L 5 RJ 42/98

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 11 RJ 159/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 42/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. Januar 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise wegen Invalidität nach dem Übergangsrecht.

Der am ... 1949 geborene Kläger war in der Zeit von September 1963 bis September 1966 als Schlosserlehrling und bis zum 31. Oktober 1968 als Transport- und Lagerarbeiter beschäftigt. Nach seinem Wehrdienst arbeitete er vom 11. Mai 1970 bis zum 28. Januar 1977 als Warmwalzer und erlitt am 21. Februar 1972 einen Motorradunfall mit rechtsseitiger Unterschenkelfraktur. Am 07. Februar 1975 erwarb der Kläger nach erfolgreicher Prüfung das Facharbeiterzeugnis als Betriebsschlosser und arbeitete als solcher vom 01. Februar 1977 bis zur betrieblichen Kündigung am 31. Mai 1992. Nach Arbeitslosigkeit und einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme als Kraftfahrer verrichtete er vom 30. August 1993 bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 17. Juni 1997 eine Tätigkeit als Trockenbauer. Hierbei handelte es sich nach der Auskunft des Baubetriebes K ... vom 07. Juli 1996 um Tätigkeiten, die von Arbeitnehmern nach einer Anlernzeit von bis zu 12 Monaten ausgeübt werden können. Seit der Kündigung zum 09. Februar 1999 ist der Kläger arbeitslos.

Den am 13. April 1995 gestellten Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise wegen Invalidität, begründete er mit Knie- und Rückenbeschwerden seit 1995.

Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten vor:

- der Befundbericht des Dr. Sch ..., Facharzt für Orthopädie, vom 24. April 1995 und - das Gutachten des Dr. S ..., Gutachterarzt, vom 24. August 1995, in welchem bei einem Zustand nach Unterschenkelfraktur rechts mit nachfolgender schwerer posttraumatischer Gonarthrose mit relativ wenig Funktionseinbußen, einem lumbalen Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule ohne wesentliche Funktionseinschränkungen und Adipositas, ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten unter Beachtung weiterer Funktionseinschränkungen sowie ein aufgehobenes Leistungsvermögen als Bauhelfer und als Schlosser seit der Rentenantragstellung attestiert wurde.

Mit Bescheid vom 30. Oktober 1995 lehnte die Beklagte den Rentenantrag unter Verweis auf ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ab. Den am 24. November 1995 eingegangenen Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 22. Januar 1997 zurück. Mit den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen könne der Kläger nach den sozialmedizinischen Feststellung zwar nicht mehr in seinem zuletzt ausgeübten Beruf als Bauhelfer tätig sein, jedoch ganztägig leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, unter Beachtung weiterer Funktionseinschränkungen, vollschichtig verrichten. Ausgehend von der Tätigkeit des Schlossers als Hauptberuf sei der Kläger in die Gruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich einzustufen und auf alle ungelernten Tätigkeiten, die sich durch die Qualität der Einweisung und Einarbeitung auszeichnen, verweisbar. Dafür kämen in Betracht eine Tätigkeit als Gütekontrolleur oder als kaufmännischer Sachbearbeiter (ohne Außendienst und Verkauf).

Auf die am 17. Februar 1997 erhobene Klage hat das Sozialgericht Leipzig einen Befundbericht der Dr. L ..., Fachärztin für Chirurgie, vom 18. Juni 1997 und ein fachorthopädisches Gutachten des Prof. Dr. R ... vom 04. November 1997 eingeholt. Dieser gelangte nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 04. November 1997 zu folgenden Feststellungen/Diagnosen:

- hochgradige posttraumatische Gonarthrose rechts in allen gelenkbildenden Anteilen; eben beginnende Chondropathia patellae links,
- lokales lumbales vertebragenes Schmerzsyndrom bei beginnender Gefügelockerung der unteren Lendenwirbelsäule bei primärer Hypermobilität,
- eben beginnende Coxarthrose, rechts etwas stärker als links, bei Hüftdysplasie.

Mit den vorliegenden Diagnosen und Funktionsstörungen des Stütz- und Bewegungsapparates könne der Kläger eine leichte Tätigkeit (Belastung unter 10 kg), wechselnd sitzend und stehend ohne Zwangshaltungen, vollschichtig verrichten. Ein besonderes Pausenregime, eine besondere Diät und eine besondere Medikamentation seien nicht erforderlich. Mit einem Motorfahrzeug, einem Firmenbus oder einem öffentlich, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittel sei die Entfernung oder der zeitliche Umfang des Weges von und zur Arbeitsstelle nicht limitiert. Zu Fuß sei eine Wegstrecke von zwei Kilometern zumutbar. Die jetzt bestehenden Diagnosen und Funktionsstörungen hätten in der Form auch schon im April 1995 bestanden. Eine Änderung sei im Vergleich zu den bisherigen Gutachten nicht objektivierbar. Im Moment seien weder eine stationäre noch eine ambulante Heilbehandlung erforderlich.

Mit Urteil vom 29. Januar 1998 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ausgehend von der bis 1992 ausgeübten Tätigkeit als Schlosser ist es von einem Berufsschutz als Facharbeiter das Gericht ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten und eine Verweisbarkeit auf Kontroll-, Revisions- und Montagearbeiten sowie auch auf die von der Beklagten benannten Tätigkeiten als Gütekontrolleur und als Qualitätsprüfer angenommen.

Der Kläger verfolgt mit der am 30. März 1998 bei dem Sächsischen Landessozialgericht eingelegten Berufung sein Begehren weiter. Er bemängelt, die Begutachtung durch Prof. Dr. R ... sei aus der Ruhestellung und nicht unter Belastungbsbedingungen erfolgt. Es träten noch schmerzhafte Beschwerden an der Lenden- sowie der Halswirbelsäule beim Laufen sowie bei geringfügiger Belastung auf. Wegen seiner Gelenkschmerzen sei er nicht mehr in der Lage, über einen längeren Zeitraum zu sitzen und könne daher nicht mehr vollschichtig in den Arbeitsprozess integriert werden.

Die Bevollmächtigte des Klägers beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. Januar 1998 abzuändern und die Beklagte, unter Aufhebung des Bescheides vom 30. Oktober 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 1997 zu verurteilen, dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit oder Invalidität, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.

Der Senat hat einen Befundbericht der Dr. R ..., Fachärztin für Allgemeinmedizin, vom 11. März 1999, die Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 29. Juni 1995 und vom 18. Dezember 1997, den Bericht der Reha-Klinik D ... H ... vom 25. Mai 1999 über eine stationäre Anschlussheilbehandlung nach Implantation einer achsgeführten Knieteilendoprothese rechts vom 11. März 1999 und den Bericht des Krankenhauses für Orthopädie B ... D ... vom 30. März 1999 eingeholt. Auf Antrag des Klägers hat der Senat ein orthopädisches Gutachten des Prof. Dr. R ... und von Amts wegen ein weiteres orthopädisches Gutachten des Prof. Dr. D ... eingeholt. Nach ambulanter Untersuchung stellte Prof. Dr. R ... in seinem am 27. Dezember 2000 beim Gericht eingegangenen Gutachten sowie in der Ergänzung vom 01. Januar 2001 folgende Gesundheitsbeeinträchtigungen seit dem 13. April 1995 fest:

- schwere posttraumatische Gonarthrose des rechten Kniegelenkes
- Implantation einer Kniegelenkstotalendoprothese 1999

Der Kläger sei auf Grund seiner Gesundheitseinschränkungen nicht mehr in der Lage, mittelschwere bis schwere Tätigkeiten, insbesondere aus den Berufsgruppen Schlosser und Bauhelfer, durchzuführen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger noch eine leichte Tätigkeit im Wechsel mit Sitzen und Stehen für maximal drei Stunden, nur in geschlossenen Räumen, ohne Zeitdruck und Zwangshaltungen, ohne Gefährdung durch Nässe, Hitze, starke Temperaturschwankungen, Zugluft, Lärm, Staub, Gas, Dampf, Rauch und Reizstoffen, nur bedingt im Publikumsverkehr sowie mit zusätzlichen Arbeitspausen von 10 Minuten pro Stunde, verrichten. Da der Kläger im August 1993 vollschichtig in seinem Beruf als Bauhelfer mit Schlossertätigkeit einsatzfähig gewesen sei, und sich erst im Jahre 1996/1997 sein Leistungsvermögen infolge der Zunahme der Beschwerden verringert habe, bestehe der vorbezeichnete Zustand seit 1997.

Prof. Dr. D ... erhob nach ambulanter Untersuchung am 14. März 2001 in seinem Gutachten vom 15. März 2001 die Diagnosen:

- totalendoprothetischer Ersatz des rechten Kniegelenkes
- beginnende Gonarthrose links
- lokales vertebragenes lumbales Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen L 5/S 1, gering auch L 4/5
- rezidivierendes vertebragenes zervikales lokales Schmerzsyndrom
- Beinverkürzung rechts 1,5 cm

Gegenüber dem Vorgutachten vom 13. April 1995 sei es eher zu einer gewissen Besserung gekommen, da der Kläger im rechten Kniegelenk noch immer Schmerzen habe, aber doch von etwas geringerer Intensität. Von Seiten der Wirbelsäule sei das Beschwerdebild funktionell nachweisbar ebenfalls eher etwas gemindert, weil die Bewegungsmaße günstiger seien. Der Kläger sei nicht in der Lage, als Schlosser oder Bauhelfer tätig zu sein, da er mit dem künstlichen Kniegelenk rechts nur kurze Zeitabschnitte während der Arbeitszeit im Stehen oder Gehen beschäftigt werden sollte, wobei der Anteil der Tätigkeiten im Sitzen und Stehen mit 80 Prozent zu 20 Prozent festgelegt werden sollte. Außerdem könne er damit weder hocken noch knien. Aus Sicherheitsgründen sollte das Besteigen von Leitern und Gerüsten gemieden werden. Lasten über 10 Kilogramm dürfe der Kläger nicht tragen. Er sei nicht geeignet, schwere und mittelschwere Arbeiten zu verrichten, da es dann zu einer vorzeitigen Auslockerung der rechtsseitig implantierten Kniegelenksendoprothese käme. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch in einer Tätigkeit als Pförtner oder als Mitarbeiter in einer Poststelle sei der Kläger unter Berücksichtigung der vorhandenen Einschränkungen vollschichtig einsetzbar. Dieser Zustand bestehe zumindest seit der Implantation der Kniegelenkstotalendoprothese. Jedoch sei zuvor ein Einsatz des Klägers, bevorzugt im Sitzen, bei entsprechend leichter Tätigkeit, nicht gefährdet gewesen. Bis zur attestierten Arbeitsunfähigkeit 1997 hätten, entsprechend den in der Begutachtung 1995 nachgewiesenen funktionellen Einschränkungen, dem Einsatz eines Schlossers objektive Tatsachen nicht entgegen gestanden.

Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Leistungsakte des Arbeitsamtes L ..., Dienststelle D ..., Stamm-Nr ..., die Leistungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen und verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht Leipzig (SG) die Klage abgewiesen, weil dem Kläger ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder wegen Invalidität nicht zusteht.

Der Kläger ist weder berufsunfähig noch erwerbsunfähig (§§ 43 Abs. 2 Satz 1, 44 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung [a. F.]) und nicht invalide (Art. 2 § 7 Abs. 3 des Rentenüberleitungsgesetzes - RÜG -).

Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. liegt nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen Krankheit oder Behinderung noch nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.

Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen Verdienst er in einer Tätigkeit erzielen kann, auf die er nach seinem Gesundheitszustand und nach seinem bisherigen Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 1963 - 12 RJ 24/58 - SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO -). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, kommt es auf den bisherigen Beruf an (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit oder Beschäftigung, die vollwertig und nachhaltig verrichtet worden ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164).

Letzte Beschäftigung in diesem Sinne ist, entgegen der Annahme des SG, die Tätigkeit als Trockenbauer. Diese hat der Kläger vollwertig bewusst und gewollt vom 30. August 1993 bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 17. Juni 1997 zur dauerhaften Einkommenserzielung ausgeübt. Die bis 1992 verrichtete Tätigkeit als Schlosser kann nicht berücksichtigt werden. Die Beendigung dieses Beschäftigungsverhältnisses ist durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31. Mai 1992 aus betrieblichen Gründen erfolgt. Eigene Bemühungen des Klägers zur Rückkehr in diesen Beruf bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 17. Juni 1997 sind nicht aktenkundig.

Den Beruf als Trockenbauer kann der Kläger nicht mehr vollwertig verrichten. Hiervon geht auch die Beklagte aus. Die mit dieser Tätigkeit verbundenen mittelschweren Arbeiten mit Zwangshaltungen stehen den orthopädischen Erkrankungen des Klägers entgegen.

Dennoch liegt Berufsunfähigkeit bei dem Kläger nicht vor. Er ist zumutbar auf andere Tätigkeiten verweisbar, bei welchen er mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen kann.

Zur Bestimmung, auf welche Tätigkeiten ein leistungsgeminderter Versicherter zumutbar verwiesen werden kann, hat das Bundessozialgericht ein Mehr-Stufen-Schema entwickelt und die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt. Es gibt die Gruppe der Facharbeiterberufe, der Anlerntätigkeiten und der ungelernten Tätigkeiten (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 1972 - 5 RJ 105/72 - SozR Nr. 103 zu § 1246 RVO). Später hat das Bundessozialgericht zu diesen drei Gruppen noch eine weitere Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" hinzugefügt (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 1977 - 5 RJ 98/76 - BSGE 43, 243), zu welcher auch "besonders hoch qualifizierte Facharbeiter" gehören (vgl. BSG, Urteil vom 19. Januar 1978 - 4 RJ 81/77 - BSGE 45, 276). Nach diesem Schema kann jeder Versicherte auf Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als es dem bisherigen Beruf entspricht. Ein Facharbeiter kann daher auf Anlerntätigkeiten, ein angelernter Arbeiter auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden.

Ausgehend von der Tätigkeit als Trockenbauer ist der Kläger der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters im unteren Bereich zuzuordnen. Dies ergibt sich aus der im Verwaltungsverfahren eingeholten Auskunft der Baufirma K ... vom 07. Juli 1996, wonach die vom Kläger verrichteten Tätigkeiten als Trockenbauer auch von berufsfremden Arbeitnehmern nach einer Einarbeitungszeit von bis zu 12 Monaten ausgeübt werden können. Dass der Kläger als Trockenbauer beschäftigt gewesen ist, hat sein Arbeitgeber, in Kenntnis der Belehrung über die Folgen einer falschen Aussage, auch in der Bescheinigung vom 03. November 1998 gegenüber dem Arbeitsamt L ... bekundet. Der Kläger selbst hat im Verwaltungsverfahren in der Anlage zum Rentenantrag, im Gutachten des Dr. S ... sowie im Schreiben vom 28. April 1997 an das Sozialgericht Leipzig, in dem Gutachten des Dr. R ... sowie in den Gutachten der Professoren Dres. R ... und D ... seine Tätigkeit ab August 1993 als Bauhelfer (im Trockenbau) angegeben. Daher bestand keine Veranlassung, den ehemaligen Arbeitgeber Kauerhoff als Zeugen zu vernehmen. Insofern ist der Kläger, als angelernter Arbeiter im unteren Bereich, sozial zumutbar auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, ohne dass diese konkret benannt werden müssten.

Für mindestens leichte körperliche Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen, ohne dauerhafte Zwangshaltungen, ohne Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg, ohne Knien und Hocken sowie ohne das Erfordernis des Besteigens von Leitern und Gerüsten, besteht seit dem Zeitpunkt der Rentenantragstellung ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. S ... am 24. August 1995 waren die Hüft-, Knie- und Schultergelenke frei beweglich; motorische Ausfälle oder ein positives Zeichen nach Lasègue haben nicht bestanden. Diese Befunde wurden im Wesentlichen bereits in dem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 29. Juni 1995 dokumentiert. Nach den in dem Gutachten des Prof. Dr. R ... vom 04. November 1997 erhobenen Befunden ergaben sich bei der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule keine wesentlichen Funktionseinschränkungen. Die Schulter-, Ellenbogen-, Finger- und Handgelenke wiesen eine beiderseits freie Beweglichkeit auf. Die Beugungsfähigkeit der Hüftgelenke mit beiderseits 150° war normoton. Bei der eingeschränkten Streckung/Beugung des rechten Kniegelenkes von 0/15/120 (Neutral- Null-Methode) haben weder akute Reizerscheinungen oder Hauttemperaturerhöhungen, noch eine Kapselschwellung oder ein Erguss bestanden. Auf Grund dieser Befunde ist nachvollziehbar, dass der Kläger auch zu diesem Zeitpunkt leichte körperliche Tätigkeiten, nicht ausschließlich sitzend oder stehend, unter Vermeidung von Tiefkniebeugen und Arbeiten im Knien sowie nur mit einer Tragebelastung von 10 Kilogramm, vollschichtig verrichten konnte. Eine sozialmedizinisch eingeschränkte Wegefähigkeit lässt sich damit nicht begründen. Prognostisch wurde ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten auch nach der am 11. März 1999 durchgeführten Knietotalendoprothese in dem Kurentlassungsbericht der Reha-Klinik D ... H ... vom 25. Mai 1999 attestiert. Diese Einschätzung findet Bestätigung durch die von Prof. Dr. D ... in seinem Gutachten vom 15. März 2001 erhobenen Befunde. Der entscheidende Unterschied im Gesundheitszustand zwischen 1995 und den von Prof. Dr. D ... erhobenen Befunden besteht in der in zementierter Technik implantierten schaftfixierten Kniegelenksendoprothese rechts 1999. Gegenüber der zum Zeitpunkt der Begutachtung am 24. August 1995 festgestellten Beweglichkeit (Streckung/Beugung) des rechten Kniegelenkes von 125/10/10° ist die Beweglichkeit jetzt mit 105/15/0° gering schlechter, wobei sich allerdings die Schmerzintensität etwas reduziert hat. Die Beweglichkeit des linken Kniegelenkes mit seinerzeit 130/0/0° liegt unverändert vor. Die Beschwerdesymptomatik von Seiten der Lendenwirbelsäule hat nach wie vor unverändert lokalen Charakter. Die Einschränkung der Wirbelsäule ist eindeutig geringer, die Beweglichkeit der Brustwirbelsäule, mit einem Wert nach Schober von 10/15 gegenüber 10/13 und einem Fingerbodenabstand (FBA) von 11 cm, wesentlich verbessert. Die röntgenologisch degenerativen Veränderungen entsprechen etwa der (Alters-)Norm. Die Beschwerden von Seiten der Halswirbelsäule sind zudem vom Kläger selbst nicht als bedeutsam für seine berufliche Einsatzfähigkeit eingeschätzt worden. Klinisch relevante radikuläre oder pseudoradikuläre Symptome haben nicht bestanden, denn die Zeichen nach Lasègue und Bragard waren beiderseits negativ. Dies belegen die intakte Motorik und Sensibilität der unteren Extremitäten. Der Kläger ist daher nicht mehr in der Lage, als Schlosser oder Bauhelfer/Trockenbauer tätig zu sein, da er mit dem künstlichen Kniegelenk rechts nur kurze Zeitabschnitte während der Arbeitszeit im Stehen oder Gehen tätig sein kann, wobei der Anteil der Tätigkeiten im Sitzen und Stehen mit 80 Prozent zu 20 Prozent festgelegt werden sollte. Außerdem kann er weder hocken noch knien und sollte aus Sicherheitsgründen das Besteigen von Leitern und Gerüsten vermeiden. Lasten über 10 Kilogramm darf er nicht mehr tragen und keine schweren und mittelschweren Arbeiten verrichten, da es dann zu einer vorzeitigen Auslockerung der rechtsseitig implantierten Kniegelenksendoprothese kommen könnte.

Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch in einer Tätigkeit als Pförtner ist der Kläger unter Berücksichtigung der vorhandenen Einschränkungen jedoch seit der Rentenantragstellung noch vollschichtig einsetzbar. Nach der beigezogenen berufskundlichen Auskunft des Landesarbeitsamtes Sachsen vom 13. August 1996 umfasst die Tätigkeit eines Pförtners das Überwachen des Personenverkehrs in Eingangshallen oder aus Pförtnerlogen von Betrieben, Behörden oder Krankenhäusern, das Überprüfen von Ausweisen, das Anmelden von Besuchern, das Ausfüllen von Besucherzetteln und das Weiterleiten von Besuchern an die zu besuchenden Stellen oder Personen innerhalb des Betriebes, der Behörde oder des Krankenhauses. Der als Pförtner tätige Mitarbeiter muss geistig wendig sein, über eine gute Auffassungsgabe und Merkfähigkeit verfügen und sich sprachlich ausdrücken können, um mit dem Publikum angemessen und sachkundig umgehen zu können. Im Übrigen ist die Tätigkeit eines Pförtners körperlich leicht, kann überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit des Haltungswechsels verrichtet werden und bedingt keine Zwanghaltungen, kein Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg sowie kein Knien und Hocken und kein Besteigen von Leitern und Gerüsten.

Der Leistungsbeurteilung in dem Gutachten des Prof. Dr. R ... ist nicht zu folgen. Der Sachverständige hat nicht schlüssig dargelegt, welche objektiven Funktionseinschränkungen ein nur maximal dreistündiges Leistungsvermögen begründen sollen. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten vom 06. Februar 2001 und des Prof. Dr. D ... an. Die Einholung eines weiteren, vom Kläger angeregten Gutachtens war nicht erforderlich. Die Divergenz zwischen den Gutachten des Prof. Dr. R ... und des Prof. Dr. D ... liegt nicht auf tatsächlichem Gebiet in der Befunderhebung bzw. den Diagnosen, sondern in den jeweiligen Leistungsbeurteilungen. Insoweit fällt die Entscheidung in den Bereich der richterlichen Beweiswürdigung, welche durch ein weiteres Gutachten nicht ersetzt werden kann.

Mit dem vollschichtigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist der Kläger nicht berufsunfähig. Bei einem auf das allgemeine Arbeitsfeld verweisbaren Versicherten bedarf es nach dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 01. März 1984 (4 RJ 43/83 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 117) nur dann der konkreten Benennung zumindest einer Verweisungstätigkeit, wenn der Kläger selbst leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch mit vielfältigen und/oder erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen ausführen kann. Ob wegen der Leistungslimitierung auf nur leichte körperliche Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen, ohne dauerhafte Zwangshaltungen, ohne Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg, ohne Knien und Hocken sowie ohne das Erfordernis des Besteigens von Leitern und Gerüsten eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine sonstige schwerwiegende Behinderung, die es dem Kläger auch bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit unmöglich macht, eine geeignete Erwerbstätigkeit aufzunehmen, so genannte "Katalogfälle" (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 1986 - 4a RJ 55/84 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 137) vorliegt, musste der Senat nicht entscheiden. Denn der allgemeine Arbeitsmarkt ist dem Kläger mit dem vollschichtigen Leistungsvermögen für die Tätigkeit als Pförtner nicht verschlossen. Des Weiteren ist der Kläger nicht am Zurücklegen des Arbeitsweges, also des Weges von seiner Wohnung bis zu einer etwaigen Arbeitsstätte (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 43/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10), gehindert. Betriebsunübliche Pausen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Mai 1984 - 5a RKn 18/83 SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 43) muss er während der Arbeitszeit nicht einhalten.

Der Umstand, dass es in einer Zeit angespannter Arbeitsmarktlage schwierig ist, einen passenden Arbeitsplatz zu finden, und die Bundesanstalt für Arbeit (BA) zu einer Vermittlung nicht in der Lage ist, ist kein Grund zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Denn bei vollschichtiger Einsatzmöglichkeit ist der Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen, und es kommt auf die Zahl der vorhandenen, nicht auf die Zahl der gerade freien Arbeitsplätze an (vgl. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - BSGE 80,24 -).

Nachdem der Kläger nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. ist, hat er erst recht keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den strengeren Vorschriften des § 44 SGB VI a. F. Es besteht auch kein Anspruch auf die Gewährung einer Zeitrente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die seit dem 17. Juni 1997 attestierte Arbeitsunfähigkeit ist bezogen auf die bis dahin ausgeübte Tätigkeit als Trockenbauer, verbunden mit mittelschweren Arbeiten und Zwangshaltungen, und bescheinigt nicht Arbeitsunfähigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung einer Invalidenrente gemäß Art. 2 § 7 des RÜG, da dieser eine Minderung des gesundheitlichen Leistungsvermögens um mindestens 2/3 voraussetzt, was bei einem durch die Dres. S ..., R ... und Prof. Dr. D ... festgestellten vollschichtigen Leistungsvermögen nicht vorliegt. Mit dem mehr als sechsstündigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt liegen auch die Voraussetzungen zur Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI (in der Fassung ab dem 01. Januar 2001 - BGBl. 2000, Teil I, S. 1827) nicht vor.

Die Anwendung der §§ 43, 44 Abs. 2 SGB VI a. F. resultiert aus der Rentenantragstellung am 13. April 1995 (§ 300 Abs. 2 SGB VI).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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