Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 30 SB 125/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 SB 95/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.06.2001 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist die Höhe des Grad der Behinderung (GdB) nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) bzw. ab dem 01.07.2001 nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX).
Bei dem 1943 geborenen Kläger war zuletzt wegen der Behinderungen:
"1. Verlust des Riechvermögens und der Geschmackswahrnehmung,
2. Schlafapnoesyndrom,
3. plastische Rachenoperation,
4. Harnblasenentleerungsstörungen bei Vergrößerung der Vorsteherdrüse"
ein GdB von 30 festgestellt worden (Bescheid vom 02.07.1998).
Unter Beibehaltung eines GdB von 30 stellte der Beklagte auf einen Änderungsantrag von September 1999 hin unter Berücksichtigung der weiteren Behinderung "Wirbelsäulenverschleißleiden, Wirbelsäulenfehlform, zeitweilige Nervenwurzelkompressionssymptomatik in dem linken Arm" zusätzlich den Nachteilsausgleich "dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit" fest (Bescheid vom 01.02.2000 und Widerspruchsbescheid vom 11.04.2000).
Im anschließenden Klageverfahren hat der Kläger begehrt, einen GdB von mindestens 50 festzustellen. Er hat die Auffassung vertreten, ein GdB von 30 würde dem Ausmaß seiner Gesundheitsstörungen nicht gerecht. Unter Berücksichtigung der wechselseitigen Verstärkungen der einzelnen Behinderungen, die zudem unzureichend bewertet worden seien, würde sich ein Gesamt-GdB von 50 ergeben.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides von 01.02.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2000 zu verurteilen, einen GdB von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach Beiziehung verschiedener Befundberichte hat das Sozialgericht weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dr. T, Facharzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde und Arbeitsmedizin, Allergologie-Umweltmedizin, vom 06.03.2001. Der Sachverständige hat hierin eine wesentliche Änderung verneint und weiterhin einen GdB von 30 für angemessen erachtet.
Mit Urteil vom 07.06.2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Dabei hat es sich im wesentlichen auf die Beurteilung des Sachverständigen Dr. T gestützt.
Gegen dieses ihm am 21.06.2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 29.06.2001 eingelegte Berufung des Klägers. Der Kläger meint, insbesondere das Schlafapnoesyndrom sei mit einem GdB von 20 zu gering bewertet, weil er wegen auftretender Komplikationen eine Atemmaske nicht benutzen könne. Eine wesentliche Überdruckbeatmung sei ihm aus Gründen der Komplikationen im Sinne der Nasennebenhöhlenentzündungen etc. nicht mehr möglich. Unter Berücksichtigung der wechselseitigen Auswirkungen sämtlicher Behinderungen sei ein GdB von insgesamt mindestens 50 gerechtfertigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.06.2001 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 01.02.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2000 zu verurteilen, einen GdB von 50 festzustellen, hilfsweise, weiteren Sachverständigenbeweis zur GdB-Bildung zu erheben im Sinne des klägerischen Hinweises auf die Unmöglichkeit einer wesentlichen nasalen Überdruckatmung und im Hinblick auf die Einbeziehung der Punkte 3 und 6 der gutachterlichen Feststellung auf Blatt 22 bei der Behinderung zu 1.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Im Berufungsverfahren ist auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein pneumologisch-somnologisches Gutachten von Prof. Dr. S, Leitender Arzt der Klinik für Pneumologie, Allergologie und Schlafmedizin B, vom 17.03.2002 eingeholt worden. Der Sachverständige hat im Wesentlichen die Beurteilung des Sachverständigen Dr. T bestätigt.
Zur weiteren Sachverhaltsdarstellung und bezüglich des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Inhalte der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30; § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), § 4 Abs. 1 und 3 SchwbG, § 69 Abs. 1 SGB IX.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens lässt es sich nicht feststellen, dass in den gesundheitlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides am 02.07.1998 vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten ist, die einen höheren GdB als 30 rechtfertigt.
Dies folgt zur Überzeugung des Senats unter Würdigung aller Umstände sowohl aus den Feststellungen des Sachverständigen Dr. T, auf dessen Beurteilung sich das Sozialgericht zutreffend gestützt hat, als auch des im Berufungsverfahren gehörten Sachverständigen Prof. Dr. S, der die von Dr. T festgestellten Befunde und deren Einschätzung im Wesentlichen bestätigt hat. Beide Sachverständigen sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass sich eine wesentliche für den GdB bedeutsame Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen nicht feststellen lässt. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers sieht der Senat keine Veranlassung, von dieser medizinisch begründeten Einschätzung der beiden Sachverständigen abzuweichen.
In den gesundheitlichen Verhältnissen ist lediglich insoweit eine Änderung eingetreten, als nunmehr zusätzlich eher leichtgradige Wirbelsäulenveränderungen, eine arterielle Hypertonie mit geringer Leistungsbeeinträchtigung sowie die von Prof. Dr. S beschriebene nasale Sensibilisierung gegenüber Hausstaub- und Vorratsmilben feststellbar sind. Diese zusätzlichen Gesundheitsstörungen bedingen keine für den GdB wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X. Denn die hieraus folgenden Beeinträchtigungen, die jeweils allenfalls Einzel-GdB von 10 bedingen, rechtfertigen jedenfalls keine Erhöhung des GdB auf über 30. Art und Ausmaß der insoweit feststellbaren Befunde geben keinen Anlass, von dem allgemeinen Grundsatz abzuweichen, dass leichtere Behinderungen mit einem Einzel-GdB von 10 das Gesamtausmaß der Behinderungen regelmäßig nicht erhöhen ("Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz", 1996 - AP - Ziffer 19 Abs. 4, Seite 35).
Es lässt sich auch nicht feststellen, dass sich die im Vordergrund stehenden und für die Bildung des Gesamt-GdB allein bedeutsamen Behinderungen geändert haben.
Die Behinderungen "chronische Nasennebenhöhlenentzündungen, Verlust des Riechvermögens und der Geschmacksempfindung, Zustand nach plastischer Nasen-Rachen-Operation" entsprechen im Wesentlichen den insoweit bereits bei Erlass des Bescheides vom 02.07.1998 gegebenen gesundheitlichen Verhältnissen. Anhaltspunkte für eine Verschlimmerung sind nach den von den Sachverständigen übereinstimmend mitgeteilten Befunden nicht erkennbar. Dies gilt auch für das bereits 1991 diagnostizierte obstruktive Schlafapnoesyndrom, das weiterhin eine nasale Überdruckbeatmung notwendig macht. Denn wiederholte diagnostische Messungen aus dem Zeitraum von 1991 bis zu der letzten aktuellen Messung in der Klinik B bei dem Sachverständigen Prof. Dr. S weisen einen nahezu konstanten Apnoe-Hypopnoe-Index auf. Soweit der Kläger vorträgt, er könne die Atemmaske nicht tragen, folgt hieraus keine wesentliche Änderung der Verhältnisse. Denn medizinische Gründe, die eine Überdruckbeatmung - anders als früher - nunmehr nicht mehr durchführbar machen, sind nicht erkennbar. Vielmehr ergaben die eingehenden Untersuchungen durch die Sachverständigen - das Gutachten des Prof. Dr. S ist im Rahmen eines stationären Aufenthaltes vom 04.03. bis 06.03.2002 erstellt worden -, dass grundsätzlich eine Überdruckbeatmung weiterhin durchführbar und hiermit eine sehr gute Einstellung des obstruktiven Schlafapnoesyndroms zu erzielen ist.
Soweit der Kläger vorträgt, er könne die Atemmaske nicht immer benutzen und müsse längere Pausen (nach seinen Angaben oft bis zu einem Monat) einlegen, rechtfertigt auch dieser Umstand es nicht, eine wesentliche Änderung der Verhältnisse anzunehmen. Denn unter Berücksichtigung der früheren Angaben des Klägers und insbesondere der ärztlichen Unterlagen, die dem Bescheid vom 02.07.1998 zugrundegelegen haben, sind die vom Kläger angeführten Probleme bei der Nutzung der Überdruckmaske nicht neu aufgetreten. Vielmehr haben diese Probleme auch bereits vor der letzten Bescheiderteilung vorgelegen. So heißt es in dem Arztbrief des Dr. A - Facharzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie - vom 13.01.1998, dass nach Angaben des Klägers die CPAP-Anwendung aufgrund chronischer Nasenbeschwerden sowie Zustand nach UPPB kaum regelmäßig durchgeführt werden kann. Insgesamt lässt sich in den tatsächlichen Verhältnissen keine wesentliche Änderung feststellen, die eine Erhöhung des GdB auf über 30 rechtfertigen könnte.
Das zum 01. Juli 2001 in Kraft getretene SGB IX, dass das bis dahin geltende SchwbG abgelöst hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Diese gesetzliche Neuregelung macht grundsätzlich kein Abweichen von der bisherigen Feststellungspraxis erforderlich (Urteile des BSG vom 07.11.2001 - B 9 SB 1/01 R - und vom 27.02.2002 - B 9 SB 6/01 R -).
Da bereits eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X nicht nachgewiesen ist, sieht der Senat keinen Anlass, die vom Kläger im Hinblick auf die Durchführbarkeit einer wesentlichen nasalen Überdruckbeatmung angeregten weiteren Ermittlungen vorzunehmen. Für die Frage einer wesentlichen Änderung lässt sich hieraus nichts herleiten. Denn die vom Kläger angeführten Probleme bei der Nutzung der Atemmaske sind nicht neu aufgetreten. Vielmehr haben sie unter Würdigung sämtlicher medizinischer Unterlagen und auch unter Berücksichtigung des früheren Vorbringens des Klägers im Grunde von Anfang an und - wie oben ausgeführt - insbesondere bereits bei Erlass des letzten Bescheides vom 02.07.1998 vorgelegen.
Im Übrigen wäre der GdB auch dann nicht höher als 30, wenn man ihn ungeachtet der nicht nachgewiesenen wesentlichen Änderung der Verhältnisse auf der Grundlage des jetzigen Verfahrensergebnisses neu bilden wollte. Auch hiernach wird der festgestellte GdB von 30 in Anwendung der nach den AP maßgeblichen Bewertungskriterien, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung von den Gerichten wie untergesetzlichen Normen anzuwenden sind (u.a. Urteil des BSG vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - in SozR 3-3870 Nr. 19 m.w.N.), dem Gesamtausmaß der behinderungsbedingten Beeinträchtigungen gerecht. Der von den Sachverständigen vorgeschlagene Teil-GdB von 20 für die Behinderungen "chronische Nasennebenhöhlenentzündung, Verlust des Riechvermögens und der Geschmackempfindung, plastische Nasen-Rachen-Operation" erscheint unter Würdigung der feststellbaren Befunde und unter Berücksichtigung der Bewertungsmaßstäbe der AP (vgl. Ziffer 26, 7 Seite 76) zutreffend. Dies gilt auch für den vorgeschlagenen Einzel-GdB von 20 für das Schlafapnoesyndrom. Dieser Einzel-GdB entspricht den Bewertungskriterien der AP (Ziffer 26.8, S. 85), wonach ein obstruktives oder gemischtförmiges Schlafapnoesyndrom mit Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung einen GdB von 20 bedingt. Ein höherer GdB als 20 - und zwar von wenigstens 50 - ist nach den AP grundsätzlich nur dann gegeben, wenn eine nasale Überdruckbeatmung nicht durchführbar ist. Demgegenüber ist hier nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen - wie bereits ausgeführt - eine Nutzung der Atemmaske grundsätzlich möglich. Soweit der Kläger die Atemmaske nicht immer benutzt und längere Pausen der Nutzung (nach seinen Angaben oft bis zu einem Monat) einlegt, rechtfertigt dieser Umstand es nicht, für das Schlafapnoesyndrom entgegen den medizinisch begründeten Bewertungen der Sachverständigen einen höheren Einzel-GdB als 20 in Ansatz zu bringen. Insbesondere haben die Sachverständigen bei ihren Bewertungen erkennbar die vom Kläger angegebenen Probleme bei der nasalen Überdruckbeatmung berücksichtigt. Abgesehen hiervon ist für die Bewertung des GdB grundsätzlich immer der tatsächliche über einen Zeitraum von 6 Monaten hinausdauernde Zustand des Betroffenen zu beurteilen. Es ist nicht erkennbar, dass die Atemmaske über einen solchen Zeitraum nicht genutzt wird. Etwaigen wegen rezidivierender entzündlicher Veränderungen der Schleimhäute beim Tragen der Maske auftretenden Problemen wird bei der Beurteilung des Gesamtausmaßes der Behinderung dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass der GdB von 20 für das Schlafapnoesyndrom, wie von den Sachverständigen vorgeschlagen, wegen der Veränderungen im Bereich von Nase und Rachen auf 30 erhöht wird. Weitere Behinderungen, die geeignet wären, den GdB auf über 30 zu erhöhen, liegen nicht vor.
Angesichts den dem Senat insgesamt überzeugenden übereinstimmenden Beurteilungen der Sachverständigen sind auch dann, wenn man den GdB ungeachtet der nicht nachgewiesenen Änderung i.S.d. § 48 SGB X neu bilden wollte, weitere Ermittlungen nicht notwendig.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abweicht (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Tatbestand:
Umstritten ist die Höhe des Grad der Behinderung (GdB) nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) bzw. ab dem 01.07.2001 nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX).
Bei dem 1943 geborenen Kläger war zuletzt wegen der Behinderungen:
"1. Verlust des Riechvermögens und der Geschmackswahrnehmung,
2. Schlafapnoesyndrom,
3. plastische Rachenoperation,
4. Harnblasenentleerungsstörungen bei Vergrößerung der Vorsteherdrüse"
ein GdB von 30 festgestellt worden (Bescheid vom 02.07.1998).
Unter Beibehaltung eines GdB von 30 stellte der Beklagte auf einen Änderungsantrag von September 1999 hin unter Berücksichtigung der weiteren Behinderung "Wirbelsäulenverschleißleiden, Wirbelsäulenfehlform, zeitweilige Nervenwurzelkompressionssymptomatik in dem linken Arm" zusätzlich den Nachteilsausgleich "dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit" fest (Bescheid vom 01.02.2000 und Widerspruchsbescheid vom 11.04.2000).
Im anschließenden Klageverfahren hat der Kläger begehrt, einen GdB von mindestens 50 festzustellen. Er hat die Auffassung vertreten, ein GdB von 30 würde dem Ausmaß seiner Gesundheitsstörungen nicht gerecht. Unter Berücksichtigung der wechselseitigen Verstärkungen der einzelnen Behinderungen, die zudem unzureichend bewertet worden seien, würde sich ein Gesamt-GdB von 50 ergeben.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides von 01.02.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2000 zu verurteilen, einen GdB von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach Beiziehung verschiedener Befundberichte hat das Sozialgericht weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dr. T, Facharzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde und Arbeitsmedizin, Allergologie-Umweltmedizin, vom 06.03.2001. Der Sachverständige hat hierin eine wesentliche Änderung verneint und weiterhin einen GdB von 30 für angemessen erachtet.
Mit Urteil vom 07.06.2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Dabei hat es sich im wesentlichen auf die Beurteilung des Sachverständigen Dr. T gestützt.
Gegen dieses ihm am 21.06.2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 29.06.2001 eingelegte Berufung des Klägers. Der Kläger meint, insbesondere das Schlafapnoesyndrom sei mit einem GdB von 20 zu gering bewertet, weil er wegen auftretender Komplikationen eine Atemmaske nicht benutzen könne. Eine wesentliche Überdruckbeatmung sei ihm aus Gründen der Komplikationen im Sinne der Nasennebenhöhlenentzündungen etc. nicht mehr möglich. Unter Berücksichtigung der wechselseitigen Auswirkungen sämtlicher Behinderungen sei ein GdB von insgesamt mindestens 50 gerechtfertigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.06.2001 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 01.02.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2000 zu verurteilen, einen GdB von 50 festzustellen, hilfsweise, weiteren Sachverständigenbeweis zur GdB-Bildung zu erheben im Sinne des klägerischen Hinweises auf die Unmöglichkeit einer wesentlichen nasalen Überdruckatmung und im Hinblick auf die Einbeziehung der Punkte 3 und 6 der gutachterlichen Feststellung auf Blatt 22 bei der Behinderung zu 1.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Im Berufungsverfahren ist auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein pneumologisch-somnologisches Gutachten von Prof. Dr. S, Leitender Arzt der Klinik für Pneumologie, Allergologie und Schlafmedizin B, vom 17.03.2002 eingeholt worden. Der Sachverständige hat im Wesentlichen die Beurteilung des Sachverständigen Dr. T bestätigt.
Zur weiteren Sachverhaltsdarstellung und bezüglich des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Inhalte der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30; § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), § 4 Abs. 1 und 3 SchwbG, § 69 Abs. 1 SGB IX.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens lässt es sich nicht feststellen, dass in den gesundheitlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides am 02.07.1998 vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten ist, die einen höheren GdB als 30 rechtfertigt.
Dies folgt zur Überzeugung des Senats unter Würdigung aller Umstände sowohl aus den Feststellungen des Sachverständigen Dr. T, auf dessen Beurteilung sich das Sozialgericht zutreffend gestützt hat, als auch des im Berufungsverfahren gehörten Sachverständigen Prof. Dr. S, der die von Dr. T festgestellten Befunde und deren Einschätzung im Wesentlichen bestätigt hat. Beide Sachverständigen sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass sich eine wesentliche für den GdB bedeutsame Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen nicht feststellen lässt. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers sieht der Senat keine Veranlassung, von dieser medizinisch begründeten Einschätzung der beiden Sachverständigen abzuweichen.
In den gesundheitlichen Verhältnissen ist lediglich insoweit eine Änderung eingetreten, als nunmehr zusätzlich eher leichtgradige Wirbelsäulenveränderungen, eine arterielle Hypertonie mit geringer Leistungsbeeinträchtigung sowie die von Prof. Dr. S beschriebene nasale Sensibilisierung gegenüber Hausstaub- und Vorratsmilben feststellbar sind. Diese zusätzlichen Gesundheitsstörungen bedingen keine für den GdB wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X. Denn die hieraus folgenden Beeinträchtigungen, die jeweils allenfalls Einzel-GdB von 10 bedingen, rechtfertigen jedenfalls keine Erhöhung des GdB auf über 30. Art und Ausmaß der insoweit feststellbaren Befunde geben keinen Anlass, von dem allgemeinen Grundsatz abzuweichen, dass leichtere Behinderungen mit einem Einzel-GdB von 10 das Gesamtausmaß der Behinderungen regelmäßig nicht erhöhen ("Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz", 1996 - AP - Ziffer 19 Abs. 4, Seite 35).
Es lässt sich auch nicht feststellen, dass sich die im Vordergrund stehenden und für die Bildung des Gesamt-GdB allein bedeutsamen Behinderungen geändert haben.
Die Behinderungen "chronische Nasennebenhöhlenentzündungen, Verlust des Riechvermögens und der Geschmacksempfindung, Zustand nach plastischer Nasen-Rachen-Operation" entsprechen im Wesentlichen den insoweit bereits bei Erlass des Bescheides vom 02.07.1998 gegebenen gesundheitlichen Verhältnissen. Anhaltspunkte für eine Verschlimmerung sind nach den von den Sachverständigen übereinstimmend mitgeteilten Befunden nicht erkennbar. Dies gilt auch für das bereits 1991 diagnostizierte obstruktive Schlafapnoesyndrom, das weiterhin eine nasale Überdruckbeatmung notwendig macht. Denn wiederholte diagnostische Messungen aus dem Zeitraum von 1991 bis zu der letzten aktuellen Messung in der Klinik B bei dem Sachverständigen Prof. Dr. S weisen einen nahezu konstanten Apnoe-Hypopnoe-Index auf. Soweit der Kläger vorträgt, er könne die Atemmaske nicht tragen, folgt hieraus keine wesentliche Änderung der Verhältnisse. Denn medizinische Gründe, die eine Überdruckbeatmung - anders als früher - nunmehr nicht mehr durchführbar machen, sind nicht erkennbar. Vielmehr ergaben die eingehenden Untersuchungen durch die Sachverständigen - das Gutachten des Prof. Dr. S ist im Rahmen eines stationären Aufenthaltes vom 04.03. bis 06.03.2002 erstellt worden -, dass grundsätzlich eine Überdruckbeatmung weiterhin durchführbar und hiermit eine sehr gute Einstellung des obstruktiven Schlafapnoesyndroms zu erzielen ist.
Soweit der Kläger vorträgt, er könne die Atemmaske nicht immer benutzen und müsse längere Pausen (nach seinen Angaben oft bis zu einem Monat) einlegen, rechtfertigt auch dieser Umstand es nicht, eine wesentliche Änderung der Verhältnisse anzunehmen. Denn unter Berücksichtigung der früheren Angaben des Klägers und insbesondere der ärztlichen Unterlagen, die dem Bescheid vom 02.07.1998 zugrundegelegen haben, sind die vom Kläger angeführten Probleme bei der Nutzung der Überdruckmaske nicht neu aufgetreten. Vielmehr haben diese Probleme auch bereits vor der letzten Bescheiderteilung vorgelegen. So heißt es in dem Arztbrief des Dr. A - Facharzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie - vom 13.01.1998, dass nach Angaben des Klägers die CPAP-Anwendung aufgrund chronischer Nasenbeschwerden sowie Zustand nach UPPB kaum regelmäßig durchgeführt werden kann. Insgesamt lässt sich in den tatsächlichen Verhältnissen keine wesentliche Änderung feststellen, die eine Erhöhung des GdB auf über 30 rechtfertigen könnte.
Das zum 01. Juli 2001 in Kraft getretene SGB IX, dass das bis dahin geltende SchwbG abgelöst hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Diese gesetzliche Neuregelung macht grundsätzlich kein Abweichen von der bisherigen Feststellungspraxis erforderlich (Urteile des BSG vom 07.11.2001 - B 9 SB 1/01 R - und vom 27.02.2002 - B 9 SB 6/01 R -).
Da bereits eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X nicht nachgewiesen ist, sieht der Senat keinen Anlass, die vom Kläger im Hinblick auf die Durchführbarkeit einer wesentlichen nasalen Überdruckbeatmung angeregten weiteren Ermittlungen vorzunehmen. Für die Frage einer wesentlichen Änderung lässt sich hieraus nichts herleiten. Denn die vom Kläger angeführten Probleme bei der Nutzung der Atemmaske sind nicht neu aufgetreten. Vielmehr haben sie unter Würdigung sämtlicher medizinischer Unterlagen und auch unter Berücksichtigung des früheren Vorbringens des Klägers im Grunde von Anfang an und - wie oben ausgeführt - insbesondere bereits bei Erlass des letzten Bescheides vom 02.07.1998 vorgelegen.
Im Übrigen wäre der GdB auch dann nicht höher als 30, wenn man ihn ungeachtet der nicht nachgewiesenen wesentlichen Änderung der Verhältnisse auf der Grundlage des jetzigen Verfahrensergebnisses neu bilden wollte. Auch hiernach wird der festgestellte GdB von 30 in Anwendung der nach den AP maßgeblichen Bewertungskriterien, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung von den Gerichten wie untergesetzlichen Normen anzuwenden sind (u.a. Urteil des BSG vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - in SozR 3-3870 Nr. 19 m.w.N.), dem Gesamtausmaß der behinderungsbedingten Beeinträchtigungen gerecht. Der von den Sachverständigen vorgeschlagene Teil-GdB von 20 für die Behinderungen "chronische Nasennebenhöhlenentzündung, Verlust des Riechvermögens und der Geschmackempfindung, plastische Nasen-Rachen-Operation" erscheint unter Würdigung der feststellbaren Befunde und unter Berücksichtigung der Bewertungsmaßstäbe der AP (vgl. Ziffer 26, 7 Seite 76) zutreffend. Dies gilt auch für den vorgeschlagenen Einzel-GdB von 20 für das Schlafapnoesyndrom. Dieser Einzel-GdB entspricht den Bewertungskriterien der AP (Ziffer 26.8, S. 85), wonach ein obstruktives oder gemischtförmiges Schlafapnoesyndrom mit Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung einen GdB von 20 bedingt. Ein höherer GdB als 20 - und zwar von wenigstens 50 - ist nach den AP grundsätzlich nur dann gegeben, wenn eine nasale Überdruckbeatmung nicht durchführbar ist. Demgegenüber ist hier nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen - wie bereits ausgeführt - eine Nutzung der Atemmaske grundsätzlich möglich. Soweit der Kläger die Atemmaske nicht immer benutzt und längere Pausen der Nutzung (nach seinen Angaben oft bis zu einem Monat) einlegt, rechtfertigt dieser Umstand es nicht, für das Schlafapnoesyndrom entgegen den medizinisch begründeten Bewertungen der Sachverständigen einen höheren Einzel-GdB als 20 in Ansatz zu bringen. Insbesondere haben die Sachverständigen bei ihren Bewertungen erkennbar die vom Kläger angegebenen Probleme bei der nasalen Überdruckbeatmung berücksichtigt. Abgesehen hiervon ist für die Bewertung des GdB grundsätzlich immer der tatsächliche über einen Zeitraum von 6 Monaten hinausdauernde Zustand des Betroffenen zu beurteilen. Es ist nicht erkennbar, dass die Atemmaske über einen solchen Zeitraum nicht genutzt wird. Etwaigen wegen rezidivierender entzündlicher Veränderungen der Schleimhäute beim Tragen der Maske auftretenden Problemen wird bei der Beurteilung des Gesamtausmaßes der Behinderung dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass der GdB von 20 für das Schlafapnoesyndrom, wie von den Sachverständigen vorgeschlagen, wegen der Veränderungen im Bereich von Nase und Rachen auf 30 erhöht wird. Weitere Behinderungen, die geeignet wären, den GdB auf über 30 zu erhöhen, liegen nicht vor.
Angesichts den dem Senat insgesamt überzeugenden übereinstimmenden Beurteilungen der Sachverständigen sind auch dann, wenn man den GdB ungeachtet der nicht nachgewiesenen Änderung i.S.d. § 48 SGB X neu bilden wollte, weitere Ermittlungen nicht notwendig.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abweicht (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
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