L 4 RA 193/99

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 12 RA 179/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 RA 193/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 18. Mai 1999 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten nur noch darüber, ob dem Wert des Rechts auf Altersrente ab dem 01.01.1999 die in der Zeit vom 01.07.1990 bis 30.12.1990 tatsächlich erzielten Entgelte zugrunde zu legen sind.

Die am ... geborene Klägerin war von Oktober 1954 bis Juni 1969 bei der Kreissparkasse ... in verschiedenen Bereichen tätig. Sie absolvierte von September 1964 bis Oktober 1968 ein Fernstudium zum Ökonom für Finanzwirtschaft und war vom 01.08.1969 bis 07.11.1976 als Leiterin in der Datenerfassungsstelle ... des Datenverarbeitungszentrums der Finanzorgane ... tätig. Vom 08.11.1976 bis 28.02.1981 übte sie eine Tätigkeit als Operator und Arbeitsvorbereiterin im VEB Rechnungsführung und Wirtschaftsberatung aus und vom 01.03.1981 bis 30.12.1990 war sie im VEB Energiekombinat ... als Organisator und Technologe tätig.

Ab 31.12.1990 bezog die Klägerin Altersübergangsgeld und seit 01.10.1995 gewährt ihr die Beklagten Altersrente wegen Arbeitslosigkeit (Bescheide vom 18.09.1995 und vom 20.06.1996). Dem Wert des Rechts auf Altersrente lagen letztlich 44,8527 persönliche Entgeltpunkte (Ost) zugrunde.

Unter Vorlage einer Bescheinigung der Rehabilitierungsbehörde vom 07.04.1998 beantragte die Klägerin am 15.04.1998 eine Überprüfung der Rentenleistung. Nach vorgenannter Bescheinigung ist sie Opfer rechtsstaatswidriger bzw. der politischen Verfolgung dienender Maßnahmen im Beitrittsgebiet. Sie gehört nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG) vom 23.06.1994 (BGBl. I S. 1311) zu dem Personenkreis, der zum Ausgleich beruflicher Benachteiligung berechtigt ist. Der Verfolgungszeitraum umfasste die Zeit vom 04.11.1976 bis 02.09.1990. Die Klägerin hätte in dieser Zeit ohne die Verfolgung eine abhängige Beschäftigung als Leiterin der Datenerfassungsstelle ... im Datenverarbeitungszentrum der Finanzorgane ... ausgeübt.

Unter Zugrundelegung des SGB VI-Änderungsgesetzes vom 15.12.1995 und der vom Zusatzversorgungsträger nach dem BerRehaG für die Verfolgungszeit verbindlich festgestellten Entgelte berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 08.07.1998 die Rente neu. Dabei berücksichtigte sie die Zeit des Fernstudiums vom 01.09.1964 bis 11.10.1968, welches neben einer versicherungspflichtigen Tätigkeit absolviert wurde, nicht mehr als Anrechnungszeit. Der Rentenberechnung lagen nunmehr 48,7397 persönliche Entgeltpunkte (Ost) zugrunde. In Anlage 10 des Bescheides wies sie darauf hin, dass unter Berücksichtigung der Bescheinigung nach § 17 i. V. m. § 22 BerRehaG in Kürze ein neuer Bescheid ergehen werde.

Bei einer Vergleichsberechnung unter Zugrundelegung der nach dem BerRehaG anerkannten Verfolgungszeiten, die als beitragsgeminderte Zeiten berücksichtigt worden waren, stellte die Beklagte fest, dass der Rentenberechnung entgegen der Feststellungen im Bescheid vom 08.07.1998 nur 45,7110 persönliche Entgeltpunkte (Ost) zugrunde zu legen seien. Sie hörte die Klägerin mit Schreiben vom 09.09.1998 zur beabsichtigten Änderung des Bescheides vom 08.07.1998 zu ihren Ungunsten für die Zukunft nach § 45 Abs. 1 SGB X an.

Mit Bescheid vom 17.11.1998 nahm die Beklagte sodann eine Neuberechnung der Altersrente ab 01.01.1999 unter Anwendung des BerRehaG vor, und legte danach der Rentenberechnung 45,7110 persönliche Entgeltpunkte (Ost) zugrunde. Mit Anlage 10 dieses Bescheides nahm sie den Rentenbescheid vom 08.07.1998 mit Wirkung für die Zukunft ab 01.01.1999 nach § 45 SGB X zurück. Die Rücknahme sei zulässig, weil weder Vertrauensschutz nach den allgemeinen Grundsätzen des § 45 Abs. 2 Sätze 1 oder 2 SGB X gegeben noch die Frist des § 45 Abs. 3 SGB X abgelaufen sei. Auch eine Ermessensausübung führe zu keiner anderen Entscheidung.

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, nach der neuen Rentenberechnung lediglich 0,8583 Punkte mehr zu erreichen als vor der Berücksichtigung von Verfolgungszeiten nach dem BerRehaG. Sie gehe jedoch davon aus, dass sich mit der Einstufung ihrer möglichen Tätigkeit in den Bereich 20 und die Qualifikationsgruppe 2 ab 04.11.1976 eine wesentlich höhere Rente ergeben müsse. Für die Zeit vom 01.07.1990 bis 30.12.1990 habe ihr tatsächlich erzieltes Bruttoentgelt von 9.771,00 DM zu 0,5468 Punkten geführt. Mit der neuen Berechnung ergäben sich für diese Zeit, die als "beitragsgemindert" berücksichtigt worden sei, nur noch 0,5272 Punkte. Es könne jedoch kein niedrigeres Einkommen zugrunde gelegt werden als sie tatsächlich mit Beiträgen belegt habe. Auch seien die Monate der Arbeitslosigkeit ab 31.12.1990 nicht mehr, wie noch mit dem Bescheid vom 20.06.1996 auf den Durchschnitt der Punkte angehoben worden.

Auch nach den aufklärenden Schreiben der Beklagten vom 17.12.1998 und vom 15.01.1999 blieb die Klägerin bei ihrem Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.1999 zurückwies. Bei ausführlicher Erläuterung der vorgenommenen Veränderungen in den Entgeltpunkten wies die Beklagte u.a. für die Zeit vom 01.07.1990 bis 30.12.1990 darauf hin, dass die Zeit vom 01.07.1990 bis 02.09.1990 aufgrund der Rehabilitierungsbescheinigung nicht mehr nach dem tatsächlich erzielten Entgelt zu bewerten gewesen sei. Vielmehr sei im Rahmen der glaubhaft gemachten Beitragszeiten, welche die Beklagte in Ausführung der Rehabilitierungsbescheinigung zu ermitteln hatte, ein Betrag von 7.199,44 DM in Ansatz zu bringen gewesen. Nach § 256 b SGB VI habe bei glaubhaft gemachten Beitragszeiten entgegen den nachgewiesenen Beitragszeiten keine Hochrechnung des DM-Betrages mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI zu erfolgen. Daraus resultiere, dass der Betrag in Höhe von 7.199,44 DM ohne Erhöhung in die Entgeltpunkteermittlung einbezogen werden müsse. Hieraus ergebe sich insgesamt ein niedrigerer Entgeltpunktebetrag für die Zeit vom 01.07.1990 bis 30.12.1990. Die um 0,0007 geringere Entgeltpunktzahl für die Zeit vom 01.12.1990 bis 30.12.1990 beruhe auf der Tatsache, dass aufgrund des bis 02.09.1990 festgestellten Verfolgungstatbestandes eine Aufteilung der Entgelte bzw. eine gesonderte Entgeltfeststellung für die Zeit ab dem 03.09.1990 vorzunehmen gewesen sei.

Hiergegen richtete sich die am 24.03.1999 vor dem Sozialgericht Dresden erhobene Klage, mit der die Klägerin ausweislich ihres Antrags in der mündlichen Verhandlung vom 18.05.1999 letztlich nur noch das Ziel verfolgte, für die Zeit vom 01.07.1990 bis 30.12.1990 die tatsächlich erzielten Entgelte zur Grundlage der Rentenberechnung zu machen.

Diesem Begehren gab das Sozialgericht mit Urteil vom 18.05.1999 in vollem Umfang statt und verurteilte die Beklagte in Abänderung des Bescheides vom 17.11.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 12.03.1999, die Rente der Klägerin ab 01.01.1999 unter Zugrundelegung der in der Zeit vom 01.07.1990 bis 30.12.1990 tatsächlich erzielten Entgelte neu zu berechnen.

Zu Unrecht berufe sich die Beklagte darauf, zwingend die nach dem BerRehaG für den Verfolgungszeitraum vorgesehenen Entgelte anrechnen zu müssen, auch wenn dies für den Verfolgten im Verhältnis zu den tatsächlich erzielten Entgelten ungünstiger sei. § 10 BerRehaG normiere, dass die Vorschriften des Vierten Abschnitts des Gesetzes über den Ausgleich von Nachteilen in der Rentenversicherung zugunsten des Verfolgten die allgemein anzuwendenden rentenrechtlichen Vorschriften ergänze. Dies bedeute, dass die allgemeinen Vorschriften nur dann nicht zur Anwendung gelangen, wenn dies für den Verfolgten ungünstiger sei. Die von der Beklagten gefundene Auslegung, dass das vom Gesetzgeber normierte Günstigkeitsprinzip nicht auf Teilzeiträume anzuwenden sei, sondern lediglich ein Vergleich der Bewertung des gesamten Versicherungslebens des Berechtigten unter Zugrundelegung der erzielten Entgelte mit der Bewertung des gesamten Versicherungslebens unter Berücksichtigung der für den Verfolgungszeitraum nach den Vorschriften der §§ 11 bis 13 BerRehaG ermittelten "Pauschsätze" vorzunehmen sei, entspreche nicht der in § 10 BerRehaG zum Ausdruck gekommenen Intention des Gesetzgebers. Es wäre nicht im Sinne einer beruflichen Rehabilitation, wenn einem Verfolgten, der trotz der Verfolgung mehr Entgelte als die vom Gesetzgeber in Ansatz gebrachten "Pauschbeträge" erzielt habe, diese Entgelte gekürzt würden. Mit der gesetzlichen Regelung habe eine Schlechterstellung des wider Erwarten "besser verdienenden" Verfolgten nicht erfolgen sollen. Vielmehr habe sichergestellt werden sollen, dass für die Verfolgungszeiten zumindest ein Grundsockel als anzurechnendes Einkommen zu berücksichtigen sei. Dieses Ziel könne aber nur erreicht werden, wenn für die einzelnen Verfolgungszeiträume die sich als "Pauschsätze" nach dem BerRehaG ergebenden Entgelte den tatsächlich erzielten Entgelten gegenübergestellt würden und jeweils die günstigere rentenrechtliche Bewertung berücksichtigt werde. Deshalb sei auch in der Zeit vom 01.07.1990 bis 02.09.1990 der Rentenberechnung das tatsächlich erzielte Entgelt zugrunde zu legen und nicht zwischen den Zeiträumen bis zum 02.09.1990 und danach hinsichtlich der Rentenberechnung zu "splitten".

Gegen das der Beklagten am 18.08.1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 08.09.1999 eingelegte Berufung.

Zur Begründung trägt die Beklagte vor, nach der Systematik des BerRehaG ergäben sich erst aus den Vorschriften des vierten Abschnitts des Gesetzes für den Rentenversicherungsträger beachtliche Regelungen (§§ 10 bis 16 BerRehaG). Dort sei geregelt, dass die Rentenberechnung für die in der Rehabilitierungsbescheinigung festgestellten Verfolgungszeiten abweichend von den allgemeinen rentenrechtlichen Vorschriften nach Maßgabe der §§ 11 bis 15 BerRehaG vorzunehmen ist, wenn dies für den Berechtigten günstiger sei (§ 10 BerRehaG). Die Vorschriften des vierten Abschnitts seien für alle festgestellten Verfolgungszeiten anzuwenden, ohne dass daraus Einschränkungen derart zu entnehmen wären, es könne lediglich ein Teil der Verfolgungszeiten nach den allgemeinen rentenrechtlichen Vorschriften beurteilt werden, während die übrigen Verfolgungszeiten bei der Rentenberechnung nach Maßgabe der §§ 11 bis 15 BerRehaG zu berücksichtigen wären. Daher könnten die Verfolgungszeiten auch nur insgesamt in die Günstigkeitsprüfung nach § 10 BerRehaG einfließen. Nichts anderes habe - entgegen der Ansicht des Sozialgerichts - der Gesetzgeber gewollt. Dies werde bereits durch die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Rehabilitierungsbehörde und Rentenversicherungsträger deutlich und ferner durch die Gesetzesbegründung zu § 2 BerRehaG bestätigt (vgl. BT-DR 12/4994 S. 44 ff.). Nach § 17 Abs. 1 BerRehaG habe der Berechtigte die von der Rehabilitierungsbehörde festzustellende Verfolgteneigenschaft durch eine Bescheinigung nachzuweisen. Die Rehabilitierungsbehörde habe nicht nur die Verfolgteneigenschaft an sich, sondern u. a. auch die gesamte Dauer der Verfolgungszeit i. S. des § 2 BerRehaG festzustellen (vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 3 BerRehaG). Zu Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 BerRehaG - wie im Streitfall - führe die Gesetzesbegründung (vgl. BT-DR 12/4994 S. 44, 45) aus, die Verfolgungsmaßnahmen müssen adäquat kausal für ein vermindertes Einkommen sein. Danach werde deutlich, dass die Rehabilitierungsbehörde als nach § 17 Abs. 1 i. V. m. § 22 Abs. 1 BerRehaG zuständige Stelle für die Feststellung des zeitlichen Umfangs der Verfolgungsmaßnahmen bereits zu prüfen habe, ob und in welchen Zeiträumen für die Klägerin verfolgungsbedingte Minderverdienste i. S. von § 2 Abs. 1 Nr. 2 BerRehaG vorliegen. Soweit der Beklagten vorgeworfen werde, sie habe rechtsfehlerhaft für die Zeit vom 01.07.1990 bis 02.09.1990 die Verfolgungszeiten in die Rentenberechnung einfließen lassen, anstatt die höheren tatsächlichen Verdienste zu berücksichtigen, werde übersehen, dass ihr ein dahingehendes Dispositionsrecht nicht zustehe. Den mit der Rehabilitierungsbescheinigung festgestellten Verfolgungszeitraum könne nur die Rehabilitierungsbehörde korrigieren. Die Rechtsansicht des Sozialgerichts, wonach sich aus § 10 BerRehaG auch für den Rentenversicherungsträger ein Dispositionsrecht bezüglich der Berücksichtigung des festgestellten Verfolgungszeitraums ergebe, sei nicht überzeugend. § 10 BerRehaG sei nicht isoliert, sondern nur in Verbindung mit den §§ 11 bis 15 BerRehaG zu betrachten. Insbesondere die Entscheidung des Gesetzgebers, die Verfolgungsmaßnahmen grundsätzlich als sog. beitragsgeminderte Zeiten bei der Rentenberechnung zu berücksichtigten (vgl. § 11 Satz 2 BerRehaG), könne sowohl positive als auch - wegen der individuell sehr unterschiedlichen Gesamtleistungsbewertung - negative Auswirkungen mit sich bringen. Die bei der Rentenberechnung zur Anwendung gekommenen §§ 11 und 13 BerRehaG sehen nur allgemein vor, wie mit den in der Rehabilitierungsbescheinigung festgestellten Verfolgungszeiten zu verfahren sei. Eine Unterscheidung nach einem Günstigkeitsprinzip sei dort nicht geregelt. Folglich seien ausnahmslos alle der Klägerin anerkannten Verfolgungszeiten entsprechend dem Regelungsinhalt der genannten Vorschriften zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 18. Mai 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Während des Berufungsverfahrens hat sich die Klägerin mit einem Überprüfungsantrag an die Rehabilitierungsbehörde gewandt, um eine zeitliche Änderung des festgestellten Verfolgungszeitraums zu erreichen. Auf diesen Antrag änderte die Rehabilitierungsbehörde den Bescheid vom 07.04.1998 mit Berichtigungsverfügung vom 16.06.2000 dahin ab, dass als Ende der Verfolgungszeit nicht der "02.09.1990" sondern der "02.10.1990" festgesetzt wurde. Es habe sich um einen Schreibfehler gehandelt, der zur Klarstellung zu berichtigen sei.

Unter Zugrundelegung dieses berichtigten Verfolgungszeitraums legte die Beklagte eine Proberechnung vom 23.08.2000 vor. Danach ergaben sich 45,7037 persönliche Entgeltpunkte (Ost), die der Rentenberechnung zugrunde zu legen seien. Für die Zeit vom 01.01.1999 bis 30.09.2000 sei danach eine Überzahlung von 5,94 DM eingetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und auf die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist zulässig und begründet.

Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, den nach § 17 BerRehaG mit der Rehabilitierungsbescheinigung für den Rentenversicherungsträger verbindlich festgestellten Verfolgungszeitraum im Wege einer Günstigkeitsberechnung danach in Teilabschnitte aufzusplitten, ob die Berechnung unter Zugrundelegung der Einstufung nach dem BerRehaG oder nach den tatsächlich erzielten Arbeitsentgelten höhere Entgeltpunkte ergibt.

Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts hat die Beklagte mit dem Bescheid vom 17.11.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.1999 den Wert des Rechts auf Altersrente zutreffend ermittelt. Im Rahmen einer Vergleichsberechnung stellte die Beklagte fest, dass sich unter Berücksichtigung der nach dem BerRehaG festzustellenden fiktiven Pflichtbeitragszeiten eine höhere Rentenleistung ergibt als unter Zugrundelegung der tatsächlich erzielten Entgelte nach den Grundsätzen des SGB VI. Denn unter Berücksichtigung der festgestellten Verfolgungszeiten ergaben sich 45,7110 persönliche Entgeltpunkte (Ost), die im Verhältnis zu den nach dem SGB VI ermittelten niedrigeren 44,8527 persönliche Entgeltpunkte (Ost) eine höhere monatliche Rentenleistung zur Folge haben. Für eine Berücksichtigung weiterer Entgeltpunkte liegt eine gesetzliche Grundlage nicht vor.

Nach dem als Art. 2 des Zweiten SED- Unrechtsbereinigungsgesetzes vom 23.06.1994 (BGBl. I S. 1311) am 01.07.1994 in Kraft getretenen "Gesetz über den Ausgleich beruflicher Benachteiligung für Opfer politischer Verfolgung im Beitrittsgebiet" (Beruflicher Rehabilitierungsgesetz - BerRehaG) besteht ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen und damit auch auf rentenrechtliche Wiedergutmachung von Verfolgungsschäden, wenn die Folgen einer beruflichen Benachteiligung noch andauern. Zur Durchführung dieses Nachteilsausgleichs in der Rentenversicherung hat die Rehabilitierungsbehörde auf Antrag eine Rehabilitierungsbescheinigung zu erteilen (§ 17 Abs. 1 BerRehaG). Sie enthält neben der Feststellung der Verfolgteneigenschaft auch weitere für die Feststellung des Rentenanspruchs notwendigen Angaben, wie Beginn und Ende der Verfolgungszeit, Angaben über eine wegen Verfolgungsmaßnahmen nicht abgeschlossene Fachschul- oder Hochschulausbildung, Angaben über die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, die ohne die Verfolgung ausgeübt worden wäre, einschließlich Angaben über die zuzuordnende Leistungs- und Qualifikationsgruppe.

Nach § 22 Abs. 3 BerRehaG sind die zur Ausführung des Zweiten bis Vierten Abschnittes des BerRehaG zuständigen Behörden an die in der Bescheinigung der Rehabilitierungsbehörde enthaltenen Feststellungen gebunden. Das gilt auch für den Rentenversicherungsträger. Er entscheidet nur, ob die Beitragsbemessungsgrundlage nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BerRehaG auf bestimmte Höchstwerte zu begrenzen ist oder ob Ausnahmen von der Begrenzung nach § 13 Abs. 2 Satz 2 BerRehaG vorliegen. Eine Überprüfung der Entscheidung der Rehabilitierungsbehörde - etwa über Beginn und Ende der Verfolgungsmaßnahme - hat durch den Rentenversicherungsträger grundsätzlich nicht zu erfolgen. Eine Korrektur der nach § 17 Abs. 1 BerRehaG zu erteilenden Bescheinigung kann nur durch die zuständige Rehabilitierungsbehörde selbst erfolgen oder auf dem Verwaltungsrechtswege (§ 27 Abs. 1 Satz 1 BerRehaG) erreicht werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.02.1998 - 3 C 25/97 - sowie BVerwG, Urteil vom 06.04.2000 - 3 C 34/99). Lediglich für die Sachverhalte, in denen der Rentenversicherungsträger selbst tätig wird - wie bei Begrenzungen nach § 13 Abs. 2 BerRehaG oder fehlerhafter Zuordnung von Tabellenwerten, steht nach § 27 Abs. 2 BerRehaG der Weg zu den Sozialgerichten offen.

In welcher Weise ein Nachteilsausgleich erfolgen soll, ergibt sich aus den Regelungen des Vierten Abschnitts des BerRehaG (§§ 10 bis 16). Nach § 10 Satz 1 BerRehaG ergänzen die Vorschriften dieses Abschnitts zugunsten des Versicherten die allgemein anzuwendenden rentenrechtlichen Vorschriften. Das bedeutet, dass auf Antrag im Wege einer Vergleichsberechnung zu prüfen ist, ob die unter Berücksichtigung der Verfolgungszeiten ermittelte Rente günstiger ist als die nach den allgemein anzuwendenden Vorschriften berechnete Rente. Dabei ist die Rente des Betroffenen zunächst aus den tatsächlich zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten zu berechnen. In einem zweiten Schritt ist eine Berechnung unter Einbeziehung der Vorschriften des BerRehaG vorzunehmen, wobei die Daten, die für die Zeit der politischen Verfolgung zu übernehmen sind, sich ausschließlich aus der Rehabilitierungsbescheinigung ergeben. Sie ersetzen für die Sonderberechnung nach dem BerRehaG insoweit die zeitgleichen Daten des normalen Versicherungsverlaufs.

Diese Vergleichsberechnung hat die Beklagte in zutreffender Anwendung der Vorschriften des BerRehaG vorgenommen. Ohne die Verfolgungsmaßnahme hätte die Klägerin in der Zeit vom 04.11.1976 bis (nach der Berichtigungsverfügung) zum 02.10.1990 eine Tätigkeit als Leiterin der Datenerfassungsstelle ... des Datenverarbeitungszentrums der Finanzorgane ... ausgeübt. Da diese Tätigkeit dem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 19 zum AAÜG zuzuordnen ist, hat zunächst zutreffend die BfA als Zusatzversorgungsträger nach § 13 Abs. 3 BerRehaG die unter Zugrundelegung der in der Rehabilitierungsbescheinigung festgestellten Angaben über die Art der Beschäftigung, den Wirtschaftsbereich und die Qualifikationsgruppe zu überführenden Entgelte für die Zeit vom 04.11.1976 bis 30.06.1990 mit Bescheid vom 28.05.1998 festgestellt. Für die Zeit vom 01.07.1990 bis zum Ende der Verfolgungszeit hatte die Beklagte im Anwendung des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BerRehaG die Entgeltpunkte zu ermitteln.

Die für die Verfolgungszeit nach den Vorschriften des BerRehaG ermittelten Entgelte sind anstelle der tatsächlichen Daten in den Versicherungsverlauf einzusetzen. Diese Pflichtbeitragszeiten gelten nach § 11 Satz 2 BerRehaG grundsätzlich als beitragsgeminderte Zeiten. Dies hat zur Folge, dass die Verfolgungszeiten mindestens mit dem Wert bei der Rentenberechnung bewertet werden, der sich aus der Gesamtleistungsbewertung nach § 71 Abs. 2 SGB VI ergibt.

Die Rentenberechnung nach Einfügung der nach dem BerRehaG festgestellten Entgeltpunkte führte für die Klägerin zunächst zu 45,7110 persönlichen Entgeltpunkten (Ost), nach der Berichtigungsverfügung vom 16.06.2000 zu 45,7037 persönlichen Entgeltpunkten (Ost). Diese persönlichen Entgeltpunkte sind geringfügig höher als die nach dem tatsächlichen Versicherungsverlauf ermittelten Entgeltpunkte. Sie waren deshalb zutreffend der Rentenberechnung zugrunde zu legen.

Soweit die Klägerin meint, aufgrund der Anerkennung der Verfolgungszeiten müsse sich eine wesentlich höhere Rentenleistung ergeben und für die Zeit vom 01.07.1990 bis nunmehr 02.10.1990 müssten die tatsächlich erzielten Entgelte zugrunden gelegt werden, weil sich danach für den genannten Zeitraum höhere Entgeltpunkte ergäben, verkennt sie - ebenso wie auch das Sozialgericht - dass die Beklagte nach dem eindeutigen Wortlaut des § 22 Abs. 3 BerRehaG an die in der Rehabilitierungsbescheinigung enthaltenen Feststellungen und somit auch an die Feststellung zum Zeitpunkt des Beginns und des Endes der Verfolgungszeit (§ 22 Abs. 1 Nr. 3 BerRehaG) gebunden ist. Eine Berücksichtigung einzelner Teilabschnitte aus der bindend von der Rehabilitierungsbehörde festgestellten Dauer der Verfolgungszeit ist damit nicht möglich.

Aus den genannten Gründen war auf die Berufung das Urteil des Sozialgerichts Dresden aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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