Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
7
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 14 VH 147/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 VH 41/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.06.2002 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Sozialgericht Köln zurückverwiesen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Beklagte wendet sich im Berufungsverfahren gegen die Verurteilung zur Gewährung einer Versorgungsgrundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 vom Hundert (v.H.).
Der 1940 geborene Kläger übte von 1961 bis 1976 in der DDR einen Tätigkeit als Kraftfahrer aus. In der Zeit vom 00.00.1976 bis 00.00.1978 war er inhaftiert.
Nach der Übersiedlung in die Bundesrepublik war der Kläger von April bis November 1978 als Gießereiarbeiter und von Dezember 1978 bis September 1981 als Kraftfahrer tätig. In der Zeit von Oktober 1981 bis Dezember 1982 war er arbeitslos. Seit Januar 1983 war er durchgehend im Boten- und Pförtnerdienst des C beschäftigt. Seit Juli 1997 war der Kläger durchgehend arbeitsunfähig. Seit 01.01.1998 bezieht der Kläger eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Im März 1978 beantragte der Kläger beim Beklagten eine Versorgung nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG). Mit Bescheid vom 06.03.1980 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 07.03.1981 lehnte der Beklagte den Antrag ab. In dem anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren, S 12 V 150/81, holte das Sozialgericht (SG) Köln ein orthopädisches, hno-ärztliches und nervenärztliches Gutachten ein. Das Verfahren endete durch einen gerichtlichen Vergleich.
Mit Ausführungsbescheid vom 14.06.1983 stellte der Beklagte beim Kläger als Schädigungsfolgen nach dem HHG
"psychische und vegetative Störungen mit nervöser Übererregbarkeit, Neigung zu Verstimmungszuständen und Kopfschmerzen sowie belästigende Ohrengeräusche beidseits"
fest und gewährte eine Versorgungsgrundrente nach einer MdE um 30 v.H. ab dem 01.03.1978.
Im Februar 1985 stellte der Kläger beim Beklagten einen Änderungsantrag. Der Beklagte holte u.a. ein Gutachten von dem Leiter der Neurologischen Abteilung der Rheinischen Landesklinik C1, Prof. Dr. I ein. Mit Bescheid vom 14.11.1985 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und § 48 SGB X ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren holte der Beklagte u.a. gutachterliche Stellungnahmen von dem HNO-Arzt Dr. C2 und dem Neurologen und Psychiater Dr. Q ein. Des weiteren beauftragte er den HNO-Arzt Dr. L mit der Erstellung eines Gutachtens. Am 01.02.1988 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
In dem anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren, S 12 V 50/88, holte das SG Köln Gutachten von der Dipl.-Psych. T, dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L1 und Prof. Dr. C3 ein. Mit Urteil vom 08.12.1989 wies das SG Köln die Klage auf Erhöhung der medizinischen MdE nach § 30 Abs. 1 BVG und der Feststellung eines besonderen beruflichen Betroffenseins nach § 30 Abs. 2 BVG als unbegründet zurück. Dagegen legte der Kläger Berufung beim LSG NW, L 10 V 63/90, ein. Nach Vernehmung der Zeugen Q1 und L2 sowie des Sachverständigen Prof. Dr. C3 in der mündlichen Verhandlung vom 19.01.1994 nahm der Kläger die Klage zurück.
Mit Bescheid vom 27.05.1988 stellte der Beklagte zuletzt bei dem Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 70 und die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "erhebliche Gehbehinderung" fest. Aufgrund eines im Mai 1998 gestellten Änderungsantrages holte der Beklagte u.a. ein Gutachten von der Ärztin für Nervenheilkunde Dr. T ein. Diese vertrat die Auffassung, dass die psychische und vegetative Störung des Klägers mit nervöser Übererregbarkeit, Neigung zu Verstimmungszuständen und Kopfschmerzen sowie belästigende Ohrgeräusche beidseits insgesamt mit einem GdB von 40 zu bewerten sei, wobei für die Schädigungsfolgen unverändert ein GdB von 30 anzusetzen sei. Mit Bescheid vom 28.01.1999 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 07.04.1999 lehnte der Beklagte den Änderungsantrag ab. In dem anschließenden Verfahren, S 17 SB 108/99, wies das SG Köln nach Einholung eines Gutachtens von dem HNO-Arzt Dr. T1 mit Gerichtsbescheid vom 26.02.2001 die Klage ab.
Im April 1998 beantragte der Kläger beim Beklagten die Erhöhung der schädigungsbedingten MdE. Er machte geltend, seine haftbedingten psychischen Störungen hätten sich verschlimmert. Die unbewältigten furchtbaren traumatischen Erlebnisse in der Haft kämen mit zunehmenden Alter immer stärker hoch. Sie seien mitursächlich für die seit Juli 1997 bestehende Arbeitsunfähigkeit. Er leide an chronischen Schlafstörungen, erlebnisreaktiver Persönlichkeitswandel mit psychoorganischem Syndrom. Zur Stützung seines Begehrens reichte er Atteste zu den Akten. Nach Beiziehung eines Befundberichtes von Dr. H und Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 24.08.1998 den Antrag des Klägers unter Berufung auf § 48 SGB X ab. Er führte u.a. aus, die Verschlimmerung der nervösen Störungen und Beschwerden könne von vornherein nicht auf die politische Inhaftierung bis Februar 1978 bezogen werden, weil es ausgeschlossen sei, dass nach 20 Jahren noch eine Verschlimmerung eintrete, wenn mehrfache nervenärztliche Begutachtungen in den ersten 10 Jahren nach der Inhaftierung ein unverändertes Zustandsbild geboten hätten. Dies gelte umso mehr, als eine organisch-substanzielle Schädigung des Nervensystems ausgeschlossen worden sei. Die MdE für die nervösen Störungen betrage somit unverändert 30 v.H ... Auch hinsichtlich der außerdem noch anerkannten Ohrgeräusche könne eine Änderung nicht angenommen werden.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Der Beklagte zog daraufhin das sozialmedizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Nordrhein aus Mai 1998 sowie das im Auftrag der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte erstattete Gutachten von dem Neurologen und Psychiater I1 aus März 1998 bei. Am 14.04.2000 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit der am 05.05.2000 vor dem SG Köln erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.
Er hat vorgetragen, die Auswirkung seiner haftbedingten psychischen Störungen hätten sich verschlimmert. Sie seien ursächlich für seine 1998 eingetretene Erwerbsunfähigkeit.
Im August 2000 ist der Kläger nach E umgezogen.
Das SG hat ein Gutachten von dem Leitenden Arzt der Klinik für Forensische Psychiatrie der Universität S PD Dr. T2 eingeholt. Dieser ist zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Kläger eine Verschlimmerung im Gesundheitszustand eingetreten sei. Der Kläger sei weiter und schwerer in seiner Kompensationsmöglichkeit behindert, die soziale Situation habe sich verschlechtert. Die schädigungsbedingte MdE betrage 40 v.H.
In der mündlichen Verhandlung am 12.06.2002 hat das SG Köln unter dem Vorsitz der Richterin am Sozialgericht Seel folgendes Urteil verkündet:
"Der Bescheid vom 24.08.1998 und der Widerspruchsbescheid vom 14.04.2000 werden aufgehoben.
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab dem 07.04.1998 Leistungen nach dem HHG nach einer MdE von 40 zu zahlen.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt der Beklagte."
Das Urteil ist nicht schriftlich abgesetzt worden. Mit Schreiben vom 15.11.2002 hat das SG Köln die Beteiligten darauf hingewiesen, dass wegen der Arbeitsunfähigkeit der Kammervorsitzenden eine Abfassung (und Unterschrift, § 134 SGG) des Urteils zurzeit nicht möglich sei. Das Urteil sei mit seiner Verkündung in der mündlichen Verhandlung vom 12.06.2002 wirksam geworden.
Am 09.12.2002 hat der Beklagte Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen eingelegt.
Er wendet sich gegen die von dem Sachverständigen vertretene Auffassung, dass die Verschlechterung der psychischen Gesundheitsstörungen beim Kläger auf die Haft zurückzuführen sei. Vor dem Hintergrund einer besonders ausgeprägten Persönlichkeitsstruktur des Klägers sowie schädigungsunabhängiger belastender Lebensumstände sei eine schädigungsbedingte Verschlimmerung der anerkannten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich, er halte dies für höchst unwahrscheinlich.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.06.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Streitsache an das Sozialgericht Köln zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und Akten des Beklagten, HHG-Akte und SchwbG-Akte, sowie auf die beigezogenen Akten des SG Köln, S 12 V 50/81, S 12 V 50/88, S 17 SB 108/99 und S 8 RA 90/00 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig.
Die Berufung ist statthaft.
Ausweislich der von der Kammervorsitzenden und der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unterschriebenen Sitzungsniederschrift ist in der mündlichen Verhandlung am 12.06.2002 in der Streitsache S 14 VH 147/00 ein stattgebendes Urteil verkündet worden. Mit der Verkündung ist das Urteil existent und wirksam und damit durch Rechtsmittel anfechtbar geworden (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 135 Rdnr. 3 m.w.N).
Die Berufung ist rechtzeitig eingelegt.
Nach § 151 SGG ist die Berufung beim LSG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich einzulegen. Mit Schreiben vom 29.11.2002 hat der Beklagte am 9.12.2002 Berufung beim LSG eingelegt. Die Berufungsfrist gegen das Urteil des SG vom 12.06.2002 ist zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung noch nicht abgelaufen gewesen, da die Frist noch nicht zu laufen begonnen hatte. Erst mit Zustellung eines verkündeten Urteils wird die Berufungsfrist in Lauf gesetzt. Eine Zustellung des verkündeten Urteils i.S.v. § 135 SGG an den Beklagten - Übersendung der vollständigen Urteilsausfertigung i.S.v. § 137 SGG mit Unterschrift der Richterin - ist vorliegend nicht erfolgt. Die Einlegung einer Berufung vor Zustellung des Urteils ist wirksam (BSG, Urteil vom 11.02.1981, 2 RU 37/80, SozR 1500 § 151 Nr. 9; Urteil vom 22.10.1998, B 5/4 RA 68/97 R, ZfS 1999,79). Das Berufungsrecht ist auch nicht verwirkt, da der Beklagte unmittelbar nach Mitteilung des SG, das eine Zustellung der Urteilsausfertigung nicht absehbar ist, innerhalb der Jahresfrist Berufung eingelegt hat (vgl. zur Verwirkung von Rechtsmitteln Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 66 Rdnr. 13 f m.w.N.).
Das Urteil leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel, so dass der Senat von der nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG eingeräumten Möglichkeit zur Zurückverweisung Gebrauch gemacht hat.
Das Urteil verstößt gegen die zwingenden Verfahrensvorschriften §§ 134 S. 1, 135 SGG, wonach das Urteil mit Tatbestand und Entscheidungsgründen von der Kammervorsitzenden zu unterschreiben und den Beteiligten zuzustellen ist. Desweiteren liegt ein Verstoß gegen die §§ 136 Abs. 1 Nr. 6, 128 Abs. 1 SGG vor. Danach muss ein Urteil Entscheidungsgründe enthalten. Es sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Eine Heilung dieser Verfahrensmängel durch eine nachträgliche Abfassung und Zustellung des Urteils mit Unterschriftleistung der mitwirkenden Kammervorsitzenden ist zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung am 09.12.2002 nicht mehr möglich gewesen. Selbst wenn die erforderlichen Handlungen - Urteilsabfassung und Unterschriftsleistung - durch die Kammervorsitzende noch nachgeholt werden, besteht ein Verfahrensfehler, der einen absoluten Revisionsgrund i.S.v. § 202 SGG i.V.m. § 551 Nr. 7 ZPO darstellt, vor. Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 05.05.1994, 2 BU 216/93; Urteil vom 03.03.1994, 1 RK 6/93, SozR 3-1750 § 551 Nr. 7; Urteil vom 22.09.1993, 12 RK 93/92, Die Beiträge 1994, 224) gelten Urteilsgründe als nicht existent, wenn der Tatbestand und die Entscheidungsgründe eines bei Verkündung noch nicht vollständig abgefassten Urteils nicht binnen 5 Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, vom Richter besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind. Die mit der schriftlichen Urteilsabfassung erstrebte Sicherung der Beurkundungsform ist nach Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils nicht mehr erreichbar. Das am 12.06.2002 verkündete Urteil hätte spätestens bis zum 11.11.2002 vollständig abgefasst und ordnungsgemäß unterschrieben der Geschäftsstelle übergeben werden müssen. Dies ist unterblieben.
Das angefochtene Urteil beruht auf dem Verfahrensmangel. Nach § 202 SGG i.V.m. § 551 Nr. 7 ZPO ist eine Entscheidung, die nicht mit Gründen versehen ist, stets als auf eine Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen.
Die gemäß § 159 Abs. 1 SGG im Ermessen stehende Zurückverweisung erscheint angesichts der Kürze des Berufungsverfahrens, der Schwere des Verfahrensfehlers und zur Erhaltung einer Tatsacheninstanz geboten.
Weder eine Bestätigung der Entscheidung des SG noch eine Stattgabe der Klage kommen derzeitig in Betracht. Der Rechtsstreit ist noch nicht entscheidungsreif. Wegen Fehlens von dokumentierten Entscheidungsgründe fehlt es an einer für den Senat rechtlich nachprüfbaren Entscheidung.
Es ist nicht ersichtlich, welche Gründe das SG bewogen haben, das Land Mecklenburg-Vorpommern an dem Verfahren nicht zu beteiligen. Durch den Umzug des Klägers nach E während des Gerichtsverfahrens im August 2000 ist nach der Neufassung des § 3 VfG-KOV durch Art. 49 Nr. 1 SGB IX vom 19.06.2001 (BGBl. I S. 1064), in Kraft getreten am 01.07.2001, ein Zuständigkeitswechsel bei den Versorgungsämtern eingetreten. Nach § 3 VfG-KOV i.d.F. bis zum 30.06.2001 hat der Umzug eines Betroffenen im laufenden Verwaltungs- oder anschließendem Gerichtsverfahren keine Rechtswirkungen hinsichtlich der durch Antragstellung begründeten örtlichen Zuständigkeit eines Versorgungsamtes entfaltet. Die durch eine Antragstellung begründete örtliche Zuständigkeit eines Versorgungsamtes - vorliegend des Versorgungsamtes Köln -, wurde durch einen späteren Ortswechsel des Betroffenen nicht geändert, vielmehr ist für die örtliche Zuständigkeit eines Versorgungsamtes der Wohnsitz des Betroffenen zum Zeitpunkt der Antragsstellung oder Einleitung des Verwaltungsverfahrens für die Dauer eines Verwaltungs- und eines eventuell anschließenden Gerichtsverfahrens maßgebend gewesen (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2000, B 9 V 1/00 R; Urteil vom 04.02.1998, B 9 V 6/96 R). Demgegenüber sieht § 3 VfG-KOV i.d.F. seit dem 01.07.2001 vor, dass bei einem Wohnsitzwechsel des Betroffenen im Interesse einer ortsnahen Bearbeitung sich die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich ändert, auch in einem laufenden Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren (BT-Drucks. 14/5800 S. 36). Dies bedeutet im Fall des Klägers, dass ab Juli 2001 das Versorgungsamt Stralsund, welches in den Zuständigkeitsbereich des Landes Mecklenburg-Vorpommers fällt, für die Bearbeitung sämtlicher Versorgungsangelegenheiten des Klägers örtlich zuständig ist. Eine Entscheidung nach § 2 Abs. 2 SGB X über die Fortführung des Verfahrens durch das bisher zuständige Versorgungsamt Köln ist aus den Akten nicht ersichtlich. Eine solche Entscheidung erfordert die Zustimmung des Versorgungsamtes Stralsund. Offen bleiben kann, ob durch die Neufassung des § 3 VfG-KOV - die Anordnung eines Zuständigkeitswechsels als Folge der Verlegung des Wohnsitzes eines Betroffenen im Bezirk einer anderen Versorgungsbehörde während eines laufenden Gerichtsverfahrens - ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes eintritt, wenn das nunmehr zuständige Versorgungsamt in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Bundeslandes, - vorliegend in dem des Landes Mecklenburg-Vorpommern - fällt. Jedenfalls ist das durch den Wohnsitzwechsel zuständig gewordene Bundesland zumindest durch eine notwendige Beiladung nach § 75 Abs. 2, Abs. 5 SGG an dem Verfahren zu beteiligen (Meyer-Ladewig, § 99 Rdnr. 7). Vorliegend hat es das SG unterlassen, das Land Mecklenburg-Vorpommern durch eine Beiladung oder einen Beteiligtenwechsel am Verfahren zu beteiligen.
Desweiteren ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen das SG eine Erhöhung der schädigungsbedingten MdE von 30 v.H. auf 40 v.H. bejaht und den Beklagten zur Zahlung einer höheren Versorgungsgrundrente verurteilt hat. Eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse ist insoweit eingetreten, als die MdE-Bewertung von Folgen psychischer Traumen in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (AP) 1996 im Vergleich zu der Bewertung in den AP 1983 geändert hat. Während nach Nr. 26.2 S. 48 AP 1983 leichte neurotische Störungen eine MdE von 0 bis 10 v.H. und stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit eine MdE von 20 bis 40 v.H. bedingten, wird in Nr. 26.2 AP 1996 leichten psychovegetative oder Folgen psychischer Traumen eine MdE von 0 bis 20 v.H. und stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit eine MdE von 30 bis 40 v.H. beigemessen. Ob die Änderung der MdE-Bewertung von Folgen psychischer Traumen in den AP 1996 eine wesentliche Änderung i.S.v. § 48 SGB X im Fall des Klägers darstellt, ist abzuklären. Desweiteren kommt eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse i.S.v. § 48 SGB X in Betracht. Es kann eine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen (Nr. 42 Abs. 2 und 3 AP 1996) eingetreten oder eine weitere psychische Gesundheitsstörung als Folgeschaden (Nr. 47 Abs. 3 S. 93 AP 1996), mittelbare Schädigungsfolge (Nr. 40 AP 1996) oder Nachschaden (Nr. 47 Abs. 2 AP 1996, zum Begriff des Nachschadens: BSG, Urteil vom 01.04.1981, 9 RV 33/80) hinzugetreten sein. Dabei ist entscheidend, ob die Haft oder die anerkannten Schädigungsfolgen als wesentliche Ursache, d.h. als eine annähernd gleichwertige Bedingung, bei der zwischenzeitlich eingetretenen Verschlechterung des psychischen Zustandes des Klägers, die auch vom Beklagten nicht in Abrede gestellt wird, mitgewirkt hat. Welchen Sachverhalt das SG als erfüllt angesehen hat, ist für den Senat nicht nachvollziehbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Tatbestand:
Der Beklagte wendet sich im Berufungsverfahren gegen die Verurteilung zur Gewährung einer Versorgungsgrundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 vom Hundert (v.H.).
Der 1940 geborene Kläger übte von 1961 bis 1976 in der DDR einen Tätigkeit als Kraftfahrer aus. In der Zeit vom 00.00.1976 bis 00.00.1978 war er inhaftiert.
Nach der Übersiedlung in die Bundesrepublik war der Kläger von April bis November 1978 als Gießereiarbeiter und von Dezember 1978 bis September 1981 als Kraftfahrer tätig. In der Zeit von Oktober 1981 bis Dezember 1982 war er arbeitslos. Seit Januar 1983 war er durchgehend im Boten- und Pförtnerdienst des C beschäftigt. Seit Juli 1997 war der Kläger durchgehend arbeitsunfähig. Seit 01.01.1998 bezieht der Kläger eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Im März 1978 beantragte der Kläger beim Beklagten eine Versorgung nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG). Mit Bescheid vom 06.03.1980 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 07.03.1981 lehnte der Beklagte den Antrag ab. In dem anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren, S 12 V 150/81, holte das Sozialgericht (SG) Köln ein orthopädisches, hno-ärztliches und nervenärztliches Gutachten ein. Das Verfahren endete durch einen gerichtlichen Vergleich.
Mit Ausführungsbescheid vom 14.06.1983 stellte der Beklagte beim Kläger als Schädigungsfolgen nach dem HHG
"psychische und vegetative Störungen mit nervöser Übererregbarkeit, Neigung zu Verstimmungszuständen und Kopfschmerzen sowie belästigende Ohrengeräusche beidseits"
fest und gewährte eine Versorgungsgrundrente nach einer MdE um 30 v.H. ab dem 01.03.1978.
Im Februar 1985 stellte der Kläger beim Beklagten einen Änderungsantrag. Der Beklagte holte u.a. ein Gutachten von dem Leiter der Neurologischen Abteilung der Rheinischen Landesklinik C1, Prof. Dr. I ein. Mit Bescheid vom 14.11.1985 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und § 48 SGB X ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren holte der Beklagte u.a. gutachterliche Stellungnahmen von dem HNO-Arzt Dr. C2 und dem Neurologen und Psychiater Dr. Q ein. Des weiteren beauftragte er den HNO-Arzt Dr. L mit der Erstellung eines Gutachtens. Am 01.02.1988 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
In dem anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren, S 12 V 50/88, holte das SG Köln Gutachten von der Dipl.-Psych. T, dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L1 und Prof. Dr. C3 ein. Mit Urteil vom 08.12.1989 wies das SG Köln die Klage auf Erhöhung der medizinischen MdE nach § 30 Abs. 1 BVG und der Feststellung eines besonderen beruflichen Betroffenseins nach § 30 Abs. 2 BVG als unbegründet zurück. Dagegen legte der Kläger Berufung beim LSG NW, L 10 V 63/90, ein. Nach Vernehmung der Zeugen Q1 und L2 sowie des Sachverständigen Prof. Dr. C3 in der mündlichen Verhandlung vom 19.01.1994 nahm der Kläger die Klage zurück.
Mit Bescheid vom 27.05.1988 stellte der Beklagte zuletzt bei dem Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 70 und die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "erhebliche Gehbehinderung" fest. Aufgrund eines im Mai 1998 gestellten Änderungsantrages holte der Beklagte u.a. ein Gutachten von der Ärztin für Nervenheilkunde Dr. T ein. Diese vertrat die Auffassung, dass die psychische und vegetative Störung des Klägers mit nervöser Übererregbarkeit, Neigung zu Verstimmungszuständen und Kopfschmerzen sowie belästigende Ohrgeräusche beidseits insgesamt mit einem GdB von 40 zu bewerten sei, wobei für die Schädigungsfolgen unverändert ein GdB von 30 anzusetzen sei. Mit Bescheid vom 28.01.1999 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 07.04.1999 lehnte der Beklagte den Änderungsantrag ab. In dem anschließenden Verfahren, S 17 SB 108/99, wies das SG Köln nach Einholung eines Gutachtens von dem HNO-Arzt Dr. T1 mit Gerichtsbescheid vom 26.02.2001 die Klage ab.
Im April 1998 beantragte der Kläger beim Beklagten die Erhöhung der schädigungsbedingten MdE. Er machte geltend, seine haftbedingten psychischen Störungen hätten sich verschlimmert. Die unbewältigten furchtbaren traumatischen Erlebnisse in der Haft kämen mit zunehmenden Alter immer stärker hoch. Sie seien mitursächlich für die seit Juli 1997 bestehende Arbeitsunfähigkeit. Er leide an chronischen Schlafstörungen, erlebnisreaktiver Persönlichkeitswandel mit psychoorganischem Syndrom. Zur Stützung seines Begehrens reichte er Atteste zu den Akten. Nach Beiziehung eines Befundberichtes von Dr. H und Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 24.08.1998 den Antrag des Klägers unter Berufung auf § 48 SGB X ab. Er führte u.a. aus, die Verschlimmerung der nervösen Störungen und Beschwerden könne von vornherein nicht auf die politische Inhaftierung bis Februar 1978 bezogen werden, weil es ausgeschlossen sei, dass nach 20 Jahren noch eine Verschlimmerung eintrete, wenn mehrfache nervenärztliche Begutachtungen in den ersten 10 Jahren nach der Inhaftierung ein unverändertes Zustandsbild geboten hätten. Dies gelte umso mehr, als eine organisch-substanzielle Schädigung des Nervensystems ausgeschlossen worden sei. Die MdE für die nervösen Störungen betrage somit unverändert 30 v.H ... Auch hinsichtlich der außerdem noch anerkannten Ohrgeräusche könne eine Änderung nicht angenommen werden.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Der Beklagte zog daraufhin das sozialmedizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Nordrhein aus Mai 1998 sowie das im Auftrag der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte erstattete Gutachten von dem Neurologen und Psychiater I1 aus März 1998 bei. Am 14.04.2000 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit der am 05.05.2000 vor dem SG Köln erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.
Er hat vorgetragen, die Auswirkung seiner haftbedingten psychischen Störungen hätten sich verschlimmert. Sie seien ursächlich für seine 1998 eingetretene Erwerbsunfähigkeit.
Im August 2000 ist der Kläger nach E umgezogen.
Das SG hat ein Gutachten von dem Leitenden Arzt der Klinik für Forensische Psychiatrie der Universität S PD Dr. T2 eingeholt. Dieser ist zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Kläger eine Verschlimmerung im Gesundheitszustand eingetreten sei. Der Kläger sei weiter und schwerer in seiner Kompensationsmöglichkeit behindert, die soziale Situation habe sich verschlechtert. Die schädigungsbedingte MdE betrage 40 v.H.
In der mündlichen Verhandlung am 12.06.2002 hat das SG Köln unter dem Vorsitz der Richterin am Sozialgericht Seel folgendes Urteil verkündet:
"Der Bescheid vom 24.08.1998 und der Widerspruchsbescheid vom 14.04.2000 werden aufgehoben.
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab dem 07.04.1998 Leistungen nach dem HHG nach einer MdE von 40 zu zahlen.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt der Beklagte."
Das Urteil ist nicht schriftlich abgesetzt worden. Mit Schreiben vom 15.11.2002 hat das SG Köln die Beteiligten darauf hingewiesen, dass wegen der Arbeitsunfähigkeit der Kammervorsitzenden eine Abfassung (und Unterschrift, § 134 SGG) des Urteils zurzeit nicht möglich sei. Das Urteil sei mit seiner Verkündung in der mündlichen Verhandlung vom 12.06.2002 wirksam geworden.
Am 09.12.2002 hat der Beklagte Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen eingelegt.
Er wendet sich gegen die von dem Sachverständigen vertretene Auffassung, dass die Verschlechterung der psychischen Gesundheitsstörungen beim Kläger auf die Haft zurückzuführen sei. Vor dem Hintergrund einer besonders ausgeprägten Persönlichkeitsstruktur des Klägers sowie schädigungsunabhängiger belastender Lebensumstände sei eine schädigungsbedingte Verschlimmerung der anerkannten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich, er halte dies für höchst unwahrscheinlich.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.06.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Streitsache an das Sozialgericht Köln zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und Akten des Beklagten, HHG-Akte und SchwbG-Akte, sowie auf die beigezogenen Akten des SG Köln, S 12 V 50/81, S 12 V 50/88, S 17 SB 108/99 und S 8 RA 90/00 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig.
Die Berufung ist statthaft.
Ausweislich der von der Kammervorsitzenden und der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unterschriebenen Sitzungsniederschrift ist in der mündlichen Verhandlung am 12.06.2002 in der Streitsache S 14 VH 147/00 ein stattgebendes Urteil verkündet worden. Mit der Verkündung ist das Urteil existent und wirksam und damit durch Rechtsmittel anfechtbar geworden (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 135 Rdnr. 3 m.w.N).
Die Berufung ist rechtzeitig eingelegt.
Nach § 151 SGG ist die Berufung beim LSG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich einzulegen. Mit Schreiben vom 29.11.2002 hat der Beklagte am 9.12.2002 Berufung beim LSG eingelegt. Die Berufungsfrist gegen das Urteil des SG vom 12.06.2002 ist zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung noch nicht abgelaufen gewesen, da die Frist noch nicht zu laufen begonnen hatte. Erst mit Zustellung eines verkündeten Urteils wird die Berufungsfrist in Lauf gesetzt. Eine Zustellung des verkündeten Urteils i.S.v. § 135 SGG an den Beklagten - Übersendung der vollständigen Urteilsausfertigung i.S.v. § 137 SGG mit Unterschrift der Richterin - ist vorliegend nicht erfolgt. Die Einlegung einer Berufung vor Zustellung des Urteils ist wirksam (BSG, Urteil vom 11.02.1981, 2 RU 37/80, SozR 1500 § 151 Nr. 9; Urteil vom 22.10.1998, B 5/4 RA 68/97 R, ZfS 1999,79). Das Berufungsrecht ist auch nicht verwirkt, da der Beklagte unmittelbar nach Mitteilung des SG, das eine Zustellung der Urteilsausfertigung nicht absehbar ist, innerhalb der Jahresfrist Berufung eingelegt hat (vgl. zur Verwirkung von Rechtsmitteln Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 66 Rdnr. 13 f m.w.N.).
Das Urteil leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel, so dass der Senat von der nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG eingeräumten Möglichkeit zur Zurückverweisung Gebrauch gemacht hat.
Das Urteil verstößt gegen die zwingenden Verfahrensvorschriften §§ 134 S. 1, 135 SGG, wonach das Urteil mit Tatbestand und Entscheidungsgründen von der Kammervorsitzenden zu unterschreiben und den Beteiligten zuzustellen ist. Desweiteren liegt ein Verstoß gegen die §§ 136 Abs. 1 Nr. 6, 128 Abs. 1 SGG vor. Danach muss ein Urteil Entscheidungsgründe enthalten. Es sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Eine Heilung dieser Verfahrensmängel durch eine nachträgliche Abfassung und Zustellung des Urteils mit Unterschriftleistung der mitwirkenden Kammervorsitzenden ist zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung am 09.12.2002 nicht mehr möglich gewesen. Selbst wenn die erforderlichen Handlungen - Urteilsabfassung und Unterschriftsleistung - durch die Kammervorsitzende noch nachgeholt werden, besteht ein Verfahrensfehler, der einen absoluten Revisionsgrund i.S.v. § 202 SGG i.V.m. § 551 Nr. 7 ZPO darstellt, vor. Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 05.05.1994, 2 BU 216/93; Urteil vom 03.03.1994, 1 RK 6/93, SozR 3-1750 § 551 Nr. 7; Urteil vom 22.09.1993, 12 RK 93/92, Die Beiträge 1994, 224) gelten Urteilsgründe als nicht existent, wenn der Tatbestand und die Entscheidungsgründe eines bei Verkündung noch nicht vollständig abgefassten Urteils nicht binnen 5 Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, vom Richter besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind. Die mit der schriftlichen Urteilsabfassung erstrebte Sicherung der Beurkundungsform ist nach Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils nicht mehr erreichbar. Das am 12.06.2002 verkündete Urteil hätte spätestens bis zum 11.11.2002 vollständig abgefasst und ordnungsgemäß unterschrieben der Geschäftsstelle übergeben werden müssen. Dies ist unterblieben.
Das angefochtene Urteil beruht auf dem Verfahrensmangel. Nach § 202 SGG i.V.m. § 551 Nr. 7 ZPO ist eine Entscheidung, die nicht mit Gründen versehen ist, stets als auf eine Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen.
Die gemäß § 159 Abs. 1 SGG im Ermessen stehende Zurückverweisung erscheint angesichts der Kürze des Berufungsverfahrens, der Schwere des Verfahrensfehlers und zur Erhaltung einer Tatsacheninstanz geboten.
Weder eine Bestätigung der Entscheidung des SG noch eine Stattgabe der Klage kommen derzeitig in Betracht. Der Rechtsstreit ist noch nicht entscheidungsreif. Wegen Fehlens von dokumentierten Entscheidungsgründe fehlt es an einer für den Senat rechtlich nachprüfbaren Entscheidung.
Es ist nicht ersichtlich, welche Gründe das SG bewogen haben, das Land Mecklenburg-Vorpommern an dem Verfahren nicht zu beteiligen. Durch den Umzug des Klägers nach E während des Gerichtsverfahrens im August 2000 ist nach der Neufassung des § 3 VfG-KOV durch Art. 49 Nr. 1 SGB IX vom 19.06.2001 (BGBl. I S. 1064), in Kraft getreten am 01.07.2001, ein Zuständigkeitswechsel bei den Versorgungsämtern eingetreten. Nach § 3 VfG-KOV i.d.F. bis zum 30.06.2001 hat der Umzug eines Betroffenen im laufenden Verwaltungs- oder anschließendem Gerichtsverfahren keine Rechtswirkungen hinsichtlich der durch Antragstellung begründeten örtlichen Zuständigkeit eines Versorgungsamtes entfaltet. Die durch eine Antragstellung begründete örtliche Zuständigkeit eines Versorgungsamtes - vorliegend des Versorgungsamtes Köln -, wurde durch einen späteren Ortswechsel des Betroffenen nicht geändert, vielmehr ist für die örtliche Zuständigkeit eines Versorgungsamtes der Wohnsitz des Betroffenen zum Zeitpunkt der Antragsstellung oder Einleitung des Verwaltungsverfahrens für die Dauer eines Verwaltungs- und eines eventuell anschließenden Gerichtsverfahrens maßgebend gewesen (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2000, B 9 V 1/00 R; Urteil vom 04.02.1998, B 9 V 6/96 R). Demgegenüber sieht § 3 VfG-KOV i.d.F. seit dem 01.07.2001 vor, dass bei einem Wohnsitzwechsel des Betroffenen im Interesse einer ortsnahen Bearbeitung sich die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich ändert, auch in einem laufenden Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren (BT-Drucks. 14/5800 S. 36). Dies bedeutet im Fall des Klägers, dass ab Juli 2001 das Versorgungsamt Stralsund, welches in den Zuständigkeitsbereich des Landes Mecklenburg-Vorpommers fällt, für die Bearbeitung sämtlicher Versorgungsangelegenheiten des Klägers örtlich zuständig ist. Eine Entscheidung nach § 2 Abs. 2 SGB X über die Fortführung des Verfahrens durch das bisher zuständige Versorgungsamt Köln ist aus den Akten nicht ersichtlich. Eine solche Entscheidung erfordert die Zustimmung des Versorgungsamtes Stralsund. Offen bleiben kann, ob durch die Neufassung des § 3 VfG-KOV - die Anordnung eines Zuständigkeitswechsels als Folge der Verlegung des Wohnsitzes eines Betroffenen im Bezirk einer anderen Versorgungsbehörde während eines laufenden Gerichtsverfahrens - ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes eintritt, wenn das nunmehr zuständige Versorgungsamt in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Bundeslandes, - vorliegend in dem des Landes Mecklenburg-Vorpommern - fällt. Jedenfalls ist das durch den Wohnsitzwechsel zuständig gewordene Bundesland zumindest durch eine notwendige Beiladung nach § 75 Abs. 2, Abs. 5 SGG an dem Verfahren zu beteiligen (Meyer-Ladewig, § 99 Rdnr. 7). Vorliegend hat es das SG unterlassen, das Land Mecklenburg-Vorpommern durch eine Beiladung oder einen Beteiligtenwechsel am Verfahren zu beteiligen.
Desweiteren ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen das SG eine Erhöhung der schädigungsbedingten MdE von 30 v.H. auf 40 v.H. bejaht und den Beklagten zur Zahlung einer höheren Versorgungsgrundrente verurteilt hat. Eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse ist insoweit eingetreten, als die MdE-Bewertung von Folgen psychischer Traumen in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (AP) 1996 im Vergleich zu der Bewertung in den AP 1983 geändert hat. Während nach Nr. 26.2 S. 48 AP 1983 leichte neurotische Störungen eine MdE von 0 bis 10 v.H. und stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit eine MdE von 20 bis 40 v.H. bedingten, wird in Nr. 26.2 AP 1996 leichten psychovegetative oder Folgen psychischer Traumen eine MdE von 0 bis 20 v.H. und stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit eine MdE von 30 bis 40 v.H. beigemessen. Ob die Änderung der MdE-Bewertung von Folgen psychischer Traumen in den AP 1996 eine wesentliche Änderung i.S.v. § 48 SGB X im Fall des Klägers darstellt, ist abzuklären. Desweiteren kommt eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse i.S.v. § 48 SGB X in Betracht. Es kann eine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen (Nr. 42 Abs. 2 und 3 AP 1996) eingetreten oder eine weitere psychische Gesundheitsstörung als Folgeschaden (Nr. 47 Abs. 3 S. 93 AP 1996), mittelbare Schädigungsfolge (Nr. 40 AP 1996) oder Nachschaden (Nr. 47 Abs. 2 AP 1996, zum Begriff des Nachschadens: BSG, Urteil vom 01.04.1981, 9 RV 33/80) hinzugetreten sein. Dabei ist entscheidend, ob die Haft oder die anerkannten Schädigungsfolgen als wesentliche Ursache, d.h. als eine annähernd gleichwertige Bedingung, bei der zwischenzeitlich eingetretenen Verschlechterung des psychischen Zustandes des Klägers, die auch vom Beklagten nicht in Abrede gestellt wird, mitgewirkt hat. Welchen Sachverhalt das SG als erfüllt angesehen hat, ist für den Senat nicht nachvollziehbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved