Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
18
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 5 V 35/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 V 33/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 08.11.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob beim Kläger eine Hepatitis als Schädigungsfolge nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) anzuerkennen ist und Versorgungsleistungen zu gewähren sind.
Der am 1930 geborene Kläger stellte erstmals am 30.06.1998 Antrag auf Anerkennung einer nach seinen Angaben 1944 erlittenen Hepatitis. Dem Antrag fügte er eine Fotokopie eines Arztbriefes des Kreiskrankenhauses M. vom 13.02.1986 bei. Danach war eine A- und B-Hepatitis serologisch nachgewiesen. Sonographisch war die Leber unauffällig und die pathologischen Laborwerte zeigten im Verlauf der stationären Behandlung vom 23.12.1985 bis 31.01.1986 eine deutliche Normalisierungstendenz. Der Kläger gab an, im Herbst 1944 bei Schanzarbeiten in Breslau als dienstverpflichteter Angehöriger des Jungvolks einen Leistenbruch erlitten zu haben. Zeugen hierfür seien nicht mehr vorhanden. Er habe deshalb operiert werden müssen und sich bei einer Bluttransfusion eine Hepatitis zugezogen. Von der alten Hepatitis-Infektion habe er erst 1996 erfahren, als er Kopien von Krankenhausberichten in die Hände bekommen habe. Auf einen Hinweis des Beklagten, dass aus vorliegenden (Schwerbehinderten)-Unterlagen hervorgehe, dass er bereits 1940 einen Leistenbruch erlitten habe und deswegen 1941 operiert worden sei, räumte der Kläger seine unterschiedlichen Angaben ein und meinte, seine vorherigen Angaben seien oberflächlich gewesen. Den genauen Zeitpunkt der Schanzarbeiten und den Namen des Krankenhauses in Breslau konnte der Kläger nicht angeben.
Der Beklagte zog Krankenkassenunterlagen des Klägers bei, erholte eine Auskunft des militärgeschichtlichen Forschungsamtes Potsdam vom 04.08.1998 und lehnte die Gewährung von Beschädigtenversorgung mit Bescheid vom 28.10.1998 ab. Zur Begründung gab er im Wesentlichen an, es ließe sich nicht nachweisen, dass der Kläger tatsächlich bei Schanzarbeiten einen Leistenbruch erlitten habe. Auch angesichts der vielen Möglichkeiten, wie eine Hepatitis entstehen könne, sei nicht nachweisbar, dass die Hepatitis des Klägers durch eine Bluttransfusion im Jahr 1944 aufgetreten sei. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19.11.1999).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Bayreuth hat der Kläger die Anerkennung einer Hepatitis weiter verfolgt. Das SG hat ua die Klageakte des Klägers aus dem Rentenverfahren S 4 J 31/67 beigezogen. Dort hatte der Kläger im Kreiskrankenhaus M. anamnestisch angegeben, die Operation des Leistenbruchs habe 1942 stattgefunden. Das SG hat - ohne weitere Ermittlungen - die Klage mit Gerichtsbescheid vom 08.11.2000 abgewiesen und den Nachweis eines auf Schanzarbeiten zurückzuführenden Leistenbruchs für nicht erbracht angesehen. Im Übrigen hat es auf die Gründe der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger Berufung eingelegt. Der Senat hat einen Befundbericht des behandelnden Internisten Dr.W.B. vom 10.04.2001 beigezogen und versorgungsärztliche Stellungnahmen der Internistin Dr.M.L. vom 23.02.2001 und 07.06.2001 eingeholt. Dr.M.L. hat zum Zeitpunkt, wann die Infektion mit Hepatitis A- oder B-Viren beim Kläger abgelaufen ist, lediglich sagen können, dass dies bereits vor 1985 erfolgt ist. Sie hat insbesondere darauf hingewiesen, dass nach den vorliegenden Befunden im Jahr 1965 völlig unauffällige Leberlaborparameter und ein völlig unauffälliger makroskopischer Leberbefund dokumentiert war und sich Hinweise auf eine chronische virale Hepatitis aus den Befunden nicht ergeben haben.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid vom 08.11.2000 und den Bescheid des Beklagten vom 28.10.1998 idF des Widerspruchsbescheides vom 19.11.1999 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, eine Hepatitis als Schädigungsfolge nach dem BVG anzuerkennen und entsprechende Leistungen zu gewähren, hilfsweise Krankassenunterlagen der AOK aus den Jahren 1945 ff beizuziehen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Nürnberg vom 08.11.2000 zurückzuweisen.
Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Beschädigtenakte und Schwerbehindertenakte des Beklagten, die Archivakten des SG Bayreuth S-J 31/67, S 4 RJ 1138/98 und S 7/11 RJ 743/99 sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer Hepatitis als Schädigungsfolge nach dem BVG.
Nach § 1 Abs 1 BVG erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Schädigung auf Antrag Versorgung, wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Als militärischer Dienst iS des § 1 Abs 1 BVG gilt auch der aufgrund einer Einberufung durch eine militärische Dienststelle oder auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers für Zwecke der Wehrmacht geleistete freiwillige oder unfreiwillige Dienst (§ 3 Abs 1 b BVG).
Die Heranziehung zu Schanzarbeiten erfolgte für Zwecke der Wehrmacht und ist - nach den glaubhaften Angaben des Klägers - offensichtlich auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers erfolgt. Die Schanzarbeiten fallen daher unter den Begriff des militärähnlichen Dienstes iS des § 3 Abs 1 b BVG.
Die anspruchsbegründenden Tatsachen des § 1 Abs 1 BVG müssen - wie in allen Zweigen des sozialen Entschädigungsrechts - nachgewiesen, dh ohne vernünftige Zweifel oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (BSG SozR 3-3200 § 81 Nr 16 mwN). Es müssen sich zumindest drei Tatsachenkomplexe oder Glieder der Kausal-(Ursachen-)Kette sowie zwei dazwischenliegende Kausalzusammenhänge feststellen lassen (aaO mwN). Die drei Tatsachenkomplexe bedürfen des Vollbeweises. Der erste Komplex ist die geschützte Tätigkeit, hier also die Dienstleistung für Zwecke der Wehrmacht. Infolge der Dienstleistung muss ein schädigendes Ereignis eine gesundheitliche Schädigung (Primärschaden) hervorgerufen haben. Aufgrund dieser Schädigung muss es dann zu der in MdE-Graden zu bewertenden Schädigungsfolge gekommen sein. Das "schädigende Ereignis" wird üblicherweise als weiteres selbständiges Glied der Kausalkette zwischen geschützter Tätigkeit und Primärschaden angesehen (aaO mwN). Auch dieses bedarf grundsätzlich des Vollbeweises. Dagegen genügt für den Nachweis des haftungsbegründenden ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem schädigenden Ereignis und der gesundheitlichen Schädigung (Primär- oder Erstschaden) sowie des haftungsausfüllenden Ursachenzusammenhangs zwischen der gesundheitlichen Schädigung und der späteren gesundheitlichen Entwicklung (die "Schädigungsfolgen") die Wahrscheinlichkeit (aaO). Diese ist gegeben, wenn mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht.
Vorliegend fehlt es bereits am Nachweis eines Primärschadens (Leistenbruch 1944) sowie am Nachweis der weiteren gesundheitlichen Schädigung "Hepatitisinfektion durch Bluttransfusion 1944". Schließlich sind derzeit auch keine Hepatitisfolgen feststellbar.
Zwar hält der Senat die Angaben des Klägers, er sei zu Schanzarbeiten herangezogen worden, für glaubhaft und sieht diese Hilfsverrichtung damit als erwiesen an. Es ist jedoch nicht nachgewiesen, dass der Kläger bei dieser Tätigkeit eine gesundheitliche Schädigung - hier: Leistenbruch - erlitten hat. Der Senat hält die Angaben des Klägers hierzu für nicht glaubhaft. Zwar kann im Falle eines "Beweisnotstandes", dh in Fällen, in denen für den Nachweis anspruchsbegründender Tatsachen besondere Schwierigkeiten bestehen, das Gericht eine Beweiserleichterung gewähren und an die Bildung der richterlichen Überzeugung weniger hohe Anforderungen stellen (vgl BSG SozR 3-1750 § 444 Nr 1). Eine Beweiserleichterung kommt hier jedoch schon deswegen nicht in Betracht, weil der Kläger vor der Antragstellung mehrfach unterschiedliche Angaben über die Leistenbruch- operation gemacht hat. So hat er in Gutachten der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 06.11.1987 und 01.06.1993 anamnestisch angegeben, die Leistenbruchoperation hätte 1940 bzw 1941 stattgefunden. Am 26.01.1965 hat er eine Leistenbruchoperation auf das Jahr 1942 gelegt (Krankengeschichte des Kreiskrankenhauses M.). Ebensowenig gibt es irgendeinen Nachweis für die behauptete weitere gesundheitliche Schädigung Hepatitis-Infektion 1944. Nach den überzeugenden Ausführungen der Internistin Dr.M.L. in ihren versorgungsärztlichen Stellungnahmen - denen der Senat folgt - kann zum Zeitpunkt der Infektion mit Hepatitis A- oder B-Viren lediglich gesagt werden, dass diese Infektion vor 1985 erfolgt sein muss. Der Beklagte hat daher in seinem angefochtenen Bescheid vom 28.10.1998 zu Recht geltend gemacht, dass es (in über 40 Jahren) viele Möglichkeiten der Entstehung einer Hepatitis gegeben hat. So weist Frau Dr.M.L. darauf hin, dass die Hepatitis A-Infektion in aller Regel oral, die Hepatitis B-Infektion parenteral erfolgt, wobei diese bei der Leistenbruchoperation in den 40er Jahren, aber auch zu einem späteren Zeitpunkt zB bei der Magenoperation des Klägers im Jahr 1965 oder einer Injektion aus anderen Gründen stattgefunden haben kann. Hepatitis B-Viren werden keineswegs nur mit Blutprodukten übertragen, sondern auch mit Hepatitis B-Viren behafteten medizinischen Geräten, da früher keine Einmalnadeln verwendet wurden. Anlass für Injektionen können zB Nierenkoliken oder starke Wirbelsäulenbeschwerden gewesen sein; solche Erkrankungen des Klägers ergeben sich aus den Akten. Darüber hinaus bestehen derzeit beim Kläger keine negativen Folgen einer Hepatitis.
Der Beiziehung von Krankenkassenunterlagen des Klägers aus den Jahren 1945 ff durch den Senat bedurfte es nicht. Der Beklagte hat im Verwaltungsverfahren bereits die über den Kläger vorhandenen Unterlagen der Allgemeine Ortskrankenkasse beigezogen. Aus den Auszügen ergeben sich keine Nachweise für ein schädigendes Ereignis oder einen Primärschaden.
Nach alledem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass der Senat auf Fragen der Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs eingehen musste.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision iS des § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob beim Kläger eine Hepatitis als Schädigungsfolge nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) anzuerkennen ist und Versorgungsleistungen zu gewähren sind.
Der am 1930 geborene Kläger stellte erstmals am 30.06.1998 Antrag auf Anerkennung einer nach seinen Angaben 1944 erlittenen Hepatitis. Dem Antrag fügte er eine Fotokopie eines Arztbriefes des Kreiskrankenhauses M. vom 13.02.1986 bei. Danach war eine A- und B-Hepatitis serologisch nachgewiesen. Sonographisch war die Leber unauffällig und die pathologischen Laborwerte zeigten im Verlauf der stationären Behandlung vom 23.12.1985 bis 31.01.1986 eine deutliche Normalisierungstendenz. Der Kläger gab an, im Herbst 1944 bei Schanzarbeiten in Breslau als dienstverpflichteter Angehöriger des Jungvolks einen Leistenbruch erlitten zu haben. Zeugen hierfür seien nicht mehr vorhanden. Er habe deshalb operiert werden müssen und sich bei einer Bluttransfusion eine Hepatitis zugezogen. Von der alten Hepatitis-Infektion habe er erst 1996 erfahren, als er Kopien von Krankenhausberichten in die Hände bekommen habe. Auf einen Hinweis des Beklagten, dass aus vorliegenden (Schwerbehinderten)-Unterlagen hervorgehe, dass er bereits 1940 einen Leistenbruch erlitten habe und deswegen 1941 operiert worden sei, räumte der Kläger seine unterschiedlichen Angaben ein und meinte, seine vorherigen Angaben seien oberflächlich gewesen. Den genauen Zeitpunkt der Schanzarbeiten und den Namen des Krankenhauses in Breslau konnte der Kläger nicht angeben.
Der Beklagte zog Krankenkassenunterlagen des Klägers bei, erholte eine Auskunft des militärgeschichtlichen Forschungsamtes Potsdam vom 04.08.1998 und lehnte die Gewährung von Beschädigtenversorgung mit Bescheid vom 28.10.1998 ab. Zur Begründung gab er im Wesentlichen an, es ließe sich nicht nachweisen, dass der Kläger tatsächlich bei Schanzarbeiten einen Leistenbruch erlitten habe. Auch angesichts der vielen Möglichkeiten, wie eine Hepatitis entstehen könne, sei nicht nachweisbar, dass die Hepatitis des Klägers durch eine Bluttransfusion im Jahr 1944 aufgetreten sei. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19.11.1999).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Bayreuth hat der Kläger die Anerkennung einer Hepatitis weiter verfolgt. Das SG hat ua die Klageakte des Klägers aus dem Rentenverfahren S 4 J 31/67 beigezogen. Dort hatte der Kläger im Kreiskrankenhaus M. anamnestisch angegeben, die Operation des Leistenbruchs habe 1942 stattgefunden. Das SG hat - ohne weitere Ermittlungen - die Klage mit Gerichtsbescheid vom 08.11.2000 abgewiesen und den Nachweis eines auf Schanzarbeiten zurückzuführenden Leistenbruchs für nicht erbracht angesehen. Im Übrigen hat es auf die Gründe der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger Berufung eingelegt. Der Senat hat einen Befundbericht des behandelnden Internisten Dr.W.B. vom 10.04.2001 beigezogen und versorgungsärztliche Stellungnahmen der Internistin Dr.M.L. vom 23.02.2001 und 07.06.2001 eingeholt. Dr.M.L. hat zum Zeitpunkt, wann die Infektion mit Hepatitis A- oder B-Viren beim Kläger abgelaufen ist, lediglich sagen können, dass dies bereits vor 1985 erfolgt ist. Sie hat insbesondere darauf hingewiesen, dass nach den vorliegenden Befunden im Jahr 1965 völlig unauffällige Leberlaborparameter und ein völlig unauffälliger makroskopischer Leberbefund dokumentiert war und sich Hinweise auf eine chronische virale Hepatitis aus den Befunden nicht ergeben haben.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid vom 08.11.2000 und den Bescheid des Beklagten vom 28.10.1998 idF des Widerspruchsbescheides vom 19.11.1999 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, eine Hepatitis als Schädigungsfolge nach dem BVG anzuerkennen und entsprechende Leistungen zu gewähren, hilfsweise Krankassenunterlagen der AOK aus den Jahren 1945 ff beizuziehen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Nürnberg vom 08.11.2000 zurückzuweisen.
Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Beschädigtenakte und Schwerbehindertenakte des Beklagten, die Archivakten des SG Bayreuth S-J 31/67, S 4 RJ 1138/98 und S 7/11 RJ 743/99 sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer Hepatitis als Schädigungsfolge nach dem BVG.
Nach § 1 Abs 1 BVG erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Schädigung auf Antrag Versorgung, wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Als militärischer Dienst iS des § 1 Abs 1 BVG gilt auch der aufgrund einer Einberufung durch eine militärische Dienststelle oder auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers für Zwecke der Wehrmacht geleistete freiwillige oder unfreiwillige Dienst (§ 3 Abs 1 b BVG).
Die Heranziehung zu Schanzarbeiten erfolgte für Zwecke der Wehrmacht und ist - nach den glaubhaften Angaben des Klägers - offensichtlich auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers erfolgt. Die Schanzarbeiten fallen daher unter den Begriff des militärähnlichen Dienstes iS des § 3 Abs 1 b BVG.
Die anspruchsbegründenden Tatsachen des § 1 Abs 1 BVG müssen - wie in allen Zweigen des sozialen Entschädigungsrechts - nachgewiesen, dh ohne vernünftige Zweifel oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (BSG SozR 3-3200 § 81 Nr 16 mwN). Es müssen sich zumindest drei Tatsachenkomplexe oder Glieder der Kausal-(Ursachen-)Kette sowie zwei dazwischenliegende Kausalzusammenhänge feststellen lassen (aaO mwN). Die drei Tatsachenkomplexe bedürfen des Vollbeweises. Der erste Komplex ist die geschützte Tätigkeit, hier also die Dienstleistung für Zwecke der Wehrmacht. Infolge der Dienstleistung muss ein schädigendes Ereignis eine gesundheitliche Schädigung (Primärschaden) hervorgerufen haben. Aufgrund dieser Schädigung muss es dann zu der in MdE-Graden zu bewertenden Schädigungsfolge gekommen sein. Das "schädigende Ereignis" wird üblicherweise als weiteres selbständiges Glied der Kausalkette zwischen geschützter Tätigkeit und Primärschaden angesehen (aaO mwN). Auch dieses bedarf grundsätzlich des Vollbeweises. Dagegen genügt für den Nachweis des haftungsbegründenden ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem schädigenden Ereignis und der gesundheitlichen Schädigung (Primär- oder Erstschaden) sowie des haftungsausfüllenden Ursachenzusammenhangs zwischen der gesundheitlichen Schädigung und der späteren gesundheitlichen Entwicklung (die "Schädigungsfolgen") die Wahrscheinlichkeit (aaO). Diese ist gegeben, wenn mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht.
Vorliegend fehlt es bereits am Nachweis eines Primärschadens (Leistenbruch 1944) sowie am Nachweis der weiteren gesundheitlichen Schädigung "Hepatitisinfektion durch Bluttransfusion 1944". Schließlich sind derzeit auch keine Hepatitisfolgen feststellbar.
Zwar hält der Senat die Angaben des Klägers, er sei zu Schanzarbeiten herangezogen worden, für glaubhaft und sieht diese Hilfsverrichtung damit als erwiesen an. Es ist jedoch nicht nachgewiesen, dass der Kläger bei dieser Tätigkeit eine gesundheitliche Schädigung - hier: Leistenbruch - erlitten hat. Der Senat hält die Angaben des Klägers hierzu für nicht glaubhaft. Zwar kann im Falle eines "Beweisnotstandes", dh in Fällen, in denen für den Nachweis anspruchsbegründender Tatsachen besondere Schwierigkeiten bestehen, das Gericht eine Beweiserleichterung gewähren und an die Bildung der richterlichen Überzeugung weniger hohe Anforderungen stellen (vgl BSG SozR 3-1750 § 444 Nr 1). Eine Beweiserleichterung kommt hier jedoch schon deswegen nicht in Betracht, weil der Kläger vor der Antragstellung mehrfach unterschiedliche Angaben über die Leistenbruch- operation gemacht hat. So hat er in Gutachten der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 06.11.1987 und 01.06.1993 anamnestisch angegeben, die Leistenbruchoperation hätte 1940 bzw 1941 stattgefunden. Am 26.01.1965 hat er eine Leistenbruchoperation auf das Jahr 1942 gelegt (Krankengeschichte des Kreiskrankenhauses M.). Ebensowenig gibt es irgendeinen Nachweis für die behauptete weitere gesundheitliche Schädigung Hepatitis-Infektion 1944. Nach den überzeugenden Ausführungen der Internistin Dr.M.L. in ihren versorgungsärztlichen Stellungnahmen - denen der Senat folgt - kann zum Zeitpunkt der Infektion mit Hepatitis A- oder B-Viren lediglich gesagt werden, dass diese Infektion vor 1985 erfolgt sein muss. Der Beklagte hat daher in seinem angefochtenen Bescheid vom 28.10.1998 zu Recht geltend gemacht, dass es (in über 40 Jahren) viele Möglichkeiten der Entstehung einer Hepatitis gegeben hat. So weist Frau Dr.M.L. darauf hin, dass die Hepatitis A-Infektion in aller Regel oral, die Hepatitis B-Infektion parenteral erfolgt, wobei diese bei der Leistenbruchoperation in den 40er Jahren, aber auch zu einem späteren Zeitpunkt zB bei der Magenoperation des Klägers im Jahr 1965 oder einer Injektion aus anderen Gründen stattgefunden haben kann. Hepatitis B-Viren werden keineswegs nur mit Blutprodukten übertragen, sondern auch mit Hepatitis B-Viren behafteten medizinischen Geräten, da früher keine Einmalnadeln verwendet wurden. Anlass für Injektionen können zB Nierenkoliken oder starke Wirbelsäulenbeschwerden gewesen sein; solche Erkrankungen des Klägers ergeben sich aus den Akten. Darüber hinaus bestehen derzeit beim Kläger keine negativen Folgen einer Hepatitis.
Der Beiziehung von Krankenkassenunterlagen des Klägers aus den Jahren 1945 ff durch den Senat bedurfte es nicht. Der Beklagte hat im Verwaltungsverfahren bereits die über den Kläger vorhandenen Unterlagen der Allgemeine Ortskrankenkasse beigezogen. Aus den Auszügen ergeben sich keine Nachweise für ein schädigendes Ereignis oder einen Primärschaden.
Nach alledem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass der Senat auf Fragen der Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs eingehen musste.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision iS des § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
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