Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 SB 1028/00 KO
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 AR 31/02 SB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden der 2. Kammer des Sozialgerichts Nürnberg, Richter am Sozialgericht Z. , wegen Besorgnis der Befangenheit ist begründet.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin, eine Ärztin, hat in dem Rechtsstreit L. D. gegen den Freistaat Bayern (Az.: S 12 SB 1028/00) für das Sozialgericht Nürnberg - SG - am 16.08.2001 ein medizinisches Gutachten erstattet. In ihrer Liquidation vom 17.08. 2001 hat sie u.a. einen Berufssachverständigenzuschlag (§ 3 Abs.3 Buchstabe b ZSEG) von 50 v.H. berechnet, den ihr der zuständige Kostenbeamte jedoch nur in Höhe von 20 v.H. gewährt hat.
Die Antragstellerin hat daraufhin am 26.11.2001 die richterliche Festsetzung ihrer Vergütung nach § 16 Abs.1 ZSEG beantragt mit dem Ziel, den Berufssachverständigenzuschlag in Höhe von 50 v.H. anzusetzen. Nach einer vergeblichen Mahnung vom 26.01. 2002 hat sie das SG am 16.02.2002 erneut an die ausstehende Festsetzung erinnert und erklärt, dass sie ihr Anliegen im Wege der Dienstaufsichtsbeschwerde (Untätigkeitsbeschwerde) an den Präsidenten des Sozialgerichts Nürnberg weiterverfolgen werde, wenn sie nicht bis spätestens 02.03.2002 einen Bescheid erhalte.
Mit Schreiben vom 20.02.2002 hat nunmehr der Vorsitzende der 2. Kammer des SG (Richter am Sozialgericht - RiSG - Z.) als zuständiger Kostenrichter die Antragstellerin wissen lassen, dass die Angelegenheit "eine umfangreiche Ermittlung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht" erfordere, und ihr aufgegeben, bis spätestens 28.03.2002 folgende Auskünfte zu erteilen bzw. Unterlagen vorzulegen:
"1. Seit wann erstellen Sie medizinische Außengutachten für das Sozialgericht Nürnberg? 2. Für welche anderen Gerichte, Behörden, Versicherungen u.ä. haben Sie vor dem 01.01.2000 medizinische Gutach ten erstellt? 3. Seit wann sind Sie als Mitglied im Kreisverband ange meldet (Nachweis vorlegen)? 4. Haben Sie Ihre private ärztliche Tätigkeit beim Kreis verband angemeldet (Nachweis)? 5. Haben Sie eine berufliche Haftpflichtversicherung (Po lice vorlegen)? 6. Haben Sie zu irgendeinem Zeitpunkt eine zugelassene Praxis betrieben, wenn ja, wann und wo (Nachweis vorle gen)? 7. Unter welcher Fachrichtung sind Sie gemeldet bzw. ärzt lich tätig? 8. Aus welchen Einkünften wird ab 01.01.2000 Ihr Lebensun- terhalt bestritten? 9. Aus welchen Einkünften wurde Ihr Lebensunterhalt davor bestritten? 10. Durch welche Änderung in Ihren beruflichen oder priva ten Verhältnissen begründen Sie selbst Ihre Einschät zung, seit 01.01.2000 Berufssachverständige zu sein? 11. Welche steuerlich absetzbaren Werbungskosten haben Sie aus einer eventuellen freiberuflichen Tätigkeit (z.B. Büro, Angestellte, Apparate u.ä.) seit 01.01.2000 (und welche davor)? 12. Wurden außer den im Schreiben vom 27.11.2001 genannten Außengutachten, für die Sie ebenfalls die Erhöhung nach § 3 Abs.3 ZSEG beantragen, weitere Außengutachten - insbesondere ab dem 18.04.2001 - erstellt, wenn ja, welche? 13. Waren Sie vor dem 01.01.2000 vorsteuerabzugsberechtigt? 14. Sind Sie ab dem 01.01.2000 vorsteuerabzugsberechtigt?
Legen Sie zur Prüfung ferner vor Ihre Approbation, die Urkunde über den Doktortitel, die Berechtigung über das Führen weiterer Zusatzbezeichnungen und die oben genannten Unterlagen sowie Ihre Steuerbescheide der letzten fünf Jahre."
Mit Schriftsatz vom 22.02.2002 hat die Antragstellerin RiSG Z. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt: Sie könne nicht nachvollziehen, welchen Bezug die Steuerbescheide der letzten fünf Jahre zu ihren Berufseinkünften im Jahre 2001, dem Jahr der Gutachtenserstattung, hätten. Die Steuerbescheide der Jahre von 1997 bis 2000 besagten nichts über die Berufseinkünfte im Jahr 2001; der Einkommensteuerbescheid 2001 könne schon vom zeitlichen Ablauf her im Februar 2002 noch gar nicht vorliegen. Davon abgesehen gingen die Einkünfte ihres mit ihr zusammen veranlagten Ehemannes sowie andere eigene Einkunftsarten (etwa aus Kapitalerträgen, aus Vermietung und Verpachtung etc.) RiSG Z. "nichts an". Nachdem es - nach sorgfältiger Prüfung ihrer beruflichen Qualifikation und nach Vorlage eines tabellarischen Lebenslaufes - am 01.12.1987 zum Abschluss einer ersten Vereinbarung zwischen dem Freistaat Bayern und ihr gekommen sei, die in der Folgezeit jeweils im Abstand einiger Jahre mit dem jeweiligen Präsidenten des Sozialgerichts Nürnberg erneuert worden sei, was RiSG Z. als Kostenrichter anhand der entsprechenden Aktenvorgänge bekannt sein müsse, könne sie nicht an sachliche Gründe für die Anordnung glauben, ihre Approbationsurkunde sowie das Doktordiplom "zur Prüfung" vorzulegen. RiSG Z. könne nicht erklären, was die Prüfung des Doktordiploms mit der Zusammensetzung ihrer Berufseinkünfte im Jahr 2001 zu tun habe. Der Richter habe sicherlich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass ihr der Doktortitel aberkannt worden sei, so dass sie sich des Straftatbestandes der unerlaubten Führung eines akademischen Grades schuldig mache.
RiSG Z. hat sich zu dem Ablehnungsgesuch am 27.02.2002 im Wesentlichen wie folgt dienstlich geäußert:
"Nachdem das Schreiben der Antragstellerin vom 22.02.2002 keine sachlichen Argumente enthält, obwohl ihr Herr Gemahl nach meiner Kenntnis Richter am Landgericht Nürnberg ist, kann ich derzeit nicht weiter Stellung nehmen. Ich werde dies dann tun, wenn entsprechender Vortrag beim LSG vor liegt und dies von dort gewünscht wird."
Am 20.03.2002 hat RiSG Z. seine dienstliche Äußerung durch die Vorlage von Auskünften der Bayerischen Landesärztekammer vom 05. und 12.03.2002 sowie eines Schreibens des 1. Vorsitzenden des Ärztlichen Kreisverbandes Nürnberg, Dr.med.H. K. , vom 18.03.2002 ergänzt. In dem Schreiben hat Dr.K. u.a. erklärt, dass er in den von RiSG Z. an die Antragstellerin gerichteten Fragen keine "inquisitorische Anmaßung" erkennen könne. RiSG Z. hat dazu lediglich ausgeführt, dass "dieser objektiven Stellungnahme" aus seiner Sicht nichts hinzuzufügen sei.
Die Antragstellerin hat zu der dienstlichen Äußerung vom 27.02. 2002 und der Ergänzung vom 20.03.2002 am 23.03. und 26.03.2002 Stellung genommen; zugleich hat sie eine Kopie ihrer Approbationsurkunde vom 13.11.1975 vorgelegt. Mit Schreiben an das SG vom 16.03. und 27.03.2002 hat sie RiSG Z. erneut wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dazu hat sie u.a. ausgeführt, dass RiSG Z. in der Zeit zwischen dem 12. und 15.03.2002 gegenüber einer Mehrzahl von Richtern des Sozialgerichts Nürnberg sowohl mündlich als auch schriftlich behauptet habe, sie - die Antragstellerin - verfüge nicht über die Bewilligung zur Betätigung als Arzt. Diese als Rufmord zu bezeichnende Behauptung entbehre, weil die ihr am 13.11.1975 erteilte Approbation bislang nicht entzogen worden sei, jeder Grundlage. Gleichwohl habe RiSG Z. , obwohl ihm ihre fast 15-jährige Tätigkeit für das Sozialgericht Nürnberg ebenso bekannt sei wie die Existenz von Verträgen gemäß § 13 ZSEG, die im Laufe der Jahre von mehreren Präsidenten des Sozialgerichts Nürnberg mit ihr abgeschlossen worden seien, die Behauptung von einem angeblichen Mangel einer Approbation (also der Hochstapelei, des Betruges und diverser anderer Straftaten) bedenkenlos in die Welt gesetzt. Es sei ihr unbegreiflich, wie ein Richter, selbst wenn er meine, irgendwelche Anhaltspunkte für das Fehlen einer Approbation zu haben, eine derartige Behauptung gegenüber seinen Kollegen aufstellen könne, ohne ihr - der Antragstellerin - zu seinem Verdacht auch nur im Geringsten rechtliches Gehör zu gewähren.
II.
Für die Entscheidung über Gesuche, mit welchen Richter der Sozialgerichtsbarkeit abgelehnt werden, ist das Landessozialgericht zuständig (§ 60 Abs.1 S.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das zulässige Ablehnungsgesuch erweist sich als begründet.
Nach § 60 SGG i.V.m. § 42 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, welcher geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§§ 60 Abs.1 S.1 SGG, 42 Abs.2 ZPO). Dies ist nur dann der Fall, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (vgl. BVerfGE 35, 171, 172; NJW 1999, 132, 133). Das Misstrauen muss aus der Sicht eines ruhig und vernünftig denkenden Prozessbeteiligten verständlich sein (vgl. Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Auflage, S.186/14). Es kommt weder darauf an, ob die Befürchtung eines Prozessbeteiligten, der Richter sei ihm gegenüber voreingenommen, begründet ist, noch auf die subjektive Meinung des abgelehnten Richters, ob er befangen sei oder nicht (vgl. BVerfG, a.a.O.; Zöller-Vollkommer, ZPO, 21. Auflage, § 42 Rdnr.9). Der Gesetzgeber hat durch die Möglichkeit der Richterablehnung nämlich nicht nur eine tatsächlich parteiliche Rechtspflege verhindern, sondern darüber hinaus auch schon den für einen Prozessbeteiligten nach den Umständen naheliegenden oder doch verständlichen Argwohn vermeiden wollen, der Richter werde nicht unparteilich entscheiden.
Im vorliegenden Fall ist die dienstliche Stellungnahme vom 27.02.2002 auch bei objektiver und ruhig abwägender Betrachtungsweise geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des RiSG Z. zu rechtfertigen.
Nach § 44 Abs.3 ZPO hat sich der abgelehnte Richter über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern. Das bedeutet, dass er auf diejenigen Tatsachen einzugehen hat, mit denen das Ablehnungsgesuch begründet worden ist (vgl. Schneider, MDR 1998, 454). Gefordert wird eine Äußerung zu den Tatsachen des Ablehnungsgesuchs (vgl. Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 44 Rdnr.4; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Auflage, § 44 Rdnrn.5, 6). Daran fehlt es hier.
Die Antragstellerin hat ihr Ablehnungsgesuch ersichtlich und nachvollziehbar im Wesentlichen auf die Aufforderung des Richters zur Vorlage der Steuerbescheide der letzten fünf Jahre, der Approbationsurkunde sowie des Doktordiploms gestützt, weil sie in dieser Aufforderung keinen sachlichen Bezug zu ihren Berufseinkünften im Jahr 2001 sieht. Anstatt sich zu diesem substantiierten Vorbringen zu äußern, was die Antragstellerin erwarten durfte, hat sich RiSG am 27.02.2002 lediglich auf die lapidare und objektiv unrichtige Bemerkung beschränkt, er könne derzeit nicht weiter (!) Stellung nehmen, weil das Ablehnungsgesuch "keine sachlichen Argumente" enthalte. Die "Ergänzung" der dienstlichen Stellungnahme vom 20.03.2002 stellt ebenfalls keine Äußerung i.S. des § 44 Abs.3 ZPO dar, da sie keinerlei Äußerung zu dem detaillierten Vorbringen des Ablehnungsgesuchs enthält, sondern lediglich auf die - unmaßgebliche - Meinung des 1. Vorsitzenden des Ärztlichen Kreisverbandes Nürnberg, Dr.K. , zu dem Fragenkatalog im Schreiben vom 20.02.2002 verweist.
Die mangelhafte dienstliche Äußerung kann bei der Antragstellerin durchaus den Eindruck erwecken, RiSG Z. halte ihr Vorbringen keiner eingehenden Stellungnahme für würdig, und rechtfertigt daher den Schluss auf die Befangenheit des Richters (vgl. dazu OLG Frankfurt, MDR 1978, 409; OVG Berlin, MDR 1989, 1063; Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 44 Rdnr.4; Baumbach/Lauter- bach/Albers/Hartmann, a.a.O., Anm.6; Stein-Jonas-Bork, ZPO, 21. Auflage, § 44 Rdnr.2). Nach allem ist der Antragstellerin nicht mehr zuzumuten, die Entscheidung ihrer Sache durch RiSG Z. zu akzeptieren, so dass dem Ablehnungsgesuch stattzugeben war.
Die Entscheidung ist kostenfrei (§ 183 SGG a.F.) und nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragstellerin, eine Ärztin, hat in dem Rechtsstreit L. D. gegen den Freistaat Bayern (Az.: S 12 SB 1028/00) für das Sozialgericht Nürnberg - SG - am 16.08.2001 ein medizinisches Gutachten erstattet. In ihrer Liquidation vom 17.08. 2001 hat sie u.a. einen Berufssachverständigenzuschlag (§ 3 Abs.3 Buchstabe b ZSEG) von 50 v.H. berechnet, den ihr der zuständige Kostenbeamte jedoch nur in Höhe von 20 v.H. gewährt hat.
Die Antragstellerin hat daraufhin am 26.11.2001 die richterliche Festsetzung ihrer Vergütung nach § 16 Abs.1 ZSEG beantragt mit dem Ziel, den Berufssachverständigenzuschlag in Höhe von 50 v.H. anzusetzen. Nach einer vergeblichen Mahnung vom 26.01. 2002 hat sie das SG am 16.02.2002 erneut an die ausstehende Festsetzung erinnert und erklärt, dass sie ihr Anliegen im Wege der Dienstaufsichtsbeschwerde (Untätigkeitsbeschwerde) an den Präsidenten des Sozialgerichts Nürnberg weiterverfolgen werde, wenn sie nicht bis spätestens 02.03.2002 einen Bescheid erhalte.
Mit Schreiben vom 20.02.2002 hat nunmehr der Vorsitzende der 2. Kammer des SG (Richter am Sozialgericht - RiSG - Z.) als zuständiger Kostenrichter die Antragstellerin wissen lassen, dass die Angelegenheit "eine umfangreiche Ermittlung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht" erfordere, und ihr aufgegeben, bis spätestens 28.03.2002 folgende Auskünfte zu erteilen bzw. Unterlagen vorzulegen:
"1. Seit wann erstellen Sie medizinische Außengutachten für das Sozialgericht Nürnberg? 2. Für welche anderen Gerichte, Behörden, Versicherungen u.ä. haben Sie vor dem 01.01.2000 medizinische Gutach ten erstellt? 3. Seit wann sind Sie als Mitglied im Kreisverband ange meldet (Nachweis vorlegen)? 4. Haben Sie Ihre private ärztliche Tätigkeit beim Kreis verband angemeldet (Nachweis)? 5. Haben Sie eine berufliche Haftpflichtversicherung (Po lice vorlegen)? 6. Haben Sie zu irgendeinem Zeitpunkt eine zugelassene Praxis betrieben, wenn ja, wann und wo (Nachweis vorle gen)? 7. Unter welcher Fachrichtung sind Sie gemeldet bzw. ärzt lich tätig? 8. Aus welchen Einkünften wird ab 01.01.2000 Ihr Lebensun- terhalt bestritten? 9. Aus welchen Einkünften wurde Ihr Lebensunterhalt davor bestritten? 10. Durch welche Änderung in Ihren beruflichen oder priva ten Verhältnissen begründen Sie selbst Ihre Einschät zung, seit 01.01.2000 Berufssachverständige zu sein? 11. Welche steuerlich absetzbaren Werbungskosten haben Sie aus einer eventuellen freiberuflichen Tätigkeit (z.B. Büro, Angestellte, Apparate u.ä.) seit 01.01.2000 (und welche davor)? 12. Wurden außer den im Schreiben vom 27.11.2001 genannten Außengutachten, für die Sie ebenfalls die Erhöhung nach § 3 Abs.3 ZSEG beantragen, weitere Außengutachten - insbesondere ab dem 18.04.2001 - erstellt, wenn ja, welche? 13. Waren Sie vor dem 01.01.2000 vorsteuerabzugsberechtigt? 14. Sind Sie ab dem 01.01.2000 vorsteuerabzugsberechtigt?
Legen Sie zur Prüfung ferner vor Ihre Approbation, die Urkunde über den Doktortitel, die Berechtigung über das Führen weiterer Zusatzbezeichnungen und die oben genannten Unterlagen sowie Ihre Steuerbescheide der letzten fünf Jahre."
Mit Schriftsatz vom 22.02.2002 hat die Antragstellerin RiSG Z. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt: Sie könne nicht nachvollziehen, welchen Bezug die Steuerbescheide der letzten fünf Jahre zu ihren Berufseinkünften im Jahre 2001, dem Jahr der Gutachtenserstattung, hätten. Die Steuerbescheide der Jahre von 1997 bis 2000 besagten nichts über die Berufseinkünfte im Jahr 2001; der Einkommensteuerbescheid 2001 könne schon vom zeitlichen Ablauf her im Februar 2002 noch gar nicht vorliegen. Davon abgesehen gingen die Einkünfte ihres mit ihr zusammen veranlagten Ehemannes sowie andere eigene Einkunftsarten (etwa aus Kapitalerträgen, aus Vermietung und Verpachtung etc.) RiSG Z. "nichts an". Nachdem es - nach sorgfältiger Prüfung ihrer beruflichen Qualifikation und nach Vorlage eines tabellarischen Lebenslaufes - am 01.12.1987 zum Abschluss einer ersten Vereinbarung zwischen dem Freistaat Bayern und ihr gekommen sei, die in der Folgezeit jeweils im Abstand einiger Jahre mit dem jeweiligen Präsidenten des Sozialgerichts Nürnberg erneuert worden sei, was RiSG Z. als Kostenrichter anhand der entsprechenden Aktenvorgänge bekannt sein müsse, könne sie nicht an sachliche Gründe für die Anordnung glauben, ihre Approbationsurkunde sowie das Doktordiplom "zur Prüfung" vorzulegen. RiSG Z. könne nicht erklären, was die Prüfung des Doktordiploms mit der Zusammensetzung ihrer Berufseinkünfte im Jahr 2001 zu tun habe. Der Richter habe sicherlich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass ihr der Doktortitel aberkannt worden sei, so dass sie sich des Straftatbestandes der unerlaubten Führung eines akademischen Grades schuldig mache.
RiSG Z. hat sich zu dem Ablehnungsgesuch am 27.02.2002 im Wesentlichen wie folgt dienstlich geäußert:
"Nachdem das Schreiben der Antragstellerin vom 22.02.2002 keine sachlichen Argumente enthält, obwohl ihr Herr Gemahl nach meiner Kenntnis Richter am Landgericht Nürnberg ist, kann ich derzeit nicht weiter Stellung nehmen. Ich werde dies dann tun, wenn entsprechender Vortrag beim LSG vor liegt und dies von dort gewünscht wird."
Am 20.03.2002 hat RiSG Z. seine dienstliche Äußerung durch die Vorlage von Auskünften der Bayerischen Landesärztekammer vom 05. und 12.03.2002 sowie eines Schreibens des 1. Vorsitzenden des Ärztlichen Kreisverbandes Nürnberg, Dr.med.H. K. , vom 18.03.2002 ergänzt. In dem Schreiben hat Dr.K. u.a. erklärt, dass er in den von RiSG Z. an die Antragstellerin gerichteten Fragen keine "inquisitorische Anmaßung" erkennen könne. RiSG Z. hat dazu lediglich ausgeführt, dass "dieser objektiven Stellungnahme" aus seiner Sicht nichts hinzuzufügen sei.
Die Antragstellerin hat zu der dienstlichen Äußerung vom 27.02. 2002 und der Ergänzung vom 20.03.2002 am 23.03. und 26.03.2002 Stellung genommen; zugleich hat sie eine Kopie ihrer Approbationsurkunde vom 13.11.1975 vorgelegt. Mit Schreiben an das SG vom 16.03. und 27.03.2002 hat sie RiSG Z. erneut wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dazu hat sie u.a. ausgeführt, dass RiSG Z. in der Zeit zwischen dem 12. und 15.03.2002 gegenüber einer Mehrzahl von Richtern des Sozialgerichts Nürnberg sowohl mündlich als auch schriftlich behauptet habe, sie - die Antragstellerin - verfüge nicht über die Bewilligung zur Betätigung als Arzt. Diese als Rufmord zu bezeichnende Behauptung entbehre, weil die ihr am 13.11.1975 erteilte Approbation bislang nicht entzogen worden sei, jeder Grundlage. Gleichwohl habe RiSG Z. , obwohl ihm ihre fast 15-jährige Tätigkeit für das Sozialgericht Nürnberg ebenso bekannt sei wie die Existenz von Verträgen gemäß § 13 ZSEG, die im Laufe der Jahre von mehreren Präsidenten des Sozialgerichts Nürnberg mit ihr abgeschlossen worden seien, die Behauptung von einem angeblichen Mangel einer Approbation (also der Hochstapelei, des Betruges und diverser anderer Straftaten) bedenkenlos in die Welt gesetzt. Es sei ihr unbegreiflich, wie ein Richter, selbst wenn er meine, irgendwelche Anhaltspunkte für das Fehlen einer Approbation zu haben, eine derartige Behauptung gegenüber seinen Kollegen aufstellen könne, ohne ihr - der Antragstellerin - zu seinem Verdacht auch nur im Geringsten rechtliches Gehör zu gewähren.
II.
Für die Entscheidung über Gesuche, mit welchen Richter der Sozialgerichtsbarkeit abgelehnt werden, ist das Landessozialgericht zuständig (§ 60 Abs.1 S.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das zulässige Ablehnungsgesuch erweist sich als begründet.
Nach § 60 SGG i.V.m. § 42 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, welcher geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§§ 60 Abs.1 S.1 SGG, 42 Abs.2 ZPO). Dies ist nur dann der Fall, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (vgl. BVerfGE 35, 171, 172; NJW 1999, 132, 133). Das Misstrauen muss aus der Sicht eines ruhig und vernünftig denkenden Prozessbeteiligten verständlich sein (vgl. Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Auflage, S.186/14). Es kommt weder darauf an, ob die Befürchtung eines Prozessbeteiligten, der Richter sei ihm gegenüber voreingenommen, begründet ist, noch auf die subjektive Meinung des abgelehnten Richters, ob er befangen sei oder nicht (vgl. BVerfG, a.a.O.; Zöller-Vollkommer, ZPO, 21. Auflage, § 42 Rdnr.9). Der Gesetzgeber hat durch die Möglichkeit der Richterablehnung nämlich nicht nur eine tatsächlich parteiliche Rechtspflege verhindern, sondern darüber hinaus auch schon den für einen Prozessbeteiligten nach den Umständen naheliegenden oder doch verständlichen Argwohn vermeiden wollen, der Richter werde nicht unparteilich entscheiden.
Im vorliegenden Fall ist die dienstliche Stellungnahme vom 27.02.2002 auch bei objektiver und ruhig abwägender Betrachtungsweise geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des RiSG Z. zu rechtfertigen.
Nach § 44 Abs.3 ZPO hat sich der abgelehnte Richter über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern. Das bedeutet, dass er auf diejenigen Tatsachen einzugehen hat, mit denen das Ablehnungsgesuch begründet worden ist (vgl. Schneider, MDR 1998, 454). Gefordert wird eine Äußerung zu den Tatsachen des Ablehnungsgesuchs (vgl. Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 44 Rdnr.4; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Auflage, § 44 Rdnrn.5, 6). Daran fehlt es hier.
Die Antragstellerin hat ihr Ablehnungsgesuch ersichtlich und nachvollziehbar im Wesentlichen auf die Aufforderung des Richters zur Vorlage der Steuerbescheide der letzten fünf Jahre, der Approbationsurkunde sowie des Doktordiploms gestützt, weil sie in dieser Aufforderung keinen sachlichen Bezug zu ihren Berufseinkünften im Jahr 2001 sieht. Anstatt sich zu diesem substantiierten Vorbringen zu äußern, was die Antragstellerin erwarten durfte, hat sich RiSG am 27.02.2002 lediglich auf die lapidare und objektiv unrichtige Bemerkung beschränkt, er könne derzeit nicht weiter (!) Stellung nehmen, weil das Ablehnungsgesuch "keine sachlichen Argumente" enthalte. Die "Ergänzung" der dienstlichen Stellungnahme vom 20.03.2002 stellt ebenfalls keine Äußerung i.S. des § 44 Abs.3 ZPO dar, da sie keinerlei Äußerung zu dem detaillierten Vorbringen des Ablehnungsgesuchs enthält, sondern lediglich auf die - unmaßgebliche - Meinung des 1. Vorsitzenden des Ärztlichen Kreisverbandes Nürnberg, Dr.K. , zu dem Fragenkatalog im Schreiben vom 20.02.2002 verweist.
Die mangelhafte dienstliche Äußerung kann bei der Antragstellerin durchaus den Eindruck erwecken, RiSG Z. halte ihr Vorbringen keiner eingehenden Stellungnahme für würdig, und rechtfertigt daher den Schluss auf die Befangenheit des Richters (vgl. dazu OLG Frankfurt, MDR 1978, 409; OVG Berlin, MDR 1989, 1063; Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 44 Rdnr.4; Baumbach/Lauter- bach/Albers/Hartmann, a.a.O., Anm.6; Stein-Jonas-Bork, ZPO, 21. Auflage, § 44 Rdnr.2). Nach allem ist der Antragstellerin nicht mehr zuzumuten, die Entscheidung ihrer Sache durch RiSG Z. zu akzeptieren, so dass dem Ablehnungsgesuch stattzugeben war.
Die Entscheidung ist kostenfrei (§ 183 SGG a.F.) und nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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