Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 5 U 3/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 26/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 25.11.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob Schulter-Kopf-Nacken-Beschwerden, unter denen der Kläger leidet, Folge eines Arbeitsunfalles vom 19.07.1995 sind.
Am 19.07.1995 erlitt der Kläger gegen 14.00 Uhr einen Arbeitsunfall, als ein Eisenrohr (Zaunrohr) aus einer Höhe von ca. 3 m in einen Graben kippte und ihm gegen den Kopf schlug.
Der Durchgangsarzt, den der Kläger am gleichen Tage gegen 14.30 Uhr aufsuchte, fand eine "kleine Wunde am Kopf" und diagnostizierte eine Kopfplatzwunde. Der Röntgen- und der neurologische Befund waren unauffällig; geröntgt wurden der Schädel- und der Halswirbelsäulen-Bereich.
Aus einem Nachschaubericht vom 28.07.1995 geht hervor, dass der Kläger am 25.07.1996 nochmals den Durchgangsarzt aufsuchte. Im Durchgangsarztbericht wird ausgeführt, dass der Kläger über Kopf- und Nackenschmerzen geklagt habe. Es habe sich eine Rotationseinschränkung beidseits gefunden, jedoch keine Hirnnervenausfälle. Wegen einer deutlichen Wesensveränderung sei ein CT des Schädels veranlasst worden. Hierzu und zur weiteren Abklärung wurde der Kläger stationär in die Neurologische Klinik G ... aufgenommen.
Ausweislich eines Arztbriefes der den Kläger dort behandelnden Ärzte vom 06.12.1995 an die Beklagte ergab die in der Klinik durchgeführte Diagnostik (Röntgen und CT der Halswirbelsäule und des Schädels, MRT usw.) degenerative Veränderungen und einen flachen medianen Bandscheibenvorfall in Höhe C 5/C 6 mit leichter rechtsseitiger Myelotangierung und einen im Übrigen unauffälligen Befund. Insbesondere zeigte das Schädel-CT keine Verletzungsfolge am Hirn sowie keinen Anhalt für intracranielle Raumforderung. Ein Anhaltspunkt für eine direkte Unfallfolge ergab sich nach Ansicht der Ärzte Dr. B ... und Dr. Sch ... nicht. Sie führten aus, auch wenn der Kläger alle Beschwerden, die er derzeit empfinde, auf das Unfallgeschehen beziehe, könnten sie sich dieser Meinung nicht kritiklos anschließen. Als direkte Unfallfolge bestehe neben der im Durchgangsarztbericht genannten Kopfplatzwunde maximal ein commotionelles Symptom. Bei der offenbar vorbestehenden Degeneration der Halswirbelsäule (HWS) im Segment C 5/C 6 könne es maximal durch das Unfallereignis zu einer zeitweiligen Verschlimmerung des Leidens gekommen sein.
In einem Arztbrief vom 24.01.1996 an die Beklagte führte Dr. B ... weiter aus, dass die Art der Verletzung durch den Arbeitsunfall vom 19.07.1995 und die in den nächsten Tagen aufgetretenen Beschwerden nur schlecht miteinander zu vereinbaren seien. Der Unfall habe zu einer sehr kleinen Kopfplatzwunde geführt, die mit einer Klammer habe versorgt werden können. Schon dieses Verletzungsergebnis spreche dagegen, dass ein nennenswertes Stauchungstrauma der HWS vorgelegen habe. Zeichen für eine Gehirnerschütterung hätten bei der Erstuntersuchung nicht gefunden werden können. Als Ursache für die Beschwerden komme am wahrscheinlichsten ein Bandscheibenvorfall C 5/C 6 in Betracht. Er tendiere zu der Meinung, dass es sich bei den Folgen des Unfalles vom 19.07.1995 um eine Schädelprellung mit Kopfplatzwunde gehandelt habe und dass die HWS-bedingte Symptomatik dem vorbestehenden Abnutzungsleiden zuzuordnen sei.
Prof. Dr. Sch ..., Chefarzt der Abteilung für Neurochirurgie des Klinikums G ... teilte Dr. B ... am 09.02.1996 mit, von einem operativen Eingriff wegen der degenerativen Veränderungen an den mittleren Halsbandscheiben sei abgesehen worden, weil zwischen den im Nacken-Hinterkopf-bis Vortexbereich geklagten Beschwerden und den mittleren Zervikalsegmenten eine Diskrepanz bestehe. Die typische Symptomatik an den Armen und Händen fehle gänzlich.
Dr. B ... erstellte am 21.03.1996 für die Beklagte ein Gutachten, in dem er ausführte, der Kläger sei aufgrund der Unfallfolgen (Schädelprellung und kleine Kopfplatzwunde) ab 19.02.1996 für arbeitsfähig gehalten worden. Bei der Untersuchung am 18.03.1996 habe der Kläger lediglich über Schmerzen beim Drehen des Kopfes nach rechts und links und endgradig beim Strecken und Neigen des Kopfes geklagt. Dr. B ... hielt es aufgrund der vorliegenden Röntgenaufnahmen für wahrscheinlich, dass eine Vorschädigung vorgelegen habe, die "möglicherweise in naher Zukunft zu dem vorhandenen Beschwerdebild geführt hätte". Die Beschwerden seien auf die degenerativen Veränderungen der HWS zurückzuführen. Der Arbeitsunfall könne jedoch zu einer Aktivierung des vorhandenen HWS-Syndroms geführt haben.
Prof. Dr. K ... erstellte für die Beklagte am 16.06.1998 ein weiteres Gutachten nach Aktenlage. Er hielt die vorhandenen Angaben zum Unfallablauf für unzureichend, kam jedoch zu dem Ergebnis, dass der Bandscheibenvorfall wahrscheinlich nicht unfallbedingt sei, da bei einem traumatischen Bandscheibenprolaps sofort akute Symptome und neurologische Ausfälle aufträten. Der Arbeitsunfall habe eine Kopfplatzwunde und eine Distorsion der HWS verursacht. Folgen des Unfalles bestünden nicht. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 10 v. H. einzuschätzen; Arbeitsunfähigkeit habe infolge der Distorsion vom 19.07. bis 15.09.1995 bestanden.
Mit Bescheid vom 21.08.1996 wurde die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis 15.09.1995 bestanden. Unfallfolgen wurden ausweislich des Bescheides nicht anerkannt. Der gegen den Bescheid eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid vom 27.11.1996 zurückgeweisen.
Gegen den am 28.11.1996 abgesandten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 02.01.1997 Klage vor dem Sozialgericht Dresden (SG) erhoben.
Im Klageverfahren hat Dr. M ... am 08.06.1998 nach Untersuchung des Klägers ein weiteres Gutachten erstellt. Er hat ausgeführt, der Kläger habe sich bei dem Unfall eine kleine Kopfplatzwunde frontoparietal links nahe der Mittellinie zugezogen. Der Kläger habe gelegentliche Kopfschmerzen angegeben, zum Teil stehe er schon früh mit Schmerzen im Nackenhinterhauptbereich auf. Bei Bewegungen größeren Ausmaßes komme es zu auftretenden Geräuschen und Schmerzen. Wegen der HWS-Beschwerden sei er letztmalig am 30.11.1996 beim Arzt gewesen. Dr. M ... kam zu dem Ergebnis, dass durch das Trauma ein vorhandenes degeneratives HWS-Syndrom aktiviert worden sei. Der Unfall habe eine Schädelprellung mit Kopfplatzwunde und Kontusionstrauma der HWS mit anhaltenden belastungsabhängigen und spontanen Schmerzen im Schulter-Nacken-Kopf-Bereich verursacht. Es sei eine vorübergehende richtungweisende Verschlechterung des degenerativen HSW-Schadens durch das HWS-Trauma anzunehmen. Nach der Entlassung aus dem stationären Bereich halte er eine Weiterführung der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bis 30.09.1995 für gerechtfertigt. Die weitere Krankschreibung gehe s. E. auf den degenerativen Halswirbelsäulenprozess, der durch den Unfall eine vorübergehende richtungweisende Verschlechterung erhalten habe.
Mit Schreiben vom 17.09.1999 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers beantragt, "die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.08.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.11.1996 zu verurteilen, den Bandscheibenvorfall C5/C6 und die von der Halswirbelsäule ausgehenden Beschwerden als Folge des Arbeitsunfalles vom 19.07.1995 anzuerkennen".
Am 25.11.1999 hat das SG die Klage durch Urteil (im schriftlichen Verfahren) abgewiesen. Das Begehren des Klägers hat das SG sinngemäß dahin formuliert, dass festgestellt werden solle, dass die Gesundheitsstörung "Bandscheibenvorfall C 5/C 6 mit davon herrührenden Beschwerden" Folge des Arbeitsunfalles vom 19.05.1997 sei. Im Rahmen der Urteilsbegründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, dass zur Überzeugung der Kammer feststehe, dass der bei dem MRT vom 11.08.1995 festgestellte Bandscheibenvorfall nicht mit Wahrscheinlichkeit durch den Arbeitsunfall vom 19.07.1995 verursacht worden sei.
Gegen das ihm am 10.01.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.02.2000 Berufung eingelegt. In der Berufungsbegründung hat er darauf hingewiesen, dass er nicht nur die Prüfung des Bandscheibenvorfalls mit seinen weiteren Folgen als Unfall begehrt habe, sondern auch die weiteren Beschwerdefolgen und deren Rückführbarkeit auf das Unfallereignis vom 19.07.1995. Ferner hat er nochmals den Unfallhergang geschildert.
Das Berufungsgericht hat Befundberichte und eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme von Dr. M ... angefordert worden. Aus den Befundberichten ergibt sich, dass der Kläger wegen seiner Schulter-Kopf-Nacken Beschwerden nicht (mehr) in Behandlung ist. Dr. M ... hat in der ergänzenden Stellungnahme vom 23.04.2001 insbesondere ausgeführt, dass der Unfall vom 19.07.1995 unzweifelhaft eine durch degenerative Veränderungen vorgeschädigte HWS getroffen habe. Ein bleibender struktureller Schaden sei durch die nach dem Unfall durchgeführte Diagnostik ausgeschlossen worden. Der Unfall habe ein persistierendes HWS-Syndrom verursacht, jedoch hätten auch ohne das Trauma funktionelle Störungen der HWS im Sinne von Blockaden und Nacken-Kopf-Schmerzen jederzeit eintreten können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 25.11.1999 und den Bescheid vom 21.08.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.1996 aufzuheben, festzustellen, dass die Schulter-Kopf-Nacken-Beschwerden Folge des Unfalles vom 19.07.1995 sind und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ihrer Ansicht nach liegen die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruches nicht vor.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 08.06.2001, 19.06.2001 und 01.08.2001 mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheiden, da das hierfür gemäß § 155 Abs. 4, 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erforderliche Einverständnis vorliegt.
Die Berufung ist zulässig, soweit der Kläger hinsichtlich der geltend gemachten Unfallfolgen einen von dem sinngemäß formulierten Antrag des SG abweichenden Antrag bezüglich der Feststellung der Unfallfolgen formuliert hat. Da er lediglich die geltend gemachten Unfallfolgen konkreter benannt hat, hat er den Klageantrag nicht i. S. v. § 99 Abs. 1 SGG geändert, sondern i. S. v. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG erweitert (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterungen, 6. Auflage 1998, § 99 Rn. 3).
Soweit der Kläger nunmehr darüber hinaus die Gewährung einer Verletztenrente begehrt, ist der Antrag unzulässig,. Zwar hat der Kläger in der Klageschrift die Gewährung einer Verletztenrente begehrt. Mit Schriftsatz an das SG vom 17.09.1999 ist eine solche jedoch nicht mehr beantragt worden. Da hierin eine konkludente teilweise Klagerücknahme liegt mit der Folge, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten insoweit bestandskräftig geworden sind, konnte die insoweit erledigte Klage nicht mehr geändert werden (Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Stand 12/2000, II/61, § 99, S. 36).
Der Antrag auf Festellung von Unfallfolgen ist nicht begründet; eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen kam nicht in Betracht.
Auf das vorliegende Verfahren ist, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, das Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) anzuwenden, da sich der Unfall vom 19.07.1995 nach dem 31.12.1991 und vor dem 01.01.1997 ereignet hat. Die Vorschriften der RVO, insbesondere die Vorschriften über Arbeitsunfälle (§§ 548 ff. RVO) wurden durch das Renten-Überleitungsgesetz vom 25.07.1991 (BGBl. I, S. 1606) im so genannten Beitrittsgebiet mit Wirkung vom 01.01.1992 in Kraft gesetzt und waren anzuwenden bis zum In-Kraft-Treten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (§ 212 SGB VII).
Gemäß § 548 Abs. 1 S. 1 RVO ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten und hiernach versicherten Tätigkeiten erleidet. Der Kläger hat bei dem Ereignis vom 19.07.1995 einen Unfall erlitten, der einen Arbeitsunfall darstellt.
Hieraus folgt jedoch nicht zwangsläufig, dass der Arbeitsunfall rechtlich wesentliche Ursache für die vom Kläger seitdem geklagten Beschwerden ist.
Dies wäre nur dann der Fall, wenn die betriebsbezogene - versicherte - Tätigkeit die geltend gemachte Unfallfolge nach der im Unfallrecht geltenden Kausallehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung verursacht hätte. Im Unterschied zur versicherten Tätigkeit, die voll nachgewiesen sein muss, braucht die kausale Verknüpfung zwischen möglicher Unfallfolge - hier: Beschwerden im Schulter-Kopf-Nacken-Bereich - und dem Unfall nicht sicher festzustehen. Insoweit genügt die geringere Anforderung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs für die richterliche Überzeugungsbildung (BSGE 61, 127, 129). Im Anschluss daran kommt es weiter darauf an, ob zwischen dem schädigenden Ereignis und dem geltend gemachten Gesundheitsschaden ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Hier muss geklärt werden, ob ein Unfall eine wesentliche Bedingung im Rechtssinne für den Gesundheitsschaden darstellt und ob dieser Zusammenhang hinreichend wahrscheinlich ist.
Ein Körperschaden ist nämlich nur dann infolge einer versicherten Tätigkeit eingetreten und somit als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen, wenn die berufliche Tätigkeit in rechtlich wesentlicher Weise bei der Krankheitsentstehung mitgewirkt hat. Die Wertung als rechtlich wesentliche Ursache erfordert nicht, dass der berufliche Faktor die alleinige oder überwiegende Bedingung ist. Haben mehrere Ursachen in medizinisch-naturwissenschaftlicher Hinsicht gemeinsam zum Entstehen des Schadens beigetragen, sind sie nebeneinander (Mit)Ursachen im Rechtsinne, wenn beide in ihrer Bedeutung und Tragweite beim Eintritt des Erfolges wesentlich mitgewirkt haben. Der Begriff wesentlich ist hierbei nicht identisch mit den Beschreibungen überwiegend, gleichwertig oder annähernd gleichwertig. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch (prozentual), also verhältnismäßig, niedriger zu wertende Bedingung kann für den Erfolg wesentlich sein. Ein mitwirkender Faktor ist nur dann rechtlich unwesentlich, wenn er von einer anderen Ursache ganz in den Hintergrund gedrängt wird. Daher ist es zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige Ursache rechtlich als wesentlich anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache der Erfolg eintreten konnte: Letztere Ursache hat dann im Verhältnis zur ersteren keine überragende Bedeutung (Bereiter-Hahn/Mehrtens, § 8 SGB VII Rdnr. 8.2.3).
Darüber hinaus ist zu beachten, dass im Hinblick auf den Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung jeder Versicherte in dem Gesundheitszustand geschützt ist, in dem er sich bei Aufnahme seiner Tätigkeit befindet, auch wenn dieser Zustand eine größere Gefährdung begründet. Eingebunden sind alle im Unfallzeitpunkt bestehenden Krankheiten, Anlagen, konstitutionell oder degenerativ bedingten Schwächen und Krankheitsdispositionen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage 1998, Seite 81).
Dem entsprechend darf eine Schadensanlage als allein wesentliche Ursache nur dann gewertet werden, wenn sie so stark ausgeprägt und so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung des akuten Krankheitsbildes keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkung aus der versicherten Tätigkeit bedurft hat, sondern der Gesundheitsschaden wahrscheinlich auch ohne diese Einwirkungen durch beliebig austauschbare Einwirkungen des unversicherten Alltagslebens zu annähernd gleicher Zeit und in annähernd gleicher Schwere entstanden wäre (vgl. Erlenkämper, Arbeitsunfall, Schadensanlage und Gelegenheitsursache, in: SGb 1997, Seite 355, 358 m. w. N.).
Vorliegend kann dahinstehen, ob das Unfallereignis vom 19.07.1995 überhaupt ursächlich (in naturwissenschaftlichem Sinne) für die seither geklagten Beschwerden war oder ob es sich um ein lediglich zufälliges zeitliches Zusammentreffen von Unfall und Beschwerdeeintritt handelte, da auch dann, wenn eine Ursächlichkeit in naturwissenschaftlichem Sinne angenommen wird, das Unfallereignis jedenfalls nicht als rechtlich wesentlich in obem dargelegten Sinne für die nachfolgend geklagten Beschwerden anzusehen ist.
Als rechtlich allein wesentliche Ursache für die Beschwerden des Klägers im Schulter-Kopf-Nacken-Bereich sind vielmehr die bereits vor dem 19.07.1995 bestehenden erheblichen degenerativen Veränderungen insbesondere im Bereich C 5/C 6 anzusehen. Das Vorliegen dieser Veränderungen schon vor dem Unfallereignis ergibt sich aus den in engem zeitlichen Zusammenhang gefertigten Röntgenbildern bzw. MRT der HWS; sie sind im Sinne eines Vollbeweises nachgewiesen.
Insoweit hat Prof. Dr. K ... im Gutachten vom 18.06.1996 ausgeführt, dass stärkere degenerative Veränderungen am HWK 5 und HWK 6 sowie eine knöcherne Veränderung des Neuroforamen C 3/C 4 bestanden hätten; Dr. M ... hat am 23.04.2001 festgestellt, dass der Unfall vom 19.07.1995 unzweifelhaft auf eine durch degenerative Veränderungen vorgeschädigte Halswirbelsäule getroffen habe. Dr. B ... hat im Gutachten vom 21.03.1996 zwar darauf hingewiesen, dass Aufnahmen der HWS vor dem 19.07.1995 nicht vorlägen, abschließend jedoch ausgeführt, dass die Beschwerden des Klägers nicht Unfallfolge, sondern Folge von degenerativen Veränderungen der HWS seien. Da somit alle mit der Angelegenheit befassten Gutachter vom Vorhandensein (erheblicher) degenerativer Veränderungen an der HWS des Klägers vor dem Unfallereignis ausgingen und dem entgegenstehende Hinweise nicht vorhanden sind, hat das Gericht keinen Zweifel daran, dass derartige Vorschäden vorhanden waren.
Des weiteren ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Beschwerden des Klägers im Schulter-Kopf-Nacken-Bereich auf das Unfallereignis vom 19.07.1995 zurückzuführen sind. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass wesentliche Ursache für die Beschwerden allein die degenerativen Veränderungen an der HWS waren bzw. sind. Nur diese erklären die vorhandenen Beschwerden. Dass durch den Arbeitsunfall weitergehende strukturelle Schäden an der HWS verursacht worden sind, die die Beschwerden ebenfalls erklären könnten, ist durch die nach dem Unfall durchgeführte umfangreiche Diagnostik ausgeschlossen worden.
Das Gericht folgt auch insoweit den im Wesentlichen übereinstimmenden Einschätzungen sämtlicher mit dem Verfahren befassten Ärzte und Gutachter: So hat Dr. M ... in der ergänzenden Stellungnahme vom 23.04.2001 angegeben, dass man die 1998 vom Kläger im Rahmen seiner Gutachtensuntersuchung angegebenen Beschwerden nahezu ausschließlich den vorbestehenden degenerativen Veränderungen der HWS zuschreiben müsse. Ferner hat Dr. M ... ausgeführt, dass funktionelle Störungen der HWS im Sinne von Blockaden und Nacken-Kopf-Schmerzen auch ohne das Trauma im gleichen Zeitraum hätten eintreten können. Da Prof. Dr. K ... im Gutachten vom 18.06.1996 ausgeführt hat, dass durch das Trauma eine Schmerzsymptomatik der HWS eingetreten sei und unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit bis 15.09.1995 bestanden habe, ging auch Prof. Dr. K ... davon aus, dass Unfallfolgen gleich welcher Art über den 15.09.1995 hinaus nicht bestanden. Dr. B ... hat hierzu ausgeführt, die Beschwerden des Klägers seitens des Drehens des Kopfes mit entsprechender Einschränkung seien nicht auf den Unfall zurückzuführen, jedoch möglicherweise durch den Unfall aktiviert worden (Gutachten vom 21.03.1996) bzw. er "tendiere zu der Meinung", dass die HWS-bedingte Symptomatik dem vorbestehenden Abnutzungsleiden der HWS zuzuordnen sei (Arztbrief vom 24.01.1996).
Angesichts dieser Ausführungen der Gutachter ist davon auszugehen, dass dem Arbeitsunfall vom 19.07.1995 eine nur sehr geringe (im Sinne einer Aktivierung) bzw. keine Bedeutung im Hinblick auf das Vorhandensein von Schulter-Kopf-Nacken-Beschwerden nach dem Ende der von der Beklagten anerkannten unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit (bis 15.09.1995) zukommt. Damit konnte der Arbeitsunfall vom 19.07.1995 nicht als rechtlich wesentliche Ursache für die heute noch bestehenden Beschwerden im Schulter-Kopf-Nacken-Bereich gewertet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob Schulter-Kopf-Nacken-Beschwerden, unter denen der Kläger leidet, Folge eines Arbeitsunfalles vom 19.07.1995 sind.
Am 19.07.1995 erlitt der Kläger gegen 14.00 Uhr einen Arbeitsunfall, als ein Eisenrohr (Zaunrohr) aus einer Höhe von ca. 3 m in einen Graben kippte und ihm gegen den Kopf schlug.
Der Durchgangsarzt, den der Kläger am gleichen Tage gegen 14.30 Uhr aufsuchte, fand eine "kleine Wunde am Kopf" und diagnostizierte eine Kopfplatzwunde. Der Röntgen- und der neurologische Befund waren unauffällig; geröntgt wurden der Schädel- und der Halswirbelsäulen-Bereich.
Aus einem Nachschaubericht vom 28.07.1995 geht hervor, dass der Kläger am 25.07.1996 nochmals den Durchgangsarzt aufsuchte. Im Durchgangsarztbericht wird ausgeführt, dass der Kläger über Kopf- und Nackenschmerzen geklagt habe. Es habe sich eine Rotationseinschränkung beidseits gefunden, jedoch keine Hirnnervenausfälle. Wegen einer deutlichen Wesensveränderung sei ein CT des Schädels veranlasst worden. Hierzu und zur weiteren Abklärung wurde der Kläger stationär in die Neurologische Klinik G ... aufgenommen.
Ausweislich eines Arztbriefes der den Kläger dort behandelnden Ärzte vom 06.12.1995 an die Beklagte ergab die in der Klinik durchgeführte Diagnostik (Röntgen und CT der Halswirbelsäule und des Schädels, MRT usw.) degenerative Veränderungen und einen flachen medianen Bandscheibenvorfall in Höhe C 5/C 6 mit leichter rechtsseitiger Myelotangierung und einen im Übrigen unauffälligen Befund. Insbesondere zeigte das Schädel-CT keine Verletzungsfolge am Hirn sowie keinen Anhalt für intracranielle Raumforderung. Ein Anhaltspunkt für eine direkte Unfallfolge ergab sich nach Ansicht der Ärzte Dr. B ... und Dr. Sch ... nicht. Sie führten aus, auch wenn der Kläger alle Beschwerden, die er derzeit empfinde, auf das Unfallgeschehen beziehe, könnten sie sich dieser Meinung nicht kritiklos anschließen. Als direkte Unfallfolge bestehe neben der im Durchgangsarztbericht genannten Kopfplatzwunde maximal ein commotionelles Symptom. Bei der offenbar vorbestehenden Degeneration der Halswirbelsäule (HWS) im Segment C 5/C 6 könne es maximal durch das Unfallereignis zu einer zeitweiligen Verschlimmerung des Leidens gekommen sein.
In einem Arztbrief vom 24.01.1996 an die Beklagte führte Dr. B ... weiter aus, dass die Art der Verletzung durch den Arbeitsunfall vom 19.07.1995 und die in den nächsten Tagen aufgetretenen Beschwerden nur schlecht miteinander zu vereinbaren seien. Der Unfall habe zu einer sehr kleinen Kopfplatzwunde geführt, die mit einer Klammer habe versorgt werden können. Schon dieses Verletzungsergebnis spreche dagegen, dass ein nennenswertes Stauchungstrauma der HWS vorgelegen habe. Zeichen für eine Gehirnerschütterung hätten bei der Erstuntersuchung nicht gefunden werden können. Als Ursache für die Beschwerden komme am wahrscheinlichsten ein Bandscheibenvorfall C 5/C 6 in Betracht. Er tendiere zu der Meinung, dass es sich bei den Folgen des Unfalles vom 19.07.1995 um eine Schädelprellung mit Kopfplatzwunde gehandelt habe und dass die HWS-bedingte Symptomatik dem vorbestehenden Abnutzungsleiden zuzuordnen sei.
Prof. Dr. Sch ..., Chefarzt der Abteilung für Neurochirurgie des Klinikums G ... teilte Dr. B ... am 09.02.1996 mit, von einem operativen Eingriff wegen der degenerativen Veränderungen an den mittleren Halsbandscheiben sei abgesehen worden, weil zwischen den im Nacken-Hinterkopf-bis Vortexbereich geklagten Beschwerden und den mittleren Zervikalsegmenten eine Diskrepanz bestehe. Die typische Symptomatik an den Armen und Händen fehle gänzlich.
Dr. B ... erstellte am 21.03.1996 für die Beklagte ein Gutachten, in dem er ausführte, der Kläger sei aufgrund der Unfallfolgen (Schädelprellung und kleine Kopfplatzwunde) ab 19.02.1996 für arbeitsfähig gehalten worden. Bei der Untersuchung am 18.03.1996 habe der Kläger lediglich über Schmerzen beim Drehen des Kopfes nach rechts und links und endgradig beim Strecken und Neigen des Kopfes geklagt. Dr. B ... hielt es aufgrund der vorliegenden Röntgenaufnahmen für wahrscheinlich, dass eine Vorschädigung vorgelegen habe, die "möglicherweise in naher Zukunft zu dem vorhandenen Beschwerdebild geführt hätte". Die Beschwerden seien auf die degenerativen Veränderungen der HWS zurückzuführen. Der Arbeitsunfall könne jedoch zu einer Aktivierung des vorhandenen HWS-Syndroms geführt haben.
Prof. Dr. K ... erstellte für die Beklagte am 16.06.1998 ein weiteres Gutachten nach Aktenlage. Er hielt die vorhandenen Angaben zum Unfallablauf für unzureichend, kam jedoch zu dem Ergebnis, dass der Bandscheibenvorfall wahrscheinlich nicht unfallbedingt sei, da bei einem traumatischen Bandscheibenprolaps sofort akute Symptome und neurologische Ausfälle aufträten. Der Arbeitsunfall habe eine Kopfplatzwunde und eine Distorsion der HWS verursacht. Folgen des Unfalles bestünden nicht. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 10 v. H. einzuschätzen; Arbeitsunfähigkeit habe infolge der Distorsion vom 19.07. bis 15.09.1995 bestanden.
Mit Bescheid vom 21.08.1996 wurde die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis 15.09.1995 bestanden. Unfallfolgen wurden ausweislich des Bescheides nicht anerkannt. Der gegen den Bescheid eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid vom 27.11.1996 zurückgeweisen.
Gegen den am 28.11.1996 abgesandten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 02.01.1997 Klage vor dem Sozialgericht Dresden (SG) erhoben.
Im Klageverfahren hat Dr. M ... am 08.06.1998 nach Untersuchung des Klägers ein weiteres Gutachten erstellt. Er hat ausgeführt, der Kläger habe sich bei dem Unfall eine kleine Kopfplatzwunde frontoparietal links nahe der Mittellinie zugezogen. Der Kläger habe gelegentliche Kopfschmerzen angegeben, zum Teil stehe er schon früh mit Schmerzen im Nackenhinterhauptbereich auf. Bei Bewegungen größeren Ausmaßes komme es zu auftretenden Geräuschen und Schmerzen. Wegen der HWS-Beschwerden sei er letztmalig am 30.11.1996 beim Arzt gewesen. Dr. M ... kam zu dem Ergebnis, dass durch das Trauma ein vorhandenes degeneratives HWS-Syndrom aktiviert worden sei. Der Unfall habe eine Schädelprellung mit Kopfplatzwunde und Kontusionstrauma der HWS mit anhaltenden belastungsabhängigen und spontanen Schmerzen im Schulter-Nacken-Kopf-Bereich verursacht. Es sei eine vorübergehende richtungweisende Verschlechterung des degenerativen HSW-Schadens durch das HWS-Trauma anzunehmen. Nach der Entlassung aus dem stationären Bereich halte er eine Weiterführung der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bis 30.09.1995 für gerechtfertigt. Die weitere Krankschreibung gehe s. E. auf den degenerativen Halswirbelsäulenprozess, der durch den Unfall eine vorübergehende richtungweisende Verschlechterung erhalten habe.
Mit Schreiben vom 17.09.1999 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers beantragt, "die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.08.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.11.1996 zu verurteilen, den Bandscheibenvorfall C5/C6 und die von der Halswirbelsäule ausgehenden Beschwerden als Folge des Arbeitsunfalles vom 19.07.1995 anzuerkennen".
Am 25.11.1999 hat das SG die Klage durch Urteil (im schriftlichen Verfahren) abgewiesen. Das Begehren des Klägers hat das SG sinngemäß dahin formuliert, dass festgestellt werden solle, dass die Gesundheitsstörung "Bandscheibenvorfall C 5/C 6 mit davon herrührenden Beschwerden" Folge des Arbeitsunfalles vom 19.05.1997 sei. Im Rahmen der Urteilsbegründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, dass zur Überzeugung der Kammer feststehe, dass der bei dem MRT vom 11.08.1995 festgestellte Bandscheibenvorfall nicht mit Wahrscheinlichkeit durch den Arbeitsunfall vom 19.07.1995 verursacht worden sei.
Gegen das ihm am 10.01.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.02.2000 Berufung eingelegt. In der Berufungsbegründung hat er darauf hingewiesen, dass er nicht nur die Prüfung des Bandscheibenvorfalls mit seinen weiteren Folgen als Unfall begehrt habe, sondern auch die weiteren Beschwerdefolgen und deren Rückführbarkeit auf das Unfallereignis vom 19.07.1995. Ferner hat er nochmals den Unfallhergang geschildert.
Das Berufungsgericht hat Befundberichte und eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme von Dr. M ... angefordert worden. Aus den Befundberichten ergibt sich, dass der Kläger wegen seiner Schulter-Kopf-Nacken Beschwerden nicht (mehr) in Behandlung ist. Dr. M ... hat in der ergänzenden Stellungnahme vom 23.04.2001 insbesondere ausgeführt, dass der Unfall vom 19.07.1995 unzweifelhaft eine durch degenerative Veränderungen vorgeschädigte HWS getroffen habe. Ein bleibender struktureller Schaden sei durch die nach dem Unfall durchgeführte Diagnostik ausgeschlossen worden. Der Unfall habe ein persistierendes HWS-Syndrom verursacht, jedoch hätten auch ohne das Trauma funktionelle Störungen der HWS im Sinne von Blockaden und Nacken-Kopf-Schmerzen jederzeit eintreten können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 25.11.1999 und den Bescheid vom 21.08.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.1996 aufzuheben, festzustellen, dass die Schulter-Kopf-Nacken-Beschwerden Folge des Unfalles vom 19.07.1995 sind und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ihrer Ansicht nach liegen die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruches nicht vor.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 08.06.2001, 19.06.2001 und 01.08.2001 mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheiden, da das hierfür gemäß § 155 Abs. 4, 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erforderliche Einverständnis vorliegt.
Die Berufung ist zulässig, soweit der Kläger hinsichtlich der geltend gemachten Unfallfolgen einen von dem sinngemäß formulierten Antrag des SG abweichenden Antrag bezüglich der Feststellung der Unfallfolgen formuliert hat. Da er lediglich die geltend gemachten Unfallfolgen konkreter benannt hat, hat er den Klageantrag nicht i. S. v. § 99 Abs. 1 SGG geändert, sondern i. S. v. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG erweitert (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterungen, 6. Auflage 1998, § 99 Rn. 3).
Soweit der Kläger nunmehr darüber hinaus die Gewährung einer Verletztenrente begehrt, ist der Antrag unzulässig,. Zwar hat der Kläger in der Klageschrift die Gewährung einer Verletztenrente begehrt. Mit Schriftsatz an das SG vom 17.09.1999 ist eine solche jedoch nicht mehr beantragt worden. Da hierin eine konkludente teilweise Klagerücknahme liegt mit der Folge, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten insoweit bestandskräftig geworden sind, konnte die insoweit erledigte Klage nicht mehr geändert werden (Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Stand 12/2000, II/61, § 99, S. 36).
Der Antrag auf Festellung von Unfallfolgen ist nicht begründet; eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen kam nicht in Betracht.
Auf das vorliegende Verfahren ist, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, das Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) anzuwenden, da sich der Unfall vom 19.07.1995 nach dem 31.12.1991 und vor dem 01.01.1997 ereignet hat. Die Vorschriften der RVO, insbesondere die Vorschriften über Arbeitsunfälle (§§ 548 ff. RVO) wurden durch das Renten-Überleitungsgesetz vom 25.07.1991 (BGBl. I, S. 1606) im so genannten Beitrittsgebiet mit Wirkung vom 01.01.1992 in Kraft gesetzt und waren anzuwenden bis zum In-Kraft-Treten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (§ 212 SGB VII).
Gemäß § 548 Abs. 1 S. 1 RVO ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten und hiernach versicherten Tätigkeiten erleidet. Der Kläger hat bei dem Ereignis vom 19.07.1995 einen Unfall erlitten, der einen Arbeitsunfall darstellt.
Hieraus folgt jedoch nicht zwangsläufig, dass der Arbeitsunfall rechtlich wesentliche Ursache für die vom Kläger seitdem geklagten Beschwerden ist.
Dies wäre nur dann der Fall, wenn die betriebsbezogene - versicherte - Tätigkeit die geltend gemachte Unfallfolge nach der im Unfallrecht geltenden Kausallehre von der rechtlich wesentlichen Bedingung verursacht hätte. Im Unterschied zur versicherten Tätigkeit, die voll nachgewiesen sein muss, braucht die kausale Verknüpfung zwischen möglicher Unfallfolge - hier: Beschwerden im Schulter-Kopf-Nacken-Bereich - und dem Unfall nicht sicher festzustehen. Insoweit genügt die geringere Anforderung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs für die richterliche Überzeugungsbildung (BSGE 61, 127, 129). Im Anschluss daran kommt es weiter darauf an, ob zwischen dem schädigenden Ereignis und dem geltend gemachten Gesundheitsschaden ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Hier muss geklärt werden, ob ein Unfall eine wesentliche Bedingung im Rechtssinne für den Gesundheitsschaden darstellt und ob dieser Zusammenhang hinreichend wahrscheinlich ist.
Ein Körperschaden ist nämlich nur dann infolge einer versicherten Tätigkeit eingetreten und somit als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen, wenn die berufliche Tätigkeit in rechtlich wesentlicher Weise bei der Krankheitsentstehung mitgewirkt hat. Die Wertung als rechtlich wesentliche Ursache erfordert nicht, dass der berufliche Faktor die alleinige oder überwiegende Bedingung ist. Haben mehrere Ursachen in medizinisch-naturwissenschaftlicher Hinsicht gemeinsam zum Entstehen des Schadens beigetragen, sind sie nebeneinander (Mit)Ursachen im Rechtsinne, wenn beide in ihrer Bedeutung und Tragweite beim Eintritt des Erfolges wesentlich mitgewirkt haben. Der Begriff wesentlich ist hierbei nicht identisch mit den Beschreibungen überwiegend, gleichwertig oder annähernd gleichwertig. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch (prozentual), also verhältnismäßig, niedriger zu wertende Bedingung kann für den Erfolg wesentlich sein. Ein mitwirkender Faktor ist nur dann rechtlich unwesentlich, wenn er von einer anderen Ursache ganz in den Hintergrund gedrängt wird. Daher ist es zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige Ursache rechtlich als wesentlich anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache der Erfolg eintreten konnte: Letztere Ursache hat dann im Verhältnis zur ersteren keine überragende Bedeutung (Bereiter-Hahn/Mehrtens, § 8 SGB VII Rdnr. 8.2.3).
Darüber hinaus ist zu beachten, dass im Hinblick auf den Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung jeder Versicherte in dem Gesundheitszustand geschützt ist, in dem er sich bei Aufnahme seiner Tätigkeit befindet, auch wenn dieser Zustand eine größere Gefährdung begründet. Eingebunden sind alle im Unfallzeitpunkt bestehenden Krankheiten, Anlagen, konstitutionell oder degenerativ bedingten Schwächen und Krankheitsdispositionen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage 1998, Seite 81).
Dem entsprechend darf eine Schadensanlage als allein wesentliche Ursache nur dann gewertet werden, wenn sie so stark ausgeprägt und so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung des akuten Krankheitsbildes keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkung aus der versicherten Tätigkeit bedurft hat, sondern der Gesundheitsschaden wahrscheinlich auch ohne diese Einwirkungen durch beliebig austauschbare Einwirkungen des unversicherten Alltagslebens zu annähernd gleicher Zeit und in annähernd gleicher Schwere entstanden wäre (vgl. Erlenkämper, Arbeitsunfall, Schadensanlage und Gelegenheitsursache, in: SGb 1997, Seite 355, 358 m. w. N.).
Vorliegend kann dahinstehen, ob das Unfallereignis vom 19.07.1995 überhaupt ursächlich (in naturwissenschaftlichem Sinne) für die seither geklagten Beschwerden war oder ob es sich um ein lediglich zufälliges zeitliches Zusammentreffen von Unfall und Beschwerdeeintritt handelte, da auch dann, wenn eine Ursächlichkeit in naturwissenschaftlichem Sinne angenommen wird, das Unfallereignis jedenfalls nicht als rechtlich wesentlich in obem dargelegten Sinne für die nachfolgend geklagten Beschwerden anzusehen ist.
Als rechtlich allein wesentliche Ursache für die Beschwerden des Klägers im Schulter-Kopf-Nacken-Bereich sind vielmehr die bereits vor dem 19.07.1995 bestehenden erheblichen degenerativen Veränderungen insbesondere im Bereich C 5/C 6 anzusehen. Das Vorliegen dieser Veränderungen schon vor dem Unfallereignis ergibt sich aus den in engem zeitlichen Zusammenhang gefertigten Röntgenbildern bzw. MRT der HWS; sie sind im Sinne eines Vollbeweises nachgewiesen.
Insoweit hat Prof. Dr. K ... im Gutachten vom 18.06.1996 ausgeführt, dass stärkere degenerative Veränderungen am HWK 5 und HWK 6 sowie eine knöcherne Veränderung des Neuroforamen C 3/C 4 bestanden hätten; Dr. M ... hat am 23.04.2001 festgestellt, dass der Unfall vom 19.07.1995 unzweifelhaft auf eine durch degenerative Veränderungen vorgeschädigte Halswirbelsäule getroffen habe. Dr. B ... hat im Gutachten vom 21.03.1996 zwar darauf hingewiesen, dass Aufnahmen der HWS vor dem 19.07.1995 nicht vorlägen, abschließend jedoch ausgeführt, dass die Beschwerden des Klägers nicht Unfallfolge, sondern Folge von degenerativen Veränderungen der HWS seien. Da somit alle mit der Angelegenheit befassten Gutachter vom Vorhandensein (erheblicher) degenerativer Veränderungen an der HWS des Klägers vor dem Unfallereignis ausgingen und dem entgegenstehende Hinweise nicht vorhanden sind, hat das Gericht keinen Zweifel daran, dass derartige Vorschäden vorhanden waren.
Des weiteren ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Beschwerden des Klägers im Schulter-Kopf-Nacken-Bereich auf das Unfallereignis vom 19.07.1995 zurückzuführen sind. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass wesentliche Ursache für die Beschwerden allein die degenerativen Veränderungen an der HWS waren bzw. sind. Nur diese erklären die vorhandenen Beschwerden. Dass durch den Arbeitsunfall weitergehende strukturelle Schäden an der HWS verursacht worden sind, die die Beschwerden ebenfalls erklären könnten, ist durch die nach dem Unfall durchgeführte umfangreiche Diagnostik ausgeschlossen worden.
Das Gericht folgt auch insoweit den im Wesentlichen übereinstimmenden Einschätzungen sämtlicher mit dem Verfahren befassten Ärzte und Gutachter: So hat Dr. M ... in der ergänzenden Stellungnahme vom 23.04.2001 angegeben, dass man die 1998 vom Kläger im Rahmen seiner Gutachtensuntersuchung angegebenen Beschwerden nahezu ausschließlich den vorbestehenden degenerativen Veränderungen der HWS zuschreiben müsse. Ferner hat Dr. M ... ausgeführt, dass funktionelle Störungen der HWS im Sinne von Blockaden und Nacken-Kopf-Schmerzen auch ohne das Trauma im gleichen Zeitraum hätten eintreten können. Da Prof. Dr. K ... im Gutachten vom 18.06.1996 ausgeführt hat, dass durch das Trauma eine Schmerzsymptomatik der HWS eingetreten sei und unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit bis 15.09.1995 bestanden habe, ging auch Prof. Dr. K ... davon aus, dass Unfallfolgen gleich welcher Art über den 15.09.1995 hinaus nicht bestanden. Dr. B ... hat hierzu ausgeführt, die Beschwerden des Klägers seitens des Drehens des Kopfes mit entsprechender Einschränkung seien nicht auf den Unfall zurückzuführen, jedoch möglicherweise durch den Unfall aktiviert worden (Gutachten vom 21.03.1996) bzw. er "tendiere zu der Meinung", dass die HWS-bedingte Symptomatik dem vorbestehenden Abnutzungsleiden der HWS zuzuordnen sei (Arztbrief vom 24.01.1996).
Angesichts dieser Ausführungen der Gutachter ist davon auszugehen, dass dem Arbeitsunfall vom 19.07.1995 eine nur sehr geringe (im Sinne einer Aktivierung) bzw. keine Bedeutung im Hinblick auf das Vorhandensein von Schulter-Kopf-Nacken-Beschwerden nach dem Ende der von der Beklagten anerkannten unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit (bis 15.09.1995) zukommt. Damit konnte der Arbeitsunfall vom 19.07.1995 nicht als rechtlich wesentliche Ursache für die heute noch bestehenden Beschwerden im Schulter-Kopf-Nacken-Bereich gewertet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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