Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 13 V 389/95
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 V 31/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 26.05.1998 wird zurückgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge sind insoweit nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung einer weiteren Schädigungsfolge (Erblindung des linken Auges) sowie die Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 v. H.
Der im ... 1922 geborene Kläger leistete vom 01.05.1941 bis 08.05.1945 (nach eigenen Angaben) Wehrdienst bei der ehemaligen deutschen Wehrmacht (Schütze). Sein Panzer sei am 05.02.1942 bei einem Panzerangriff abgeschossen worden. Im Zeitraum vom 02.03.1942 bis 28.05.1943 befand sich der Kläger in verschiedenen Lazaretten (B ..., B ...- C ..., T ..., B ...-S ... und Z ...). Die Behandlung erfolgte wegen der Amputation der Zehen aufgrund von Erfrierungen am linken Fuß. In einem Krankenblatt aus dem Berichtsjahr 1942/43 ist unter der Rubrik "Vorgeschichte - Eigene Vorgeschichte" angegeben: "Mit 6 Jahren Verletzung des linken Auges". Unter der Rubrik "Aufnahmebefund" wurde unter anderem aufgeführt (soweit lesbar): "linkes Auge: Verletzungsnarbe. Unterscheidung nur von hell und dunkel".
Am 13.02.1991 stellte der Kläger bei dem Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem BVG. Dabei gab er an, den Antrag wegen einer Erblindung des linken Auges und wegen einer Amputation aller Zehen des linken Fußes zu stellen. Der Beklagte hat Unterlagen von der Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen Deutschen Wehrmacht in Berlin (Deutsche Dienststelle) eingeholt. Von Dipl.-Med. K ..., Fachärztin für Allgemeinmedizin in Hoyerswerda, und von Dr. K ..., Internist, ließ der Beklagte ein medizinisches Gutachten erstellen. In ihrem Gutachten vom 16.06.1992 diagnostizierten sie unter Bezugnahme auf einen beiliegenden Facharztbefund von Dr. L ..., Fachärztin für Augenheilkunde in Hoyerswerda, eine Erblindung des linken Auges mit gehäuften Kopfschmerzen, eine Amputation des linken Vorderfußes mit nachfolgender Gehbehinderung bei längerem Laufen und Stehen sowie Stehbeschwerden. Die Gesundheitsstörung und die sich daraus ergebenden Folge- und Spätschäden seien ausschließlich durch Kriegsschäden verursacht worden. Die MdE betrage 70 %.
Unter dem 22.04.1992 erließ der Beklagte einen Vorbehaltsbescheid. Als Schädigungsfolge wurden anerkannt: "Erblindung des linken Auges, Verlust aller Zehen am linken Fuß und Narben an der linken Ferse". Hierdurch sei der Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit ab 01.01.1991 um 40 v. H. gemindert.
Dagegen legte der Kläger hinsichtlich der Höhe der MdE und der Einzelleistungen am 09.09.1992 Widerspruch ein. Dazu gab er unter anderem an, es liege eine vollständigen Erblindung des linken Auges nach Hornhautperforation vor. Besonders nachhaltig zeigten sich bei ihm Kopfbeschwerden - oftmalige Kopfschmerzen -. Die Ursachen lägen seines Erachtens nach neben der Überanspruchung des rechten Auges auch im seinerzeitigen Ereignis: Explosion im Panzer nach Abschuss (Pulverdampfverbrennungen insbesondere zum Kopf).
Mit Schreiben vom 08.12.1993 hörte der Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Bescheiderteilung mit einer MdE kleiner als 25 v. H., der zu keiner Rentenzahlung führe, an. Im Ergebnis der weiteren Bearbeitung habe sich bei Hinzuziehung von Krankenblättern aus dem Reservelazarett Z ... herausgestellt, dass die von ihm als Kriegsschaden angegebene Erblindung des linken Auges bereits im 6. Lebensjahr eingetreten sei und somit keine Schädigung im Sinne des § 1 BVG vorliege. Bei der Sachlage sei daher der Vorbehaltsbescheid vom 22.04.1992 unrichtig. Der rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakt auf Dauer könne gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückgenommen werden. Der für die Zeit vom 01.09.1992 bis 31.01.1994 überzahlte Betrag in Höhe von 3.141,00 DM sei nach § 50 SGB X zurückzuerstatten.
Der Kläger teilte daraufhin dem Beklagten mit Schreiben vom 04.01.1994 mit, aus dem Ereignis im Alter von 6 Jahren - beim Spielen Schlag aufs linke Auge - hätten sich Auswirkungen auf das Sehvermögen ergeben. Gegen Ende der 30iger Jahre habe sich fortlaufend eine stetige Besserung der Sehfähigkeit eingestellt. Anfang 1940 sei er zur Musterung aufgerufen worden. Danach sei er als tauglich für den Dienst in der Wehrmacht - Panzerwaffe - eingestuft worden. Wenn eine vollständige Erblindung des linken Auges zu diesem Zeitpunkt vorgelegen hätte, wäre er nicht zur Wehrmacht und schon gar nicht für einen Panzertruppenteil als tauglich befunden worden. Er habe im Februar 1941 zum Reichsarbeitsdienst gemusst und sei gleich anschließend am 01.05.1941 zu einem Panzertruppenteil nach W ... einberufen worden. Nach Ausbildung als Panzer-Richtschütze/Funker sei er im September 1941 zum Fronteinsatz nach Russland gekommen. Anfang Februar 1942 sei sein Panzer bei einem Angriff von einer Granate getroffen worden. Er habe insbesondere Pulverdampfverbrennungen am Kopf und den Händen erlitten. Offenbar sei er mit dem Kopf aufgeschlagen und habe längere Zeit bewusstlos gewesen sein müssen. Da zu dieser Zeit ca. minus 40° Celsius herrschten, habe er sich außerdem schwere Erfrierungen zugezogen. Nach mehreren Tagen habe er gemerkt, dass er auf dem linken Auge nur noch hell und dunkel unterscheiden konnte. Da er im 6. Lebensjahr "ein Ereignis" gehabt habe, sei dem keine so große Bedeutung, (auch von ihm) beigemessen worden, im Gegenteil sei er erleichtert gewesen, dass nur ein Auge in Mitleidenschaft gezogen worden sei. Da es am linken Auge nichts zu behandeln gegeben habe, sei ausschließlicher Behandlungsschwerpunkt die schweren Erfrierungen am linken und am rechten Fuß gewesen. Gegen Ende der 40er Jahre seien zu den stetigen laufenden Kopfschmerzen äußerst intensivere hinzugekommen. Die Ärzte hätten die Ursache im Ereignis von 1942 gesehen. Im Laufe der Zeit hätten sich diese aber wieder gegeben, obwohl es immer wieder Rückfälle gegeben habe. Zwischen dem militärischen Dienst und dem schädigenden Ereignis sowie zwischen dem schädigenden Ereignis und der Gesundheitsstörung bestehe ein ursächlicher Zusammenhang.
Der Beklagte erließ am 10.01.1994 einen Bescheid, mit dem er als Schädigungsfolge den "Verlust aller Zehen am linken Fuß nach Erfrierung" anerkannte. Durch diese Schädigungsfolgen werde eine MdE von 25 v. H. nicht erreicht. Eine Rente nach dem BVG stehe dem Kläger daher nicht zu. Die Erblindung des linken Auges sei nicht Schädigungsfolge. Nach den vorliegenden Krankenblattunterlagen und seinen Darstellungen vom 04.01.1994 könne die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges nicht hergestellt werden. Sein Vorbringen im Widerspruch vom 04.09.1992 sei gewürdigt worden, habe aber zu keiner anderen Entscheidung führen können. Bei der festgestellten MdE sei keine Erhöhung nach § 30 Abs. 2 BVG wegen besonderer beruflicher Betroffenheit enthalten, weil er gegenüber dem vor der Schädigung ausgeübten Beruf einen sozial gleichwertigen Beruf habe ausüben können und in dieser Tätigkeit nach Art und Ausmaß der anerkannten Schädigungsfolgen nicht in einem höheren Grade als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert gewesen sei.
Dagegen legte der Kläger am 28.02.1994 Widerspruch ein. Eine Behandlung des Auges sei nicht notwendig gewesen, da das Augenlicht nicht mehr zu retten gewesen sei. Vielmehr hätten sich die Ärzte ausschließlich auf die Rettung des Fußes konzentriert, da hier eine Amputation des linken Unterschenkels in Erwägung gezogen worden sei. Die sorgfältige Anamnese habe ausschließlich auf den von ihm gemachten Angaben beruht. Erst dadurch sei die Verletzung des linken Auges im 6. Lebensjahr erfasst worden. Bei einer Erblindung wäre er niemals Anfang 1940 bei der Musterung für wehrdiensttauglich befunden worden.
Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14.03.1995). Dieser wurde im Wesentlichen damit begründet, hinsichtlich der Augenverletzung könne nicht mit der geforderten Wahrscheinlichkeit der Nachweis geführt werden, dass diese geltend gemachte Gesundheitsstörung auf den Panzerangriff während des Zweiten Weltkrieges zurückzuführen sei. Eine Augenverletzung durch Granatsplitter sei nicht nachgewiesen. In den ihm vorliegenden Krankenblättern werde in der Anamnese eine Augenverletzung nicht angegeben. Dies wäre mit Sicherheit erfolgt, wenn im Befund geschrieben werde, dass eine Verletzungsnarbe am linken Auge vorliege und nur hell und dunkel unterschieden werden könnte. Bei einer akuten Verletzung wäre damals eine Vorstellung bei Augenarzt erfolgt bzw. in der Zusammenfassung am 28.05.1943 erwähnt worden. Im Antrag für den Schwerbeschädigtenausweis 1952 sei zwar eine Granatsplitterverletzung des linken Auges angegeben, dem komme aber keine Beweiskraft zu, da eben eine solche Splitterverletzung nicht nachgewiesen sei.
Gegen den als Einschreiben am 20.03.1995 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 19.04.1995 beim Sozialgericht Dresden (SG) Klage erhoben.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines ärztlichen Fachgutachtens von Dr. P ..., Chefärztin der Augenklinik des Krankenhauses D ... In ihrem Gutachten vom 17.05.1996 diagnostizierte sie links eine perforierende Hornhaut-Linsenverletzung mit Nachstar und erheblicher Sehminderung sowie rechts eine Weitsichtigkeit (Hyperopie), eine Altersweitsichtigkeit (Presbyopie) sowie einen beginnenden Altersstar (Cataracta senilis incipiens). Ferner führte sie aus, eine Pulverdampfverletzung des linken Auges scheide aus. wahrscheinlich, da nach der Art der Verletzungsfolgen eher eine durchbohrende Verletzung mit Verletzung der Augenlinse vorgelegen habe und weniger ein Zustand nach einer Augapfelprellung. Eine Granatsplitterverletzung als Ursache sei möglich. Das augenschädigende Ereignis sei nach der Aktenlage aber nicht bewiesen. Für die praktische Erblindung des linken Auges infolge Kriegseinwirkung sprächen lediglich die Aussagen des Klägers, wobei diese äußerst widersprüchlich seien. Ein wahrscheinlicher ursächlicher Zusammenhang der vorliegenden perforierenden Hornhaut-Linsenverletzung mit dem angeschuldigten Kriegsereignis (Panzerabschuss 1942) sei nicht gegeben. Es handele sich wahrscheinlich um Folgen der Verletzung des linken Auges im Kindesalter. Die von ihr auf augenärztlichem Gebiet festgestellten Gesundheitsstörungen seien nicht Schädigungsfolgen.
Nach Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 29.10.1996 hat der Beklagte am 13.02.1997 einen Bescheid erlassen, mit dem er seinen Bescheid vom 10.01.1994 mit Wirkung für die Vergangenheit insoweit zurücknahm, als dem Kläger in der Anlage zum Bescheid mitgeteilt worden sei, dass von einer Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge abgesehen werde. Er sei verpflichtet, die zu Unrecht empfangenen Leistungen zu erstatten. Er habe hinsichtlich der als Schädigungsfolge geltend gemachten Gesundheitsstörung "Erblindung linkes Auge" bewusst falsche Angaben gemacht. Die Überzahlung nicht zustehender Versorgungsbezüge vom 01.01.1991 bis 31.01.1994 fordere man gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zurück.
Auf die mündliche Verhandlung vom 26.05.1998 hat das SG den Bescheid vom 13.02.1997 (bzgl. des Erstattungsanspruchs) aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Anerkennung einer "Erblindung des linken Auges" als weitere Schädigungsfolge nach dem BVG. Es fehle bereits an einem Nachweis der damaligen Primärschädigung des linken Auges in Folge des Panzerbeschusses im Februar 1942. Dieser erforderliche Nachweis sei nach Überzeugung der Kammer nicht erbracht. Auch könne sich der Kläger nicht auf § 15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung berufen. Danach seien zwar die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen bezögen, als glaubhaft zu Grunde zu legen; diese Vorschrift greife nach ihrem eindeutigen Wortlaut indes nur ein, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen seien. Im vorliegenden Fall existierten jedoch Unterlagen in Form des ausführlichen Krankenblattes aus dem Berichtsjahr 1942/43, so dass für eine Anwendung der vorgenannten Vorschrift kein Raum sei. Es habe auch auf Grundlage der Entscheidung des Bundessozialgerichs vom 12.12.1995 (AZ: 9 RV 14/95) keine Beweiserleichterung dergestalt erfolgen können, dass aufgrund eines typisierten Geschehensablaufes das schädigende Ereignis wie auch die Primärschädigung nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises als nachgewiesen bejaht werden könne. Unabhängig davon liege auch der nach § 1 Abs. 3 BVG ursächliche Zusammenhang im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht vor. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach § 31 Abs. 1 und 2 BVG. Hierfür sei mindestens die Feststellung einer MdE von 25 v. H. aufgrund der anzuerkennenden Schädigungsfolgen erforderlich. Der von dem Beklagten zutreffend als einzige Schädigungsfolge festgestellte Verlust aller Zehen am linken Fuß nach Erfrierung bedinge jedoch lediglich eine MdE von 20 v. H. Allerdings sei der Bescheid vom 13.02.1997 aufzuheben. Die im Bescheid vom 10.01.1994 abgegebene Erklärung, von einer Rückforderung der Beträge abzusehen, stelle eine Zusicherung gemäß § 34 Abs. 1 SGB X dar. Unter Anwendung des § 45 Abs. 3 SGB X sei indes der Widerruf der vorgenannten Zusicherung in dem Bescheid vom 13.02.1997 verfristet erfolgt wegen der Versäumung der 2-Jahresfrist des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X.
Gegen das dem Kläger am 05.08.1998 zugestellte Urteil legte er am 20.08.1998 beim Sächsischen Landessozialgericht Berufung ein.
Unter dem 07.09.1998 hat der Beklagte einen Ausführungsbescheid entsprechend dem Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 26.05.1998 erlassen. Der Bescheid traf folgende Entscheidung: 1. Der Bescheid des Versorgungsamtes Dresden vom 13.02.1997 wird aufgehoben. 2. Die "Erblindung des linken Auges" kann nicht als weitere Schädigungsfolge anerkannt werden. Eine Änderung der bisherigen Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ergibt sich nicht. 3. Der Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten zur Hälfte zu erstatten.
Der Kläger ist der Ansicht, die der erstinstanzlichen Entscheidung zugrunde liegende Bewertung der Gesamtumstände sei fehlerhaft. Das Gericht verkenne, dass die ärztliche Versorgung unter kriegsmäßigen Lazarettbedingungen erfolgt sei und das Hauptaugenmerk darauf gerichtet gewesen sei, die Erfrierungen an dem Fuß zu behandeln, weil hier von einer lebensbedrohenden Gefährdung auszugehen gewesen sei. Es habe die Gefahr der Amputation des gesamten Beines bzw. die Gefahr des Wundbrandes mit der Möglichkeit bestanden, daran auch zu sterben. Die im März 1942 festgestellte Verletzungsnarbe am linken Auge könne nur auf eine aktuelle Verletzung zurückzuführen sein, da er noch vor dem besagten Panzereinsatz im Februar 1942 auf beiden Augen ein entsprechendes Sehvermögen habe feststellen können. Wenn er zum Zeitpunkt der Musterung über ein ausreichendes Sehvermögen verfügt habe, so könne ein Schädigungsereignis, welches im Alter von 6 Jahren eingetreten sei, nicht zum Verlust des Sehvermögens auf dem betroffenen Auge geführt haben. Im Lazarett habe er nur noch hell und dunkel mit dem linken Auge unterscheiden können. Er sei mit einem Kopfverband versehen gewesen, der mehrere Wochen nicht gewechselt worden sei, da man sich wegen der bestehenden Lebensgefahr ausschließlich mit den Erfrierungen beschäftigt habe, so dass es durchaus möglich gewesen sei, dass die Verletzung des linken Auges nicht als aktuelle Verletzung erkannt worden sei. Ob eine Behandlung überhaupt möglich und von Erfolg gewesen wäre, sei darüber hinaus zweifelhaft, so dass auch unter diesem Aspekt die fehlende Behandlung des Auges zu verstehen sei. Er sei als Richtschütze zum Einsatz gekommen. Dies habe erfordert, dass er in der Lage gewesen sein musste, räumlich zu sehen. Dies setze aber die Sehfähigkeit auf beiden Augen zwingend voraus. Die ärztliche Untersuchung anlässlich seiner Musterung habe offensichtlich keinerlei Fehler an den Augen ergeben, so dass eine Einstufung als kriegsverwendungsfähig erfolgt sei. Ein Wehrmachtsangehöriger mit einem Sehfehler und in dem konkreten Fall mit der behaupteten bereits vorhandenen Erblindung eines Auges wäre nicht in einer Panzerabteilung eingesetzt worden. In Fällen der Blindheit auf einem Auge oder des Verlustes eines Auges könne die Einstufung als kriegsverwendungsfähig nur auf eigenen Wunsch des Untersuchten erfolgen. Ansonsten sei eine Einstufung als bedingt kriegsverwendungsfähig erfolgt. Er sei weder zum Zeitpunkt der Musterung noch zum Zeitpunkt des Kriegseinsatzes auf einem Auge blind gewesen. Er habe nie den persönlichen Wunsch geäußert, als kriegsverwendungsfähig eingestuft zu werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 26.05.1998 und den Bescheid des Beklagten vom 10.01.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.1995 und den Bescheid vom 07.09.1998 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, als weitere Schädigungsfolge eine "Erblindung des linken Auges" festzustellen und ihm eine Beschädigtenversorgung nach dem BVG nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 v. H. zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, es fehle bereits am Nachweis der Schädigung des linken Auges in Folge des geltend gemachten Panzerbeschusses im Februar 1942. Die Begründung des erstinstanzlichen Urteils sei zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Befundberichtes von Dr. L ... und daneben eine Auskunft vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Potsdam sowie eine Auskunft von der Deutschen Dienststelle eingeholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge, der Verwaltungsakten der Beklagten (B- und Schwerbehindertenakte) sowie der Verwaltungsakte der Bundesknappschaft, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das SG die Klage hinsichtlich der Anerkennung einer weiteren Schädigungsfolge "Erblindung des linken Auges" und einer Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem BVG nach einer MdE von 40 v. H. abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 10.01.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.1995 ist rechtmäßig. Auch der Ausführungsbescheid des Beklagten vom 07.09.1998, der gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, soweit in seinem Entscheidungstenor unter 2. festgestellt hat, die "Erblindung des linken Auges" könne nicht als weitere Schädigungsfolge anerkannt werden, eine Änderung der bisherigen MdE ergebe sich nicht, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Nach § 1 Abs. 1 BVG erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Schädigung auf Antrag Versorgung, wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat.
Während die wehrdienstlichen Verhältnisse (= erstes Glied der versorgungsrechtlichen Kausalkette), die gesundheitliche Schädigung (= zweites Glied der versorgungsrechtlichen Kausalkette) und die anzuerkennende Gesundheitsstörung (= drittes Glied der versorgungsrechtlichen Kausalkette) jeweils mindestens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (= Nachweis) feststehen müssen, genügt für die ursächliche Verknüpfung zwischen der gesundheitlichen Schädigung und der Gesundheitsstörung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG die bloße Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges. Wie in allen Zweigen des sozialen Entschädigungsrechts müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen nachgewiesen sein, d. h. ohne vernünftige Zweifel oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (BSG, Urteil vom 15.12.1999, AZ: B 9 VS 2/98 R). Die gesundheitliche Schädigung bedarf des Vollbeweises. Ist eine Schädigung nicht erwiesen bzw. glaubhaft gemacht oder ist ein ursächlicher Zusammenhang nicht wahrscheinlich, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast - danach sind die Folgen der Nichterweislichkeit einer Tatsache von dem zu tragen, dem diese Tatsache günstig wäre - zu Lasten des Klägers.
Die beim Kläger vorhandene Gesundheitsstörung Erblindung des linken Auges stellt sich nach Überzeugung des Senats nicht als Folge einer Schädigung während des Dienstes in der Deutschen Wehrmacht dar und kann dementsprechend nicht als Schädigungsfolge anerkannt werden.
Zutreffend hat das SG ausgeführt, es fehle bereits an dem Nachweis der damaligen Primärschädigung des linken Auges in Folge des Panzerbeschusses im Februar 1942, ein erforderlicher Nachweis sei nicht erbracht worden. Zum konkreten Ereignis selbst macht der Kläger unterschiedliche Angaben. Während er in einem Antrag auf Ausstellung eines Schwerbeschädigtenausweises am 05.06.1952 als Art der Beschädigung "Granatsplitter li. Auge (Erblindung)" angibt, berichtet er im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 05.02.1993 von Pulverdampfverbrennungen insbesondere am Kopf, in einem weiteren Schreiben vom 04.01.1994 von Pulverdampfverbrennungen am Kopf und von einem offenbaren Aufschlagen des Kopfes. Der Gutachterin Dr. P ... gegenüber gab er an, ob eine Splitterverletzung vorgelegen habe, könne er heute nicht mehr sagen. In seiner Klageschrift vom 19.04.1995 führte er aus, er habe mit dem linken Auge am Zielfernrohr des Panzers gesessen, anlässlich der Untersuchung bei der Gutachterin Dr. P ... äußerte er, er habe das rechte Auge an die Gummimembran gepresst, dann einen Schlag auf das linke Auge erlitten.
Auch aus dem 11 Seiten umfassenden Krankenblatt des Klägers aus dem Berichtsjahr 1942/43 ist eine Erblindung des linken Auges als Schädigungsfolge nicht zu entnehmen. Die Behandlung in den Lazaretten in Berlin und im Raum Berlin im Zeitraum vom 02.03.1942 bis 28.05.1943 erfolgte ausschließlich wegen der Erfrierung am linken Fuß und Amputation der Zehen. Zwar enthält das Krankenblatt unter der Rubrik "Krankheitsgeschichte"/"A. Vorgeschichte"/"Eigene Vorgsch.: Mit 6 Jahren Verletzung des linken Auges" und unter der Rubrik "B. Aufnahmebefund" den Eintrag: "Linkes Auge: Verletzungsnarbe Sehvermögenunterscheidung nur von hell und dunkel" (soweit lesbar). Aus dieser Eintragung lässt sich jedoch noch nicht folgern, dass die Einschränkung der Sehfähigkeit des linken Auges durch den Abschuss des Panzers, in dem sich der Kläger befand, hervorgerufen wurde. Während des gesamten Lazarettaufenthaltes des Klägers vom 02.03.1942 bis 28.05.1943 ist keinerlei augenärztliche Behandlung bzw. Vorstellung bei einem Augenarzt oder bei einem anderen Arzt wegen der Einschränkung der Sehfähigkeit des linken Auges dokumentiert. Vielmehr ergibt sich aus dem Krankenblatt, dass eine Wehrdienstbeschädigung allein hinsichtlich der Erfrierung am linken Fuß, die zu einer Exartikulation aller fünf Zehen geführt hat, angenommen wurde (vgl. vorläufige Zusammenfassung bzw. Zusammenfassung vom 01.02.1943 und 28.05.1943).
Auch aus einer "Eidesstattlichen Erklärung" aus dem Jahr 1942 ergibt sich nichts anderes, der Kläger benennt darin allein die Amputation der fünf Zehen des linken Fußes in Folge von Erfrierung. Nicht nachvollziehbar ist der Vortrag des Klägers, er selbst habe der Einschränkung der Sehfähigkeit des linken Auges keine Bedeutung zugemessen, da nur ein Auge in Mitleidenschaft gezogen sei und es nichts zu behandeln gegeben habe. Folgte man dem Vortrag des Klägers, er habe während der Fahrt ins Lazarett nach Berlin gemerkt, dass er mit dem linken Auge nichts mehr sehen konnte, so widerspricht es eklatant der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der Kläger diese erhebliche gesundheitliche Einschränkung während seines Lazarettbesuches vom 02.03.1942 bis 28.05.1943 nicht einmal gegenüber den behandelnden Ärzten angegeben hat, insbesondere bei Erstellung des Aufnahmebefundes. Es mag zutreffen, dass auf einem frontnahen Hauptverbandsplatz das Hauptaugenmerk darauf gerichtet war, die Erfrierungen an dem Fuß zu behandeln, bei einem Lazarettaufenthalt in der Hauptstadt des damaligen Deutschen Reiches ab 02.03.1942 liegen jedoch nach Überzeugung des Senats andere Umstände vor. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Aufnahmebefund des Reservelazaretts unvollständig sein könnte. Vielmehr wurden im Rahmen der Aufnahmebefunde gerade Ausführungen zum linken Auge gemacht, sogar zum Zustand der Zähne.
Die Anerkennung einer Schädigungsfolge ergibt sich auch nicht nach medizinischen Gesichtspunkten. Die Gutachterin Dr. P ... hat dazu in ihrem Gutachten vom 17.05.1996 ausgeführt: Der Kläger habe im 6. Lebensjahr (ca. 1928) eine Augenverletzung angegeben, nach der er jahrelang sehr schlecht gesehen habe (bis 1937). Das Sehen sei bis 1937 (also 9 Jahre lang) sehr schlecht gewesen, so schlecht wie später nach dem Panzerabschuss. Ab 1937/39 habe sich dann das Sehvermögen so gut gebessert, dass er sogar wieder habe lesen können. Bei Wehrmachtseintritt sei alles wieder in Ordnung gewesen. Dazu sei zu bemerken, dass eine einmal bestehende Hornhautnarbe niemals wieder ganz verschwinden könne. Es könne lediglich sein, dass sich Linsenanteile nach der Kindheitsverletzung teilweise aufgesaugt hätten, wodurch dem Kläger "die Narbe" kleiner erschienen sei. Dadurch wäre auch eine gewisse Sehverbesserung im Laufe der Jahre zu erklären. Es sei aber unwahrscheinlich, dass der Kläger nach 9 Jahren, in denen er nur hell und dunkel habe unterscheiden können, plötzlich mit diesem Auge wieder volle Sehschärfe gehabt haben will. Dies sei auch bei einer Linsenverletzung mit Spontanresorption in seinem Falle ohne Tragen einer Kontaktlinse nicht möglich gewesen.
Der Senat folgt diesen Äußerungen. Er hält die medizinischen Äußerungen für glaubhaft, schlüssig und nachvollziehbar. Unterstellte man, der Kläger wäre bereits bei seiner Musterung auf dem linken Auge in seiner Sehfähigkeit erheblich eingeschränkt bzw. blind gewesen, wäre er dennoch für kriegsverwendungsfähig erklärt worden, vgl. Nr. 27 der von dem Beklagten übersandten Fehlertabelle für die gesamte Wehrmacht 1935 bis 1945 nach den Vorschriften über militärärztliche Untersuchungen der Wehrmacht Teil 1: Untersuchungen Dienstpflichtiger und Freiwilliger auf Tauglichkeit vom 29.04.1937 in der Fassung vom Januar 1939 und der Vorschrift über wehrmachtsärztliche Untersuchungen im Kriege: Ärztliche Anweisung zur Beurteilung der Kriegsmusterungen (V. U. Wm Teil 4) vom 01.04.1944.
Musterungsunterlagen des Klägers konnten nicht mehr ermittelt werden. Aus den vorliegenden Akten lassen sich auch keine Anhaltspunkte für die konkrete Einsatzverwendung des Klägers entnehmen. Bekannt ist, dass der Kläger im Februar 1942 bei der 3. (schw.) Aufkl. Abt. (mot.) 53 eingesetzt war (vgl. Bescheinigung der Deutschen Dienststelle vom 22.02.2001). Entsprechend dem Krankenblatt aus dem Berichtsjahr 1942/43 hatte der Kläger den Dienstgrad Schütze. Daraus lässt sich jedoch noch nicht schlussfolgern, ob der Kläger als Richt- oder Ladeschütze oder anderweitig eingesetzt war. Wenn der Kläger vorträgt, im 6. Lebensjahr eine Verletzung des linken Auges erlitten zu haben, die für ca. 9 Jahre nur noch eine Hell- und Dunkelwahrnehmung des linken Auges zugelassen habe bei gutsehendem rechten Auge, so hätte bei dieser Konstellation das rechte Auge mit Sicherheit die Führung übernommen (vgl. Gutachten Dr. P ...). Es wäre durchaus möglich gewesen, dass der Kläger auch als Richtschütze mit dem rechten Auge hätte zielen können. Wegen des Fehlens von Krankenunterlagen für den Zeitraum vor dem 02.03.1942 lässt sich dieses im Nachhinein aber nicht mehr feststellen. Möglich erscheint auch eine kriegsbedingte Verwendung des Klägers entgegen den individuell festgestellten Tauglichkeitsmerkmalen, die jedoch nicht bekannt sind.
Insgesamt steht nach Überzeugung des Senats eine gesundheitliche Schädigung (Erblindung des linken Auges) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles mit der an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht fest.
Dem Kläger kommt auch nicht die Beweiserleichterung des § 15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung zugute. Danach sind die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verloren gegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Beweiserleichterung erfasst auch alle Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass es zu einer gesundheitlichen Schädigung gekommen ist (Rohr/Strässer, BVG, Kommentar, § 15 VfG-KOV - K 1). Im Falle eines Beweisnotstandes, d. h. in Fällen, in denen für die Feststellung anspruchsbegründender Tatsachen besondere Schwierigkeiten bestehen, kann eine Beweiserleichterung dergestalt gewährt werden, dass an die Bildung der richterlichen Überzeugung weniger hohe Anforderungen gestellt werden. Eine Beweiserleichterung gibt es nur für kriegsbedingte Beweisnot (BSG SozR 3-3100 § 5 Nr. 2). Im vorliegenden Fall liegen indes durch die übersandten Unterlagen der Deutschen Dienststelle hinreichend zeitnahe Unterlagen vor, aus denen sich ein Hinweis auf die vom Kläger geltend gemachte Erblindung des linken Auges nicht ergibt, demgegenüber aber die vom Kläger und vom Beklagten in seinen Bescheiden bereits anerkannte Schädigungsfolge Verlust aller Zehen am linken Fuß nach Erfrierung berichtet wird.
Auch kann in diesem Zusammenhang nicht auf Grundlage der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 12.12.1995 (AZ: 9 RV 14/95 = SozR 3-3100 § 1 Nr. 18 = BSGE 77, 151 bis 155) eine Beweiserleichterung dergestalt erfolgen, dass aufgrund eines typisierten Geschehensablaufes das schädigende Ereignis, wie auch die Primärschädigung nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises als nachgewiesen bejaht werden könnten. Denn gerade die Nichterwähnung des schädigenden Ereignisses und des Primärschadens hinsichtlich der Erblindung des linken Auges in den zeitnahen Lazarettunterlagen unter gleichzeitiger Bestätigung der Amputation aller Zehen am linken Fuß nach Erfrierung, die nach den eigenen Angaben des Klägers im gleichen Zusammenhang mit dem "Panzerabschuss" am 05.02.1942 gestanden haben, sprechen gegen die Annahme eines solchen typischen Geschehensablaufes.
Nach alledem hatte die Berufung keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 SGG).
II. Die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge sind insoweit nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung einer weiteren Schädigungsfolge (Erblindung des linken Auges) sowie die Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 v. H.
Der im ... 1922 geborene Kläger leistete vom 01.05.1941 bis 08.05.1945 (nach eigenen Angaben) Wehrdienst bei der ehemaligen deutschen Wehrmacht (Schütze). Sein Panzer sei am 05.02.1942 bei einem Panzerangriff abgeschossen worden. Im Zeitraum vom 02.03.1942 bis 28.05.1943 befand sich der Kläger in verschiedenen Lazaretten (B ..., B ...- C ..., T ..., B ...-S ... und Z ...). Die Behandlung erfolgte wegen der Amputation der Zehen aufgrund von Erfrierungen am linken Fuß. In einem Krankenblatt aus dem Berichtsjahr 1942/43 ist unter der Rubrik "Vorgeschichte - Eigene Vorgeschichte" angegeben: "Mit 6 Jahren Verletzung des linken Auges". Unter der Rubrik "Aufnahmebefund" wurde unter anderem aufgeführt (soweit lesbar): "linkes Auge: Verletzungsnarbe. Unterscheidung nur von hell und dunkel".
Am 13.02.1991 stellte der Kläger bei dem Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem BVG. Dabei gab er an, den Antrag wegen einer Erblindung des linken Auges und wegen einer Amputation aller Zehen des linken Fußes zu stellen. Der Beklagte hat Unterlagen von der Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen Deutschen Wehrmacht in Berlin (Deutsche Dienststelle) eingeholt. Von Dipl.-Med. K ..., Fachärztin für Allgemeinmedizin in Hoyerswerda, und von Dr. K ..., Internist, ließ der Beklagte ein medizinisches Gutachten erstellen. In ihrem Gutachten vom 16.06.1992 diagnostizierten sie unter Bezugnahme auf einen beiliegenden Facharztbefund von Dr. L ..., Fachärztin für Augenheilkunde in Hoyerswerda, eine Erblindung des linken Auges mit gehäuften Kopfschmerzen, eine Amputation des linken Vorderfußes mit nachfolgender Gehbehinderung bei längerem Laufen und Stehen sowie Stehbeschwerden. Die Gesundheitsstörung und die sich daraus ergebenden Folge- und Spätschäden seien ausschließlich durch Kriegsschäden verursacht worden. Die MdE betrage 70 %.
Unter dem 22.04.1992 erließ der Beklagte einen Vorbehaltsbescheid. Als Schädigungsfolge wurden anerkannt: "Erblindung des linken Auges, Verlust aller Zehen am linken Fuß und Narben an der linken Ferse". Hierdurch sei der Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit ab 01.01.1991 um 40 v. H. gemindert.
Dagegen legte der Kläger hinsichtlich der Höhe der MdE und der Einzelleistungen am 09.09.1992 Widerspruch ein. Dazu gab er unter anderem an, es liege eine vollständigen Erblindung des linken Auges nach Hornhautperforation vor. Besonders nachhaltig zeigten sich bei ihm Kopfbeschwerden - oftmalige Kopfschmerzen -. Die Ursachen lägen seines Erachtens nach neben der Überanspruchung des rechten Auges auch im seinerzeitigen Ereignis: Explosion im Panzer nach Abschuss (Pulverdampfverbrennungen insbesondere zum Kopf).
Mit Schreiben vom 08.12.1993 hörte der Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Bescheiderteilung mit einer MdE kleiner als 25 v. H., der zu keiner Rentenzahlung führe, an. Im Ergebnis der weiteren Bearbeitung habe sich bei Hinzuziehung von Krankenblättern aus dem Reservelazarett Z ... herausgestellt, dass die von ihm als Kriegsschaden angegebene Erblindung des linken Auges bereits im 6. Lebensjahr eingetreten sei und somit keine Schädigung im Sinne des § 1 BVG vorliege. Bei der Sachlage sei daher der Vorbehaltsbescheid vom 22.04.1992 unrichtig. Der rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakt auf Dauer könne gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückgenommen werden. Der für die Zeit vom 01.09.1992 bis 31.01.1994 überzahlte Betrag in Höhe von 3.141,00 DM sei nach § 50 SGB X zurückzuerstatten.
Der Kläger teilte daraufhin dem Beklagten mit Schreiben vom 04.01.1994 mit, aus dem Ereignis im Alter von 6 Jahren - beim Spielen Schlag aufs linke Auge - hätten sich Auswirkungen auf das Sehvermögen ergeben. Gegen Ende der 30iger Jahre habe sich fortlaufend eine stetige Besserung der Sehfähigkeit eingestellt. Anfang 1940 sei er zur Musterung aufgerufen worden. Danach sei er als tauglich für den Dienst in der Wehrmacht - Panzerwaffe - eingestuft worden. Wenn eine vollständige Erblindung des linken Auges zu diesem Zeitpunkt vorgelegen hätte, wäre er nicht zur Wehrmacht und schon gar nicht für einen Panzertruppenteil als tauglich befunden worden. Er habe im Februar 1941 zum Reichsarbeitsdienst gemusst und sei gleich anschließend am 01.05.1941 zu einem Panzertruppenteil nach W ... einberufen worden. Nach Ausbildung als Panzer-Richtschütze/Funker sei er im September 1941 zum Fronteinsatz nach Russland gekommen. Anfang Februar 1942 sei sein Panzer bei einem Angriff von einer Granate getroffen worden. Er habe insbesondere Pulverdampfverbrennungen am Kopf und den Händen erlitten. Offenbar sei er mit dem Kopf aufgeschlagen und habe längere Zeit bewusstlos gewesen sein müssen. Da zu dieser Zeit ca. minus 40° Celsius herrschten, habe er sich außerdem schwere Erfrierungen zugezogen. Nach mehreren Tagen habe er gemerkt, dass er auf dem linken Auge nur noch hell und dunkel unterscheiden konnte. Da er im 6. Lebensjahr "ein Ereignis" gehabt habe, sei dem keine so große Bedeutung, (auch von ihm) beigemessen worden, im Gegenteil sei er erleichtert gewesen, dass nur ein Auge in Mitleidenschaft gezogen worden sei. Da es am linken Auge nichts zu behandeln gegeben habe, sei ausschließlicher Behandlungsschwerpunkt die schweren Erfrierungen am linken und am rechten Fuß gewesen. Gegen Ende der 40er Jahre seien zu den stetigen laufenden Kopfschmerzen äußerst intensivere hinzugekommen. Die Ärzte hätten die Ursache im Ereignis von 1942 gesehen. Im Laufe der Zeit hätten sich diese aber wieder gegeben, obwohl es immer wieder Rückfälle gegeben habe. Zwischen dem militärischen Dienst und dem schädigenden Ereignis sowie zwischen dem schädigenden Ereignis und der Gesundheitsstörung bestehe ein ursächlicher Zusammenhang.
Der Beklagte erließ am 10.01.1994 einen Bescheid, mit dem er als Schädigungsfolge den "Verlust aller Zehen am linken Fuß nach Erfrierung" anerkannte. Durch diese Schädigungsfolgen werde eine MdE von 25 v. H. nicht erreicht. Eine Rente nach dem BVG stehe dem Kläger daher nicht zu. Die Erblindung des linken Auges sei nicht Schädigungsfolge. Nach den vorliegenden Krankenblattunterlagen und seinen Darstellungen vom 04.01.1994 könne die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges nicht hergestellt werden. Sein Vorbringen im Widerspruch vom 04.09.1992 sei gewürdigt worden, habe aber zu keiner anderen Entscheidung führen können. Bei der festgestellten MdE sei keine Erhöhung nach § 30 Abs. 2 BVG wegen besonderer beruflicher Betroffenheit enthalten, weil er gegenüber dem vor der Schädigung ausgeübten Beruf einen sozial gleichwertigen Beruf habe ausüben können und in dieser Tätigkeit nach Art und Ausmaß der anerkannten Schädigungsfolgen nicht in einem höheren Grade als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert gewesen sei.
Dagegen legte der Kläger am 28.02.1994 Widerspruch ein. Eine Behandlung des Auges sei nicht notwendig gewesen, da das Augenlicht nicht mehr zu retten gewesen sei. Vielmehr hätten sich die Ärzte ausschließlich auf die Rettung des Fußes konzentriert, da hier eine Amputation des linken Unterschenkels in Erwägung gezogen worden sei. Die sorgfältige Anamnese habe ausschließlich auf den von ihm gemachten Angaben beruht. Erst dadurch sei die Verletzung des linken Auges im 6. Lebensjahr erfasst worden. Bei einer Erblindung wäre er niemals Anfang 1940 bei der Musterung für wehrdiensttauglich befunden worden.
Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14.03.1995). Dieser wurde im Wesentlichen damit begründet, hinsichtlich der Augenverletzung könne nicht mit der geforderten Wahrscheinlichkeit der Nachweis geführt werden, dass diese geltend gemachte Gesundheitsstörung auf den Panzerangriff während des Zweiten Weltkrieges zurückzuführen sei. Eine Augenverletzung durch Granatsplitter sei nicht nachgewiesen. In den ihm vorliegenden Krankenblättern werde in der Anamnese eine Augenverletzung nicht angegeben. Dies wäre mit Sicherheit erfolgt, wenn im Befund geschrieben werde, dass eine Verletzungsnarbe am linken Auge vorliege und nur hell und dunkel unterschieden werden könnte. Bei einer akuten Verletzung wäre damals eine Vorstellung bei Augenarzt erfolgt bzw. in der Zusammenfassung am 28.05.1943 erwähnt worden. Im Antrag für den Schwerbeschädigtenausweis 1952 sei zwar eine Granatsplitterverletzung des linken Auges angegeben, dem komme aber keine Beweiskraft zu, da eben eine solche Splitterverletzung nicht nachgewiesen sei.
Gegen den als Einschreiben am 20.03.1995 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 19.04.1995 beim Sozialgericht Dresden (SG) Klage erhoben.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines ärztlichen Fachgutachtens von Dr. P ..., Chefärztin der Augenklinik des Krankenhauses D ... In ihrem Gutachten vom 17.05.1996 diagnostizierte sie links eine perforierende Hornhaut-Linsenverletzung mit Nachstar und erheblicher Sehminderung sowie rechts eine Weitsichtigkeit (Hyperopie), eine Altersweitsichtigkeit (Presbyopie) sowie einen beginnenden Altersstar (Cataracta senilis incipiens). Ferner führte sie aus, eine Pulverdampfverletzung des linken Auges scheide aus. wahrscheinlich, da nach der Art der Verletzungsfolgen eher eine durchbohrende Verletzung mit Verletzung der Augenlinse vorgelegen habe und weniger ein Zustand nach einer Augapfelprellung. Eine Granatsplitterverletzung als Ursache sei möglich. Das augenschädigende Ereignis sei nach der Aktenlage aber nicht bewiesen. Für die praktische Erblindung des linken Auges infolge Kriegseinwirkung sprächen lediglich die Aussagen des Klägers, wobei diese äußerst widersprüchlich seien. Ein wahrscheinlicher ursächlicher Zusammenhang der vorliegenden perforierenden Hornhaut-Linsenverletzung mit dem angeschuldigten Kriegsereignis (Panzerabschuss 1942) sei nicht gegeben. Es handele sich wahrscheinlich um Folgen der Verletzung des linken Auges im Kindesalter. Die von ihr auf augenärztlichem Gebiet festgestellten Gesundheitsstörungen seien nicht Schädigungsfolgen.
Nach Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 29.10.1996 hat der Beklagte am 13.02.1997 einen Bescheid erlassen, mit dem er seinen Bescheid vom 10.01.1994 mit Wirkung für die Vergangenheit insoweit zurücknahm, als dem Kläger in der Anlage zum Bescheid mitgeteilt worden sei, dass von einer Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge abgesehen werde. Er sei verpflichtet, die zu Unrecht empfangenen Leistungen zu erstatten. Er habe hinsichtlich der als Schädigungsfolge geltend gemachten Gesundheitsstörung "Erblindung linkes Auge" bewusst falsche Angaben gemacht. Die Überzahlung nicht zustehender Versorgungsbezüge vom 01.01.1991 bis 31.01.1994 fordere man gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zurück.
Auf die mündliche Verhandlung vom 26.05.1998 hat das SG den Bescheid vom 13.02.1997 (bzgl. des Erstattungsanspruchs) aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Anerkennung einer "Erblindung des linken Auges" als weitere Schädigungsfolge nach dem BVG. Es fehle bereits an einem Nachweis der damaligen Primärschädigung des linken Auges in Folge des Panzerbeschusses im Februar 1942. Dieser erforderliche Nachweis sei nach Überzeugung der Kammer nicht erbracht. Auch könne sich der Kläger nicht auf § 15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung berufen. Danach seien zwar die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen bezögen, als glaubhaft zu Grunde zu legen; diese Vorschrift greife nach ihrem eindeutigen Wortlaut indes nur ein, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen seien. Im vorliegenden Fall existierten jedoch Unterlagen in Form des ausführlichen Krankenblattes aus dem Berichtsjahr 1942/43, so dass für eine Anwendung der vorgenannten Vorschrift kein Raum sei. Es habe auch auf Grundlage der Entscheidung des Bundessozialgerichs vom 12.12.1995 (AZ: 9 RV 14/95) keine Beweiserleichterung dergestalt erfolgen können, dass aufgrund eines typisierten Geschehensablaufes das schädigende Ereignis wie auch die Primärschädigung nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises als nachgewiesen bejaht werden könne. Unabhängig davon liege auch der nach § 1 Abs. 3 BVG ursächliche Zusammenhang im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht vor. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach § 31 Abs. 1 und 2 BVG. Hierfür sei mindestens die Feststellung einer MdE von 25 v. H. aufgrund der anzuerkennenden Schädigungsfolgen erforderlich. Der von dem Beklagten zutreffend als einzige Schädigungsfolge festgestellte Verlust aller Zehen am linken Fuß nach Erfrierung bedinge jedoch lediglich eine MdE von 20 v. H. Allerdings sei der Bescheid vom 13.02.1997 aufzuheben. Die im Bescheid vom 10.01.1994 abgegebene Erklärung, von einer Rückforderung der Beträge abzusehen, stelle eine Zusicherung gemäß § 34 Abs. 1 SGB X dar. Unter Anwendung des § 45 Abs. 3 SGB X sei indes der Widerruf der vorgenannten Zusicherung in dem Bescheid vom 13.02.1997 verfristet erfolgt wegen der Versäumung der 2-Jahresfrist des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X.
Gegen das dem Kläger am 05.08.1998 zugestellte Urteil legte er am 20.08.1998 beim Sächsischen Landessozialgericht Berufung ein.
Unter dem 07.09.1998 hat der Beklagte einen Ausführungsbescheid entsprechend dem Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 26.05.1998 erlassen. Der Bescheid traf folgende Entscheidung: 1. Der Bescheid des Versorgungsamtes Dresden vom 13.02.1997 wird aufgehoben. 2. Die "Erblindung des linken Auges" kann nicht als weitere Schädigungsfolge anerkannt werden. Eine Änderung der bisherigen Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ergibt sich nicht. 3. Der Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten zur Hälfte zu erstatten.
Der Kläger ist der Ansicht, die der erstinstanzlichen Entscheidung zugrunde liegende Bewertung der Gesamtumstände sei fehlerhaft. Das Gericht verkenne, dass die ärztliche Versorgung unter kriegsmäßigen Lazarettbedingungen erfolgt sei und das Hauptaugenmerk darauf gerichtet gewesen sei, die Erfrierungen an dem Fuß zu behandeln, weil hier von einer lebensbedrohenden Gefährdung auszugehen gewesen sei. Es habe die Gefahr der Amputation des gesamten Beines bzw. die Gefahr des Wundbrandes mit der Möglichkeit bestanden, daran auch zu sterben. Die im März 1942 festgestellte Verletzungsnarbe am linken Auge könne nur auf eine aktuelle Verletzung zurückzuführen sein, da er noch vor dem besagten Panzereinsatz im Februar 1942 auf beiden Augen ein entsprechendes Sehvermögen habe feststellen können. Wenn er zum Zeitpunkt der Musterung über ein ausreichendes Sehvermögen verfügt habe, so könne ein Schädigungsereignis, welches im Alter von 6 Jahren eingetreten sei, nicht zum Verlust des Sehvermögens auf dem betroffenen Auge geführt haben. Im Lazarett habe er nur noch hell und dunkel mit dem linken Auge unterscheiden können. Er sei mit einem Kopfverband versehen gewesen, der mehrere Wochen nicht gewechselt worden sei, da man sich wegen der bestehenden Lebensgefahr ausschließlich mit den Erfrierungen beschäftigt habe, so dass es durchaus möglich gewesen sei, dass die Verletzung des linken Auges nicht als aktuelle Verletzung erkannt worden sei. Ob eine Behandlung überhaupt möglich und von Erfolg gewesen wäre, sei darüber hinaus zweifelhaft, so dass auch unter diesem Aspekt die fehlende Behandlung des Auges zu verstehen sei. Er sei als Richtschütze zum Einsatz gekommen. Dies habe erfordert, dass er in der Lage gewesen sein musste, räumlich zu sehen. Dies setze aber die Sehfähigkeit auf beiden Augen zwingend voraus. Die ärztliche Untersuchung anlässlich seiner Musterung habe offensichtlich keinerlei Fehler an den Augen ergeben, so dass eine Einstufung als kriegsverwendungsfähig erfolgt sei. Ein Wehrmachtsangehöriger mit einem Sehfehler und in dem konkreten Fall mit der behaupteten bereits vorhandenen Erblindung eines Auges wäre nicht in einer Panzerabteilung eingesetzt worden. In Fällen der Blindheit auf einem Auge oder des Verlustes eines Auges könne die Einstufung als kriegsverwendungsfähig nur auf eigenen Wunsch des Untersuchten erfolgen. Ansonsten sei eine Einstufung als bedingt kriegsverwendungsfähig erfolgt. Er sei weder zum Zeitpunkt der Musterung noch zum Zeitpunkt des Kriegseinsatzes auf einem Auge blind gewesen. Er habe nie den persönlichen Wunsch geäußert, als kriegsverwendungsfähig eingestuft zu werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 26.05.1998 und den Bescheid des Beklagten vom 10.01.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.1995 und den Bescheid vom 07.09.1998 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, als weitere Schädigungsfolge eine "Erblindung des linken Auges" festzustellen und ihm eine Beschädigtenversorgung nach dem BVG nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 v. H. zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, es fehle bereits am Nachweis der Schädigung des linken Auges in Folge des geltend gemachten Panzerbeschusses im Februar 1942. Die Begründung des erstinstanzlichen Urteils sei zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Befundberichtes von Dr. L ... und daneben eine Auskunft vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Potsdam sowie eine Auskunft von der Deutschen Dienststelle eingeholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge, der Verwaltungsakten der Beklagten (B- und Schwerbehindertenakte) sowie der Verwaltungsakte der Bundesknappschaft, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das SG die Klage hinsichtlich der Anerkennung einer weiteren Schädigungsfolge "Erblindung des linken Auges" und einer Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem BVG nach einer MdE von 40 v. H. abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 10.01.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.1995 ist rechtmäßig. Auch der Ausführungsbescheid des Beklagten vom 07.09.1998, der gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, soweit in seinem Entscheidungstenor unter 2. festgestellt hat, die "Erblindung des linken Auges" könne nicht als weitere Schädigungsfolge anerkannt werden, eine Änderung der bisherigen MdE ergebe sich nicht, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Nach § 1 Abs. 1 BVG erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Schädigung auf Antrag Versorgung, wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat.
Während die wehrdienstlichen Verhältnisse (= erstes Glied der versorgungsrechtlichen Kausalkette), die gesundheitliche Schädigung (= zweites Glied der versorgungsrechtlichen Kausalkette) und die anzuerkennende Gesundheitsstörung (= drittes Glied der versorgungsrechtlichen Kausalkette) jeweils mindestens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (= Nachweis) feststehen müssen, genügt für die ursächliche Verknüpfung zwischen der gesundheitlichen Schädigung und der Gesundheitsstörung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG die bloße Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges. Wie in allen Zweigen des sozialen Entschädigungsrechts müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen nachgewiesen sein, d. h. ohne vernünftige Zweifel oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (BSG, Urteil vom 15.12.1999, AZ: B 9 VS 2/98 R). Die gesundheitliche Schädigung bedarf des Vollbeweises. Ist eine Schädigung nicht erwiesen bzw. glaubhaft gemacht oder ist ein ursächlicher Zusammenhang nicht wahrscheinlich, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast - danach sind die Folgen der Nichterweislichkeit einer Tatsache von dem zu tragen, dem diese Tatsache günstig wäre - zu Lasten des Klägers.
Die beim Kläger vorhandene Gesundheitsstörung Erblindung des linken Auges stellt sich nach Überzeugung des Senats nicht als Folge einer Schädigung während des Dienstes in der Deutschen Wehrmacht dar und kann dementsprechend nicht als Schädigungsfolge anerkannt werden.
Zutreffend hat das SG ausgeführt, es fehle bereits an dem Nachweis der damaligen Primärschädigung des linken Auges in Folge des Panzerbeschusses im Februar 1942, ein erforderlicher Nachweis sei nicht erbracht worden. Zum konkreten Ereignis selbst macht der Kläger unterschiedliche Angaben. Während er in einem Antrag auf Ausstellung eines Schwerbeschädigtenausweises am 05.06.1952 als Art der Beschädigung "Granatsplitter li. Auge (Erblindung)" angibt, berichtet er im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 05.02.1993 von Pulverdampfverbrennungen insbesondere am Kopf, in einem weiteren Schreiben vom 04.01.1994 von Pulverdampfverbrennungen am Kopf und von einem offenbaren Aufschlagen des Kopfes. Der Gutachterin Dr. P ... gegenüber gab er an, ob eine Splitterverletzung vorgelegen habe, könne er heute nicht mehr sagen. In seiner Klageschrift vom 19.04.1995 führte er aus, er habe mit dem linken Auge am Zielfernrohr des Panzers gesessen, anlässlich der Untersuchung bei der Gutachterin Dr. P ... äußerte er, er habe das rechte Auge an die Gummimembran gepresst, dann einen Schlag auf das linke Auge erlitten.
Auch aus dem 11 Seiten umfassenden Krankenblatt des Klägers aus dem Berichtsjahr 1942/43 ist eine Erblindung des linken Auges als Schädigungsfolge nicht zu entnehmen. Die Behandlung in den Lazaretten in Berlin und im Raum Berlin im Zeitraum vom 02.03.1942 bis 28.05.1943 erfolgte ausschließlich wegen der Erfrierung am linken Fuß und Amputation der Zehen. Zwar enthält das Krankenblatt unter der Rubrik "Krankheitsgeschichte"/"A. Vorgeschichte"/"Eigene Vorgsch.: Mit 6 Jahren Verletzung des linken Auges" und unter der Rubrik "B. Aufnahmebefund" den Eintrag: "Linkes Auge: Verletzungsnarbe Sehvermögenunterscheidung nur von hell und dunkel" (soweit lesbar). Aus dieser Eintragung lässt sich jedoch noch nicht folgern, dass die Einschränkung der Sehfähigkeit des linken Auges durch den Abschuss des Panzers, in dem sich der Kläger befand, hervorgerufen wurde. Während des gesamten Lazarettaufenthaltes des Klägers vom 02.03.1942 bis 28.05.1943 ist keinerlei augenärztliche Behandlung bzw. Vorstellung bei einem Augenarzt oder bei einem anderen Arzt wegen der Einschränkung der Sehfähigkeit des linken Auges dokumentiert. Vielmehr ergibt sich aus dem Krankenblatt, dass eine Wehrdienstbeschädigung allein hinsichtlich der Erfrierung am linken Fuß, die zu einer Exartikulation aller fünf Zehen geführt hat, angenommen wurde (vgl. vorläufige Zusammenfassung bzw. Zusammenfassung vom 01.02.1943 und 28.05.1943).
Auch aus einer "Eidesstattlichen Erklärung" aus dem Jahr 1942 ergibt sich nichts anderes, der Kläger benennt darin allein die Amputation der fünf Zehen des linken Fußes in Folge von Erfrierung. Nicht nachvollziehbar ist der Vortrag des Klägers, er selbst habe der Einschränkung der Sehfähigkeit des linken Auges keine Bedeutung zugemessen, da nur ein Auge in Mitleidenschaft gezogen sei und es nichts zu behandeln gegeben habe. Folgte man dem Vortrag des Klägers, er habe während der Fahrt ins Lazarett nach Berlin gemerkt, dass er mit dem linken Auge nichts mehr sehen konnte, so widerspricht es eklatant der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der Kläger diese erhebliche gesundheitliche Einschränkung während seines Lazarettbesuches vom 02.03.1942 bis 28.05.1943 nicht einmal gegenüber den behandelnden Ärzten angegeben hat, insbesondere bei Erstellung des Aufnahmebefundes. Es mag zutreffen, dass auf einem frontnahen Hauptverbandsplatz das Hauptaugenmerk darauf gerichtet war, die Erfrierungen an dem Fuß zu behandeln, bei einem Lazarettaufenthalt in der Hauptstadt des damaligen Deutschen Reiches ab 02.03.1942 liegen jedoch nach Überzeugung des Senats andere Umstände vor. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Aufnahmebefund des Reservelazaretts unvollständig sein könnte. Vielmehr wurden im Rahmen der Aufnahmebefunde gerade Ausführungen zum linken Auge gemacht, sogar zum Zustand der Zähne.
Die Anerkennung einer Schädigungsfolge ergibt sich auch nicht nach medizinischen Gesichtspunkten. Die Gutachterin Dr. P ... hat dazu in ihrem Gutachten vom 17.05.1996 ausgeführt: Der Kläger habe im 6. Lebensjahr (ca. 1928) eine Augenverletzung angegeben, nach der er jahrelang sehr schlecht gesehen habe (bis 1937). Das Sehen sei bis 1937 (also 9 Jahre lang) sehr schlecht gewesen, so schlecht wie später nach dem Panzerabschuss. Ab 1937/39 habe sich dann das Sehvermögen so gut gebessert, dass er sogar wieder habe lesen können. Bei Wehrmachtseintritt sei alles wieder in Ordnung gewesen. Dazu sei zu bemerken, dass eine einmal bestehende Hornhautnarbe niemals wieder ganz verschwinden könne. Es könne lediglich sein, dass sich Linsenanteile nach der Kindheitsverletzung teilweise aufgesaugt hätten, wodurch dem Kläger "die Narbe" kleiner erschienen sei. Dadurch wäre auch eine gewisse Sehverbesserung im Laufe der Jahre zu erklären. Es sei aber unwahrscheinlich, dass der Kläger nach 9 Jahren, in denen er nur hell und dunkel habe unterscheiden können, plötzlich mit diesem Auge wieder volle Sehschärfe gehabt haben will. Dies sei auch bei einer Linsenverletzung mit Spontanresorption in seinem Falle ohne Tragen einer Kontaktlinse nicht möglich gewesen.
Der Senat folgt diesen Äußerungen. Er hält die medizinischen Äußerungen für glaubhaft, schlüssig und nachvollziehbar. Unterstellte man, der Kläger wäre bereits bei seiner Musterung auf dem linken Auge in seiner Sehfähigkeit erheblich eingeschränkt bzw. blind gewesen, wäre er dennoch für kriegsverwendungsfähig erklärt worden, vgl. Nr. 27 der von dem Beklagten übersandten Fehlertabelle für die gesamte Wehrmacht 1935 bis 1945 nach den Vorschriften über militärärztliche Untersuchungen der Wehrmacht Teil 1: Untersuchungen Dienstpflichtiger und Freiwilliger auf Tauglichkeit vom 29.04.1937 in der Fassung vom Januar 1939 und der Vorschrift über wehrmachtsärztliche Untersuchungen im Kriege: Ärztliche Anweisung zur Beurteilung der Kriegsmusterungen (V. U. Wm Teil 4) vom 01.04.1944.
Musterungsunterlagen des Klägers konnten nicht mehr ermittelt werden. Aus den vorliegenden Akten lassen sich auch keine Anhaltspunkte für die konkrete Einsatzverwendung des Klägers entnehmen. Bekannt ist, dass der Kläger im Februar 1942 bei der 3. (schw.) Aufkl. Abt. (mot.) 53 eingesetzt war (vgl. Bescheinigung der Deutschen Dienststelle vom 22.02.2001). Entsprechend dem Krankenblatt aus dem Berichtsjahr 1942/43 hatte der Kläger den Dienstgrad Schütze. Daraus lässt sich jedoch noch nicht schlussfolgern, ob der Kläger als Richt- oder Ladeschütze oder anderweitig eingesetzt war. Wenn der Kläger vorträgt, im 6. Lebensjahr eine Verletzung des linken Auges erlitten zu haben, die für ca. 9 Jahre nur noch eine Hell- und Dunkelwahrnehmung des linken Auges zugelassen habe bei gutsehendem rechten Auge, so hätte bei dieser Konstellation das rechte Auge mit Sicherheit die Führung übernommen (vgl. Gutachten Dr. P ...). Es wäre durchaus möglich gewesen, dass der Kläger auch als Richtschütze mit dem rechten Auge hätte zielen können. Wegen des Fehlens von Krankenunterlagen für den Zeitraum vor dem 02.03.1942 lässt sich dieses im Nachhinein aber nicht mehr feststellen. Möglich erscheint auch eine kriegsbedingte Verwendung des Klägers entgegen den individuell festgestellten Tauglichkeitsmerkmalen, die jedoch nicht bekannt sind.
Insgesamt steht nach Überzeugung des Senats eine gesundheitliche Schädigung (Erblindung des linken Auges) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles mit der an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht fest.
Dem Kläger kommt auch nicht die Beweiserleichterung des § 15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung zugute. Danach sind die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verloren gegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Beweiserleichterung erfasst auch alle Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass es zu einer gesundheitlichen Schädigung gekommen ist (Rohr/Strässer, BVG, Kommentar, § 15 VfG-KOV - K 1). Im Falle eines Beweisnotstandes, d. h. in Fällen, in denen für die Feststellung anspruchsbegründender Tatsachen besondere Schwierigkeiten bestehen, kann eine Beweiserleichterung dergestalt gewährt werden, dass an die Bildung der richterlichen Überzeugung weniger hohe Anforderungen gestellt werden. Eine Beweiserleichterung gibt es nur für kriegsbedingte Beweisnot (BSG SozR 3-3100 § 5 Nr. 2). Im vorliegenden Fall liegen indes durch die übersandten Unterlagen der Deutschen Dienststelle hinreichend zeitnahe Unterlagen vor, aus denen sich ein Hinweis auf die vom Kläger geltend gemachte Erblindung des linken Auges nicht ergibt, demgegenüber aber die vom Kläger und vom Beklagten in seinen Bescheiden bereits anerkannte Schädigungsfolge Verlust aller Zehen am linken Fuß nach Erfrierung berichtet wird.
Auch kann in diesem Zusammenhang nicht auf Grundlage der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 12.12.1995 (AZ: 9 RV 14/95 = SozR 3-3100 § 1 Nr. 18 = BSGE 77, 151 bis 155) eine Beweiserleichterung dergestalt erfolgen, dass aufgrund eines typisierten Geschehensablaufes das schädigende Ereignis, wie auch die Primärschädigung nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises als nachgewiesen bejaht werden könnten. Denn gerade die Nichterwähnung des schädigenden Ereignisses und des Primärschadens hinsichtlich der Erblindung des linken Auges in den zeitnahen Lazarettunterlagen unter gleichzeitiger Bestätigung der Amputation aller Zehen am linken Fuß nach Erfrierung, die nach den eigenen Angaben des Klägers im gleichen Zusammenhang mit dem "Panzerabschuss" am 05.02.1942 gestanden haben, sprechen gegen die Annahme eines solchen typischen Geschehensablaufes.
Nach alledem hatte die Berufung keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 SGG).
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