Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 5 U 252/95
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 21/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 23. Januar 1998 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Wirbelsäulenerkrankung des Klägers als Berufskrankheit anzuerkennen ist und ob ihm eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusteht.
Der am ... geborene Kläger war von November 1966 bis April 1991 als Kraftfahrer tätig, zunächst noch als Wehrpflichtiger in der NVA, ab Mai 1968 für den VEB R ... W ... und ab August 1973 für den VEB H ... D ..., Betriebsteil Z ..., später D ... T ... S ... GmbH. Der berufliche Einsatz des Klägers beschränkte sich nicht auf das Fahren von Fahrzeugen. Insbesondere ab August 1973, war seine Beschäftigung als Berufskraftfahrer im St ... (Obst, Gemüse, Waren des täglichen Bedarfs), überwiegend durch Transportarbeitertätigkeiten geprägt. Die Kisten, Pakete, das Stück- und Sackgut sowie die Kästen mit Milchflaschen wogen zwischen 15 kg und - im Falle des Sackgutes - bis zu 75 kg. Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beigeladenen zu 1 ermittelte folgende Einzeltätigkeiten und deren Umfang im Ablauf eines durchschnittlichen Arbeitstages: 4 Stunden fahren, 2 ½ Stunden LKW entladen, 1 Stunde LKW beladen, 30 Minuten Stückgut auf dem LKW umstapeln. Der TAD schloss daraus, dass der Kläger vom 20.8.1973 bis 30.4.1991 eine die Wirbelsäule besonders belastende Tätigkeit ausgeübt hat. Der Kläger gab später an, dass er 2 Stunden gefahren sei, 2 Stunden den LKW beladen habe, 1 ½ Stunden Stückgut auf dem LKW umgestapelt habe und 3 Stunden für das Entladen des LKW benötigt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 70 bis 73 der Beklagtenakte und auf Blatt 9 der SG-Akte verwiesen. Die Arbeitgeberangaben waren unergiebig. In einem Schreiben des Arbeitsamtes Bautzen wurde mitgeteilt, das Arbeitsverhältnis des Klägers sei aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen (Stilllegung) durch Kündigung beendet worden.
Der Kläger befand sich vordringlich wegen eines Nacken-Schulter-Arm-Syndroms mit linksseitigem Schulterblattknarren, aber auch wegen eines lokalen Lumbalsyndroms vom 20.2.1984 bis 31.3.1984 in stationärer Behandlung. Eine deutliche Besserung des Nacken-Schulter-Arm-Syndroms während der stationären Behandlung ist dokumentiert (Blatt 48 der Beklagtenakte). Weitere orthopädische Befunde liegen weder für die Zeit davor noch danach bis 1991 vor. Mit den Schreiben vom 30.10.1991 und vom 21.9.1992 zeigte Dipl.-Med. K ... zunächst gegenüber der Beigeladenen zu 2 und danach der Beigeladenen zu 1 (von dieser an die Beklagte weitergeleitet) den Verdacht einer Berufskrankheit an und teilte als Diagnosen mit: degenerative Veränderungen der HWS und LWS mit rezidivierenden Lumbalgien und Nacken-Schulter- Arm-Syndrom. Die Beklagte holte bei Dipl.-Med. K ... einen Befundbericht ein, dem eine Kurzinterpretation von Röntgenaufnahmen der HWS und der LWS vom 20.3.1991 beigefügt war. Inzwischen war der Kläger im Auftrag des Arbeitsamtes von Dr. H ... am 13.10.1992 untersucht worden, der den Kläger nicht mehr als Kraftfahrer für einsetzbar hielt, weil eine derartige Tätigkeit immer mit Heben und Tragen von Lasten verbunden sei, die schwerer als 3 bis 5 kg seien (Blatt 26 bis 28 der Beklagtenakte). Die Beklagte bestellte Prof. Dr. F ... zum orthopädischen Sachverständigen, der aufgrund der ambulanten Untersuchung des Klägers und der vorliegenden Röntgenaufnahmen vom 21.2.1984 (M ...-U ...-Haus R ...) und vom 12.3.1991 (Kreispoliklinik Z ...) sowie aktueller Röntgenbilder vom 10.2.1995 in seinem Gutachten vom 15.2.1995 zu dem Ergebnis gelangte, der Kläger leide unter einem lokalen lumbalen vertebragenen Schmerzsyndrom auf der Grundlage einer Osteochondrose bei L5/S1, L4/5 und L3/4 (dort erst beginnend) sowie einer beginnenden Spondylosis deformans. Klinisch wurde am Untersuchungstag ein paravertebraler Druckschmerz am dorso-lumbalen Übergang und in Höhe von L3 bis L5 sowie ein lumbaler Muskelhartspann festgestellt. Die BWS und die LWS waren in allen Freiheitsgraden in ihrer Beweglichkeit nicht eingeschränkt. Das Zeichen nach Schober ergab 10/14 cm, das Zeichen nach Ott 30/32 cm. Die Zeichen nach Lasègue und Bragard waren insgesamt negativ. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 81 bis 91 der Beklagtenakte verwiesen. Er bejahte das Vorliegen einer Berufskrankheit im Sinne der BK-Nr. 2108 der bundesdeutschen Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) und bewertete die Beschwerden des Klägers im LWS-Bereich durchgängig seit 1991 mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 10 v.H.
In seiner ersten gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 9.5.1995 empfahl Dr. N ..., ein weiteres Gutachten bei Dr. O ... einzuholen, weil die Untersuchung durch Prof. Dr. F ... nahezu keine lumbalen Funktionseinschränkungen ergeben habe und die Röntgenaufnahmen nur diskrete degenerative Veränderungen zeigten. Außerdem habe der Kläger seine Tätigkeit nicht krankheitsbedingt aufgegeben. Er könne sich daher der Beurteilung von Prof. Dr. F ... nicht anschließen (Blatt 96 der Beklagtenakte). Dr. O ... wandte in einem Kurzgutachten nach Aktenlage ein, der Kläger habe Schmerzen im Bereich der gesamten Wirbelsäule angegeben, was erfahrungsgemäß für eine endogene Verursachung spreche. Im Übrigen schloss er sich den Argumenten von Dr. N ... an (Blatt 100 der Beklagtenakte). In seiner zweiten Stellungnahme verneinte nunmehr Dr. N ... die Kausalität zwischen wirbelsäulenbelastender Tätigkeit und den Veränderungen der LWS und sah die Voraussetzungen einer Berufskrankheit nach DDR-Recht [Nr. 70 der Anlage zur 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten (Liste der Berufskrankheiten) vom 21.4.1981 (im Folgenden: BK-Nr. 70 BKVO-DDR)] nicht als gegeben an (Blatt 104 der Beklagtenakte).
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19.7.1995 die Gewährung von Leistungen ab. Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe täglich rund 8 Tonnen Lasten in Zwangshaltung bewegt. Hierdurch sei die Wirbelsäule im Bereich der HWS und der LWS mechanisch überbelastet gewesen. Unrichtig sei, dass die ganze Wirbelsäule betroffen sei. Er leide an chronischen Beschwerden, die von der LWS ausgingen und auf den unteren Bereich des Rückens ausstrahlten. Bücken, Heben und Sitzen seien nur unter Schmerzen möglich. Das Gutachten von Prof. Dr. F ... belege, dass nur degenerative Veränderungen im Bereich der HWS und der LWS vorlägen. Damit entspreche sein Schadensbild dem der BK-Nr. 70 BKVO-DDR. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass die Stellungnahme des TAD unrichtig sei. Er habe sie jedenfalls nicht zur Kenntnisnahme und Prüfung erhalten. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 16.11.1995 zurück. Das Vorbringen des Klägers hinsichtlich der Feststellungen des TAD sei schon deswegen irrelevant, weil dieser bereits zugunsten des Klägers dahingehend Stellung genommen habe, dass dessen Tätigkeit geeignet gewesen sei, Wirbelsäulenschäden zu verursachen. Prof. Dr. F ... habe jedoch bei seiner gutachtlichen Einschätzung nicht hinreichend beachtet, dass eine Berufskrankheit nach BK-Nr. 70 BKVO-DDR nur angenommen werden könne, wenn erhebliche Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates vorlägen. Es fehle darüber hinaus schon am Kausalzusammenhang, weil der Kläger auch degenerative Veränderungen an der HWS aufweise, die nicht in dem erforderlichen Umfang belastet gewesen sei. Außerdem habe der Kläger nicht aus gesundheitlichen Gründen seinen Arbeitsplatz aufgegeben, sondern diesen aus betrieblichen Gründen verloren.
Hiergegen hat der Kläger mit den im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Gründen vor dem Sozialgericht Dresden (SG) Klage erhoben. Insbesondere hat er mit Schriftsatz vom 7.3.1996 von den im Bericht des TAD enthaltenen Belastungswerten abweichende Angaben gemacht (Blatt 9 der SG-Akte).
Das SG hat einen Befundbericht bei Dipl.-Med. K ... (Blatt 22 ff. der SG-Akte), einen bei Prof Dr. F ... (Blatt 33 ff. der SG-Akte = Auszug aus dem im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten) und einen von der Orthopädischen Klinik des M ...-U ...-Hauses gGmbH (Blatt 46 ff. der SG-Akte, betrifft Behandlung im Jahre 1984) eingeholt sowie die noch bei der Tochter des mittlerweile verstorbenen Arztes Dr. N ... vorhandenen Behandlungsunterlagen beigezogen (Blatt 30 ff. der SG-Akte). Sodann hat das SG durch Beweisanordnung vom 1.11.1996 Prof. Dr. F ... zum Sachverständigen bestimmt. Dieser hat aufgrund der ambulanten Untersuchung des Klägers am 14.2.1997 und aufgrund von Röntgenaufnahmen aus den Jahren 1995 und 1997 bei diesem ein chronisches vertebragenes lumbales lokales Schmerzsyndrom bei Osteochondrose L5/S1 mit Zeichen einer degenerativen Instabilität diagnostiziert, was ein typisches schicksalsmäßiges Verschleißleiden darstelle, das nicht berufsbedingt sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 81 bis 90 der SG-Akte verwiesen.
Der Kläger hat gegen das Gutachten eingewandt, die Beurteilungen der Röntgenaufnahmen durch Prof. Dr. F ... und Dipl.-Med. K ... seien korrekt, nicht dagegen die durch Prof. Dr. F ... Auch sei es widersprüchlich, wenn Prof. Dr. F ... einerseits davon ausgehe, dass die berufliche Belastung geeignet gewesen sei, einen Wirbelsäulenschaden zu verursachen, andererseits sein Wirbelsäulenleiden als ein schicksalsmäßiges Verschleißleiden ansehe. Widersprüchlich seien auch die Ausführungen auf Seite 8 und Seite 9 des Gutachtens. Einmal sei davon die Rede, dass die BWS und die HWS nur minimale degenerative Veränderungen aufwiesen, an anderer Stelle werde jedoch von degenerativen Veränderungen an allen Wirbelsäulenabschnitten gesprochen. Bei ihm lägen jedoch vor allem krankhafte Befunde an der LWS vor, die zweifelsfrei mit der langjährigen mechanischen Überlastung korrespondierten. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass er aus medizinischer Sicht gezwungen gewesen sei, seine bisherige Tätigkeit aufzugeben.
In seinem Schriftsatz vom 23.4.1997 hat der Kläger nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt, den Orthopäden Dr. M ... als Sachverständigen zu hören. Das SG hat eine dahingehende Beweisanordnung am 6.5.1997 erlassen. Zu einer Begutachtung ist es jedoch nicht gekommen, weil es zwischen Dr. M ... und dem Kläger über die Anfertigung weiterer Röntgenaufnahmen zu Meinungsverschiedenheiten gekommen ist. Bereits zuvor hatte Dr. M ... erklärt, dass er es als ziemlich sinnlos empfinde, ein weiteres Gutachten zu erstellen, wenn schon Prof. Dr. F ..., einer der besten Orthopäden Deutschlands, ein Gutachten erstellt habe.
Das SG hat durch Urteil vom 23.1.1998 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es fehle, wie die gutachtlichen Äußerungen belegten, an der Kausalität zwischen den Wirbelsäulenbeschwerden und der Aufgabe der wirbelsäulenbelastenden beruflichen Tätigkeit. Die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit sei durch die Arbeitsmarktlage erzwungen worden. Auch habe beim Kläger das vom Gesetz geforderte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen nicht vorgelegen. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die berufliche Tätigkeit des Klägers seine Wirbelsäulenbeschwerden verursacht habe.
Seine gegen dieses Urteil eingelegte Berufung begründet der Kläger damit, dass Krankenunterlagen von Dr. N ... und Röntgenaufnahmen aus dem Jahre 1984 verschwunden seien oder zurückgehalten würden. Lägen sie vor, könnte der Nachweis geführt werden, dass er bereits 1984 aus medizinischen Gründen sein Tätigkeit hätte aufgeben müssen. Das SG sei seiner Amtsermittlungspflicht nicht nachgekommen. Das SG habe nicht beachtet, dass er nach Einschätzung von Prof. Dr. F ... nicht mehr schwer heben und tragen dürfe.
Der Kläger hat ferner weitere Einwendungen vorgebracht, auf die der Senat mit Schreiben vom 24.3.1999 reagiert hat. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 52 f. und Blatt 56 f. der LSG- Akte verwiesen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 21.4.1999 Prozesskostenhilfe bewilligt. Auf Anfrage des Senats hat Prof. Dr. F ... in seiner Stellungnahme vom 29.12.1999 ausgeführt, hinsichtlich der HWS sei der Kläger nicht in ausreichendem Maße beruflich exponiert gewesen, sondern nur hinsichtlich der LWS. Eine erhebliche Funktionseinschränkung des Bewegungsapparates im Sinne von BK-Nr. 70 BKVO-DDR sei nicht nachweisbar. Eine Spondylolisthesis habe er nicht festgestellt, sondern nur eine geringe Dorsalverschiebung von L5 gegenüber S1. Dies sei nur als ein geringes Instabilitätszeichen zu werten und ergebe keinen Grund für die Anerkennung einer Berufskrankheit. Ein "absoluter Bandscheibenverbrauch bei S1/L5" liege nicht vor. Eine Höhenminderung des Zwischenwirbelraumes sei explizit nicht vorhanden. An den angrenzenden Wirbelkörpern seien ebenfalls nur geringgradige Veränderungen sichtbar. Insgesamt seien die degenerativen Veränderungen der unteren LWS nur als geringgradig einzustufen. Zwar sei der Verlust von Röntgenaufnahmen aus dem Jahre 1984 bedauerlich, jedoch könnten die degenerativen Veränderungen im Jahre 1984 nicht schlimmer gewesen sein als jetzt. Eine Rückentwicklung gebe es nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 109 bis 112 der LSG-Akte verwiesen.
Auf ein Hinweisschreiben des Senats vom 1.2.2000, wonach auch Ganzkörpervibrationen im BK-Sonderentscheidverfahren zu prüfen seien, hat die Beklagte erwidert, dass eine solche Prüfung nur in Betracht komme, wenn kein überwiegender Anteil körperlicher Schwerarbeit an der Gesamtexposition anzutreffen sei. Nach Angaben des Klägers im SG-Verfahren sei er jedoch während der Arbeitsschicht überwiegend nicht mit dem LKW gefahren.
Mit Schreiben des Senats ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass nach dem hier maßgeblichen Recht der DDR eine wesentliche Funktionseinschränkung erst ab einem Grad des Körperschadens von 20 % gegeben sei. Prof. Dr. F ... habe jedoch die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 10 v.H. geschätzt. Am 21.3.2001 hat der anwaltlich vertretene Kläger persönlich mitgeteilt, er wolle einen Antrag nach § 109 SGG stellen. Eine weitere, an den Prozessbevollmächtigten gerichtete Anfrage des Senats vom 30.3.2001 hat sodann ergeben, dass der Kläger so lange keinen Antrag nach § 109 SGG stellen wolle, bis von ihm angestrengte staatsanwaltschaftliche Ermittlungen abgeschlossen seien. Ergänzend trägt er vor, ausweislich einer Bescheinigung von Dipl.-Med. K ... leide er jedenfalls spätestens seit 1999 unter einer Spondylolisthesis.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erneut Angaben zu seiner beruflichen Belastung gemacht, die zum Teil von seinen bisherigen Angaben abweichen, zum Teil ihm bekannte TAD-Belastungswerte erstmals korrigiert haben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 23.1.1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.7.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.11.1995 aufzuheben, festzustellen, dass bei ihm eine Berufskrankheit nach BK-Nr. 70 BKVO-DDR vorliegt, und die Beklagte zur Zahlung einer Verletztenrente an ihn zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten vor.
Mit Beschluss vom 23.8.2001 hat der Senat die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen und die Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft beigeladen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
I.
Der Kläger wird durch die Entscheidungen der Beklagten und des SG nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beklagte hat schon aus den im Beiladungsbeschluss genannten Gründen im Ergebnis zu Recht die Anerkennung einer Berufskrankheit und die Gewährung von Leistungen abgelehnt. Da beim Kläger der mögliche Versicherungsfall wegen der Aufgabe der Tätigkeit zum 1.5.1991 erst nach dem 31.12.1990 eingetreten sein konnte, kommt nur die für die D ... T ... S ... GmbH zuständige Berufsgenossenschaft in Betracht.
II.
Auch keine der Beigeladenen ist zu verurteilen, da die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach BK-Nr. 70 BKVO-DDR und die Gewährung von Rentenleistungen nicht vorliegen und auch ein Anspruch nach bundesdeutschem Recht ausscheidet.
1. Die Vorschriften des DDR-Unfallversicherungsrechts sind hier weiterhin anzuwenden, weil der mögliche Versicherungsfall beim Kläger nur vor dem 1.1.1992, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der bundesdeutschen Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) im Beitrittsgebiet, eingetreten sein könnte und § 1150 Abs. 2 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) bestimmt, dass Krankheiten, die vor dem 1.1.1992 eingetreten sind und nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Berufskrankheiten der Sozialversicherung waren, als Berufskrankheiten im Sinne des Dritten Buches der RVO gelten. Das Berufskrankheitenrecht der DDR ist auch nach Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) weiterhin anzuwenden, wenn es nach Maßgabe der RVO zu berücksichtigen war (§ 215 Abs. 1 RVO).
Für Versicherungsfälle seit dem 1.1.1992 findet dagegen nur noch die bundesdeutsche BKV Anwendung. Da der Kläger jedoch schon vor dem Inkrafttreten der BKV im Beitrittsgebiet keine wirbelsäulenbelastende Tätigkeit mehr ausgeübt hatte, und dies auch medizinisch geboten war, konnte danach auch kein Versicherungsfall nach BK-Nr. 2108 BKV mehr eintreten. BK-Nr. 2108 BKV fordert, dass der Versicherte seine Tätigkeit aufgegeben hat und dies ungeachtet der subjektiven Beweggründe und Ursachen im konkreten Fall medizinisch objektiv geboten war. Dieser Versicherungsfall war aber schon vor dem 1.1.1992 eingetreten.
2. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Anspruch des Klägers nach BK-Nr. 70 BKVO-DDR schon am Erfordernis der Aufgabe der schädigenden Tätigkeit scheitert.
Sofern die Beklagte und das SG der Auffassung sein sollten, dass 1991 die Aufgabe der wirbelsäulenbelastenden Tätigkeit objektiv nicht geboten gewesen sei, folgt der Senat dieser Einschätzung nicht. Denn im Oktober 1992 und damit noch in Nähe des Zeitpunktes der Arbeitsaufgabe stellte Dr. H ... fest, dass der Kläger als Kraftfahrer nicht mehr einsetzbar sei, weil diese Tätigkeit immer mit Heben und Tragen von Lasten über drei bis fünf kg verbunden sei. Es kann offen bleiben, ob dies so für alle Kraftfahrer zutrifft. Jedenfalls war die konkrete Tätigkeit des Klägers durch einen erheblichen Anteil an Transporttätigkeiten gekennzeichnet. Nach den Feststellungen von Dr. H ... konnte der Kläger seine frühere Tätigkeit ohne die Gefahr gesundheitlicher Schäden nicht fortsetzen und begründete dies sinngemäß mit einem lumbalen Schmerzsyndrom bei Druck- und Klopfschmerz im LWS-Bereich bei geringgradiger Höhenminderung im Segment L5/S1 und Osteochondrose der LWS verbunden mit Wurzelreizerscheinungen (Bl. 28 der Beklagtenakte). Bestätigt wird dies durch das Gutachten von Prof. Dr. F ..., das der Senat im Wege des Urkundenbeweises heranzieht. Die Auswertung der Röntgenaufnahmen vom 12.3.1991 erbrachte im Wesentlichen eine Spondylarthrose und Osteochondrose der WK-Segmente L4/5 und L5/S1, ein Befund, der bereits an den Aufnahmen vom 21.8.1984 feststellbar war. Im Hinblick darauf hält es der Senat für überzeugend, dass der Kläger seit 1991 durchgängig in seiner Erwerbsfähigkeit um 10 v.H. gemindert und ungeeignet für schwere körperliche Arbeit mit ständigem Heben und Tragen von Lasten ist. Hieraus ergibt sich zugleich, dass der Kläger diesen Gesundheitszustand auch schon vor dem 1.1.1992 aufwies. Unerheblich ist insoweit, dass Prof. Dr. F ... die Frage 9 der Beweisfragen der Beklagten dahingehend beantwortet hat, die WS-Erkrankung zwinge den Kläger nicht zur Unterlassung aller WS-belastenden Tätigkeiten und (zur Begründung?) hinzufügt, der Kläger habe seine Tätigkeit wegen der Arbeitsmarktlage aufgegeben. Denn Prof. Dr. F ... stellt hier offenbar nicht darauf ab, ob es objektiv geboten war, die Tätigkeit aufzugeben, sondern auf den vorliegenden "unmittelbaren" Anlass für die Aufgabe der Tätigkeit. Die medizinische Einschätzung des Unterlassungszwangs gab er aber mit der Beantwortung der Frage 11 kund. Hiernach sind dem Kläger schwere körperliche Arbeiten mit ständigem Heben und Tragen von Lasten verschlossen.
Es kann gleichwohl dahingestellt bleiben, ob im Gegensatz zum bundesdeutschen Recht nach dem Unfallversicherungsrecht der DDR die Aufgabe der wirbelsäulenbelastenden Tätigkeit nicht nur aus medizinischen Gründen objektiv geboten, sondern auch subjektiv tatsächlich die Ursache dafür gewesen sein musste, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit aufgegeben hat bzw. deswegen seinen bisherigen Arbeitsplatz verloren hat. Denn der Anspruch des Klägers erfüllt bereits eine andere zwingende Tatbestandsvoraussetzung nicht.
3. Nach BK-Nr. 70 BKVO-DDR liegt eine Berufskrankheit vor, wenn Verschleißkrankheiten der Wirbelsäule (Bandscheiben, Wirbelkörperabschlussplatten, Wirbelfortsätze, Bänder, kleine Wirbelgelenke) durch langjährige mechanische Überbelastungen verursacht worden sind und diese Verschleißkrankheiten zu einer erheblichen Funktionseinschränkung des Bewegungsapparates mit Aufgabe der schädigenden Tätigkeit geführt haben. Eine erhebliche Funktionseinschränkung liegt vor, wenn der Grad des Körperschadens mindestens 20 % erreicht (Bundesanstalt für Arbeitsmedizin [Hrsg.], Berufskrankheiten im Gebiet der neuen Bundesländer [1945 bis 1990], 1994, S. 285 - nach Konetzke, arbeitsmedizininformation 14 [1987], Nr. 4 S. 40 42; ähnlich Heuchert in: Konetzke/Rebohle/Heuchert, Berufskrankheiten, 3. Aufl., [Ost-]Berlin 1988, S. 111).
Hieran fehlt es. Der Kläger hat weder im Zeitpunkt der Aufgabe der wirbelsäulenbelastenden Tätigkeit noch bis zum 31.12.1991 unter erheblichen Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates gelitten. Dabei kann offen bleiben, welcher der beiden Zeitpunkte maßgeblich ist. Insbesondere muss der Senat hier nicht entscheiden, ob es genügt, dass erst zu einem späteren Zeitpunkt nach Aufgabe der wirbelsäulenbelastenden Tätigkeit erhebliche Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates eintreten. Dagegen dürfte schon der Wortlaut der BK-Nr. 70 BKVO-DDR sprechen ("Erhebliche Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates mit Aufgabe der schädigenden Tätigkeit"). Aber selbst nach der weitergehenden Auffassung musste der Eintritt der erheblichen Funktionseinschränkungen jedenfalls bis spätestens 31.12.1991 erfolgen, um einen Anspruch zu begründen, weil nur bis zu diesem Zeitpunkt das Berufskrankheitenrecht der DDR galt.
Nach BK-Nr. 70 BKVO-DDR müssen die Funktionseinschränkungen einen GdK von 20 % erreichen. Dies ist nach dem Gutachten von Prof. Dr. F ... nicht der Fall. Dieser hat zwar nicht ausdrücklich die Funktionseinschränkungen mit einem GdK bewertet, sondern mit einer MdE um 10 v.H. Hieraus folgt jedoch nicht, dass das Gutachten für die Feststellung des Tatbestandsmerkmals der erheblichen Funktionseinschränkung nicht verwertbar ist. Prof. Dr. F ... hat bis auf eine nur wenig geminderte Entfaltung der Lendenwirbelsäule (Zeichen nach Schober: 10/14 statt: 10/16) klinisch keine Funktionseinschränkungen der LWS feststellen können. Die Beweglichkeit der BWS und der LWS waren sogar noch am 10.2.1995, dem Untersuchungstag, in den Summationsbewegungen nicht eingeschränkt. Weder waren radikuläre noch pseudoradikuläre Phänomene festzustellen. Im Wesentlichen war das Beschwerdebild des Klägers durch lokale lumbale Schmerzen geprägt. Deswegen kam Prof. Dr. F ... zu Recht zu dem Ergebnis, dass sich hieraus kein Anspruch auf eine Verletztenrente ableiten lässt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Maßstäbe nach GdK und MdE so verschieden sind, dass Prof. Dr. F ... hinsichtlich des GdK zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Denn die Bewertung der einzelnen körperlichen Beeinträchtigungen nach v.-H.-Sätzen des Körperschadens stimmt im Ansatzpunkt - maßgebend ist die auf Dauer verbliebene Funktionsbeeinträchtigung (s. Kürzinger/Kollmorgen/Mildner, Grundlagen ärztlicher Begutachtung, Berlin 1987 S. 41) - und in den Einzelbewertungen (s. z. B. die Tabellen bei Kürzinger et.al. a. a. O. S. 415 ff. einerseits und bei Mehrhoff/ Muhr, Unfallbegutachtung, 10. Auflage 1999, S. 129 ff. andererseits) im Wesentlichen überein. Auch der rechtliche Ausgangspunkt ist vergleichbar. Denn auch nach DDR- Unfallversicherungsrecht war eine Verletztenrente erst ab einem GdK von 20 % eine Verletztenrente zu gewähren (§ 23 Abs. 1 der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung [Rentenverordnung] vom 23.11.1979, GBl. I Nr. 38 S. 401). Aus der Bewertung der MdE ab 1991 mit 10 v.H. wird deutlich, dass die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers im Jahre 1991 nicht im Sinne einer Verletztenrente als entschädigungspflichtig anzusehen sind. Gestützt wird dies zusätzlich dadurch, dass auch nach Auffassung von Prof. Dr. F ... eine erhebliche Funktionseinschränkung des Bewegungsapparates nach den klinischen und röntgenologischen Befunden beim Kläger nicht nachweisbar war. Diese Wertungen der Sachverständigen sind vor dem Hintergrund der objektiv festgestellten klinischen Befunde überzeugend.
Zu Recht hat Prof. Dr. F ... seine MdE-Schätzung auch allein auf die LWS-Beschwerden bezogen. Denn die von ihm ebenfalls beschriebenen Röntgenaufnahmen der HWS von 1984 und von 1991 weisen keinen krankhaften Befund auf. Auch Prof. Dr. F ... hat noch in seinem Gutachten vom 13.3.1997 dargelegt, dass die HWS des Klägers nur geringgradige degenerative Veränderungen aufweist, die nicht über das Maß physiologischer Altersveränderungen hinausgehen. Dem schließt sich der Senat an. Die Befunderhebung stimmt im Wesentlichen überein mit den von Prof. Dr. F ... und von SR Kühn vorgenommenen Interpretationen der Röntgenaufnahmen des Jahres 1991. Gestützt wird die Einschätzung von Prof. Dr. F ... zusätzlich dadurch, dass trotz des in der BK-Anzeige angeführten Cervikalsyndroms der Kläger gegenüber den Sachverständigen Dr. F ... und Dr. F ... keinerlei Beschwerden im Bereich der HWS geschildert hat (Bl. 82 der Beklagtenakte; Bl. 83 der SG-Akte).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
II. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Wirbelsäulenerkrankung des Klägers als Berufskrankheit anzuerkennen ist und ob ihm eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusteht.
Der am ... geborene Kläger war von November 1966 bis April 1991 als Kraftfahrer tätig, zunächst noch als Wehrpflichtiger in der NVA, ab Mai 1968 für den VEB R ... W ... und ab August 1973 für den VEB H ... D ..., Betriebsteil Z ..., später D ... T ... S ... GmbH. Der berufliche Einsatz des Klägers beschränkte sich nicht auf das Fahren von Fahrzeugen. Insbesondere ab August 1973, war seine Beschäftigung als Berufskraftfahrer im St ... (Obst, Gemüse, Waren des täglichen Bedarfs), überwiegend durch Transportarbeitertätigkeiten geprägt. Die Kisten, Pakete, das Stück- und Sackgut sowie die Kästen mit Milchflaschen wogen zwischen 15 kg und - im Falle des Sackgutes - bis zu 75 kg. Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beigeladenen zu 1 ermittelte folgende Einzeltätigkeiten und deren Umfang im Ablauf eines durchschnittlichen Arbeitstages: 4 Stunden fahren, 2 ½ Stunden LKW entladen, 1 Stunde LKW beladen, 30 Minuten Stückgut auf dem LKW umstapeln. Der TAD schloss daraus, dass der Kläger vom 20.8.1973 bis 30.4.1991 eine die Wirbelsäule besonders belastende Tätigkeit ausgeübt hat. Der Kläger gab später an, dass er 2 Stunden gefahren sei, 2 Stunden den LKW beladen habe, 1 ½ Stunden Stückgut auf dem LKW umgestapelt habe und 3 Stunden für das Entladen des LKW benötigt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 70 bis 73 der Beklagtenakte und auf Blatt 9 der SG-Akte verwiesen. Die Arbeitgeberangaben waren unergiebig. In einem Schreiben des Arbeitsamtes Bautzen wurde mitgeteilt, das Arbeitsverhältnis des Klägers sei aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen (Stilllegung) durch Kündigung beendet worden.
Der Kläger befand sich vordringlich wegen eines Nacken-Schulter-Arm-Syndroms mit linksseitigem Schulterblattknarren, aber auch wegen eines lokalen Lumbalsyndroms vom 20.2.1984 bis 31.3.1984 in stationärer Behandlung. Eine deutliche Besserung des Nacken-Schulter-Arm-Syndroms während der stationären Behandlung ist dokumentiert (Blatt 48 der Beklagtenakte). Weitere orthopädische Befunde liegen weder für die Zeit davor noch danach bis 1991 vor. Mit den Schreiben vom 30.10.1991 und vom 21.9.1992 zeigte Dipl.-Med. K ... zunächst gegenüber der Beigeladenen zu 2 und danach der Beigeladenen zu 1 (von dieser an die Beklagte weitergeleitet) den Verdacht einer Berufskrankheit an und teilte als Diagnosen mit: degenerative Veränderungen der HWS und LWS mit rezidivierenden Lumbalgien und Nacken-Schulter- Arm-Syndrom. Die Beklagte holte bei Dipl.-Med. K ... einen Befundbericht ein, dem eine Kurzinterpretation von Röntgenaufnahmen der HWS und der LWS vom 20.3.1991 beigefügt war. Inzwischen war der Kläger im Auftrag des Arbeitsamtes von Dr. H ... am 13.10.1992 untersucht worden, der den Kläger nicht mehr als Kraftfahrer für einsetzbar hielt, weil eine derartige Tätigkeit immer mit Heben und Tragen von Lasten verbunden sei, die schwerer als 3 bis 5 kg seien (Blatt 26 bis 28 der Beklagtenakte). Die Beklagte bestellte Prof. Dr. F ... zum orthopädischen Sachverständigen, der aufgrund der ambulanten Untersuchung des Klägers und der vorliegenden Röntgenaufnahmen vom 21.2.1984 (M ...-U ...-Haus R ...) und vom 12.3.1991 (Kreispoliklinik Z ...) sowie aktueller Röntgenbilder vom 10.2.1995 in seinem Gutachten vom 15.2.1995 zu dem Ergebnis gelangte, der Kläger leide unter einem lokalen lumbalen vertebragenen Schmerzsyndrom auf der Grundlage einer Osteochondrose bei L5/S1, L4/5 und L3/4 (dort erst beginnend) sowie einer beginnenden Spondylosis deformans. Klinisch wurde am Untersuchungstag ein paravertebraler Druckschmerz am dorso-lumbalen Übergang und in Höhe von L3 bis L5 sowie ein lumbaler Muskelhartspann festgestellt. Die BWS und die LWS waren in allen Freiheitsgraden in ihrer Beweglichkeit nicht eingeschränkt. Das Zeichen nach Schober ergab 10/14 cm, das Zeichen nach Ott 30/32 cm. Die Zeichen nach Lasègue und Bragard waren insgesamt negativ. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 81 bis 91 der Beklagtenakte verwiesen. Er bejahte das Vorliegen einer Berufskrankheit im Sinne der BK-Nr. 2108 der bundesdeutschen Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) und bewertete die Beschwerden des Klägers im LWS-Bereich durchgängig seit 1991 mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 10 v.H.
In seiner ersten gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 9.5.1995 empfahl Dr. N ..., ein weiteres Gutachten bei Dr. O ... einzuholen, weil die Untersuchung durch Prof. Dr. F ... nahezu keine lumbalen Funktionseinschränkungen ergeben habe und die Röntgenaufnahmen nur diskrete degenerative Veränderungen zeigten. Außerdem habe der Kläger seine Tätigkeit nicht krankheitsbedingt aufgegeben. Er könne sich daher der Beurteilung von Prof. Dr. F ... nicht anschließen (Blatt 96 der Beklagtenakte). Dr. O ... wandte in einem Kurzgutachten nach Aktenlage ein, der Kläger habe Schmerzen im Bereich der gesamten Wirbelsäule angegeben, was erfahrungsgemäß für eine endogene Verursachung spreche. Im Übrigen schloss er sich den Argumenten von Dr. N ... an (Blatt 100 der Beklagtenakte). In seiner zweiten Stellungnahme verneinte nunmehr Dr. N ... die Kausalität zwischen wirbelsäulenbelastender Tätigkeit und den Veränderungen der LWS und sah die Voraussetzungen einer Berufskrankheit nach DDR-Recht [Nr. 70 der Anlage zur 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten (Liste der Berufskrankheiten) vom 21.4.1981 (im Folgenden: BK-Nr. 70 BKVO-DDR)] nicht als gegeben an (Blatt 104 der Beklagtenakte).
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19.7.1995 die Gewährung von Leistungen ab. Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe täglich rund 8 Tonnen Lasten in Zwangshaltung bewegt. Hierdurch sei die Wirbelsäule im Bereich der HWS und der LWS mechanisch überbelastet gewesen. Unrichtig sei, dass die ganze Wirbelsäule betroffen sei. Er leide an chronischen Beschwerden, die von der LWS ausgingen und auf den unteren Bereich des Rückens ausstrahlten. Bücken, Heben und Sitzen seien nur unter Schmerzen möglich. Das Gutachten von Prof. Dr. F ... belege, dass nur degenerative Veränderungen im Bereich der HWS und der LWS vorlägen. Damit entspreche sein Schadensbild dem der BK-Nr. 70 BKVO-DDR. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass die Stellungnahme des TAD unrichtig sei. Er habe sie jedenfalls nicht zur Kenntnisnahme und Prüfung erhalten. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 16.11.1995 zurück. Das Vorbringen des Klägers hinsichtlich der Feststellungen des TAD sei schon deswegen irrelevant, weil dieser bereits zugunsten des Klägers dahingehend Stellung genommen habe, dass dessen Tätigkeit geeignet gewesen sei, Wirbelsäulenschäden zu verursachen. Prof. Dr. F ... habe jedoch bei seiner gutachtlichen Einschätzung nicht hinreichend beachtet, dass eine Berufskrankheit nach BK-Nr. 70 BKVO-DDR nur angenommen werden könne, wenn erhebliche Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates vorlägen. Es fehle darüber hinaus schon am Kausalzusammenhang, weil der Kläger auch degenerative Veränderungen an der HWS aufweise, die nicht in dem erforderlichen Umfang belastet gewesen sei. Außerdem habe der Kläger nicht aus gesundheitlichen Gründen seinen Arbeitsplatz aufgegeben, sondern diesen aus betrieblichen Gründen verloren.
Hiergegen hat der Kläger mit den im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Gründen vor dem Sozialgericht Dresden (SG) Klage erhoben. Insbesondere hat er mit Schriftsatz vom 7.3.1996 von den im Bericht des TAD enthaltenen Belastungswerten abweichende Angaben gemacht (Blatt 9 der SG-Akte).
Das SG hat einen Befundbericht bei Dipl.-Med. K ... (Blatt 22 ff. der SG-Akte), einen bei Prof Dr. F ... (Blatt 33 ff. der SG-Akte = Auszug aus dem im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten) und einen von der Orthopädischen Klinik des M ...-U ...-Hauses gGmbH (Blatt 46 ff. der SG-Akte, betrifft Behandlung im Jahre 1984) eingeholt sowie die noch bei der Tochter des mittlerweile verstorbenen Arztes Dr. N ... vorhandenen Behandlungsunterlagen beigezogen (Blatt 30 ff. der SG-Akte). Sodann hat das SG durch Beweisanordnung vom 1.11.1996 Prof. Dr. F ... zum Sachverständigen bestimmt. Dieser hat aufgrund der ambulanten Untersuchung des Klägers am 14.2.1997 und aufgrund von Röntgenaufnahmen aus den Jahren 1995 und 1997 bei diesem ein chronisches vertebragenes lumbales lokales Schmerzsyndrom bei Osteochondrose L5/S1 mit Zeichen einer degenerativen Instabilität diagnostiziert, was ein typisches schicksalsmäßiges Verschleißleiden darstelle, das nicht berufsbedingt sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 81 bis 90 der SG-Akte verwiesen.
Der Kläger hat gegen das Gutachten eingewandt, die Beurteilungen der Röntgenaufnahmen durch Prof. Dr. F ... und Dipl.-Med. K ... seien korrekt, nicht dagegen die durch Prof. Dr. F ... Auch sei es widersprüchlich, wenn Prof. Dr. F ... einerseits davon ausgehe, dass die berufliche Belastung geeignet gewesen sei, einen Wirbelsäulenschaden zu verursachen, andererseits sein Wirbelsäulenleiden als ein schicksalsmäßiges Verschleißleiden ansehe. Widersprüchlich seien auch die Ausführungen auf Seite 8 und Seite 9 des Gutachtens. Einmal sei davon die Rede, dass die BWS und die HWS nur minimale degenerative Veränderungen aufwiesen, an anderer Stelle werde jedoch von degenerativen Veränderungen an allen Wirbelsäulenabschnitten gesprochen. Bei ihm lägen jedoch vor allem krankhafte Befunde an der LWS vor, die zweifelsfrei mit der langjährigen mechanischen Überlastung korrespondierten. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass er aus medizinischer Sicht gezwungen gewesen sei, seine bisherige Tätigkeit aufzugeben.
In seinem Schriftsatz vom 23.4.1997 hat der Kläger nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt, den Orthopäden Dr. M ... als Sachverständigen zu hören. Das SG hat eine dahingehende Beweisanordnung am 6.5.1997 erlassen. Zu einer Begutachtung ist es jedoch nicht gekommen, weil es zwischen Dr. M ... und dem Kläger über die Anfertigung weiterer Röntgenaufnahmen zu Meinungsverschiedenheiten gekommen ist. Bereits zuvor hatte Dr. M ... erklärt, dass er es als ziemlich sinnlos empfinde, ein weiteres Gutachten zu erstellen, wenn schon Prof. Dr. F ..., einer der besten Orthopäden Deutschlands, ein Gutachten erstellt habe.
Das SG hat durch Urteil vom 23.1.1998 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es fehle, wie die gutachtlichen Äußerungen belegten, an der Kausalität zwischen den Wirbelsäulenbeschwerden und der Aufgabe der wirbelsäulenbelastenden beruflichen Tätigkeit. Die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit sei durch die Arbeitsmarktlage erzwungen worden. Auch habe beim Kläger das vom Gesetz geforderte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen nicht vorgelegen. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die berufliche Tätigkeit des Klägers seine Wirbelsäulenbeschwerden verursacht habe.
Seine gegen dieses Urteil eingelegte Berufung begründet der Kläger damit, dass Krankenunterlagen von Dr. N ... und Röntgenaufnahmen aus dem Jahre 1984 verschwunden seien oder zurückgehalten würden. Lägen sie vor, könnte der Nachweis geführt werden, dass er bereits 1984 aus medizinischen Gründen sein Tätigkeit hätte aufgeben müssen. Das SG sei seiner Amtsermittlungspflicht nicht nachgekommen. Das SG habe nicht beachtet, dass er nach Einschätzung von Prof. Dr. F ... nicht mehr schwer heben und tragen dürfe.
Der Kläger hat ferner weitere Einwendungen vorgebracht, auf die der Senat mit Schreiben vom 24.3.1999 reagiert hat. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 52 f. und Blatt 56 f. der LSG- Akte verwiesen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 21.4.1999 Prozesskostenhilfe bewilligt. Auf Anfrage des Senats hat Prof. Dr. F ... in seiner Stellungnahme vom 29.12.1999 ausgeführt, hinsichtlich der HWS sei der Kläger nicht in ausreichendem Maße beruflich exponiert gewesen, sondern nur hinsichtlich der LWS. Eine erhebliche Funktionseinschränkung des Bewegungsapparates im Sinne von BK-Nr. 70 BKVO-DDR sei nicht nachweisbar. Eine Spondylolisthesis habe er nicht festgestellt, sondern nur eine geringe Dorsalverschiebung von L5 gegenüber S1. Dies sei nur als ein geringes Instabilitätszeichen zu werten und ergebe keinen Grund für die Anerkennung einer Berufskrankheit. Ein "absoluter Bandscheibenverbrauch bei S1/L5" liege nicht vor. Eine Höhenminderung des Zwischenwirbelraumes sei explizit nicht vorhanden. An den angrenzenden Wirbelkörpern seien ebenfalls nur geringgradige Veränderungen sichtbar. Insgesamt seien die degenerativen Veränderungen der unteren LWS nur als geringgradig einzustufen. Zwar sei der Verlust von Röntgenaufnahmen aus dem Jahre 1984 bedauerlich, jedoch könnten die degenerativen Veränderungen im Jahre 1984 nicht schlimmer gewesen sein als jetzt. Eine Rückentwicklung gebe es nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 109 bis 112 der LSG-Akte verwiesen.
Auf ein Hinweisschreiben des Senats vom 1.2.2000, wonach auch Ganzkörpervibrationen im BK-Sonderentscheidverfahren zu prüfen seien, hat die Beklagte erwidert, dass eine solche Prüfung nur in Betracht komme, wenn kein überwiegender Anteil körperlicher Schwerarbeit an der Gesamtexposition anzutreffen sei. Nach Angaben des Klägers im SG-Verfahren sei er jedoch während der Arbeitsschicht überwiegend nicht mit dem LKW gefahren.
Mit Schreiben des Senats ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass nach dem hier maßgeblichen Recht der DDR eine wesentliche Funktionseinschränkung erst ab einem Grad des Körperschadens von 20 % gegeben sei. Prof. Dr. F ... habe jedoch die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 10 v.H. geschätzt. Am 21.3.2001 hat der anwaltlich vertretene Kläger persönlich mitgeteilt, er wolle einen Antrag nach § 109 SGG stellen. Eine weitere, an den Prozessbevollmächtigten gerichtete Anfrage des Senats vom 30.3.2001 hat sodann ergeben, dass der Kläger so lange keinen Antrag nach § 109 SGG stellen wolle, bis von ihm angestrengte staatsanwaltschaftliche Ermittlungen abgeschlossen seien. Ergänzend trägt er vor, ausweislich einer Bescheinigung von Dipl.-Med. K ... leide er jedenfalls spätestens seit 1999 unter einer Spondylolisthesis.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erneut Angaben zu seiner beruflichen Belastung gemacht, die zum Teil von seinen bisherigen Angaben abweichen, zum Teil ihm bekannte TAD-Belastungswerte erstmals korrigiert haben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 23.1.1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.7.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.11.1995 aufzuheben, festzustellen, dass bei ihm eine Berufskrankheit nach BK-Nr. 70 BKVO-DDR vorliegt, und die Beklagte zur Zahlung einer Verletztenrente an ihn zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten vor.
Mit Beschluss vom 23.8.2001 hat der Senat die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen und die Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft beigeladen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
I.
Der Kläger wird durch die Entscheidungen der Beklagten und des SG nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beklagte hat schon aus den im Beiladungsbeschluss genannten Gründen im Ergebnis zu Recht die Anerkennung einer Berufskrankheit und die Gewährung von Leistungen abgelehnt. Da beim Kläger der mögliche Versicherungsfall wegen der Aufgabe der Tätigkeit zum 1.5.1991 erst nach dem 31.12.1990 eingetreten sein konnte, kommt nur die für die D ... T ... S ... GmbH zuständige Berufsgenossenschaft in Betracht.
II.
Auch keine der Beigeladenen ist zu verurteilen, da die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach BK-Nr. 70 BKVO-DDR und die Gewährung von Rentenleistungen nicht vorliegen und auch ein Anspruch nach bundesdeutschem Recht ausscheidet.
1. Die Vorschriften des DDR-Unfallversicherungsrechts sind hier weiterhin anzuwenden, weil der mögliche Versicherungsfall beim Kläger nur vor dem 1.1.1992, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der bundesdeutschen Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) im Beitrittsgebiet, eingetreten sein könnte und § 1150 Abs. 2 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) bestimmt, dass Krankheiten, die vor dem 1.1.1992 eingetreten sind und nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Berufskrankheiten der Sozialversicherung waren, als Berufskrankheiten im Sinne des Dritten Buches der RVO gelten. Das Berufskrankheitenrecht der DDR ist auch nach Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) weiterhin anzuwenden, wenn es nach Maßgabe der RVO zu berücksichtigen war (§ 215 Abs. 1 RVO).
Für Versicherungsfälle seit dem 1.1.1992 findet dagegen nur noch die bundesdeutsche BKV Anwendung. Da der Kläger jedoch schon vor dem Inkrafttreten der BKV im Beitrittsgebiet keine wirbelsäulenbelastende Tätigkeit mehr ausgeübt hatte, und dies auch medizinisch geboten war, konnte danach auch kein Versicherungsfall nach BK-Nr. 2108 BKV mehr eintreten. BK-Nr. 2108 BKV fordert, dass der Versicherte seine Tätigkeit aufgegeben hat und dies ungeachtet der subjektiven Beweggründe und Ursachen im konkreten Fall medizinisch objektiv geboten war. Dieser Versicherungsfall war aber schon vor dem 1.1.1992 eingetreten.
2. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Anspruch des Klägers nach BK-Nr. 70 BKVO-DDR schon am Erfordernis der Aufgabe der schädigenden Tätigkeit scheitert.
Sofern die Beklagte und das SG der Auffassung sein sollten, dass 1991 die Aufgabe der wirbelsäulenbelastenden Tätigkeit objektiv nicht geboten gewesen sei, folgt der Senat dieser Einschätzung nicht. Denn im Oktober 1992 und damit noch in Nähe des Zeitpunktes der Arbeitsaufgabe stellte Dr. H ... fest, dass der Kläger als Kraftfahrer nicht mehr einsetzbar sei, weil diese Tätigkeit immer mit Heben und Tragen von Lasten über drei bis fünf kg verbunden sei. Es kann offen bleiben, ob dies so für alle Kraftfahrer zutrifft. Jedenfalls war die konkrete Tätigkeit des Klägers durch einen erheblichen Anteil an Transporttätigkeiten gekennzeichnet. Nach den Feststellungen von Dr. H ... konnte der Kläger seine frühere Tätigkeit ohne die Gefahr gesundheitlicher Schäden nicht fortsetzen und begründete dies sinngemäß mit einem lumbalen Schmerzsyndrom bei Druck- und Klopfschmerz im LWS-Bereich bei geringgradiger Höhenminderung im Segment L5/S1 und Osteochondrose der LWS verbunden mit Wurzelreizerscheinungen (Bl. 28 der Beklagtenakte). Bestätigt wird dies durch das Gutachten von Prof. Dr. F ..., das der Senat im Wege des Urkundenbeweises heranzieht. Die Auswertung der Röntgenaufnahmen vom 12.3.1991 erbrachte im Wesentlichen eine Spondylarthrose und Osteochondrose der WK-Segmente L4/5 und L5/S1, ein Befund, der bereits an den Aufnahmen vom 21.8.1984 feststellbar war. Im Hinblick darauf hält es der Senat für überzeugend, dass der Kläger seit 1991 durchgängig in seiner Erwerbsfähigkeit um 10 v.H. gemindert und ungeeignet für schwere körperliche Arbeit mit ständigem Heben und Tragen von Lasten ist. Hieraus ergibt sich zugleich, dass der Kläger diesen Gesundheitszustand auch schon vor dem 1.1.1992 aufwies. Unerheblich ist insoweit, dass Prof. Dr. F ... die Frage 9 der Beweisfragen der Beklagten dahingehend beantwortet hat, die WS-Erkrankung zwinge den Kläger nicht zur Unterlassung aller WS-belastenden Tätigkeiten und (zur Begründung?) hinzufügt, der Kläger habe seine Tätigkeit wegen der Arbeitsmarktlage aufgegeben. Denn Prof. Dr. F ... stellt hier offenbar nicht darauf ab, ob es objektiv geboten war, die Tätigkeit aufzugeben, sondern auf den vorliegenden "unmittelbaren" Anlass für die Aufgabe der Tätigkeit. Die medizinische Einschätzung des Unterlassungszwangs gab er aber mit der Beantwortung der Frage 11 kund. Hiernach sind dem Kläger schwere körperliche Arbeiten mit ständigem Heben und Tragen von Lasten verschlossen.
Es kann gleichwohl dahingestellt bleiben, ob im Gegensatz zum bundesdeutschen Recht nach dem Unfallversicherungsrecht der DDR die Aufgabe der wirbelsäulenbelastenden Tätigkeit nicht nur aus medizinischen Gründen objektiv geboten, sondern auch subjektiv tatsächlich die Ursache dafür gewesen sein musste, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit aufgegeben hat bzw. deswegen seinen bisherigen Arbeitsplatz verloren hat. Denn der Anspruch des Klägers erfüllt bereits eine andere zwingende Tatbestandsvoraussetzung nicht.
3. Nach BK-Nr. 70 BKVO-DDR liegt eine Berufskrankheit vor, wenn Verschleißkrankheiten der Wirbelsäule (Bandscheiben, Wirbelkörperabschlussplatten, Wirbelfortsätze, Bänder, kleine Wirbelgelenke) durch langjährige mechanische Überbelastungen verursacht worden sind und diese Verschleißkrankheiten zu einer erheblichen Funktionseinschränkung des Bewegungsapparates mit Aufgabe der schädigenden Tätigkeit geführt haben. Eine erhebliche Funktionseinschränkung liegt vor, wenn der Grad des Körperschadens mindestens 20 % erreicht (Bundesanstalt für Arbeitsmedizin [Hrsg.], Berufskrankheiten im Gebiet der neuen Bundesländer [1945 bis 1990], 1994, S. 285 - nach Konetzke, arbeitsmedizininformation 14 [1987], Nr. 4 S. 40 42; ähnlich Heuchert in: Konetzke/Rebohle/Heuchert, Berufskrankheiten, 3. Aufl., [Ost-]Berlin 1988, S. 111).
Hieran fehlt es. Der Kläger hat weder im Zeitpunkt der Aufgabe der wirbelsäulenbelastenden Tätigkeit noch bis zum 31.12.1991 unter erheblichen Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates gelitten. Dabei kann offen bleiben, welcher der beiden Zeitpunkte maßgeblich ist. Insbesondere muss der Senat hier nicht entscheiden, ob es genügt, dass erst zu einem späteren Zeitpunkt nach Aufgabe der wirbelsäulenbelastenden Tätigkeit erhebliche Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates eintreten. Dagegen dürfte schon der Wortlaut der BK-Nr. 70 BKVO-DDR sprechen ("Erhebliche Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates mit Aufgabe der schädigenden Tätigkeit"). Aber selbst nach der weitergehenden Auffassung musste der Eintritt der erheblichen Funktionseinschränkungen jedenfalls bis spätestens 31.12.1991 erfolgen, um einen Anspruch zu begründen, weil nur bis zu diesem Zeitpunkt das Berufskrankheitenrecht der DDR galt.
Nach BK-Nr. 70 BKVO-DDR müssen die Funktionseinschränkungen einen GdK von 20 % erreichen. Dies ist nach dem Gutachten von Prof. Dr. F ... nicht der Fall. Dieser hat zwar nicht ausdrücklich die Funktionseinschränkungen mit einem GdK bewertet, sondern mit einer MdE um 10 v.H. Hieraus folgt jedoch nicht, dass das Gutachten für die Feststellung des Tatbestandsmerkmals der erheblichen Funktionseinschränkung nicht verwertbar ist. Prof. Dr. F ... hat bis auf eine nur wenig geminderte Entfaltung der Lendenwirbelsäule (Zeichen nach Schober: 10/14 statt: 10/16) klinisch keine Funktionseinschränkungen der LWS feststellen können. Die Beweglichkeit der BWS und der LWS waren sogar noch am 10.2.1995, dem Untersuchungstag, in den Summationsbewegungen nicht eingeschränkt. Weder waren radikuläre noch pseudoradikuläre Phänomene festzustellen. Im Wesentlichen war das Beschwerdebild des Klägers durch lokale lumbale Schmerzen geprägt. Deswegen kam Prof. Dr. F ... zu Recht zu dem Ergebnis, dass sich hieraus kein Anspruch auf eine Verletztenrente ableiten lässt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Maßstäbe nach GdK und MdE so verschieden sind, dass Prof. Dr. F ... hinsichtlich des GdK zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Denn die Bewertung der einzelnen körperlichen Beeinträchtigungen nach v.-H.-Sätzen des Körperschadens stimmt im Ansatzpunkt - maßgebend ist die auf Dauer verbliebene Funktionsbeeinträchtigung (s. Kürzinger/Kollmorgen/Mildner, Grundlagen ärztlicher Begutachtung, Berlin 1987 S. 41) - und in den Einzelbewertungen (s. z. B. die Tabellen bei Kürzinger et.al. a. a. O. S. 415 ff. einerseits und bei Mehrhoff/ Muhr, Unfallbegutachtung, 10. Auflage 1999, S. 129 ff. andererseits) im Wesentlichen überein. Auch der rechtliche Ausgangspunkt ist vergleichbar. Denn auch nach DDR- Unfallversicherungsrecht war eine Verletztenrente erst ab einem GdK von 20 % eine Verletztenrente zu gewähren (§ 23 Abs. 1 der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung [Rentenverordnung] vom 23.11.1979, GBl. I Nr. 38 S. 401). Aus der Bewertung der MdE ab 1991 mit 10 v.H. wird deutlich, dass die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers im Jahre 1991 nicht im Sinne einer Verletztenrente als entschädigungspflichtig anzusehen sind. Gestützt wird dies zusätzlich dadurch, dass auch nach Auffassung von Prof. Dr. F ... eine erhebliche Funktionseinschränkung des Bewegungsapparates nach den klinischen und röntgenologischen Befunden beim Kläger nicht nachweisbar war. Diese Wertungen der Sachverständigen sind vor dem Hintergrund der objektiv festgestellten klinischen Befunde überzeugend.
Zu Recht hat Prof. Dr. F ... seine MdE-Schätzung auch allein auf die LWS-Beschwerden bezogen. Denn die von ihm ebenfalls beschriebenen Röntgenaufnahmen der HWS von 1984 und von 1991 weisen keinen krankhaften Befund auf. Auch Prof. Dr. F ... hat noch in seinem Gutachten vom 13.3.1997 dargelegt, dass die HWS des Klägers nur geringgradige degenerative Veränderungen aufweist, die nicht über das Maß physiologischer Altersveränderungen hinausgehen. Dem schließt sich der Senat an. Die Befunderhebung stimmt im Wesentlichen überein mit den von Prof. Dr. F ... und von SR Kühn vorgenommenen Interpretationen der Röntgenaufnahmen des Jahres 1991. Gestützt wird die Einschätzung von Prof. Dr. F ... zusätzlich dadurch, dass trotz des in der BK-Anzeige angeführten Cervikalsyndroms der Kläger gegenüber den Sachverständigen Dr. F ... und Dr. F ... keinerlei Beschwerden im Bereich der HWS geschildert hat (Bl. 82 der Beklagtenakte; Bl. 83 der SG-Akte).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved