L 5 RJ 125/98

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 11 RJ 601/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 125/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 02. Juni 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Unter den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zusteht.

Der am ... geborene Kläger hat in der Zeit vom 01. September 1971 bis 30. August 1973 eine Lehre als Facharbeiter für Datenverarbeitung durchlaufen. Bis zum 31. Dezember 1977 war er - mit einer Unterbrechung durch gesetzlichen Wehrdienst - als Facharbeiter Datenverarbeitung tätig. Wegen fehlender Aufstiegschancen nahm er ab dem 02. Januar 1978 eine Tätigkeit als Klimawärter in der Wäscheunion O ... an, die er mit Unterbrechung bis zum 30. Juni 1990 ausübte. Diese Tätigkeit beherrschte er nach ca. vier Wochen. Nach anschließender Arbeitslosigkeit und einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) nahm er eine Tätigkeit als Gebäudereiniger auf, die bis zum 01. April 1998 andauerte. Ab dem 30. November 1994 war er krank.

Der Kläger war bei seinem letzten Arbeitgeber als Helfer Reinigung eingestellt und hatte alle Reinigungsarbeiten wie Unterhaltsreinigung, Baureinigung und Glasreinigung zu verrichten. Er war als angelernter Arbeiter eingestuft. Sein Stundenlohn nach dem Tarifvertrag Bau Bayern/Sachsen betrug 11,57 DM.

Am 27. Dezember 1994 beantragte er wegen seines eingeschränkten Leistungsvermögens Rente unter Hinweis auf seine koronare Herzkrankheit. Die Beklagte holte den Befundbericht von Dr. K ..., Facharzt für Innere Medizin, vom 09. Februar 1995 ein, dem der Entlassungsbericht der Zentralklinik B ... B ... vom 22. Dezember 1994 beigefügt war. Danach erreichte der Kläger in der Ergometrie eine Belastung bis 125 W. Das Belastungs-EKG bei Dr. K ... vom 25. Januar 1995 ergab eine Belastung bis 150 W. Die Beklagte ließ durch ihre Gutachterärztin Dr. D ... aufgrund der Untersuchung vom 03. April 1995 ein Gutachten zum Leistungsvermögen des Klägers erstellen. Nach deren Feststellungen lagen bei dem Kläger eine koronare Zweigefäßerkrankung sowie Hyperlipoproteinämie vor. Die ergometrische submaximale Belastbarkeit betrug zuletzt 75 W. Ein Abbruch erfolgte bei 100 W wegen pectanginöser Beschwerden und leichter ST-Senkung von 0,1 mV. Eine körperlich leichte Tätigkeit erschien der Gutachterin ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck und ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne mechanische Hilfsmittel vollschichtig möglich. Im Reha-Entlassungsbericht - nach einem stationären Aufenthalt des Klägers vom 04. Oktober bis 01. November 1995 - werden als Diagnosen koronare Zweigefäßerkrankung, geringe linksventrikuläre Kontraktionsstörung, Adipositas, Hypercholesterinämie sowie früher Nikotinabusus festgehalten. Der Kläger könne leichte und mittelschwere Arbeiten ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Tragen und Heben von Lasten, ohne Akkord, ohne Kälte, Nässe, Hitze, Lärm und besonderen Zeitdruck vollschichtig verrichten.

Der Beklagten lag auch ein Befundbericht von Dr. K ... vom 13. November 1996 vor, dem der Entlassungsbericht der Zentralklinik B ... B ... über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 04. Juli bis 09. Juli 1996 beigefügt war. Das Belastungs-EKG ergab eine maximale Belastung von 100 W. Weiter wertete die Beklagte den Entlassungsbericht der Zentralklinik B ... B ... über den anlässlich der Bypass-Operation im November 1996 erfolgten stationären Aufenthalt in der Zeit vom 19. November bis 01. Dezember 1996 aus. Im Anschluss hieran folgte eine Anschlussheilbehandlung in der Klinik B ... K ... im Zeitraum vom 03. Januar 1997 bis 31. Januar 1997. Nach dem Entlassungsbericht lagen bei dem Kläger ein Zustand nach dreifacher Bypass-Operation November 1996 bei koronarer Herzkrankheit, Hyperlipoproteinämie und Hyperurikämie vor. Die fahrradergometrische Belastbarkeit bei Aufnahme betrug 75 W und vor Entlassung 100 W. Damit könne der Kläger leichte körperliche Arbeiten ohne Schichtarbeit, ausgeprägte Temperaturschwankungen und Zeitdruck überwiegend im Sitzen vollschichtig verrichten.

Mit Bescheid vom 26. April 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09. Juni 1997 wies die Beklagte den Antrag zurück.

Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Chemnitz (SG) mit Urteil vom 02. Juni 1998 abgewiesen. Die Leistungsfähigkeit des Herzens sei zu keinem Zeitpunkt auf unter 75 W gesunken. Damit sei, ausgehend von sämtlichen vorliegenden Befundunterlagen, ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers zumindest für leichte Tätigkeiten unter Meidung von Schichtarbeit, ausgeprägten Temperaturschwankungen und Zeitdruck überwiegend im Sitzen möglich. Der Kläger sei als ungelernter bzw. angelernter Arbeiter mit einer Anlernzeit unter einem Jahr zu beurteilen und damit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Er könne z. B. eine Tätigkeit als Pförtner vollschichtig ausüben.

Hiergegen richtet sich die am 20. August 1998 beim Sozialgericht Chemnitz und am 15. September 1998 beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangene Berufung.

Der Kläger sieht sich nicht in der Lage, einer geregelten beruflichen Tätigkeit nachzugehen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 02. Juni 1998 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm vorgezogenes Übergangsgeld bzw. Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie stützt sich auf das angefochtene Urteil.

Der Senat hat eine Auskunft der Fa. G ... vom 24. Juni 2000, Befundberichte von Dr. K ... vom 16. November 1998 und vom 11. April 2000, von Dipl.-Med. H ... vom 30. November 1998, die Befunde der Zentralklinik B ... B ... GmbH im Zeitraum von 1994 bis Juni 1999 sowie die Epikrise vom 30. Mai 2000 und die Gutachten des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes Chemnitz vom 10. Februar 1997 und vom 16. März 2000 mit ergänzender Stellungnahme vom 22. Mai 2000 beigezogen.

Im Gutachten vom 10. Februar 1997 gelangt der Ärztliche Dienst des Arbeitsamtes Chemnitz zu einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeit, überwiegend stehend und sitzend, zeitweise gehend, ohne Zeitdruck, Nässe, Kälte, Zugluft, Temperaturschwankungen, Hitzearbeiten, häufiges Bücken und Heben und Tragen von über 10 kg. In seinem Gutachten vom 16. März 2000 gelangt der gleiche Gutachter, Dipl.-Med. H ..., zu einem Leistungsvermögen von täglich drei bis unter sechs Stunden für leichte Arbeit überwiegend im Sitzen, ohne Zeitdruck, Nässe, Kälte, Zugluft, Temperaturschwankungen, Hitzearbeiten, Einwirkung von Staub, Rauch, Gasen, Dämpfen, Lärm, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen wie Überkopfarbeit und Knien sowie ohne häufiges Heben und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel. Besondere Verantwortung sei zu vermeiden. Der Senat hat weiter Gutachten von Oberarzt Dr. med. G ..., Facharzt für Neurologie/Psychiatrie, Krankenhaus D ...-F ..., vom 29. Januar 2001 und auf kardiologischem Fachgebiet von Dr. A ..., Chefarzt der 2. Medizinischen Klinik des Städtischen Klinikums D ...-F ... vom 28. Februar 2001 eingeholt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Zu Recht haben das SG und die Beklagte entschieden, dass dem Kläger keine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zusteht. Ein solcher Anspruch besteht weder nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a. F.), die gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI noch für Rentenansprüche bis zum 31. Dezember 2000 anwendbar sind, noch nach den ab dem 01. Januar 2001 geltenden Vorschriften.

Der Kläger ist weder berufsunfähig (§ 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a. F.), noch erwerbsunfähig (§ 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a. F.).

Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. liegt nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen Krankheit oder Behinderung noch nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.

Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen Verdienst er in einer Tätigkeit erzielen kann, auf die er nach seinem Gesundheitszustand und seinem bisherigen Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, kommt es auf seinen bisherigen Beruf an (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit oder Beschäftigung, die vollwertig und nachhaltig verrichtet worden ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130, 164).

Letzte Beschäftigung in diesem Sinne ist die Tätigkeit des Klägers als Gebäudereinigerhelfer. Von der Tätigkeit als Facharbeiter für Datenverarbeitung hat er sich nicht aus gesundheitlichen Gründen gelöst. Die danach ausgeübte Tätigkeit des Klimawärters ist ebenfalls nicht als Hauptberuf anzusehen, da auch sie ohne gesundheitsbedingte Gründe aufgegeben wurde. Der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Gebäudereinigerhilfskraft hat sich der Kläger bewusst und gewollt mit dem Willen zugewandt, sie auf unbestimmte Dauer auszuüben. Sie ist daher als sein Hauptberuf bzw. "bisheriger Beruf" im Rechtssinne zu betrachten. Diese Tätigkeit kann der Kläger nicht mehr ausüben, da auch schwere körperliche Arbeit anfällt, die er nach dem Inhalt sämtlicher Gutachter nicht mehr verrichten kann.

Dennoch liegt Berufsunfähigkeit nicht vor. Der Kläger ist zumutbar auf andere Tätigkeiten verweisbar, bei welchen er mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen kann.

Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 138, 140). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter gliedert sich nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und in einen unteren Bereich (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 109, 132, 143). Dem unteren Bereich unterfallen alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei bis 12 Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über 12 Monaten bis zu 24 Monaten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 45). Nach diesem Schema kann jeder Versicherte auf Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als der bisherige Beruf. Ein Facharbeiter kann daher auf Anlerntätigkeiten, ein Angelernter auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 143 m.w.N.; BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 5). Die Einstufung in den Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich bzw. des unteren Bereiches hat insoweit nur die Auswirkung, dass dem Angelernten im oberen Bereich eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen ist (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 45), dem angelernten Arbeiter des unteren Bereiches jedoch nicht, da dieser sozial zumutbar auf das gesamte allgemeine Arbeitsfeld verwiesen werden kann (BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 62).

Ausgehend von der Tätigkeit des Klägers als Gebäudereinigerhelfer ist dieser der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters des unteren Bereichs zuzuordnen. Dies ergibt sich aus der Auskunft der Fa. G ...: Der Kläger war als Helfer der Reinigung eingestellt, hatte alle Reinigungsarbeiten wie Unterhaltsreinigung, Baureinigung und Glasreinigung zu verrichten und war als angelernter Arbeiter eingestuft. Die Anlernzeit dauerte nicht mehr als ein Jahr.

Als angelernter Arbeiter des unteren Bereichs ist der Kläger sozial zumutbar auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verweisen, ohne dass diese konkret benannt werden müssten (vgl. BSG a.a.O.). Gesundheitliche Einschränkungen, die dieser breiten Verweisung entgegenstehen würden, sind nicht ersichtlich. Der Kläger ist nach den Feststellungen des Senats, die insbesondere durch die Gutachten von Dr. G ... und Dr. A ... getragen werden, für leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig einsetzbar, die überwiegend im Sitzen und für zwei Stunden täglich im Wechsel von Stehen und Gehen sowie vorzugsweise in geschlossenen Räumen verrichtet werden können. Arbeiten unter Zeitdruck, am Fließband sowie Wechsel- oder Nachtschicht sind nicht möglich, ebenso wenig Tätigkeiten mit Zwangshaltungen, wiederholtem Heben, Tragen von Lasten über 8 kg, häufigem Treppensteigen sowie Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten. Arbeiten unter Einwirkung von extremen Temperaturen, Nässe, Staub, Gas, Dampf- und Reizstoffe sind zu vermeiden. Hingegen sind Arbeiten mit Publikumsverkehr möglich. Einschränkungen im psychischen Bereich im Sinne von Gesundheitsstörungen liegen nicht vor. Der neurologische Befund ist regelrecht.

Soweit Dipl.-Med. H ... vom Ärztlichen Dienst des Arbeitsamtes Chemnitz im Gutachten vom 16. März 2000 im Gegensatz zu dem Gutachten vom 10. Februar 2000 lediglich zu einem unter vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte Arbeit gelangt, ist dem nicht zu folgen. Diese Einschränkung ist zum einen fraglich, da dem Gutachten von Februar 1997 ein Befund der Zentralklinik B ... B ... zugrunde lag, nach dem seit Dezember 1995 pectanginöse Beschwerden mit Dyspnoe nach NYHA III bestehen, dem zuletzt erstellten Gutachten jedoch ein Befund der gleichen Klinik von Februar 1999 zugrunde lag, wonach eine Belastungs-Dyspnoe lediglich nach NYHA-Stadium II vorliegt. Zum anderen liegt nach der dem Gutachterarzt und den Beteiligten zur Kenntnis gegebenen sozialmedizinischen Literatur bei einem Belastungs-EKG-Abbruch bei 100 W in der Regel ein Leistungsvermögen für leichte Arbeiten im vollschichtigen Umfang vor. Soweit Dipl.-Med. H ... in seiner Stellungnahme vom 22. Mai 2000 äußerte, dass in die Bewertung der Leistungsfähigkeit auch die Prognose der vorliegenden Gesundheitsstörungen mit einzubeziehen sei, ist dem soweit nicht zu folgen, da es lediglich darauf ankommt, ob der Betroffene nach den bis zum Zeitpunkt der Begutachtung feststellbaren Leistungseinschränkungen noch in der Lage ist, ohne konkrete Gefährdung seiner Gesundheit in bestimmtem Umfange tätig zu werden. Nach dem Inhalt des Gutachtens und seiner ergänzenden Stellungnahme muss hier jedoch davon ausgegangen werden, dass Dipl.-Med. H ... nicht nur die Gefährdung der Gesundheit innerhalb eines Zeitraumes von mindestens sechs Monaten in die Bewertung hat einfließen lassen, sondern der Beurteilung des Leistungsvermögens eine unbelegte Vermutung des weiteren Krankheitsverlaufes im Sinne einer weiteren Verschlechterung seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat. Widerlegt wird diese "Prognoseentscheidung" weiter durch das Gutachten des Dr. A ... Dieser hat festgestellt, dass nach der Bypass-Operation im November 1996 und anschließender Rehabilitationskur 150 W auf dem Belastungs-EKG erreichbar waren. In den weiteren Jahren hatte das ergometrische Leistungsvermögen gewechselt. Insgesamt ist aber - insoweit kann auf die jahrzehntelange klinische Erfahrung des Gutachters auf kardiologischem Fachgebiet verwiesen werden - einzuschätzen, dass seit Dezember 1998 der Gesundheitszustand des Klägers unter Berücksichtigung der echokardiografischen Auswurffraktion und der ergometrischen Belastbarkeit lediglich eine geringfügige Verschlechterung eingetreten ist, die jedoch nicht dazu führt, dass der Kläger lediglich noch unter vollschichtig leichte körperliche Tätigkeiten mit den genannten Einschränkungen ausüben kann. Grundsätzlich ist der Kläger damit auf sämtliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verweisen, die seinem Belastungsprofil entsprechen, ohne dass ihm eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden müsste. Selbst wenn man in den qualitativen Einschränkungen hinsichtlich Fließbandarbeit, Einwirkung von extremen Temperaturen sowie Nässe, Staub, Gas, Dampf und Reizstoffen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen im Sinne der bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung sehen wollte, so wäre der Kläger auf eine Tätigkeit als Pförtner zumutbar zu verweisen. Diese Tätigkeit wird nach den den Beteiligten und dem Gutachter zur Verfügung gestellten berufskundlichen Informationen aus einem anderen Verfahren von körperlich leichter Tätigkeit überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit des Haltungswechsels geprägt. Die weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen des Klägers sind hierbei ohne Bedeutung, da entsprechende Einwirkungen bzw. Tätigkeitsanforderungen nicht anfallen bzw. erfordert werden.

Der Umstand, dass es in einer Zeit angespannter Arbeitsmarktlage schwierig ist, einen passenden Arbeitsplatz zu finden, und die Bundesanstalt für Arbeit zu einer derartigen Vermittlung nicht in der Lage ist, ist kein Grund zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Denn bei vollschichtiger Einsatzmöglichkeit ist der Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen, und es kommt auf die Zahl der vorhandenen, nicht auf die Zahl der gerade freien und damit vermittelbaren Arbeitsplätze an (vgl. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - BSGE 80,24).

Nachdem der Kläger nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. ist, hat er erst recht keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach der strengeren Vorschrift des § 44 SGB VI a. F., da er zu vollschichtiger Tätigkeit noch in der Lage ist. Angesichts des vollschichtigen Leistungsvermögens entfällt auch ein Leistungsanspruch nach den ab dem 01. Januar 2001 geltenden Vorschriften über die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision, § 160 Abs. 2 SGG, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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