Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 RA 2/01 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 20. Februar 2001 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 1. Dezember 1999 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Im übrigen sind außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Beitragsanteils zur Krankenversicherung, der von einer Rente einzubehalten ist.
Der 1927 geborene und im Beitrittsgebiet lebende Kläger bezieht von der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Altersrente. Er ist krankenversicherungspflichtig und Mitglied der beigeladenen Betriebskrankenkasse (DIE BKK POST). Bei der BKK POST betrug der allgemeine Beitragssatz am 1. Januar 1997 in den alten Bundesländern 13,3 vH, im Beitrittsgebiet 12,5 vH. Die Beklagte behielt von der Rente des Klägers seinen Eigenanteil am Krankenversicherungsbeitrag ein. Vom 1. Juli 1997 an wandte sie dabei nach § 247 Abs 1 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) den am 1. Januar 1997 im Beitrittsgebiet geltenden allgemeinen Beitragssatz der BKK POST von 12,5 vH an.
Im Frühjahr 1998 wurde der Beklagten mitgeteilt, daß sich DIE BKK POST zum 1. April 1997 mit einer anderen BKK freiwillig vereinigt hatte, ihren Namen weiterführte und der allgemeine Beitragssatz der vereinigten Kasse für die Mitglieder in den alten und neuen Bundesländern übereinstimmend 13,3 vH betrug. Daraufhin berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 16. April 1998 die Rente des Klägers neu, indem sie den einzubehaltenden Beitragsanteil vom 1. Juli 1997 an um monatlich 11,82 DM erhöhte. Sie errechnete daraus für die Zeit von Juli 1997 bis Mai 1998 eine Überzahlung an Rente von 130,02 DM. Diesen Betrag behielt sie ebenso wie die 11,82 DM für den Monat Juni 1998 von der laufenden Rente ein (für Juli 1997 bis Juni 1998 insgesamt 141,84 DM). Der Kläger erhob sowohl bei der beklagten BfA als auch bei der beigeladenen BKK Widerspruch. Er machte geltend, die Vereinigung seiner BKK mit einer wesentlich kleineren anderen BKK und die Erhöhung des Beitragssatzes auf 13,3 vH zum 1. April 1997 änderten nichts daran, daß nach § 247 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Zeit von Juli 1997 bis Juni 1998 der am 1. Januar 1997 geltende allgemeine Beitragssatz seiner Kasse von 12,5 vH (Ost) anzuwenden sei. Die Beigeladene leitete den bei ihr eingegangenen Widerspruch "zuständigkeitshalber" an die Beklagte weiter. Diese wies den Widerspruch gegen ihren Bescheid vom 16. April 1998 mit Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 1999 zurück, weil nach der Vereinigung der Kassen der allgemeine Beitragssatz der vereinigten Kasse maßgebend sei.
Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 1. Dezember 1999 den Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung von 141,84 DM verurteilt. Es hat die Ansicht des Klägers für zutreffend gehalten. Auf die zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 20. Februar 2001 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der Beklagen sei davon auszugehen, daß seit der Vereinigung der Kassen zum 1. April 1997 die früheren Kassen geschlossen und ihre Beitragssätze nicht mehr anzuwenden seien. Vielmehr sei der allgemeine Beitragssatz der neuen Kasse maßgebend.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers. Er rügt die Verletzung des § 247 Abs 1 SGB V.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG vom 20. Februar 2001 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG vom 1. Dezember 1999 zurückzuweisen.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das Urteil des LSG für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist begründet.
1. Das LSG hat das Urteil des SG zu Unrecht aufgehoben. Das SG hat der Klage im Ergebnis zutreffend stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 16. April 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 1999 ist rechtswidrig. Die Beklagte durfte die Rente des Klägers für die Zeit von Juli 1997 bis Juni 1998 nicht im April 1998 neu berechnen, indem sie aufgrund des seit April 1997 geltenden Beitragssatzes der beigeladenen BKK von einem höheren Eigenanteil des Klägers am Krankenversicherungsbeitrag ausging als vorher. Dementsprechend war die Beklagte auch nicht befugt, für die Zeit von Juli 1997 bis Juni 1998 den Unterschied zwischen dem höheren neuen Eigenanteil und dem früheren Eigenanteil gegen den Rentenanspruch des Klägers aufzurechnen und nachträglich (für die Zeit von Juli 1997 bis Mai 1998) oder laufend (im Juni 1998) von der Rente des Klägers einzubehalten. Soweit das in Höhe von 141,84 DM dennoch geschehen ist, hat das SG die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides mit Recht zur Zahlung verurteilt.
2. Der erkennende 12. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) ist für die Entscheidung über die Revision des Klägers zuständig. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt allein von einer Frage zur Beitragsentrichtung in der Krankenversicherung ab, die nach der Geschäftsverteilung des BSG in seine Zuständigkeit fällt. Daran ändert nichts, daß die Beklagte als Rentenversicherungsträger über die krankenversicherungsrechtliche Frage im Rahmen einer Änderung ihres Rentenbescheides entschieden hat. Dadurch wird der Prozeß nicht zu einer Streitigkeit im Leistungsrecht der Rentenversicherung. Die Neuberechnung der Rente ist nur wegen des höheren Einbehalts am Krankenversicherungsbeitrag vorgenommen worden. Bei solchen Sachverhalten hat der Senat schon zum früheren Recht seine Zuständigkeit angenommen (BSG SozR 2200 § 393a Nr 3).
3. Die Beklagte als Rentenversicherungsträger durfte in ihrem Bescheid als Vorfrage über den beim Kläger in der Krankenversicherung anzuwendenden Beitragssatz entscheiden. Dieses setzt die Regelung zum Einzug des Krankenversicherungsbeitrags voraus. Nach § 255 Abs 1 SGB V sind Beiträge, die Versicherungspflichtige wie der Kläger aus ihrer Rente zu tragen haben, von den Trägern der Rentenversicherung bei der Zahlung der Rente einzubehalten. Ist bei der Zahlung der Rente die Einbehaltung von Beiträgen nach Abs 1 unterblieben, sind die rückständigen Beiträge nach Maßgabe des § 255 Abs 2 Satz 1 SGB V aus der weiterhin zu zahlenden Rente einzubehalten. Die Höhe des Einbehalts hängt vom Beitragssatz aus der Rente ab, der sich nach § 247 SGB V richtet. Zwar hat über den für ihr Mitglied maßgebenden Beitragssatz grundsätzlich die Krankenkasse zu entscheiden. Jedenfalls solange wie hier eine förmliche Entscheidung der Krankenkasse über den maßgebenden Beitragssatz nicht vorliegt, kann der Rentenversicherungsträger darüber als Vorfrage entscheiden. Die Gerichte können eine solche Entscheidung in einem Rechtsstreit des Rentners mit dem Rentenversicherungsträger auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen.
4. In der Sache galt für den Kläger in dem Jahr von Juli 1997 bis Juni 1998 (Geltungsjahr), um das es hier allein geht, nicht der Beitragssatz von 13,3 vH, sondern von 12,5 vH. Dieses war der maßgebende Beitragssatz seiner Krankenkasse am 1. Januar 1997. Das ergibt sich aus § 247 Abs 1 SGB V in der Neufassung des Art 1 Nr 8 des 3. SGB V-Änderungsgesetzes (3. SGB V-ÄndG) vom 10. Mai 1995 (BGBl I 678).
a) Nach Satz 1 des § 247 Abs 1 SGB V gilt bei Versicherungspflichtigen wie dem Kläger für die Bemessung der Beiträge aus Renten der allgemeine Beitragssatz der Krankenkasse, deren Mitglied der Versicherungspflichtige während des Geltungsjahres ist (kasseneigener allgemeiner Beitragssatz, § 241 SGB V). Der durchschnittliche allgemeine Beitragssatz aller Krankenkassen galt nach Abs 3 des § 247 SGB V nur bis zum 30. Juni 1997 und damit hier nicht mehr.
b) Nach Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V gilt der Beitragssatz vom 1. Januar jeweils vom 1. Juli des laufenden bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres, dh für ein Geltungsjahr von Jahresmitte zu Jahresmitte. Damit enthält Satz 2 eine Sonderregelung zur zeitlichen Anwendung des nach Satz 1 maßgebenden Beitragssatzes. Satz 2 bestimmt abweichend von der laufenden Geltung des jeweiligen Beitragssatzes, daß der am Stichtag des 1. Januar geltende Beitragssatz zeitlich versetzt erst für das am folgenden 1. Juli beginnende Geltungsjahr und dann unverändert für das gesamte Geltungsjahr wirkt. Demnach sind für das Geltungsjahr Änderungen des Beitragssatzes in der Zeit vom 2. Januar des ersten Kalenderjahres bis zum Ende des Geltungsjahres Mitte des folgenden Kalenderjahres unerheblich. Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V führt dazu, daß für versicherungspflichtige Mitglieder derselben Kasse je nach Art der Einnahmen gleichzeitig unterschiedliche Beitragssätze gelten können: Beim Arbeitsentgelt ist mangels abweichender Regelung der jeweils aktuell geltende Beitragsatz anzuwenden (vgl § 241 Satz 2 SGB V). Bei Renten gilt zeitlich versetzt ein früherer Beitragssatz (§ 247 Abs 1 Satz 2 SGB V). Bei Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen trifft dieses ebenfalls zu (§ 248 SGB V) jedoch mit anderem Stichtag (1. Juli) und anderem Geltungsjahr (Kalenderjahr) als bei den Renten. Das Nebeneinander unterschiedlicher Beitragssätze kann je nach Art der vorhandenen Einnahmen zu einer gewissen Ungleichbehandlung unter den versicherungspflichtigen Mitgliedern derselben Kasse führen. Die Unterschiede sind jedoch in der Regel nur gering, weil die Anwendung unterschiedlicher Beitragssätze jeweils nur befristet wirkt und der Beitragssatz gewöhnlich nur wenig geändert wird.
c) Der Gesetzgeber hat die genannten Unterschiede aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung in Kauf genommen. Schon nach § 247 SGB V in seiner ursprünglichen Fassung des Art 1 des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) galt der damals maßgebende durchschnittliche Beitragssatz aller Krankenkassen, der zum 1. Januar festgestellt worden war, jeweils für das in der Mitte des Kalenderjahres beginnende Geltungsjahr. Dadurch sollten nach der Begründung des Gesetzentwurfs die Rentenversicherungsträger die Möglichkeit erhalten, die Veränderung des Beitragssatzes bei der nächsten Rentenanpassung zu berücksichtigen (BT-Drucks 11/2237 S 226, damals zu § 256 des Entwurfs). Diese Regelung zur zeitlich versetzten Anwendung des maßgebenden Beitragssatzes ist in Satz 2 des § 247 Abs 1 idF des 3. SGB V-ÄndG erhalten geblieben. Das war schon im Entwurf dieses Gesetzes so vorgesehen und ist damit begründet worden, daß Änderungen der anzuwendenden Beitragssätze nur zum Zeitpunkt der Rentenanpassungen wirksam werden sollten, damit der Rentenversicherung unzumutbarer Verwaltungsaufwand erspart bleibe (BT-Drucks 13/340 S 5, 10). Um die Berücksichtigung neuer kasseneigener Beitragssätze bei den jährlichen Rentenanpassungen zum 1. Juli zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber auf die am vorangegangenen 1. Januar geltenden Beitragssätze abgestellt und den Versicherungsträgern so eine Vorlaufzeit von einem halben Jahr bis zum Beginn des Geltungsjahres eingeräumt.
5. Der am 1. Januar eines Kalenderjahres geltende Beitragssatz der Krankenkasse des Versicherungspflichtigen (hier 12,5 vH) ist für das folgende Geltungsjahr auch anzuwenden, wenn sich seine Krankenkasse in der Zeit vom 2. Januar dieses Kalenderjahres und dem Ablauf des folgenden Geltungsjahres (Juni des nächsten Kalenderjahres) mit einer anderen Krankenkasse vereinigt und bei der vereinigten Kasse ein anderer Beitragssatz gilt. Demnach ändern die Vereinigung der BKK des Klägers mit einer anderen BKK zum 1. April 1997 und die Geltung eines anderen allgemeinen Beitragssatzes (13,3 vH) für die vereinigte Kasse den für das Geltungsjahr Juli 1997 bis Juni 1998 maßgebenden Beitragssatz nicht.
a) Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V geht allerdings von dem Regelfall aus, daß die Krankenkasse des Versicherungspflichtigen vom Stichtag (1. Januar) an bis Juni des folgenden Kalenderjahres organisatorisch unverändert bleibt. Das traf hier wegen der Vereinigung der Kassen zum 1. April 1997 nicht zu. Jedoch trat die vereinigte Kasse in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkassen ein (§ 150 Abs 2 Satz 1, § 144 Abs 4 Satz 2 SGB V). Damit gingen die Mitgliedschaften Versicherungspflichtiger einschließlich etwa noch offener Beitragsforderungen und Leistungspflichten auf die vereinigte Kasse über. Es ist kein beachtlicher Grund dafür erkennbar, nur den am 1. Januar geltenden Beitragssatz der früheren Kassen im vorliegenden Zusammenhang nicht mehr anzuwenden. Daß damit ein im Geltungsjahr nicht mehr bestehender Beitragssatz angewandt wird, kommt auch in den Regelfällen des Satzes 2 des § 247 Abs 1 SGB V und bei der Anwendung des § 248 SGB V vor, wird dort vom Gesetzgeber hingenommen und ist auch hier nicht entscheidend. Es überzeugt daher nicht, wenn die Beklagte und die Beigeladene vorbringen, bei einer freiwilligen Vereinigung von BKK seien vom Zeitpunkt der Wirksamkeit der Vereinigung an (hier 1. April 1997) die bisherigen Kassen geschlossen (§ 150 Abs 2 Satz 1, § 144 Abs 4 Satz 1 SGB V) und für die Beitragsbemessung im Geltungsjahr ab Juli 1997 könne ein Beitragssatz einer nicht mehr existierenden Kasse nicht weiter angewandt werden.
b) Auch der Sinn und Zweck des § 247 Abs 1 Satz 2 SGB V spricht dafür, daß bei einer solchen Vereinigung von Kassen der am 1. Januar bei den Rechtsvorgängerinnen der vereinigten Kasse bestehende Beitragssatz für das folgende Geltungsjahr maßgeblich bleibt. Bei dieser Lösung wird das wesentliche Ziel des Satzes 2 des § 247 Abs 1 SGB V, den Verwaltungsaufwand gering zu halten, in vollem Umfang erreicht. Der Beitragssatz vom 1. Januar kann mit einer Vorlaufzeit von einem halben Jahr bei der nächsten Rentenanpassung berücksichtigt werden, wie das hier ursprünglich auch geschehen ist. Für die Versicherten wird eine nachträgliche Korrektur der angepaßten Renten wegen zwischenzeitlicher Änderungen des Beitragssatzes mit der Nachholung von Einbehalten oder von Erstattungen vollständig vermieden. Demgegenüber führt die gegenteilige Ansicht der beteiligten Versicherungsträger dazu, daß nach der Vereinigung von Kassen während des Zeitraums, in dem nach der Regelung in Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V Änderungen des Beitragssatzes unbeachtlich sein sollen, vielfach Neuberechnungen von Renten bei einer großen Zahl von Versicherten vorgenommen werden müssen. Eine ausreichende Vorlaufzeit haben die Rentenversicherungsträger, wenn der Beitragssatz der vereinigten Kasse von der Vereinigung an gelten soll, häufig nicht. Wird die Vereinigung von Kassen mit einem neuen Beitragssatz dem Rentenversicherungsträger wie hier sogar erst kurz vor Ablauf des Geltungsjahres bekannt, so kommt es zu dem unverständlichen Ergebnis, daß der Eigenanteil von Versicherten aus der Rente zu einem Zeitpunkt (April 1998) für ein Geltungsjahr (Juli 1997 bis Juni 1998) korrigiert wird, das schon fast abgelaufen war.
6. Der Senat sieht keine überzeugenden Gründe, die gegen diese Lösung sprechen.
a) Keine wesentliche Bedeutung kommt dem Umstand zu, daß versicherungspflichtige Mitglieder der vereinigten Kasse je nach den unterschiedlichen Beitragssätzen ihrer früheren Kassen nach der Vereinigung der Kassen Beiträge aus der Rente nach unterschiedlichen Beitragssätzen zu tragen haben. Dieser Unterschied ist Folge unterschiedlicher allgemeiner Beitragssätze bei den Rechtsvorgängerinnen der Beigeladenen und hier der früher unterschiedlichen Beitragssätze bei der BKK POST in West und Ost. Im übrigen ist eine solche vorübergehende, höchstens ein Jahr dauernde Ungleichbehandlung wegen des großen praktischen Vorteils der hier vertretenen Ansicht hinnehmbar. Auch sonst kommen vergleichbare Unterschiede im Beitragssatz bei Mitgliedern derselben Kasse vor (oben 4 b), wenn auch nicht in derselben Einkommensart.
b) Die beigeladene BKK macht für ihre gegenteilige Auffassung zur Anwendung ihres von der Vereinigung an bestehenden Beitragssatzes geltend, der aktuell geltende Beitragssatz einer neuen Kasse sei bei einem Kassenwechsel, etwa nach Wahl einer anderen Kasse, sogleich anzuwenden und dieses müsse auch hier gelten. Dem folgt der Senat nicht. Ein Kassenwechsel, den ein Versicherter freiwillig vornimmt, unterscheidet sich wesentlich vom vorliegenden Sachverhalt, bei dem das Pflichtmitglied einer Kasse durch eine Vereinigung von Kassen Mitglied einer anderen Kasse wird. Bei einem Kassenwechsel durch Ausübung eines Wahlrechts wird anders als bei der Vereinigung von Kassen die neue Kasse nicht Rechtsnachfolgerin der früheren Kasse. Außerdem folgt der Senat der Ansicht der Beigeladenen nicht, daß bei einem Kassenwechsel durch Ausübung eines Wahlrechts vom Zeitpunkt des Wechsels an der aktuell geltende Beitragssatz der neuen Kasse anzuwenden sei. Vielmehr gilt auch in diesem Fall derjenige Beitragssatz, der bei der neuen Kasse am 1. Januar vor dem Geltungsjahr bestanden hat. Aus Satz 1 des § 247 Abs 1 SGB V ergibt sich zwar, daß vom Kassenwechsel an ein Beitragssatz der neuen Kasse gilt. Welcher Beitragssatz dieses ist, regelt jedoch allein Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V, der den Beitragssatz vom 1. Januar des ersten Kalenderjahres für maßgebend erklärt (ebenso Besprechungsergebnis der Spitzenverbände vom 13./14. Mai 1997, Die Beiträge 1997, 741, 742 oben). Die praktischen Erwägungen, die dem Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V zugrunde liegen (oben 4 c), würden dieses Ergebnis zwar nicht erzwingen. Immerhin kann aber der Rentenversicherungsträger bei einem Kassenwechsel auf den bereits gemeldeten, am 1. Januar geltenden Beitragssatz der neuen Kasse zurückgreifen. Dadurch ist auch gewährleistet, daß bei den neu hinzugekommenen Mitgliedern dieser Kasse derselbe Beitragssatz aus der Rente angewandt wird wie bei den Mitgliedern, die dieser Kasse schon längere Zeit angehören und für die Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V unzweifelhaft gilt.
c) Zu Unrecht beruft sich die beigeladene BKK für ihre Ansicht auf die Gesetzesmaterialien zum 3. SGB V-ÄndG. Soweit sie bereits wiedergegeben sind (oben 4 c), stützen sie jedenfalls für die Vereinigung von Kassen die hier vertretene Ansicht (oben 5 b). Allerdings war im Entwurf des Gesetzes ein weiterer Satz 3 des § 247 Abs 1 SGB V vorgesehen. Danach sollte, wenn bei der Anwendung der Sätze 1 und 2 durch einen Kassenwechsel oder aus vergleichbaren Gründen ein anderer Beitragssatz maßgebend wurde, bis zum Ende des zweiten Kalendermonats nach Eingang der Meldung beim zuständigen Rentenversicherungsträger der bisher anzuwendende Beitragssatz gelten (BT-Drucks 13/340 S 5 mit Begründung S 10). Dieses spricht jedoch dafür, daß durch diesen Satz die Anwendung der Sätze 1 und 2 und damit auch des am 1. Januar geltenden Beitragssatzes der neuen Kasse lediglich hinausgeschoben werden sollte. Im übrigen ist Satz 3 des Entwurfs während des Gesetzgebungsverfahrens gestrichen worden (BT-Drucks 13/807 S 6). Dadurch sollte erreicht werden, daß auch für Rentner und Hinterbliebene der Beitragssatz der neuen Kasse vom Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Kassenwechsels an gelte (BT-Drucks 13/807 S 12). Auch dieses versteht der Senat jedoch nur dahin, daß der nach Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V maßgebende Beitragssatz der neuen Kasse sogleich vom Wechsel an gelten sollte. Selbst wenn die Begründung für die Streichung des Satzes 3 mißverständlich wäre und auch dahin verstanden werden könnte, daß der aktuelle Beitragssatz der neuen Kasse gelten sollte, würde die Begründung für die Streichung des Satzes 3 die Auslegung des unverändert gebliebenen Satzes 2 nicht entscheidend beeinflussen.
d) Die Regelung in Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V über die Maßgeblichkeit des am 1. Januar geltenden Beitragssatzes der Kasse für die Beitragsbemessung im folgenden Geltungsjahr ist zwingend. Die Versicherungsträger dürfen nicht, auch nicht übereinstimmend, von ihr abweichen. Sie können nach § 247 Abs 2 iVm § 201 Abs 6 SGB V lediglich für das Verfahren zur Übermittlung der maßgeblichen Beitragssätze Vereinbarungen treffen. Der maßgebliche Beitragssatz selbst ergibt sich jedoch aus dem Gesetz und steht nicht zu ihrer Disposition. Daher kommt den Besprechungsergebnissen vom 25./26. September 1997 (BKK 1998, 29, 30/31 unter 1. und 2.) und vom 8./9. September 1998 (Die Beiträge 1999, 93, 98 unter 5.) keine entscheidende Bedeutung zu. Darin wird ohne Begründung die Ansicht vertreten, vom Zeitpunkt der Vereinigung der Kassen an gelte der Beitragssatz der neuen Kasse; § 247 Abs 1 Satz 2 SGB V gelte insoweit nicht.
7. Der Senat verkennt nicht, daß seit der Einführung der Regelung über die zeitliche Anwendung der Beitragssätze aus der Rente (oben 4 c) Entwicklungen eingetreten sind, die fragen lassen, ob sie noch ausnahmslos zweckmäßig ist. Sie stammt inhaltlich aus einer Zeit, als noch auf den am 1. Januar maßgebenden durchschnittlichen Beitragssatz aller Kassen abgestellt wurde und Wahlrechte bei Versicherungspflichtigen nur ausnahmsweise bestanden. Obwohl der Gesetzgeber im Gesundheitsstrukturgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266) ab 1996 weitgehende Wahlrechte eingeführt hat und im 3. SGB V-ÄndG vom durchschnittlichen Beitragssatz aller Kassen auf den kasseneigenen Beitragssatz übergegangen ist, hat er die Regelung über die zeitliche Anwendung des Beitragssatzes in Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V nicht modifiziert. Der Senat hält deswegen jedenfalls bei der Vereinigung von Krankenkassen den für die Versicherungspflichtigen am 1. Januar geltenden Beitragssatz ihrer damaligen Kasse im Geltungsjahr für maßgebend.
Hiernach erwies sich die Revision des Klägers als begründet. Das Urteil des LSG war aufzuheben und durch Zurückweisung der Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes, wobei der Senat die Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren nachgeholt hat.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Beitragsanteils zur Krankenversicherung, der von einer Rente einzubehalten ist.
Der 1927 geborene und im Beitrittsgebiet lebende Kläger bezieht von der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Altersrente. Er ist krankenversicherungspflichtig und Mitglied der beigeladenen Betriebskrankenkasse (DIE BKK POST). Bei der BKK POST betrug der allgemeine Beitragssatz am 1. Januar 1997 in den alten Bundesländern 13,3 vH, im Beitrittsgebiet 12,5 vH. Die Beklagte behielt von der Rente des Klägers seinen Eigenanteil am Krankenversicherungsbeitrag ein. Vom 1. Juli 1997 an wandte sie dabei nach § 247 Abs 1 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) den am 1. Januar 1997 im Beitrittsgebiet geltenden allgemeinen Beitragssatz der BKK POST von 12,5 vH an.
Im Frühjahr 1998 wurde der Beklagten mitgeteilt, daß sich DIE BKK POST zum 1. April 1997 mit einer anderen BKK freiwillig vereinigt hatte, ihren Namen weiterführte und der allgemeine Beitragssatz der vereinigten Kasse für die Mitglieder in den alten und neuen Bundesländern übereinstimmend 13,3 vH betrug. Daraufhin berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 16. April 1998 die Rente des Klägers neu, indem sie den einzubehaltenden Beitragsanteil vom 1. Juli 1997 an um monatlich 11,82 DM erhöhte. Sie errechnete daraus für die Zeit von Juli 1997 bis Mai 1998 eine Überzahlung an Rente von 130,02 DM. Diesen Betrag behielt sie ebenso wie die 11,82 DM für den Monat Juni 1998 von der laufenden Rente ein (für Juli 1997 bis Juni 1998 insgesamt 141,84 DM). Der Kläger erhob sowohl bei der beklagten BfA als auch bei der beigeladenen BKK Widerspruch. Er machte geltend, die Vereinigung seiner BKK mit einer wesentlich kleineren anderen BKK und die Erhöhung des Beitragssatzes auf 13,3 vH zum 1. April 1997 änderten nichts daran, daß nach § 247 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Zeit von Juli 1997 bis Juni 1998 der am 1. Januar 1997 geltende allgemeine Beitragssatz seiner Kasse von 12,5 vH (Ost) anzuwenden sei. Die Beigeladene leitete den bei ihr eingegangenen Widerspruch "zuständigkeitshalber" an die Beklagte weiter. Diese wies den Widerspruch gegen ihren Bescheid vom 16. April 1998 mit Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 1999 zurück, weil nach der Vereinigung der Kassen der allgemeine Beitragssatz der vereinigten Kasse maßgebend sei.
Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 1. Dezember 1999 den Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung von 141,84 DM verurteilt. Es hat die Ansicht des Klägers für zutreffend gehalten. Auf die zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 20. Februar 2001 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der Beklagen sei davon auszugehen, daß seit der Vereinigung der Kassen zum 1. April 1997 die früheren Kassen geschlossen und ihre Beitragssätze nicht mehr anzuwenden seien. Vielmehr sei der allgemeine Beitragssatz der neuen Kasse maßgebend.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers. Er rügt die Verletzung des § 247 Abs 1 SGB V.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG vom 20. Februar 2001 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG vom 1. Dezember 1999 zurückzuweisen.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das Urteil des LSG für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist begründet.
1. Das LSG hat das Urteil des SG zu Unrecht aufgehoben. Das SG hat der Klage im Ergebnis zutreffend stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 16. April 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 1999 ist rechtswidrig. Die Beklagte durfte die Rente des Klägers für die Zeit von Juli 1997 bis Juni 1998 nicht im April 1998 neu berechnen, indem sie aufgrund des seit April 1997 geltenden Beitragssatzes der beigeladenen BKK von einem höheren Eigenanteil des Klägers am Krankenversicherungsbeitrag ausging als vorher. Dementsprechend war die Beklagte auch nicht befugt, für die Zeit von Juli 1997 bis Juni 1998 den Unterschied zwischen dem höheren neuen Eigenanteil und dem früheren Eigenanteil gegen den Rentenanspruch des Klägers aufzurechnen und nachträglich (für die Zeit von Juli 1997 bis Mai 1998) oder laufend (im Juni 1998) von der Rente des Klägers einzubehalten. Soweit das in Höhe von 141,84 DM dennoch geschehen ist, hat das SG die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides mit Recht zur Zahlung verurteilt.
2. Der erkennende 12. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) ist für die Entscheidung über die Revision des Klägers zuständig. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt allein von einer Frage zur Beitragsentrichtung in der Krankenversicherung ab, die nach der Geschäftsverteilung des BSG in seine Zuständigkeit fällt. Daran ändert nichts, daß die Beklagte als Rentenversicherungsträger über die krankenversicherungsrechtliche Frage im Rahmen einer Änderung ihres Rentenbescheides entschieden hat. Dadurch wird der Prozeß nicht zu einer Streitigkeit im Leistungsrecht der Rentenversicherung. Die Neuberechnung der Rente ist nur wegen des höheren Einbehalts am Krankenversicherungsbeitrag vorgenommen worden. Bei solchen Sachverhalten hat der Senat schon zum früheren Recht seine Zuständigkeit angenommen (BSG SozR 2200 § 393a Nr 3).
3. Die Beklagte als Rentenversicherungsträger durfte in ihrem Bescheid als Vorfrage über den beim Kläger in der Krankenversicherung anzuwendenden Beitragssatz entscheiden. Dieses setzt die Regelung zum Einzug des Krankenversicherungsbeitrags voraus. Nach § 255 Abs 1 SGB V sind Beiträge, die Versicherungspflichtige wie der Kläger aus ihrer Rente zu tragen haben, von den Trägern der Rentenversicherung bei der Zahlung der Rente einzubehalten. Ist bei der Zahlung der Rente die Einbehaltung von Beiträgen nach Abs 1 unterblieben, sind die rückständigen Beiträge nach Maßgabe des § 255 Abs 2 Satz 1 SGB V aus der weiterhin zu zahlenden Rente einzubehalten. Die Höhe des Einbehalts hängt vom Beitragssatz aus der Rente ab, der sich nach § 247 SGB V richtet. Zwar hat über den für ihr Mitglied maßgebenden Beitragssatz grundsätzlich die Krankenkasse zu entscheiden. Jedenfalls solange wie hier eine förmliche Entscheidung der Krankenkasse über den maßgebenden Beitragssatz nicht vorliegt, kann der Rentenversicherungsträger darüber als Vorfrage entscheiden. Die Gerichte können eine solche Entscheidung in einem Rechtsstreit des Rentners mit dem Rentenversicherungsträger auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen.
4. In der Sache galt für den Kläger in dem Jahr von Juli 1997 bis Juni 1998 (Geltungsjahr), um das es hier allein geht, nicht der Beitragssatz von 13,3 vH, sondern von 12,5 vH. Dieses war der maßgebende Beitragssatz seiner Krankenkasse am 1. Januar 1997. Das ergibt sich aus § 247 Abs 1 SGB V in der Neufassung des Art 1 Nr 8 des 3. SGB V-Änderungsgesetzes (3. SGB V-ÄndG) vom 10. Mai 1995 (BGBl I 678).
a) Nach Satz 1 des § 247 Abs 1 SGB V gilt bei Versicherungspflichtigen wie dem Kläger für die Bemessung der Beiträge aus Renten der allgemeine Beitragssatz der Krankenkasse, deren Mitglied der Versicherungspflichtige während des Geltungsjahres ist (kasseneigener allgemeiner Beitragssatz, § 241 SGB V). Der durchschnittliche allgemeine Beitragssatz aller Krankenkassen galt nach Abs 3 des § 247 SGB V nur bis zum 30. Juni 1997 und damit hier nicht mehr.
b) Nach Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V gilt der Beitragssatz vom 1. Januar jeweils vom 1. Juli des laufenden bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres, dh für ein Geltungsjahr von Jahresmitte zu Jahresmitte. Damit enthält Satz 2 eine Sonderregelung zur zeitlichen Anwendung des nach Satz 1 maßgebenden Beitragssatzes. Satz 2 bestimmt abweichend von der laufenden Geltung des jeweiligen Beitragssatzes, daß der am Stichtag des 1. Januar geltende Beitragssatz zeitlich versetzt erst für das am folgenden 1. Juli beginnende Geltungsjahr und dann unverändert für das gesamte Geltungsjahr wirkt. Demnach sind für das Geltungsjahr Änderungen des Beitragssatzes in der Zeit vom 2. Januar des ersten Kalenderjahres bis zum Ende des Geltungsjahres Mitte des folgenden Kalenderjahres unerheblich. Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V führt dazu, daß für versicherungspflichtige Mitglieder derselben Kasse je nach Art der Einnahmen gleichzeitig unterschiedliche Beitragssätze gelten können: Beim Arbeitsentgelt ist mangels abweichender Regelung der jeweils aktuell geltende Beitragsatz anzuwenden (vgl § 241 Satz 2 SGB V). Bei Renten gilt zeitlich versetzt ein früherer Beitragssatz (§ 247 Abs 1 Satz 2 SGB V). Bei Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen trifft dieses ebenfalls zu (§ 248 SGB V) jedoch mit anderem Stichtag (1. Juli) und anderem Geltungsjahr (Kalenderjahr) als bei den Renten. Das Nebeneinander unterschiedlicher Beitragssätze kann je nach Art der vorhandenen Einnahmen zu einer gewissen Ungleichbehandlung unter den versicherungspflichtigen Mitgliedern derselben Kasse führen. Die Unterschiede sind jedoch in der Regel nur gering, weil die Anwendung unterschiedlicher Beitragssätze jeweils nur befristet wirkt und der Beitragssatz gewöhnlich nur wenig geändert wird.
c) Der Gesetzgeber hat die genannten Unterschiede aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung in Kauf genommen. Schon nach § 247 SGB V in seiner ursprünglichen Fassung des Art 1 des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) galt der damals maßgebende durchschnittliche Beitragssatz aller Krankenkassen, der zum 1. Januar festgestellt worden war, jeweils für das in der Mitte des Kalenderjahres beginnende Geltungsjahr. Dadurch sollten nach der Begründung des Gesetzentwurfs die Rentenversicherungsträger die Möglichkeit erhalten, die Veränderung des Beitragssatzes bei der nächsten Rentenanpassung zu berücksichtigen (BT-Drucks 11/2237 S 226, damals zu § 256 des Entwurfs). Diese Regelung zur zeitlich versetzten Anwendung des maßgebenden Beitragssatzes ist in Satz 2 des § 247 Abs 1 idF des 3. SGB V-ÄndG erhalten geblieben. Das war schon im Entwurf dieses Gesetzes so vorgesehen und ist damit begründet worden, daß Änderungen der anzuwendenden Beitragssätze nur zum Zeitpunkt der Rentenanpassungen wirksam werden sollten, damit der Rentenversicherung unzumutbarer Verwaltungsaufwand erspart bleibe (BT-Drucks 13/340 S 5, 10). Um die Berücksichtigung neuer kasseneigener Beitragssätze bei den jährlichen Rentenanpassungen zum 1. Juli zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber auf die am vorangegangenen 1. Januar geltenden Beitragssätze abgestellt und den Versicherungsträgern so eine Vorlaufzeit von einem halben Jahr bis zum Beginn des Geltungsjahres eingeräumt.
5. Der am 1. Januar eines Kalenderjahres geltende Beitragssatz der Krankenkasse des Versicherungspflichtigen (hier 12,5 vH) ist für das folgende Geltungsjahr auch anzuwenden, wenn sich seine Krankenkasse in der Zeit vom 2. Januar dieses Kalenderjahres und dem Ablauf des folgenden Geltungsjahres (Juni des nächsten Kalenderjahres) mit einer anderen Krankenkasse vereinigt und bei der vereinigten Kasse ein anderer Beitragssatz gilt. Demnach ändern die Vereinigung der BKK des Klägers mit einer anderen BKK zum 1. April 1997 und die Geltung eines anderen allgemeinen Beitragssatzes (13,3 vH) für die vereinigte Kasse den für das Geltungsjahr Juli 1997 bis Juni 1998 maßgebenden Beitragssatz nicht.
a) Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V geht allerdings von dem Regelfall aus, daß die Krankenkasse des Versicherungspflichtigen vom Stichtag (1. Januar) an bis Juni des folgenden Kalenderjahres organisatorisch unverändert bleibt. Das traf hier wegen der Vereinigung der Kassen zum 1. April 1997 nicht zu. Jedoch trat die vereinigte Kasse in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkassen ein (§ 150 Abs 2 Satz 1, § 144 Abs 4 Satz 2 SGB V). Damit gingen die Mitgliedschaften Versicherungspflichtiger einschließlich etwa noch offener Beitragsforderungen und Leistungspflichten auf die vereinigte Kasse über. Es ist kein beachtlicher Grund dafür erkennbar, nur den am 1. Januar geltenden Beitragssatz der früheren Kassen im vorliegenden Zusammenhang nicht mehr anzuwenden. Daß damit ein im Geltungsjahr nicht mehr bestehender Beitragssatz angewandt wird, kommt auch in den Regelfällen des Satzes 2 des § 247 Abs 1 SGB V und bei der Anwendung des § 248 SGB V vor, wird dort vom Gesetzgeber hingenommen und ist auch hier nicht entscheidend. Es überzeugt daher nicht, wenn die Beklagte und die Beigeladene vorbringen, bei einer freiwilligen Vereinigung von BKK seien vom Zeitpunkt der Wirksamkeit der Vereinigung an (hier 1. April 1997) die bisherigen Kassen geschlossen (§ 150 Abs 2 Satz 1, § 144 Abs 4 Satz 1 SGB V) und für die Beitragsbemessung im Geltungsjahr ab Juli 1997 könne ein Beitragssatz einer nicht mehr existierenden Kasse nicht weiter angewandt werden.
b) Auch der Sinn und Zweck des § 247 Abs 1 Satz 2 SGB V spricht dafür, daß bei einer solchen Vereinigung von Kassen der am 1. Januar bei den Rechtsvorgängerinnen der vereinigten Kasse bestehende Beitragssatz für das folgende Geltungsjahr maßgeblich bleibt. Bei dieser Lösung wird das wesentliche Ziel des Satzes 2 des § 247 Abs 1 SGB V, den Verwaltungsaufwand gering zu halten, in vollem Umfang erreicht. Der Beitragssatz vom 1. Januar kann mit einer Vorlaufzeit von einem halben Jahr bei der nächsten Rentenanpassung berücksichtigt werden, wie das hier ursprünglich auch geschehen ist. Für die Versicherten wird eine nachträgliche Korrektur der angepaßten Renten wegen zwischenzeitlicher Änderungen des Beitragssatzes mit der Nachholung von Einbehalten oder von Erstattungen vollständig vermieden. Demgegenüber führt die gegenteilige Ansicht der beteiligten Versicherungsträger dazu, daß nach der Vereinigung von Kassen während des Zeitraums, in dem nach der Regelung in Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V Änderungen des Beitragssatzes unbeachtlich sein sollen, vielfach Neuberechnungen von Renten bei einer großen Zahl von Versicherten vorgenommen werden müssen. Eine ausreichende Vorlaufzeit haben die Rentenversicherungsträger, wenn der Beitragssatz der vereinigten Kasse von der Vereinigung an gelten soll, häufig nicht. Wird die Vereinigung von Kassen mit einem neuen Beitragssatz dem Rentenversicherungsträger wie hier sogar erst kurz vor Ablauf des Geltungsjahres bekannt, so kommt es zu dem unverständlichen Ergebnis, daß der Eigenanteil von Versicherten aus der Rente zu einem Zeitpunkt (April 1998) für ein Geltungsjahr (Juli 1997 bis Juni 1998) korrigiert wird, das schon fast abgelaufen war.
6. Der Senat sieht keine überzeugenden Gründe, die gegen diese Lösung sprechen.
a) Keine wesentliche Bedeutung kommt dem Umstand zu, daß versicherungspflichtige Mitglieder der vereinigten Kasse je nach den unterschiedlichen Beitragssätzen ihrer früheren Kassen nach der Vereinigung der Kassen Beiträge aus der Rente nach unterschiedlichen Beitragssätzen zu tragen haben. Dieser Unterschied ist Folge unterschiedlicher allgemeiner Beitragssätze bei den Rechtsvorgängerinnen der Beigeladenen und hier der früher unterschiedlichen Beitragssätze bei der BKK POST in West und Ost. Im übrigen ist eine solche vorübergehende, höchstens ein Jahr dauernde Ungleichbehandlung wegen des großen praktischen Vorteils der hier vertretenen Ansicht hinnehmbar. Auch sonst kommen vergleichbare Unterschiede im Beitragssatz bei Mitgliedern derselben Kasse vor (oben 4 b), wenn auch nicht in derselben Einkommensart.
b) Die beigeladene BKK macht für ihre gegenteilige Auffassung zur Anwendung ihres von der Vereinigung an bestehenden Beitragssatzes geltend, der aktuell geltende Beitragssatz einer neuen Kasse sei bei einem Kassenwechsel, etwa nach Wahl einer anderen Kasse, sogleich anzuwenden und dieses müsse auch hier gelten. Dem folgt der Senat nicht. Ein Kassenwechsel, den ein Versicherter freiwillig vornimmt, unterscheidet sich wesentlich vom vorliegenden Sachverhalt, bei dem das Pflichtmitglied einer Kasse durch eine Vereinigung von Kassen Mitglied einer anderen Kasse wird. Bei einem Kassenwechsel durch Ausübung eines Wahlrechts wird anders als bei der Vereinigung von Kassen die neue Kasse nicht Rechtsnachfolgerin der früheren Kasse. Außerdem folgt der Senat der Ansicht der Beigeladenen nicht, daß bei einem Kassenwechsel durch Ausübung eines Wahlrechts vom Zeitpunkt des Wechsels an der aktuell geltende Beitragssatz der neuen Kasse anzuwenden sei. Vielmehr gilt auch in diesem Fall derjenige Beitragssatz, der bei der neuen Kasse am 1. Januar vor dem Geltungsjahr bestanden hat. Aus Satz 1 des § 247 Abs 1 SGB V ergibt sich zwar, daß vom Kassenwechsel an ein Beitragssatz der neuen Kasse gilt. Welcher Beitragssatz dieses ist, regelt jedoch allein Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V, der den Beitragssatz vom 1. Januar des ersten Kalenderjahres für maßgebend erklärt (ebenso Besprechungsergebnis der Spitzenverbände vom 13./14. Mai 1997, Die Beiträge 1997, 741, 742 oben). Die praktischen Erwägungen, die dem Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V zugrunde liegen (oben 4 c), würden dieses Ergebnis zwar nicht erzwingen. Immerhin kann aber der Rentenversicherungsträger bei einem Kassenwechsel auf den bereits gemeldeten, am 1. Januar geltenden Beitragssatz der neuen Kasse zurückgreifen. Dadurch ist auch gewährleistet, daß bei den neu hinzugekommenen Mitgliedern dieser Kasse derselbe Beitragssatz aus der Rente angewandt wird wie bei den Mitgliedern, die dieser Kasse schon längere Zeit angehören und für die Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V unzweifelhaft gilt.
c) Zu Unrecht beruft sich die beigeladene BKK für ihre Ansicht auf die Gesetzesmaterialien zum 3. SGB V-ÄndG. Soweit sie bereits wiedergegeben sind (oben 4 c), stützen sie jedenfalls für die Vereinigung von Kassen die hier vertretene Ansicht (oben 5 b). Allerdings war im Entwurf des Gesetzes ein weiterer Satz 3 des § 247 Abs 1 SGB V vorgesehen. Danach sollte, wenn bei der Anwendung der Sätze 1 und 2 durch einen Kassenwechsel oder aus vergleichbaren Gründen ein anderer Beitragssatz maßgebend wurde, bis zum Ende des zweiten Kalendermonats nach Eingang der Meldung beim zuständigen Rentenversicherungsträger der bisher anzuwendende Beitragssatz gelten (BT-Drucks 13/340 S 5 mit Begründung S 10). Dieses spricht jedoch dafür, daß durch diesen Satz die Anwendung der Sätze 1 und 2 und damit auch des am 1. Januar geltenden Beitragssatzes der neuen Kasse lediglich hinausgeschoben werden sollte. Im übrigen ist Satz 3 des Entwurfs während des Gesetzgebungsverfahrens gestrichen worden (BT-Drucks 13/807 S 6). Dadurch sollte erreicht werden, daß auch für Rentner und Hinterbliebene der Beitragssatz der neuen Kasse vom Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Kassenwechsels an gelte (BT-Drucks 13/807 S 12). Auch dieses versteht der Senat jedoch nur dahin, daß der nach Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V maßgebende Beitragssatz der neuen Kasse sogleich vom Wechsel an gelten sollte. Selbst wenn die Begründung für die Streichung des Satzes 3 mißverständlich wäre und auch dahin verstanden werden könnte, daß der aktuelle Beitragssatz der neuen Kasse gelten sollte, würde die Begründung für die Streichung des Satzes 3 die Auslegung des unverändert gebliebenen Satzes 2 nicht entscheidend beeinflussen.
d) Die Regelung in Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V über die Maßgeblichkeit des am 1. Januar geltenden Beitragssatzes der Kasse für die Beitragsbemessung im folgenden Geltungsjahr ist zwingend. Die Versicherungsträger dürfen nicht, auch nicht übereinstimmend, von ihr abweichen. Sie können nach § 247 Abs 2 iVm § 201 Abs 6 SGB V lediglich für das Verfahren zur Übermittlung der maßgeblichen Beitragssätze Vereinbarungen treffen. Der maßgebliche Beitragssatz selbst ergibt sich jedoch aus dem Gesetz und steht nicht zu ihrer Disposition. Daher kommt den Besprechungsergebnissen vom 25./26. September 1997 (BKK 1998, 29, 30/31 unter 1. und 2.) und vom 8./9. September 1998 (Die Beiträge 1999, 93, 98 unter 5.) keine entscheidende Bedeutung zu. Darin wird ohne Begründung die Ansicht vertreten, vom Zeitpunkt der Vereinigung der Kassen an gelte der Beitragssatz der neuen Kasse; § 247 Abs 1 Satz 2 SGB V gelte insoweit nicht.
7. Der Senat verkennt nicht, daß seit der Einführung der Regelung über die zeitliche Anwendung der Beitragssätze aus der Rente (oben 4 c) Entwicklungen eingetreten sind, die fragen lassen, ob sie noch ausnahmslos zweckmäßig ist. Sie stammt inhaltlich aus einer Zeit, als noch auf den am 1. Januar maßgebenden durchschnittlichen Beitragssatz aller Kassen abgestellt wurde und Wahlrechte bei Versicherungspflichtigen nur ausnahmsweise bestanden. Obwohl der Gesetzgeber im Gesundheitsstrukturgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266) ab 1996 weitgehende Wahlrechte eingeführt hat und im 3. SGB V-ÄndG vom durchschnittlichen Beitragssatz aller Kassen auf den kasseneigenen Beitragssatz übergegangen ist, hat er die Regelung über die zeitliche Anwendung des Beitragssatzes in Satz 2 des § 247 Abs 1 SGB V nicht modifiziert. Der Senat hält deswegen jedenfalls bei der Vereinigung von Krankenkassen den für die Versicherungspflichtigen am 1. Januar geltenden Beitragssatz ihrer damaligen Kasse im Geltungsjahr für maßgebend.
Hiernach erwies sich die Revision des Klägers als begründet. Das Urteil des LSG war aufzuheben und durch Zurückweisung der Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes, wobei der Senat die Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren nachgeholt hat.
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