildete Ingenieure, Diplomchemiker, Physiko-Chemiker und andere Wissenschaftler eingesetzt. Bezogen auf die Entlohnung sei eine Gleichbehandlung für die gleiche Tätigkeit erfolgt. Aufgabe der Klägerin sei es gewesen, verfahrenstechnische Teile von Projektunterlagen auszuarbeiten, die für die komplexe Anlagenprojektierung benötigt wurden.
Am 07.02.1999 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung, dass sie der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz seit dem 01.06.1959 zugehört habe. Ihre Tätigkeit als Diplomchemikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin sei nach der neuen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entsprechend § 8 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) als Zeit der Zugehörigkeit zur ZAVO technInt festzustellen und die entsprechende Mitteilung an den Rentenversicherungsträger zu fertigen. Nach einer zweijährigen Absolventenzeit habe ein Rechtsanspruch auf Aufnahme in die zusätzliche Alterversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und in den gleichgestellten Betrieben bestanden (Verordnung vom 17.08.1950, GBl. I S. 844).
Mit Bescheid vom 09.06.1999 lehnte die Beklagte die Anerkennung dieser Zeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem ab. Eine positive Versorgungszusage habe zu Zeiten der DDR nicht bestanden. Ohne erteilte Zusage lägen Zugehörigkeitszeiten nur vor, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden sei, die ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst war. Die Qualifikation als Diplomchemiker entspreche nach dem Wortlaut der Versorgungsordnung nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers. Es gebe hier auch keine Regelungen, nach denen dieser Berufskreis generell dem Ingenieur gleichgestellt worden sei. Ein Diplomchemiker gehöre zu den so genannten Ermessensfällen, die auf Antrag des Werkdirektors in die Angehörigen des Zusatzversorgungssystems eingereiht werden konnten. Eine bis zur Schließung der Versorgungssysteme nicht getroffene Ermessensentscheidung der damals dazu berufenen Stellen könne nicht durch eine Ermessensentscheidung des bundesdeutschen Versorgungsträgers nachgeholt werden.
Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin fristgerecht Widerspruch ein. Nach § 1 der Versorgungsordnung hätten auch Angestellte mit Ausbildungsberufen der Chemie zum berechtigten Personenkreis gehört. Auch Chemiker seien nach der 3. Durchführungsbestimmung vom 24.05.1951, GBl. I S. 488, einbezogen gewesen. Hochschulabsolventen der Chemie mit dem Abschluss als Diplomingenieur habe es in der ehemaligen DDR nur bis Mitte der 50er Jahre gegeben. Danach hätten alle den akademischen Grad eines Diplomchemikers bekommen. Der Studiengang sei aber unverändert geblieben. Ihre Entlohnung im Betrieb sei nach dem Ingenieurtarif erfolgt. Sie sei in der Abteilung Verfahrenstechnik tätig gewesen. Diese habe mehrheitlich aus Mitarbeitern mit naturwissenschaftlichem Hochschulabschluss bestanden. Es seien Diplommathematiker, Diplomphysiker und Diplomchemiker gewesen, die entsprechend ihrem Eintritt in den Betrieb die Urkunde erhalten hätten, auch ohne über Leitungsfunktionen zu verfügen. Wegen der Abschottung der DDR ab August 1961 habe es keine Veranlassung mehr gegeben, Angehörige der technischen Intelligenz besonders zu fördern. Deswegen seien Urkunden fast nicht mehr erteilt worden. Sie sei aber auch ohne Urkunde dem Personenkreis zuzurechnen, der in die Altersversorgung der technischen Intelligenz einzubeziehen gewesen sei.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 06.09.1999 zurück. Das Bundessozialgericht habe in einer Reihe von Entscheidungen festgelegt, dass die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nicht von einer erteilten Versorgungszusage abhänge. Es genüge, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war. Es komme damit auf die Art der ausgeübten Tätigkeit, die erforderliche Qualifikation und den zutreffenden Beschäftigungsbereich an. Die Qualifikation eines Diplomchemikers entspreche nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers im Sinne der Versorgungsordnung. Die tatsächliche Ausübung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit sei unbeachtlich. Die BfA als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme sei an Recht und Gesetz gebunden. Es müsse daher bei der getroffenen Entscheidung verbleiben.
Hiergegen richtet sich die am 20.09.1999 beim Sozialgericht (SG) Leipzig erhobene Klage, mit der die Klägerin ihr Ziel weiter verfolgt. Zur Begründung nahm die Klägerin Bezug auf ihren Widerspruch.
Auf Anfrage des SG teilte die Technische Universität Dresden mit, dass in den Jahren 1950 bis 1968 das Studium der Chemie generell mit dem akademischen Grad Diplomchemiker beendet wurde. Gleichzeitig wurde auf die Mitteilungen des Staatssekretariats für das Hoch- und Fachschulwesen, insbesondere die Mitteilung Nr. 20/1963 über die Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur, verwiesen.
Mit Urteil vom 23.08.2000 gab das SG Leipzig dem Begehren statt und verurteilte die Beklagte, die Zeiträume vom 01.06.1959 bis 31.01.1971 sowie 14.10.1974 bis 30.06.1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich bezogenen Arbeitsentgelte festzustellen. Die Klägerin habe nach § 8 Abs. 1 bis 3 i. V. m. § 5 Abs. 1 AAÜG einen Anspruch auf Feststellung dieser Zeiten. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG hänge die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nicht notwendig davon ab, ob und wann in der DDR die Versorgungszusage erteilt worden sei. Zugehörigkeitszeiten lägen vor, wenn eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Alterversorgung vorgesehen war. Auf die praktische Durchführung der Versorgungsordnung seitens der DDR-Organe komme es nicht an. Verwiesen ist auf die Urteile des BSG vom 24.03.1998, 4 RA 27/97, vom 23.06.1998, 4 RA 5/97 und 4 RA 61/97, vom 30.06.1998, 4 RA 11/98 und 4 RA 94/97, vom 04.08.1998, 4 RA 63/97, und vom 04.08.1999, 4 RA 1/99.
Die Klägerin habe in den streitigen Zeiträumen eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt, die in der Versorgungsordnung der technischen Intelligenz als versorgungsberechtigt aufgelistet sei. Nach § 1 der 1. Durchführungsbestimmung vom 26.09.1950 (GBl. I S. 1043) würden als Angehörige der technischen Intelligenz unter anderem gelten Ingenieure, Chemiker ..., die konstruktiv und schöpferisch in einem Produktionsbetrieb verantwortlich tätig sind und hervorragenden Einfluss auf die Herstellungsvorgänge nehmen. Damit sei die Tätigkeit der Klägerin als versorgungsberechtigend konkret aufgelistet. Dieser Regelung sei nicht zu entnehmen, dass Chemiker nur bei zusätzlicher Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur versorgungsberechtigt gewesen sein sollten. Auch die Formulierung "konstruktiv und schöpferisch in einem Produktionsbetrieb verantwortlich tätig sind und hervorragenden Einfluss auf die Herstellungsvorgänge nehmen" sei nicht als zusätzliches, über den erfolgreichen Abschluss eines Studiums der Chemie hinausgehendes Erfordernis anzusehen. Dies ergebe sich nicht zuletzt aus der 3. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verbesserung der Entlohnung der Arbeiter und Angestellten in den volkseigenen und in den gleichgestellten Betrieben vom 24.05.1951 (GBl. I S. 488). Nach § 1 Abs. 1 dieser Vorschrift gehörten Chemiker mit Hochschulabschluss, die in volkseigenen Betrieben tätig seien, allein auf Grund ihrer Qualifikation zu den Angehörigen der technischen Intelligenz.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Regelungen in § 1 Satz 1 der 2. Durchführungsbestimmung. Danach gehörten zum Kreis der Versorgungsberechtigten unter anderem Ingenieure und Techniker der Chemie. Dadurch sei die 1. Durchführungsbestimmung nicht dahingehend eingeschränkt, dass nunmehr der Titel eines Ingenieurs erforderlich sei. Diese 2. Durchführungsbestimmung sei in Zusammenhang mit der am gleichen Tage veröffentlichten Durchführungsbestimmung zu der Verordnung zur Entwicklung einer fortschrittlichen demokratischen Kultur des deutschen Volkes und zur weiteren Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Intelligenz (GBl. I S. 485) zu sehen. Danach sollten unter anderem die bisher nur teilweise verwirklichten Beschlüsse zur Verbesserung der materiellen Lage der technischen Intelligenz verwirklicht werden. Vor diesem Hintergrund sei eine weitergehende Eingrenzung und Reduzierung des Kreises der Versorgungsberechtigten und eine nunmehr erstmals vorgenommene Ausgrenzung der Chemiker ohne Ingenieurtitel nicht anzunehmen. Auch das BSG gehe in seiner Entscheidung vom 23.06.1998 (4 RA 11/98), in der ebenfalls ein Diplomchemiker die Feststellung weiterer Zusatzversorgungszeiten geltend gemacht habe, davon aus, dass diese Gruppe zu den in § 1 Abs. 1 der 2. Durchführungsbestimmung aufgeführten Berufsgruppen gehört.
Gegen die Eingrenzung des Kreises der Versorgungsberechtigten auf Ingenieure der Chemie stehe auch, dass mit der am gleichen Tage veröffentlichten 3. Durchführungsbestimmung/Entlohnung mit Chemikern obligatorisch Einzelverträge abzuschließen waren. In diese Verträge hätte obligatorisch die zusätzliche Altersversorgung aufgenommen werden müssen.
Einer Eingrenzung des Kreises der Versorgungsberechtigen auf Ingenieure der Chemie stehe außerdem entgegen, dass das Studium der Chemie auf Hochschulebene in der DDR in den 40er, 50er und 60er Jahren stets als Diplomchemiker abgeschlossen wurde. Das würde zu dem widersinnigen Ergebnis führen, dass hoch- qualifizierte Chemiker von der Zusatzversorgung ausgenommen wären. Chemieingenieure mit Fachschulabschluss wären einbezogen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach der Gehaltsgruppe für ingenieurtechnisches Personal entlohnt wurde.
Würde man der Auffassung folgen, dass mit der 2. Durchführungsbestimmung der Kreis der Versorgungsberechtigten im Vergleich zur Verordnung über die ZAVO technInt eingeschränkt wurde, hätte dies nach der Rechtsprechung des BSG keine Bedeutung. Eine der Verordnung widersprechende oder diese relativierende Beschlusslage seitens der DDR sei unerheblich. Der zu einem bestimmten Zeitpunkt eröffnete Kreis der Versorgungsberechtigten könne nicht mehr durch spätere Arbeitsrichtlinien oder Durchführungsbestimmungen verkleinert werden. Eine spätere Reduzierung des versorgungsberechtigten Personenkreises aus politischen, finanziellen oder anderen Motiven könne für die Anwendbarkeit des AAÜG nicht von Bedeutung sein.
Weiterhin ergebe sich die Versorgungsberechtigung der Klägerin aus § 1 Abs. 3 der 2. Durchführungsbestimmung. Danach gehöre zum Kreis der Versorgungsberechtigten, wer auf Grund eines Einzelvertrages Anspruch auf eine Altersversorgung hat. Zwar sei mit der Klägerin ein entsprechender Einzelvertrag nicht geschlossen worden. Jedoch hätte sie nach §§ 1 und 5 der 3. Durchführungsbestimmung/Entlohnung einen uneingeschränkten Anspruch auf Abschluss eines solchen Einzelvertrages mit obligatorischer Einbeziehung der zusätzlichen Altersversorgung. Komme es nach der Rechtsprechung des BSG für die Frage der Ausübung einer versorgungsberechtigten Tätigkeit nicht auf die formale Erteilung einer Versorgungszusage an, könne es für die Frage der Ausübung einer einzelvertragsberechtigenden und damit zugleich versorgungsberechtigenden Tätigkeit nicht auf den formalen Abschluss eines Einzelvertrages ankommen. Dass die später erlassene Verordnung über die Neuregelung des Abschlusses von Einzelverträgen mit Angehörigen der Intelligenz vom 23.07.1954 (GBl. I S. 897) lediglich eine fakultative Aufnahme der zusätzlichen Altersversorgung in Einzelverträgen vorgesehen habe, sei aus den dargelegten Gründen nicht relevant.
Gegen das am 31.08.2000 zugestellte Urteil legte die Beklagte am 15.09.2000 Berufung ein. Nach dem Text der Versorgungsordnung und ihrer 2. Durchführungsbestimmung sei eine Qualifikation als Diplomchemiker faktisch nicht genannt. Die Zusatzversorgung habe konkret nur eine Einbeziehung der Ingenieure, Konstrukteure, Architekten und Techniker aller Spezialgebiete vorgesehen. Alle weiteren Personenkreise, die die Vorschrift umfasse, könnten auf Antrag des Werkdirektors eingereiht werden. Diese Kann-Bestimmung erlaube aus bundesrechtlicher Sicht nicht, bei fehlender Versorgungszusage von erworbenen Versorgungsanwartschaften auszugehen. Die fehlende Ermessungsentscheidung zu Zeiten der DDR könne nicht rückwirkend aus bundesrechtlicher Sicht ersetzt werden.
Die Zusatzversorgung der technischen Intelligenz sei als erste Zusatzversorgung nach ihrem Gesamtbild nicht für alle Bereiche der technischen Intelligenz ausgelegt gewesen. Sie sollte wegen des forcierten Aufbaus der Industrieproduktion die Kader in der unmittelbaren Produktion begünstigen. Die Aufzählung auch von Technikern, Meistern, Polieren usw. zeige, dass nicht die Führungskader in breiter Ebene, sondern mehr ein vertikaler Schnitt durch alle Ebenen der Produktionsbereiche eines VEB angedacht war.
Soweit die Klägerin vortrage, die Tätigkeit als Diplomchemikerin sei unter dem Begriff Ingenieur zu subsummieren, könne nicht gefolgt werden. Auch die DDR habe einen Unterschied zwischen einem Chemiker und dem technischen Beruf eines Ingenieurs gemacht.
Die Beklagte beantragt daher,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23.08.2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Meinung, dass sie nach der 1. Durchführungsbestimmung zum Kreis der Versorgungsberechtigten gehöre. Als Angehörige der technischen Intelligenz hätten danach Ingenieure, Chemiker und Techniker gegolten. Mit der 2. Durchführungsbestimmung sei keine Einschränkung des betroffen Personenkreises beabsichtigt gewesen. Die 3. Durchführungsbestimmung beweise dies, da in deren § 1 auch die Chemiker ausdrücklich zu den Angehörigen der technischen Intelligenz gezählt werden. Sie verweist außerdem darauf, dass Urkunden über die Zugehörigkeit zur ZAVO technInt nach dem 13.08.1961 nicht mehr genehmigt worden seien. Dies sei politischen Gründen zuzuschreiben. In der letzten Zeit habe die BfA auf Antrag ehemaliger Angehöriger ihres Betriebes aus dem technischen Bereich die Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz nachträglich zuerkannt. Es könne nicht sein, dass die in der ehemaligen DDR praktizierte Diskriminierung akademischer Berufe nach der Vereinigung fortgesetzt werde.
Wegen des übrigen Vorbringens wird auf die Gerichtsakten aus beiden Instanzen und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die fristgerechte und statthafte Berufung der Beklagten, § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG), erweist sich als begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass ihre Beschäftigungszeit beim VEB Konstruktions- und Ingenieurbüro Chemie als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt wird.
Für die begehrte Feststellung ist das AAÜG anzuwenden. Nach § 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Die Zusatzversorgungssysteme sind in Anlage I zum AAÜG genannt, das unter Nr. 1 die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz nennt. Aufgabe des Trägers der Zusatzversorgung ist es nach § 8 AAÜG, dem Träger der für die Leistung zuständigen Rentenversicherung die Daten mitzuteilen, die zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dabei gelten Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine entsprechende Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wurde, als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung, § 5 AAÜG.
Nach § 8 Abs. 2 AAÜG hat der Versorgungsträger der Rentenversicherung die versorgungsspezifischen Tatsachen (Zeiten der Zugehörigkeit, Arbeitsentgelte, Arbeitseinkommen, Tätigkeiten in der DDR) mitzuteilen, die nach den §§ 5 bis 8 AAÜG für die spätere Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über die Höhe der SGB VI-Rente rechtserheblich sein können (BSG, Urteil vom 05.12.1996, 4 RA 94/95). Dies bedeutet, dass der Versorgungsträger zunächst festzustellen hat, für welche Zeiten die Zugehörigkeit besteht. Das BSG hat dazu entschieden (Urteil vom 04.08.1998, 4 RA 93/97 R): "Der Rechtsgehalt des § 5 AAÜG ist ausschließlich nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts zu ermitteln; es kommt weder auf die frühere Auslegung der Versorgungsordnungen durch die Staatsorgane der DDR oder auf deren Verwaltungspraxis an, noch haben der Rentenversicherungsträger und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit die früheren "Ansprüche" unter Anwendung des früheren DDR-Rechts (hier Versorgungsrechts) zu prüfen. Zugehörigkeitszeiten des § 5 AAÜG liegen immer dann vor, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war, die in den Anlagen I und II des AAÜG aufgelistet worden ist. Nur insoweit ist - in faktischer Anknüpfung an von der DDR erlassene Bestimmungen - zu klären, ob die ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit in einer Versorgungsordnung genannt ist."
Nach den anzuwendenden Kriterien war die Klägerin nicht einer Gruppe oder einem Berufsbild zuzuordnen, die in der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz oder einer Durchführungsbestimmung hierzu genannt ist. Nach der Entscheidung des BSG kommt es dabei nicht auf die Verwaltungspraxis in der DDR an. Dies könnte gegen die Anwendung der Durchführungsbestimmungen sprechen. Dies kann aber nur gelten, wenn es um Bestimmungen geht, die ihrer Art nach von der Verwaltung Belohnungen für Wohlverhalten zuließen, die zu bestimmten Gelegenheiten erlassen wurden und den Betroffenen nicht bekannt waren. Bei den von der Klägerin und der Beklagten angeführten Durchführungsbestimmungen handelt es sich um Vorschriften, die im Gesetzblatt veröffentlicht wurden und bis zur Schließung der Versorgungssysteme galten, bzw. durch veröffentlichte Vorschriften ersetzt oder ergänzt wurden (s.a. Urteil des BSG vom 30.06.1998, Az.: B 4 RA 11/98 R).
Die Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung selbst führt nicht aus, welcher Personenkreis zur technischen Intelligenz gehört. Der Kreis wird vielmehr durch die 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und in den gleichgestellten Betrieben vom 26.09.1950 und in der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersvorsorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und in den gleichgestellten Betrieben vom 24.05.1951 festgelegt. So bestimmt die 1. Durchführungsbestimmung in § 1, dass als Angehörige der technischen Intelligenz gelten Ingenieure, Chemiker und Techniker, die konstruktiv und schöpferisch in einem Produktionsbetrieb verantwortlich tätig sind und hervorragenden Einfluss auf die Herstellungsvorgänge nehmen. § 3 bestimmt hierzu, dass die volkseigenen Betriebe ihre Vorschläge an das für sie zuständige Ministerium einreichen. Die Bestätigungen (über die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung) sind von dem zuständigen Ministerium und dem Ministerium der Finanzen der Deutschen Demokratischen Republik vorzunehmen. Auf Grund der Bestätigung hatten die Vereinigungen der volkseigenen Betriebe die zusätzlich zu versorgenden Mitarbeiter der technischen Intelligenz bei der Versicherungsanstalt des Landes Brandenburg in Potsdam anzumelden. Diese hatte den Versicherungsschein zuzustellen. Dieses Verfahren zeigt, dass die Formulierung "konstruktiv und schöpferisch ..." ein gesondertes Kriterium für die Einbeziehung ist.
Die Regelungen der 1. Durchführungsbestimmung zeigen, dass der Kreis der Versorgungsberechtigten durch diese veröffentlichte Vorschrift nicht endgültig bestimmt wurde. Es war vielmehr noch ein Auswahlakt vorzunehmen. Soweit das Bundessozialgericht entschieden hat, dass es auf die praktische Durchführung, die Auslegung der Versorgungsordnung seitens der DDR-Organe oder eine der Versorgungsordnung widersprechende oder diese relativierende Beschlusslage seitens der ehemaligen DDR nicht ankomme (Urteil des BSG vom 30.06.1998, 4 RA 11/98) kann dies für die 1. Durchführungsbestimmung nur bedeuten, dass eine objektive Bestimmung des Kreises der Versorgungsberechtigten nicht möglich ist. Eine Einbeziehung der Klägerin in den Kreis der technischen Intelligenz ist durch diese Vorschrift nicht erfolgt. Eine objektive Bestimmung des Kreises ist nicht möglich. Vielmehr konnten aus dem Kreis der Mitarbeiter mit technischen Berufen besonders wichtige Personen in die zusätzliche Altersversorgung einbezogen werden.
Die nach § 5 der Versorgungsordnung erlassene 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz umschreibt den Kreis der Versorgungsberechtigten:
"Als Angehörige der technischen Intelligenz im Sinne des § 1 der Verordnung vom 17. August 1950 über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben gelten: Ingenieure, Konstrukteure, Architekten und Techniker aller Spezialgebiete, wie Ingenieure und Techniker des Bergbaus, der Metallurgie, das Maschinenbaues, der Elektrotechnik, der Feinmechanik und Optik, der Chemie, des Bauwesens und Statiker. Zu diesem Kreis gehören ferner Werkdirektoren und Lehrer technischer Fächer an den Fach- und Hochschulen. Außerdem können auf Antrag des Werkdirektors durch das zuständige Fachministerium bzw. die zuständige Hauptverwaltung auch andere Personen, die verwaltungstechnische Funktionen bekleiden, wie Stellvertretende Direktoren, Produktionsleiter, Abteilungsleiter, Meister, Steiger, Poliere im Bauwesen, Laboratoriumsleiter, Bauleiter, Leiter von produktionstechnischen Abteilungen und andere Spezialisten, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Techikers haben, aber durch ihre Arbeit bedeutenden Einfluss auf den Produktionsprozess ausüben, eingereiht werden."
Diese Formulierung zeigt, dass Angehörige bestimmter Berufe unabhängig von irgendwelchen staatlichen Akten in den Kreis der Versorgungsberechtigten einbezogen sind. Die Inhaber bestimmter Funktionen konnten durch einen zusätzlichen Akt in den Kreis der Versorgungsberechtigten einbezogen werden. Zu diesem Personenkreis gehört die Klägerin, nicht zu den Personen, die kraft ihrer Ausbildung der zusätzlichen Altersversorgung angehören. Die Vorschrift engte auch entgegen der Ansicht des SG nicht den Kreis der Zugehörigen ein. Die 1. Durchführungsbestimmung ließ eine Versorgungszusage an die Personen zu, die verantwortlich tätig waren und und hervorragenden Einfluss auf die Herstellungsvorgänge nahmen. Dies ist nach der 2. Durchführungsbestimmung weiter ein Teil der Personen, die auf Antrag des Werkdirektors in den Kreis der Versorgungsberechtigten aufzunehmen war. Dieser Kreis wurde aber um weitere Berufe und Funktionen erweitert. Außerdem wurde zusätzlich ein Kreis von Personen mit bestimmten Berufsabschlüssen bestimmt, der ohne verantwortliche Tätigkeit und hervorragenden Einfluss auf die Produktion der technischen Intelligenz zugerechnet wurde.
Dem Argument, dass die Bezeichnung Ingenieur in der Durchführungsbestimmung "umgangssprachlich" verwendet sei, damit alle gemeint seien, die eine Ingenieurtätigkeit ausüben, kann nicht gefolgt werden. Dagegen spricht schon die Formulierung der Bestimmung, die von dem formellen Begriff ausgeht. Ausdrücklich geregelt ist, dass "andere Spezialisten, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Technikers haben," einbezogen werden können. Die Klägerin ist Diplomchemikerin, nicht Chemieingenieurin. Sie ist und war nicht berechtigt, den Titel Ingenieur zu führen. Diese Berechtigung regelte die Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" vom 12.04.1962, GBl. II S. 278. Nach § 1 der Verordnung war die Berechtigung an den Nachweis eines abgelegten technischen Examens an einer deutschen Hochschule oder Universität vor 1945 oder der DDR ab 1945 mit der Verleihung des entsprechenden Diploms, oder durch Besitz eines Ingenieurzeugnisses einer Fachschule oder an die Zuerkennung der Berufsbezeichnung durch andere gesetzliche Vorschriften gebunden. Die Klägerin gehört auch nicht zu dem Personenkreis, der nach § 2 der Verordnung gleichgestellt ist. Hier geht um Ausbildungen vor 1945 oder Abschlüsse anderer Staaten. Der Klägerin wurde der Titel auch nicht nach § 3 der Verordnung zuerkannt.
Eine Zugehörigkeit der Klägerin zur ZAVO technInt ergibt sich auch nicht aus der 3. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verbesserung der Entlohnung. Diese Vorschrift beschreibt nicht den Kreis der Zugehörigen zur technischen Intelligenz sondern nimmt Bezug auf den nach anderen Vorschriften feststehenden Begriff. Die Verordnung über die Verbesserung der Entlohnung der Arbeiter und Angestellten in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17.08.1950, GBl. S. 839, betrifft die Löhne aller Arbeiter und Angestellten. Der Begriff technische Intelligenz kommt in der Verordnung nicht vor. Sie lässt nur in § 4 den Abschluss von Einzelverträgen mit leitenden Angestellten und Fachkräften besonderer Qualifikation zu, also nicht beschränkt auf Angehörige der technischen Intelligenz. In § 5 befindet sich eine Ermächtigung zum Erlass von Durchführungsbestimmungen. Die 3. Durchführungsbestimmung beschäftigt sich mit Einzelverträgen nach § 4 der Verordnung. In § 1 der Durchführungsbestimmung ist der Kreis genannt, mit dem Einzelverträge abzuschließen sind. Hierbei ist nur auf einen Teil der Personen verwiesen, der in § 1 Abs. 1 der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung genannt ist. Die Aufzählung der einzelnen Berufe steht unter der Prämisse, dass Einzelverträge mit solchen Angehörigen der technischen Intelligenz abzuschließen sind, "die verantwortlich tätig sind und hervorragenden Einfluss auf die Produktion nehmen." Damit ist der Kreis der Zugehörigen nicht objek- tiv durch die Beschreibung in der Vorschrift bestimmt. Es ist wieder ein zusätzlicher Prüfungsakt nötig. Der Entscheidung, wer hervorragenden Einfluss auf die (sozialistische) Produktion hatte, kann aus heutiger Sicht nicht mehr getroffen werden. Aus diesem Grund kann auch nicht gesagt werden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Abschluss eines Einzelvertrages hatte. Die Überprüfung zeigt auch, dass durch die Vorschrift kein anderer Kreis der Versorgungsberechtigten bestimmt wurde. Vielmehr wur- de festgelegt, dass mit bestimmten Mitarbeitern, die aus Sicht des Betriebes sehr wichtig waren, Einzelverträge zu schließen waren, die dann zwingend die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung beinhalteten. Dieser genannte Kreis gehörte zu den Arbeitnehmern, der nach § 1 Abs. 1 der 2. Durchführungs- bestimmung nach dem Beruf der Altersversorgung zuzuordnen war oder auf Antrag des Werkdirektors in den Kreis einzureihen war. Die beiden Personenkreise stimmten aber nicht überein, denn z. B. Ingenieure oder Techniker, die keinen hervorragenden Ein- fluss auf die Produktion hatten und auch nicht verantwortlich tätig waren, hatten keinen Anspruch auf einen Einzelvertrag.
Damit steht fest, dass die Klägerin zu dem Kreis der techni- schen Intelligenz gehört, der der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz angehörte, wenn das zuständige Fachministerium auf Antrag des Werkdirektors ihn in den Kreis eingereiht hatte, damit eine Versorgungszusage erteilt war. Nach der Versorgungszusage ist dann aber die gesamte Zeit der Tätigkeit dem Versorgungssystem zuzurechnen (so der dem Urteil des BSG vom 30.06.1998, Az.: B 4 RA 11/98 R, zugrunde liegende Fall). Die Ermessensentscheidung über die Aufnahme in die zusätzliche Altersversorgung kann nicht mehr getroffen werden. Die Zusatzversorgungssysteme wurden zum 30.06.1990 geschlossen. Für die Entscheidung waren Minister oder andere Gremien der DDR zuständig. Durch den Beitritt der Bundesländer der früheren DDR zur Bundesrepublik ist die DDR samt ihren Untergliederungen ohne Rechtsnachfolger untergegangen (Urteil des BSG v. 24.03.1998, Az.: B 4 RA 86/95 R = BSGE 82, 77).
Aus diesen Gründen war das Urteil des SG Leipzig vom 23.08.2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved