L 5 RJ 66/01

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 7 RJ 444/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 66/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 31. Januar 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der am ... geborene Kläger erlernte in der Zeit von September 1964 bis Februar 1968 den Beruf eines Elektromonteurs, erwarb am 23. Februar 1968 das entsprechende Facharbeiterzeugnis und war in diesem Berufsbereich bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 12. Dezember 1996 - zuletzt als Spezialmonteur - beschäftigt. Seitdem ist der Kläger arbeitsunfähig und bezieht Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit bzw. Krankengeld.

Den am 28. September 1998 gestellten (zweiten) Rentenantrag begründete er mit einer Angstneurose und einem Halswirbelsäulensyndrom.

Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten vor:

- die Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 17. März 1997 und 04. August 1997, - die Befundbericht des Facharztes für Neurologie-Psychiatrie Dipl.-Med. Sch ... vom 08. September 1997 und 07. Oktober 1998 , - der Bericht der Klinik Bad G ... vom 06. Januar 1998 über eine stationäre psychosomatische Rehabilitation vom 29. Oktober bis zum 10. Dezember 1997, aus welcher der Kläger arbeitsunfähig für die Tätigkeit als Elektromonteur mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für mittelschwere körperliche Arbeiten, sowohl im Sitzen, Stehen und Gehen, derzeit ohne Arbeiten, die Fahrten mit dem Auto erfordern, entlassen wurde sowie - das Gutachten der Dr. H ... - Sozialmedizinischer Dienst - vom 29. November 1998, in welchem ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten, ohne Überkopfarbeit und Anfahrtswege zur Arbeit mit Bus oder Auto - Fußwege über 500 Meter und die Benutzung der Bahn zur Fortbewegung seien möglich -, ohne Wechselschicht und besonderen Zeitdruck, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung sowie ohne häufiges Klettern oder Steigen bescheinigt wurde.

Mit Bescheid vom 25. Januar 1999 lehnte die Beklagte den Rentenantrag unter Verweis auf ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sowie in einer Tätigkeit als Werkzeug- bzw. Materialausgeber ab. Den am 17. Februar 1999 eingegangenen Widerspruch wies sie mit Bescheid vom 21. Juli 1999 zurück. Den Beruf als Elektromonteur könne der Kläger zwar nicht mehr in erforderlichem Maße verrichten; als Facharbeiter sei er aber beispielsweise auf die Tätigkeit eines Lagerverwalters verweisbar und könne vollschichtig mittelschwere Arbeiten im Sitzen, Stehen und Gehen mit Unterbrechung, ohne Wechselschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Klettern oder Steigen und ohne überwiegende Überkopfarbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten.

Auf die am 24. August 1999 erhobene Klage hat das Sozialgericht Leipzig einen Befundbericht des Dipl.-Med. Sch ... vom 10. November 1999, das Gutachten des Arbeitsamtes O ... vom 04. Februar 1998, den Befundbericht der Dipl.-Psych. H ... vom 23. Dezember 1999 sowie den Bericht der Klinik Bad G ... vom 06. Januar 1997 über eine stationäre Rehabilitation vom 29. Oktober bis zum 10. Dezember 1997 eingeholt und ein Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet von Dr. Sch ... erstellen lassen. Dieser gelangte in seinem Gutachten vom 03. August 2000, nach ambulanter Untersuchung des Klägers am selben Tag, zu folgenden Feststellungen/Diagnosen:

- posttraumatische Belastungsstörung im Gefolge eines Autounfalls am 12. Oktober 1995 (mit deutlicher Rückbildung der spezifischen Symptomatik) auf dem Boden einer ängstlichen und selbstwertgestörten Persönlichkeit mit nachfolgender Ausbildung eines neurasthenischen Syndroms mit angedeuteter phobischer Komponente,
- lokales Halswirbelsäulen-Syndrom mit zeitweilig qualitativer Funktionsbeeinträchtigung leichten Grades,
- Bluthochdruck, ausreichend medikamentös eingestellt, ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung.

Hinsichtlich der körperlichen Beanspruchung seien leichte, zeitweilig auch mittelschwere Tätigkeiten zumutbar. Das lokale Halswirbelsäulen-Syndrom mit zeitweilig auftretender qualitativer Funktionsbeeinträchtigung erlaube zweifellos auch zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten. Tätigkeiten in wechselnden Körperpositionen seien am Günstigsten, aber keinesfalls aus medizinischer Sicht zwingend erforderlich. Häufigeres Heben und Tragen sowie Arbeiten über Kopf oder in sonstigen Zwangshaltungen sollten auf Grund des HWS-Syndroms nicht erfolgen, seien aber gelegentlich durchaus möglich. Hocken oder Knien sowie Bücken seien prinzipiell möglich. Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten könnten unter Berücksichtigung der oben genannten Einschränkungen zeitweilig ausgeführt werden. Arbeiten am Fließband oder an laufenden Maschinen wären möglich, sofern diese Tätigkeiten nicht mit ausgesprochenen Zwangshaltungen verbunden seien. Tätigkeiten im Arbeitstakt oder unter Zeitdruck sollten unter Berücksichtigung der neurasthenisch-phobischen Symptomatik nicht erfolgen. Desgleichen sei eine Tätigkeit in Wechsel- oder Nachtschicht unter Berücksichtigung der psychischen Auffälligkeiten nicht sinnvoll. Bezüglich der Handgeschicklichkeit bestünden keine Einschränkungen. Das Reaktions- und Steuerungsvermögen wie die Auffassungsgabe und die Merk- und Konzentrationsfähigkeit, Ausdauer und Stresstoleranz seien allenfalls im Rahmen der psychischen Symptomatik leichtgradig beeinträchtigt. Hinweise für eine hirnorganisch bedingte Störung im Bereich der Vorfeldfunktionen der Intelligenz, also vorwiegend hinsichtlich Konzentrationsfähigkeit, Ausdauer und Merkfähigkeit, ergeben sich nicht. Die Stresstoleranz werde als stärker eingeschränkt angesehen auf Grund der spezifischen Persönlichkeitseigenheiten mit Ängstlichkeit und Selbstunsicherheit. Die Kommunikationsfähigkeit werde als nicht gestört angesehen. Hinsichtlich Verantwortungsbewusstsein und Gewissenhaftigkeit ergeben sich allenfalls unter Berücksichtigung einer gewissen anankastischen Komponente im Zusammenhang mit den Befürchtungen, eventuell Fehler zumachen, Einschränkungen. Dies beziehe sich allerdings nicht auf klar strukturierte Tätigkeiten, in denen der Begutachtete keine schwerwiegenden Entscheidungen treffen müsse. Die Flexibilität, einschließlich der Fähigkeit, sich auf eine Erwerbstätigkeit außerhalb des bisherigen Berufsbereich einzustellen, werde als etwas eingeschränkt angesehen, jedoch nicht in einem Ausmaß, das beispielsweise berufsfördernde Maßnahmen nicht möglich wären. Auch dürfte der Begutachtete unter Berücksichtigung seiner bisherigen Tätigkeit auf handwerklichem Gebiet außerhalb seines Ausbildungsberufes einsetzbar sein. Der Kläger sei in der Lage, uneingeschränkt öffentliche Verkehrsmittel zu benutzten. Die Benutzung eines eigenen PKW sei aufgrund einer im Abklingen befindlichen phobischen Symptomatik noch teilweise eingeschränkt. Fahrten im näheren Wohnumfeld sowie auf ständig wiederkehrenden Wegstrecken im Umkreis von ca. 50 Kilometer seien jedoch zumutbar. Das beschriebene Leistungsbild bestehe im wesentlichen seit September 1998 (zweiter Rentenantrag), wobei eindeutig eine Rückbildungstendenz der spezifischen Symptome zu verzeichnen sei. Es sei auch darauf hinzuweisen, dass bereits nach Beendigung der stationären Heilbehandlung Ende 1997 eingeschränkt Autofahrten wieder aufgenommen worden seien, wenn auch teilweise unter therapeutischem Aspekt. Vorrangig auf Grund der psychopathologischen Leistungseinschränkungen sei der Kläger nicht mehr in der Lage, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Spezialmonteur in vollem Umfang zu verrichten; hierbei werde von der Notwendigkeit einer erhöhten Mobilität (eigenes Führen eines PKW mit häufig wechselnden Zielorten, gegebenenfalls auch Tätigkeit auf Montage) ausgegangen. Es bestehe keine ausreichende medizinische Begründung, dass der Kläger nicht in der Lage wäre, bürotechnische Arbeiten, die im Rahmen einer Lagerverwaltung notwendig wären, zu verrichten. Die vorgebrachte Begründung des Begutachteten, dass seinerseits Befürchtungen bestünden, bei verschiedensten Tätigkeiten (die nicht im Einzelnen konkret genannt werden) Fehler zu machen, die entweder ihm oder anderen Schaden bringen könnten, könne auch unter Berücksichtigung der eher ängstlich-selbstwertgestörten Persönlichkeitsstruktur medizinisch nicht ausreichend untermauert werden.

Mit Urteil vom 31. Januar 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ausgehend von der Tätigkeit als Elektromonteur hat es den Kläger in die Gruppe der Facharbeiter eingeordnet, ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte, zeitweilig auch für mittelschwere körperliche Arbeiten festgestellt und ihn auf eine Tätigkeit als Lagerverwalter (in einem Betriebslager einer Fabrik für Elektromontage) verwiesen.

Der Kläger macht mit der am 15. Februar 2001 bei dem Sächsischen Landessozialgericht eingelegten Berufung geltend, eine uneingeschränkte Leistungsfähigkeit habe der Sachverständige Dr. Sch ... nur für klar strukturierte Tätigkeiten, in denen er keine schwerwiegenden Entscheidungen treffen müsse, gesehen. Eine solche Tätigkeit sei unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes als Hilfstätigkeit anzusehen und ihm als Facharbeiter nicht zumutbar. Das Sozialgericht habe verabsäumt, sein tatsächliches Leistungsvermögen durch geeignete Belastungstests zu ermitteln. Das Vorhandensein der Verweisungstätigkeit eines Lagerarbeiters in einem Betriebslager einer Fabrik für Elektromontage sei nicht hinreichend konkret dargelegt worden. Hinsichtlich der von der Beklagten im Berufungsverfahren benannten Tätigkeit eines Verdrahtungselektrikers werde die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt, da ihm eine Tatsacheninstanz abgeschnitten werde. Es werde davon ausgegangen, dass die bisherige Tätigkeit als Spezialmonteur mit der eines Verdrahtungselektrikers vergleichbar sei. Zudem gebe es für diese Tätigkeit keine freien Arbeitsplätze in seinem weiteren Umkreis. Das Vorhandensein von 400 bis 500 Arbeitsplätzen im Jahr 1997 (Jahr der Gutachtenerstellung durch den Sachverständigen D ...) sei unerheblich; die Beklagte möge nachweisen, dass solche Arbeitsplätze vorhanden sind. Selbst bei Nachweis vorhandener Arbeitsplätze sei ihm der Arbeitsmarkt verschlossen, da bei den Arbeitgebern erhebliche Vorbehalte gegen die Einstellung von in ihrer Leistungskraft Geminderten bestehe. Bei Zugrundelegung des beim ihm festgestellten Leistungsbildes habe er im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand keine reale Chance, weiter am Erwerbsleben, hier im Rahmen der Verweisungstätigkeit als Verdrahtungselektriker, teilzunehmen. Die Arbeitsmarktsituation in Nordrhein-Westfalen und in Sachsen sei nicht vergleichbar und in Sachsen seit 1998 auch nicht besser geworden.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 31. Januar 2000 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Januar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 1999 zu verurteilen, dem Kläger eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Vertreterin der Beklagten beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil. Nach Abstandnahme von der Verweisungstätigkeit eines Lagerverwalters in einem Betriebslager einer Elektromontagefabrik hat sie mit Schreiben vom 04. September 2001 die Tätigkeit eines Verdrahtungselektrikers im Schalttafelbau benannt und dargelegt. Für diese Tätigkeit bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen.

Der Senat hat zur Tätigkeit eines Verdrahtungselektrikers die Sitzungsniederschrift und das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. März 1998 - Az. L 8 J 13/95 - sowie das in diesem Verfahren erstellte berufskundliche Gutachten des Sachverständigen H ... D ... vom 22. November 1996, mit den Ergänzungen vom 10. Juni 1997 und vom 14. Januar 1998, beigezogen und den Beteiligten zur Kenntnisnahme übermittelt.

Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Leistungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen und verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht Leipzig (SG) die Klage abgewiesen, weil dem Kläger ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht zusteht.

Der Kläger ist nicht berufsunfähig (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung [a.F.]).

Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. liegt nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen Krankheit oder Behinderung noch nicht auf weniger als die Hälfte desjenigen eines körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.

Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen Verdienst er in einer Tätigkeit erzielen kann, auf die er nach seinem Gesundheitszustand und nach seinem bisherigen Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 1963 - 12 RJ 24/58 - SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, kommt es auf den bisherigen Beruf an (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit oder Beschäftigung, die vollwertig und nachhaltig verrichtet worden ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164).

Letzte Beschäftigung in diesem Sinne ist die Tätigkeit als Spezialmonteur. Diese hat der Kläger vollwertig, bewusst und gewollt von Oktober 1994 bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 12. Dezember 1996 zur dauerhaften Einkommenserzielung ausgeübt.

Den Beruf als Elektro- bzw. Spezialmonteur kann der Kläger auch gegenwärtig, soweit er mit PKW-Fahrten verbunden ist, nicht mehr vollwertig verrichten. Hiervon geht auch die Beklagte aus.

Dennoch liegt Berufsunfähigkeit bei dem Kläger nicht vor. Er ist zumutbar auf andere Tätigkeiten verweisbar, bei welchen er mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen kann.

Zur Bestimmung, auf welche Tätigkeiten ein leistungsgeminderter Versicherter zumutbar verwiesen werden kann, hat das Bundessozialgericht (BSG) ein Mehr-Stufen-Schema entwickelt und die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt. Es gibt die Gruppe der Facharbeiterberufe, der Anlerntätigkeiten und der ungelernten Tätigkeiten (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 1972 - 5 RJ 105/72 - SozR Nr. 103 zu § 1246 RVO). Später hat das BSG noch eine weitere Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" hinzugefügt (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 1977 - 5 RJ 98/76 - BSGE 43, 243), zu welcher auch "besonders hoch qualifizierte Facharbeiter" gehören (vgl. BSG, Urteil vom 19. Januar 1978 - 4 RJ 81/77 - BSGE 45, 276). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter gliedert sich in einen oberen und in einen unteren Bereich (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 109, 132, 143). Dem unteren Bereich unterfallen alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf Monaten bis zu vierundzwanzig Monaten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 45). Jeder Versicherte kann auf Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als es dem bisherigen Beruf entspricht. Ein Facharbeiter kann daher auf Anlerntätigkeiten, ein angelernter Arbeiter im oberen Bereich auf angelernte und ein solcher im unteren Bereich auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 143 m.w.N.).

In Übereinstimmung mit der sozialgerichtlichen Entscheidung ist der Kläger der Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen. Er hat die Ausbildung zum Elektromonteur mit dem Erwerb des entsprechenden Facharbeitszeugnisses erfolgreich abgeschlossen und ist in diesem Berufsbereich tätig gewesen. Entsprechend der vorbezeichneten Rechtsprechung des BSG ist dem Kläger eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen. Facharbeiter sind nur auf Tätigkeiten ihrer Gruppe und der nächst niedrigeren Gruppe des vorbezeichneten Mehrstufenschema mit dem Leitberuf des Angelernten verweisbar. Die Verweisungstätigkeit muss daher zu den sonstigen staatlich anerkannten Ausbildungsberufen gehören oder eine echte betriebliche Ausbildung von wenigstens drei Monaten erfordern oder wegen ihrer Qualität wie ein sonstiger Ausbildungsberuf bewertet werden (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 16).

Der Kläger verfügt über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte, zeitweise auch für mittelschwere Arbeiten mit Funktionseinschränkungen. Insoweit nimmt der Senat nach Überprüfung auf die entsprechenden Feststellungen des SG Bezug (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Weitergehende Gesundheitsstörungen dauerhafter Art, welche das Leistungsvermögen zusätzlich mindern, sind im Berufungsverfahren nicht vorgetragen worden. Eine ungenügende Sachaufklärung von Amts wegen ist nicht festzustellen, insbesondere sind - weitere - psychologische Belastungstests nicht erforderlich. Bereits aus der psychosomatischen Rehabilitation wurde der Kläger am 10. Dezember 1997, unter Berücksichtigung seiner im damaligen Ausprägungszustand vorhandenen Phobie und nach Durchführung psychologischer Test, mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für mittelschwere körperliche Arbeiten, ohne besondere Anforderungen an die geistige/psychische Belastbarkeit und ohne Arbeiten, die Fahrten mit dem Auto erfordern, entlassen. Ein psychisch situationsgerechtes Verhalten und ein normgerechter Intelligenzeindruck wird in dem Gutachten des Arbeitsamtes O ... vom 04. Februar 1998 bestätigt. Die behandelnde Dipl.-Psych. H ... gibt in ihrem Bericht vom 23. Dezember 1999 keine wesentliche Verbesserung des Gesundheitszustandes an, beschreibt aber auch keine Verschlechterungen. Dr. Sch ... führt in seinem Gutachten vom 03. August 2000 unter Angabe der Anamnese des Klägers nachvollziehbar aus, dass sich die durch den Autounfall am 12. Oktober 1995 ausgelöste Phobie bezüglich der Benutzung eines PKW deutlich zurückgebildet hat und die vom Kläger vorgetragenen Befürchtung, bei verschiedenen Tätigkeiten Fehler zu machen, überhöht vorgebracht werden und medizinisch nicht ausreichend festgestellt werden kann. Da nach dem Gutachten des Dr. Sch ... gegenüber dem Gutachten der Dr. H ... - Sozialmedizinischer Dienst - vom 29. November 1998 objektiv keine Befundverschlechterung festzustellen ist, sind weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht erforderlich.

Mit dem vorbezeichneten Leistungsvermögen ist der Kläger in der Lage, einerseits eine Tätigkeit als Elektromonteur - ohne wechselnden Einsatz mit selbständiger PKW-Benutzung -, andererseits die Tätigkeit eines Verdrahtungselektrikers für Schalttafeln im Wohnungsbau vollschichtig zu verrichten.

Die Tätigkeit eines Elektromonteurs ist nach der Berufsinformationskarte BO 311 der Bundesanstalt für Arbeit geprägt durch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten. Eine solche kann der Kläger nach den medizinischen Feststellungen noch vollschichtig verrichten. In diesem Berufsbereich bestehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt stationäre Arbeitsplätze, das heißt, Montagetätigkeiten mit wechselnden Arbeitseinsätzen und der Benutzung eines selbst zu führenden PKW fallen nicht an. Nach dem Urteil des Landessozialgerichtes Nordrhein-Westfalen vom 25. März 1998 zum Az. L 8 J 139/95, der Stellungnahme des Sachverständigen H ... D ... vom 14. Januar 1998 und seinen Erläuterungen in der Sitzungsniederschrift vom 25. März 1998 handelt es sich bei der Tätigkeit eines Verdrahtungselektrikers für Schalttafeln im Wohnungsbau um eine leichte körperliche Tätigkeit (zu bewegende Gewichte kleiner fünf Kilogramm), ohne Akkord und ohne besonderen Zeitdruck, in frei wählbarer Position von Sitzen und Stehen und mit einem Gehanteil von etwa 20 Prozent. Diese physischen Anforderungen sind mit dem Leistungsvermögen des Klägers vollumfänglich vereinbar. Insbesondere fallen dauerhafte Armvorhalte oder statische Körperhaltungen in Vorbeuge nicht an. Auf Grund der höhenverstellbaren Arbeitsplatte kann der Kläger die Arbeitsposition zwischen Sitzen und Stehen selbst wählen. Wesentliche Einschränkungen der Handgeschicklichkeit bestehen nicht. Es handelt sich auch um eine klar strukturierte Tätigkeit, bei welcher die Arbeitsverrichtung vorgegeben ist und schwerwiegende Entscheidungen auf Grund der industriellen Fertigung - nicht anfallen. Diese Verweisungstätigkeit ist dem Kläger auch objektiv zumutbar. Nach den vorbezeichneten berufskundlichen Unterlagen ist ein Elektroinstallateur auf Grund seiner Ausbildung in der Lage, binnen drei Monaten die Tätigkeit eines Verdrahtungselektrikers auszuführen. Dies trifft auch für den Kläger zu. Er hat seine praktischen und theoretischen Fähigkeiten als Elektromonteur durch sein Facharbeiterzeugnis nachgewiesen und ist immer in diesem Berufsbereich tätig gewesen. Zudem handelt es sich um einen der Ausbildung des Klägers artverwandten Beruf. Die Verweisungstätigkeit ist dem Kläger auch subjektiv zumutbar. Im Bereich Nordrhein-Westfalen werden derartige Tätigkeiten nach den Ausführungen des Sachverständigen D ... in den Lohngruppen V und VI des Metalltarifvertrages Nordrhein-Westfalen entlohnt. Nach § 3 des Lohnrahmenabkommens in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen ist die Lohngruppe V bestimmt für Arbeiten, die ein Anlernen von drei Monaten erfordern. Diese Lohngruppe, welche der Lohngruppe VI des Sächsischen Metall- und Elektrotarifvertrages vergleichbar ist, erfüllt die Anforderungen für die Zumutbarkeit zur Verweisung eines Facharbeiters. Da bereits in Nordrhein-Westfalen für Verdrahtungselektriker etwa 400 bis 500 Arbeitsplätze, solche aber auch bundesweit vorhanden sind (vgl. Ausführungen des Sachverständigen D ... im Sitzungsprotokoll vom 25. März 1998 des vorgenannten Urteils des Landessozialgerichtes Nordrhein-Westfalen), ist der Arbeitsmarkt nicht verschlossen. Ob der Arbeitsmarkt verschlossen ist, ist auf Grund der Stellensituation im gesamten Bundesgebiet zu beantworten. Ohne Bedeutung ist dabei, ob es in bestimmten Regionen tatsächlich Arbeitsplätze - besetzt oder unbesetzt - für Verdrahtungselektriker gibt (vgl. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - BSGE 80,24). Es greift daher weder der Einwand des Klägers, die Beklagte habe konkret freie Arbeitsplätze in seinem weiteren Umkreis nachzuweisen, noch sein Hinweis, dass freie Stellen in seinem Umfeld nicht vorhanden seien. Es ist daher unerheblich, ob gegenwärtig dem Kläger eine entsprechende Tätigkeit als Verdrahtungselektriker für Schalttafeln auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt offen steht. Soweit er davon ausgeht, die bisherige Tätigkeit als Spezialmonteur sei der eines Verdrahtungselektrikers im Schalttafelbau vergleichbar, wird ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit widerlegt, denn für diese Tätigkeit, wie auch die eines Elektromonteurs ohne wechselnden Arbeitsort mit PKW-Benutzung, besteht ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Das von Dr. Sch ... und auch im Rehabilitationsentlassungsbericht vom 06. Januar 1997 als eingeschränkt attestierte Leistungsvermögen für die bisherige Tätigkeit als Elektromonteur beruht nicht auf den körperlichen Anforderungen, sondern auf der mit dem konkreten Arbeitsplatz verbundenen Benutzung eines PKW bei wechselndem Einsatzort. Dieses Erfordernis entfällt jedoch im Rahmen der industriellen Herstellung, da diese nicht den Einbau der zuvor gefertigten Schalttafeln in entsprechende Hausobjekte (Montage) umfasst.

Mit dem vollschichtigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, als Elektromonteur an einem stationären Arbeitsplatz oder als Verdrahtungselektriker für Schalttafeln im Wohnungsbau ist der Kläger nicht berufsunfähig. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine sonstige schwerwiegende Behinderung, die es dem Kläger auch bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit unmöglich macht, eine geeignete Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sogenannte "Katalogfälle" (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 1986 - 4 a RJ 55/84 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 137) liegen nicht vor. Insbesondere ist er nicht am Zurücklegen des Arbeitsweges, also des Weges von seiner Wohnung bis zu einer etwaigen Arbeitsstätte (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 43/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10), gehindert. Betriebsunübliche Pausen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Mai 1984 - 5a RKn 18/83 - SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 43) muss er während der Arbeitszeit nicht einhalten.

Der Umstand, dass es in einer Zeit angespannter Arbeitsmarktlage schwierig ist, einen passenden Arbeitsplatz zu finden, und die Bundesanstalt für Arbeit zu einer derartigen Vermittlung nicht in der Lage ist, ist kein Grund zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Denn bei vollschichtiger Einsatzmöglichkeit ist der Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen, und es kommt auf die Zahl der vorhandenen, nicht auf die Zahl der gerade freien Arbeitsplätze an (vgl. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - BSGE 80,24).

Die Anwendung des § 43 SGB VI a.F. resultiert aus der Rentenantragstellung vom 28. September 1998 (§ 300 Abs. 2 SGB VI).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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