Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
1
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 5 SB 163/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 SB 1/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 03. November 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob bei der Klägerin als Funktionsbehinderungen ein "Cervikalsyndrom" und eine "Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk" sowie ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 vorliegen.
Am 28. Februar 1997 stellte die im März 1946 geborene Klägerin bei dem Beklagten einen Antrag nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) auf Feststellung einer Behinderung und des GdB nach § 4 Abs. 1 SchwbG und Ausstellung eines Ausweises nach § 4 Abs. 5 SchwbG. Als Behinderung gab sie Rückenbeschwerden, Kreislaufstörungen und Durchblutungsstörungen an.
Der Beklagte holte daraufhin Befundberichte von Dr. B ..., Facharzt für Orthopädie in G ..., und Dr. G ..., Ärztin und Psychotherapeutin in W ..., ein. Dr. D ..., Versorgungsärztlicher Dienst des Beklagten, gelangte unter dem 7. April 1997 zu der Einschätzung, bei der Klägerin liege eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 10 sowie eine Schlagaderverschlusskrankheit des Beines rechts mit einem Einzel-GdB von 10 (Gesamt-GdB 10) vor. Von Seiten des Herz- Kreislaufsystems außer ... (unleserlich) seien keine weiteren Behinderungen nach den vorliegenden Befunden feststellbar.
Der Beklagte erließ am 10. April 1997 einen ablehnenden Bescheid. Bei der Klägerin liege eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und eine Schlagaderverschlusskrankheit des Beines rechts vor. Der dadurch bedingte GdB betrage jedoch nicht wenigstens 20, so dass eine Feststellung nach dem SchwbG nicht möglich sei. Weitere Gesundheitsstörungen, die einen GdB von wenigstens 10 bedingten und somit als Behinderung anerkannt werden könnten, lägen bei ihr nicht vor.
Dagegen legte die Klägerin am 21. April 1997 Widerspruch ein. Sie mache rezidivierende Bewegungseinschränkungen geltend, die schon nach geringfügigen Belastungen bzw. aus der Ruhestellung selbst mit dem von Dr. B ... als Diagnose benannten chronischen Schmerzsyndrom einhergingen. Bezogen auf die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit von 1990 sei hier unter Pkt. 26.18, S. 140 die Zuordnung eines Einzel-GdB in Höhe von 30, zumindest aber in Höhe von 20 angemessen. Sie leide auch an Kreislaufstörungen. Die anerkannte Schlagaderverschlusskrankheit des Beines rechts, für die ein Einzel-GdB in Höhe von 10 anerkannt worden sei, sollte gleichfalls nicht nur anhand der Aktenlage, sondern durch die behandelnde Ärztin entsprechend den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit selbst klassifiziert und mit einem Einzel-GdB bemessen werden.
Der Beklagte holte daraufhin einen weiteren Befundbericht bei Dr. G ... ein. In ihrem Befundbericht vom 30. Juni 1997 teilte sie mit, ihr lägen keine anderen Befundberichte vor. Die Klägerin befinde sich in regelmäßiger ärztlicher Behandlung bei Dr. B ... Als Diagnosen wurden ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom, eine Hypertension sowie eine Fettstoffwechselstörung benannt.
Dazu nahm Dipl.-Med. V ..., Versorgungsärztlicher Dienst des Beklagten, am 10. Juli 1997 dahingehend Stellung, dass aus dem Widerspruch und den nachgereichten Befundberichten sich keine neuen Gesichtspunkte ergäben. Anhand der vorliegenden Befundberichte sei die Klägerin durchaus korrekt beurteilt worden. Eine Untersuchung im Amt würde keine neuen Erkenntnisse bringen, zumal diesbezügliche aktuelle Facharztbefunde von den behandelnden Ärzten vorlägen. Dem Widerspruch könne nicht abgeholfen werden.
Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18. August 1997). Unter dem 8. September 1997 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Leipzig (SG) Klage. Dort legte sie ein in einem anderen Rechtsstreit über sie von Dr. G ..., Arzt für Chirurgie/Unfallchirurgie/Handchirurgie und Chefarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Städtischen Klinikums "S ..." L ..., erstelltes Gutachten vom 28. Oktober 1997 vor. Darin führte er u. a. aus, die Klägerin leide an einem Wirbelsäulenverschleißleiden, einem Schultergelenkverschleißleiden beidseits sowie Hüft- und Kniegelenkverschleiß beidseits. Die Einschränkungen in den Gelenken bzw. der allgemeinen Beweglichkeit hätten ihre Ursachen in erster Linie in dem massiven Übergewicht, dem schlechten Trainingszustand der Muskulatur und einer herabgesetzten Herzleistung. Die Drehbeweglichkeit der Halswirbelsäule und der Seitneigung des Kopfes sowie der Beuge- und Streckfähigkeit der Halswirbelsäule sei nicht eingeschränkt (bei letzterer endgradige Nackenschmerzen). Die Drehbeweglichkeit des Rumpfes bei fixiertem Becken sei endgradig eingeschränkt, ebenso die Seitneigung des Rumpfes. Wegen der weiteren Ausführungen im Gutachten wird auf Bl. 22 bis 27 der Akte des SG verwiesen.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens auf gefäßchirurgischen und angiologischem Fachgebiet von Dr. W ..., Facharzt für Chirurgie und Gefäßchirurgie sowie Abteilungsleiter Gefäßchirurgie der Klinik für Thorax- und Gefäßchirurgie des Städtischen Klinikums "S ..." L ... In seinem Gutachten vom 9. Mai 1999 führte er zusammenfassend aus, bei der Klägerin seien zurzeit folgende Gesundheitsstörungen festzustellen: Spondylarthrose ("ohne fortgeschrittenen Befund"), mit Schulter-Arm-Syndrom beidseits (Pseudoradikulärsyndrom HWS), Pseudoradikulärsyndrom LWS, L5/S1-Syndrom der LWS, beginnende Meniskopathie links medial, labile und medikamentös eingestellte Hypertonie sowie eine erhebliche und langjährige Adipositas als auslösender Kausalfaktor. Die übrigen im Widerspruch aufgeführten Diagnosen seien nicht relevant. Insbesondere bestehe keine periphere arterielle Durchblutungsstörung oder chronisch-venöse Insuffizienz als eigenständiges Krankheitsbild. Dass die erhebliche Adipositas derartige Folgen bedingen könne, bleibe unbestritten. Zurzeit seien diese aber nicht krankheitsrelevant. Die Klägerin bedürfe einer konsequenten Gewichtsreduktion. Damit wäre der größte Teil aller geklagten Beschwerden mitbehandelt, eventuell sogar weitgehend zurückgebildet (Hypertonie, Schulter-Arm-Syndrom, LWS-Syndrom, Meniskopathie). Die Spondylarthrose mit Schulter- Arm-Syndrom beidseits (Pseudoradikulärsyndrom HWS) und das Pseudoradikulärsyndrom LWS sowie das L5/S1-Syndrom der LWS bedingten einen GdB von 0 bis 10, die beginnende Meniskopathie links medial einen GdB von 0 bis 10, die labile und medikamentös eingestellte Hypertonie (Schweregrad I) einen GdB von 0 bis 10 und die erhebliche und langjährige Adipositas als auslösender Kausalfaktor einen GdB von 0. Die Adipositas selbst begründe keinerlei GdB. Aus der Zusammenfassung aller erstellten Gutachten, der erhobenen Untersuchungsergebnisse und der festzustellenden Diagnosen werde bei der Klägerin von ihm zurzeit der GdB mit 15 bis 20 eingestuft, seit Beginn der Erkrankung 1992.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG am 03. November 1999 mit Gerichtsbescheid die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB bzw. auf Ausstellung eines Ausweises nach § 4 Abs. 5 SchwbG. Zutreffend habe der Beklagte in den Bescheiden festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Feststellung eines GdB bzw. Ausstellung eines Schwerbeschädigtenausweises nicht vorlägen. Es lägen keine gesundheitlichen Störungen und Beeinträchtigungen vor, die nach Art und Schwere die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises rechtfertigten oder wonach ein Einzel-GdB in Höhe von mindestens 20 zuerkannt werden könnte.
Gegen den der Klägerin am 24. November 1999 zugestellten Gerichtsbescheid hat sie am 23. Dezember 1999 beim SG Berufung eingelegt.
Die Klägerin trägt unter Vorlage eines Gutachtens Dipl.-Med. M ..., Facharzt für Chirurgie am Krankenhaus G ..., vom 22. Mai 2000 nebst ergänzender Stellungnahme vom 5. Juli 2000 vor, sie leide bereits seit sieben Jahren an Schmerzzuständen im Bereich des linken Armes, insbesondere im Bereich des Unterarmes und unter Sensibilitätsstörungen der Finger 3 und 4 links. Die Schmerzzustände seien verbunden mit erneuten schmerzhaften Einschränkungen im Bereich der Schulterbeweglichkeit. Sie könne nur noch im Sitzen schlafen. Diese Abnutzungserscheinungen im Schultergelenk bzw. subacromial und im Bereich der Halswirbelsäule würden durch die Gutachter als kombinierte Schädigung degenerativer Natur eingeschätzt mit einem GdB von 40. Es werde angeregt, ein neurologisches "Seitengutachten" einzuholen. Bezüglich der weiteren Diagnosen wie essentieller Hypertension, Adipositas, chronisch-venöse Insuffizienz, arterielle Verschlusskrankheit rechter Unterschenkel (Stadium I - II m.F.) und Hyperlipoproteinämie bedürfe es der weiteren Festlegung von Einzel-GdB, welche in ihrer Zusammenschau den beantragten GdB bestätigten.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 03. November 1999 und den Bescheid vom 10. April 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 1997 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, als Funktionsbeeinträchtigungen "Cervikalsyndrom" und "Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk" und einen GdB von 40 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält unter Vorlage von versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 6. September und 20. Dezember 2000 die Begründung des erstinstanzlichen Gerichtsbescheides für zutreffend. Ein GdB von 40 lasse sich nicht begründen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten bei Dr. G ..., Dr. B ... und Dr. R ..., Nervenarzt in W ...
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Inhalte der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 18. August 1997 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der Funktionsbeeinträchtigungen "Cervikalsyndrom" und "Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk" und einen GdB von 40.
Gemäß § 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz - SchwbG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1986 (BGBl. I S. 1421, ber. 1550) stellt der für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständige Beklagte das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Nach § 3 Abs. 1 SchwbG sind als Behinderung die Auswirkungen einer nicht nur vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung, die auf einem regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand beruht, zu verstehen. Regelwidrig ist der Zustand, der von dem für das Lebensalter Typischen abweicht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten. Bei mehreren, sich gegenseitig beeinflussenden Funktionsbeeinträchtigungen ist deren Gesamtauswirkung maßgeblich.
Der Beklagte hat dabei - entgegen der bisherigen Praxis - im Verfügungssatz eines Bescheides nach § 4 Abs. 1 Satz 1 SchwbG nur das Vorliegen einer (unbenannten) Behinderung und den GdB festzustellen. Die dieser Art Feststellung im Einzelfall zu Grunde liegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren Auswirkungen sind demgegenüber lediglich in der Begründung des Verwaltungsaktes anzugeben (BSG, Urteile vom 24. Juni 1998, Az.: B 9 SB 18/97 R; B 9 SB 20/79 R; B 9 SB 1/98 R und B 9 SB 17/97 R).
Nach § 3 Abs. 2 SchwbG ist die Auswirkung der Funktionsbeeinträchtigung als Grad der Behinderung, nach Zehnergraden abgestuft, von 20 bis 100 festzustellen. Für den GdB gelten die im Rahmen des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) normierten Maßstäbe entsprechend. Für die Beurteilung ist danach maßgeblich, in welchem Ausmaß die aus einer Gesundheitsstörung hervorgehenden Beeinträchtigungen den Betroffenen in Arbeit, Beruf und Gesellschaft behindern. Dabei sind einerseits besonders berufliche Beeinträchtigungen zu berücksichtigen, andererseits finden auch Einschränkungen bei der Ausübung von Tätigkeiten im Haushalt oder in der Freizeit Berücksichtigung. Das SchwbG gilt gleichermaßen für Berufstätige wie auch für Nichtberufstätige. Grundlage für die inhaltliche Bemessung und den Umfang einer Behinderung sowie die konkrete Bestimmung des GdB sind im Hinblick auf die Gleichbehandlung aller Schwerbehinderten die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 1996" (Anhaltspunkte - AHP), herausgegeben vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung. Die Rechtsprechung der Sozialgerichte erkennt die AHP umfassend als eine der Entscheidungsfindung dienende Grundlage der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zur Bemessung sowohl des Umfangs als auch der Schwere der Beeinträchtigung an; in den AHP ist der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen jeweils aktualisiert wiedergegeben und ermöglicht auf diese Weise eine nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Rechtsprechung sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch der Schwere der Beeinträchtigungen, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz genügt. Eine Abweichung von den AHP kann daher nur in medizinisch begründeten Ausnahmefällen in Betracht kommen. Ansonsten ist es nicht zulässig, eine vom Gutachter festgestellte Behinderung mit einem GdB-Wert zu bemessen, der nicht im Einklang mit den Richtlinien der AHP steht. Das Bundessozialgericht hat mehrfach die Bedeutung der AHP auch für das Gerichtsverfahren herausgestellt und den AHP den Charakter antizipierter Sachverständigengutachten beigemessen (vgl. insoweit BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1, 5 und 6). Dem folgend hat der Senat keine Bedenken, die AHP seiner Entscheidung zu Grunde zu legen.
Der Begriff des GdB umschreibt nicht einen medizinischen, sondern einen rechtlichen Begriff; seine Festlegung ist daher nicht Aufgabe von Sachverständigen. Sie beruht auch nicht auf medizinischen Erfahrungen, sondern auf einer rechtlichen Wertung von Tatsachen, welche allerdings mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Bei der danach auf den zunächst festzustellenden medizinischen Tatsachen erforderlichen rechtlichen Schlussfolgerung bilden zwar die Auffassungen der Sachverständigen wertvolle Fingerzeige; doch ist stets zu beachten, dass es sich dabei nicht mehr um die Erörterung medizinischer, sondern um eine solche rechtlicher Begriffe handelt, welche im Streitfall den Gerichten obliegt (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 1990, Az.: 9 a/9 RVS 7/98 = SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Die Würdigung der ärztlichen Gutachten Dr. G ... vom 28. Oktober 1997, Dr. W ... vom 9. Mai 1999, Dipl.-Med. M ... vom 22. Mai 2000, des Gutachtens Dr. R ... für den MdK im Freistaat Sachsen vom 21. August 2000 sowie weiterer ärztlicher Befundberichte und medizinischer Unterlagen ergibt, dass die Klägerin an einer Spondylarthrose mit Schulter-Arm-Syndrom beidseits (Pseudoradikulärsyndrom HWS), einem Pseudoradikulärsyndrom der LWS, einem L5/S1-Syndrom der Lendenwirbelsäule, einer Läsion des Nervus cutaneus femoris lateralis rechts, an Bluthochdruck, an einer Adipositas, einer chronisch-venösen Insuffizienz mit arterieller Verschlusskrankheit Stadium I - II m.F., einer Hyperlipoproteinämie sowie einer Harninkontinenz leidet.
Der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylosisthesis, Spinalkanalstenose und so genanntes Postdiskotomiesyndrom) ergibt sich primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität, sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Für Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität ergibt sich ein GdB von 0, mit geringen funktionellen Auswirkungen ein GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt ein GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt von 30 sowie mit mittelgradigen Beschwerden und funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten von 40 (AHP Nr. 26.18, S. 139 - 140). Als Messwerte nach der Neutral-Null-Methode benennt Dipl.-Med. M ... hinsichtlich der Außen/Innenrotation rechts und links 70/0/35 (normal 40 bis 60/0/95), Extension/Flexion rechts und links 150/0/40 (normal 40/0/150 - 170) und Abduktion/Adduktion rechts 170/0/30 und links 150/0/30 (normal 180/0/20 - 40). Die Bewegungseinschränkungen in den Schultergelenken sind daher als endgradig einzuschätzen. Von einer endgradigen Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk berichtet auch Dr. R ... in seinem Gutachten vom 21. August 2000. Die von Dr. B ... in seinem Befundbericht vom 4. Oktober 2000 mitgeteilten Bewegungsmaße der Schulter (Ante-/Retro rechts und links 70/0/20, Abduktion/Adduktion rechts 90/0/0 und links 80/0/0 sowie Rotation außen/innen rechts und links 20/0/80) waren für den Senat hinsichtlich des Grades der Einschränkung gegenüber den von Dipl.-Med. M ... festgestellten Bewegungsgrade nicht nachvollziehbar, zumal Dr. B ... eine unveränderte Beschwerdesymptomatik ebenso wie Dr. G ... in ihrem Befundbericht vom 10. September 2000 angegeben hat und die Klägerin bei ihm zuletzt am 14. September 2000, nur vier Monate nach der Untersuchung bei Dipl.-Med. M ... in Behandlung war. Die von Dr. B ... mitgeteilten Bewegungsmaße sind für die linke und rechte Schulter im Wesentlichen gleich. Dies korrespondiert jedoch nicht mit den endgradigen Bewegungseinschränkungen im linken Schultergelenk und den von der Klägerin gegenüber Dr. R ... angegebenen zeitweisen Schmerzen im linken Schultergelenk. Die Drehbeweglichkeit der Halswirbelsäule (70/0/70, normal: 60-80/0/60-80), die Seitneigung des Kopfes (45/0/45, normal: 45/0/45) und die Beuge- und Streckfähigkeit der Halswirbelsäule (40/0/60, normal: 35-45/0/35-45) sind nach den Werten im Gutachten Dr. G ... vom 28. Oktober 1997 nicht eingeschränkt. Es liegen allenfalls endgradige Nackenschmerzen vor. Für eine Bewegungsanstrengung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel) ist ein GdB von 10 zu berücksichtigen, wenn der Arm nur um 120° zu erheben ist, mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit; bei Heben des Armes nur um 90°, mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit ein GdB von 20 (AHP Nr. 26.18, S. 143-144). Hinsichtlich der Spondylarthrose mit Schulter-Arm-Syndrom beidseits (Pseudoradikulärsyndrom HWS) ist daher allenfalls ein GdB von 20 als angemessen anzusehen.
Hinsichtlich des Pseudoradikulärsyndroms der LWS und des L5/S1-Syndroms der LWS ist ein GdB von allenfalls 10 angemessen. Dr. G ... gibt in seinem Gutachten hinsichtlich der Drehbeweglichkeit des Rumpfes bei fixiertem Becken Grade von 20/0/20, hinsichtlich der Seitneigung des Rumpfes 20/0/20, einen Schober-Index bei Vor-/Rückneigung des Rumpfes von 9/10/14 und einen Ott-Index bei Vor-/Rückneigung des Rumpfes von 28/30/32 an; den Finger-Boden-Abstand bei Vorneigung des Rumpfes bei gestreckten Kniegelenken mit 30 cm. Die Seitneigung des Rumpfes mit 20/0/20 wird von Dr. R ... in seinem Gutachten vom 21. August 2000 bestätigt. Wegen der endgradigen Einschränkung der Drehbeweglichkeit des Rumpfes bei fixiertem Becken (Drehen im Sitzen rechts/links normal: 0/30-40), der endgradig eingeschränkten Seitneigung des Rumpfes (normal: 30/0/30), des Schober-Index (normal: 10 cm) sowie des Ott-Indexes (normal: 30 cm) ist für die Erkrankung der LWS ein GdB von 10 als angemessen zu Grunde zu legen.
Für die Läsion des Nervus cutaneus femoris lateralis rechts ist höchstens ein GdB von 10 zu Grunde zu legen. Bei einem vollständigen Nervenausfall des Nervus musculo cutaneus sehen die AHP einen GdB von 20 vor (AHP Nr. 26.18, S. 147). Ein vollständiger Nevenausfall ist jedoch nicht beschrieben. Dr. R ..., Nervenarzt in W ..., teilte in einem Arztbrief an Dr. B ... nert vom 21. Februar 2000 mit, dass eine Remission wahrscheinlich sei. Von Dr. B ... wird der Nervenausfall in seinem Befundbericht vom 4. Oktober 2000 nicht mehr beschrieben. Für den bei der Klägerin bestehenden Bluthochdruck (Hypertonie) teilt die behandelnde Ärztin Dr. G ... unter dem 18. September 2000 mit, dass die RR-Werte unter antihypertensiver Therapie weitgehend im Normalbereich lägen (zuletzt am 15. September 2000 RR: 135/85). Für eine Hypertonie in leichter Form (keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigung - höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen -) sehen die AHP einen GdB von 0 - 10 vor (Nr. 26.9, S. 92). Für den bei der Klägerin vorliegenden Bluthochdruck ist daher maximal ein GdB von 10 zu Grunde zu legen.
Die von der Klägerin angegebene chronisch-venöse Insuffizienz sowie die arterielle Verschlusskrankheit Stadium I - II m.F. wird von den sie zuletzt behandelnden Ärzten Dr. G ... und Dr. B ... nicht mehr beschrieben. Dr. W ... führte in seinem gefäßchirurgischen/angiologischen Fachgutachten vom 9. Mai 1999 dazu aus, es bestehe keine periphere arterielle Durchblutungsstörung oder chronisch-venöse Insuffizienz als eigenständiges Krankheitsbild. Dass die erhebliche Adipositas derartige Folgen bedingen könne, bleibe unbestritten. Zurzeit seien diese aber nicht krankheitsrelevant. Selbst wenn bei der Klägerin derzeit eine chronisch-venöse Insuffizienz (z. B. bei Krampfadern), postthrombotisches Syndrom mit geringem belastungsabhängigem Ödem, nicht ulzepösen Hautveränderungen, ohne wesentliche Stauungsbeschwerden ein- oder beidseitig vorläge, käme nach den AHP allenfalls ein GdB von 10 in Betracht (AHP Nr. 26.9, S. 91).
Bei der bei der Klägerin vorliegenden Hyperlipoproteinämie handelt es sich um eine Fettstoffwechselstörung mit erhöhter Konzentration bestimmter Lipoproteine im Serum und eventuell Verschiebung der Lipoproteinanteile (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Aufl., S. 714). Funktionseinschränkungen ergeben sich jedoch daraus nicht. Das Vorliegen einer Adipositas allein bedingt keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden (insbesondere am kardiopulmunalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat) können die Annahme eines GdB begründen. Gleiches gilt für die besonderen funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna (AHP Nr. 26.15, S. 120). Eine Adipositas permagna ist hier jedoch nicht diagnostiziert worden, hinsichtlich der Folge- und Begleitschäden wird auf o.a. Ausführungen hingewiesen.
Hinsichtlich der bei der Klägerin diagnostizierten Harninkontinenz handelt es sich um eine messtechnisch eher geringgradige reine Harnstressinkontinenz (vgl. Arztbrief Dr. A ..., Facharzt für Urologie und Chirurgie in W ..., vom 23. September 1999 an Frau Dr. G ...). Für eine relative Harninkontinenz bei leichtem Harnabgang bei Belastung (z. B. Harninkontinenzgrad I) kommt ein GdB von 20 - 40 bei Harnabgang tags und nachts (z. B. Stressinkontinenzgrad II - III)in Betracht (AHP Nr. 26.12, S. 110). Gegenüber dem Gutachter Dr. R ... hat die Klägerin angegeben, beim Husten und Niesen habe sie eine Blasenschwäche. Der GdB ist allenfalls mit 10 einzuschätzen.
Bei Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden, auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet, maßgebend sind allein die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander (AHP Nr. 19, S. 33). Dabei führen indes leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer wesentlichen Zunahme des Ausmaßes der Gesamt- Beeinträchtigung, die bei dem Gesamt-GdB berücksichtigt werden könnte. Auch bei leichten Behinderungen mit einem Teil-GdB um 20 ist es regelmäßig nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Bei der Bestimmung des Gesamt-GdB ist daher in der Regel von der Behinderung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und damit im Hinblick auf alle weiteren Funktionsstörungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsstörungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Gesamtbehinderung gerecht zu werden (AHP Nr. 19, S. 34 und 35). Vor diesem Hintergrund bedingt die Spondylarthrose mit Schulter-Arm-Syndrom beidseits (Pseudoradikulärsyndrom HWS) einen Teil-GdB von 20, das Pseudoradikulärsyndroms der Lendenwirbelsäule bzw. des L5/S1-Syndroms der Lendenwirbelsäule einen Teil-GdB von 10, die Läsion des Nervus cutaneus femoris lateralis rechts einen Teil-GdB von 10, der Bluthochdruck einen Teil-GdB von allenfalls 10, die Adipositas einen Teil-GdB von 0, die chronisch-venöse Insuffizienz mit arterieller Verschlusskrankheit Stadium I - II m.F. einen Teil-GdB von allenfalls 10, die Hyperlipoproteinämie einen Teil-GdB von 0 und die Harninkontinenz einen Teil-GdB von 10 keinen höheren Gesamt-GdB als 20. Konkrete Behinderungen waren daher nicht festzustellen. Der Senat ist insoweit der Überzeugung, dass mit diesem Gesamt-GdB dem Beschwerdebild der Klägerin hinreichend Rechnung getragen worden ist. Die Klägerin hat keinen weitergehenden Anspruch auf Feststellung eines GdB von 40.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob bei der Klägerin als Funktionsbehinderungen ein "Cervikalsyndrom" und eine "Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk" sowie ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 vorliegen.
Am 28. Februar 1997 stellte die im März 1946 geborene Klägerin bei dem Beklagten einen Antrag nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) auf Feststellung einer Behinderung und des GdB nach § 4 Abs. 1 SchwbG und Ausstellung eines Ausweises nach § 4 Abs. 5 SchwbG. Als Behinderung gab sie Rückenbeschwerden, Kreislaufstörungen und Durchblutungsstörungen an.
Der Beklagte holte daraufhin Befundberichte von Dr. B ..., Facharzt für Orthopädie in G ..., und Dr. G ..., Ärztin und Psychotherapeutin in W ..., ein. Dr. D ..., Versorgungsärztlicher Dienst des Beklagten, gelangte unter dem 7. April 1997 zu der Einschätzung, bei der Klägerin liege eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 10 sowie eine Schlagaderverschlusskrankheit des Beines rechts mit einem Einzel-GdB von 10 (Gesamt-GdB 10) vor. Von Seiten des Herz- Kreislaufsystems außer ... (unleserlich) seien keine weiteren Behinderungen nach den vorliegenden Befunden feststellbar.
Der Beklagte erließ am 10. April 1997 einen ablehnenden Bescheid. Bei der Klägerin liege eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und eine Schlagaderverschlusskrankheit des Beines rechts vor. Der dadurch bedingte GdB betrage jedoch nicht wenigstens 20, so dass eine Feststellung nach dem SchwbG nicht möglich sei. Weitere Gesundheitsstörungen, die einen GdB von wenigstens 10 bedingten und somit als Behinderung anerkannt werden könnten, lägen bei ihr nicht vor.
Dagegen legte die Klägerin am 21. April 1997 Widerspruch ein. Sie mache rezidivierende Bewegungseinschränkungen geltend, die schon nach geringfügigen Belastungen bzw. aus der Ruhestellung selbst mit dem von Dr. B ... als Diagnose benannten chronischen Schmerzsyndrom einhergingen. Bezogen auf die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit von 1990 sei hier unter Pkt. 26.18, S. 140 die Zuordnung eines Einzel-GdB in Höhe von 30, zumindest aber in Höhe von 20 angemessen. Sie leide auch an Kreislaufstörungen. Die anerkannte Schlagaderverschlusskrankheit des Beines rechts, für die ein Einzel-GdB in Höhe von 10 anerkannt worden sei, sollte gleichfalls nicht nur anhand der Aktenlage, sondern durch die behandelnde Ärztin entsprechend den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit selbst klassifiziert und mit einem Einzel-GdB bemessen werden.
Der Beklagte holte daraufhin einen weiteren Befundbericht bei Dr. G ... ein. In ihrem Befundbericht vom 30. Juni 1997 teilte sie mit, ihr lägen keine anderen Befundberichte vor. Die Klägerin befinde sich in regelmäßiger ärztlicher Behandlung bei Dr. B ... Als Diagnosen wurden ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom, eine Hypertension sowie eine Fettstoffwechselstörung benannt.
Dazu nahm Dipl.-Med. V ..., Versorgungsärztlicher Dienst des Beklagten, am 10. Juli 1997 dahingehend Stellung, dass aus dem Widerspruch und den nachgereichten Befundberichten sich keine neuen Gesichtspunkte ergäben. Anhand der vorliegenden Befundberichte sei die Klägerin durchaus korrekt beurteilt worden. Eine Untersuchung im Amt würde keine neuen Erkenntnisse bringen, zumal diesbezügliche aktuelle Facharztbefunde von den behandelnden Ärzten vorlägen. Dem Widerspruch könne nicht abgeholfen werden.
Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18. August 1997). Unter dem 8. September 1997 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Leipzig (SG) Klage. Dort legte sie ein in einem anderen Rechtsstreit über sie von Dr. G ..., Arzt für Chirurgie/Unfallchirurgie/Handchirurgie und Chefarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Städtischen Klinikums "S ..." L ..., erstelltes Gutachten vom 28. Oktober 1997 vor. Darin führte er u. a. aus, die Klägerin leide an einem Wirbelsäulenverschleißleiden, einem Schultergelenkverschleißleiden beidseits sowie Hüft- und Kniegelenkverschleiß beidseits. Die Einschränkungen in den Gelenken bzw. der allgemeinen Beweglichkeit hätten ihre Ursachen in erster Linie in dem massiven Übergewicht, dem schlechten Trainingszustand der Muskulatur und einer herabgesetzten Herzleistung. Die Drehbeweglichkeit der Halswirbelsäule und der Seitneigung des Kopfes sowie der Beuge- und Streckfähigkeit der Halswirbelsäule sei nicht eingeschränkt (bei letzterer endgradige Nackenschmerzen). Die Drehbeweglichkeit des Rumpfes bei fixiertem Becken sei endgradig eingeschränkt, ebenso die Seitneigung des Rumpfes. Wegen der weiteren Ausführungen im Gutachten wird auf Bl. 22 bis 27 der Akte des SG verwiesen.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens auf gefäßchirurgischen und angiologischem Fachgebiet von Dr. W ..., Facharzt für Chirurgie und Gefäßchirurgie sowie Abteilungsleiter Gefäßchirurgie der Klinik für Thorax- und Gefäßchirurgie des Städtischen Klinikums "S ..." L ... In seinem Gutachten vom 9. Mai 1999 führte er zusammenfassend aus, bei der Klägerin seien zurzeit folgende Gesundheitsstörungen festzustellen: Spondylarthrose ("ohne fortgeschrittenen Befund"), mit Schulter-Arm-Syndrom beidseits (Pseudoradikulärsyndrom HWS), Pseudoradikulärsyndrom LWS, L5/S1-Syndrom der LWS, beginnende Meniskopathie links medial, labile und medikamentös eingestellte Hypertonie sowie eine erhebliche und langjährige Adipositas als auslösender Kausalfaktor. Die übrigen im Widerspruch aufgeführten Diagnosen seien nicht relevant. Insbesondere bestehe keine periphere arterielle Durchblutungsstörung oder chronisch-venöse Insuffizienz als eigenständiges Krankheitsbild. Dass die erhebliche Adipositas derartige Folgen bedingen könne, bleibe unbestritten. Zurzeit seien diese aber nicht krankheitsrelevant. Die Klägerin bedürfe einer konsequenten Gewichtsreduktion. Damit wäre der größte Teil aller geklagten Beschwerden mitbehandelt, eventuell sogar weitgehend zurückgebildet (Hypertonie, Schulter-Arm-Syndrom, LWS-Syndrom, Meniskopathie). Die Spondylarthrose mit Schulter- Arm-Syndrom beidseits (Pseudoradikulärsyndrom HWS) und das Pseudoradikulärsyndrom LWS sowie das L5/S1-Syndrom der LWS bedingten einen GdB von 0 bis 10, die beginnende Meniskopathie links medial einen GdB von 0 bis 10, die labile und medikamentös eingestellte Hypertonie (Schweregrad I) einen GdB von 0 bis 10 und die erhebliche und langjährige Adipositas als auslösender Kausalfaktor einen GdB von 0. Die Adipositas selbst begründe keinerlei GdB. Aus der Zusammenfassung aller erstellten Gutachten, der erhobenen Untersuchungsergebnisse und der festzustellenden Diagnosen werde bei der Klägerin von ihm zurzeit der GdB mit 15 bis 20 eingestuft, seit Beginn der Erkrankung 1992.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG am 03. November 1999 mit Gerichtsbescheid die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB bzw. auf Ausstellung eines Ausweises nach § 4 Abs. 5 SchwbG. Zutreffend habe der Beklagte in den Bescheiden festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Feststellung eines GdB bzw. Ausstellung eines Schwerbeschädigtenausweises nicht vorlägen. Es lägen keine gesundheitlichen Störungen und Beeinträchtigungen vor, die nach Art und Schwere die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises rechtfertigten oder wonach ein Einzel-GdB in Höhe von mindestens 20 zuerkannt werden könnte.
Gegen den der Klägerin am 24. November 1999 zugestellten Gerichtsbescheid hat sie am 23. Dezember 1999 beim SG Berufung eingelegt.
Die Klägerin trägt unter Vorlage eines Gutachtens Dipl.-Med. M ..., Facharzt für Chirurgie am Krankenhaus G ..., vom 22. Mai 2000 nebst ergänzender Stellungnahme vom 5. Juli 2000 vor, sie leide bereits seit sieben Jahren an Schmerzzuständen im Bereich des linken Armes, insbesondere im Bereich des Unterarmes und unter Sensibilitätsstörungen der Finger 3 und 4 links. Die Schmerzzustände seien verbunden mit erneuten schmerzhaften Einschränkungen im Bereich der Schulterbeweglichkeit. Sie könne nur noch im Sitzen schlafen. Diese Abnutzungserscheinungen im Schultergelenk bzw. subacromial und im Bereich der Halswirbelsäule würden durch die Gutachter als kombinierte Schädigung degenerativer Natur eingeschätzt mit einem GdB von 40. Es werde angeregt, ein neurologisches "Seitengutachten" einzuholen. Bezüglich der weiteren Diagnosen wie essentieller Hypertension, Adipositas, chronisch-venöse Insuffizienz, arterielle Verschlusskrankheit rechter Unterschenkel (Stadium I - II m.F.) und Hyperlipoproteinämie bedürfe es der weiteren Festlegung von Einzel-GdB, welche in ihrer Zusammenschau den beantragten GdB bestätigten.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 03. November 1999 und den Bescheid vom 10. April 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 1997 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, als Funktionsbeeinträchtigungen "Cervikalsyndrom" und "Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk" und einen GdB von 40 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält unter Vorlage von versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 6. September und 20. Dezember 2000 die Begründung des erstinstanzlichen Gerichtsbescheides für zutreffend. Ein GdB von 40 lasse sich nicht begründen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten bei Dr. G ..., Dr. B ... und Dr. R ..., Nervenarzt in W ...
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Inhalte der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 18. August 1997 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der Funktionsbeeinträchtigungen "Cervikalsyndrom" und "Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk" und einen GdB von 40.
Gemäß § 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz - SchwbG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1986 (BGBl. I S. 1421, ber. 1550) stellt der für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständige Beklagte das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Nach § 3 Abs. 1 SchwbG sind als Behinderung die Auswirkungen einer nicht nur vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung, die auf einem regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand beruht, zu verstehen. Regelwidrig ist der Zustand, der von dem für das Lebensalter Typischen abweicht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten. Bei mehreren, sich gegenseitig beeinflussenden Funktionsbeeinträchtigungen ist deren Gesamtauswirkung maßgeblich.
Der Beklagte hat dabei - entgegen der bisherigen Praxis - im Verfügungssatz eines Bescheides nach § 4 Abs. 1 Satz 1 SchwbG nur das Vorliegen einer (unbenannten) Behinderung und den GdB festzustellen. Die dieser Art Feststellung im Einzelfall zu Grunde liegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren Auswirkungen sind demgegenüber lediglich in der Begründung des Verwaltungsaktes anzugeben (BSG, Urteile vom 24. Juni 1998, Az.: B 9 SB 18/97 R; B 9 SB 20/79 R; B 9 SB 1/98 R und B 9 SB 17/97 R).
Nach § 3 Abs. 2 SchwbG ist die Auswirkung der Funktionsbeeinträchtigung als Grad der Behinderung, nach Zehnergraden abgestuft, von 20 bis 100 festzustellen. Für den GdB gelten die im Rahmen des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) normierten Maßstäbe entsprechend. Für die Beurteilung ist danach maßgeblich, in welchem Ausmaß die aus einer Gesundheitsstörung hervorgehenden Beeinträchtigungen den Betroffenen in Arbeit, Beruf und Gesellschaft behindern. Dabei sind einerseits besonders berufliche Beeinträchtigungen zu berücksichtigen, andererseits finden auch Einschränkungen bei der Ausübung von Tätigkeiten im Haushalt oder in der Freizeit Berücksichtigung. Das SchwbG gilt gleichermaßen für Berufstätige wie auch für Nichtberufstätige. Grundlage für die inhaltliche Bemessung und den Umfang einer Behinderung sowie die konkrete Bestimmung des GdB sind im Hinblick auf die Gleichbehandlung aller Schwerbehinderten die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 1996" (Anhaltspunkte - AHP), herausgegeben vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung. Die Rechtsprechung der Sozialgerichte erkennt die AHP umfassend als eine der Entscheidungsfindung dienende Grundlage der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zur Bemessung sowohl des Umfangs als auch der Schwere der Beeinträchtigung an; in den AHP ist der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen jeweils aktualisiert wiedergegeben und ermöglicht auf diese Weise eine nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Rechtsprechung sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch der Schwere der Beeinträchtigungen, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz genügt. Eine Abweichung von den AHP kann daher nur in medizinisch begründeten Ausnahmefällen in Betracht kommen. Ansonsten ist es nicht zulässig, eine vom Gutachter festgestellte Behinderung mit einem GdB-Wert zu bemessen, der nicht im Einklang mit den Richtlinien der AHP steht. Das Bundessozialgericht hat mehrfach die Bedeutung der AHP auch für das Gerichtsverfahren herausgestellt und den AHP den Charakter antizipierter Sachverständigengutachten beigemessen (vgl. insoweit BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1, 5 und 6). Dem folgend hat der Senat keine Bedenken, die AHP seiner Entscheidung zu Grunde zu legen.
Der Begriff des GdB umschreibt nicht einen medizinischen, sondern einen rechtlichen Begriff; seine Festlegung ist daher nicht Aufgabe von Sachverständigen. Sie beruht auch nicht auf medizinischen Erfahrungen, sondern auf einer rechtlichen Wertung von Tatsachen, welche allerdings mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Bei der danach auf den zunächst festzustellenden medizinischen Tatsachen erforderlichen rechtlichen Schlussfolgerung bilden zwar die Auffassungen der Sachverständigen wertvolle Fingerzeige; doch ist stets zu beachten, dass es sich dabei nicht mehr um die Erörterung medizinischer, sondern um eine solche rechtlicher Begriffe handelt, welche im Streitfall den Gerichten obliegt (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 1990, Az.: 9 a/9 RVS 7/98 = SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Die Würdigung der ärztlichen Gutachten Dr. G ... vom 28. Oktober 1997, Dr. W ... vom 9. Mai 1999, Dipl.-Med. M ... vom 22. Mai 2000, des Gutachtens Dr. R ... für den MdK im Freistaat Sachsen vom 21. August 2000 sowie weiterer ärztlicher Befundberichte und medizinischer Unterlagen ergibt, dass die Klägerin an einer Spondylarthrose mit Schulter-Arm-Syndrom beidseits (Pseudoradikulärsyndrom HWS), einem Pseudoradikulärsyndrom der LWS, einem L5/S1-Syndrom der Lendenwirbelsäule, einer Läsion des Nervus cutaneus femoris lateralis rechts, an Bluthochdruck, an einer Adipositas, einer chronisch-venösen Insuffizienz mit arterieller Verschlusskrankheit Stadium I - II m.F., einer Hyperlipoproteinämie sowie einer Harninkontinenz leidet.
Der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylosisthesis, Spinalkanalstenose und so genanntes Postdiskotomiesyndrom) ergibt sich primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität, sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Für Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität ergibt sich ein GdB von 0, mit geringen funktionellen Auswirkungen ein GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt ein GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt von 30 sowie mit mittelgradigen Beschwerden und funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten von 40 (AHP Nr. 26.18, S. 139 - 140). Als Messwerte nach der Neutral-Null-Methode benennt Dipl.-Med. M ... hinsichtlich der Außen/Innenrotation rechts und links 70/0/35 (normal 40 bis 60/0/95), Extension/Flexion rechts und links 150/0/40 (normal 40/0/150 - 170) und Abduktion/Adduktion rechts 170/0/30 und links 150/0/30 (normal 180/0/20 - 40). Die Bewegungseinschränkungen in den Schultergelenken sind daher als endgradig einzuschätzen. Von einer endgradigen Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk berichtet auch Dr. R ... in seinem Gutachten vom 21. August 2000. Die von Dr. B ... in seinem Befundbericht vom 4. Oktober 2000 mitgeteilten Bewegungsmaße der Schulter (Ante-/Retro rechts und links 70/0/20, Abduktion/Adduktion rechts 90/0/0 und links 80/0/0 sowie Rotation außen/innen rechts und links 20/0/80) waren für den Senat hinsichtlich des Grades der Einschränkung gegenüber den von Dipl.-Med. M ... festgestellten Bewegungsgrade nicht nachvollziehbar, zumal Dr. B ... eine unveränderte Beschwerdesymptomatik ebenso wie Dr. G ... in ihrem Befundbericht vom 10. September 2000 angegeben hat und die Klägerin bei ihm zuletzt am 14. September 2000, nur vier Monate nach der Untersuchung bei Dipl.-Med. M ... in Behandlung war. Die von Dr. B ... mitgeteilten Bewegungsmaße sind für die linke und rechte Schulter im Wesentlichen gleich. Dies korrespondiert jedoch nicht mit den endgradigen Bewegungseinschränkungen im linken Schultergelenk und den von der Klägerin gegenüber Dr. R ... angegebenen zeitweisen Schmerzen im linken Schultergelenk. Die Drehbeweglichkeit der Halswirbelsäule (70/0/70, normal: 60-80/0/60-80), die Seitneigung des Kopfes (45/0/45, normal: 45/0/45) und die Beuge- und Streckfähigkeit der Halswirbelsäule (40/0/60, normal: 35-45/0/35-45) sind nach den Werten im Gutachten Dr. G ... vom 28. Oktober 1997 nicht eingeschränkt. Es liegen allenfalls endgradige Nackenschmerzen vor. Für eine Bewegungsanstrengung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel) ist ein GdB von 10 zu berücksichtigen, wenn der Arm nur um 120° zu erheben ist, mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit; bei Heben des Armes nur um 90°, mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit ein GdB von 20 (AHP Nr. 26.18, S. 143-144). Hinsichtlich der Spondylarthrose mit Schulter-Arm-Syndrom beidseits (Pseudoradikulärsyndrom HWS) ist daher allenfalls ein GdB von 20 als angemessen anzusehen.
Hinsichtlich des Pseudoradikulärsyndroms der LWS und des L5/S1-Syndroms der LWS ist ein GdB von allenfalls 10 angemessen. Dr. G ... gibt in seinem Gutachten hinsichtlich der Drehbeweglichkeit des Rumpfes bei fixiertem Becken Grade von 20/0/20, hinsichtlich der Seitneigung des Rumpfes 20/0/20, einen Schober-Index bei Vor-/Rückneigung des Rumpfes von 9/10/14 und einen Ott-Index bei Vor-/Rückneigung des Rumpfes von 28/30/32 an; den Finger-Boden-Abstand bei Vorneigung des Rumpfes bei gestreckten Kniegelenken mit 30 cm. Die Seitneigung des Rumpfes mit 20/0/20 wird von Dr. R ... in seinem Gutachten vom 21. August 2000 bestätigt. Wegen der endgradigen Einschränkung der Drehbeweglichkeit des Rumpfes bei fixiertem Becken (Drehen im Sitzen rechts/links normal: 0/30-40), der endgradig eingeschränkten Seitneigung des Rumpfes (normal: 30/0/30), des Schober-Index (normal: 10 cm) sowie des Ott-Indexes (normal: 30 cm) ist für die Erkrankung der LWS ein GdB von 10 als angemessen zu Grunde zu legen.
Für die Läsion des Nervus cutaneus femoris lateralis rechts ist höchstens ein GdB von 10 zu Grunde zu legen. Bei einem vollständigen Nervenausfall des Nervus musculo cutaneus sehen die AHP einen GdB von 20 vor (AHP Nr. 26.18, S. 147). Ein vollständiger Nevenausfall ist jedoch nicht beschrieben. Dr. R ..., Nervenarzt in W ..., teilte in einem Arztbrief an Dr. B ... nert vom 21. Februar 2000 mit, dass eine Remission wahrscheinlich sei. Von Dr. B ... wird der Nervenausfall in seinem Befundbericht vom 4. Oktober 2000 nicht mehr beschrieben. Für den bei der Klägerin bestehenden Bluthochdruck (Hypertonie) teilt die behandelnde Ärztin Dr. G ... unter dem 18. September 2000 mit, dass die RR-Werte unter antihypertensiver Therapie weitgehend im Normalbereich lägen (zuletzt am 15. September 2000 RR: 135/85). Für eine Hypertonie in leichter Form (keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigung - höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen -) sehen die AHP einen GdB von 0 - 10 vor (Nr. 26.9, S. 92). Für den bei der Klägerin vorliegenden Bluthochdruck ist daher maximal ein GdB von 10 zu Grunde zu legen.
Die von der Klägerin angegebene chronisch-venöse Insuffizienz sowie die arterielle Verschlusskrankheit Stadium I - II m.F. wird von den sie zuletzt behandelnden Ärzten Dr. G ... und Dr. B ... nicht mehr beschrieben. Dr. W ... führte in seinem gefäßchirurgischen/angiologischen Fachgutachten vom 9. Mai 1999 dazu aus, es bestehe keine periphere arterielle Durchblutungsstörung oder chronisch-venöse Insuffizienz als eigenständiges Krankheitsbild. Dass die erhebliche Adipositas derartige Folgen bedingen könne, bleibe unbestritten. Zurzeit seien diese aber nicht krankheitsrelevant. Selbst wenn bei der Klägerin derzeit eine chronisch-venöse Insuffizienz (z. B. bei Krampfadern), postthrombotisches Syndrom mit geringem belastungsabhängigem Ödem, nicht ulzepösen Hautveränderungen, ohne wesentliche Stauungsbeschwerden ein- oder beidseitig vorläge, käme nach den AHP allenfalls ein GdB von 10 in Betracht (AHP Nr. 26.9, S. 91).
Bei der bei der Klägerin vorliegenden Hyperlipoproteinämie handelt es sich um eine Fettstoffwechselstörung mit erhöhter Konzentration bestimmter Lipoproteine im Serum und eventuell Verschiebung der Lipoproteinanteile (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Aufl., S. 714). Funktionseinschränkungen ergeben sich jedoch daraus nicht. Das Vorliegen einer Adipositas allein bedingt keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden (insbesondere am kardiopulmunalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat) können die Annahme eines GdB begründen. Gleiches gilt für die besonderen funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna (AHP Nr. 26.15, S. 120). Eine Adipositas permagna ist hier jedoch nicht diagnostiziert worden, hinsichtlich der Folge- und Begleitschäden wird auf o.a. Ausführungen hingewiesen.
Hinsichtlich der bei der Klägerin diagnostizierten Harninkontinenz handelt es sich um eine messtechnisch eher geringgradige reine Harnstressinkontinenz (vgl. Arztbrief Dr. A ..., Facharzt für Urologie und Chirurgie in W ..., vom 23. September 1999 an Frau Dr. G ...). Für eine relative Harninkontinenz bei leichtem Harnabgang bei Belastung (z. B. Harninkontinenzgrad I) kommt ein GdB von 20 - 40 bei Harnabgang tags und nachts (z. B. Stressinkontinenzgrad II - III)in Betracht (AHP Nr. 26.12, S. 110). Gegenüber dem Gutachter Dr. R ... hat die Klägerin angegeben, beim Husten und Niesen habe sie eine Blasenschwäche. Der GdB ist allenfalls mit 10 einzuschätzen.
Bei Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden, auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet, maßgebend sind allein die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander (AHP Nr. 19, S. 33). Dabei führen indes leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer wesentlichen Zunahme des Ausmaßes der Gesamt- Beeinträchtigung, die bei dem Gesamt-GdB berücksichtigt werden könnte. Auch bei leichten Behinderungen mit einem Teil-GdB um 20 ist es regelmäßig nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Bei der Bestimmung des Gesamt-GdB ist daher in der Regel von der Behinderung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und damit im Hinblick auf alle weiteren Funktionsstörungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsstörungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Gesamtbehinderung gerecht zu werden (AHP Nr. 19, S. 34 und 35). Vor diesem Hintergrund bedingt die Spondylarthrose mit Schulter-Arm-Syndrom beidseits (Pseudoradikulärsyndrom HWS) einen Teil-GdB von 20, das Pseudoradikulärsyndroms der Lendenwirbelsäule bzw. des L5/S1-Syndroms der Lendenwirbelsäule einen Teil-GdB von 10, die Läsion des Nervus cutaneus femoris lateralis rechts einen Teil-GdB von 10, der Bluthochdruck einen Teil-GdB von allenfalls 10, die Adipositas einen Teil-GdB von 0, die chronisch-venöse Insuffizienz mit arterieller Verschlusskrankheit Stadium I - II m.F. einen Teil-GdB von allenfalls 10, die Hyperlipoproteinämie einen Teil-GdB von 0 und die Harninkontinenz einen Teil-GdB von 10 keinen höheren Gesamt-GdB als 20. Konkrete Behinderungen waren daher nicht festzustellen. Der Senat ist insoweit der Überzeugung, dass mit diesem Gesamt-GdB dem Beschwerdebild der Klägerin hinreichend Rechnung getragen worden ist. Die Klägerin hat keinen weitergehenden Anspruch auf Feststellung eines GdB von 40.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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