L 4 RA 193/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 13 RA 658/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 RA 193/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23. August 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über eine Anrechnung von Hinzuverdiensten auf eine ab 01.08.1997 beginnende Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Die am ... geborene Klägerin war nach Abschluss eines Studiums der Zahnmedizin zunächst als Pflichtassistentin und später bis September 1993 als Zahnärztin versicherungspflichtig beschäftigt. Zum 01.10.1993 machte sie sich als Zahnärztin selbständig und leistete fortan freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung.

Den auf die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gerichteten Antrag der Klägerin lehnte die Beklagte nach medizinischer Sachaufklärung zunächst mit Bescheid vom 28.01.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.09.1997 ab. In dem anschließenden vor dem Sozialgericht Leipzig geführten Klageverfahren (S 13 RA 879/97) erkannte die Beklagte nach Auswertung eines von Dr. F ... am 15.10.1998 erstatteten orthopädischen Gutachtens mit Schreiben vom 24.11.1998 einen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit auf der Grundlage eines Leistungsfalles vom 08.07.1997 ab 01.08.1997 an. Zugleich hatte sie darauf hingewiesen, dass bei der Rentenberechnung die Hinzuverdienstgrenze des § 96a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zu beachten sein werde. Die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit schließe nach § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VI die Annahme von Erwerbsunfähigkeit aus. Dieses Anerkenntnis nahm die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten am 21.12.1998 an.

Zur Ermittlung der Rentenhöhe legte die Klägerin der Beklagten in der Folgezeit Einkommensbescheinigungen ihres Steuerberaters vor, aus denen sich ein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für das Kalenderjahr 1997 in Höhe von 51.489,00 DM und für das Kalenderjahr 1998 in Höhe von 63.000,00 DM ergab.

Mit Rentenbescheid vom 15.04.1999 stellte die Beklagte fest, dass aufgrund des am 24.11.1998 abgegebenen Anerkenntnisses ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit bestehe. Die Rente sei jedoch ab Rentenbeginn (01.08.1997) nicht zu leisten, da das zu berücksichtigende Einkommen der Klägerin die maximale gesetzliche Hinzuverdienstgrenze überschreite.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und führte aus, ihre Einnahmen seien insgesamt sehr niedrig und zudem schwankend. Sie sei daher als Ausgleich auf eine tatsächliche Rentenleistung angewiesen. Die Nichtleistung der Rente verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG), denn erworbene Rentenansprüche seien verfassungsrechtlich geschützt.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 27.09.1999 zurück. Auf Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sei nach § 96a SGB VI der erzielte Hinzuverdienst aus selbständiger Tätigkeit anzurechnen. Die Frage der Rentabilität der ab Oktober 1993 geleisteten freiwilligen Beiträge sei nicht zu diskutieren, da diese anspruchsbegründend für den Rentenanspruch gewesen seien. Der Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bestehe dem Grunde nach. Es werde sich ein Rentenzahlbetrag ergeben, wenn die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit reduziert würden oder diese Tätigkeit aufgegeben werde.

Mit der am 22.10.1999 vor dem Sozialgericht Leipzig erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie habe sich auf Anraten von Mitarbeitern der Beklagten mit dem Beginn ihrer Selbständigkeit zur Zahlung freiwilliger Beiträge in der Erwartung entschlossen, hierfür eine adäquate Gegenleistung zu erhalten. Auf die nun eingetretene Situation sei sie von der Beklagten nicht hingewiesen worden, denn sie hätte bei zutreffender Beratung keine freiwilligen Beiträge gezahlt.

Die Regelung des § 96a SGB VI sei verfassungsrechtlich bedenklich, denn ihre durch Beitragsleistungen erdienten Rentenanwartschaften unterfielen nach ständiger Rechtsprechung dem Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG. Die Festlegung der Hinzuverdienstgrenzen in § 96a SGB VI sei willkürlich. Es sei kein sachgerechter Grund ersichtlich, weshalb mittels Gesetz in grundrechtlich geschützte Werte eingegriffen worden sei. Vielmehr könne nicht angehen, dass Anwartschaften, die durch eigene finanzielle Leistungen freiwillig erdient seien, auf Null reduziert würden, wenn dem Anspruchsinhaber anderes Einkommen über die starre gesetzliche Grenze hinaus zufließe. Sinn einer Rente sei es gerade, Einschränkungen im beruflichen Fortkommen auszugleichen. Dies sei bei der Klägerin gegeben. Wäre sie nicht gesundheitlich beeinträchtigt, würde sie ein wesentlich höheres Einkommen mit ihrer Erwerbskraft erzielen können. Um diese Einkommensverluste auszugleichen, stehe ihr die beantragte Rente unabhängig von normierten Hinzuverdienstgrenzen zu.

Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 23.08.2000 ab. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Leistung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.08.1997 ohne die Berücksichtigung von Hinzuverdiensten nicht zu. Die Klägerin habe zwar nach § 43 SGB VI dem Grunde nach einen Anspruch auf die Rente wegen Berufsunfähigkeit. Die Rente werde nach § 43 Abs. 5 SGB VI jedoch abhängig von der Höhe des Hinzuverdienstes geleistet. Die Beklagte habe die Berechnung der Hinzuverdienstgrenze für die Klägerin entsprechend der gesetzlichen Vorgaben des § 96a Abs. 2 SGB VI vorgenommen. Bei einem Leistungsfall vom 08.07.1997 habe sie die sich aus den freiwilligen Beiträgen der Klägerin für das Kalenderjahr 1996 ergebenden Entgeltpunkte errechnet und nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung 0,5 Mindestentgeltpunkte berücksichtigt. Daraus ergebe sich ab Rentenbeginn eine maximale Hinzuverdienstgrenze von 1.772,31 DM. Das vom Steuerberater der Klägerin mitgeteilte Arbeitseinkommen habe diese Grenze um ein Vielfaches überstiegen. Der dem Grunde nach bestehende Rentenanspruch habe daher nicht, auch nicht anteilig, zur Auszahlung gelangen können. Die Anrechnungsvorschrift des § 96a SGB VI sei nicht verfassungswidrig. Auch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch vermag der Klägerin nicht zur begehrten Rentenzahlung verhelfen, denn eine Pflichtverletzung der Beklagten bezüglich der Aufklärungs- und Beratungspflichten liege nicht vor.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 20.10.2000 zugestellte Urteil richtet sich die am 20.11.2000 eingelegte Berufung. Die Klägerin geht weiterhin davon aus, dass die Regelung des § 96a SGB VI verfassungsrechtlich bedenklich sei. Soweit das Sozialgericht einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG verneint, verkenne es, dass gesetzgeberische Eingriffe in sozialversicherungsrechtliche Rechtspositionen nur zulässig seien, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt seien. Insoweit müsse auf die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, also die Angemessenheit und Zumutbarkeit, abgestellt werden. Gründe des öffentlichen Interesses seien nicht zu erkennen. Die 1996 in Kraft getretene Regelung der Hinzuverdienstgrenzen laufe dem besonders eigentumsgeschützten Kern zuwider. Die erdienten Rentenanwartschaften fielen unter den insoweit unantastbaren Kernbereich des Art. 14 GG. Bei der Gestaltung der Rentenversicherungsbeiträge sei quasi als Risikoposten auch versicherungstechnisch die Zahlung der Beklagten im Falle der Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit eingeplant und seitens der Versicherungsmathematiker ausgewiesen. Insoweit sei eine Regelung, die Hinzuverdienste ausschließe, verfassungswidrig, weil systemfremd. Der bereits aufgrund seiner Gesundheit benachteiligte Versicherte werde letztlich animiert, ja geradezu "aufgefordert", eine Verdienstgrenze nach zweifelhaften (willkürlichen) Vorgaben nicht zu überschreiten und einen unter Umständen beträchtlichen Teil seines Lebensinhaltes aufzugeben bzw. auf eine gesetzliche Vorgabe zu reduzieren. Die Klägerin sei unstreitig zur vollschichtigen Ausübung ihres Berufes nicht mehr in der Lage, ihr stehe somit ein Anspruch auf Zahlung einer Rente zu. Es sei weder angemessen noch zumutbar, diesen Anspruch im Ergebnis doch zu versagen, nur weil ein weiterer finanzieller Faktor Beachtung finden solle. Ohne die gesundheitliche Beeinträchtigung würde die Klägerin fraglos ein wesentlich höheres Einkommen mit ihrer Erwerbskraft erzielen können. Um diese Einkommensverluste auszugleichen, stehe ihr die beantragte Rente unabhängig von der normierten Hinzuverdienstgrenze zu. Da der angegriffene Bescheid auf einem aus Sicht der Klägerin verfassungswidrigen Gesetz beruhe, werde eine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG angeregt. Es handele sich um eine verfassungsrechtliche Frage von grundsätzlicher Bedeutung, die dringend der prinzipiellen Klärung im Interesse nicht nur der Klägerin, sondern aller (freiwillig) Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung bedürfe. Ferner gehe das Sozialgericht zu Unrecht davon aus, dass eine Pflichtverletzung der Beklagten in Bezug auf Aufklärungs- und Beratungspflichten nicht vorliege. Die Klägerin habe von Oktober 1993 bis einschließlich 1998 freiwillige Beiträge zur Rente wegen Erwerbsunfähigkeit geleistet. Diese Beitragszahlung sei erfolgt, nachdem sie sich von Mitarbeitern der Beklagten habe beraten lassen, denn sie sei als Selbständige nicht versicherungspflichtig gewesen. Die Zahlung habe sie auf Anraten von Mitarbeitern der BfA getätigt, nachdem von diesen - wie auch in den damals kursierenden Werbungsbroschüren der Beklagten - ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass es ratsam sei, sich durch Zahlung eines Mindestbeitrages (ca. 110/120 DM monatlich) den Schutz der Vorsorge für die Erwerbs-/Berufsunfähigkeit zu erhalten. Diese Beiträge hätte die Klägerin keinesfalls geleistet, wäre ihr klar gewesen, dass ihrer Leistung keine adäquate Gegenleistung gegenüberstehe. Insoweit seien die Mitarbeiter der Beklagten ihrer Aufklärungspflicht nicht nachgekommen. Eine richtige und vor allem vollständige Beratung sei nicht erfolgt. Aufgrund der bekannten Selbständigkeit der Klägerin habe zumindest über den Umstand der Hinzuverdienstgrenze beraten und aufgeklärt werden müssen. Soweit die Zahlung erhöhter freiwilliger Versicherungsbeiträge dazu führen würde, dass der bestehende Rentenanspruch zur Auszahlung käme, wäre die Klägerin bereit, entsprechende Beiträge nachzuzahlen, schon um zu vermeiden, dass die bisherigen Beiträge gänzlich umsonst waren.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23.08.2000 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.1999 zu verurteilen, ihr ab 01.08.1997 Rente wegen Berufsunfähigkeit entsprechend der Berechnung im Bescheid vom 15.04.1999 in voller Höhe auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Ein von der Klägerin geltend gemachter Beratungsmangel sei nicht zu erkennen. Gemäß § 207 SGB VI bestehe für die Klägerin zwar grundsätzlich die Möglichkeit der Nachzahlung freiwilliger Beiträge für Ausbildungszeiten. Allerdings sei § 75 Abs. 2 SGB VI zu beachten, wonach bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für freiwillige Beiträge die nach Eintritt der maßgeblichen Minderung der Erwerbsfähigkeit gezahlt worden sind, keine Entgeltpunkte ermittelt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und auf die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 144, 151, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist zulässig, jedoch unbegründet.

Die angefochtenen Entscheidungen des Sozialgerichts und zuvor der Beklagten sind rechtmäßig. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Auszahlung der ihr dem Grunde nach ab 01.08.1997 zustehenden Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht zu.

Rechtsgrundlage hierfür ist § 96a Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Nr. 2 SGB VI. Nach dieser Vorschrift wird eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Dies ist bei der Klägerin indessen der Fall.

Die durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buch Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB VI-ÄndG) vom 15.12.1995 (BGBl. I 1824) zum 01.01.1996 eingefügte Vorschrift sollte nach der amtlichen Begründung (BT-Drucks. 13/2590 S. 23) bei den Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch Regelung von Hinzuverdienstgrenzen die Lohnersatzfunktion stärken und zudem bewirken, dass auch eine auf Kosten der Gesundheit ausgeübte Arbeit für die Ermittlung der Höhe des Hinzuverdienstes berücksichtigt wird. Diese Vorschrift zur Berücksichtigung von Hinzuverdienst gilt für alle ab 01.01.1996 beginnenden Renten. Sie sollte zwar durch das Rentenreformgesetz 1999 (Art. 1 Nr. 53 i.V.m. Art. 33 Abs. 13 RRG 1999 vom 16.12.1997, BGBl. I 2998) mit Ablauf des Jahres 1999 außer Kraft treten; dieser Zeitpunkt ist jedoch durch Art. 1 § 1 des Gesetzes zur Korrektur in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19.12.1998 (BGBl. I 3843) bis zum Ablauf des Jahres 2000 hinausgeschoben worden. Nach § 313 Abs. 1 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. I 1827) ist, soweit am 31.12.2000 ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit oder für Bergleute bestand, § 96a SGB VI in der bisherigen Fassung weiterhin anzuwenden.

Danach wird eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze, die bei einer Rente wegen Berufsunfähigkeit - in voller Höhe das 52,5fache, - in Höhe von zwei Dritteln das 70fache, - in Höhe von einem Drittel das 87,5fache des aktuellen Rentenwertes (§ 68), vervielfältigt mit den Entgeltpunkten (§ 66 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3) des letzten Kalenderjahres vor Eintritt der Berufsunfähigkeit, mindestens jedoch mit 0,5 Entgeltpunkten (§ 96a Abs. 2 Nr. 2 SGB VI) nicht überschritten wird (§ 96a Abs. 1 Satz 1 SGB VI).

In Anwendung dieser Regelung hat die Beklagte, wie das Sozialgericht bereits dargelegt hat, die Berechnung der individuellen Hinzuverdienstgrenze für die Klägerin vorgenommen. Auf der Grundlage eines Eintritts der Berufsunfähigkeit am 08.07.1997 hat die Beklagte die sich aus den freiwilligen Beiträgen der Klägerin für das Kalenderjahr 1996 ergebenden Entgeltpunkte errechnet und nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung auf die Mindestentgeltpunkte erhöht. Daraus ergab sich ab Rentenbeginn eine maximale Hinzuverdienstgrenze von 1.772,31 DM. Das rechnerische Ergebnis der maximalen Hinzuverdienstgrenze hat die Beklagte, diesen Maßgaben folgend, zutreffend ermittelt. Dies greift die Klägerin im Übrigen auch nicht an. Ebenso wenig wendet sich die Klägerin letztlich auch gegen die Schlussfolgerung der Beklagten, dass nach dem vorgelegten Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 1997 und nach der Mitteilung des Steuerberaters für das Jahr 1998 ihre Einkünfte die maßgebliche Hinzuverdienstgrenze um ein Wesentliches übersteigen.

Die Klägerin wendet sich vielmehr überhaupt gegen die Regelung zur Berücksichtigung von Einkommen (§ 96a SGB VI), weil sie insoweit verfassungsrechtliche Bedenken anführt. Indessen sieht sich der Senat nicht zur Aussetzung des Verfahrens und zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht veranlasst. Die angegriffene Regelung verletzt das Grundgesetz nicht.

Entgegen der Meinung der Klägerin ist Art. 14 Abs. 1 GG nicht verletzt.

Gemessen an der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind nur solche sozialversicherungsrechtlichen Positionen dem Eigentumsschutz unterstellt, die auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhen und zudem der Sicherung seiner Existenz zu dienen bestimmt sind (vgl. BVerfGE 69, 272, 300 ff.; 79, 106, 1220). Zwar geht die Klägerin zutreffend davon aus, dass Versichertenrenten und Rentenanwartschaften unter dem Schutz von Art. 14 GG (vgl. BVerfGE 53, 257, 288 ff.; 69, 272, 300 ff.; 92, 365, 405) stehen. Indessen verkennt sie, dass ungeachtet des verbürgten Eigentumsschutzes der genannten sozialversicherungsrechtlichen Rechtspositionen der Eigentumsschutz des Grundgesetzes nicht schrankenlos reicht. Zudem kommt dem Gesetzgeber bei der inhaltlichen Bestimmung ein weiter Gestaltungsraum zu (vgl. nur BVerfGE 40, 65, 83 f.; 53, 257, 289 f.; ferner BVerfGE 97, 271, 284 m.w.N.).

Ohne Belang ist, dass, wie von der Klägerin vorgetragen, der Rentenanspruch im Wesentlichen durch Beiträge erdient ist. Insoweit mag anerkannt sein, dass namentlich Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung dem Eigentumsschutz unterfallen (vgl. BVerfG a.a.O.). Dies kann indessen für den Fall der hier in Streit stehenden Erwerbsminderungsrenten in diesem Umfang nicht gelten. Nach Überzeugung des Senats ist der Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung dem Rechtssubjekt - hier der Klägerin - nicht i.S. eines Ausschließlichkeitsrechts zugeordnet.

Nach der im Gesetzgebungsverfahren abgegebenen amtlichen Begründung (vgl. BT-Drucks. 13/2590 S. 23) soll gerade bei den Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch die Einbeziehung der sog. "Hinzuverdienstgrenzen" die Lohnersatzfunktion gestärkt werden. Zugleich soll mit ihrer Hilfe bewirkt werden, dass auch eine auf Kosten der Gesundheit ausgeübte Arbeit für die Ermittlung der Höhe des Hinzuverdienstes berücksichtigt wird, denn diese Einkünfte stehen dem Versicherten tatsächlich zur Verfügung. Nur mit diesen im Gesetzgebungsverfahren vorgetragenen und im Rahmen des § 96a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB VI normierten, von der amtlichen Begründung ersichtlich getragenen Inhalt ist der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente dem Rechtssubjekt gesetzlich zugewiesen.

Soweit die Klägerin dem gegenüber vortragen lässt, ihre geleisteten freiwilligen Beiträge fänden keine Berücksichtigung, verkennt sie, dass ihre Beitragszahlungen jedenfalls der Anspruchserhaltung dem Grunde nach dienen. Dies bedeutet nichts anderes, als dass der Klägerin, soweit diese kein oder ein nach § 96a Abs. 2 SGB VI niedrigeres Einkommen erzielt, eine entsprechende Erwerbsminderungsrente erwüchse. Insoweit hat der Gesetzgeber mit der inhaltlichen, hier streiterheblichen Gestaltung des § 96a SGB VI nach Überzeugung des Senates vollauf im Rahmen des ihm zugewiesenen Gestaltungsraums gehandelt.

Soweit die Klägerin schließlich die Verfassungswidrigkeit mit dem Vergleich privatversicherungsrechtlicher Gestaltungen behauptet, greift diese Erwägung nicht durch. Vielmehr ist die Rentenversicherung, die Teil der Sozialversicherung ist, nicht uneingeschränkt der Privatversicherung und der dieser eigenen Rechtspositionen gleichzustellen. Das Rechtsverhältnis zwischen Versichertem und Sozialversicherungsträger stellt zwar im Ausgangspunkt ein Versicherungsschutz gegen Beitragsentrichtung gewährendes Rechtsverhältnis dar. Um des sozialen Schutzes willen hat der Gesetzgeber allerdings dieses Versicherungsprinzip unterschiedlich ausgestaltet. Ausweislich der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beruhen Sozialversicherungsleistungen einmal mehr auf dem versicherungsrechtlichen Äquivalenzprinzip, einmal mehr auf dem fürsorgerischen Prinzip des sozialen Ausgleichs (vgl. BVerfGE 22, 241, 253; 79, 87, 101 m.w.N.). Im Sozialversicherungsrecht ist der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gerade nicht gehalten, Leistungen in voller Äquivalenz zu den Beiträgen festzusetzen (vgl. BVerfGE 51, 115, 124). Auch unter diesem - verfassungsrechtlich gebilligten - Ausgangspunkt war der Gesetzgeber nicht gehalten, die Gewährung von Erwerbsminderungsrenten ohne Einbeziehung von Hinzuverdienstgrenzen zu normieren.

Aber auch über das Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ergibt sich für die Klägerin kein günstigeres Ergebnis. Soweit die Klägerin eine Verletzung von Auskunfts- und Beratungspflichten durch die Beklagte geltend macht, hat sie dies nicht belegt. Allein aus dem Umstand, dass sie seit Beginn ihrer Selbständigkeit im Jahr 1993 auf Anraten der Beklagten freiwillige Beiträge zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes für den Fall eines möglichen Eintritts von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit gezahlt hat, lässt sich für den Senat ein Beratungsmangel nicht erkennen. Vielmehr war die Beklagte im Beratungsgespräch grundsätzlich verpflichtet, die Klägerin auf die sich aus § 240 Abs. 2 SGB VI ergebende Möglichkeit der Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes für den Fall der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit hinzuweisen, denn die Klägerin hatte aufgrund ihrer 1966 beginnenden versicherungspflichtigen Berufstätigkeit im Beitrittsgebiet die allgemeine Wartezeit vor dem 01.01.1984 erfüllt und hätte ohne die Zahlung freiwilliger Beiträge diesen Versicherungsschutz verloren. Insoweit handelt es sich bei der Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes ohnehin um einer Risikoversicherung ähnliche Beitragsleistungen, die bei Nichteintritt des Versicherungsfalles regelmäßig im Rahmen der Regelaltersrentengewährung wirksam werden. Insoweit hat auch die Klägerin, für die die Beiträge sowohl bei der Regelaltersrente als auch für die jetzige Berufsunfähigkeitsrente wirksam werden, wenn ihr Leistungsvermögen so weit absinkt, dass sie Hinzuverdienste nur im Rahmen des § 96a SGB VI realisieren kann, nicht umsonst gezahlt.

Der Senat kann nicht erkennen - und die Klägerin hat dies auch nicht belegt - dass die Beklagte unvollständig beraten haben soll. Im Jahre 1993 dürfte die Beklagte nicht in der Lage gewesen sein vorauszusehen, ob eine die Berufstätigkeit berührende gesundheitliche Beeinträchtigung der Klägerin eintreten würde noch in welchem Umfang die Klägerin in der Lage sein würde trotz der Beeinträchtigung ihrer Berufstätigkeit nachzugehen und insoweit Einkünfte zu erzielen. Darüber hinaus trat die Regelung des § 96a SGB VI erst zum 01.01.1996 ein, so dass im Jahr 1993 eine daraufhin ausgerichtete Beratung logischerweise nicht erfolgen konnte.

Aus den genannten Gründen blieb die Berufung ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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