Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
18
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 5 V 42/95
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 V 30/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 25.02.1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob beim Kläger eine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen eingetreten ist und weitere Schädigungsfolgen anzuerkennen sind sowie eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 25 vH zu gewähren ist.
Bei dem am 1921 geborenen Kläger waren mit Bescheid vom 26.06.1953 mit einer MdE nicht rentenberechtigenden Grades als Schädigungsfolgen anerkannt: 1. Stecksplitter in der Rückenmuskulatur links und einige klei ne in der Muskulatur der linken Schultergegend 2. Geheilter Bruch des linken Schlüsselbeines.
Der Kläger erlitt schädigungsunabhängig mehrere Unfälle (1977 Distorsion der Halswirbelsäule; 1985 Sturz auf die linke Schulter; 1991 Fraktur im oberen Sprunggelenk rechts).
Am 05.06.1994 machte der Kläger bei dem Beklagten schädigungsbedingte Beschwerden in der rechten und linken Schulter und am Hinterkopf sowie einen kriegsbedingten Gehörschaden links geltend. Der Beklagte ließ den Kläger HNO-ärztlich (Gutachten Dr.S. vom 24.08.1994) und neurochirurgisch (Gutachten Dr.J. vom 30.11.1994) untersuchen und lehnte eine Neufeststellung mit Bescheid vom 09.01.1995 ab. Zur Begründung gab er an, die vom Kläger geltend gemachten Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule, des Hinterkopfes und der Schulter seien nicht auf die vorhandenen Splitter, sondern auf die nicht schädigungsbedingten Veränderungen der Halswirbelsäule zurückzuführen. Auch die Hörstörung müsse als schädigungsfremd eingeordnet werden, weil bei der im Jahre 1953 durchgeführten versorgungsärztlichen Untersuchung noch regelrechte Trommelfellverhältnisse und ein gutes Gehör für Flüstersprache diagnostiziert worden seien.
Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger ein ärztliches Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr.K.V. vom 09.03.1995 sowie Atteste der HNO-Ärzte Dr.C. vom 18.05.1994 und Dr.S. vom 12.08.1992 vor. Der Beklagte zog einen Befundbericht des Arztes für Orthopädie Dr.D.G. vom 30.03.1995 bei. Nach Einholung von Stellungnahmen des Facharztes für Chirurgie Ch.E. vom 04.05.1995 und der HNO-Ärztin Dr.S. vom 17.05.1995 bezeichete der Beklagte die Schädigungsfolgen mit (Teilabhilfe)-Bescheid vom 12.06.1995 wie folgt neu: 1. Stecksplitter in der Kopfhaut, in den Halsweichteilen, in der Rückenmuskulatur links und einige kleine in der Muskula tur der linken Schultergegend. 2. Geheilter Bruch des linken Schlüsselbeines zu 1. und 2. iS der Entstehung. Den Grad der MdE bezifferte er - wie bisher - mit 10 vH.
Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.1995 zurück.
Der Kläger hat gegen die Bescheide vom 09.01.1995 und 12.06.1995 idFd Widerspruchsbescheides vom 19.07.1995 Klage zum Sozialgericht (SG) Bayreuth erhoben und die Anerkennung einer Hörschädigung als weitere Schädigungsfolge, die Feststellung einer Verschlimmerung der Schädigungsfolge an der linken Schulter sowie Zuerkennung einer MdE von mindestens 25 vH begehrt. Das SG hat von dem Facharzt für HNO-Krankheiten Dr.G.W. ein Gutachten vom 22.10.1996 eingeholt. Dieser hat eine geringgradige Innenohrschädigung links möglicherweise für schädigungsbedingt gehalten, die jetzt nachweisbar beidseitige Innenohrschwerhörigkeit aber mit Sicherheit für überwiegend schädigungsfremd erachtet. Der vom SG gehörte Chirurg Dr.G.V. hat in dem Gutachten vom 09.12.1996 die Gesundheitsstörungen an der linken Schulter mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht auf Einwirkungen des Wehrdienstes, sondern auf alters- und überlastungsbedingte Verschleißerscheinungen zurückgeführt. Für schädigungsbedingt hat er Narbenbildungen und eine Muskelminderung an der linken Schulter sowie eine Knochennarbe am linken Schulterblatthals gehalten. Die Gesamt-MdE hat er mit 15 vH eingeschätzt. Das SG ist den von ihm eingeholten Gutachten gefolgt und hat den Beklagten mit Urteil vom 25.02.1997 zur zusätzlichen Anerkennung von "Narbenbildungen und Muskelminderung an der linken Schulter, Knochennarbe am linken Schulterblatt" verpflichtet und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und die Feststellung einer Verschlimmerung der bestehenden Schädigungsfolgen sowie die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen (Hörschädigung links, Kopfschmerzsyndrom, Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, Narben und Metallsplitter an der Brustwirbelsäule, Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenkes) begehrt. Der Senat hat Gutachten von dem Orthopäden Dr.W.A. , dem Neurologen Dr.H.M. und der HNO-Ärztin Prof. Dr.K.S. eingeholt sowie Prof. Dr.K.H.T. gemäß § 109 SGG gehört.
Dr.W.A. hat in dem Gutachten vom 26.10.1998 die Funktionseinschränkung und die Beschwerdesymptomatik der Halswirbelsäule und der linken Schulter nicht auf die in den Halsweichteilen und in der Rückenmuskulatur und der linken Schultergegend gelegenen Stecksplitter zurückgeführt. Auch hat er die Wirbelsäule durch einen in den Weichteilen gelegenen Stecksplitter in Höhe des sechsten Brustwirbelkörpers nicht in ihrer Funktion für beeinträchtigt gehalten. Einen mittelbaren oder unmittelbaren Zusammenhang der festgestellten diskreten radiologischen Veränderungen am rechten Handgelenk bei seitengleicher freier Handgelenksfunktion mit Schädigungsfolgen hat er nicht angenommen. Den Schlüsselbeinbruch hat er für folgenlos ausgeheilt angesehen und die Funktionseinschränkung der linken Schulter nicht auf die radiologisch festzustellenden zwei kleineren Metallsplitter in der Fossa supraclavicularis zurückgeführt. Die anerkannten Schädigungsfolgen hat er mit einer MdE von 10 vH bewertet. Die nach seiner Ansicht teilweise schädigungsbedingte leichte Atrophie der schulterumgreifenden Muskulatur hat er mit einer MdE von unter 10 vH eingeschätzt.
Der Neurologe Dr.H.M. hat im Gutachten vom 15.12.1999 keine Schädigungsfolgen auf neurologischem Gebiet feststellen können. Eine Nervus-ulnaris-Schädigung rechts hat er nicht auf Kriegsereignisse zurückgeführt.
Prof. Dr.K.S. hat in dem Gutachten vom 23.05.2001 die gesamte Schwerhörigkeit des Klägers nicht auf Lärmeinwirkungen im Krieg zurückgeführt. Die zentrale Gleichgewichtsstörung hat sie nicht als Folge eines Knall- oder Explosionstraumas aufgefasst. Eine Geruchs- und Geschmacksstörung hat sie ebenfalls nicht feststellen können. Die bestehende leichte Nasenatmungsbehinderung hat sie zur Anerkennung iS der Entstehung mit einer MdE von unter 10 vH vorgeschlagen, falls die Nasenbeinfraktur auf einen Fallschirmabsprung zurückgeführt werden könnte.
Prof. Dr.K.H.T. hat im Gutachten vom 07.06.1999/22.10.1999 für die Mehrfach-Granatsplitterverletzung mit Reizerscheinungen im Nacken/Schultergürtelbereich links eine MdE von 10 vH angenommen. Die schmerzhafte Bewegungseinschränkung der linken Schulter mit Schultergelenksarthrose links nach Schlüsselbeinbruch hat er auf eine durch Splitter in der Rückenmuskulatur links und einige kleine Splitter in der Muskulatur der linken Schultergegend ausgelöste "permanente Reizsituation mit Muskelatrophie" zurückgeführt. Diese von ihm angenommenen Schädigungsfolgen hat er mit einer Einzel-MdE von 20 vH bewertet und aus Einzel-MdE-Werten von 10 vH und 20 vH eine MdE von 25 vH gebildet.
Der Beklagte hat zunächst die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen abgelehnt (chirurgische Stellungnahmen der Fachärztin für Chirurgie Dr.B.B. vom 05.07.1999/22.11.1999), in der heutigen mündlichen Verhandlung aber als weitere Schädigungsfolge "leichte Nasenatmungsbehinderung nach Nasenbeinfraktur" anerkannt.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 25.02.1997 sowie die Bescheide vom 09.01.1995 und 12.06.1995 idF des Widerspruchsbescheides vom 19.07.1995 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, eine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen festzustellen und als weitere Schädigungsfolgen anzuerkennen: "Reizerscheinungen im Nacken- und Schultergürtelbereich links, schmerzhafte Bewegungseinschränkung in der linken Schulter mit Schultergelenksarthrose links, Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, Kopfschmerzsyndrom, Metallsplitter an der Brustwirbelsäule, Bewegungseinschränkung rechtes Handgelenk, Hörschädigung links, Geruchs- und Geschmacksstörungen" sowie Versorgung nach einer MdE um mindestens 25 vH zu gewähren.
Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Bayreuth vom 25.02.1997 zurückzuweisen.
Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Beschädigtenakte und die Schwerbehindertenakte des Beklagten, die Archivakten des SG Bayreuth S - V 623/66 und S - 5/V 138/87 sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz ), aber nicht begründet. Es haben sich weder die anerkannten Schädigungsfolgen verschlimmert noch besteht ein Anspruch auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen. Die anerkannten Schädigungsfolgen des Klägers bedingen keine MdE rentenberechtigenden Grades.
Nach § 48 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dann aufzuheben, wenn in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine solche wesentliche Änderung kann sich durch die Verschlimmerung eines bereits anerkannten oder das Hinzutreten einer neuen, bisher nicht als Schädigungsfolge anerkannten Gesundheitsstörung ergeben. Stets ist jedoch dann erforderlich, dass die Verschlimmerung oder die weitere Gesundheitsstörung mit Wahrscheinlichkeit auf ein schädigendes Ereignis iS des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) oder die bereits anerkannte Schädigungsfolge ursächlich zurückzuführen ist (§ 1 Abs 3 Satz 1 BVG). Wahrscheinlich iS dieser Vorschrift bedeutet, dass mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl BSGE 60, 58 ff = SozR 3850 § 51 Nr 9; Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz - AHP - 1996 RdNr 38 Abs 1).
Die Neufeststellung des Anspruches setzt eine bindende Feststellung aufgrund des BVG voraus. Es ist unerheblich, ob mit bindender Feststellung eine Rente zugesprochen wurde oder nicht (Rohr/Strässer, Kommentar zum BVG § 62 K 4 unter Verweisung auf BSG, Urteil vom 05.05.1960 - 9 RV 3112/55 in BVBl 1961 Heft 6 S 77 Nr 28). § 48 SGB X erfasst auch begünstigende Verwaltungsakte, mit denen die Grundlagen künftiger Versorgungsansprüche festgelegt werden, vor allem durch die Anerkennung von Schädigungsfolgen (aaO - K 5).
Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 20.06.1953 zugrunde lagen, ist nicht eingetreten. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den von ihm eingeholten Gutachten des Orthopäden Dr.W.A. , des Neurologen Dr.H.M. und der HNO-Ärztin Prof. Dr.K.S ... Dem Gutachten des Prof. Dr.K.K.T. kann hingegen im Wesentlichen nicht gefolgt werden. Die vom Beklagten anerkannten Stecksplitter in den Körperteilen des Klägers, der geheilte Bruch des linken Schlüsselbeines und die vom SG zugesprochenen weiteren Schädigungsfolgen (Narbenbildungen und Muskelminderung an der linken Schulter und Knochennarbe am linken Schulterblatt) bedingen keine rentenberechtigende MdE von wenigstens 25 vH. Außer der vom Beklagten nunmehr anerkannten "leichten Nasenatmungsbehinderung nach Nasenbeinfraktur", die mit einer MdE von unter 10 vH zu bewerten ist, bestehen auf orthopädischem, neurologischem und HNO-ärztlichem Gebiet keine anerkennungsfähigen Schädigungsfolgen.
Der als Schädigungsfolge anerkannte geheilte Bruch des linken Schlüsselbeines hat keine MdE zur Folge. Die beim Kläger nunmehr bestehende Akromioclaviculararthrose linksseitig kann nicht auf die ausgeheilte Schlüsselbeinfraktur links zurückgeführt werden. Diese Arthrose ist schädigungsfremd. Beim Kläger wird in der Beschädigtenakte (Bl 73) erstmals 1977 über ein beidseitiges Schulter-Arm-Syndrom berichtet. Vor 1985 wurde in einem Krankenkassenauszug (vgl Bl 90 Beschädigtenakte) von einem Cerviko-Brachial-Syndrom beidseits und sogar nur rechts berichtet. Das Fehlen von Brückensymptomen über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren macht eine schädigungsbedingte Genese unwahrscheinlich (so AHP RdNr 38 Abs 3). In einem Arztbrief des Prof. P.K. vom 25.05.1983 (Archivakte SG Bayreuth S 5/V 138/87) wird berichtet, dass der Kläger seit ungefähr 17 Jahren an einem zerviko-encephalen und zervikal-brachialen Syndrom leide, welches nach einem Schleudertrauma durch Heckanprall zum ersten Mal aufgetreten sei. Die Symptomatik sei vollständig ausgeprägt mit Genickschmerzen, Kopfschmerzen, Sehstörungen, Hörminderungen, Gleichgewichtsstörungen und beidseitiger Zervikobrachialgie C 7 rechts und C 6 links. In einem Gutachten der orthopädischen Universitätsklinik und Poliklinik im Waldkrankenhaus S. (Erlangen) vom 29.10.1980 berichtet Prof. Dr.D.H. von einem am 26.06.1977 als Beifahrer erlittenen Autounfall des Klägers, bei dem es zu einer Distorsion der Halswirbelsäule gekommen sei. Bei der röntgenologischen Untersuchung fanden sich (unfallunabhängig) erhebliche uncarthrotische Verschleißerscheinungen im unteren Drittel der Halswirbelsäule mit einer Verengung des Foramens intervertebrale C 5/6 und C 6/7 auf der rechten Seite (vgl Schwerbehindertenakte Bl 130, 131). Nach einem Arztbrief des Klinikums Rechts der Isar vom 09.07.1985 ist der Kläger im Januar 1985 gestürzt und es ist seitdem zu verstärkten Schmerzen im linken Schultergelenk gekommen. Auch in diesem Arztbrief ist festgehalten, dass der Kläger vor 1985 seit Jahren an rezidivierenden Cervicobrachialgien beidseits gelitten hat. In Würdigung dieser Unterlagen ist der Senat zu der Überzeugung gekommen, dass im Bereich der linken Schulter weder eine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolge noch eine weitere Schädigungsfolge anzuerkennen ist.
Eine Anerkennung von Reizerscheinungen durch Splitter im Nacken- und Schultergürtelbereich als weitere Schädigungsfolge kommt entgegen der Auffassung des Prof. K.H.T. ebenfalls nicht in Betracht. Die Prüfärztin des Beklagten, Dr.B.B. , weist in ihrer chirurgischen Stellungnahme vom 05.07.1999/ 22.11.1999 zu Recht darauf hin, dass eine Schorfbildung auf der Narbe über dem Schulterblatt nicht ohne Weiteres auf das Vorliegen eines anhaltenden Reizzustandes schließen lässt. Beim Kläger wurden weder von den behandelnden Ärzten noch von den Vorgutachtern rezidivierende Infektionszeichen wie Fisteln oder Ähnliches beschrieben. Auch der vom Senat gehörte Neurologe Dr.H.M. hat keinen auf die Granatsplitter zurückzuführenden Reizzustand diagnostiziert. Ein Metallsplitter im 6.Brustwirbel kann nicht anerkannt werden, da dieser nach den Röntgenbefunden in den Rückenweichteilen gelegen ist.
Eine Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule ist nach den Feststellungen der gehörten Sachverständigen Dr.G.V. , Dr.W.A. und Prof. Dr.K.H.T. nicht auf eine Stecksplitterverletzung zurückzuführen. Ebenso ist das Kopfschmerzsyndrom nach den Feststellungen des Dr.H.M. nicht schädigungsbedingt. Die Metallsplitter liegen nach dem am 19.05.1993 in der Poliklinik der Universität München angefertigten Röntgenaufnahmen in den Halsweichteilen und haben keinen Kontakt mit den Halswirbeln. Vielmehr wird die Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule durch die röntgenologisch nachgewiesenen ausgeprägten spondylotischen Veränderungen insbesondere im Bereich C 5/6 verursacht. Die in den Weichteilen des Halses liegenden Metallsplitter sind nicht geeignet, degnerative Veränderungen der Halswirbelsäule und Kopfschmerzen hervorzurufen ebensowenig wie die Stecksplitter in der Kopfhaut geeignet sind, ein Kopfschmerzsyndrom auszulösen. Dr.H.M. konnte lediglich reizlose, nicht druckdolente Narben bzw Granatsplitter tasten. Ein Anhalt für Sensiblitätsstörungen ergab sich nicht. Der Senat schließt sich diesen Auffassungen an.
Auch eine Bewegungseinschränkung des rechten Handegelenkes als weitere Schädigungsfolge kommt nicht in Betracht. Der Kläger hat in einem Schreiben vom 28.05.1949 (Bl 6 Beschädigtenakte) angegeben, sich bei der Landung mit dem Fallschirm das rechte Handgelenk verletzt zu haben. Die Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken und das Versorgungsamt Bayreuth hatten in einem Bescheid vom 11.06.1949 und einer Benachrichtigung vom 30.05.1951 eine "Verletzung des rechten Handgelenks mit einer leichten Herabsetzung der groben Kraft, ohne Funktionsstörung im Gelenk" vorläufig als Schädigungsfolge angenommen. Im versorgungsärztlichen Gutachten vom 28.04.1953 des Dr.S. waren Folgen einer Prellung der rechten Hand aber nicht mehr feststellbar, eine Schädigung des rechten Handgelenks fand sich daher als Schädigungsfolge im Bescheid vom 26.06.1953 nicht mehr. Dr.W.A. weist in seinem Gutachten zu Recht darauf hin, dass ein Handgelenksbruch - wie vom Kläger im Schriftsatz vom 31.07.1997 vorgetragen - nicht aktenkundig ist. Die derzeit feststellbaren diskreten radiologischen Veränderungen am rechten Handgelenk (bei seitengleicher freier Handgelenksfunktion) stehen weder im mittelbaren noch im unmittelbaren Zusammenhang mit den Schädigungsfolgen. Die beim Kläger bestehende Nervus-ulnaris-Schädigung rechts ist nach den Feststellungen des Dr.H.M. nicht auf eine Kriegs- oder Wehrdienstbeschädigung zurückzuführen, sondern allein auf die beidseitige Benutzung von Unterarmgehstützen seit dem schädigungsunabhängigen Unfall von 1991.
Eine schädigungsbedingte Hörminderung besteht beim Kläger ebenfalls nicht. Nach den Feststellungen der Prof. Dr.K.S. ist die bestehende Innenohrschwerhörigkeit beidseits nicht mit Wahrscheinlichkeit durch die vom Kläger vorgetragenen Lärmeinwirkungen im Krieg (Granatangriff, Pistolenschuss) verursacht. Ein Fortschreiten eines Innenohrschadens nach einem Knall- oder Explosionstrauma ist selten. Eine Progredienz nach Wegfall der Exposition kann nur dann als Schädigungsfolge angesehen werden, wenn auf eine erhebliche primäre Hörschädigung geschlossen werden kann u n d andere Noxen (zB Degeneration, Alterung) als wesentliche Bedingung der Progredienz nicht in Betracht kommen (AHP RdNr 86 Abs 2). Hierzu ist zu beachten, ob die Progredienz der Schwerhörigkeit unmittelbar nach dem Trauma oder nach einer Latenzzeit eingesetzt hat. Es können zwar Latenzzeiten von mehreren Jahren vorkommen; in solchen Fällen müssen aber besonders eingehende Untersuchungen zum Ausschluss schädigungsfremder Ursachen durchgeführt werden (aaO).
Nach den gutachtlichen Feststellungen der Prof. K.S. liegt beim Kläger eine progrediente, schalltraumatisch bedingte Schwerhörigkeit nicht vor. Die Narbe des linken Trommelfells ist kein Beweis für eine schädigungsbedingte Schwerhörigkeit. Trommelfellrupturen heilen in der Regel ohne Folgeerscheinungen aus, und es hat sich auch auf der linken Seite keine Schallleitungsschwerhörigkeit gezeigt. Des Weiteren werden im Gutachten der Dr.S. kindliche Mittelohrentzündungen erwähnt, die häufig zu Trommelfellnarben führen. Beim Kläger bestehen multiple schädigungsfremde Risikofaktoren wie Halswirbelsäulenschädigung als Folge von degenerativen Verschleißerscheinungen mit ausgeprägter Umcarthrose und Verengung der Foramina intervertebralia, durchgemachte Lungenembolie, Herz-Rhythmusstörungen und wechselnder Blutdruck. Die Sachverständige Prof. Dr.K.S. konnte eine deutliche zentrale Gleichgewichtsstörung wahrscheinlich aufgrund zentraler Durchblutungsstörungen nachweisen. Vestibuläre Zeichen gehören aber nicht zum Bild der Lärmschwerhörigkeit und sprechen gegen eine kriegsbedingte Verursachung. Die Kurvenform im Tonschwellenaudiogramm ist nach den Feststellungen der Sachverständigen uncharakteristisch für ein Lärmtrauma und die überschwelligen Tests sprechen ebenfalls gegen eine lärmbedingte Genese der Schwerhörigkeit.
Eine Riechstörung hat die Sachverständige beim Kläger nicht feststellen können. Eine Geschmacksstörung ist nicht Folge einer Nasenatmungsbehinderung.
Im Hinblick auf die den Senat überzeugenden Gutachten musste die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 25.02.1997 erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision iS des § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob beim Kläger eine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen eingetreten ist und weitere Schädigungsfolgen anzuerkennen sind sowie eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 25 vH zu gewähren ist.
Bei dem am 1921 geborenen Kläger waren mit Bescheid vom 26.06.1953 mit einer MdE nicht rentenberechtigenden Grades als Schädigungsfolgen anerkannt: 1. Stecksplitter in der Rückenmuskulatur links und einige klei ne in der Muskulatur der linken Schultergegend 2. Geheilter Bruch des linken Schlüsselbeines.
Der Kläger erlitt schädigungsunabhängig mehrere Unfälle (1977 Distorsion der Halswirbelsäule; 1985 Sturz auf die linke Schulter; 1991 Fraktur im oberen Sprunggelenk rechts).
Am 05.06.1994 machte der Kläger bei dem Beklagten schädigungsbedingte Beschwerden in der rechten und linken Schulter und am Hinterkopf sowie einen kriegsbedingten Gehörschaden links geltend. Der Beklagte ließ den Kläger HNO-ärztlich (Gutachten Dr.S. vom 24.08.1994) und neurochirurgisch (Gutachten Dr.J. vom 30.11.1994) untersuchen und lehnte eine Neufeststellung mit Bescheid vom 09.01.1995 ab. Zur Begründung gab er an, die vom Kläger geltend gemachten Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule, des Hinterkopfes und der Schulter seien nicht auf die vorhandenen Splitter, sondern auf die nicht schädigungsbedingten Veränderungen der Halswirbelsäule zurückzuführen. Auch die Hörstörung müsse als schädigungsfremd eingeordnet werden, weil bei der im Jahre 1953 durchgeführten versorgungsärztlichen Untersuchung noch regelrechte Trommelfellverhältnisse und ein gutes Gehör für Flüstersprache diagnostiziert worden seien.
Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger ein ärztliches Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr.K.V. vom 09.03.1995 sowie Atteste der HNO-Ärzte Dr.C. vom 18.05.1994 und Dr.S. vom 12.08.1992 vor. Der Beklagte zog einen Befundbericht des Arztes für Orthopädie Dr.D.G. vom 30.03.1995 bei. Nach Einholung von Stellungnahmen des Facharztes für Chirurgie Ch.E. vom 04.05.1995 und der HNO-Ärztin Dr.S. vom 17.05.1995 bezeichete der Beklagte die Schädigungsfolgen mit (Teilabhilfe)-Bescheid vom 12.06.1995 wie folgt neu: 1. Stecksplitter in der Kopfhaut, in den Halsweichteilen, in der Rückenmuskulatur links und einige kleine in der Muskula tur der linken Schultergegend. 2. Geheilter Bruch des linken Schlüsselbeines zu 1. und 2. iS der Entstehung. Den Grad der MdE bezifferte er - wie bisher - mit 10 vH.
Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.1995 zurück.
Der Kläger hat gegen die Bescheide vom 09.01.1995 und 12.06.1995 idFd Widerspruchsbescheides vom 19.07.1995 Klage zum Sozialgericht (SG) Bayreuth erhoben und die Anerkennung einer Hörschädigung als weitere Schädigungsfolge, die Feststellung einer Verschlimmerung der Schädigungsfolge an der linken Schulter sowie Zuerkennung einer MdE von mindestens 25 vH begehrt. Das SG hat von dem Facharzt für HNO-Krankheiten Dr.G.W. ein Gutachten vom 22.10.1996 eingeholt. Dieser hat eine geringgradige Innenohrschädigung links möglicherweise für schädigungsbedingt gehalten, die jetzt nachweisbar beidseitige Innenohrschwerhörigkeit aber mit Sicherheit für überwiegend schädigungsfremd erachtet. Der vom SG gehörte Chirurg Dr.G.V. hat in dem Gutachten vom 09.12.1996 die Gesundheitsstörungen an der linken Schulter mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht auf Einwirkungen des Wehrdienstes, sondern auf alters- und überlastungsbedingte Verschleißerscheinungen zurückgeführt. Für schädigungsbedingt hat er Narbenbildungen und eine Muskelminderung an der linken Schulter sowie eine Knochennarbe am linken Schulterblatthals gehalten. Die Gesamt-MdE hat er mit 15 vH eingeschätzt. Das SG ist den von ihm eingeholten Gutachten gefolgt und hat den Beklagten mit Urteil vom 25.02.1997 zur zusätzlichen Anerkennung von "Narbenbildungen und Muskelminderung an der linken Schulter, Knochennarbe am linken Schulterblatt" verpflichtet und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und die Feststellung einer Verschlimmerung der bestehenden Schädigungsfolgen sowie die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen (Hörschädigung links, Kopfschmerzsyndrom, Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, Narben und Metallsplitter an der Brustwirbelsäule, Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenkes) begehrt. Der Senat hat Gutachten von dem Orthopäden Dr.W.A. , dem Neurologen Dr.H.M. und der HNO-Ärztin Prof. Dr.K.S. eingeholt sowie Prof. Dr.K.H.T. gemäß § 109 SGG gehört.
Dr.W.A. hat in dem Gutachten vom 26.10.1998 die Funktionseinschränkung und die Beschwerdesymptomatik der Halswirbelsäule und der linken Schulter nicht auf die in den Halsweichteilen und in der Rückenmuskulatur und der linken Schultergegend gelegenen Stecksplitter zurückgeführt. Auch hat er die Wirbelsäule durch einen in den Weichteilen gelegenen Stecksplitter in Höhe des sechsten Brustwirbelkörpers nicht in ihrer Funktion für beeinträchtigt gehalten. Einen mittelbaren oder unmittelbaren Zusammenhang der festgestellten diskreten radiologischen Veränderungen am rechten Handgelenk bei seitengleicher freier Handgelenksfunktion mit Schädigungsfolgen hat er nicht angenommen. Den Schlüsselbeinbruch hat er für folgenlos ausgeheilt angesehen und die Funktionseinschränkung der linken Schulter nicht auf die radiologisch festzustellenden zwei kleineren Metallsplitter in der Fossa supraclavicularis zurückgeführt. Die anerkannten Schädigungsfolgen hat er mit einer MdE von 10 vH bewertet. Die nach seiner Ansicht teilweise schädigungsbedingte leichte Atrophie der schulterumgreifenden Muskulatur hat er mit einer MdE von unter 10 vH eingeschätzt.
Der Neurologe Dr.H.M. hat im Gutachten vom 15.12.1999 keine Schädigungsfolgen auf neurologischem Gebiet feststellen können. Eine Nervus-ulnaris-Schädigung rechts hat er nicht auf Kriegsereignisse zurückgeführt.
Prof. Dr.K.S. hat in dem Gutachten vom 23.05.2001 die gesamte Schwerhörigkeit des Klägers nicht auf Lärmeinwirkungen im Krieg zurückgeführt. Die zentrale Gleichgewichtsstörung hat sie nicht als Folge eines Knall- oder Explosionstraumas aufgefasst. Eine Geruchs- und Geschmacksstörung hat sie ebenfalls nicht feststellen können. Die bestehende leichte Nasenatmungsbehinderung hat sie zur Anerkennung iS der Entstehung mit einer MdE von unter 10 vH vorgeschlagen, falls die Nasenbeinfraktur auf einen Fallschirmabsprung zurückgeführt werden könnte.
Prof. Dr.K.H.T. hat im Gutachten vom 07.06.1999/22.10.1999 für die Mehrfach-Granatsplitterverletzung mit Reizerscheinungen im Nacken/Schultergürtelbereich links eine MdE von 10 vH angenommen. Die schmerzhafte Bewegungseinschränkung der linken Schulter mit Schultergelenksarthrose links nach Schlüsselbeinbruch hat er auf eine durch Splitter in der Rückenmuskulatur links und einige kleine Splitter in der Muskulatur der linken Schultergegend ausgelöste "permanente Reizsituation mit Muskelatrophie" zurückgeführt. Diese von ihm angenommenen Schädigungsfolgen hat er mit einer Einzel-MdE von 20 vH bewertet und aus Einzel-MdE-Werten von 10 vH und 20 vH eine MdE von 25 vH gebildet.
Der Beklagte hat zunächst die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen abgelehnt (chirurgische Stellungnahmen der Fachärztin für Chirurgie Dr.B.B. vom 05.07.1999/22.11.1999), in der heutigen mündlichen Verhandlung aber als weitere Schädigungsfolge "leichte Nasenatmungsbehinderung nach Nasenbeinfraktur" anerkannt.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 25.02.1997 sowie die Bescheide vom 09.01.1995 und 12.06.1995 idF des Widerspruchsbescheides vom 19.07.1995 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, eine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen festzustellen und als weitere Schädigungsfolgen anzuerkennen: "Reizerscheinungen im Nacken- und Schultergürtelbereich links, schmerzhafte Bewegungseinschränkung in der linken Schulter mit Schultergelenksarthrose links, Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, Kopfschmerzsyndrom, Metallsplitter an der Brustwirbelsäule, Bewegungseinschränkung rechtes Handgelenk, Hörschädigung links, Geruchs- und Geschmacksstörungen" sowie Versorgung nach einer MdE um mindestens 25 vH zu gewähren.
Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Bayreuth vom 25.02.1997 zurückzuweisen.
Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Beschädigtenakte und die Schwerbehindertenakte des Beklagten, die Archivakten des SG Bayreuth S - V 623/66 und S - 5/V 138/87 sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz ), aber nicht begründet. Es haben sich weder die anerkannten Schädigungsfolgen verschlimmert noch besteht ein Anspruch auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen. Die anerkannten Schädigungsfolgen des Klägers bedingen keine MdE rentenberechtigenden Grades.
Nach § 48 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dann aufzuheben, wenn in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine solche wesentliche Änderung kann sich durch die Verschlimmerung eines bereits anerkannten oder das Hinzutreten einer neuen, bisher nicht als Schädigungsfolge anerkannten Gesundheitsstörung ergeben. Stets ist jedoch dann erforderlich, dass die Verschlimmerung oder die weitere Gesundheitsstörung mit Wahrscheinlichkeit auf ein schädigendes Ereignis iS des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) oder die bereits anerkannte Schädigungsfolge ursächlich zurückzuführen ist (§ 1 Abs 3 Satz 1 BVG). Wahrscheinlich iS dieser Vorschrift bedeutet, dass mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl BSGE 60, 58 ff = SozR 3850 § 51 Nr 9; Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz - AHP - 1996 RdNr 38 Abs 1).
Die Neufeststellung des Anspruches setzt eine bindende Feststellung aufgrund des BVG voraus. Es ist unerheblich, ob mit bindender Feststellung eine Rente zugesprochen wurde oder nicht (Rohr/Strässer, Kommentar zum BVG § 62 K 4 unter Verweisung auf BSG, Urteil vom 05.05.1960 - 9 RV 3112/55 in BVBl 1961 Heft 6 S 77 Nr 28). § 48 SGB X erfasst auch begünstigende Verwaltungsakte, mit denen die Grundlagen künftiger Versorgungsansprüche festgelegt werden, vor allem durch die Anerkennung von Schädigungsfolgen (aaO - K 5).
Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 20.06.1953 zugrunde lagen, ist nicht eingetreten. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den von ihm eingeholten Gutachten des Orthopäden Dr.W.A. , des Neurologen Dr.H.M. und der HNO-Ärztin Prof. Dr.K.S ... Dem Gutachten des Prof. Dr.K.K.T. kann hingegen im Wesentlichen nicht gefolgt werden. Die vom Beklagten anerkannten Stecksplitter in den Körperteilen des Klägers, der geheilte Bruch des linken Schlüsselbeines und die vom SG zugesprochenen weiteren Schädigungsfolgen (Narbenbildungen und Muskelminderung an der linken Schulter und Knochennarbe am linken Schulterblatt) bedingen keine rentenberechtigende MdE von wenigstens 25 vH. Außer der vom Beklagten nunmehr anerkannten "leichten Nasenatmungsbehinderung nach Nasenbeinfraktur", die mit einer MdE von unter 10 vH zu bewerten ist, bestehen auf orthopädischem, neurologischem und HNO-ärztlichem Gebiet keine anerkennungsfähigen Schädigungsfolgen.
Der als Schädigungsfolge anerkannte geheilte Bruch des linken Schlüsselbeines hat keine MdE zur Folge. Die beim Kläger nunmehr bestehende Akromioclaviculararthrose linksseitig kann nicht auf die ausgeheilte Schlüsselbeinfraktur links zurückgeführt werden. Diese Arthrose ist schädigungsfremd. Beim Kläger wird in der Beschädigtenakte (Bl 73) erstmals 1977 über ein beidseitiges Schulter-Arm-Syndrom berichtet. Vor 1985 wurde in einem Krankenkassenauszug (vgl Bl 90 Beschädigtenakte) von einem Cerviko-Brachial-Syndrom beidseits und sogar nur rechts berichtet. Das Fehlen von Brückensymptomen über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren macht eine schädigungsbedingte Genese unwahrscheinlich (so AHP RdNr 38 Abs 3). In einem Arztbrief des Prof. P.K. vom 25.05.1983 (Archivakte SG Bayreuth S 5/V 138/87) wird berichtet, dass der Kläger seit ungefähr 17 Jahren an einem zerviko-encephalen und zervikal-brachialen Syndrom leide, welches nach einem Schleudertrauma durch Heckanprall zum ersten Mal aufgetreten sei. Die Symptomatik sei vollständig ausgeprägt mit Genickschmerzen, Kopfschmerzen, Sehstörungen, Hörminderungen, Gleichgewichtsstörungen und beidseitiger Zervikobrachialgie C 7 rechts und C 6 links. In einem Gutachten der orthopädischen Universitätsklinik und Poliklinik im Waldkrankenhaus S. (Erlangen) vom 29.10.1980 berichtet Prof. Dr.D.H. von einem am 26.06.1977 als Beifahrer erlittenen Autounfall des Klägers, bei dem es zu einer Distorsion der Halswirbelsäule gekommen sei. Bei der röntgenologischen Untersuchung fanden sich (unfallunabhängig) erhebliche uncarthrotische Verschleißerscheinungen im unteren Drittel der Halswirbelsäule mit einer Verengung des Foramens intervertebrale C 5/6 und C 6/7 auf der rechten Seite (vgl Schwerbehindertenakte Bl 130, 131). Nach einem Arztbrief des Klinikums Rechts der Isar vom 09.07.1985 ist der Kläger im Januar 1985 gestürzt und es ist seitdem zu verstärkten Schmerzen im linken Schultergelenk gekommen. Auch in diesem Arztbrief ist festgehalten, dass der Kläger vor 1985 seit Jahren an rezidivierenden Cervicobrachialgien beidseits gelitten hat. In Würdigung dieser Unterlagen ist der Senat zu der Überzeugung gekommen, dass im Bereich der linken Schulter weder eine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolge noch eine weitere Schädigungsfolge anzuerkennen ist.
Eine Anerkennung von Reizerscheinungen durch Splitter im Nacken- und Schultergürtelbereich als weitere Schädigungsfolge kommt entgegen der Auffassung des Prof. K.H.T. ebenfalls nicht in Betracht. Die Prüfärztin des Beklagten, Dr.B.B. , weist in ihrer chirurgischen Stellungnahme vom 05.07.1999/ 22.11.1999 zu Recht darauf hin, dass eine Schorfbildung auf der Narbe über dem Schulterblatt nicht ohne Weiteres auf das Vorliegen eines anhaltenden Reizzustandes schließen lässt. Beim Kläger wurden weder von den behandelnden Ärzten noch von den Vorgutachtern rezidivierende Infektionszeichen wie Fisteln oder Ähnliches beschrieben. Auch der vom Senat gehörte Neurologe Dr.H.M. hat keinen auf die Granatsplitter zurückzuführenden Reizzustand diagnostiziert. Ein Metallsplitter im 6.Brustwirbel kann nicht anerkannt werden, da dieser nach den Röntgenbefunden in den Rückenweichteilen gelegen ist.
Eine Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule ist nach den Feststellungen der gehörten Sachverständigen Dr.G.V. , Dr.W.A. und Prof. Dr.K.H.T. nicht auf eine Stecksplitterverletzung zurückzuführen. Ebenso ist das Kopfschmerzsyndrom nach den Feststellungen des Dr.H.M. nicht schädigungsbedingt. Die Metallsplitter liegen nach dem am 19.05.1993 in der Poliklinik der Universität München angefertigten Röntgenaufnahmen in den Halsweichteilen und haben keinen Kontakt mit den Halswirbeln. Vielmehr wird die Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule durch die röntgenologisch nachgewiesenen ausgeprägten spondylotischen Veränderungen insbesondere im Bereich C 5/6 verursacht. Die in den Weichteilen des Halses liegenden Metallsplitter sind nicht geeignet, degnerative Veränderungen der Halswirbelsäule und Kopfschmerzen hervorzurufen ebensowenig wie die Stecksplitter in der Kopfhaut geeignet sind, ein Kopfschmerzsyndrom auszulösen. Dr.H.M. konnte lediglich reizlose, nicht druckdolente Narben bzw Granatsplitter tasten. Ein Anhalt für Sensiblitätsstörungen ergab sich nicht. Der Senat schließt sich diesen Auffassungen an.
Auch eine Bewegungseinschränkung des rechten Handegelenkes als weitere Schädigungsfolge kommt nicht in Betracht. Der Kläger hat in einem Schreiben vom 28.05.1949 (Bl 6 Beschädigtenakte) angegeben, sich bei der Landung mit dem Fallschirm das rechte Handgelenk verletzt zu haben. Die Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken und das Versorgungsamt Bayreuth hatten in einem Bescheid vom 11.06.1949 und einer Benachrichtigung vom 30.05.1951 eine "Verletzung des rechten Handgelenks mit einer leichten Herabsetzung der groben Kraft, ohne Funktionsstörung im Gelenk" vorläufig als Schädigungsfolge angenommen. Im versorgungsärztlichen Gutachten vom 28.04.1953 des Dr.S. waren Folgen einer Prellung der rechten Hand aber nicht mehr feststellbar, eine Schädigung des rechten Handgelenks fand sich daher als Schädigungsfolge im Bescheid vom 26.06.1953 nicht mehr. Dr.W.A. weist in seinem Gutachten zu Recht darauf hin, dass ein Handgelenksbruch - wie vom Kläger im Schriftsatz vom 31.07.1997 vorgetragen - nicht aktenkundig ist. Die derzeit feststellbaren diskreten radiologischen Veränderungen am rechten Handgelenk (bei seitengleicher freier Handgelenksfunktion) stehen weder im mittelbaren noch im unmittelbaren Zusammenhang mit den Schädigungsfolgen. Die beim Kläger bestehende Nervus-ulnaris-Schädigung rechts ist nach den Feststellungen des Dr.H.M. nicht auf eine Kriegs- oder Wehrdienstbeschädigung zurückzuführen, sondern allein auf die beidseitige Benutzung von Unterarmgehstützen seit dem schädigungsunabhängigen Unfall von 1991.
Eine schädigungsbedingte Hörminderung besteht beim Kläger ebenfalls nicht. Nach den Feststellungen der Prof. Dr.K.S. ist die bestehende Innenohrschwerhörigkeit beidseits nicht mit Wahrscheinlichkeit durch die vom Kläger vorgetragenen Lärmeinwirkungen im Krieg (Granatangriff, Pistolenschuss) verursacht. Ein Fortschreiten eines Innenohrschadens nach einem Knall- oder Explosionstrauma ist selten. Eine Progredienz nach Wegfall der Exposition kann nur dann als Schädigungsfolge angesehen werden, wenn auf eine erhebliche primäre Hörschädigung geschlossen werden kann u n d andere Noxen (zB Degeneration, Alterung) als wesentliche Bedingung der Progredienz nicht in Betracht kommen (AHP RdNr 86 Abs 2). Hierzu ist zu beachten, ob die Progredienz der Schwerhörigkeit unmittelbar nach dem Trauma oder nach einer Latenzzeit eingesetzt hat. Es können zwar Latenzzeiten von mehreren Jahren vorkommen; in solchen Fällen müssen aber besonders eingehende Untersuchungen zum Ausschluss schädigungsfremder Ursachen durchgeführt werden (aaO).
Nach den gutachtlichen Feststellungen der Prof. K.S. liegt beim Kläger eine progrediente, schalltraumatisch bedingte Schwerhörigkeit nicht vor. Die Narbe des linken Trommelfells ist kein Beweis für eine schädigungsbedingte Schwerhörigkeit. Trommelfellrupturen heilen in der Regel ohne Folgeerscheinungen aus, und es hat sich auch auf der linken Seite keine Schallleitungsschwerhörigkeit gezeigt. Des Weiteren werden im Gutachten der Dr.S. kindliche Mittelohrentzündungen erwähnt, die häufig zu Trommelfellnarben führen. Beim Kläger bestehen multiple schädigungsfremde Risikofaktoren wie Halswirbelsäulenschädigung als Folge von degenerativen Verschleißerscheinungen mit ausgeprägter Umcarthrose und Verengung der Foramina intervertebralia, durchgemachte Lungenembolie, Herz-Rhythmusstörungen und wechselnder Blutdruck. Die Sachverständige Prof. Dr.K.S. konnte eine deutliche zentrale Gleichgewichtsstörung wahrscheinlich aufgrund zentraler Durchblutungsstörungen nachweisen. Vestibuläre Zeichen gehören aber nicht zum Bild der Lärmschwerhörigkeit und sprechen gegen eine kriegsbedingte Verursachung. Die Kurvenform im Tonschwellenaudiogramm ist nach den Feststellungen der Sachverständigen uncharakteristisch für ein Lärmtrauma und die überschwelligen Tests sprechen ebenfalls gegen eine lärmbedingte Genese der Schwerhörigkeit.
Eine Riechstörung hat die Sachverständige beim Kläger nicht feststellen können. Eine Geschmacksstörung ist nicht Folge einer Nasenatmungsbehinderung.
Im Hinblick auf die den Senat überzeugenden Gutachten musste die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 25.02.1997 erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision iS des § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
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