Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 29 VS 64/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VS 13/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.05.1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten zum wiederholten Male um die Anerkennung einer neurotischen Depression als Wehrdienstbeschädigung (WDB) nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG)/Bundesversorgungsgesetz (BVG) bzw. um die Rücknahme früherer Ablehnungsbescheide nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X).
I.
1.
Der am 1943 geborene Kläger war vom 01.04.1965 bis zum 31.08.1988 Berufssoldat der Bundeswehr, zuletzt als Sachbearbeiter in der Standortverwaltung; er schied im Range eines Hauptmanns aus.
Ende 1986 überwies ihn der Truppenarzt Dr.P. zum Neurologen/ Psychiater Dr.R. , der am 12.12.1986 eine reaktive Depression bei situativer Belastung feststellte; jahrelang habe der Kläger beim Heeresliegenschaftsamt eine recht unmilitärische Aufgabe gehabt, die ihm aber zusagte; der neue Chef habe ihm ohne vorheriges Fragen diesen Aufgabenbereich plötzlich entzogen und ihn freigestellt z.b.V.; damit habe er "seine Aufgabe" verloren, er fühle sich irgendwie abgeschnitten, ohne Zukunftsaussichten und auch seiner "gestalterischen Möglichkeiten beraubt". Dr.R. empfahl eine psycho-therapeutische Krisenintervention über etwa 40 Stunden.
Am 29.01.1987 empfahl die Oberfeldärztin (Neurologie/Psychiatrie) Dr.E. der Bundeswehrverwaltung aufgrund der mannigfaltigen psychiatrischen Symptomatik eine stationäre Überprüfung der Diensttauglichkeit; der Kläger beklage den Verlust seiner Eigenständigkeit, die Herauslösung aus seinem Dienstposten mobilisiere bei ihm schwere Depressionen, Müdigkeit, Konzentrationsmangel und Benommenheit; er fühle sich darüber hinaus gekränkt, beschämt abhängig etc; eine Versetzung an einen anderen Dienstposten außerhalb Münchens strebe er auf keinen Fall an, um die alte und pflegebedürftige Mutter nicht allein zu lassen.
Nach einem stationären Aufenthalt des Klägers im Bundeswehrkrankenhaus U. vom 11.02. bis 25.02.1987 hielten die behandelnden Ärzte eine Beurteilung der Dienstfähigkeit für einen längeren Zeitraum für nicht möglich; aufgrund der stark neurotischen Züge und einer noch ausgeprägten depressiven Verstimmung hielten sie baldmöglichst eine psychotherapeutische Behandlung in einer stationären Einrichtung für dringend angezeigt. Vom 14.07. bis 21.09.1987 unterzog sich der Kläger einer psychotherapeutischen Behandlung in der B.klinik, B ...
2.
Am 05.04.1988 wurde vom Wehrbereichskommando IV für den Kläger ein WDB-Blatt angelegt, weil er seine neurotischen Beschwerden ursächlich auf jahrelange Benachteiligungen durch die personalbearbeitende Dienststelle zurückführte; trotz wiederholt erbrachter Nachweise einer überdurchschnittlichen Qualifikation fehle über mehr als 10 Jahre jede angemessene Förderung; sein dienstlicher Verantwortungsbereich sei ihm Ende 1986 willkürlich entzogen worden; nach über 13 Jahren erfolgreicher Arbeit sei er aus seiner Funktion ohne Einverständnis sowie ohne angemessenen Ersatz entfernt und zudem truppenärztlich unzureichend betreut worden.
Mit Bescheid vom 07.10.1988 lehnte das Wehrbereichsgebührnisamt V einen Ausgleich nach § 85 SVG ab, weil die Gesundheitsstörungen "Leistungsfunktionsstörungen" nicht durch den Wehrdienst und die damit verbundenen Belastungen hervorgerufen oder verschlimmert worden seien; die wesentliche Bedingung dieser Erkrankung liege vielmehr in der Persönlichkeitsstruktur des Klägers und nicht in den wehrdienstlichen Einflüssen; eine Unterlassung der ärztlichen Versorgung liege nicht vor, da die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen sach- und zeitgerecht erfolgt seien.
Seine hiergegen zum Sozialgericht München erhobene Klage (Az.: L 26 V 1541/88.SVG) begründete der Kläger im Wesentlichen unter Hinweis auf eine psychologische Stellungnahme der Psychoanalytikerin und Psychotherapeutin Dr.T. vom August 1988; danach hätte die starke narzistische Kränkbarbeit des Klägers ohne seine dienstlichen Dauerkränkungen nicht zu der bestehenden depressiven Erkrankung geführt.
Mit Beschluss vom 18.05.1990 lud das Sozialgericht den jetzigen Beklagten zum Verfahren bei und hörte den Kläger am 20.06.1990 zu seinen dienstlichen Obliegenheiten und Belastungen; mit Urteil vom 20.10.1992 wies es die Klage ab; die vermeintlichen dienstlichen Benachteiligungen seien nicht wehrdiensteigentümlich, weil sie sich nicht wesentlich von den Verhältnissen eines zivilen Arbeitsverhältnisses abheben würden; die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit eines Sachbearbeiters in der Standortverwaltung sei der Tätigkeit eines Sachbearbeiters einer Baubehörde vergleichbar; der Kläger hätte die geschilderten Personalmaßnahmen auf dem Verwaltungsrechtsweg angreifen können; eine besondere soldatische Gehorsamspflicht sei aus diesem Grunde nicht erkennbar; die truppenärztliche Behandlung sei nicht anspruchsbegründend, weil sich der Kläger erst im Dezember 1986 psychisch krank gefühlt habe, anschließend vom Truppenarzt sofort an einen Facharzt überwiesen und danach stationär behandelt worden sei.
Seine hiergegen eingelegte Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht begründete der Kläger im Wesentlichen mit dem Hinweis, die im militärischen Bereich bestehenden besonderen Vorschriften begründeten sehr wohl wehrdienseigentümliche Umstände, weil sie bei einem Arbeitsverhältnis in der allgemeinen öffentlichen Verwaltung keine Geltung hätten; das Sozialgericht hätte daher ein ärztliches Gutachten zur Zusammenhangsfrage einholen müssen und habe es zu Unrecht abgelehnt, den nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) benannten Nervenarzt Prof.Dr.S. zu hören.
Der Senat zog die Personalakten des Klägers bei und hörte antragsgemäß nach § 109 SGG den Sachverständigen Prof.Dr.S ... Dieser stellte in seinem Gutachten vom 05.04.1994 fest, die neurotische Depression des Klägers sei im Wesentlichen in einer Persönlichkeitsstörung begründet und könne nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf aktenkundige Dienstverrichtungen des Klägers oder wehrdiensteigentümliche Verhältnisse zurückgeführt werden; die Kränkbarkeit des Klägers sei ein angeborenes Merkmal der Persönlichkeit und zum Teil auch durch die Entwicklung in der frühen Kindheit erworben worden; demgegenüber trete die Situation in der Bundeswehr in ihrer Wertigkeit zurück, so dass ihr nicht ein auslösender oder verschlimmernder Einfluss zugeschrieben werden könne; auch eine unzureichende, dem Zivilleben fremde ärztlicher Versorgung habe die Erkrankung nicht hervorufen oder verschlimmert; nachdem sich der Kläger beim Truppenarzt gemeldet habe, erfolgte eine ärztliche Behandlung und Therapie, die nach Art und zeitlichem Ablauf den Gegebenheiten der ärztlichen Versorgung im zivilen Bereich entspreche.
Mit Urteil vom 27.10.1994 wies das Bayerische Landessozialgericht die Berufung des Klägers zurück; zutreffend habe das Sozialgericht darauf abgestellt, dass lediglich die Verursachung eines Gesundheitsschadens durch wehrdiensteigentümliche Verhältnisse (§ 81 Abs.1 3.Altern. SVG) in Betracht komme, weil weder eine konkrete Dienstverrichtung noch ein Unfall während der Ausübung des Wehrdienstes erkennbar oder geltend gemacht seien, die einen Gesundheitsschaden des Klägers hätten hervorrufen können; indes könne es der Senat dahingestellt sein lassen, ob sich die Arbeitsbedingungen des Klägers, die hierbei eingetretenen Veränderungen und ihre sonstigen Umstände als wehrdiensteigentümliche Verhältnisse im Sinne des § 81 Abs.1 3.Alt. SVG darstellten oder ob sie sich nur unwesentlich bzw. gar nicht von den Gegebenheiten einer Tätigkeit in der allgemeinen öffentlichen Verwaltung (so das Sozialgericht) oder in einem Krankenhaus (so der Sachverständige Prof.Dr.S.) abheben, da es jedenfalls der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs im Sinne des § 81 Abs.6 Satz 1 SVG ermangele; dies habe der Sachverständige Prof.Dr.S. in seinem Gutachten vom 05.04.1994 ausführlich diskutiert; er sei zu dem Ergebnis gekommen, die Persönlichkeitsstruktur des Klägers sei wesentliche Bedingung und damit Ursache im Sinne des Versorgungrechtes für Entstehung und Verlauf seiner neurotischen Depression; demgegenüber träten die Dienstverrichtungen und sonstigen dienstlichen Umstände bei der Bundeswehr in ihrer Wertigkeit zurück; wenngleich es entgegen der Auffassung des Sozialgerichts durchaus diskussionswürdig sei, ob die hierarchischen Strukturen in der Bundeswehr/Bundeswehrverwaltung nicht erheblich stärker ausgeprägt seien als in einem durchschnittlichen zivilen Arbeitsverhältnis, mithin also während der Tätigkeit des Klägers wehrdiensteigentümliche Verhältnisse vorgelegen haben könnten, komme es hierauf im Ergebnis nicht entscheidend an; der zeitliche Ablauf der Behandlungsmaßnahmen sei ebenfalls nicht zu beanstanden.
Das Bundessozialgericht (BSG) wies die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts mit Beschluss vom 09.08.1995 (Az.: 9 BV 27/95) und die anschließende Gegenvorstellung des Klägers hiergegen mit Beschluss vom 12.12.1995 (Az.: 9 BV 154/95) zurück. Die nachfolgende Verfassungsbeschwerde des Klägers nahm das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 01.08. 1996 nicht an (Az.: 1 B v R 323/96). Ebenso erging es dem Kläger mit seiner Beschwerde bei der Europäischen Kommission für Menschenrechte.
3.
Mit Schreiben vom 29.07.1997 beantragte der Kläger gemäß § 44 SGB X gegenüber der Wehrbereichsverwaltung die Rücknahme des Bescheides vom 07.10.1988 und die Anerkennung seiner Gesundheitsstörung "neurotische Depression" als WDB mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 50 v.H.; zur Begründung verwies er auf seine Klage vom 28.05.1997 gegen den Beklagten (Sozialgericht München, Az.: S 29 Vs 64/97) und dessen Ablehnungsbescheid vom 31.10.1988 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.04.1997 (vgl. den folgenden Teil II). Mit Bescheid vom 05.09.1997 lehnte die Wehrbereichsverwaltung eine Rücknahme des Bescheides vom 07.10.1988 ab; unabhängig davon, ob die Entscheidung aus dem Jahre 1988 unrichtig sei, könnten gemäß § 44 Abs.4 SGB X Leistungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor dem Jahr der Antragstellung erbracht werden, d.h. für den Zeitraum vom 01.01.1993 bis zum 31.12.1996; da der Kläger bereits mit Ablauf des 31.08.1988 in den Ruhestand versetzt worden sei, liege der Anspruchszeitraum weit außerhalb dieses Vierjahreszeitraumes, der eine absolute Ausschlussfrist darstelle; Leistungen nach dem SVG in Form von Ausgleichszahlungen nach § 85 SVG für die Zeit der Zugehörigkeit zur Bundeswehr seien nicht zu erbringen.
II.
Am 12.09.1988 beantragte der Kläger beim Beklagten Beschädigtenversorgung nach dem SVG. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 31.10.1988 unter Hinweis auf die für ihn bindende Ablehnung (§ 88 Abs.3 SVG) des Beigeladenen (Bescheid 07.10.1988) ab.
Zu seinem hiergegen mit Schreiben vom 10.11.1988 eingelegten Widerspruch teilte der Kläger mit Schreiben vom 05.12.1988 mit, in der SVG-Angelegenheit sei beim Sozialgericht München unter dem Az.: S 26 V 1541/88 SVG ein Streitverfahren anhängig; gleichzeitig bat er, die Bearbeitung des Widerspruchs zurückzustellen. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.1997 wies der Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf die Bindungswirkung des § 88 Abs.3 Satz 1 SVG und das inzwischen rechtskräftig gewordene Urteil des Sozialgerichts München vom 20.10.1992 zurück; für eine hiervon abweichende Entscheidung nach § 44 SGB X ergäben sich keine Anhaltspunkte.
Seine hiergegen am 30.05.1997 zum Sozialgericht München erhobene Klage begründete der Kläger mit Schriftsatz vom 28.07.1997 unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 18.10.1995 (Az.: 9/9a RVg 4/92) sowie der diesem Urteil zugrunde liegenden Neuformulierung der Anhaltspunkte; durch dieses Urteil seien die Beweisregeln im Bereich des sozialen Entschädigungsrechtes für die Fälle neu formuliert, in denen sich seelische Krankheiten als Folge eines seelisch belastenden Vorgangs darstellten; das Bayerische Landessozialgericht habe in seinem Urteil vom 27.10.1994 die Berufung letztlich deswegen zurückgewiesen, weil die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhanges zwischen seiner seelischen Erkrankung und der wehrdiensteigentümlichen Verhältnissen nicht gegeben sei; hierbei habe sich das Gericht auf ein Gutachten des Bezirkskrankenhauses G. vom 05.04.1994 gestützt, das von dem Assistenzarzt S. erstellt und von dem beauftragten Prof.Dr.S. , mitunterzeichnet worden sei; nach dem Urteil des BSG müsse lediglich festgestellt werden, ob die zur Diskussion stehenden Belastungen überhaupt geeignet seien, Krankheiten hervorzurufen, wie sie konkret eingetreten seien; bei Zugrundelegung der Erwägungen in diesem Urteil sei die seelische Erkrankung des Klägers als Folge der wehrdiensteigentümlichen Verhältnisse anzuerkennen; sollte das Sozialgericht dieser Auffassung nicht folgen, werde beantragt, gemäß § 106 SGG ein psychiatrisches Sachverständigengutachten einzuholen, wobei insbesondere die neu formulierten Anhaltspunkte und die Erwägungen des BSG zugrunde zu legen seien; es werde angeregt, Prof.Dr.N. als Sachverständigen zu bestellen; weiterhin werde beantragt, die Sanitäts- und Personalakten des Klägers beizuziehen und diesbezüglich Akteneinsicht zu gewähren.
Mit Schreiben vom 25.03.1998 teilte das Sozialgericht den Beteiligten mit, es werde keine neue Gutachten einholen oder anderweitig Beweis erheben; gleichzeitig wies es auf die Beiziehung von Gerichtsakten und der Personalakten des Klägers hin. Daraufhin beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 06.04.1988 Prof.Dr.N. gemäß § 109 SGG insbesondere zur Frage der Verursachung seiner Erkrankung durch seine berufliche Tätigkeit bei der Bundeswehr als Sachverständigen zu hören.
Mit Urteil vom 12.05.1998 wies das Sozialgericht die Klage ab; ein neuer Sachverhalt sei nicht vorgetragen; die Ausführungen des Klägers zum Urteil des BSG vom 18.10.1995 könnten jedoch eine Anwendung des § 44 SGB X auch in diesem Rahmen nicht begründen; Folgen psychischer Traumen vermochte das Gericht beim Kläger nicht zu erkennen; vielmehr hätten seine neurotischen Störungen bei der Beurteilung seiner Umgebung und seines Arbeitsumfeldes eine entscheidende Rolle gespielt; ob im Hinblick auf das vom Kläger angegebene BSG-Urteil tatsächlich eine Rechtsprechungsänderung vorliege, sei fraglich, könne aber dahingestellt bleiben, denn jedenfalls sei sie - selbst wenn man sie unterstelle - nicht entscheidungserheblich; die dort genannten Grundsätze vermögen nämlich nur zu greifen, wenn die Kausalität bei der vorliegenden Erkrankung nicht schon in andere Richtung eine Klärung erfahren hat; Kausalität bei Erkrankungen des neurotischen Formenkreises sei indes versorgungsrechtlich geklärt; die Anhaltspunkte ließen sowohl nach ihrer Altfassung aus dem Jahre 1983 wie auch nach ihrer Neufassung im Jahre 1996 die Kausalität zwischen schädigenden Ereignissen und Erkrankungen des neurotischen Formenkreises nur zu, wenn die schädigenden Einflüsse in früher Kindheit über längere Zeit und in erheblichem Umfang wirksam gewesen seien; das sehr gründliche Gutachten des Prof. Dr.S. , dem das Gericht vollinhaltlich folge, bestätige mit seiner Diagnose, dass die neurotischen Erkrankungen des Klägers angeboren bzw. auf die frühe Kindheit zurückgingen, genau die zitierten Grundlagen der Anhaltspunkte und entspreche damit der herrschenden Lehrmeinung, die sich auch in der allgemeinen Literatur abzeichne (z.B. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 256. Auflage, Stichwort Neurose: Psychische Störung aufgrund eines ungelösten infantilen Konflikts); diese allgemeine Lehrmeinung schließe es aus, dass Störungen des neurotischen Formenkreises (im Sinne des Versorgungsrechts) wesentlich auf Lebensumstände nach dem Kindesalter zurückgeführt werden können; vor diesem Hintergrund sei dem Antrag des Klägers des § 109 SGG nicht stattzugeben gewesen, da er nicht entscheidungserheblich gewesen sei.
Seine hiergegen am 30.06.1998 zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegte Berufung begründete der Kläger im Wesentlichen mit seinem bisherigen Vortrag; ergänzend rügte er, das angefochtene Urteil des Sozialgerichts München habe sich insbesondere über die Ausführungen des Urteils des BSG vom 18.10.1995 hinweggesetzt und auch die Anhaltspunkte falsch interpretiert; das Sozialgericht hätte eine erneute Beweisaufnahme nicht mit dem Argument ablehnen dürfen, in dem vorausgegangenen Verfahren sei bereits ein Sachverständigengutachten eingeholt worden; nach der Rechtsprechung des BSG sei die Möglichkeit des Ursachenzusammenhangs schon dann anzunehmen, wenn nach dem Erfahrungswissen der Ärzte die Gefahr des Ausbruchs der betreffenden Krankheit nach den betreffenden Belastungen deutlich erhöht sei; ein Sachverständigengutachten hätte daher vor allem dazu Stellung zu nehmen, ob die Belastungen, denen er bei der Bundeswehr ausgesetzt war, geeignet gewesen seien, die seelische Krankheit, an der er leide, zu verursachen und ob die Krankheit in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit bei der Bundeswehr hervorgetreten sei; für den Fall, dass von Amts wegen kein Sachverständigengutachten eingeholt werde, beantrage er gemäß § 109 SGG, Prof.Dr. N. als Sachverständigen zu hören.
Von der Wehrbereichsverwaltung wurden die Personalakten des Klägers übersandt und auf Anfrage mitgeteilt, dass eine Beiladung der Bundesrepublik Deutschland nicht beantragt werde.
Der gemäß § 109 SGG beauftragte Sachverständige Prof.Dr.N. bestätigte in seinem psychiatrischen Gutachten vom 17.11.1999 die Genese der Beschwerden auf dem Boden der beim Kläger bestehenden Persönlichkeitsstörung; die aus den dienstlichen Umständen sich ergebenden Belastungen oder Traumata seien nicht so ausgeprägt, dass sie alleinige Ursache oder wesentliche Mitursache seien; vielmehr sei die Entstehung der Beschwerden als persönlichkeitsbedingt durch subjektive Fehlbewertung der Belastung anzusehen, wobei Kränkungen und Autoritätskonflikte von Persönlichkeitsgestörten wie dem Kläger als ursächlich für die eigenen Leiden angesehen würden; wohl könnten depressive Syndrome auch nach schweren Belastungen entstehen; im Rahmen einer akuten Belastungsreaktion oder posttraumatischen Belastungsstörung stünden neben einer depressiven Symptomatik jedoch Unruhe und Angst, kognitive Beeinträchtigungen sowie vegetative Symptome (Herzrasen, Schwitzen, Schlafstörung) im Vordergrund; wesentlich hervorzuheben sei hierbei zudem, dass diese Störungen ausgelöst seien durch besonders schwere Belastungen, die im allgemeinen "katastrophenartiges" Ausmaß erreichten, wie schwere Unfälle, Kriegshandlungen, Naturkatastrophen, Misshandlung oder Vergewaltigung; eine dementsprechende Belastung sei beim Kläger in keiner Weise erkennbar; seine Persönlichkeitsstörung sei anlagebedingt bzw. entwicklungsbedingt und nicht auf seine Dienstverrichtungen zurückzuführen.
Hierzu trug der Kläger im Schriftatz vom 12.04.2000 u.a. vor, nach dem Gutachten sei die neurotisch-depressive Störung in einem zeitlichen Zusammenhang mit dienstlichen Veränderungen entstanden; das BSG stelle darauf ab, ob die Belastungen, denen er ausgesetzt war, geeignet seien, Krankheiten dieser Art hervorzurufen und ob die Gefahr des Ausbruchs der betreffenden Krankheiten nach den betreffenden Belastungen erhöht gewesen sei; im weiteren stelle es darauf ab, ob die Krankheit im zeitlichen Zusammenhang mit einem traumatischen Ereignis festgestellt worden sei; bei Anwendung dieser Grundsätze sei in seinem Fall davon auszugehen, dass nach dem Ergebnis des Gutachtens die neurotisch-depressive Störung (nicht die zugrunde liegende Persönlichkeitsstörung) in einem zeitlichen Zusammenhang mit dienstlichen Veränderungen, nämlich im Jahre 1986 aufgetreten sei; da bei neurotischen Erkrankungen immer davon auszugehen sei, dass diese ihre Ursache in der Kindheit haben können, sei für die vorliegende Zusammenhangsfrage der zeitliche Zusammenhang als ausreichend wenigstens im Sinne einer Verschlimmerung anzusehen. Abschließend beantragte er, dem Sachverständigen ergänzende Fragen zu stellen. Mit Schreiben vom 15.04.2000 reichte der Kläger eine persönliche Erklärung vom 15.04.2000 zum Gutachten des Prof.Dr.N. nach, dessen Untauglichkeit wegen falscher Prämissen er darzulegen versuchte.
Mit Schreiben vom 22.02.2001 bat das Gericht den Sachverständigen Prof.Dr.N. , zu den vom Kläger insbesondere im Schreiben vom 12.04.2000 aufgeworfenen Fragen im Rahmen des Gutachtensauftrages nach § 109 SGG ergänzend Stellung zu nehmen. In seiner gutachterlichen Ergänzung vom 12.04.2001 stellte der Sachverständige klar, depressive Syndrome i.S. einer neurotischen Depression, wie sie beim Kläger vorliege, seien in Kombination mit Persönlichkeitsstörungen wie berichtet häufig und ätiologisch im Wesentlichen auf eine Entwicklungsstörung zurückzuführen; obwohl die Beschwerden in einem zeitlichen Zusammenhang mit den dienstlichen Veränderungen am Arbeitsplatz exacerbierten, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die dienstlichen Umstände im Sinne eines Kausalzusammenhangs die Beschwerden des Probanden verursachten oder herbeiführten; bei den dienstlichen Veränderungen handele es sich nicht um Belastungen oder Traumata, die so ausgeprägt seien, dass sie alleinige Ursache oder wesentliche Mitursache seien oder in der Lage seien, Beschwerden herbeizuführen; vielmehr sei die Ursache der Beschwerden in der beschriebenen Persönlichkeitsstörung des Klägers zu sehen; entsprechend diesen Ausführungen sei nicht davon auszugehen, dass die betreffenden Belastungen die Gefahr eines Ausbruchs einer neurotischen depressiven Störung deutlich erhöhten. Diese Beurteilung ändere sich auch dann nicht, wenn unterstellt werde, der Kläger sei bei Beförderungen übergangen und bei Umstrukturierungen sei ihm sein Aufgabengebiet entzogen worden; hierbei handele es sich nicht um belastende Ereignisse oder Traumata, die aus psychiatrischer Sicht die Entstehung einer neurotischen depressiven Störung verursachen oder herbeiführen können.
Zur Komplettierung des letzten Schriftsatzes seiner Prozessbevollmächtigten teilte der Kläger mit Schreiben vom 13.06.2001 u.a. mit, das Gutachten Prof.Dr.N. sei wegen seiner Mängel untauglich als Grundlage für eine sachgerechte Urteilsbildung und Entscheidung des Gerichtes; das Vorliegen einer (unspezifischen) "Persönlichkeitsstörung" werde bei ihm wie selbstverständlich angenommen, obwohl der dafür erforderliche eigenständige Nachweis einer Prodromalsymptomatik fehle; die Behauptung, wonach "die Beschwerden in einem zeitlichen Zusammenhang mit den dienstlichen Veränderungen exacerbierten", negiere die Tatsache, dass seine einschlägige Symptomatik in diesem Kontext nachweislich erstmalig aufgetreten sei, sich also nicht verschlimmerte, zeitweise steigerte oder als das Wiederaufleben einer Krankheit darstellte.
Im weiteren Verfahrensverlauf beantragte der Kläger Akteneinsicht und teilte nach Einsichtnahme mit, er sehe sich nach gewissenhafter Prüfung sämtlicher Prozessakten veranlasst, das Gericht in Kenntnis zu setzen, dass die in den Prozess eingeführten Verwaltungsakten der Bundeswehr ganz offensichtlich unvollständig (ggf. selektiv ausgedünnt) seien und sich darüber hinaus in einem Zustand ausgeprägter Unordnung befänden.
Mit Schreiben vom 30.01.2001 trug der Beklagte vor, zu diesem Vorwurf könne er keine Stellung nehmen, da es sich nicht um seine Akten handele; da die Versorgungsverwaltung zur Beurteilung des Sachverhalts jedoch eigene Ermittlungen angestellt habe, weise er die Schlussfolgerungen des Klägers zurück, dass sich der behauptete Zustand der Wehrverwaltungsakten, sollte er denn zutreffen, auf die Qualität seines Verwaltungsverfahrens ausgewirkt haben könne.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 12.05.1998 und des Bescheides vom 31.10.1988 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.04.1997 zu verurteilen, bei ihm eine "neurotische Depression" als WDB-Folge anzuerkennen und ihm ab Antragstellung Versorgung nach einer MdE von mindestens 50 v. H. zu gewähren; hilfsweise beantragt er, von Amts wegen ein weiteres Gutachten zur Kausalitätsfrage von einem Psychotraumatologen einzuholen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.05.1998 zurückzuweisen.
Zum Verfahren beigezogen wurden die SVG- und WDB-Akten, die Personalakten und Gesundheitsunterlagen der Wehrbereichsverwaltung, die Akten des Sozialgerichts München, Az.: S 26 V 1541/88 SVG und S 29 VS 64/97 sowie die Akten des Bayerischen Landessozialgerichts, Az. L 15 V 144/92.SVG.
Bezüglich des weiteren Sachverhalts in den Verfahren des Beklagten und des Sozialgerichts wird gemäß § 202 SGG und § 543 der Zivilprozessordnung auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die dort angeführten Beweismittel, hinsichtlich des Sachverhalts im Berufungsverfahren auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der Berufungsakten nach § 136 Abs.2 SGG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und zulässige Berufung des Klägers (§§ 143 ff., § 151 SGG) ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts München vom 12.05.1998 und der ihm zugrunde liegende Bescheid des Beklagten vom 31.10.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.04.1997 sind nicht zu beanstanden.
Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß § 44 SGB X auf Rücknahme der den Beklagten gemäß § 88 Abs.3 SVG bindenden Ablehnungsbescheide der Bundeswehrverwaltung/Bundesrepublik Deutschland vom 07.10.1988 bzw. 05.09.1997, mit denen die Anerkennung einer "Leistungsfunktionsstörung" als WDB rechtsverbindlich abgelehnt wurde; es sind keine neuen Tatsachen oder konkreten Anhaltspunkte behauptet oder erwiesen, welche die Erteilung eines neuen, den Kläger begünstigenden Bescheides rechtfertigen könnten. Der Kläger als ehemaliger Soldat hat nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses keinen Anspruch auf Versorgung gemäß § 80 SVG in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG.
Die Überprüfung des bisher rechtsverbindlich abgelehnten neurotischen Leidens des Klägers im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass der bislang ergangenen Ablehnungsbescheide weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 Abs.1 SGB X). Der Kläger hat deshalb keinen Anspruch darauf, dass diese Verwaltungsentscheidungen mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden; ebenso scheidet eine Rücknahme für die Zukunft aus. Denn es ist nicht wahrscheinlich, dass die "neurotische Depression" des Klägers durch Einwirkungen des Wehrdienstes verursacht worden ist.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versorgung entsprechend dem BVG, weil er keine WDB erlitten hat. Diese stellt nach § 81 Abs.1 SVG eine gesundheitliche Schädigung dar, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Dienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Aus der detaillierten Aufzählung der folgenden Absätze 2 bis 4 und Absatz 7 dieser Vorschrift ergibt sich, dass das Gesetz an eine typische mit dem Wehrdienst zusammenhängende Verrichtung (auch Teilnahme an einer dienstlichen Veranstaltung, Dienstreisen, Dienstgänge, dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort, Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen - vgl. z.B. Abs.3 -) anknüpft. Hinsichtlich der Beweislage ist dabei davon auszugehen, dass die dienstlichen Einflüsse, die im Wesentlichen die Schädigung herbeigeführt haben, nachzuweisen sind (BSG vom 24.09.1992, Az.: 9a RV 31/90 in SozR 3-3200 § 81 Nr.6). Nach ständiger Rechtsprechung in allen Zweigen der sozialen Entschädigung müssen die Schädigung und die Schädigungsfolgen nachgewiesen werden. Nur für die Kausalität zwischen diesen beiden Tatbestandsmerkmalen genügt die Wahrscheinlichkeit.
Nachdem beim Kläger weder eine Wehrdienstverrichtung, noch ein während der Ausübung des Wehrdienstes erlittener Unfall behauptet oder gar ersichtlich ist, kommen als dienstliche Einflüsse, die im Wesentlichen die Schädigung herbeigeführt haben könnten, nur noch "die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse" in Betracht. Wehrdiensteigentümlich sind bei Erkrankungen außergewöhnliche Verhältnisse nur, wenn sie den Eigenarten des Wehrdienstes entsprechen und über durchschnittliche Belastungen im Zivilleben hinausgehen (BSG vom 05.05.1993, Az.: 9 /9a RV 25/92 in SozR 3200 § 81 Nr.8 unter Bezug auf BSG SozR 3200 § 81 Nr.31).
Derartige relevante Unterschiede im Vergleich zu einer adäquaten zivilen Tätigkeit sind jedoch beim Kläger nicht erkennbar. Er übte, wie das Sozialgericht München in seinem Urteil vom 20.10.1992 (Az.: S 26 V 1541/88.SVG) bereits ausführte, in der Standortverwaltung der Bundeswehr eine Sachbearbeitertätigkeit aus und betreute verwaltungsmäßig die Durchführung von Bauprojekten militärischer und ziviler Art. Damit unterschied sich seine Tätigkeit nicht wesentlich von der Tätigkeit eines Sachbearbeiters in einer anderen öffentlichen Baubehörde. Wie dieser hatte er die Möglichkeit, sich nach Dienstschluss im Privatbereich zurückzuziehen. Bis zum Jahre 1986 war er ausweislich der Feststellungen des Dr.R. vom 17.12.1986, der Neurologin Dr.E. vom 29.01.1987 sowie der anamnestischen Angaben im Bericht des Bundeswehrkrankenhauses Ulm vom 19.03. 1987 mit seiner über 12 Jahre ausgeübten Tätigkeit im Heeresliegenschaftsamt recht zufrieden. Es finden sich sogar Angaben, dass der Kläger diesen recht unmilitärischen Tätigkeitsbereich liebte und eigenständig und verantwortungsvoll ausfüllte. Insofern sind seine Hinweise auf vermeintliche dienstliche Benachteiligungen insbesondere bei Beförderungen während der letzten 10 Jahre seiner Diensttätigkeit widersprüchlich, jedenfalls nicht nachgewiesen und vor allem nicht wehrdiensteigentümlich. Nachdem keine dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse vorliegen, die als mögliche wehrdiensttypische Gefahrenerhöhung im Rahmen einer Ursächlichkeitsprüfung eine Rolle spielen könnten, entfällt bereits aus diesem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Versorgung.
Dagegen ist die truppenärztliche Behandlung stets Teil der dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse (vgl. hierzu den sogenannten Operationserlass über den Versorgungsschutz bei nachteiligen gesundheitlichen Folgen einer truppenärztlichen Behandlung vom 10.12.1986 - BVBl 1987 Nr.1 bis 5, Seite 3). Dies gilt auch, wenn keine WDB-Folge behandelt wird und wenn die Behandlung nach Überweisung von einem zivilen Arzt fortgeführt wird.
Die truppenärztliche Betreuung des Klägers ist nicht zu beanstanden, sie war sach- und zeitgerecht. Der Sachverständige Dr.S. stellt in seinem Gutachten vom 05.04.1994 fest, beim Kläger seien im Zusammenhang mit der zunächst erforderlichen Vorstellung beim Truppenarzt keine Verzögerungen diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen zu erkennen; die Wartezeiten zwischen truppenärztlicher Erstversorgung, Vorstellung beim Facharzt und stationären Behandlungsmaßnahmen seien angemessen und die anschließende Therapie sachgemäß und ausreichend gewesen. Diese Beurteilung wird durch keine andere ärztliche Einschätzung in Frage gestellt, so dass auch für den Senat insoweit keine wehrdiensttypische Gefahrenerhöhung zu erkennen ist; auf eine Ursächlichkeitsprüfung kann insoweit ebenfalls verzichtet werden.
Zu dem gleichen Ergebnis - Versagung der Versorgung - führt die Rechtsprechung des BSG in den Fällen, in denen - wie hier - die Anerkennung einer nicht auf einem plötzlichen Ereignis beruhenden Krankheit als WDB begehrt wird (vgl. hierzu z.B. BSG vom 05.05.1993 in SozR 3-3200 § 81 Nr.8, vom 10.11.1993 in SozR 3-3200 § 81 Nr.9, vom 24.09.1992 in SozR 3-3200 § 81 Nr.6 sowie Beschlüsse vom 11.10.1994, Az.: 9 BV 55/94 und vom 19.06.1996, Az.: 9 BV 105/95).
Die Fälle, in denen als Schädigungsfolge eine durch allmähliche Einwirkung wehrdiensteigentümlicher Verhältnisse verursachte Erkrankung geltend gemacht wird, teilt das BSG (Az.: 9 BV 105/95 a.a.O.) in drei Gruppen ein:
a) die angebliche Schädigungsfolge ist in der Berufskrankheitenverordnung (BKVO) als Berufskrankheit anerkannt (§ 551 Abs.1 der Reichsversicherungsordnung - RVO). Ein solcher Fall liegt hier unstreitig nicht vor. b) Die angebliche Schädigungsfolge müsste in der gesetzlichen Unfallversicherung als Berufskrankheit anerkannt werden (§ 551 Abs.2 RVO). Derartige Verhältnisse, die den Dienstherrn wegen der durch sie verursachten Gefährdung der Soldaten zum Handeln veranlassen müssten, sind jedoch weder vorgetragen noch erkennbar. c) Die angebliche Schädigungsfolge fällt weder unter a) noch b), die angeschuldigten wehrdiensttypischen Belastungen gehen aber auf kriegsähnliche Anforderungen zurück, wie sie in Zivilberufen typischerweise nicht vorkommen. Auch für diese Alternative ergeben sich im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte.
Der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG im Berufungsverfahren gehörte Sachverständige Prof.Dr.N. betont in seinem psychiatrischen Gutachten vom 17.11.1999 und dessen Ergänzung vom 12.04.2001, die alleinige Ursache der neurotischen Depression des Klägers liege ausschließlich in dessen Persönlichkeitsstörung/Entwicklungsstörung; unter Beantwortung der vom Kläger gestellten Fragen erklärt er ausdrücklich, dass die dienstlichen Veränderungen keine Belastungen oder Traumata darstellten, die so ausgeprägt seien, dass sie die Gefahr eines Ausbruchs einer neurotischen depressiven Störung deutlich erhöhten.
Abgesehen davon, dass ausweislich der Feststellungen der Sachverständigen Prof.Dres.S. und N. die vom Kläger geschilderten beruflichen Ereignisse während des Wehrdienstens grundsätzlich nicht geeignet waren, die neurotisch depressive törung, an der er leidet, zu verursachen, deckt sich diese Beurteilung auch mit der Einschätzung der der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialem Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz", 1996, (Anhaltspunkte). Für die Anerkennung von Neurosen als Schädigungsfolgen WDB ziehen diese einen engen Rahmen:"Neurosen als Ergebnis einer bis in die Kindheit zurückgehenden seelischen Fehlentwicklung, wobei der pathogenetische Schwerpunkt auf der Entstehung der prämorbiden neurotischen Struktur liegt, können nur dann in einem ursächlichen Zusammenhang mit schädigenden Einflüssen stehen, wenn diese in früher Kindheit über längere Zeit und in erheblichem Umfang wirksam waren" (Anhaltspunkte Ziff.70). Abgesehen davon, dass gesichert ist und insoweit Folgen psychischer Traumen nicht mehr diskutiert werden müssten, ist festzustellen, dass die Anhaltspunkte unter Ziff.71 die Anerkennung der durch psychische Traumen bedingten Störungen nur nach lang dauernden psychischen Belastungen erheblicher Art (z.B. in Kriegsgefangenschaft, in rechtsstaatswidriger Haft in der DDR) als auch nach relativ kurz dauernden Belastungen (z.B. bei Geiselnahme, Vergewaltigung) in Betracht ziehen, sofern die Belastungen ausgeprägt und mit dem Erleben von Angst und Ausgeliefertsein verbunden waren. Derartige besonders schwere Belastungen sind jedoch, worauf schon mit gerichtlichem Schreiben vom 08.01.2001 hingewiesen wurde, im Falle des Klägers nicht zu erkennen; dies gilt auch bzgl. der 1986 erfolgten Entziehung seines bisherigen Aufgabenbereichs. Ein solcher behördlicher Organisationsakt ist nicht mit den Belastungen vergleichbar, die in den Anhaltspunkten beispielhaft aufgeführt sind. Der Senat sieht sich insoweit insbesondere auch in Übereinstimmung mit den vom BSG aufgestellten Grundsätzen in der vom Kläger mehrfach zitierten Entscheidung vom 18.10.1995 (9/9a RVg 4/92).
Insgesamt hat das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren nichts erbracht, was für die Unrichtigkeit der Vorentscheidungen sprechen könnte, so dass sich die Verwaltung zu Recht auf die Bindungswirkung bisheriger Entscheidungen berufen kann.
Dem Hilfsantrag des Klägers (Einholung eines weiteren Gutachtens zur Kausalitätsfrage von einem Psychotraumatologen) stattzugeben, bestand keine Veranlassung, weil der Sachverhalt ausreichend ermittelt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (vgl. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten zum wiederholten Male um die Anerkennung einer neurotischen Depression als Wehrdienstbeschädigung (WDB) nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG)/Bundesversorgungsgesetz (BVG) bzw. um die Rücknahme früherer Ablehnungsbescheide nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X).
I.
1.
Der am 1943 geborene Kläger war vom 01.04.1965 bis zum 31.08.1988 Berufssoldat der Bundeswehr, zuletzt als Sachbearbeiter in der Standortverwaltung; er schied im Range eines Hauptmanns aus.
Ende 1986 überwies ihn der Truppenarzt Dr.P. zum Neurologen/ Psychiater Dr.R. , der am 12.12.1986 eine reaktive Depression bei situativer Belastung feststellte; jahrelang habe der Kläger beim Heeresliegenschaftsamt eine recht unmilitärische Aufgabe gehabt, die ihm aber zusagte; der neue Chef habe ihm ohne vorheriges Fragen diesen Aufgabenbereich plötzlich entzogen und ihn freigestellt z.b.V.; damit habe er "seine Aufgabe" verloren, er fühle sich irgendwie abgeschnitten, ohne Zukunftsaussichten und auch seiner "gestalterischen Möglichkeiten beraubt". Dr.R. empfahl eine psycho-therapeutische Krisenintervention über etwa 40 Stunden.
Am 29.01.1987 empfahl die Oberfeldärztin (Neurologie/Psychiatrie) Dr.E. der Bundeswehrverwaltung aufgrund der mannigfaltigen psychiatrischen Symptomatik eine stationäre Überprüfung der Diensttauglichkeit; der Kläger beklage den Verlust seiner Eigenständigkeit, die Herauslösung aus seinem Dienstposten mobilisiere bei ihm schwere Depressionen, Müdigkeit, Konzentrationsmangel und Benommenheit; er fühle sich darüber hinaus gekränkt, beschämt abhängig etc; eine Versetzung an einen anderen Dienstposten außerhalb Münchens strebe er auf keinen Fall an, um die alte und pflegebedürftige Mutter nicht allein zu lassen.
Nach einem stationären Aufenthalt des Klägers im Bundeswehrkrankenhaus U. vom 11.02. bis 25.02.1987 hielten die behandelnden Ärzte eine Beurteilung der Dienstfähigkeit für einen längeren Zeitraum für nicht möglich; aufgrund der stark neurotischen Züge und einer noch ausgeprägten depressiven Verstimmung hielten sie baldmöglichst eine psychotherapeutische Behandlung in einer stationären Einrichtung für dringend angezeigt. Vom 14.07. bis 21.09.1987 unterzog sich der Kläger einer psychotherapeutischen Behandlung in der B.klinik, B ...
2.
Am 05.04.1988 wurde vom Wehrbereichskommando IV für den Kläger ein WDB-Blatt angelegt, weil er seine neurotischen Beschwerden ursächlich auf jahrelange Benachteiligungen durch die personalbearbeitende Dienststelle zurückführte; trotz wiederholt erbrachter Nachweise einer überdurchschnittlichen Qualifikation fehle über mehr als 10 Jahre jede angemessene Förderung; sein dienstlicher Verantwortungsbereich sei ihm Ende 1986 willkürlich entzogen worden; nach über 13 Jahren erfolgreicher Arbeit sei er aus seiner Funktion ohne Einverständnis sowie ohne angemessenen Ersatz entfernt und zudem truppenärztlich unzureichend betreut worden.
Mit Bescheid vom 07.10.1988 lehnte das Wehrbereichsgebührnisamt V einen Ausgleich nach § 85 SVG ab, weil die Gesundheitsstörungen "Leistungsfunktionsstörungen" nicht durch den Wehrdienst und die damit verbundenen Belastungen hervorgerufen oder verschlimmert worden seien; die wesentliche Bedingung dieser Erkrankung liege vielmehr in der Persönlichkeitsstruktur des Klägers und nicht in den wehrdienstlichen Einflüssen; eine Unterlassung der ärztlichen Versorgung liege nicht vor, da die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen sach- und zeitgerecht erfolgt seien.
Seine hiergegen zum Sozialgericht München erhobene Klage (Az.: L 26 V 1541/88.SVG) begründete der Kläger im Wesentlichen unter Hinweis auf eine psychologische Stellungnahme der Psychoanalytikerin und Psychotherapeutin Dr.T. vom August 1988; danach hätte die starke narzistische Kränkbarbeit des Klägers ohne seine dienstlichen Dauerkränkungen nicht zu der bestehenden depressiven Erkrankung geführt.
Mit Beschluss vom 18.05.1990 lud das Sozialgericht den jetzigen Beklagten zum Verfahren bei und hörte den Kläger am 20.06.1990 zu seinen dienstlichen Obliegenheiten und Belastungen; mit Urteil vom 20.10.1992 wies es die Klage ab; die vermeintlichen dienstlichen Benachteiligungen seien nicht wehrdiensteigentümlich, weil sie sich nicht wesentlich von den Verhältnissen eines zivilen Arbeitsverhältnisses abheben würden; die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit eines Sachbearbeiters in der Standortverwaltung sei der Tätigkeit eines Sachbearbeiters einer Baubehörde vergleichbar; der Kläger hätte die geschilderten Personalmaßnahmen auf dem Verwaltungsrechtsweg angreifen können; eine besondere soldatische Gehorsamspflicht sei aus diesem Grunde nicht erkennbar; die truppenärztliche Behandlung sei nicht anspruchsbegründend, weil sich der Kläger erst im Dezember 1986 psychisch krank gefühlt habe, anschließend vom Truppenarzt sofort an einen Facharzt überwiesen und danach stationär behandelt worden sei.
Seine hiergegen eingelegte Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht begründete der Kläger im Wesentlichen mit dem Hinweis, die im militärischen Bereich bestehenden besonderen Vorschriften begründeten sehr wohl wehrdienseigentümliche Umstände, weil sie bei einem Arbeitsverhältnis in der allgemeinen öffentlichen Verwaltung keine Geltung hätten; das Sozialgericht hätte daher ein ärztliches Gutachten zur Zusammenhangsfrage einholen müssen und habe es zu Unrecht abgelehnt, den nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) benannten Nervenarzt Prof.Dr.S. zu hören.
Der Senat zog die Personalakten des Klägers bei und hörte antragsgemäß nach § 109 SGG den Sachverständigen Prof.Dr.S ... Dieser stellte in seinem Gutachten vom 05.04.1994 fest, die neurotische Depression des Klägers sei im Wesentlichen in einer Persönlichkeitsstörung begründet und könne nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf aktenkundige Dienstverrichtungen des Klägers oder wehrdiensteigentümliche Verhältnisse zurückgeführt werden; die Kränkbarkeit des Klägers sei ein angeborenes Merkmal der Persönlichkeit und zum Teil auch durch die Entwicklung in der frühen Kindheit erworben worden; demgegenüber trete die Situation in der Bundeswehr in ihrer Wertigkeit zurück, so dass ihr nicht ein auslösender oder verschlimmernder Einfluss zugeschrieben werden könne; auch eine unzureichende, dem Zivilleben fremde ärztlicher Versorgung habe die Erkrankung nicht hervorufen oder verschlimmert; nachdem sich der Kläger beim Truppenarzt gemeldet habe, erfolgte eine ärztliche Behandlung und Therapie, die nach Art und zeitlichem Ablauf den Gegebenheiten der ärztlichen Versorgung im zivilen Bereich entspreche.
Mit Urteil vom 27.10.1994 wies das Bayerische Landessozialgericht die Berufung des Klägers zurück; zutreffend habe das Sozialgericht darauf abgestellt, dass lediglich die Verursachung eines Gesundheitsschadens durch wehrdiensteigentümliche Verhältnisse (§ 81 Abs.1 3.Altern. SVG) in Betracht komme, weil weder eine konkrete Dienstverrichtung noch ein Unfall während der Ausübung des Wehrdienstes erkennbar oder geltend gemacht seien, die einen Gesundheitsschaden des Klägers hätten hervorrufen können; indes könne es der Senat dahingestellt sein lassen, ob sich die Arbeitsbedingungen des Klägers, die hierbei eingetretenen Veränderungen und ihre sonstigen Umstände als wehrdiensteigentümliche Verhältnisse im Sinne des § 81 Abs.1 3.Alt. SVG darstellten oder ob sie sich nur unwesentlich bzw. gar nicht von den Gegebenheiten einer Tätigkeit in der allgemeinen öffentlichen Verwaltung (so das Sozialgericht) oder in einem Krankenhaus (so der Sachverständige Prof.Dr.S.) abheben, da es jedenfalls der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs im Sinne des § 81 Abs.6 Satz 1 SVG ermangele; dies habe der Sachverständige Prof.Dr.S. in seinem Gutachten vom 05.04.1994 ausführlich diskutiert; er sei zu dem Ergebnis gekommen, die Persönlichkeitsstruktur des Klägers sei wesentliche Bedingung und damit Ursache im Sinne des Versorgungrechtes für Entstehung und Verlauf seiner neurotischen Depression; demgegenüber träten die Dienstverrichtungen und sonstigen dienstlichen Umstände bei der Bundeswehr in ihrer Wertigkeit zurück; wenngleich es entgegen der Auffassung des Sozialgerichts durchaus diskussionswürdig sei, ob die hierarchischen Strukturen in der Bundeswehr/Bundeswehrverwaltung nicht erheblich stärker ausgeprägt seien als in einem durchschnittlichen zivilen Arbeitsverhältnis, mithin also während der Tätigkeit des Klägers wehrdiensteigentümliche Verhältnisse vorgelegen haben könnten, komme es hierauf im Ergebnis nicht entscheidend an; der zeitliche Ablauf der Behandlungsmaßnahmen sei ebenfalls nicht zu beanstanden.
Das Bundessozialgericht (BSG) wies die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts mit Beschluss vom 09.08.1995 (Az.: 9 BV 27/95) und die anschließende Gegenvorstellung des Klägers hiergegen mit Beschluss vom 12.12.1995 (Az.: 9 BV 154/95) zurück. Die nachfolgende Verfassungsbeschwerde des Klägers nahm das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 01.08. 1996 nicht an (Az.: 1 B v R 323/96). Ebenso erging es dem Kläger mit seiner Beschwerde bei der Europäischen Kommission für Menschenrechte.
3.
Mit Schreiben vom 29.07.1997 beantragte der Kläger gemäß § 44 SGB X gegenüber der Wehrbereichsverwaltung die Rücknahme des Bescheides vom 07.10.1988 und die Anerkennung seiner Gesundheitsstörung "neurotische Depression" als WDB mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 50 v.H.; zur Begründung verwies er auf seine Klage vom 28.05.1997 gegen den Beklagten (Sozialgericht München, Az.: S 29 Vs 64/97) und dessen Ablehnungsbescheid vom 31.10.1988 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.04.1997 (vgl. den folgenden Teil II). Mit Bescheid vom 05.09.1997 lehnte die Wehrbereichsverwaltung eine Rücknahme des Bescheides vom 07.10.1988 ab; unabhängig davon, ob die Entscheidung aus dem Jahre 1988 unrichtig sei, könnten gemäß § 44 Abs.4 SGB X Leistungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor dem Jahr der Antragstellung erbracht werden, d.h. für den Zeitraum vom 01.01.1993 bis zum 31.12.1996; da der Kläger bereits mit Ablauf des 31.08.1988 in den Ruhestand versetzt worden sei, liege der Anspruchszeitraum weit außerhalb dieses Vierjahreszeitraumes, der eine absolute Ausschlussfrist darstelle; Leistungen nach dem SVG in Form von Ausgleichszahlungen nach § 85 SVG für die Zeit der Zugehörigkeit zur Bundeswehr seien nicht zu erbringen.
II.
Am 12.09.1988 beantragte der Kläger beim Beklagten Beschädigtenversorgung nach dem SVG. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 31.10.1988 unter Hinweis auf die für ihn bindende Ablehnung (§ 88 Abs.3 SVG) des Beigeladenen (Bescheid 07.10.1988) ab.
Zu seinem hiergegen mit Schreiben vom 10.11.1988 eingelegten Widerspruch teilte der Kläger mit Schreiben vom 05.12.1988 mit, in der SVG-Angelegenheit sei beim Sozialgericht München unter dem Az.: S 26 V 1541/88 SVG ein Streitverfahren anhängig; gleichzeitig bat er, die Bearbeitung des Widerspruchs zurückzustellen. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.1997 wies der Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf die Bindungswirkung des § 88 Abs.3 Satz 1 SVG und das inzwischen rechtskräftig gewordene Urteil des Sozialgerichts München vom 20.10.1992 zurück; für eine hiervon abweichende Entscheidung nach § 44 SGB X ergäben sich keine Anhaltspunkte.
Seine hiergegen am 30.05.1997 zum Sozialgericht München erhobene Klage begründete der Kläger mit Schriftsatz vom 28.07.1997 unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 18.10.1995 (Az.: 9/9a RVg 4/92) sowie der diesem Urteil zugrunde liegenden Neuformulierung der Anhaltspunkte; durch dieses Urteil seien die Beweisregeln im Bereich des sozialen Entschädigungsrechtes für die Fälle neu formuliert, in denen sich seelische Krankheiten als Folge eines seelisch belastenden Vorgangs darstellten; das Bayerische Landessozialgericht habe in seinem Urteil vom 27.10.1994 die Berufung letztlich deswegen zurückgewiesen, weil die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhanges zwischen seiner seelischen Erkrankung und der wehrdiensteigentümlichen Verhältnissen nicht gegeben sei; hierbei habe sich das Gericht auf ein Gutachten des Bezirkskrankenhauses G. vom 05.04.1994 gestützt, das von dem Assistenzarzt S. erstellt und von dem beauftragten Prof.Dr.S. , mitunterzeichnet worden sei; nach dem Urteil des BSG müsse lediglich festgestellt werden, ob die zur Diskussion stehenden Belastungen überhaupt geeignet seien, Krankheiten hervorzurufen, wie sie konkret eingetreten seien; bei Zugrundelegung der Erwägungen in diesem Urteil sei die seelische Erkrankung des Klägers als Folge der wehrdiensteigentümlichen Verhältnisse anzuerkennen; sollte das Sozialgericht dieser Auffassung nicht folgen, werde beantragt, gemäß § 106 SGG ein psychiatrisches Sachverständigengutachten einzuholen, wobei insbesondere die neu formulierten Anhaltspunkte und die Erwägungen des BSG zugrunde zu legen seien; es werde angeregt, Prof.Dr.N. als Sachverständigen zu bestellen; weiterhin werde beantragt, die Sanitäts- und Personalakten des Klägers beizuziehen und diesbezüglich Akteneinsicht zu gewähren.
Mit Schreiben vom 25.03.1998 teilte das Sozialgericht den Beteiligten mit, es werde keine neue Gutachten einholen oder anderweitig Beweis erheben; gleichzeitig wies es auf die Beiziehung von Gerichtsakten und der Personalakten des Klägers hin. Daraufhin beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 06.04.1988 Prof.Dr.N. gemäß § 109 SGG insbesondere zur Frage der Verursachung seiner Erkrankung durch seine berufliche Tätigkeit bei der Bundeswehr als Sachverständigen zu hören.
Mit Urteil vom 12.05.1998 wies das Sozialgericht die Klage ab; ein neuer Sachverhalt sei nicht vorgetragen; die Ausführungen des Klägers zum Urteil des BSG vom 18.10.1995 könnten jedoch eine Anwendung des § 44 SGB X auch in diesem Rahmen nicht begründen; Folgen psychischer Traumen vermochte das Gericht beim Kläger nicht zu erkennen; vielmehr hätten seine neurotischen Störungen bei der Beurteilung seiner Umgebung und seines Arbeitsumfeldes eine entscheidende Rolle gespielt; ob im Hinblick auf das vom Kläger angegebene BSG-Urteil tatsächlich eine Rechtsprechungsänderung vorliege, sei fraglich, könne aber dahingestellt bleiben, denn jedenfalls sei sie - selbst wenn man sie unterstelle - nicht entscheidungserheblich; die dort genannten Grundsätze vermögen nämlich nur zu greifen, wenn die Kausalität bei der vorliegenden Erkrankung nicht schon in andere Richtung eine Klärung erfahren hat; Kausalität bei Erkrankungen des neurotischen Formenkreises sei indes versorgungsrechtlich geklärt; die Anhaltspunkte ließen sowohl nach ihrer Altfassung aus dem Jahre 1983 wie auch nach ihrer Neufassung im Jahre 1996 die Kausalität zwischen schädigenden Ereignissen und Erkrankungen des neurotischen Formenkreises nur zu, wenn die schädigenden Einflüsse in früher Kindheit über längere Zeit und in erheblichem Umfang wirksam gewesen seien; das sehr gründliche Gutachten des Prof. Dr.S. , dem das Gericht vollinhaltlich folge, bestätige mit seiner Diagnose, dass die neurotischen Erkrankungen des Klägers angeboren bzw. auf die frühe Kindheit zurückgingen, genau die zitierten Grundlagen der Anhaltspunkte und entspreche damit der herrschenden Lehrmeinung, die sich auch in der allgemeinen Literatur abzeichne (z.B. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 256. Auflage, Stichwort Neurose: Psychische Störung aufgrund eines ungelösten infantilen Konflikts); diese allgemeine Lehrmeinung schließe es aus, dass Störungen des neurotischen Formenkreises (im Sinne des Versorgungsrechts) wesentlich auf Lebensumstände nach dem Kindesalter zurückgeführt werden können; vor diesem Hintergrund sei dem Antrag des Klägers des § 109 SGG nicht stattzugeben gewesen, da er nicht entscheidungserheblich gewesen sei.
Seine hiergegen am 30.06.1998 zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegte Berufung begründete der Kläger im Wesentlichen mit seinem bisherigen Vortrag; ergänzend rügte er, das angefochtene Urteil des Sozialgerichts München habe sich insbesondere über die Ausführungen des Urteils des BSG vom 18.10.1995 hinweggesetzt und auch die Anhaltspunkte falsch interpretiert; das Sozialgericht hätte eine erneute Beweisaufnahme nicht mit dem Argument ablehnen dürfen, in dem vorausgegangenen Verfahren sei bereits ein Sachverständigengutachten eingeholt worden; nach der Rechtsprechung des BSG sei die Möglichkeit des Ursachenzusammenhangs schon dann anzunehmen, wenn nach dem Erfahrungswissen der Ärzte die Gefahr des Ausbruchs der betreffenden Krankheit nach den betreffenden Belastungen deutlich erhöht sei; ein Sachverständigengutachten hätte daher vor allem dazu Stellung zu nehmen, ob die Belastungen, denen er bei der Bundeswehr ausgesetzt war, geeignet gewesen seien, die seelische Krankheit, an der er leide, zu verursachen und ob die Krankheit in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit bei der Bundeswehr hervorgetreten sei; für den Fall, dass von Amts wegen kein Sachverständigengutachten eingeholt werde, beantrage er gemäß § 109 SGG, Prof.Dr. N. als Sachverständigen zu hören.
Von der Wehrbereichsverwaltung wurden die Personalakten des Klägers übersandt und auf Anfrage mitgeteilt, dass eine Beiladung der Bundesrepublik Deutschland nicht beantragt werde.
Der gemäß § 109 SGG beauftragte Sachverständige Prof.Dr.N. bestätigte in seinem psychiatrischen Gutachten vom 17.11.1999 die Genese der Beschwerden auf dem Boden der beim Kläger bestehenden Persönlichkeitsstörung; die aus den dienstlichen Umständen sich ergebenden Belastungen oder Traumata seien nicht so ausgeprägt, dass sie alleinige Ursache oder wesentliche Mitursache seien; vielmehr sei die Entstehung der Beschwerden als persönlichkeitsbedingt durch subjektive Fehlbewertung der Belastung anzusehen, wobei Kränkungen und Autoritätskonflikte von Persönlichkeitsgestörten wie dem Kläger als ursächlich für die eigenen Leiden angesehen würden; wohl könnten depressive Syndrome auch nach schweren Belastungen entstehen; im Rahmen einer akuten Belastungsreaktion oder posttraumatischen Belastungsstörung stünden neben einer depressiven Symptomatik jedoch Unruhe und Angst, kognitive Beeinträchtigungen sowie vegetative Symptome (Herzrasen, Schwitzen, Schlafstörung) im Vordergrund; wesentlich hervorzuheben sei hierbei zudem, dass diese Störungen ausgelöst seien durch besonders schwere Belastungen, die im allgemeinen "katastrophenartiges" Ausmaß erreichten, wie schwere Unfälle, Kriegshandlungen, Naturkatastrophen, Misshandlung oder Vergewaltigung; eine dementsprechende Belastung sei beim Kläger in keiner Weise erkennbar; seine Persönlichkeitsstörung sei anlagebedingt bzw. entwicklungsbedingt und nicht auf seine Dienstverrichtungen zurückzuführen.
Hierzu trug der Kläger im Schriftatz vom 12.04.2000 u.a. vor, nach dem Gutachten sei die neurotisch-depressive Störung in einem zeitlichen Zusammenhang mit dienstlichen Veränderungen entstanden; das BSG stelle darauf ab, ob die Belastungen, denen er ausgesetzt war, geeignet seien, Krankheiten dieser Art hervorzurufen und ob die Gefahr des Ausbruchs der betreffenden Krankheiten nach den betreffenden Belastungen erhöht gewesen sei; im weiteren stelle es darauf ab, ob die Krankheit im zeitlichen Zusammenhang mit einem traumatischen Ereignis festgestellt worden sei; bei Anwendung dieser Grundsätze sei in seinem Fall davon auszugehen, dass nach dem Ergebnis des Gutachtens die neurotisch-depressive Störung (nicht die zugrunde liegende Persönlichkeitsstörung) in einem zeitlichen Zusammenhang mit dienstlichen Veränderungen, nämlich im Jahre 1986 aufgetreten sei; da bei neurotischen Erkrankungen immer davon auszugehen sei, dass diese ihre Ursache in der Kindheit haben können, sei für die vorliegende Zusammenhangsfrage der zeitliche Zusammenhang als ausreichend wenigstens im Sinne einer Verschlimmerung anzusehen. Abschließend beantragte er, dem Sachverständigen ergänzende Fragen zu stellen. Mit Schreiben vom 15.04.2000 reichte der Kläger eine persönliche Erklärung vom 15.04.2000 zum Gutachten des Prof.Dr.N. nach, dessen Untauglichkeit wegen falscher Prämissen er darzulegen versuchte.
Mit Schreiben vom 22.02.2001 bat das Gericht den Sachverständigen Prof.Dr.N. , zu den vom Kläger insbesondere im Schreiben vom 12.04.2000 aufgeworfenen Fragen im Rahmen des Gutachtensauftrages nach § 109 SGG ergänzend Stellung zu nehmen. In seiner gutachterlichen Ergänzung vom 12.04.2001 stellte der Sachverständige klar, depressive Syndrome i.S. einer neurotischen Depression, wie sie beim Kläger vorliege, seien in Kombination mit Persönlichkeitsstörungen wie berichtet häufig und ätiologisch im Wesentlichen auf eine Entwicklungsstörung zurückzuführen; obwohl die Beschwerden in einem zeitlichen Zusammenhang mit den dienstlichen Veränderungen am Arbeitsplatz exacerbierten, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die dienstlichen Umstände im Sinne eines Kausalzusammenhangs die Beschwerden des Probanden verursachten oder herbeiführten; bei den dienstlichen Veränderungen handele es sich nicht um Belastungen oder Traumata, die so ausgeprägt seien, dass sie alleinige Ursache oder wesentliche Mitursache seien oder in der Lage seien, Beschwerden herbeizuführen; vielmehr sei die Ursache der Beschwerden in der beschriebenen Persönlichkeitsstörung des Klägers zu sehen; entsprechend diesen Ausführungen sei nicht davon auszugehen, dass die betreffenden Belastungen die Gefahr eines Ausbruchs einer neurotischen depressiven Störung deutlich erhöhten. Diese Beurteilung ändere sich auch dann nicht, wenn unterstellt werde, der Kläger sei bei Beförderungen übergangen und bei Umstrukturierungen sei ihm sein Aufgabengebiet entzogen worden; hierbei handele es sich nicht um belastende Ereignisse oder Traumata, die aus psychiatrischer Sicht die Entstehung einer neurotischen depressiven Störung verursachen oder herbeiführen können.
Zur Komplettierung des letzten Schriftsatzes seiner Prozessbevollmächtigten teilte der Kläger mit Schreiben vom 13.06.2001 u.a. mit, das Gutachten Prof.Dr.N. sei wegen seiner Mängel untauglich als Grundlage für eine sachgerechte Urteilsbildung und Entscheidung des Gerichtes; das Vorliegen einer (unspezifischen) "Persönlichkeitsstörung" werde bei ihm wie selbstverständlich angenommen, obwohl der dafür erforderliche eigenständige Nachweis einer Prodromalsymptomatik fehle; die Behauptung, wonach "die Beschwerden in einem zeitlichen Zusammenhang mit den dienstlichen Veränderungen exacerbierten", negiere die Tatsache, dass seine einschlägige Symptomatik in diesem Kontext nachweislich erstmalig aufgetreten sei, sich also nicht verschlimmerte, zeitweise steigerte oder als das Wiederaufleben einer Krankheit darstellte.
Im weiteren Verfahrensverlauf beantragte der Kläger Akteneinsicht und teilte nach Einsichtnahme mit, er sehe sich nach gewissenhafter Prüfung sämtlicher Prozessakten veranlasst, das Gericht in Kenntnis zu setzen, dass die in den Prozess eingeführten Verwaltungsakten der Bundeswehr ganz offensichtlich unvollständig (ggf. selektiv ausgedünnt) seien und sich darüber hinaus in einem Zustand ausgeprägter Unordnung befänden.
Mit Schreiben vom 30.01.2001 trug der Beklagte vor, zu diesem Vorwurf könne er keine Stellung nehmen, da es sich nicht um seine Akten handele; da die Versorgungsverwaltung zur Beurteilung des Sachverhalts jedoch eigene Ermittlungen angestellt habe, weise er die Schlussfolgerungen des Klägers zurück, dass sich der behauptete Zustand der Wehrverwaltungsakten, sollte er denn zutreffen, auf die Qualität seines Verwaltungsverfahrens ausgewirkt haben könne.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 12.05.1998 und des Bescheides vom 31.10.1988 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.04.1997 zu verurteilen, bei ihm eine "neurotische Depression" als WDB-Folge anzuerkennen und ihm ab Antragstellung Versorgung nach einer MdE von mindestens 50 v. H. zu gewähren; hilfsweise beantragt er, von Amts wegen ein weiteres Gutachten zur Kausalitätsfrage von einem Psychotraumatologen einzuholen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.05.1998 zurückzuweisen.
Zum Verfahren beigezogen wurden die SVG- und WDB-Akten, die Personalakten und Gesundheitsunterlagen der Wehrbereichsverwaltung, die Akten des Sozialgerichts München, Az.: S 26 V 1541/88 SVG und S 29 VS 64/97 sowie die Akten des Bayerischen Landessozialgerichts, Az. L 15 V 144/92.SVG.
Bezüglich des weiteren Sachverhalts in den Verfahren des Beklagten und des Sozialgerichts wird gemäß § 202 SGG und § 543 der Zivilprozessordnung auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die dort angeführten Beweismittel, hinsichtlich des Sachverhalts im Berufungsverfahren auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der Berufungsakten nach § 136 Abs.2 SGG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und zulässige Berufung des Klägers (§§ 143 ff., § 151 SGG) ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts München vom 12.05.1998 und der ihm zugrunde liegende Bescheid des Beklagten vom 31.10.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.04.1997 sind nicht zu beanstanden.
Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß § 44 SGB X auf Rücknahme der den Beklagten gemäß § 88 Abs.3 SVG bindenden Ablehnungsbescheide der Bundeswehrverwaltung/Bundesrepublik Deutschland vom 07.10.1988 bzw. 05.09.1997, mit denen die Anerkennung einer "Leistungsfunktionsstörung" als WDB rechtsverbindlich abgelehnt wurde; es sind keine neuen Tatsachen oder konkreten Anhaltspunkte behauptet oder erwiesen, welche die Erteilung eines neuen, den Kläger begünstigenden Bescheides rechtfertigen könnten. Der Kläger als ehemaliger Soldat hat nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses keinen Anspruch auf Versorgung gemäß § 80 SVG in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG.
Die Überprüfung des bisher rechtsverbindlich abgelehnten neurotischen Leidens des Klägers im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass der bislang ergangenen Ablehnungsbescheide weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 Abs.1 SGB X). Der Kläger hat deshalb keinen Anspruch darauf, dass diese Verwaltungsentscheidungen mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden; ebenso scheidet eine Rücknahme für die Zukunft aus. Denn es ist nicht wahrscheinlich, dass die "neurotische Depression" des Klägers durch Einwirkungen des Wehrdienstes verursacht worden ist.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versorgung entsprechend dem BVG, weil er keine WDB erlitten hat. Diese stellt nach § 81 Abs.1 SVG eine gesundheitliche Schädigung dar, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Dienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Aus der detaillierten Aufzählung der folgenden Absätze 2 bis 4 und Absatz 7 dieser Vorschrift ergibt sich, dass das Gesetz an eine typische mit dem Wehrdienst zusammenhängende Verrichtung (auch Teilnahme an einer dienstlichen Veranstaltung, Dienstreisen, Dienstgänge, dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort, Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen - vgl. z.B. Abs.3 -) anknüpft. Hinsichtlich der Beweislage ist dabei davon auszugehen, dass die dienstlichen Einflüsse, die im Wesentlichen die Schädigung herbeigeführt haben, nachzuweisen sind (BSG vom 24.09.1992, Az.: 9a RV 31/90 in SozR 3-3200 § 81 Nr.6). Nach ständiger Rechtsprechung in allen Zweigen der sozialen Entschädigung müssen die Schädigung und die Schädigungsfolgen nachgewiesen werden. Nur für die Kausalität zwischen diesen beiden Tatbestandsmerkmalen genügt die Wahrscheinlichkeit.
Nachdem beim Kläger weder eine Wehrdienstverrichtung, noch ein während der Ausübung des Wehrdienstes erlittener Unfall behauptet oder gar ersichtlich ist, kommen als dienstliche Einflüsse, die im Wesentlichen die Schädigung herbeigeführt haben könnten, nur noch "die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse" in Betracht. Wehrdiensteigentümlich sind bei Erkrankungen außergewöhnliche Verhältnisse nur, wenn sie den Eigenarten des Wehrdienstes entsprechen und über durchschnittliche Belastungen im Zivilleben hinausgehen (BSG vom 05.05.1993, Az.: 9 /9a RV 25/92 in SozR 3200 § 81 Nr.8 unter Bezug auf BSG SozR 3200 § 81 Nr.31).
Derartige relevante Unterschiede im Vergleich zu einer adäquaten zivilen Tätigkeit sind jedoch beim Kläger nicht erkennbar. Er übte, wie das Sozialgericht München in seinem Urteil vom 20.10.1992 (Az.: S 26 V 1541/88.SVG) bereits ausführte, in der Standortverwaltung der Bundeswehr eine Sachbearbeitertätigkeit aus und betreute verwaltungsmäßig die Durchführung von Bauprojekten militärischer und ziviler Art. Damit unterschied sich seine Tätigkeit nicht wesentlich von der Tätigkeit eines Sachbearbeiters in einer anderen öffentlichen Baubehörde. Wie dieser hatte er die Möglichkeit, sich nach Dienstschluss im Privatbereich zurückzuziehen. Bis zum Jahre 1986 war er ausweislich der Feststellungen des Dr.R. vom 17.12.1986, der Neurologin Dr.E. vom 29.01.1987 sowie der anamnestischen Angaben im Bericht des Bundeswehrkrankenhauses Ulm vom 19.03. 1987 mit seiner über 12 Jahre ausgeübten Tätigkeit im Heeresliegenschaftsamt recht zufrieden. Es finden sich sogar Angaben, dass der Kläger diesen recht unmilitärischen Tätigkeitsbereich liebte und eigenständig und verantwortungsvoll ausfüllte. Insofern sind seine Hinweise auf vermeintliche dienstliche Benachteiligungen insbesondere bei Beförderungen während der letzten 10 Jahre seiner Diensttätigkeit widersprüchlich, jedenfalls nicht nachgewiesen und vor allem nicht wehrdiensteigentümlich. Nachdem keine dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse vorliegen, die als mögliche wehrdiensttypische Gefahrenerhöhung im Rahmen einer Ursächlichkeitsprüfung eine Rolle spielen könnten, entfällt bereits aus diesem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Versorgung.
Dagegen ist die truppenärztliche Behandlung stets Teil der dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse (vgl. hierzu den sogenannten Operationserlass über den Versorgungsschutz bei nachteiligen gesundheitlichen Folgen einer truppenärztlichen Behandlung vom 10.12.1986 - BVBl 1987 Nr.1 bis 5, Seite 3). Dies gilt auch, wenn keine WDB-Folge behandelt wird und wenn die Behandlung nach Überweisung von einem zivilen Arzt fortgeführt wird.
Die truppenärztliche Betreuung des Klägers ist nicht zu beanstanden, sie war sach- und zeitgerecht. Der Sachverständige Dr.S. stellt in seinem Gutachten vom 05.04.1994 fest, beim Kläger seien im Zusammenhang mit der zunächst erforderlichen Vorstellung beim Truppenarzt keine Verzögerungen diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen zu erkennen; die Wartezeiten zwischen truppenärztlicher Erstversorgung, Vorstellung beim Facharzt und stationären Behandlungsmaßnahmen seien angemessen und die anschließende Therapie sachgemäß und ausreichend gewesen. Diese Beurteilung wird durch keine andere ärztliche Einschätzung in Frage gestellt, so dass auch für den Senat insoweit keine wehrdiensttypische Gefahrenerhöhung zu erkennen ist; auf eine Ursächlichkeitsprüfung kann insoweit ebenfalls verzichtet werden.
Zu dem gleichen Ergebnis - Versagung der Versorgung - führt die Rechtsprechung des BSG in den Fällen, in denen - wie hier - die Anerkennung einer nicht auf einem plötzlichen Ereignis beruhenden Krankheit als WDB begehrt wird (vgl. hierzu z.B. BSG vom 05.05.1993 in SozR 3-3200 § 81 Nr.8, vom 10.11.1993 in SozR 3-3200 § 81 Nr.9, vom 24.09.1992 in SozR 3-3200 § 81 Nr.6 sowie Beschlüsse vom 11.10.1994, Az.: 9 BV 55/94 und vom 19.06.1996, Az.: 9 BV 105/95).
Die Fälle, in denen als Schädigungsfolge eine durch allmähliche Einwirkung wehrdiensteigentümlicher Verhältnisse verursachte Erkrankung geltend gemacht wird, teilt das BSG (Az.: 9 BV 105/95 a.a.O.) in drei Gruppen ein:
a) die angebliche Schädigungsfolge ist in der Berufskrankheitenverordnung (BKVO) als Berufskrankheit anerkannt (§ 551 Abs.1 der Reichsversicherungsordnung - RVO). Ein solcher Fall liegt hier unstreitig nicht vor. b) Die angebliche Schädigungsfolge müsste in der gesetzlichen Unfallversicherung als Berufskrankheit anerkannt werden (§ 551 Abs.2 RVO). Derartige Verhältnisse, die den Dienstherrn wegen der durch sie verursachten Gefährdung der Soldaten zum Handeln veranlassen müssten, sind jedoch weder vorgetragen noch erkennbar. c) Die angebliche Schädigungsfolge fällt weder unter a) noch b), die angeschuldigten wehrdiensttypischen Belastungen gehen aber auf kriegsähnliche Anforderungen zurück, wie sie in Zivilberufen typischerweise nicht vorkommen. Auch für diese Alternative ergeben sich im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte.
Der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG im Berufungsverfahren gehörte Sachverständige Prof.Dr.N. betont in seinem psychiatrischen Gutachten vom 17.11.1999 und dessen Ergänzung vom 12.04.2001, die alleinige Ursache der neurotischen Depression des Klägers liege ausschließlich in dessen Persönlichkeitsstörung/Entwicklungsstörung; unter Beantwortung der vom Kläger gestellten Fragen erklärt er ausdrücklich, dass die dienstlichen Veränderungen keine Belastungen oder Traumata darstellten, die so ausgeprägt seien, dass sie die Gefahr eines Ausbruchs einer neurotischen depressiven Störung deutlich erhöhten.
Abgesehen davon, dass ausweislich der Feststellungen der Sachverständigen Prof.Dres.S. und N. die vom Kläger geschilderten beruflichen Ereignisse während des Wehrdienstens grundsätzlich nicht geeignet waren, die neurotisch depressive törung, an der er leidet, zu verursachen, deckt sich diese Beurteilung auch mit der Einschätzung der der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialem Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz", 1996, (Anhaltspunkte). Für die Anerkennung von Neurosen als Schädigungsfolgen WDB ziehen diese einen engen Rahmen:"Neurosen als Ergebnis einer bis in die Kindheit zurückgehenden seelischen Fehlentwicklung, wobei der pathogenetische Schwerpunkt auf der Entstehung der prämorbiden neurotischen Struktur liegt, können nur dann in einem ursächlichen Zusammenhang mit schädigenden Einflüssen stehen, wenn diese in früher Kindheit über längere Zeit und in erheblichem Umfang wirksam waren" (Anhaltspunkte Ziff.70). Abgesehen davon, dass gesichert ist und insoweit Folgen psychischer Traumen nicht mehr diskutiert werden müssten, ist festzustellen, dass die Anhaltspunkte unter Ziff.71 die Anerkennung der durch psychische Traumen bedingten Störungen nur nach lang dauernden psychischen Belastungen erheblicher Art (z.B. in Kriegsgefangenschaft, in rechtsstaatswidriger Haft in der DDR) als auch nach relativ kurz dauernden Belastungen (z.B. bei Geiselnahme, Vergewaltigung) in Betracht ziehen, sofern die Belastungen ausgeprägt und mit dem Erleben von Angst und Ausgeliefertsein verbunden waren. Derartige besonders schwere Belastungen sind jedoch, worauf schon mit gerichtlichem Schreiben vom 08.01.2001 hingewiesen wurde, im Falle des Klägers nicht zu erkennen; dies gilt auch bzgl. der 1986 erfolgten Entziehung seines bisherigen Aufgabenbereichs. Ein solcher behördlicher Organisationsakt ist nicht mit den Belastungen vergleichbar, die in den Anhaltspunkten beispielhaft aufgeführt sind. Der Senat sieht sich insoweit insbesondere auch in Übereinstimmung mit den vom BSG aufgestellten Grundsätzen in der vom Kläger mehrfach zitierten Entscheidung vom 18.10.1995 (9/9a RVg 4/92).
Insgesamt hat das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren nichts erbracht, was für die Unrichtigkeit der Vorentscheidungen sprechen könnte, so dass sich die Verwaltung zu Recht auf die Bindungswirkung bisheriger Entscheidungen berufen kann.
Dem Hilfsantrag des Klägers (Einholung eines weiteren Gutachtens zur Kausalitätsfrage von einem Psychotraumatologen) stattzugeben, bestand keine Veranlassung, weil der Sachverhalt ausreichend ermittelt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (vgl. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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