L 5 AR 80/00 AL

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AL 309/00 ER
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 AR 80/00 AL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Ablehnungsgesuch gegen die Vorsitzende der 5. Kammer des Sozialgerichts Nürnberg, Richterin am Sozialgericht ..., wegen Besorgnis der Befangenheit wird als unzulässig zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Mit Bescheid vom 06.04.2000 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass in seinem Fall vom 23.03.2000 bis 12.04.2000 (drei Wochen) eine Sperrzeit eingetreten sei. Während dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Die zu Unrecht erhaltenen Leistungen in Höhe von 346,05 DM seien zu erstatten und würden von der laufenden Leistung einbehalten. Dagegen hat der Kläger mit Schreiben vom 10.04.2000 Widerspruch eingelegt und die einstweilige Aussetzung des Verwaltungsaktes beantragt.

Außerdem hat er mit Schreiben vom 14.04.2000 beim Sozialgericht Nürnberg (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt mit dem Inhalt, den Vollzug des Bescheides vom 06.04.2000 einstweilen ganz auszusetzen. Das SG hat mit Schreiben vom 17.04.2000 den Eingang des Antrages bestätigt und zudem beim Antragsteller angefragt, ob seine früher gegen die Vorsitzende der 5. Kammer gestellten Befangenheitsanträge auch dieses Verfahren umfassten. Daraufhin hat der Kläger mit Schreiben vom 20.04.2000 sinngemäß ausgeführt, wenn die Vorsitzende der 5. Kammer, Richterin ..., rechtlich objektiv willens sei, dem Antrag stattzugeben, stehe einer Bearbeitung dieser Rechtssache durch sie nichts im Wege. Anderenfalls, so sie beabsichtigen sollte, den Antrag aufgrund ihrer persönlichen Vorurteile abzuweisen, um dadurch dem Antragsteller nachträglich "eins auszuwischen", sollte sie sich gemäß § 48 ZPO selbst ablehnen. Einer nochmaligen Ablehnung bedürfe es dann nicht. Dieses Verfahren würde Teil der richterlich anhängigen Rechtssachen "im Fall von ...". In diesem Fall sollte die die Richterin unverzüglich und unmittelbar das Verfahren "an einen seriösen und unvoreingenommenen" Richter des SG Nürnberg abgeben. RiSG ... solle hiermit bewusst die freie Wahl und dienstliche Entscheidung nicht genommen werden.

RiSG ... hat sich mit Schreiben vom 27.04.2000 dahingehend dienstlich geäußert, dass sie sich nicht für befangen halte. Der Kläger sei ihr nicht persönlich bekannt.

II.

Für die Entscheidung über Gesuche, mit denen Richter der Sozialgerichte abgelehnt werden, ist das Landessozialgericht zuständig (§ 60 Abs.1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Auch wenn der Antragsteller am Ende seines Schriftsatzes vom 20.04.2000 ausführt, RiSG ... solle die " ... dienstliche Entscheidung nicht vorenthalten und/oder benommen werden", muss das Schreiben vom 20.04.2000 gleichwohl als Ablehnungsgesuch behandelt werden. Aus den vorausgegangenen Ausführungen ergibt sich nämlich eindeutig, dass der Antragsteller die Richterin nur dann nicht für befangen hält, wenn sie seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattgibt. Anderenfalls - so der Antragsteller weiter - solle sie sich gemäß § 48 Zivilprozessordnung (ZPO) selber ablehnen; die richterlich gravierende Befangenheit sei "überdeutlich erkennbar, offensichtlich und bedürfe dabei keiner nochmaligen Ablehnung".

Damit ergibt sich, dass der Antragsteller die Richterin unter der Bedingung ablehnt, dass sie seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht stattgibt. Ein solcher bedingter Befangenheitsantrag ist unzulässig. Prozesshandlungen - und dazu gehören auch Befangenheitsanträge - müssen eindeutig und unbedingt vorgenommen werden (vgl. Rosenberg/Schwab, Zivilprozessrecht, 15. Auflage 1993, S.356 f.). Dieses Erfordernis gilt in besonderer Weise für einen Befangenheitsantrag, denn nach § 47 ZPO i.V.m. § 60 Abs.1 Satz 1 SGG darf ein abgelehnter Richter bis zur Erledigung des Ablehnungsgesuches nur noch unaufschiebbare Amtshandlungen vornehmen. Diese eingeschränkte Handlungskompetenz macht es unerläßlich, dass Klarheit besteht, ob ein Ablehnungsgesuch vorliegt. Ebenso ist diese Klarheit erforderlich, um einen Verlust des Ablehnungsrechts nach § 43 ZPO feststellen zu können (BFH vom 18.10.1994 Az.: VIII B 120/93).

Im vorliegenden Fall soll der Ablehnungsantrag nur für den Fall gelten, dass das Gericht über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in dem vom Antragsteller gewünschten Sinne entscheidet. Sinn und Zweck des Ablehnungsrechtes ist es, den gesetzlichen Richter im Sinne des Art.101 Abs.1 Satz 2 Grundgesetz (GG) im konkreten Verfahren zu gewährleisten (vgl. BVerfG vom 07.02.1968 - 1 BvR 628/66; BVerfGE 23, 85, 91). Mit diesem Sinn und Zweck des Ablehnungsrechts wäre es nicht vereinbar, es einzusetzen, um Druck auf das Gericht auszuüben, eine Entscheidung in dem vom Antragsteller gewünschten Sinne zu treffen (BFH a.a.O., m.w.N.). Die Vorgehensweise des Antragstellers ist deshalb rechtsmissbräuchlich, und der gestellte Antrag aus diesem Grunde unzulässig.

Diese Entscheidung ist kostenfrei (§ 163 SGG) und endgültig (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved