Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 15 AL 89/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 16.11.2000 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 29.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.04.2001 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Arbeitslosenhilfe über den 26.12.2000 hinaus nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 19.11.2000.
Der im Jahre 1969 geborene Kläger ist liberianischer Staatsangehöriger und war bis Oktober 2001 im Besitz einer ausländerrechtlichen Duldung. Seit 29.10.2001 ist er im Besitz einer bis zum 28.01.2003 befristeten Aufenthaltsbefugnis und einer unbefristeten Arbeitsberechtigung.
Vom 00.00.1994 bis 00.00.1996 arbeitete der Kläger als Spüler bei der Firma B L T GmbH und vom 00.00.1997 bis 00.00.1998 als gewerblicher Mitarbeiter bei N E. Die letzte Arbeitsgenehmigung wurde erteilt für die Zeit vom 00.00.1999 bis 00.00.1999 für eine Tätigkeit als Hilfskraft bei der Firma Estriche Q E1. Vom 28.02.1996 bis 26.12.1996 bezog der Kläger von der Beklagten Arbeitslosengeld und vom 27.12.1996 bis 12.05.1997 sowie vom 24.03.1998 bis 18.11.2000 Anschlussarbeitslosenhilfe. Nebeneinkommen aus diversen Nebentätigkeiten wurde angerechnet.
Mit Bescheid vom 16.11.2000 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 29.03.2001 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 19.11.2000 auf, weil die Voraussetzungen für die Leistungszahlung weggefallen seien. Da der Kläger keine Arbeitserlaubnis oder Arbeitsberechtigung besitze, dürfe er nur dann eine Beschäftigung ausüben, wenn Lage und Entwicklung des deutschen Arbeitsmarktes dies zuließen, d.h., der deutsche Arbeitsmarkt für ihn offen sei. Der deutsche Arbeitsmarkt habe sich für ihn Jedoch als verschlossen erwiesen. Trotz einjähriger Vermittlungsbemühungen habe sich für ihn keine Dauerbeschäftigung finden lassen, für die ihm unter Berücksichtigung des Vorranges deutscher oder gleichgestellter nichtdeutscher Arbeitnehmer eine Arbeitserlaubnis hätte erteilt werden können. Er habe keinem Arbeitgeber zur Einstellung vorgeschlagen werden können, weil ihm die nötigen Sprachkenntnisse sowie die notwendige Eignung fehlten und er außerdem nicht über einen PKW (mangelnde Mobilität) verfüge. Berufliche Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen seien nicht in Betracht gekommen. Die voraussehbare Entwicklung des Arbeitsmarktes lasse keine Verbesserung der Vermittlungsmöglichkeiten erwarten (§§ 118 Abs. 1,119 Abs. 1 bis 4 i.V.m. 190 Abs. 1 Nr. 1, 198 Nr. 1 SGB III sowie § 48 SGB X).
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, der Aufhebungsbescheid dokumentiere die Vermittlungsbemühungen der Arbeitsvermittlung nicht. Damit fehle es an der Grundvoraussetzung für die Verschlossenheit des Arbeitsmarktes. Außerdem habe sich der Arbeitsmarkt für ihn nicht als verschlossen erwiesen. Ihm sei beispielsweise eine Stelle als Spüler bei der Firma C L1 GmbH angeboten worden. Mit Bescheid vom 26.05.2000 sei die beantragte Arbeitsgenehmigung abgelehnt worden, weil für eine Tätigkeit als Spüler in Nordrhein-Westfalen bereits seit langem ein überdurchschnittlicher Stellenmangel herrsche (globale Arbeitsmarktprüfung auf der Grundlage der rechtswidrigen sogenannten ("Negativliste"). Da diese Entscheidung rechtswidrig gewesen sei, stehe er der Arbeitsvermittlung weiter zur Verfügung, sodass er weiterhin Anspruch auf Arbeitslosenhilfe habe.
Diesen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle des Arbeitsamtes E1 durch Widerspruchsbescheid vom 09.04.2001 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Die "allgemeine Arbeitsmarktprüfung" auf der Grundlage der Annahme, dass in ganz Nordrhein-Westfalen "seit langem ein überdurchschnittlicher Stellenmangel herrsche" sei rechtswidrig, weil individuelle Prüfungen fehlten. Allein die Überprüfung der Vermittlungsmöglichkeiten mittels Computerprogramm sei unzureichend. In Liberia habe er den Beruf eines Büroangestellten ausgeübt. In Deutschland habe er Hilfsarbeiten verrichtet und sei auch bereit gewesen, jede Art Hilfstätigkeit anzunehmen. Dies ergebe sich auch aus seiner Widerspruchsbegründung vom 07.06.2000 gegen die Ablehnung der Arbeitserlaubnis als Spüler. Hierbei habe er sich für jede andere Tätigkeit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 16.11.2000 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 29.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.04.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosenhilfe über den 26.12.2000 hinaus zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass die einzelnen Vermittlungsbemühungen nicht dokumentiert würden, da bei jedem eingehenden Stellenangebot durch einen Suchlauf im Computerprogramm festgestellt werde, welche Arbeitslosen für das entsprechende Angebot in Frage kämen. So sei auch der Kläger laufend in die Vermittlungsbemühungen einbezogen worden.
Das Gericht hat Beweis erhoben über die Arbeitsmarktsituation für den Kläger seit Ende 1999 durch Vernehmung des Arbeitsvermittlers X als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage 1 zur Sitzungsniederschrift vom 14.02.2002 verwiesen.
Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten und den der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (Stammnummer: 000000) Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und waren, soweit von Bedeutung, Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist auch sachlich begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 16.11.2000 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 29.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.04.2001 entspricht nicht der Sach- und Rechtslage und ist daher rechtswidrig. Durch ihn wird der Kläger beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe zu Unrecht ab 19.11.2000 mangels Verfügbarkeit des Klägers aufgehoben hat.
Gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist im Vergleich zu den Verhältnissen, die bei Bewilligung der Arbeitslosenhilfe vorgelegen haben, ab 19.11.2000 keine wesentliche Änderung eingetreten, weil nicht nachgewiesen ist, dass ab diesem Zeitpunkt die Verfügbarkeit des Klägers wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes weggefallen ist.
Anspruch auf Arbeitslosenhilfe haben gemäß § 190 Abs. 1 Nr. 1 SGB III Arbeitnehmer, die arbeitslos sind. Arbeitslos ist gemäße 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III i.V.m. § 198 S. 2 Nr. 1 SGB III ein Arbeitnehmer, der eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht. Eine Beschäftigung sucht, wer den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (§119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Nach § 119 Abs. 2 SGB III steht den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist. Arbeitsfähig ist ein Arbeitsloser, der eine versicherungspflichtige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen und ausüben kann und darf (§119 Abs. 3 SGB III).
Nach § 284 Abs. 1 S. 1 SGB III dürfen Ausländer eine Beschäftigung nur mit Genehmigung des Arbeitsamtes ausüben. Insoweit besteht für Ausländer ein allgemeines Beschäftigungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt und damit ein "Rechtshindernis", das einer Arbeitsaufnahme im Bundesgebiet entgegensteht (BSG SozR 4100 § 19 Nr. 2; BSG SozR 4100 § 103 Nr. 22). Da der Kläger weder Angehöriger eines Staates der Europäischen Gemeinschaft (§ 284 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III) ist, noch einen gesicherten Aufenthaltsstatus (§ 284 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB III) hat oder aufgrund besonderer Rechtsgrundlage Genehmigungsfreiheit besteht (§ 284 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB III), bedarf er für die Arbeitsaufnahme im Bundesgebiet einer Arbeitsgenehmigung.
Allerdings setzt die Verfügbarkeit eines ausländischen Arbeitnehmers nicht voraus, dass er schon während der Arbeitssuche im Besitz einer gültigen Arbeitsgenehmigung ist. Es genügt, wenn der ausländische Arbeitnehmer erwarten kann, für eine Beschäftigungsmöglichkeit eine Arbeitsgenehmigung zu erhalten.
Der Kläger, der vom 23.07.1999 bis 28.10.2001 nicht im Besitz einer gültigen Arbeitsgenehmigung war, hatte vor dem 29.10.2001 keinen Anspruch auf Erteilung einer Arbeitsberechtigung nach § 286 SGB III, da er bis zu diesem Zeitpunkt lediglich über eine Duldung verfügte. Allerdings steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass dem Kläger wegen des Vorranges deutscher und ihnen gleichgestellter ausländischer Arbeitnehmer auch keine arbeitsmarktabhängige Arbeitserlaubnis nach § 285 SGB III hätte erteilt werden können. Damit steht auch nicht fest, dass der nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten und nach dem Umfang seiner Arbeitsbereitschaft zugängliche Arbeitsmarkt dem Kläger praktisch verschlossen war. Von einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes kann nach ständiger Rechtsprechung ausgegangen werden, wenn nach mindestens einjährigen erfolglosen Vermittlungsbemühungen auf dem für den Ausländer in Betracht kommenden Arbeitsmarkt der Schluss gerechtfertigt ist, dass es keine offenen Stellen gibt, in die er unter Berücksichtigung des Vorranges deutscher und ihnen gleichgestellter ausländischer Arbeitnehmer mit einer Arbeitserlaubnis vermittelt werden kann (BSG SozR 4100 § 19 Nr. 2; BSG SozR 4100 § 103 Nrn. 3 und 22). Erfolglose Vermittlungsbemühungen während dieses "Prüfjahres" sind ein Anzeichen dafür, dass die Arbeitsmarktlage der Erteilung einer Arbeitserlaubnis entgegensteht und damit das grundsätzliche Arbeitsverbot für deutschen Arbeitsuchenden nicht gleichgestellte Ausländer die Verfügbarkeit ausschließt.
Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Arbeitsmarkt sich während der einjährigen Prüfzeit und auch während der Verlängerung dieser Prüfzeit bis November 2000 als verschlossen erwiesen hat. In der Prüfzeit anzustellende Vermittlungsbemühungen der Bundesanstalt für Arbeit müssen zwar nicht zum Angebot von Arbeitsplätzen geführt haben; sie können sich auch auf gedankliche Operationen beziehen, wenn durch sie gewährleistet wird, dass bei jeder gemeldeten offenen Stelle geprüft wird, ob sie trotz des Vorranges deutscher und ihnen gleichgestellter ausländischer Arbeitssuchender mit dem ausländischen Arbeitssuchenden ohne Arbeitserlaubnis besetzt werden kann (BSG SozR 4100 § 19 Nr. 6 und § 103 Nr. 22). Solche Überlegungen hat die Beklagte jedoch nach den glaubhaften und für die Kammer nachvollziehbaren Bekundungen des Zeugen X nicht angestellt. Dem Kläger ist seitens der Beklagten letztmalig ein Vermittlungsangebot als Küchenhilfe zur Firma C L1 am 15.04.1998 unterbreitet worden. Am 02.11.2000 hat der Zeuge X selbst den Arbeitsmarkt für verschlossen erklärt, weil länger als ein Jahr kein Vermittlungsvorschlag unterbreitet worden ist, eine Arbeitserlaubnis nicht vorhanden war und in Nordrhein-Westfalen die sogenannte "Negativliste" galt. Aus der Tatsache, dass der Kläger bei der Beklagten als Küchen- bzw. Spülhilfe geführt wurde und beide Tätigkeiten auf der sogenannten "Negativliste" standen, folgt, dass eine individuelle Arbeitsmarktprüfung in seinem Fall überhaupt nicht vorgenommen worden ist. Insoweit hat der Zeuge X bekundet, dass im streitbefangenen Zeitraum alle Anträge auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis daraufhin überprüft worden sind, ob die Tätigkeit, für die eine Arbeitserlaubnis beantragt wurde, auf der Negativliste stand. Falls dies der Fall war, wurden die Anträge erst gar nicht an die Arbeitsvermittlung weitergeleitet. Bei Stellenangeboten aus diesem Bereich wurden den einstellungsbereiten Arbeitgebern nur Deutsche, EU-Angehörige oder Personen mit Arbeitserlaubnis vorgeschlagen. Da somit eine individuelle Arbeitsmarktprüfung überhaupt nicht stattgefunden hat, kann die Beklagte auch nicht den Nachweis einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes führen. Insoweit verweist die Kammer auf die zutreffenden Ausführungen der Widerspruchsstelle des Arbeitsamtes E1 vom 06.10.1999 (Bl. 182 der Leistungsakte), denen sie sich anschließt.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten waren daher aufzuheben. Darüber hinaus war die Beklagte zur Zahlung von Arbeitslosenhilfe über den 26.12.2000 (Ende des Bewilligungsabschnittes) zu verurteilen, da der Kläger ausweislich des Inhaltes der Leistungsakte und des BewA-Ausdrucks weiter arbeitssuchend geführt worden ist und sich auch regelmäßig bei der Beklagten gemeldet hat. Bei der Weiterzahlung der Arbeitslosenhilfe sind etwaige Erstattungsansprüche des Sozialhilfeträgers zu beachten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 19.11.2000.
Der im Jahre 1969 geborene Kläger ist liberianischer Staatsangehöriger und war bis Oktober 2001 im Besitz einer ausländerrechtlichen Duldung. Seit 29.10.2001 ist er im Besitz einer bis zum 28.01.2003 befristeten Aufenthaltsbefugnis und einer unbefristeten Arbeitsberechtigung.
Vom 00.00.1994 bis 00.00.1996 arbeitete der Kläger als Spüler bei der Firma B L T GmbH und vom 00.00.1997 bis 00.00.1998 als gewerblicher Mitarbeiter bei N E. Die letzte Arbeitsgenehmigung wurde erteilt für die Zeit vom 00.00.1999 bis 00.00.1999 für eine Tätigkeit als Hilfskraft bei der Firma Estriche Q E1. Vom 28.02.1996 bis 26.12.1996 bezog der Kläger von der Beklagten Arbeitslosengeld und vom 27.12.1996 bis 12.05.1997 sowie vom 24.03.1998 bis 18.11.2000 Anschlussarbeitslosenhilfe. Nebeneinkommen aus diversen Nebentätigkeiten wurde angerechnet.
Mit Bescheid vom 16.11.2000 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 29.03.2001 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 19.11.2000 auf, weil die Voraussetzungen für die Leistungszahlung weggefallen seien. Da der Kläger keine Arbeitserlaubnis oder Arbeitsberechtigung besitze, dürfe er nur dann eine Beschäftigung ausüben, wenn Lage und Entwicklung des deutschen Arbeitsmarktes dies zuließen, d.h., der deutsche Arbeitsmarkt für ihn offen sei. Der deutsche Arbeitsmarkt habe sich für ihn Jedoch als verschlossen erwiesen. Trotz einjähriger Vermittlungsbemühungen habe sich für ihn keine Dauerbeschäftigung finden lassen, für die ihm unter Berücksichtigung des Vorranges deutscher oder gleichgestellter nichtdeutscher Arbeitnehmer eine Arbeitserlaubnis hätte erteilt werden können. Er habe keinem Arbeitgeber zur Einstellung vorgeschlagen werden können, weil ihm die nötigen Sprachkenntnisse sowie die notwendige Eignung fehlten und er außerdem nicht über einen PKW (mangelnde Mobilität) verfüge. Berufliche Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen seien nicht in Betracht gekommen. Die voraussehbare Entwicklung des Arbeitsmarktes lasse keine Verbesserung der Vermittlungsmöglichkeiten erwarten (§§ 118 Abs. 1,119 Abs. 1 bis 4 i.V.m. 190 Abs. 1 Nr. 1, 198 Nr. 1 SGB III sowie § 48 SGB X).
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, der Aufhebungsbescheid dokumentiere die Vermittlungsbemühungen der Arbeitsvermittlung nicht. Damit fehle es an der Grundvoraussetzung für die Verschlossenheit des Arbeitsmarktes. Außerdem habe sich der Arbeitsmarkt für ihn nicht als verschlossen erwiesen. Ihm sei beispielsweise eine Stelle als Spüler bei der Firma C L1 GmbH angeboten worden. Mit Bescheid vom 26.05.2000 sei die beantragte Arbeitsgenehmigung abgelehnt worden, weil für eine Tätigkeit als Spüler in Nordrhein-Westfalen bereits seit langem ein überdurchschnittlicher Stellenmangel herrsche (globale Arbeitsmarktprüfung auf der Grundlage der rechtswidrigen sogenannten ("Negativliste"). Da diese Entscheidung rechtswidrig gewesen sei, stehe er der Arbeitsvermittlung weiter zur Verfügung, sodass er weiterhin Anspruch auf Arbeitslosenhilfe habe.
Diesen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle des Arbeitsamtes E1 durch Widerspruchsbescheid vom 09.04.2001 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Die "allgemeine Arbeitsmarktprüfung" auf der Grundlage der Annahme, dass in ganz Nordrhein-Westfalen "seit langem ein überdurchschnittlicher Stellenmangel herrsche" sei rechtswidrig, weil individuelle Prüfungen fehlten. Allein die Überprüfung der Vermittlungsmöglichkeiten mittels Computerprogramm sei unzureichend. In Liberia habe er den Beruf eines Büroangestellten ausgeübt. In Deutschland habe er Hilfsarbeiten verrichtet und sei auch bereit gewesen, jede Art Hilfstätigkeit anzunehmen. Dies ergebe sich auch aus seiner Widerspruchsbegründung vom 07.06.2000 gegen die Ablehnung der Arbeitserlaubnis als Spüler. Hierbei habe er sich für jede andere Tätigkeit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 16.11.2000 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 29.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.04.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosenhilfe über den 26.12.2000 hinaus zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass die einzelnen Vermittlungsbemühungen nicht dokumentiert würden, da bei jedem eingehenden Stellenangebot durch einen Suchlauf im Computerprogramm festgestellt werde, welche Arbeitslosen für das entsprechende Angebot in Frage kämen. So sei auch der Kläger laufend in die Vermittlungsbemühungen einbezogen worden.
Das Gericht hat Beweis erhoben über die Arbeitsmarktsituation für den Kläger seit Ende 1999 durch Vernehmung des Arbeitsvermittlers X als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage 1 zur Sitzungsniederschrift vom 14.02.2002 verwiesen.
Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten und den der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (Stammnummer: 000000) Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und waren, soweit von Bedeutung, Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist auch sachlich begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 16.11.2000 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 29.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.04.2001 entspricht nicht der Sach- und Rechtslage und ist daher rechtswidrig. Durch ihn wird der Kläger beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe zu Unrecht ab 19.11.2000 mangels Verfügbarkeit des Klägers aufgehoben hat.
Gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist im Vergleich zu den Verhältnissen, die bei Bewilligung der Arbeitslosenhilfe vorgelegen haben, ab 19.11.2000 keine wesentliche Änderung eingetreten, weil nicht nachgewiesen ist, dass ab diesem Zeitpunkt die Verfügbarkeit des Klägers wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes weggefallen ist.
Anspruch auf Arbeitslosenhilfe haben gemäß § 190 Abs. 1 Nr. 1 SGB III Arbeitnehmer, die arbeitslos sind. Arbeitslos ist gemäße 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III i.V.m. § 198 S. 2 Nr. 1 SGB III ein Arbeitnehmer, der eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht. Eine Beschäftigung sucht, wer den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (§119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Nach § 119 Abs. 2 SGB III steht den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist. Arbeitsfähig ist ein Arbeitsloser, der eine versicherungspflichtige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen und ausüben kann und darf (§119 Abs. 3 SGB III).
Nach § 284 Abs. 1 S. 1 SGB III dürfen Ausländer eine Beschäftigung nur mit Genehmigung des Arbeitsamtes ausüben. Insoweit besteht für Ausländer ein allgemeines Beschäftigungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt und damit ein "Rechtshindernis", das einer Arbeitsaufnahme im Bundesgebiet entgegensteht (BSG SozR 4100 § 19 Nr. 2; BSG SozR 4100 § 103 Nr. 22). Da der Kläger weder Angehöriger eines Staates der Europäischen Gemeinschaft (§ 284 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III) ist, noch einen gesicherten Aufenthaltsstatus (§ 284 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB III) hat oder aufgrund besonderer Rechtsgrundlage Genehmigungsfreiheit besteht (§ 284 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB III), bedarf er für die Arbeitsaufnahme im Bundesgebiet einer Arbeitsgenehmigung.
Allerdings setzt die Verfügbarkeit eines ausländischen Arbeitnehmers nicht voraus, dass er schon während der Arbeitssuche im Besitz einer gültigen Arbeitsgenehmigung ist. Es genügt, wenn der ausländische Arbeitnehmer erwarten kann, für eine Beschäftigungsmöglichkeit eine Arbeitsgenehmigung zu erhalten.
Der Kläger, der vom 23.07.1999 bis 28.10.2001 nicht im Besitz einer gültigen Arbeitsgenehmigung war, hatte vor dem 29.10.2001 keinen Anspruch auf Erteilung einer Arbeitsberechtigung nach § 286 SGB III, da er bis zu diesem Zeitpunkt lediglich über eine Duldung verfügte. Allerdings steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass dem Kläger wegen des Vorranges deutscher und ihnen gleichgestellter ausländischer Arbeitnehmer auch keine arbeitsmarktabhängige Arbeitserlaubnis nach § 285 SGB III hätte erteilt werden können. Damit steht auch nicht fest, dass der nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten und nach dem Umfang seiner Arbeitsbereitschaft zugängliche Arbeitsmarkt dem Kläger praktisch verschlossen war. Von einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes kann nach ständiger Rechtsprechung ausgegangen werden, wenn nach mindestens einjährigen erfolglosen Vermittlungsbemühungen auf dem für den Ausländer in Betracht kommenden Arbeitsmarkt der Schluss gerechtfertigt ist, dass es keine offenen Stellen gibt, in die er unter Berücksichtigung des Vorranges deutscher und ihnen gleichgestellter ausländischer Arbeitnehmer mit einer Arbeitserlaubnis vermittelt werden kann (BSG SozR 4100 § 19 Nr. 2; BSG SozR 4100 § 103 Nrn. 3 und 22). Erfolglose Vermittlungsbemühungen während dieses "Prüfjahres" sind ein Anzeichen dafür, dass die Arbeitsmarktlage der Erteilung einer Arbeitserlaubnis entgegensteht und damit das grundsätzliche Arbeitsverbot für deutschen Arbeitsuchenden nicht gleichgestellte Ausländer die Verfügbarkeit ausschließt.
Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Arbeitsmarkt sich während der einjährigen Prüfzeit und auch während der Verlängerung dieser Prüfzeit bis November 2000 als verschlossen erwiesen hat. In der Prüfzeit anzustellende Vermittlungsbemühungen der Bundesanstalt für Arbeit müssen zwar nicht zum Angebot von Arbeitsplätzen geführt haben; sie können sich auch auf gedankliche Operationen beziehen, wenn durch sie gewährleistet wird, dass bei jeder gemeldeten offenen Stelle geprüft wird, ob sie trotz des Vorranges deutscher und ihnen gleichgestellter ausländischer Arbeitssuchender mit dem ausländischen Arbeitssuchenden ohne Arbeitserlaubnis besetzt werden kann (BSG SozR 4100 § 19 Nr. 6 und § 103 Nr. 22). Solche Überlegungen hat die Beklagte jedoch nach den glaubhaften und für die Kammer nachvollziehbaren Bekundungen des Zeugen X nicht angestellt. Dem Kläger ist seitens der Beklagten letztmalig ein Vermittlungsangebot als Küchenhilfe zur Firma C L1 am 15.04.1998 unterbreitet worden. Am 02.11.2000 hat der Zeuge X selbst den Arbeitsmarkt für verschlossen erklärt, weil länger als ein Jahr kein Vermittlungsvorschlag unterbreitet worden ist, eine Arbeitserlaubnis nicht vorhanden war und in Nordrhein-Westfalen die sogenannte "Negativliste" galt. Aus der Tatsache, dass der Kläger bei der Beklagten als Küchen- bzw. Spülhilfe geführt wurde und beide Tätigkeiten auf der sogenannten "Negativliste" standen, folgt, dass eine individuelle Arbeitsmarktprüfung in seinem Fall überhaupt nicht vorgenommen worden ist. Insoweit hat der Zeuge X bekundet, dass im streitbefangenen Zeitraum alle Anträge auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis daraufhin überprüft worden sind, ob die Tätigkeit, für die eine Arbeitserlaubnis beantragt wurde, auf der Negativliste stand. Falls dies der Fall war, wurden die Anträge erst gar nicht an die Arbeitsvermittlung weitergeleitet. Bei Stellenangeboten aus diesem Bereich wurden den einstellungsbereiten Arbeitgebern nur Deutsche, EU-Angehörige oder Personen mit Arbeitserlaubnis vorgeschlagen. Da somit eine individuelle Arbeitsmarktprüfung überhaupt nicht stattgefunden hat, kann die Beklagte auch nicht den Nachweis einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes führen. Insoweit verweist die Kammer auf die zutreffenden Ausführungen der Widerspruchsstelle des Arbeitsamtes E1 vom 06.10.1999 (Bl. 182 der Leistungsakte), denen sie sich anschließt.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten waren daher aufzuheben. Darüber hinaus war die Beklagte zur Zahlung von Arbeitslosenhilfe über den 26.12.2000 (Ende des Bewilligungsabschnittes) zu verurteilen, da der Kläger ausweislich des Inhaltes der Leistungsakte und des BewA-Ausdrucks weiter arbeitssuchend geführt worden ist und sich auch regelmäßig bei der Beklagten gemeldet hat. Bei der Weiterzahlung der Arbeitslosenhilfe sind etwaige Erstattungsansprüche des Sozialhilfeträgers zu beachten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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