L 1 SB 3/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
1
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 2 SB 84/95
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 SB 3/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 08. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G".

Die im ...1923 geborene Klägerin stellte am 26. Juni 1991 bei dem Beklagten einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises über die Eigenschaft als Schwerbehinderter und den Grad der Behinderung (GdB) nach § 4 Abs. 5 des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG). Dabei gab sie folgende Behinderungen an: Angina Pectoris, Herzbeschwerden; Kreislaufinsuffizienz; Epicondylitis; Blutungsneigung, Nase, Mundschleimhaut; Rückeninsuffizienz. Seit 18. Januar 1982 besitze sie ununterbrochen einen Ausweis als Schwerbeschädigte, ausgestellt vom Rat des Stadtbezirkes Nord der Stadt L ... Eine erhebliche Geh- und Stehbehinderung sei ihr durch den Buchstaben "S" auf dem Schwerbeschädigten-Ausweis bestätigt worden.

Unter dem 04. Februar 1992 erließ der Beklagte einen Vorbehaltsbescheid. Aufgrund der bei der Klägerin vorliegenden Behinderungen werde ein GdB von vorläufig 50 festgestellt. Der Entscheidung lag ein ärztliches Gutachten Dr. W ..., Fachärztin für Allgemeinmedizin in L ..., vom 16. Dezember 1981 für den Rat des Stadtbezirkes Nord der Stadt L ..., Abteilung Gesundheits- und Sozialwesen - Schwerbeschädigtenstelle -, zugrunde. Als Krankheiten der Klägerin wurden eine Angina Pectoris mit ERS im EKG, eine Hypertonie, eine Epicondylitis, eine Epistaxis bei Thrombopenie festgestellt. Der Umfang der festgestellten Beschädigung betrage insgesamt 66 2/3. Es liege eine Steh- oder Gehbehinderung vor. Der Beklagte holte daraufhin einen Befundbericht von Dr. W ... ein. Dr. St ..., versorgungsärztlicher Dienst, gelangte am 17. Februar 1994 zu der Einschätzung, bei der Klägerin lägen Durchblutungsstörungen des Herzens mit Gleichgewichtsstörungen vor (Einzel-GdB 30), eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nerven- und Muskelreizerscheinung (Einzel-GdB von 20), eine Coxarthrose beidseits und Fußdeformität beidseits (Einzel-GdB 20), eine Epicondylitis (Einzel-GdB 10) sowie eine Blutungsneigung (Einzel-GdB 10) mit einem Gesamt-GdB von 50. Eine erhebliche Gehbehinderung sei aus der Aktenlage nicht ableitbar. Die von Dr. St ... festgestellten Behinderungen und den GdB übernahm der Beklagte in seinem Bescheid vom 22. Februar 1994, mit dem er Feststellungen nach § 4 SchwbG traf. Die gesundheitlichen Voraussetzungen für Merkzeichen lägen nicht vor. Eine erhebliche Gehbehinderung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 SchwbG liege bei der Klägerin nicht vor. Der Vorbehaltsbescheid vom 04. Februar 1992 werde hiermit aufgehoben.

Dagegen legte die Klägerin am 15. März 1994 hinsichtlich der Nichtfeststellung des Merkzeichens "G" Widerspruch ein. Aufgrund ihres Alters und der Funktionsbeeinträchtigungen durch ihre gesundheitlichen Schäden (Herzbeschwerden im Sinne einer Angina Pectoris verbunden mit Atemnot und Beklemmungszuständen, Wirbelsäulenschäden, schmerzhafte Rückeninsuffizienz und Gleichgewichtsstörungen) sei ihre Bewegungsfähigkeit bzw. Gehvermögen im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt. Im Widerspruchsverfahren legte sie eine ärztliche Bescheinigung Dr. W ... vom 07. März 1994 vor. Darin wurde ausgeführt, die Klägerin sei aufgrund ihrer cardialen Beschwerden nicht in der Lage, längere Strecken zu laufen bzw. längere Zeit zu stehen (Angina Pectoris Anfälle). Sie leide an häufigen Schwindelgefühlen aufgrund wechselnden Blutdrucks (Kreislaufdysregulation). Die Belastung der Lendenwirbelsäule (LWS), der Hüfte sowie der Füße führten zu starken Schmerzen, so dass die Klägerin deswegen häufiger, d.h. auch für kurze Wegstrecken, die Nahverkehrsmittel in Anspruch nehmen müsse. Aus diesen Gründen sei die Genehmigung des Merkzeichens "G" ihres Erachtens nach notwendig. Dr. K ..., praktischer Arzt in E ..., gelangte in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme zu der Auffassung, aus dem Attest ergäben sich keine Hinweise auf eine Einschränkung des Gehvermögens im Sinne des Nachteilsausgleichs "G".

Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24.01.1995). Die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" lägen bei der Klägerin nicht vor, da die auf die Gehfähigkeit sich auswirkenden Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen bzw. der LWS für sich allein keinen GdB von 40 bis 50 bedingten, weder ein schwerer Herzschaden mit Beeinträchtigung der Herzleistung schon bei leichter täglicher Belastung noch eine schwere Atembehinderung mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion mittleren Grades oder gleichschwere Funktionsstörungen vorlägen. Die Feststellung des Merkzeichens "G" sei daher nicht möglich.

Am 09. Februar 1995 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Leipzig (SG) Klage, mit der sie zunächst die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" begehrte.

Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung von Befundberichten bei Dr. W ... und durch Einholung von Sachverständigengutachten. Die Fachärztin für Orthopädie Dr. B ..., L ..., hat in ihrem orthopädischen Fachgutachten vom 26. April 1996 festgestellt, bei der Klägerin bestehe eine erhebliche Fehlstatik der Wirbelsäule in Form einer erheblichen Brustkyphose und Lendenlordose mit starken Anutzungserscheinungen im Bereich der Wirbelkörper des mittleren Brustwirbelsäulenabschnitts, Zeichen einer lumbalen Wurzelreizirritation bei einer degenerativen Veränderung des Lendenwirbelsäulensegments L 3/4 sowie eine Bewegungseinschränkung der Brust- und Lendenwirbelsäule. Auffallend sei eine X-Beinstellung beiderseits mit einem Knöchelabstand von 14 cm in Ruhe mit einer Bandlockerung des medialen Seitenbandes beiderseits und einer mäßigen Beugefähigkeit des linken Kniegelenkes. Eine wesentliche Gonarthrose habe röntgenologisch nicht festgestellt werden können. Es bestehe eine beginnende Coxarthrose beiderseits mit einer schmerzhaften Beweglichkeit insbesondere des linken Hüftgelenkes und endgradiger Bewegungseinschränkung desselben. Klinisch und röntgenologisch hätten bei der Untersuchung keine Zeichen einer Spondylitis, d.h. eine Entzündung des Knochens an der Wirbelsäule, erhoben werden können. Das Brust- und Lendenwirbelsäulenleiden könne aufgrund vorliegender Befunde mit einem Einzel-GdB von 20 eingeschätzt werden. Das beidseitige Kniegelenkleiden werde aufgrund der Fehlstellung der Kniegelenke, unter Berücksichtigung der Bandinstabilität beiderseits, zusammen mit der beginnenden Abnutzungserscheinung in beiden Hüftgelenken bei noch guter Funktion dieser Gelenke mit einem GdB von 30 bewertet. Der leichte Senkfuß beiderseits bei sonst völlig normaler Fußform beiderseits entspreche keiner messbaren Behinderung. Der Gesamt-GdB der orthopädischen Behinderung werde mit 40 eingestuft. Unter Einbeziehung der Durchblutungsstörung des Herzens, des Bluthochdrucks und der Herzleistungsminderung könne der Gesamt-GdB mit 60 eingeschätzt werden. Aufgrund der genannten orthopädischen Leiden bestehe eine Einschränkung des Steh- und Gehvermögens. Sie entspreche jedoch nicht den Voraussetzungen für die Zuerkennung des Nachteilsausgleiches "G" nach den AHP 1983. Selbst unter Zusammenwirken des Wirbelsäulenleidens und der Beinbehinderung könnten diese Voraussetzungen nicht erreicht werden, da das Wirbelsäulenleiden sich nicht allein auf die Lendenwirbelsäule beschränke. Die von der Klägerin angegebenen Gleichgewichtsstörungen ließen sich orthopädischerseits bei der ausreichenden Funktion der Halswirbelsäule und dem vorliegenden Röntgenbefund der HWS nicht abklären.

Ein weiteres Gutachten hat das SG von Dr. L ..., Chefarzt der Medizinischen Klinik des P ...-Krankenhauses L ..., erstellen lassen. In seinem internistischen Gutachten vom 07. Oktober 1998 diagnostizierte er Gleichgewichtsstörungen ungeklärter Ursache, einen Verdacht auf Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße (coronare Herzkrankheit), einen Bluthochdruck (essentielle Hypertonie Stadium I WHO) sowie Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule, Kniegelenksbinnenschaden und beginnende Abnutzungserscheinungen der Hüftgelenke beidseits laut fachorthopädischem Gutachten vom 24. Juni 1996. Bei der Klägerin lägen vordergründig Behinderungen vor, die auf die orthopädischen Erkrankungen zu beziehen seien. Daneben bestehe ein Schwindelgefühl, welches internistischerseits anlässlich der Gutachtenuntersuchung nicht eindeutig einem anderen organischen Grundleiden zugeordnet werden konnte. Dabei sei zu betonen, dass es sich im Wesentlichen um eine klinische Untersuchung gehandelt habe, da die Klägerin weitergehende Untersuchungen abgelehnt habe. Eine leichtere coronare Herzkrankheit sei möglich. Außerdem bestehe eine arterielle Hypertonie Stadium I WHO. Das Schwindelgefühl werde, obwohl die Ätiologie nicht geklärt sei, nach den angegebenen Symptomen mit einem GdB von 30 eingestuft. Für die coronare Herzkrankheit betrage der GdB 20, für die arterielle Hypertonie 10. Insgesamt ergebe sich aus internistischer Sicht ein GdB von 30. Dieser GdB dürfte bereits seit 1995 bestehen. Nach Angaben der Klägerin und nach Augenschein durch den Gutachter sei diese nicht in der Lage, allein Wegstrecken von ca. 2 km bzw. 30 Minuten Gehdauer im Ortsverkehr zurückzulegen. Sie benötige dazu eine Begleitperson, wobei gutachterlich nicht habe geklärt werden können, ob dies eher aus psychischen oder aus organischen Gründen erforderlich sei. Nach Angaben der Klägerin würden seit 1995 keine Wege außerhalb der Wohnung ohne Begleitperson zurückgelegt.

Mit Schriftsatz vom 09. März 1999 bat die Klägerin das SG ein neuro-psychiatrisches Gutachten in Auftrag zu geben. In diesem Gutachten sollte der medizinische Sachverständige unter Würdigung der Gutachten Dr. B ... und Dr. L ... auf die Wechselwirkung der bei ihr vorhandenen Gesundheitsstörungen in Bezug auf die Vergabe der Merkzeichen "G" und "B" eingehen.

Von Prof. Dr. S ..., Facharzt für Neurochirurgie an der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie der Universität L ..., hat das SG ein neurologisches Gutachten erstellen lassen. In seinem Gutachten vom 08. April 1999 führte er aus, seitens des neurologischen Fachgebietes habe kein krankhafter Befund erhoben werden können. Auffällig sei ein demonstrativ unsicherer Zielblindgang gewesen, während zum Beispiel der Gang beim Verlassen des Untersuchungszimmers (anders als beim Betreten) ohne Fremdhilfe möglich gewesen sei, schnell und zielstrebig geradeaus erfolgt sei. Die Epicondylitis, eigentlich ein orthopädisches Krankheitsbild, sei mit keinem Wort erwähnt worden. Durch leichten Druck sei es nahezu an allen Körperstellen gelungen Schmerzen auszulösen. Das einzige Symptom von neurologischem Interesse sei das Schwindelgefühl, für dessen Objektivierung sich kein Anhalt ergebe. Bei einer massiven Störung des vestibulären Systems (Gleichgewichtssinn)würde man wenigstens einen Nystagmus (ruckartige Augenbewegung bei bestimmten Kopfbewegungen) erwarten. Dies sei nicht der Fall. Das Schwindelgefühl sei somit ausschließlich eine subjektive Angabe, die nicht verifiziert werden könne. Dabei erscheine es auch wichtig, dass das Schwindelgefühl angeblich seit der Kindheit bestehe. Damit scheide eine Kleinhirnaffektion ebenso aus wie eine coronae Herzkrankheit für diese Symptomatik, aber auch ein vertebrales Syndrom sei ausgeschlossen. Eine latente Hypotonie, die ebenfalls zu Schwindelerscheinungen führen könnte, sei internistischerseits ausgeschlossen. Von der körperlichen Konstitution und den organischen Befunden halte er die Klägerin in gleicher Weise für belastbar, wie jede andere Person in dieser Altersgruppe. Die Klägerin habe berichtet, dass sie lediglich den Weg bis zur Straßenbahnhaltestelle, keineswegs aber eine Entfernung von 2 km bewältigen könnte. Dafür fehlten neurologische Voraussetzungen, hier müsse auf das fachorthopädische Gutachten verwiesen werden. Das Merkzeichen "B" erhielten nur solche Schwerbehinderte, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung zur Vermeidung von Gefahren für sich oder andere regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen seien. Dabei handele es sich vor allem um Querschnittsgelähmte, Blinde, hochgradig Seh- und Hörbehinderte, geistig Behinderte und Anfallskranke. Bei der Klägerin liege kein Leiden vor, was mit irgendeinem der aufgezählten Erkrankungen auch nur vergleichbar wäre.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 08. Dezember 1999 abgewiesen. Der Klägerin gehe es vorrangig um den Nachteilsausgleich "G". Der Nachteilsausgleich "B" habe zunächst keine Rolle gespielt, jedoch habe der Gutachter Dr. L ... von sich aus ausgeführt, die Klägerin benötige eine Begleitperson für Wegstrecken von ca. 2 km. Dies sei dann offensichtlich Anlass für die Klagevertretung gewesen, in dem Schriftsatz vom 09. März 1999 auch das Merkzeichen "B" zu nennen. Das Gericht gehe somit davon aus, dass die Zuerkennung beider Merkzeichen begehrt werde. Die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" und "B" lägen jedoch nicht vor. Die bei der Klägerin bestehenden Behinderungen verursachten keine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr. Weder orthopädischerseits noch internistischerseits noch neurologischerseits könne der Nachteilsausgleich "G" begründet werden. Das gelte ausdrücklich auch insofern, als dass der Nachteilsausgleich "G" auch keinesfalls aus dem Zusammenwirken der bestehenden Behinderung orthopädischerseits und internistischerseits begründet werden könne. Die objektiv erhobenen Befunde ließen nicht den Schluss zu, dass die Klägerin Wegstrecken nicht zurücklegen könne, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden könnten. Bei der Klägerin fehle es schon an der Grundvoraussetzung der Zuerkennung der Nachteilsausgleiche "G" oder "H". Der Nachteilsausgleich "H" wegen Hilflosigkeit komme ganz eindeutig ebenfalls nicht in Betracht. Schon deshalb müsse der Klägerin der Nachteilsausgleich "B" versagt werden.

Gegen das der Klägerin am 03.01.2000 zugestellte Urteil hat sie am 13. Januar 2000 beim Sächsischen Landessozialgericht Berufung eingelegt, die sich allein auf die Zuereknnung des Nacheilsausgleichs "G" richtet.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Gesamtheit der verschiedenen vorliegenden Leiden sei nur ungenügend gewürdigt worden. Ihre Beschwerden beständen schon seit Jahrzehnten. Angesichts ihres Alters sei auch keine Besserung mehr zu erwarten. Vor allem die Durchblutungsstörung des Herzens und die allgemeinen Gleichgewichtsstörungen, die mehrmals täglich aufträten, belasteten sie im Verlaufe des täglichen Lebens sehr stark. Aus diesen Gründen käme es auch verstärkt zu depressiven Angstgefühlen. Aufgrund der vorliegenden Beschwerden sei sie nicht mehr in der Lage, das Haus ohne die Begleitung ihres Ehemannes zu verlassen. Auch bei der Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel sei sie ständig auf eine Begleitperson angewiesen, da ihr insbesondere das Ein- und Aussteigen allein nicht möglich sei. Sie sei lediglich noch in der Lage, eine Wegstrecke von maximal 30 Minuten Dauer zurückzulegen. Dies verdeutlichten die Beschwerden an den Beinen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 08. Dezember 1999 und den Bescheid des Beklagten vom 22. Februar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 1995 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung für zutreffend. Bei der Klägerin bestehe zwar eine Einschränkung des Steh- und Gehvermögens, diese sei jedoch nicht erheblich im Sinne des SchwbG. Bei der Klägerin liege kein Leiden vor, dass die Notwendigkeit ständiger Begleitung bedinge.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Befundberichtes von der praktischen Ärztin H ... in L ...

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Beklagte ist nicht zu verurteilen, bei der Klägerin das Merkzeichen "G" festzustellen. Der Bescheid des Beklagten vom 22. Februar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 1995 ist rechtmäßig.

Auf das Merkzeichen "G" hat Anspruch, wer gemäß der §§ 59 Abs. 1 Satz 1, 60 Abs. 1 Satz 1 SchwbG schwerbehindert im Sinne des § 1 SchwbG und darüber hinaus erheblich gehbehindert, d.h. in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist. In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist gemäß §§ 59 Abs. 1 Satz 1, 60 Abs. 1 Satz 1 SchwbG, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder Störungen der Orientierungsfähigkeit nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahr für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise zu Fuß zurückgelegt werden. Die Wegstrecken, die "üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden" und die der Schwerbehinderte infolge seiner Funktionsausfälle nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder Gefahren bewältigen kann, sind laut höchstrichterlicher Rechtsprechung mit 2 km in einer Fußwegdauer von 30 Minuten zu bemessen (BSGE 62, 273, 275). Dies ist die Wegstrecke, die eine Vergleichsperson ohne Einschränkung des Gehvermögens im Ortsverkehr üblicherweise noch zurücklegt, wobei bei der Ermittlung dieser Wegstrecke nicht darauf abgestellt wurde, welche Entfernung andere, nicht erheblich bewegungseingeschränkte Personen nach ihrem Leistungsvermögen noch zu Fuß zurücklegen sollen, sondern vielmehr auf die tatsächlichen Gehgewohnheiten der Bevölkerung. Rechtstatsächliche Ermittlungen über die entsprechende übliche Leistungsfähigkeit erübrigen sich somit (BSGE 62, 273, 276). Bei dem Vergleich, ob der betreffende Schwerbehinderte diese übliche Wegstrecke ohne erhebliche Schwierigkeiten im Ortsverkehr bewältigen kann oder nicht, ist wie in allen Fällen, bei denen es auf besonders eindeutig erkennbare Weise um die Bestätigung eines klägerischen Vortrages durch den Kläger selbst ankommt, nicht allein auf die Angaben der Klägerin abzustellen, sondern auf den objektivierbaren Befund und die damit verbundenen Funktionsbeeinträchtigungen. So resultiert die tatsächliche Verminderung der Gehleistungsfähigkeit aus dem Vorliegen bestimmter Gesundheitsstörungen, die im Funktionsbereich der Gehfähigkeit bestimmte Funktionseinschränkungen verursachen. In welchem Bereich Gesundheitsstörungen und Funktionsstörungen in welchem Umfang bei einer erheblichen Gehbehinderung vorliegen müssen, ergibt sich aus den vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 1996" (AHP). Die Rechtsprechung der Sozialgerichte erkennt die AHP umfassender als eine der Entscheidungsfindung dienende Grundlage der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zur Bemessung sowohl des Umfangs als auch der Schwere der Beeinträchtigung an. In den AHP ist der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen jeweils aktualisiert wiedergegeben und ermöglicht auf diese Weise eine nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Rechtssprechung sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch der Schwere der Beeinträchtigung, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz genügt. Eine Abweichung von den AHP kann daher nur in medizinisch begründeten Ausnahmefällen in Betracht kommen. Ansonsten ist es nicht zulässig, eine vom Gutachter festgestellte Behinderung mit einem GdB-Wert zu bemessen, der nicht im Einklang mit den Richtlinien der AHP steht. Die Rechtsprechung hat mehrfach die Bedeutung der AHP auch für das Gerichtsverfahren herausgestellt und den AHP den Charakter antizipierter Sachverständigengutachten beigemessen (BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1, 5 und 6). Vorliegend hat der Senat keine Bedenken, die AHP seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Im Hinblick auf die Voraussetzungen der Feststellung des Merkzeichens "G" geben die AHP als antizipierte Sachverständigengutachten an, welche Funktionsstörungen in welcher Ausprägung vorliegen müssen, bevor angenommen werden kann, dass ein Behinderter infolge einer Einschränkung des Gehvermögens und seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist (vgl. BSG, Urteil vom 13.08.1997, Az. 9 RVs 1/96).

Gemäß Nr. 30 Abs. 3 der AHP sind die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr dann als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der LWS bestehen, die für sich einen GdB von mindestens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB auch von unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirkten, z.B. Versteifung des Hüft-, Knie- und Fußgelenkes in ungünstiger Stellung sowie arterielle Verschlusskrankheit mit einem GdB von 40. Auch innere Leiden können sich gemäß den AHP Nr. 30 Abs. 3 negativ auf das Gehvermögen auswirken. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei schwereren Herzschäden anzunehmen, die für sich allein bereits einen GdB von 50 bis 70 bedingen sowie bei schweren Atembehinderungen, die für sich gleichermaßen bereits einen GdB von 50 bis 70 bedingen. Die AHP beschreiben jedoch lediglich "Regelfälle", bei der den nach den allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" als erfüllt anzusehen sind (BSG, Urteil vom 13.08.1997, Az. 9 RVs 1/96). Sie gehen daher in Nr. 30 Abs. 3, 4 und 5 ähnlich vor, wie die in den AHP Nr. 31 übernommenen straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften bei der außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen "aG"). Aufgeführt sind lediglich typische Personengruppen, bei den ohne weitere Prüfung die gesundheitlichen Voraussetzungen für das betreffende Merkzeichen festzustellen sind. Anspruch auf das jeweilige Merkzeichen hat aber darüber hinaus auch, wer nach Prüfung des einzelnen Falles aufgrund anderer Erkrankungen mit gleich schweren Auswirkungen auf die Gehfunktion dem beispielhaft aufgeführten Personenkreis gleichzustellen ist (vgl. BSG a.a.O.). Insofern dienen die in Nr. 30 der AHP aufgeführten Behindertengruppen dann als Vergleichsmaßstab (vgl. BSG a.a.O.).

Die Klägerin erfüllt nicht die für das Merkzeichen "G" erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen. In ihrem Gutachten vom 26. April 1996 hat die Sachverständige Dr. B. für den Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule folgende Werte erhoben: Ott 30/31 (normal: 30), Schober 10/12 (normal: 10), Rückwärts-/Vorwärtsneigung 0/0 Finger-Boden-Abstand 42 cm, Seitenneigung rechts/links 20/0/20 (normal: 30 bis 40/0/30 bis 40), Rotation rechts/links 20/0/10 (normal: 50/0/50). Die AHP sehen für Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) einen GdB von 20 vor, für Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und wochenandauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) einen GdB von 30 (AHP Nr. 26.18, Seite 139 bis 140). Die von der Gutachterin beschriebene erhebliche Fehlstatik der Wirbelsäule in Form einer erheblichen Brustkyphose und Lendenlordose mit starken Abnutzungserscheinungen im Bereich der Wirbelkörper des mittleren Brustwirbelsäulenabschnitts, Zeichen einer lumbalen Wurzelreizirritation bei einer degenerativen Veränderung des Lendenwirbelsäulensegmentes L 3/L 4 sowie eine Bewegungseinschränkung der Brust- und Lendenwirbelsäule bedingen hinsichtlich der Lendenwirbelsäule mittelgradig funktionelle Auswirkungen. Nach Auffassung des Senats ist hierfür ein GdB von 20 als angemessen anzusehen. Dies entspricht auch der Einschätzung der Sachverständigen mit einem Einzel-GdB von 20 hinsichtlich des Brust- und Lendenwirbelsäulenleidens.

Für die Sprunggelenke hat die Gutachterin folgende Werte angegeben: Heben und Senken rechts und links 20/0/40 (normal: 20 bis 30/0/ 40 bis 50), Supination/Pronation rechts und links 30/0/10 (normal: 30/0/60). Die Messwerte für das Heben und Senken sind als normal anzusehen, hinsichtlich der Supination/Pronation ist eine Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk festzustellen, wobei die Umfangmaße für den Oberschenkel, das Kniegelenk und den Unterschenkel sowie die Beinlänge beidseits gleich sind. Die AHP (Nr. 26.18, Seite 153) sehen für eine Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk einen GdB von 0 bis 10 vor. Der GdB hierfür ist daher allenfalls mit 10 einzuschätzen.

Hinsichtlich des Hüftgelenkes hat die Gutachterin folgende Werte ermittelt: Streckung/Beugung links 0/0/130 und rechts 0/0/120 (normal: 10/0/130), für das Abspreizen/Heranführen links 40/0/30 und rechts 40/0/20 (normal: 30 bis 45/0/20 bis 30), für das Drehen nach Außen und Innen links 30/0/20 und rechts 30/0/20 (normal: 40 bis 50/0/30 bis 45). Die Gutachterin hat diesbezüglich eine beginnende Coxarthrose beiderseits mit einer schmerzhaften Beweglichkeit insbesondere des linken Hüftgelenkes und endgradige Bewegungseinschränkung desselben diagnostiziert. Für eine Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig sehen die AHP (Nr. 26.18, Seite 150) einen GdB von 10 bis 20 vor. Da die Werte hinsichtlich der Streckung/Beugung und des Abspreizen/Heranführens als überwiegend normal anzusehen und die Bewegungsmaße des Drehens nach Außen und Innen mit gleichgradig eingeschränkt zu bewerten sind, erscheint hierfür ein GdB von 10 als angemessen.

Für die Kniegelenke der Klägerin hat die Gutachterin bei Streckung/Beugung derselben für das rechte Gelenk einen Wert von 0/0/130 und für das linke Gelenk von 0/0/120 mitgeteilt (normal: 0/0/120 bis 150). Für eine Bewegungseinschränkung im Kniegelenk geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis 0/0/90) einseitig geben die AHP (Nr. 26.18, Seite 151) einen GdB-Rahmen von 0 bis 10 vor, beidseitig von 10 bis 20. Da die Bewegungsfähigkeit der Kniegelenke als normal einzuschätzen ist, ergibt sich hierfür kein Teil-GdB, zumal die Gutachterin eine wesentliche Gonarthrose röntgenologisch nicht hat feststellen können. Etwas anderes ergibt sich für die Klägerin auch nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. L. vom 07. Oktober 1998, in dem dieser ausschließlich zu den internistischen Erkrankungen der Klägerin Stellung genommen hat. In seinem neurologischen Gutachten vom 08. April 1999 schätzt Prof. Dr. S ... die Röntgenbefunde der Lendenwirbelsäule, des Beckens und beider Kniegelenke als altersentsprechend und normal ein.

Der beschriebene Senkfuß beiderseits bei sonst völlig normaler Fußform entspricht keiner messbaren Behinderung. Für Fußdeformitäten ohne wesentliche statische Auswirkung (z.B. Senk-, Spreizfuß, Rollfuß, Knickfuß, auch posttraumatisch) sehen die AHP einen GdB von 0 vor (Nr. 26.18, Seite 153). Es ergeben sich auch keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich der Erkrankung der Haltungs- und Bewegungsorgane der Klägerin aus dem vom Senat von der die Klägerin behandelnde praktischen Ärztin H ... eingeholten Befundbericht vom 20. Januar 2001. Bei der Klägerin bestehen insgesamt keine sich auf die Gehfähigkeit auswirkende Funktionsstörung der unteren Gliedmaßen und der Lendenwirbelsäule, die für sich einen GdB um wenigstens 50 bedingen. Für die Einschränkung der Brust- und Lendenwirbelsäule ergibt sich ein Teil-GdB von 20, für die Einschränkung der Sprunggelenke allenfalls ein Teil-GdB von 10, für die Einschränkung des Hüftgelenkes ein Teil-GdB von 10. Aus den vorliegenden Akten sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass sich die Behinderungen der Klägerin auf die Gehfähigkeit besonders auswirkten. Dies wäre zum Beispiel der Fall bei einer Versteifung des Hüftgelenkes, Versteifung des Knie- oder Fußgelenkes in ungünstiger Stellung und arteriellen Verschlusskrankheit mit einem GdB von 40 (AHP Nr. 30 Seite 166).

Eine Einschränkung des Gehvermögens bei der Klägerin liegt auch nicht aufgrund vorhandener innerer Leiden vor. In seinem fachinternistischen Gutachten vom 07. Oktober 1998 diagnostizierte Dr. L ... Gleichgewichtsstörungen ungeklärter Ursache, einen Verdacht auf Durchblutungsstörungen der Herzkranzgefäße (coronare Herzkrankheit) sowie einen Bluthochdruck (essentielle Hypertonie Stadium I WHO). Die Gleichgewichtsstörungen bzw. das Schwindelgefühl der Klägerin konnte er einem organischen Grundleiden nicht zuordnen. Auch nach Einschätzung des Gutachters Prof. Dr. S ... ergibt sich für die Objektivierung des Schwindelgefühls kein Anhalt. In seinem Gutachten vom 08. April 1999 hat er nach Auffassung des Senats überzeugend, schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, bei einer massiven Störung des vestibulären Systems (Gleichgewichtssinn) würde man wenigstens einen Nystagmus (ruckartige Augenbewegung bei bestimmten Kopfbewegungen) erwarten. Dies sei nicht der Fall. Das Schwindelgefühl sei somit ausschließlich eine subjektive Angabe, die nicht verifiziert werden könne. Dabei scheine auch wichtig, dass das Schwindelgefühl angeblich seit der Kindheit bestehe. Damit scheide eine Kleinhirnaffektion ebenso aus wie eine coronare Herzkrankheit für diese Symptomatik, aber auch ein vertebrales Syndrom sei ausgeschlossen. Eine latente Hypotonie, die ebenfalls zu Schwindelerscheinungen führen könnte, sei internistischerseits ausgeschlossen. Es finde sich neurologisch kein Korrelat für die Erklärung des Schwindelgefühls. Nach Auffassung des Senats sind daher Gleichgewichtsstörungen bei der Klägerin nicht nachgewiesen. Hinsichtlich des von der Klägerin angegebenen Schwindelgefühls hat der Gutachter Prof. Dr. S ... mitgeteilt, auffällig sei bei der Begutachtung ein demonstrativ unsicherer Zielblindgang gewesen, während zum Beispiel der Gang beim Verlassen des Untersuchungszimmers (anders als beim Betreten) ohne Fremdhilfe möglich gewesen sei, schnell und zielstrebig geradeaus erfolgt sei. Durch leichten Druck sei es gelungen, nahezu an allen Körperstellen Schmerzen auszulösen.

Die bei der Klägerin diagnostizierte essentielle Hypertonie (Bluthochdruck) liegt in leichter Form vor (keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigung [höchstens leichte Augenhintergrundveränderung])(AHP Nr. 26.9, Seite 92). Eine mittelschwere Form ginge mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderung - Fundus Hypertonicus I - II und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischen Bluthochdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung einher (AHP Nr. 26.9 a.a.O.). Hinsichtlich des Vorliegens einer cardiologischen Erkrankung hat der Gutachter Dr. L ... in seinem Gutachten vom 07. Oktober 1998 ausgeführt, für klinisch bedeutsame Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße fänden sich nur wenige Hinweise. Bei einer ergometrischen Leistungsprüfung im September 1995 seien bei einer mittelschweren körperlichen Belastung keine Angina Pectoris-Beschwerden angegeben worden. Auch sprächen die beschriebenen EKG-Veränderungen unter Belastung zumindest nicht für eine wesentliche Durchblutungsstörung. Der Blutdruck sei zu diesem Zeitpunkt in Körperruhe mit 170/100 mmHg angegeben worden. Ein echocardiographischer Befund vom 14. Mai 1997 habe eine gute linksventrikuläre Funktion ergeben. Die Herzhöhlen seien normal groß, der Klappenapparat weitgehend unauffällig. Auch die angegebenen Herzbeschwerden und die sofortige Wirkung auf Einnahme von Nitrangin Compositum seien für eine Belastungscoronarinsuffizienz nicht typisch. In den Unterlagen seien zweimal leicht erhöhte Blutdruckwerte angegeben (160/95 mmHg und 170/100 mmHg). Eine laufende antihypertensive Behandlung und der bei der Gutachteruntersuchung leicht erhöhte systolische Blutdruckwert rechts spreche für das Vorliegen einer arteriellen Hypertonie. Folgeerscheinungen im cardiovaskulären System hätten sich dabei jetzt klinisch nicht diagnostizieren lassen, so dass von einem Stadium I WHO auszugehen sei. Zusammenfassend dürften die insgesamt nur mäßigen cardiozirkulatorischen Veränderungen nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit führen, auch das angegebene Schwindelgefühl sei mit größter Wahrscheinlichkeit nicht darauf zu beziehen.

Der Senat folgt den Ausführungen des Gutachters vollinhaltlich. Er hält diese für schlüssig, nachvollziehbar und überzeugend. Eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit, insbesondere bezogen auf das Gehvermögen, liegt nach Auffassung des Senates bei nur mäßigen cardiozirkulatorischen Veränderungen der Klägerin nicht vor. Das Vorliegen einer coronaren Herzkrankheit ist nicht nachgewiesen. In einem Arztbericht des Dipl.-Med. N ..., Facharzt für Innere Medizin in L ..., vom 28. September 1995 wurde bereits zum damaligen Zeitpunkt ausgeführt, bei altersentsprechender sehr guter Leistung von 100 Watt (2 Minuten) ergebe sich ein Hinweis auf eine beginnende (!) Belastungscoronarinsuffizienz im inferioren Hinterwandbereich. sich die inneren Leiden und die Funktionseinschränkungen der unteren Gliedmaßen sich derart negativ beeinflussen, dass eine Gleichstellung mit den in Nr. 30 der AHP (Seite 166) genannten Behindertengruppen führte.

Nach alledem hatte die Berufung keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetzt (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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