S 1 AL 54/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 1 AL 54/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht für die Zeit vom 09.09.2001 bis 01.12.2001 den Eintritt einer Sperrzeit festgestellt und das Ruhen des Arbeitslosenhilfeanspruchs für die genannte Zeit angeordnet hat.

Der am 00.00.1958 geborene Kläger bezog bis 29.09.2000 Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 08.11.2000 bewilligte die Beklagte ihm ab 30.09.2000 Arbeitslosenhilfe bis 29.09.2001 i.H.v. 000,00 DM wöchentlich.

Mit Schreiben vom 05.09.2001 forderte das Arbeitsamt C den Kläger auf, sich bei der Firma S I in U zu melden und mit dem Arbeitgeber einen Vorstellungstermin zu vereinbaren. Es sei ein Arbeitsplatz für einen Stukkateur zu besetzen. Am 11.09.2001 teilte der Arbeitgeber dem Arbeitsamt mit, er habe davon abgesehen den Kläger einzustellen, weil er zum Vorstellungsgespräch am 07.09.2001 mit einer Alkoholfahne erschienen sei und geäußert habe, er könne die Beschäftigung jetzt noch nicht aufnehmen, weil er zur Zeit Schwarzarbeit zu verrichten habe.

Darauf hin stellte die Beklagte ab 09.09.200 die Zahlungen ein und mit Bescheid vom 20.11.2001 für die Zeit vom 09.09. bis 01.12.2001 den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit fest: Der Kläger habe das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses vereitelt. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und machte geltend, er habe am Vorstellungstag zunächst niemanden angetroffen. Deshalb sei er zum Imbiss gegangen und habe zum Essen ein Bier getrunken. Er habe dem Arbeitgeber bekundet, am nächsten Tag mit der Arbeit beginnen zu können. Der Arbeitgeber habe ihn jedoch gefragt, ob er nicht zunächst noch etwas anderes zu erledigen habe und ihm als Arbeitsbeginn die folgende Woche in Aussicht gestellt. Der Arbeitgeber habe sich am darauffolgenden Montag mit ihm telefonisch in Verbindung setzen und ihm mitteilen wollen, ob er eingestellt sei. Hierzu führte der Arbeitgeber auf Nachfrage des Arbeitsamtes aus, der Kläger sei unrasiert, ungekämmt, mit schmutziger Jeans und einem ausgewaschenen Pullover zum Vorstellungsgespräch erschienen. Er habe Schuhe mit Stahlkappen getragen. In der Einfahrt vor seinem Büro habe er eine Zigarette ausgedrückt. Ferner habe der Kläger eine Alkoholfahne gehabt. Der Kläger habe sehr wohl geäußert, dass er mit der Arbeit noch nicht beginnen könne, weil er bei einem anderen Arbeitgeber noch etwas zu erledigen habe. Darauf hin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2002 zurück.

Mit der am 18.06.2002 bei dem Sozialgericht erhobenen Klage macht der Kläger geltend, die Äußerungen des Arbeitgebers seien unwahr. Der Imbiss liege gegenüber. Er habe eine Currywurst gegessen und dazu ein Bier getrunken. Er habe eine Halbglatze und trage seine Resthaare, die nicht länger als 3 mm seien, geordnet. Er besitze keine Schuhe mit Stahlkappe. Auch habe er angeboten unverzüglich mit der Arbeit beginnen zu wollen. Der Arbeitgeber habe ihn geradezu dazu genötigt, zunächst seine Angelegenheiten zu erledigen.

Die Beklagte hat sich im Termin zur mündlichen Verhandlung verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 09.09.2001 bis 29.09.2001 Arbeitslosenhilfe zu zahlen.

Der Kläger, der im Termin nicht anwesend und auch durch einen Prozessbevollmächtigten nicht vertreten war, beantragt nach dem Inhalt seiner Schriftsätze sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.11.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2002 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 30.09.2001 bis 01.12.2001 Arbeitslosenhilfe nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, ihre Bescheide seien rechtmäßig.

Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das Gericht den Zeugen S I vernommen.

Der Zeuge hat ausgesagt, der Kläger sei zum Vorstellungstermin in einer durch Bauarbeiten verschmutzten Jeans erschienen. Daraus habe er geschlossen, dass der Kläger soeben vom Bau gekommen sei. Der Kläger habe geäußert, in der nächsten Woche mit der Arbeit noch nicht beginnen zu können, weil er noch arbeiten müsse. Seine Alkoholfahne könne nicht durch das Trinken nur eines Bieres verursacht worden sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Leistungsakte der Beklagten, Stammnummer 000000 sowie den Inhalt der Prozessakte Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte auf Grund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden, weil der Kläger mit ordnungsgemäßer Ladung auf diese sich aus den Regelungen der §§ 124 Abs. 1, 127 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergebende Möglichkeit hingewiesen worden ist.

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Kläger ist durch den Bescheid der Beklagten vom 20.11.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2002 nicht beschwert in Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beklagte hat die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 30.09.2001 bis 01.12.2001 zu Recht abgelehnt. Der Arbeitslosenhilfeanspruch des Klägers ruhte in der Zeit vom 09.09.2001 bis 01.12.2001.

Nach § 144 Abs. 1 Sozialgesetzbuch III (SGB III) tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen unter anderem ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen ein vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotenes Beschäftigungsverhältnis nicht angenommen oder nicht angetreten oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgesprächs, durch sein Verhalten verhindert (Nr. 2). Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, dass die Sperrzeit begründet (§ 144 Abs. 2 SGB III). Sie verkürzt sich von 12 auf 6 Wochen, wenn eine Sperrzeit von 12 Wochen für den Arbeitslosen nach dem für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde (§ 144 Abs. 3 SGB III).

Im angefochtenen Bescheid ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses mit der Firma I durch sein Verhalten verhindert hat. Die Verhinderung der Anbahnung des Beschäftigungsverhältnisses liegt hier im Gesamtverhalten des Klägers bei seiner Vorstellung am 07.09.2001. So ist er nicht nur mit einer durch Bauarbeiten verschmutzten Hose sondern auch mit einer Alkoholfahne zum Vorstellungstermin erschienen. Ferner hat er geäußert, nicht alsbald die Arbeit aufnehmen zu können, weil er noch andere Arbeiten erledigen müsse. Dies steht zur Überzeugung der Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Die Einlassung des Klägers im schriftlichen Klageverfahren, die Behauptungen des Zeugen I seien unwahr, sind durch die Aussage des genannten Zeugen widerlegt. Die Kammer hat keine Bedenken, den Bekundungen des Zeugen zu folgen. Seine Aussage war detailreich, schlüssig und stimmig. Insbesondere hat der Zeuge das Zustandekommen seiner schriftlichen Äußerung im Verwaltungsverfahren, der Kläger habe gesagt, er müsse zunächst noch Schwarzarbeit beenden, erklären können und darauf hingewiesen, dass er diesen Schluss auf Grund der verschmutzten Arbeitskleidung und der Äußerung des Klägers zum Arbeitsbeginn, gezogen hat. Auf nachfragen des Gerichts hat der Zeuge diese Angaben im Verwaltungsverfahren unverzüglich und ohne Umschweife korrigiert.

Aus dem so festgestellten Gesamtverhalten zieht die Kammer den Schluss, dass der Kläger an der Anbahnung des Beschäftigungsverhältnisses mit der Firma I nicht interessiert gewesen ist.

Sein Verhalten vermag der Kläger auch nicht mit einem wichtigen Grund zu rechtfertigen. Was als wichtiger Grund im Sinne der Sperrzeitvorschrift des § 144 SGB III anzusehen ist, ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll eine Sperrzeit allgemein nur dann eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund ist dann gegeben, wenn Umstände vorliegen, die nach verständigem Ermessen nicht zumutbar sind. Bei Vereitelung des Zustandekommens eines Beschäftigungsverhältnisses liegt ein wichtiger Grund in der Regel vor, wenn der Arbeitnehmer überfordert wird, dass heißt, die Arbeit ihm im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand und sein Leistungsvermögen billigerweise nicht angesonnen werden kann. Dies war hier nicht der Fall. Der Zeuge I hat dem Kläger eine Arbeit als Helfer angeboten, nach dem der Kläger ihm erläutert hat, dass er kein gelernter Stukkateur ist. Gesundheitliche Beeinträchtigungen, die den Kläger an der Aufnahme der Arbeit gehindert hätten, sind dem Gericht nicht bekannt und von ihm auch nicht vorgetragen.

Die Kammer hält im Falle des Klägers auch die Regeldauer der 12-wöchigen Sperrzeit als verhältnismäßig. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Härte liegen nicht vor und sind vom Kläger auch nicht geltend gemacht.

Zur Zahlung der Leistungen für die Zeit vom 09.09. bis 29.09.2001 hat die Beklagte sich zurecht veranlasst gesehen, weil sie die Aufhebung ihres Bewilligungsbescheides vom 08.11.2002 gemäß § 48 SGB X unterlassen hat. Mithin war sie zur Zahlung der Leistungen für die genannte Zeit auf Grund der Bewilligung verpflichtet (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 10.07.1985 Az.: 5 a RKN 14/84; vom 26.06.1999 Az.: 5 RJ 32/89).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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