L 18 V 4/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
18
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 V 2/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 V 4/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 11.10.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Klägerin Hinterbliebenenrente oder Witwenbeihilfe und ungekürztes Bestattungsgeld zustehen.

Bei dem am ...1918 geborenen und am 04.08.1997 verstorbenen Versorgungsberechtigten (VB) und Ehemann der Klägerin waren zuletzt mit Bescheid vom 27.02.1978 als Schädigungsfolgen (SF) mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 70 vH anerkannt:

1. Versteifung des linken Schultergelenkes und Teilversteifung des Ellenbogen-, Hand- und der Fingergelenke nach geheiltem Schussbruch des linken Oberarmes.
2. Geheilter Unterkieferschussbruch mit Verlust der Zähne 11 und 12 im Oberkiefer, 31 bis 36 sowie 41 bis 45 im Unterkiefer.

3. Narbe an der Nase und am linken Unterarm.

Als Folge eines am 22.03.1968 erlittenen Arbeitsunfalls (Sturz von einer Leiter) waren beim VB von der Südwestlichen Bau-Berufsgenossenschaft (BG) lt. Bescheid vom 14.10.1997 mit einer MdE von 50 vH anerkannt: Muskelschwäche am rechten Arm, Teilversteifung des rechten Schultergelenks, Streck- und Beugebehinderung am rechten Ellenbogengelenk, Einschränkung der Drehbeweglichkeit des rechten Unterarmes nach innen und außen, Bewegungsbehinderung am rechten Handgelenk, Beugeeinschränkung aller Langfinger der rechten Hand, geringe Streckbehinderung an den Mittelgelenken der Langfinger der rechten Hand, unvollständiger Faustschluss der Langfinger, Verdickung des Mittelgelenks am rechten Mittelfinger.

Der VB bestand am 07.04.1945 die erste juristische Staatsprüfung, musste aber nach zweimaligem Nichtbestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung 1951 als Referendar aus dem Staatsdienst ausscheiden. Bereits während seiner Referendarzeit und danach arbeitete er im elterlichen Stukkateurbetrieb und schied 1970 als Geschäftsführer aus dem elterlichen Betrieb aus. Der VB bezog keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die BG ist im Bescheid vom 24.04.1969 über eine vorläufige Rente davon ausgegangen, dass der VB den Unfall von 1968 im eigenen Betrieb erlitten hatte.

1.

Die Klägerin stellte am 18.08.1997 Antrag auf Gewährung von Bestattungsgeld und Hinterbliebenenrente unter Vorlage eines ärztlichen Attestes des Dr.H ... vom 14.08.1997, wonach der VB an einem zunehmenden Kräfteverfall verstorben sei und in den letzten Wochen (schädigungsbedingt) keinerlei Nahrung mehr zu sich habe nehmen können. Nach der Todesbescheinigung des Gesundheitsamtes Bad Neustadt vom 22.08.1997 war der Tod des VB aufgrund eines Herzstillstandes als Folge von arteriellen Embolien im Zusammenhang mit einem Aorten-Femoralisaneurysma sowie Zustand nach Myokardinfarkt und Herzinsuffizienz eingetreten. Nach der vom Beklagten eingeholten Stellungnahme des Internisten und Pneumologen Dr.B ... vom 09.09.1997 verstarb der VB an einer primär vasculären arteriosklerotischen Gefäßerkrankung.

Der Beklagte gewährte mit Bescheid vom 21.10.1997 das Bestattungsgeld nur zur Hälfte in Höhe von 1.366,- DM, da er den Tod des VB nicht als Folge einer Schädigung im Sinne des § 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) erachtete. Im Widerspruchsverfahren begehrte die Klägerin die Aufhebung des Bescheides vom 21.10.1997 und die Gewährung von Witwenversorgung. Sie machte geltend, der Tod des VB sei Schädigungsfolge gewesen. Auch hätte dieser ohne die Schädigungsfolgen sicher noch länger als ein Jahr gelebt. Zur Begründung legte sie ein Attest des Chefarztes des Kreiskrankenhauses Bad Neustadt, Innere Abteilung, Dr.S ..., vom 21.10.1997 vor, wonach die Verletzung im Gesichtsbereich bzw im Bereich der Kaumuskulatur den VB während des stationären Aufenthalts vom 11.05.1997 bis 18.06.1997 wegen eines Vorderwandinfarkts mit Vorderwandaneurysma, einer akuten Pankreatitis und einer gastrointestinalen Blutung bei Ulcus duodeni sehr stark behindert habe. Die Kriegverletzung habe zur Folge gehabt, dass der VB während des stationären Aufenthaltes kontinuierlich ganz erheblich an Gewicht abgenommen habe und kräftemäßig zusehends verfallen sei. Die Schädigungsfolgen hätten sich bei der jetzigen Erkrankung mit tödlichem Ausgang für den VB in nicht unerheblichem Umfang negativ ausgewirkt. Der Allgemeinarzt Dr.H ... vertrat in einem Attest vom 30.10.1997 die Auffassung, dass - hätten die Schussverletzungen des Gesichts und des Unterkiefers nicht bestanden - der VB die neu aufgetretenen akuten Erkrankungen, an denen er verstorben sei, überlebt hätte.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 12.12.1997 zurück. Zur Begründung gab er an, aus den zahlreichen Vorgutachten werde in keinem Fall von einer Beeinträchtigung der Nahrungsaufnahme berichtet. Ursächlich für den Tod des VB sei vielmehr eine vasculäre arteriosklerotische Gefäßerkrankung, die in keinem Zusammenhang mit den geltend gemachten Kaubeschwerden und der darauf zurückgeführten Gastritis und Duodenitis stehe.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Würzburg hat die Klägerin die Auffassung vertreten, der VB sei wegen der Gesichts- und Kieferverletzung und der damit im Zusammenhang stehenden verminderten Nahrungsaufnahme regelrecht verhungert. Sie hat ein Attest des Chefarztes der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses Bad Neustadt vom 26.02.1998, Dr.J ..., vorgelegt, wonach die nicht ausreichende orale Nahrungsaufnahme bei Zustand nach Kriegsverletzung des rechten Oberkiefers zur langzeitparenteralen Ernährung vom 22.07.1997 bis 04.08.1997 gezwungen habe und der VB trotz aller intensiv-medizinischen Bemühungen am 04.08.1997 verstorben sei. Die vom SG gehörte Internistin Dr.B ... hat den Tod des VB in ihrem Gutachten vom 22.03.1999 nicht auf die anerkannten Schädigungsfolgen zurückgeführt. Sie hat auch nicht angenommen, dass die anerkannten Schädigungsfolgen den Todeszeitpunkt um ein Jahr vorverlegt haben. Der gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörte Facharzt für Allgemeinmedizin Dr.H ... hat in seinem Gutachten vom 16.06.1999 angenommen, der VB sei zum größeren Teil auch an den anerkannten Schädigungsfolgen durch völligen Kräfteverfall verstorben. Die anerkannten Schädigungsfolgen hätten mit höchster Wahrscheinlichkeit den Todeszeitpunkt um mindestens ein bis zwei Jahre vorverlegt.

Der Beklagte hat mit einer chirurgisch-gefäßchirurgischen Stellungnahme des Dr.T ... vom 29.06.1999 daran festgehalten, dass der Tod des VB Folge der schädigungsunabhängigen dilatierenden arteriellen Erkrankung gewesen sei.

2.

Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin vom 14.08.1997 auf Witwenversorgung gemäß § 38 BVG mit Bescheid vom 29.05.1998 ab. Er verneinte einen ursächlichen Zusammenhang der anerkannten Schädigungsfolgen mit dem zum Tod führenden Leiden und maß den anerkannten Schädigungsfolgen auch keine Bedeutung im Sinne einer Lebensverkürzung um mindestens ein Jahr zu. Auch die Unfallfolgen des Arbeitsunfalles vom 22.03.1968 (Sturz von einer Leiter) sah er nicht als mittelbare Schädigungsfolgen an. Zugleich lehnte er die Gewährung von Witwenbeihilfe mit der Begründung ab, es könne nicht glaubhaft nachvollzogen werden, dass der VB wegen der Schädigungsfolgen nicht in der Lage gewesen sei, die zweite juristische Staatsprüfung mit Erfolg abzulegen. Der VB sei auch nicht wegen der anerkannten Schädigungsfolgen aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 31.07.1998).

Gegen diese Bescheide hat die Klägerin ebenfalls Klage zum SG erhoben und daran festgehalten, dass der VB die akute Erkrankung ohne Kriegsverletzung überlebt hätte. Auch sei der VB durch die Kriegsbeschädigung beruflich betroffen gewesen, da er wegen ständiger verletzungsbedingter Erkrankungen die zweite juristische Staatsprüfung nicht geschafft habe. Auch die Tätigkeit als Geschäftsführer der Stukkateurfirma seines Vaters habe der VB 1970 schädigungsbedingt beenden müssen.

Das SG hat die Referendarakten des VB vom Oberlandesgericht Bamberg beigezogen und nach Verbindung der Klageverfahren die Klagen mit Urteil vom 11.10.1999 abgewiesen. Es hat sich insbesondere den Ausführungen der Dr.B ... angeschlossen und auch keinen Anhalt gesehen, dass der VB schädigungsbedingt die zweite juristische Staatsprüfung nicht bestanden hat. Vielmehr habe er sich in zeitlich ausreichender Weise auf die Prüfung vorbereiten können und habe als Kriegsversehrter der Stufe III Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit um die Hälfte der normalen Arbeitszeit bei den vier schriftlichen Arbeiten gehabt. Aus dem elterlichen Geschäft sei er 1970 auch nicht wegen der Schädigungsfolgen ausgeschieden.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und weiterhin die Gewährung von Hinterbliebenenrente oder Witwenbeihilfe begehrt. Der vom Senat gehörte Leitende Arzt der Gefäßchirurgie der Chirurgischen Universitätklinik Würzburg, Prof.Dr.F ..., hat im Gutachten vom 07.08.2000 die Kau- und Schluckbeschwerden des VB mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Ursache für die abrupte Körpergewichtsabnahme von 15 kg innerhalb der letzten zwei Jahre vor seinem Ableben ausgeschlossen. Ebenso ist er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen, dass der VB wegen der Kau- und Schluckstörungen nicht mindestens ein oder zwei Jahre früher verstorben ist.

Die Klägerin hat an ihrem Begehren festgehalten und sich auf das Gutachten des Dr.H ... vom 16.06.1999 sowie das Attest des Dr.S ... vom 21.10.1997 gestützt. Zusätzlich hat sie ein Schreiben des behandelnden Zahnarztes Dr.T.F ... vom 11.09.2000 vorgelegt, worin sich dieser den Ausführungen des Dr.H ... angeschlossen hat, weil der VB wegen der Schädigungsfolgen keine richtige Kauarbeit habe leisten können.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des SG Würzburg vom 11.10.1999 und den Bescheid vom 21.10.1997 idF des Widerspruchsbescheides vom 12.12.1997 sowie den Bescheid vom 29.05.1998 idF des Widerspruchsbescheides vom 31.07.1998 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr Hinterbliebenenrente gemäß § 38 BVG und das volle Bestattungsgeld, hilfsweise Witwenbeihilfe gemäß § 48 BVG zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Würzburg vom 11.10.1999 zurückzuweisen.

Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Beschädigten- und Witwenakte sowie die Schwerbehindertenakte des Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§§ 143, 151 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente gemäß § 38 BVG und das volle Bestattungsgeld. Auch Witwenbeihilfe gemäß § 48 BVG steht ihr nicht zu.

1.

Nach § 38 Abs 1 BVG hat die Witwe eines Beschädigten Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn dieser an den Folgen seiner Schädigung gestorben ist. Der Tod gilt stets dann als Folge einer Schädigung, wenn ein Beschädigter an einem Leiden stirbt, das als Folge einer Schädigung rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war. Unabhängig von einem a n e r k a n n t e n Schädigungsleiden ist der Tod nach § 38 Abs 1 Satz 1 BVG auch dann immer die Folge einer Schädigung, wenn er durch diese unmittelbar oder mittelbar herbeigeführt worden ist (so Wilke/Förster, Soziales Entschädigungsrecht, Kommentar, 7. Auflage § 38 RdNr 12 mit Rechtsprechungshinweisen). Kausal für den Tod ist die Schädigung aber auch dann, wenn sie zu einer Lebensverkürzung um mindestens ein Jahr geführt hat (Verwaltungsvorschrift zu § 38 Nr 1 Satz 2 BVG).

Die anerkannte Schädigungsfolge "geheilter Unterkieferschussbruch mit Verlust der Zähne 11 und 12 im Oberkiefer, 31 bis 36 sowie 41 bis 45 im Unterkiefer" hat den Tod des VB weder unmittelbar noch mittelbar herbeigeführt. Auch die vom VB bei dem Arbeitsunfall am 22.03.1968 erlittenen Gesundheitsstörungen scheiden als Ursache für Tod des VB aus.

Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der Ausführungen des Dr.B ... vom 09.09.1997, des Dr.T ... vom 29.06.1999 sowie der gerichtsärztlichen Sachverständigen Dr.B ... und Prof. Dr.F ... Dem vom SG eingeholten Gutachten des Dr.H ... sowie den von der Klägerin vorgelegten Attesten des Dr.S ... vom 21.10.1997, des Dr.J ... vom 26.02.1998 sowie des Dr.F ... vom 11.09.2000 vermag der Senat nicht zu folgen.

Prof.Dr.F ... und Dr.B ... haben die Auffassung des Dr.B ... in überzeugender Weise bestätigt. So weist Prof. Dr.F ... zu Recht darauf hin, dass der VB trotz der schädigungsbedingten Kau- und Schluckstörungen kontinuierlich und konstant über einen Zeitraum von über 52 Jahren seit der Verwundung ein Körpergewicht von 89 kg aufbauen und halten konnte. Prof.Dr.F ... schließt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Kau- und Schluckbeschwerden als Ursache für die beim VB eingetretene abrupte Körpergewichtsabnahme von 15 kg innerhalb der letzten zwei Jahre vor seinem Ableben aus. Es bestand nach den Feststellungen des Sachverständigen beim VB kein Unterschied zwischen einer stationären Ernährung in der Klinik und einer normalen Essensaufnahme zu Hause, da in beiden Fällen der "gestörte" Kau- und Schluckvorgang der gleiche war. Selbst nach einer Operation, wenn ein Patient extubiert und mobilisiert ist, sind dieselben Voraussetzungen gegeben. Falls eine orale Ernährung nicht möglich ist, wird der Patient - wie beim VB geschehen - parenteral ernährt oder es wird eine Infusionstherapie durchgeführt. Die Schädigungsfolgen des VB haben weder unmittelbar noch mittelbar zu seinem Tod ursächlich beigetragen. Bereits 1988 wurde beim VB schädigungsfremd eine transabdominelle Tumornephrektomie rechts wegen hypernephroidem Nierenzellkarzinom durchgeführt. Dabei hat der VB nach dem Entlassungsbericht des Dr.S ... vom 12.10.1988 in den letzten Monaten, wohl auch infolge der Operation 12 kg Gewicht abgenommen. Der VB befand sich vom 11.05. bis 18.06.1997 wegen eines Vorderwandinfarkts mit Vorderwandaneurysma, akuter Pankreatitis und einer gastrointestinalen Blutung bei Ulcus duodeni in stationärer Behandlung. Am 15.07.1997 erfolgte eine Aneurysmaabtragung der Arteria femoralis links. Postoperativ zeigte sich eine Ischämie des linken Unterschenkels. Beim VB wurde deshalb am 16.07.1997 eine femorale und trunkale Thrombektomie sowie Patchplastik durchgeführt. Zwischen 1995 und der stationären Aufnahme im Kreiskrankenhaus Bad Neustadt am 11.05.1997 ist nach den gutachtlichen Feststellungen des Dr.H ... eine Gewichtsabnahme von 15 kg festzustellen gewesen. Der Sachverständige Prof.Dr.F ... stellt zu Recht die Frage, weshalb bei einer Gewichtsabnahme von 12 kg das eine Mal Kau- und Schluckstörungen ohne Bedeutung seien, das andere Mal aber bei der Gewichtsabnahme von 15 kg derart von Bedeutung seien, dass sie sich "in nicht unerheblichen Umfang negativ auf den letalen Ausgang" ausgewirkt haben. Diese Fragestellung erhellt in besonderer Weise, die Unschlüssigkeit der Argumentation der Dres.S ..., J ... und H ... Die Schädigungsfolgen des VB haben in keinster Weise zu seinem Tod beigetragen. Vielmehr sind als Ursache für den Tod des VB schädigungsunabhängige Komplikationen der allgemeinen Gefäßerkrankung heranzuziehen. Die Aneurysmata der Arteria fermoralis und der Aorta waren nach den Feststellungen des Dr.T ... bereits 1993 bekannt und hatten zu erheblichen embolischen Komplikationen in den Beinen geführt. Der relativ rasche Krankheitsverlauf im Jahre 1997 ist als Finalstadium einer Aneurysmakrankheit nicht ungewöhnlich. Es kommt in immer kürzeren Zeitabständen zu zahlreichen kleineren und größeren Embolien mit Verschluss von Organgefäßen im Bauchraum. Ein gastrointestinale Blutung mit neu aufgetretenen Ulcus duodeni als Folge anhaltender Beschwerden im Mundbereich anzusehen ist medizinisch nicht schlüssig.

Auch der Arbeitsunfall von 1968 ist nicht ursächlich für den Tod des VB. Der Senat brauchte nicht darüber zu entscheiden, ob die Unfallfolgen sich als mittelbare Folgen der anerkannten Schädigung darstellen. Die Unfallfolgen sind nämlich sämtlich orthopädischer Natur und können schon deswegen keinen ursächlichen Beitrag zum Tod des VB geleistet haben.

Da den Schädigungsfolgen keinerlei (Mit)-Ursache am Tod des VB zukommt, können sie auch nicht eine Lebensverkürzung des VB um mindestens ein Jahr herbeigeführt haben.

Da der Tod des VB nicht die Folge einer Schädigung ist, steht der Klägerin nur das hälftige Bestattungsgeld zu (§ 36 Abs 1 Satz 1 BVG).

2.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Witwenbeihilfe gemäß § 48 BVG.

Voraussetzung für die Gewährung einer Witwenbeihilfe gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 BVG ist, dass ein rentenberechtigter Beschädigter, der nicht an den Folgen der Schädigung verstorben ist, durch die Schädigungsfolgen gehindert war, eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben und dadurch die Versorgung seiner Hinterbliebenen mindestens um einen der in Satz 1 genannten Vonhundertsätze gemindert ist. Diese Minderung wird nach den Sätzen 5 und 6 dieses Absatzes unter bestimmten Voraussetzungen unwiderleglich vermutet.

Ein Anspruch der Klägerin kann nicht auf § 48 Abs 1 Satz 6 BVG gestützt werden. Danach steht Witwenbeihilfe zu, wenn der VB zu Lebzeiten mindesten fünf Jahre Anspruch auf Berufschadensausgleich (BSA) gehabt hätte. Dabei ist es ohne Belang, dass der VB keinen BSA bezogen und auch keinen entsprechenden Antrag gestellt hat. Es müssen lediglich die gesetzlichen Vorausetzungen klar erkennbar bestanden haben, sodass es sich der Verwaltung aufdrängen muss, dass alle tatsächlichen Voraussetzungen erfüllt sind (BSG SozR 3-3100 § 48 Nr 3). Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor. Ein Anspruch auf BSA ist nämlich aus der Beschädigtenakte zu keinem Zeitpunkt klar erkennbar gewesen. Die beweiserleichternde Rechtsvermutung des § 48 Abs 1 Satz 6 BVG setzt voraus, dass sich die Verwaltung mit dem hypothetischen und wirklichen Berufsweg des Beschäftigten schon zu Lebzeiten befasst hat und zu einem positiven Ergebnis gekommen ist. Nur dann liegen im Zeitpunkt des Todes die Voraussetzungen eines etwaigen Anspruchs auf BSA klar erkennbar vor. Ein solcher Sachverhalt war vorliegend aber nicht gegeben.

Es besteht auch kein Anspruch auf Witwenbeihilfe nach § 48 Abs 1 Satz 1 BVG. Kommt einer Witwe die Beweiserleichterung deshalb nicht zugute, weil der VB weder BSA bezogen noch offenbar Anspruch hierauf gehabt hat, ist der Antrag auf Witwenbeihilfe abschließend nach § 48 Abs 1 Satz 1 BVG zu beurteilen. Das Fehlen der Beweiserleichterung schließt die Witwe nicht davon aus, ihren Anspruch durch eine konkrete Minderung der Hintenbliebenenversorgung darzulegen (BSG aaO). Eine Minderung der Hinterbliebenenversorgung ist durch die Folgen der Schädigung aber nicht eingetreten, weil der VB nicht gehindert war, eine entsprechende Erwerbstätigkeit ausüben. Der Senat geht dabei davon aus, dass der VB als Selbstständiger im elterlichen Betrieb gearbeitet hat, da er keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen hat und auch die Südwestliche Baugenossenschaft in einem Bescheid vom 24.04.1969 von einem Unfall des VB im eigenen Betrieb ausgegangen ist. Weder hat der VB in seinem Beruf als selbstständiger Geschäftsführer im elterlichen Stukkateurbetrieb einen schädigungsbedingten Minderverdienst erlitten noch ist das vorzeitige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben 1970 ursächlich auf die Schädigungsfolgen zurückzuführen. Der VB ist nach dem Krieg auch nicht schädigungsbedingt verspätet in das Berufsleben eingetreten.

Wesentliche Ursache für das Ausscheiden des VB aus dem Betrieb 1970 waren nicht die schädigungsbedingten Gesundheitsstörungen. Ursachen sind im Versorgungsrecht die Bedingungen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Haben mehrere Umstände zu einem Erfolg beigetragen, sind sie versorgungsrechtlich nur dann nebeneinanderstehende Mitursachen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges annähernd gleichwertig sind (Verwaltungsvorschrift Nr 2 Sätze 1 und 2 zu § 1 BVG). Von einer annähernden Gleichwertigkeit schädigungsbedingter und schädigungsunabhängiger Gesundheitsstörungen kann im Zeitpunkt des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben nicht ausgegangen werden. Die Schädigungsfolgen haben den VB nicht gehindert, von 1950 bis 1970 im elterlichen Betrieb tätig zu sein. Es ist daher wahrscheinlich, dass die durch den Betriebsunfall 1968 eingetretenen, nicht unerheblichen Behinderungen auf orthopädischem Gebiet den Kläger zu einer vorzeitigen Aufgabe seiner Berufstätigkeit veranlassten.

Anhaltspunkte für eine schädigungsbedingt verspätete Berufsaufnahme nach dem Krieg, die zu einer Minderung der Hinterbliebenenversorgung geführt hat, ergeben sich nicht. Der VB hat sein Studium noch während des Krieges absolviert und bereits am 07. April 1945 die erste jurstische Staatsprüfung abgelegt. Er hat anschließend als Gerichtsreferendar gearbeitet. Das Nichtbestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung kann den Schädigungsfolgen nicht angelastet werden. Aus den vom Oberlandesgericht Bamberg beigezogenen Personalunterlagen des VB ergibt sich, dass dieser wegen der Schädigungsfolgen nicht gehindert war, die Wiederholungsprüfung des zweiten juristischen Staatsexamens zu bestehen. Zwar war er während des neunmonatigen Vorbereitungsdienstes, der ab 01. September 1949 bis zur Wiederholungsprüfung abzuleisten war, vom 08.08.1949 bis zum 08.10.1949 wegen der Schädigungsfolgen stationär in Behandlung gewesen, doch war er danach für 4 Wochen vom Dienst befreit, sodass er sich auf die Wiederholungsprüfung in zeitlich ausreichender Weise vorbereiten konnte. Auch hatte er als Kriegsversehrter der Stufe III Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit um die Hälfte der normalen Arbeitszeit bei den vier schriftlichen Arbeiten des zweiten Staatsexamens.

Der VB hat auch in seinem Beruf als selbstständiger Geschäftführer keinen schädigungsbedingten Minderverdienst erlitten. Ob der Witwe eines selbstständig tätig gewesenen Beschädigten Beihilfe zusteht, hängt wie der BSA davon ab, ob eine Differenz zwischen dem Vergleichseinkommen und dem Einkommen bestanden hat, das der Beschädigte als Unselbstständiger mit der verbliebenen Arbeitskraft noch hätte verdienen können (BSG SozR 3-3100 § 48 Nr 8). Das Vergleicheinkommen bei Selbstständigen wird nach § 5 Berufschadensausgleichs-Verordnung (BSchAV) ermittelt (§ 2 Abs 1 Satz 1 Nr 3 BSchAV). Danach ist bei selbstständig Tätigen mit abgeschlossener Hochschulausbildung von dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 14/15 auszugehen (§ 5 Abs 1 BSchAV). Nach der Rechtsprechung des BSG (aaO) ist der Selbstständige hinsichtlich des tatsächlichen (derzeitigen) Einkommens als Unbeschädigter und als Beschädigter in die jeweils passende Gruppe der Besoldungsordnung einzustufen, weil nur damit eine sachgerechte Vergleichsbetrachtung angestellt werden kann. Maßgebend ist das Einkommen, das der Beschädigte als Bewerber um eine unselbstständige Berufsstellung wahrscheinlich erzielen würde. Das Tatsachengericht hat in freier Würdigung - unabhängig vom abstrakten MdE-Grad - das trotz Schädigung verbliebene Leistungsvermögen für eine bestimmte Tätigkeit einzuschätzen. Der Senat geht in Anlehnung an die Rechtsprechung des BSG davon aus, dass eine "entsprechende" Arbeitsstelle des VB seinem erlernten Berufsfeld zuzuordnen ist. In Würdigung der vom VB abgeschlossenen Hochschulausbildung und des von ihm durch die Promotion gezeigten Leistungswillens gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass der VB als Unselbstständiger eine Stelle in der öffentlichen Verwaltung hätte finden können, in der er das Einkommen der Besoldungsgruppe A 14/15 erreicht hätte. Der VB hätte mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen den beruflichen Anforderungen einer Verwaltungstätigkeit als Beamter des höheren Dienstes gerecht werden können. Dabei trägt der Senat auch der Erfahrung Rechnung, dass Beschädigte mit einem MdE-Wert von 70 vH häufig in vollen Umfang den beruflichen Anforderungen gerecht werden können, sodass das Vergleichseinkommen erzielt oder sogar überschritten wird. Dabei kann das Nichtbestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung - wie bereits ausgeführt - den Schädigungsfolgen nicht angelastet werden. Ein hieraus eventuell sich ergebendes Einstellungshindernis für eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst kann daher für die Frage der Witwenbeihilfe keine Berücksichtigung finden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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