Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 12 RJ 938/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 201/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. Oktober 1998 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zusteht.
Der am ... geborene Kläger bestand nach einem Ausbildungsverhältnis von September 1970 bis August 1973 die Prüfung als Teilfacharbeiter Maurer. Nach einer Tätigkeit in diesem Berufsbereich legte er im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach einer berufsbegleitenden Ausbildung von September 1981 bis Mai 1982 die Facharbeiterprüfung im Maurerberuf ab (vgl. Zeugnis vom 20. August 1982). Er war von Juli bis Dezember 1973 als Maurer TB, von 1978 bis 1979 als Maurer (Teilberuf), 1980 als Maurer TB Tiefbau und von 1981 bis Juli 1993 als Maurer Tiefbau beschäftigt. Nach Auskunft der jeweiligen Arbeitgeber war er vom 02. August 1993 bis 31. August 1994 als Tiefbauer, von September 1994 bis November 1995 als Bauwerker, vom 11. Dezember bis 22. Dezember 1995 sowie vom 03. Januar 1996 bis 04. Juli 1996 als Maurer tätig. Vom 21. November bis 19. Dezember 1996 nahm der Kläger an einer von der Beklagten bewilligten Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation teil.
Am 20. Dezember 1996 stellte er Antrag auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Mit Bescheid vom 26. Februar 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. August 1997 wies die Beklagte den Antrag zurück. Die Leistungsfähigkeit des Klägers werde durch zu Rezidiven neigende Psoriasis, Adipositas per magna, Zustand nach rezidivierenden Leistenbrüchen und Fettstoffwechselstörung beeinträchtigt. Er könne nur noch zweistündig bis unter halbschichtig in seinem zuletzt ausgeübten Beruf als Maurer tätig sein, jedoch vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten mit wechselnder Arbeitshaltung ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Als Bauhofverwalter, Platzmeister, Baustellenmagaziner sowie Fachberater/Verkäufer im Baustoffhandel und Baumärkten sei er einsetzbar.
Hiergegen hat der Kläger das Sozialgericht Leipzig (SG) angerufen. Dieses hat nach Einholung von Befundberichten der behandelnden Ärzte und Beiziehung der Unterlagen des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes ..., nach dessen Einschätzung im Gutachten vom 06. Februar 1998 überwiegend leichte körperliche Arbeit, zeitweise mittelschwere Arbeit vollschichtig im Gehen, Stehen und Sitzen ohne Nässe, Schmutzarbeiten, häufiges Bücken und häufiges Heben und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel ausgeübt werden könnten, der Klage insoweit stattgegeben, als es die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ausgehend von einem am 20. Dezember 1996 eingetretenen Leistungsfall ab dem 01. Januar 1997 zu gewähren. Der Kläger sei als Facharbeiter einzustufen. Als Hausmeister sei er nicht einsetzbar, da er auch im Freien unter Witterungsbeeinflussungen, insbesondere durch Regen, Kälte, Schnee und Nässe die Tätigkeit ausüben müsse, bei der im Übrigen auch nicht auszuschließen sei, dass auch schwere Tätigkeiten verrichtet werden müssten. Gehen und Stehen überwiege bei dieser Tätigkeit, Sitzen sei nur gelegentlich oder allenfalls zeitweise möglich. Auch sei das Heben, Tragen und Bewegen von mindestens bis mittelschweren Lasten gelegentlich bis zeitweise erforderlich, unter Umständen auch von schweren Lasten.
Hiergegen richtet sich die am 21. Dezember 1998 eingelegte Berufung der Beklagten.
Sie trägt vor, die Tätigkeit des Hausmeisters entspreche dem Leistungsbild des Klägers. Er sei nicht als Facharbeiter einzustufen und könne zumutbar auf die Tätigkeiten eines Pförtners bzw. Mitarbeiters in der Registratur oder Poststelle verwiesen werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. Oktober 1998 abzuändern und die Klage im vollen Umfang abzuweisen.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Gründe des sozialgerichtlichen Urteils.
Dem Senat liegen vor: Auskunft der Bundesanstalt für Arbeit, Landesarbeitsamt ... vom 04. Oktober 1999 zur Frage der Verweisbarkeit des Klägers als Platzmeister, Baustellenmagaziner, Bauhofverwalter, Fachberater/Verkäufer im Baustoffhandel und in Baumärkten bzw. Hausmeister/Hauswart, Auskünfte der ... GmbH vom 26. Juli 2000 über die Tätigkeit des Klägers vom 01. Juli 1973 bis 31. Juli 1993, die Auskunft der ... GmbH vom 20. Juli 1999 über die Tätigkeit des Klägers vom 02. August 1993 bis 31. August 1994, die Auskünfte der ... Baugesellschaft mbH vom 21. Juni 1999 und 12. Juli 2000 über den Zeitraum vom 05. September 1994 bis 21. November 1995, der Fa. Bauauftragsvermittlung und Baunebenleistungen ... über den Zeitraum vom 11. bis 22. Dezember 1995.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01. Januar 1996 gemäß § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusteht.
Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI liegt vor, da die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.
Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen Verdienst er in einer Tätigkeit erzielen kann, auf die er nach seinem Gesundheitszustand und seinem bisherigen Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 1963 - SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, kommt es auf den bisherigen Beruf an (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist der "bisherige Beruf" nicht stets die zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles der Berufsunfähigkeit ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit. Sie ist es grundsätzlich dann, wenn sie zugleich die qualitativ höchste gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 66 und 130 m. w. N.). Für die Prüfung der eigentlichen Berufstätigkeit des Versicherten gibt es keine allgemein gültigen schematischen Regeln. Entscheidend sind vielmehr die Umstände des einzelnen Falles (vgl. BSGE 2, 182, 185 und BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 165). Der "bisherige Beruf" ist derjenige, der für das in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherte Arbeitsleben allein oder überwiegend bestimmend und charakteristisch ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 165). Dies ist im vorliegenden Fall der Facharbeiterberuf des Maurers. Diesen Berufsabschluss hat der Kläger entsprechend den Bestimmungen der DDR in der Zeit von September 1981 bis Mai 1982 im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung erworben. Den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung als Maurer mit der Facharbeiterprüfung bestätigt seine Zeugnisurkunde. Diese Zeugnisurkunde ist eine Urkunde im Sinne des § 418 Zivilprozessordnung (ZPO) und begründet den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen, hier also den erfolgreichen Abschluss der Facharbeiterausbildung. Der Ausbildungsberuf des Maurers in der DDR entspricht dem Berufsbild des Maurers in der Bundesrepublik (Band 3 der Schriftenreihe "Bildung und Beruf" der Bundesanstalt für Arbeit). Hierbei handelt es sich um einen dreijährigen Ausbildungsberuf. Ohne Bedeutung ist, dass der Kläger den Facharbeiterabschluss berufsbegleitend im Wege der Erwachsenenqualifikation erworben hat (vgl. Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 21. November 2000 - L 5 RJ 106/99).
Diese Facharbeitertätigkeit hat der Kläger bis Juli 1996 ausgeübt. Seinen Facharbeiterschutz hat er nicht verloren, weil er ab Juli 1993 - zumindest zeitweise - nur in Teilbereichen seines Berufes gearbeitet hat. Aus der Auskunft der Bauunternehmung ... GmbH geht hervor, dass der Kläger für die Verrichtung der ihm obliegenden Arbeiten eine Ausbildung als Facharbeiter benötigte. Die ihm übertragenen Arbeiten hatten inhaltlich überwiegend Tätigkeiten aus dem Berufsbereich des Maurers zum Gegenstand. Die Tätigkeit bei der Schlösser Baugesellschaft bis November 1995 wird zwar vom Arbeitgeber als angelernte Tätigkeit bezeichnet, nach der Auskunft des Arbeitgebers war jedoch eine Ausbildung zum Teilfacharbeiter und Facharbeiter notwendig, um diese Tätigkeiten ausüben zu können. Der Kläger hat u. a. Schachtmauerwerke hergestellt und war damit auch weiterhin in Teilbereichen seines erlernten Facharbeiterberufs tätig. Bei der Firma Bauauftragsvermittlung und Baunebenleistungen ... im Dezember 1995 hat der Kläger weiterhin als Maurer gearbeitet, ebenso bei der Fa. Maurer und Ausbau ... in der Zeit von Januar 1996 bis Juli 1996.
Da der Kläger stets überwiegend Facharbeitertätigkeiten verrichtete, ist unbeachtlich, dass er - zumindest zeitweise - nicht tarifgerecht entlohnt wurde. Denn die tarifliche Entlohnung ist nur ein Indiz, welche Qualität die ausgeübte Tätigkeit hat. Sie kann jedoch nicht da zu führen, dass sich die Einstufung der tatsächlich geleisteten Tätigkeit ändert. Zumal die Entlohnung auf Grund der hohen Arbeitslosigkeit häufig nicht tarif-, sondern wirtschaftsorientiert erfolgt.
Den Hauptberuf des Maurers kann der Kläger nicht mehr ausüben, da er zu den hierbei erforderlich werdenden schweren körperlichen Tätigkeiten nicht mehr in der Lage ist. Der Kläger kann sowohl nach der gutachterlichen Einschätzung des für das Arbeitsamt erstellten Gutachtens vom 06. Februar 1998 wie auch nach der sozialmedizinischen Einschätzung der Beklagten vorwiegend leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten, die im Wechsel der Haltungsarten unter Vermeidung von schwerem Heben und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel erfolgen und nicht mit Umwelteinflüssen, wie Nässe, Schmutzarbeit sowie Arbeit mit hautbelastenden Stoffen und Feuchtarbeiten verbunden sind.
Damit liegt Berufsunfähigkeit vor, denn der Kläger kann nicht zumutbar auf andere Tätigkeiten verwiesen werden, bei welchen er mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen kann.
Zur Bestimmung, auf welche Tätigkeiten ein leistungsgeminderter Versicherter zumutbar verwiesen werden kann, hat das Bundessozialgericht ein Mehr-Stufen-Schema entwickelt und die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt. Es gibt die Gruppe der Facharbeiterberufe, der Anlerntätigkeiten und der ungelernten Tätigkeiten (vgl. BSG SozR § 1246 RVO Nr. 103). Später hat das BSG zu diesen drei Gruppen noch eine weitere Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" hinzugefügt (vgl. BSGE 43, 243), zu welcher auch besonders hoch qualifizierte Facharbeiter gehören (vgl. BSGE 45, 276). Diesem Schema ist eigentümlich, dass jeder Versicherte auf Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden kann, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als es dem bisherigen Beruf entspricht. Ein Facharbeiter kann nur auf Tätigkeiten seiner Gruppe und der nächst niedrigeren Gruppe verwiesen werden. Die Verweisungstätigkeit muss daher zu den sonstigen staatlich anerkannten Ausbildungsberufen gehören oder eine echte betriebliche Ausbildung von mehr als drei Monaten erfordern oder wegen ihrer Qualität tariflich wie ein sonstiger Ausbildungsberuf bewertet werden (Kassler Kommentar-Niesel, § 43, Rn. 105 m. w. N.).
Die erstinstanzlich von der Beklagten benannten Verweisungstätigkeiten als Platzmeister, Baustellenmagaziner, Bauhofverwalter, Fachberater/Verkäufer im Baustoffhandel und in Baumärkten kann der Kläger, da dabei schwere körperliche Tätigkeiten anfallen bzw. der Kläger die fachlichen Anforderungen nicht erfüllt (vgl. Auskunft der Bundesanstalt für Arbeit vom 04. Oktober 1999).
Die von der Beklagten benannte Verweisungstätigkeit als Hausmeister kann der Kläger mit dem verbliebenen Leistungsvermögen nicht vollschichtig verrichten. Insoweit wird zum einen auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen, § 153 Abs. 2 SGB VI.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Tätigkeit des Hausmeisters um eine Tätigkeit handelt, die zum weit überwiegenden Teil im Gehen und Stehen ausgeübt wird. Der Kläger ist jedoch nur noch in der Lage, in wechselnder Körperhaltung zu arbeiten.
Eine Verweisungstätigkeit als Pförtner oder Mitarbeiter einer Poststelle kommt für den Kläger nicht in Betracht. Diese Tätigkeiten sind weder Ausbildungsberufe und auch tariflich nicht als solche bewertet, noch erfordern sie eine echte betriebliche Ausbildung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, § 160 Abs. 2 SGG, liegen nicht vor.
II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zusteht.
Der am ... geborene Kläger bestand nach einem Ausbildungsverhältnis von September 1970 bis August 1973 die Prüfung als Teilfacharbeiter Maurer. Nach einer Tätigkeit in diesem Berufsbereich legte er im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach einer berufsbegleitenden Ausbildung von September 1981 bis Mai 1982 die Facharbeiterprüfung im Maurerberuf ab (vgl. Zeugnis vom 20. August 1982). Er war von Juli bis Dezember 1973 als Maurer TB, von 1978 bis 1979 als Maurer (Teilberuf), 1980 als Maurer TB Tiefbau und von 1981 bis Juli 1993 als Maurer Tiefbau beschäftigt. Nach Auskunft der jeweiligen Arbeitgeber war er vom 02. August 1993 bis 31. August 1994 als Tiefbauer, von September 1994 bis November 1995 als Bauwerker, vom 11. Dezember bis 22. Dezember 1995 sowie vom 03. Januar 1996 bis 04. Juli 1996 als Maurer tätig. Vom 21. November bis 19. Dezember 1996 nahm der Kläger an einer von der Beklagten bewilligten Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation teil.
Am 20. Dezember 1996 stellte er Antrag auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Mit Bescheid vom 26. Februar 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. August 1997 wies die Beklagte den Antrag zurück. Die Leistungsfähigkeit des Klägers werde durch zu Rezidiven neigende Psoriasis, Adipositas per magna, Zustand nach rezidivierenden Leistenbrüchen und Fettstoffwechselstörung beeinträchtigt. Er könne nur noch zweistündig bis unter halbschichtig in seinem zuletzt ausgeübten Beruf als Maurer tätig sein, jedoch vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten mit wechselnder Arbeitshaltung ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Als Bauhofverwalter, Platzmeister, Baustellenmagaziner sowie Fachberater/Verkäufer im Baustoffhandel und Baumärkten sei er einsetzbar.
Hiergegen hat der Kläger das Sozialgericht Leipzig (SG) angerufen. Dieses hat nach Einholung von Befundberichten der behandelnden Ärzte und Beiziehung der Unterlagen des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes ..., nach dessen Einschätzung im Gutachten vom 06. Februar 1998 überwiegend leichte körperliche Arbeit, zeitweise mittelschwere Arbeit vollschichtig im Gehen, Stehen und Sitzen ohne Nässe, Schmutzarbeiten, häufiges Bücken und häufiges Heben und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel ausgeübt werden könnten, der Klage insoweit stattgegeben, als es die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ausgehend von einem am 20. Dezember 1996 eingetretenen Leistungsfall ab dem 01. Januar 1997 zu gewähren. Der Kläger sei als Facharbeiter einzustufen. Als Hausmeister sei er nicht einsetzbar, da er auch im Freien unter Witterungsbeeinflussungen, insbesondere durch Regen, Kälte, Schnee und Nässe die Tätigkeit ausüben müsse, bei der im Übrigen auch nicht auszuschließen sei, dass auch schwere Tätigkeiten verrichtet werden müssten. Gehen und Stehen überwiege bei dieser Tätigkeit, Sitzen sei nur gelegentlich oder allenfalls zeitweise möglich. Auch sei das Heben, Tragen und Bewegen von mindestens bis mittelschweren Lasten gelegentlich bis zeitweise erforderlich, unter Umständen auch von schweren Lasten.
Hiergegen richtet sich die am 21. Dezember 1998 eingelegte Berufung der Beklagten.
Sie trägt vor, die Tätigkeit des Hausmeisters entspreche dem Leistungsbild des Klägers. Er sei nicht als Facharbeiter einzustufen und könne zumutbar auf die Tätigkeiten eines Pförtners bzw. Mitarbeiters in der Registratur oder Poststelle verwiesen werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. Oktober 1998 abzuändern und die Klage im vollen Umfang abzuweisen.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Gründe des sozialgerichtlichen Urteils.
Dem Senat liegen vor: Auskunft der Bundesanstalt für Arbeit, Landesarbeitsamt ... vom 04. Oktober 1999 zur Frage der Verweisbarkeit des Klägers als Platzmeister, Baustellenmagaziner, Bauhofverwalter, Fachberater/Verkäufer im Baustoffhandel und in Baumärkten bzw. Hausmeister/Hauswart, Auskünfte der ... GmbH vom 26. Juli 2000 über die Tätigkeit des Klägers vom 01. Juli 1973 bis 31. Juli 1993, die Auskunft der ... GmbH vom 20. Juli 1999 über die Tätigkeit des Klägers vom 02. August 1993 bis 31. August 1994, die Auskünfte der ... Baugesellschaft mbH vom 21. Juni 1999 und 12. Juli 2000 über den Zeitraum vom 05. September 1994 bis 21. November 1995, der Fa. Bauauftragsvermittlung und Baunebenleistungen ... über den Zeitraum vom 11. bis 22. Dezember 1995.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01. Januar 1996 gemäß § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusteht.
Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI liegt vor, da die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.
Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen Verdienst er in einer Tätigkeit erzielen kann, auf die er nach seinem Gesundheitszustand und seinem bisherigen Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 1963 - SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, kommt es auf den bisherigen Beruf an (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist der "bisherige Beruf" nicht stets die zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles der Berufsunfähigkeit ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit. Sie ist es grundsätzlich dann, wenn sie zugleich die qualitativ höchste gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 66 und 130 m. w. N.). Für die Prüfung der eigentlichen Berufstätigkeit des Versicherten gibt es keine allgemein gültigen schematischen Regeln. Entscheidend sind vielmehr die Umstände des einzelnen Falles (vgl. BSGE 2, 182, 185 und BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 165). Der "bisherige Beruf" ist derjenige, der für das in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherte Arbeitsleben allein oder überwiegend bestimmend und charakteristisch ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 165). Dies ist im vorliegenden Fall der Facharbeiterberuf des Maurers. Diesen Berufsabschluss hat der Kläger entsprechend den Bestimmungen der DDR in der Zeit von September 1981 bis Mai 1982 im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung erworben. Den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung als Maurer mit der Facharbeiterprüfung bestätigt seine Zeugnisurkunde. Diese Zeugnisurkunde ist eine Urkunde im Sinne des § 418 Zivilprozessordnung (ZPO) und begründet den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen, hier also den erfolgreichen Abschluss der Facharbeiterausbildung. Der Ausbildungsberuf des Maurers in der DDR entspricht dem Berufsbild des Maurers in der Bundesrepublik (Band 3 der Schriftenreihe "Bildung und Beruf" der Bundesanstalt für Arbeit). Hierbei handelt es sich um einen dreijährigen Ausbildungsberuf. Ohne Bedeutung ist, dass der Kläger den Facharbeiterabschluss berufsbegleitend im Wege der Erwachsenenqualifikation erworben hat (vgl. Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 21. November 2000 - L 5 RJ 106/99).
Diese Facharbeitertätigkeit hat der Kläger bis Juli 1996 ausgeübt. Seinen Facharbeiterschutz hat er nicht verloren, weil er ab Juli 1993 - zumindest zeitweise - nur in Teilbereichen seines Berufes gearbeitet hat. Aus der Auskunft der Bauunternehmung ... GmbH geht hervor, dass der Kläger für die Verrichtung der ihm obliegenden Arbeiten eine Ausbildung als Facharbeiter benötigte. Die ihm übertragenen Arbeiten hatten inhaltlich überwiegend Tätigkeiten aus dem Berufsbereich des Maurers zum Gegenstand. Die Tätigkeit bei der Schlösser Baugesellschaft bis November 1995 wird zwar vom Arbeitgeber als angelernte Tätigkeit bezeichnet, nach der Auskunft des Arbeitgebers war jedoch eine Ausbildung zum Teilfacharbeiter und Facharbeiter notwendig, um diese Tätigkeiten ausüben zu können. Der Kläger hat u. a. Schachtmauerwerke hergestellt und war damit auch weiterhin in Teilbereichen seines erlernten Facharbeiterberufs tätig. Bei der Firma Bauauftragsvermittlung und Baunebenleistungen ... im Dezember 1995 hat der Kläger weiterhin als Maurer gearbeitet, ebenso bei der Fa. Maurer und Ausbau ... in der Zeit von Januar 1996 bis Juli 1996.
Da der Kläger stets überwiegend Facharbeitertätigkeiten verrichtete, ist unbeachtlich, dass er - zumindest zeitweise - nicht tarifgerecht entlohnt wurde. Denn die tarifliche Entlohnung ist nur ein Indiz, welche Qualität die ausgeübte Tätigkeit hat. Sie kann jedoch nicht da zu führen, dass sich die Einstufung der tatsächlich geleisteten Tätigkeit ändert. Zumal die Entlohnung auf Grund der hohen Arbeitslosigkeit häufig nicht tarif-, sondern wirtschaftsorientiert erfolgt.
Den Hauptberuf des Maurers kann der Kläger nicht mehr ausüben, da er zu den hierbei erforderlich werdenden schweren körperlichen Tätigkeiten nicht mehr in der Lage ist. Der Kläger kann sowohl nach der gutachterlichen Einschätzung des für das Arbeitsamt erstellten Gutachtens vom 06. Februar 1998 wie auch nach der sozialmedizinischen Einschätzung der Beklagten vorwiegend leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten, die im Wechsel der Haltungsarten unter Vermeidung von schwerem Heben und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel erfolgen und nicht mit Umwelteinflüssen, wie Nässe, Schmutzarbeit sowie Arbeit mit hautbelastenden Stoffen und Feuchtarbeiten verbunden sind.
Damit liegt Berufsunfähigkeit vor, denn der Kläger kann nicht zumutbar auf andere Tätigkeiten verwiesen werden, bei welchen er mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen kann.
Zur Bestimmung, auf welche Tätigkeiten ein leistungsgeminderter Versicherter zumutbar verwiesen werden kann, hat das Bundessozialgericht ein Mehr-Stufen-Schema entwickelt und die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt. Es gibt die Gruppe der Facharbeiterberufe, der Anlerntätigkeiten und der ungelernten Tätigkeiten (vgl. BSG SozR § 1246 RVO Nr. 103). Später hat das BSG zu diesen drei Gruppen noch eine weitere Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" hinzugefügt (vgl. BSGE 43, 243), zu welcher auch besonders hoch qualifizierte Facharbeiter gehören (vgl. BSGE 45, 276). Diesem Schema ist eigentümlich, dass jeder Versicherte auf Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden kann, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als es dem bisherigen Beruf entspricht. Ein Facharbeiter kann nur auf Tätigkeiten seiner Gruppe und der nächst niedrigeren Gruppe verwiesen werden. Die Verweisungstätigkeit muss daher zu den sonstigen staatlich anerkannten Ausbildungsberufen gehören oder eine echte betriebliche Ausbildung von mehr als drei Monaten erfordern oder wegen ihrer Qualität tariflich wie ein sonstiger Ausbildungsberuf bewertet werden (Kassler Kommentar-Niesel, § 43, Rn. 105 m. w. N.).
Die erstinstanzlich von der Beklagten benannten Verweisungstätigkeiten als Platzmeister, Baustellenmagaziner, Bauhofverwalter, Fachberater/Verkäufer im Baustoffhandel und in Baumärkten kann der Kläger, da dabei schwere körperliche Tätigkeiten anfallen bzw. der Kläger die fachlichen Anforderungen nicht erfüllt (vgl. Auskunft der Bundesanstalt für Arbeit vom 04. Oktober 1999).
Die von der Beklagten benannte Verweisungstätigkeit als Hausmeister kann der Kläger mit dem verbliebenen Leistungsvermögen nicht vollschichtig verrichten. Insoweit wird zum einen auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen, § 153 Abs. 2 SGB VI.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Tätigkeit des Hausmeisters um eine Tätigkeit handelt, die zum weit überwiegenden Teil im Gehen und Stehen ausgeübt wird. Der Kläger ist jedoch nur noch in der Lage, in wechselnder Körperhaltung zu arbeiten.
Eine Verweisungstätigkeit als Pförtner oder Mitarbeiter einer Poststelle kommt für den Kläger nicht in Betracht. Diese Tätigkeiten sind weder Ausbildungsberufe und auch tariflich nicht als solche bewertet, noch erfordern sie eine echte betriebliche Ausbildung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, § 160 Abs. 2 SGG, liegen nicht vor.
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