L 2 U 20/97

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 14 U 99/96
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 20/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. Janaur 1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung und Entschädigung eines Unfalls aus dem Jahre 1989 als Arbeitsunfall.

Der am ...1960 geborene Kläger erlitt am 16.12.1989 bei einem Fußballhallenturnier eine Verletzung des linken Kniegelenkes, als er beim Kampf mit einem Gegenspieler um den Ball stürzte. Nach der Unfallmeldung vom 18.12.1989 wurde der Unfall als Arbeitsunfall (Unfall bei organisierter gesellschaftlicher Tätigkeit) anerkannt (VA Bl. 38).

Am 14.9.1991 kam es - erneut beim Fußballspielen - durch eine schnelle Drehung (ohne Einwirkung eines Gegenspielers) zu einer Distorsion des linken Kniegelenks (VA Bl. 45). Nach dem D-Arzt-Bericht von Dr. R ... vom 13.10.1994 (bei der Bau-Berufsgenossenschaft am 19.10.1994 eingegangen, VA Bl. 5) hatte der Kläger seit dem Unfall im Jahre 1989 keinen Halt im Knie. Ohne weitere Verletzung seien gehäufte Punktationen erforderlich geworden. Anlässlich einer Überweisung am 16.6.1994 habe er einen intraartikulären blutig-serösen Erguss festgestellt; die am 21.9.1994 vorgenommene Arthroskopie habe eine alte Kreuzbandverletzung (Korbhenkelriss des mittleren Meniskus) ergeben. Es könne ein Zusammenhang mit dem früheren Unfall des Jahres 1989 angenommen werden.

Durch Bescheid vom 01.09.1995 wurde die Anerkennung und Entschädigung des Unfalls abgelehnt, der Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 14.03.1996 zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger am 15.04.1996 das Sozialgericht Leipzig (SG) angerufen. Auch für den Unfall vom 16.12.1989 müsse Versicherungsschutz gewährt werden, da er bereits nach dem Recht der DDR zu diesem Zeitpunkt unter Versicherungsschutz gestanden habe.

Mit Urteil vom 16. Januar 1997 hat das SG die Klage abgewiesen. Gem. § 1150 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) i.V.m. § 215 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) gälten Unfälle und Krankheiten, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten seien und die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Arbeitsunfälle der Sozialversicherung gewesen seien, als Arbeitsunfälle im Sinne des Dritten Buches. Dies gelte jedoch nicht für Unfälle, die einem ab 1. Januar 1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger der Unfallversicherung erst nach dem 31. Dezember 1993 bekannt geworden seien und die nach dem Dritten Buch nicht zu entschädigen wären. Diese Vorschrift schreibe die Zuordnung als Arbeitsunfall nach dem Recht der ehemaligen DDR fort, jedoch nur für solche Unfälle, die bis zum 31. Dezember 1993 einem ab 1. Januar 1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger der Unfallversicherung bekannt geworden seien. Sie nehme Arbeitsunfälle, die erst nach diesem Zeitpunkt dem nach neuem Recht zuständigen Träger der Unfallversicherung gemeldet worden seien, von einer Entschädigung aus, wenn sie lediglich nach dem Recht der ehemaligen DDR als Arbeitsunfälle gegolten hätten, aber nach dem nunmehr geltenden Recht der Reichsversicherungsordnung bzw. des SGB VII nicht mehr als Arbeitsunfälle zu entschädigen seien. Dies sei hier der Fall. Der bei dem Fußballhallenturnier eingetretene Unfall sei erst durch Meldung am 19.10.1994 über die Bau-BG der Beklagten bekannt worden. Unbeschadet, ob es sich bei diesem Unfall um einen entschädigungspflichtigen Arbeitsunfall nach dem Recht der DDR gehandelt habe, komme eine Entschädigung nicht mehr in Betracht, da das in Frage stehende Ereignis nicht nach dem Dritten Buch der Reichsversicherungsordnung bzw. nach § 2 SGB VII unter Versicherungsschutz stehen könne. Die vorliegende Sache gehöre nicht mehr zu den Unfällen, die übergangsweise, d. h. im Falle einer Meldung bis zum Ablauf des Jahres 1993, nach der gesetzlichen Regelung des § 1150 RVO, entschädigt würden, obwohl sie nach dem nun geltenden Recht der RVO bzw. des SGB VII nicht entschädigungspflichtig seien.

Gegen das ihm am 5.2.1997 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5.3.1997 Berufung eingelegt. Der Unfall habe sich an einem Sonnabend zugetragen. Der Kläger habe in der Mannschaft der Starkstrommeisterei gegen eine andere Mannschaft aus dem Bereich der Deutschen Reichsbahn gespielt. In dem Turnier habe die Teilnehmer-Mannschaft für das Folgeturnier ermittelt werden sollen. Das Spiel habe in der Ingenieurhochschule in E ... stattgefunden. Arbeitsort des Klägers sei A ... gewesen.

Arbeitsunfälle im Sinne des § 548 RVO seien auch solche Unfälle, welche sich beim Betriebssport ereigneten. Turniere, wie dasjenige, bei welchem der Unfall geschehen sei, seien innerhalb der DR ungefähr 3 bis 5 mal im Jahr ausgetragen worden. Organisiert worden seien diese Veranstaltungen von der Betriebssportgemeinschaft Lokomotive Z ..., einer Betriebssportgemeinschaft der Deutschen Reichsbahn (DR). Der Kläger habe der Kommission angehört, die den Betriebssport organisiert habe. Diese Kommission habe sich einmal im Monat getroffen. Nach der Rechtsprechung des BSG sei ein Unfall, der sich während des Betriebssports ereigne, wie ein Arbeitsunfall zu entschädigen. Sollte man aufgrund des Wochentags und Austragungsorts des Fußballspiels der Meinung sein, es handele sich nicht um Betriebssport, müsste immer noch berücksichtigt werden, dass es sich um eine Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt habe, an welcher der Betrieb beteiligt gewesen sei. Auch dies genüge, um den Unfall als Arbeitsunfall anzusehen.

Der Kläger sei um die Jahreswende 1989/90 2 Monate arbeitsunfähig gewesen. Ein Jahr später habe er aus ähnlichem Anlass einen weiteren Unfall erlitten, ein dritter Unfall, bei dem das Knie im Mitleidenschaft gezogen worden sei, habe sich am 01.02.1993 ereignet. Nach einem Unfall am 11.03.1996 sei der Kläger operiert worden.

Die Beklagte hält dem entgegen, für die Anerkennung eines solchen Unfalles als Arbeitsunfall müsse nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes die sportliche Tätigkeit einem Ausgleichszweck dienen, sie dürfe keinen Wettkampfcharakter haben, der Teilnehmerkreis müsse auf Betriebsangehörige beschränkt sein und der Sport müsse regelmäßig betrieben werden, wobei die Trainingszeiten in einem dem Ausgleichszweck entsprechenden Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehen müssten.

Im vorliegenden Fall habe sich der Unfall am Sonnabend während eines Hallenturniers ereignet, in dem sich die Mannschaften für ein weiteres Turnier qualifizieren sollten. Die genannten Voraussetzungen seien nicht kumulativ erfüllt, da hier eindeutig der Wettkampfcharakter im Vordergrund stehe und demnach weder der Ausgleichszweck erfüllt noch der zeitliche Zusammenhang (Wochenende) gegeben sei.

Der Kläger vertritt demgegenüber die Auffassung, die nach Meinung der Beklagten maßgeblichen Kriterien für die Anerkennung als Arbeitsunfall lägen vor, so hätten die Fußballspiele einem Ausgleichszweck gedient. Der Zusammenhang mit der Arbeit sei vorhanden, wie sich schon aus der beschriebenen Organisation ergebe. Das BSG habe den Unfallversicherungsschutz auch dann anerkannt, wenn der Sport an einem freien Sonnabend stattgefunden habe (so Schwede, Arbeitsrecht im Betrieb 1997, 436 unter Hinweis auf BSG USK 79152). Bei der Veranstaltung habe es sich um ein Treffen verschiedener Mannschaften aus dem Bereich der DR gehandelt. Im Gegensatz zur Ansicht der Beklagten hätten die Spiele auch keinen Wettkampfcharakter gehabt. Es sei anerkannt, dass Mannschaftssportarten auch dem Ausgleichszweck dienen könnten. Nach der Rechtsprechung des BSG werde lediglich eine "überwiegende Wettkampftätigkeit" von der Unfallversicherung ausgenommen. Fußballspielen diene jedoch auch einem Ausgleichszweck (so BSGE 41, 145). Der Teilnehmerkreis sei auch auf Betriebsangehörige der DR beschränkt gewesen. Innerhalb der Dienststelle sei auch regelmäßig Fußball gespielt worden. Einmal im Monat sei die Mannschaft der Dienststelle gegen andere Mannschaften aus dem Bereich der DR angetreten. Regelmäßig einmal in der Woche sei auch trainiert worden.

Die Beklagte meint dazu, es sei unerheblich, ob der Unfall des Klägers vom 16.12.1989 entsprechend des Bescheides der Betriebsgewerkschaftsleitung des FDGB vom 08.01.1990 als Arbeitsunfall anerkannt worden sei. Da der Unfall erst nach dem 31.12.1993 bekannt geworden sei, komme es allein darauf an, ob er nach dem Recht der RVO (§ 548 f. RVO) anzuerkennen sei, was verneint werden müsse. Der Kläger habe hierzu ausgesagt (Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 24.07.1997), es habe sich um ein Turnierspiel gehandelt, welches ungefähr drei- bis fünfmal im Jahr ausgetragen worden sei und der Ermittlung, welche Mannschaft bei Stadtmeisterschaften teilnehme, habe dienen sollen. Bei einer Veranstaltung im Turnus von drei- bis fünfmal im Jahr fehle jedoch die nach dem vom Bundessozialgericht aufgestellten Grundsätzen erforderliche gewisse Regelmäßigkeit, da es sich offensichtlich um ein Sportereignis aus besonderem Anlass gehandelt habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 16.1.1997 mit dem Bescheid vom 01.09.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 16.12.1989 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen, insbesondere eine Verletztenrente für die Zeit ab 01.01.1992 nach einer MdE um mindestens 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat den Kläger zu den Vorgängen befragt und die früheren Arbeitskollegen und Mitspieler, Herrn S ... M ... und Herrn U ... F ... als Zeugen vernommen. Wegen des Inhalts der Aussagen wird auf die Niederschrift vom 7.9.2000 Bezug genommen (LSG-Akten Bl. 114 bis 120).

Nach Ansicht des Klägers haben die Aussagen der Zeugen F ... und M ... zweifelsfrei ergeben, dass es sich bei der Sportveranstaltung, während deren Verlaufes er sich seine Verletzung zugezogen habe, um eine sportliche Betätigung von Betriebsangehörigen gehandelt habe, die im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts einer Versichertentätigkeit gleichzustellen sei. Hierfür spreche, dass nach Aussagen der Zeugen die Veranstaltungen in einer gewissen Regelmäßigkeit stattgefunden hätten, die von einem eigens hierfür tätigen Angestellten des Betriebes organisiert worden seien und deren Teilnehmer sich ausschließlich aus der Belegschaft des Betriebes (hier VEB Starkstrommeisterei) rekrutiert hätten.

Im Übrigen werde nochmals darauf hingewiesen, dass ein noch zu DDR-Zeiten ergangener Bescheid der BGL der Starkstrommeisterei Aue vom 08.01.1990, nach dem der Unfall des Klägers als Arbeitsunfall anerkannt worden sei, vorliege. Dieser Bescheid sei gemäß Art. 19 des Einigungsvertrages in Bestandskraft erwachsen; eine Überprüfung der Richtigkeit des Bescheides sei somit ausgeschlossen (Hinweis auf BSG, 2 RU 24/94; B 2 U 8/98 R). Dem stehe auch nicht die Regelung des § 1150 Abs. 1 RVO entgegen. Nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift könne jene Frist lediglich für solche Fälle gelten, die nicht gemäß dem Recht der DDR als Arbeitsunfall festgestellt worden seien. Der für das Beitrittsgebiet zuständige Träger der Unfallversicherung habe nicht mit Unfällen konfrontiert werden sollen, die nicht gemäß § 220 des Arbeitsgesetzbuches der DDR von den hierfür zustehenden Organen überprüft worden seien, um nicht mit einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand belastet zu werden. Dieses Argument greife jedoch dann nicht, wenn bereits ein bindender Bescheid der DDR über die Ablehnung bzw. Anerkennung eines Unfalles als Arbeitsunfall vorliege, da hier bereits eine Überprüfung des Sachverhaltes stattgefunden habe. Eine andere Interpretation laufe Art. 19 Einigungsvertrag zuwider, was zum einen als ein Verstoß gegen höherrangiges Recht unzulässig, und zum anderen vom Gesetzgeber auch nicht beabsichtigt gewesen sei, wie aus § 1148 RVO hervorgehe. Im Übrigen ergebe sich diese Schlussfolgerung auch aus dem Prinzip des Vertrauensschutzes, da der Kläger nach Erlass des Bescheides der BGL darauf habe vertrauen dürfen, dass der Unfall als Arbeitsunfall anerkannt und entschädigt werde.

Dem Senat liegen neben den Prozessakten beider Rechtszüge die Verwaltungsakten vor.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.

Die fristgemäß eingelegte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu.

Der erhobene Anspruch richtet sich nach den Vorschriften der RVO, weil die geltend gemachte Erkrankung und damit der Versicherungsfall nur vor dem In-Kraft-Treten des SGB VII am 01.01.1997 eingetreten sein können.

Gemäß § 1150 Abs. 2 Satz 1 RVO gelten Unfälle und Krankheiten, die vor dem 01.01.1992 aufgetreten sind und die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten in der Sozialversicherung waren, als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Gemäß § 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RVO gilt dies nicht für Unfälle und Krankheiten, die einem ab 01. Januar 1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger der Unfallversicherung erst nach dem 31.12.1993 bekannt werden und die nach dem Dritten Buch der RVO nicht zu entschädigen wären.

Da der Kläger den geltend gemachten Unfall bereits im Jahre 1989 und damit vor dem 01.01.1992 erlitt, kommt von vornherein nur die Anwendung des Rechtes der DDR in Betracht. Jedoch ist der geltend gemachte Anspruch der Beklagten erst nach dem 31.12.1993 bekannt geworden, so dass maßgeblich die Regelung von § 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RVO ist mit der Folge, dass sowohl ein Arbeitsunfall nach dem Recht der DDR als auch ein solcher nach dem Recht der RVO vorliegen müsste, wobei dem Bundesrecht Vorrang zukommt, da nur dann, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind, die Regeln des Rechts der DDR zum Tragen kommen können.

Auf das Einhalten dieser Frist kann nicht etwa deshalb verzichtet werden, weil der Unfall seinerzeit als Arbeitsunfall anerkannt worden ist. Dies hat der Senat schon bisher so entschieden, diese Auffassung wird nunmehr auch vom Bundessozialgericht (BSG) geteilt (Urteil v. 19.12.2000 - B 2 U 8/00 R). Auch wenn der Kläger selbst von den Folgen der Verletzung erst am 21.09.1994 anlässlich einer Operation erfahren hat und davon, dass die bei ihm festzustellende Schädigung auf den Unfall von 1989 zurückzuführen sei, so zeigt dies nur, dass diese eben nicht "gravierend", sondern für ihn unbemerkbar geblieben waren, weswegen sich für ihn schon aus diesem Grund kein Vertrauenstatbestand, etwa in Form einer Rentenleistung hat bilden können.

Bei dem Unfall handelte es sich um einen sog. "Sportunfall" (Unfall bei organisierter gesellschaftlicher Tätigkeit) im Sinne der Verordnung über den erweiterten Versicherungsschutz vom 11.4.1973 und nicht um einen Arbeitsunfall nach dem Recht der DDR (s. den Unfallmeldebogen BG-Akten Bl. 38). Sportunfälle dieser Art unterliegen nicht dem Versicherungsschutz nach dem Recht der RVO. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn es sich zugleich um einen Unfall im Sinne der für den "Betriebssport" geltenden Regeln gehandelt hätte. Doch auch diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wie die Zeugenvernehmung ergeben hat. Schulin (Handbuch des Sozialversicherungsrecht, Bd. 2 Unfallversicherungsrecht, 1. Aufl. 1996, § 30 Rn. 79 bis 83) hat die Rechtsprechung des BSG im Wesentlichen wie folgt zusammengefasst:

Unter bestimmten Voraussetzungen steht auch eine Teilnahme am Betriebssport der versicherten Tätigkeit gleich. Bis auf das Kriterium der unternehmensbezogenen Organisation sind alle Voraussetzungen seit der grundlegenden Entscheidung des BSG von 1961 (BSGE 16,1) im wesentlichen außer Streit und allgemein anerkannt. Zunächst muss die Sportart "dem Ausgleich für die körperliche, geistige oder nervliche Belastung durch die Betriebstätigkeit dienen, nicht dagegen der Teilnahme am allgemeinen sportlichen Wettkampfverkehr oder der Erzielung von Spitzenleistungen". In Betracht kommen so gut wie alle Sportarten, also nicht nur (meist wenig attraktive) "Lockerungsübungen und dergleichen", sondern durchaus auch Fußball, Boxen oder Skilaufen. Wesentlicher ist die andere Voraussetzung, dass die Ausgleichsfunktion nicht zu stark von einem Wettkampfcharakter verdrängt wird. Aber auch dies ist nur dann der Fall, wenn der Wettkampfcharakter im Vordergrund steht, während nur gelegentlich durchgeführte Wettkämpfe den Versicherungsschutz nicht ausschließen. Bei Fußball und vergleichbaren Sportarten handelt es sich überdies bereits ihrer Natur nach um Spiele. Hier stellt daher für das BSG nicht der Wettkampfcharakter als solcher das entscheidende Abgrenzungskriterium dar, sondern der unternehmensorganisatorische Bezug. Auch in der sozialrechtlichen Literatur wird die Meinung vertreten, der allgemeine Wettkampfcharakter stehe dem Versicherungsschutz nicht entgegen (z.B. Gitter, SGb, 1990, 393, 396 f.). Die zweite Voraussetzung für einen Unfallversicherungsschutz besteht darin, dass die sportliche Betätigung der Versicherten mit einer gewissen Regelmäßigkeit stattfindet. Dieses Erfordernis folge ohne weiteres aus dem Wesen des Ausgleichssport, welcher der Tag für Tag wiederkehrenden Belastung durch die Betriebstätigkeit entgegenwirken solle. Während ein wöchentlicher Turnus als zu streng angesehen wird, hält man monatliche Abstände für die "äußerste Grenze".

Als dritte Voraussetzung verlangt das BSG "einen dem Ausgleichszweck entsprechenden Zusammenhang mit der Betriebsarbeit", der "durch einen im Wesentlichen auf Betriebsangehörige beschränkten Teilnehmerkreis sowie durch die der Betriebsarbeit entsprechende Zeit und Dauer der Übungen begründet" wird. Dabei kommt - vor allem bei kleineren Unternehmen - auch in Betracht, dass sich mehrere Betriebssportgemeinschaften "zu gemeinsamer Durchführung einer Ausgleichszwecken dienenden regelmäßigen Betätigung zusammengeschlossen haben". An diesem Erfordernis - nicht am Wettkampfcharakter - sollen nach der Rechtsprechung des BSG der Versicherungsschutz bei der Teilnahme an einer Betriebssportveranstaltung scheitern, an der Sportgemeinschaften auch anderer Unternehmen beteiligt sind und die nicht regelmäßig stattfinden, wie z. B. an Fußball-Pokalspielen.

Unverzichtbar ist schließlich nach Ansicht des BSG, dass der Betriebssport "durch eine unternehmensbezogene Organisation gekennzeichnet ist". Das Unternehmen muss einen nicht ganz unbedeutenden tatsächlichen Einfluss auf die betriebssportliche Organisation haben. Ist dies der Fall, steht einem Versicherungsschutz nicht entgegen, wenn ein betrieblicher Sportklub auf Initiative von Arbeitnehmern und (nur) in Form eines rechtlich selbständigen Vereins organisiert ist. In der Regel wird dabei der Einfluss über die finanzielle Förderung gewährleistet sein. Dieses Erfordernis der unternehmensbezogenen Organisation dient "in erster Linie der Abgrenzung gegenüber Vereinen und sonstigen Einrichtungen, die mit dem Unternehmen nicht in Beziehung stehen", also vor allem allgemeinen Sportvereinen. Letztlich geht es um die unfallversicherungsrechtliche Abgrenzung gegenüber dem allgemeinen Lebensrisiko der "allgemeinen" sportlichen Betätigung, die ja fast immer auch einen körperlichen Ausgleichseffekt gegenüber der Arbeitsbelastung hat. Liegen die genannten Voraussetzungen vor, werden vom Unfallversicherungsschutz nicht nur die eigentlichen sportlichen Betätigungen, sondern - wie auch in anderen Fällen - die sachdienlichen Handlungen davor und danach sowie die Wege zu und von den Veranstaltungen geschützt.

Es sind jedoch nicht sämtliche dieser genannten Voraussetzungen im Falle des Klägers erfüllt, wie sich aus den Angaben der im Berufungsverfahren gehörten Zeugen ergibt.

Ohne weiteres gegeben ist zwar die Bedingung des beschränkten Teilnehmerkreises und der unternehmensbezogenen Organisation. Insoweit haben die Zeugen übereinstimmend ausgesagt, dass der Teilnehmerkreis auf die Reichsbahnangehörigen - tatsächlich in Betracht kam nur die Beschäftigten im Bereich der Dienststellen Zwickau - beschränkt gewesen war und dass die Organisation der Spiele durch einen Bediensteten der DR - Herrn R ... - erfolgte, der diese Aufgabe sogar hauptamtlich wahrnahm.

Auch den Ausgleichscharakter haben die Zeugen bestätigt. Herr M ... hat formuliert: "Der Sport diente der Erhaltung der Gesundheit und auch dazu, dass er den Zusammenhang in den Kollektiven verbessert". Herr F ... hat dazu angegeben: "Von den im Formular genannten drei Möglichkeiten [Ausgleichszweck, Wettkampf, Erzielung von Spitzenleistungen] kommt nur der Ausgleichszweck in Betracht. Es handelt sich um Volkssport".

Die Anerkennung als Betriebssport scheitert jedoch am Fehlen der Erfüllung der Voraussetzungen des Kriteriums der Regelmäßigkeit. Hier wäre ein wenigstens monatlicher Rhythmus erforderlich, aber auch ausreichend gewesen. So oft fanden die Turniere jedoch nicht statt, und auch die Vorbereitungen dazu erfolgten nicht in diesen Abständen. Das hat die Zeugenvernehmung eindeutig ergeben.

Der Kläger hat zwar im Laufe des Verfahrens vorgetragen (Schr. v. 30.9.1997), man habe regelmäßig einmal in der Woche trainiert und einmal im Monat sei eine Mannschaft der Dienststelle gegen eine andere angetreten, doch hat dies die Zeugenvernehmung nicht bestätigt.

Der Kläger selbst hat im Termin am 7.9.2000 angegeben, trainiert habe man "eigentlich gar nicht" (Protokoll S. 4, LSG-Akten Bl. 117). Auch der Zeuge Herr F ... hat ausgesagt, es sei nicht regelmäßig trainiert worden (S. 6, Bl. 119). Die Aussagen haben ferner ergeben, dass die Turniere allenfalls zweimal im Jahr an Wochenenden stattfanden. Anhaltspunkte dafür, dass die Spiele regelmäßig wenigstens einmal im Monat stattfanden, hat der Beweistermin nicht ergeben. Der Kläger hat sogar ausdrücklich verneint, dass die Spiele regelmäßig stattgefunden hätten ("Die Spiele fanden eher unregelmäßig statt, in größeren oder kleineren Abständen", S. 2, Bl. 116). Auch die Zeugen haben allein von den Turnieren berichtet. Damit aber handelte es sich nicht mehr um einen als Arbeitsunfall zu qualifizierenden Betriebssportunfall, da es am Unternehmensbezug fehlte. Im Vordergrund und letztlich allein maßgebend stand die private sportliche Betätigung, auch wenn diese von der Organisation der DR gefördert wurde. Dies aber entsprach dem damaligen allgemeinen sportpolitischen Ziel, den Volkssport zu fördern.

Schließlich handelte es sich auch nicht um einen Unfall anlässlich einer einzelnen Gemeinschaftsveranstaltung. Dazu wäre erforderlich, dass das Turnier von einem wesentlichen Teil der Belegschaft besucht worden wäre (s. zu diesem Erfordernis Leube, in Kater/Leube, SGB VII, Rn. 95 zu § 2 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung zur RVO). Tatsächlich aber waren als Zuschauer lediglich die Angehörigen der Spieler anwesend (Uwe Feyer, S. 6, Bl. 119).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved