L 9 AL 113/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 37 AL 570/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 113/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 19.03.1998 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage unzulässig ist.
II. Außergerichtliche Kosten des zweiten Rechtszuges sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit einer Meldeaufforderung streitig.

Mit Schreiben vom 11.03.1997 forderte die Beklagte die Klägerin gemäß § 132 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) auf, sich am 17.03.1997 um 8.00 Uhr in der O. GmbH, G.straße, M. (S. Akademie: Übungsfirma) einzufinden. Gleichzeitig wurde sie zur Teilnahme an der dort durchgeführten beruflichen Bildungsmaßnahme: "DV-Fachkraft in der Übungsfirma" eingeladen. Insoweit wird auf das Urteil des Senats vom 27.09.2001 im Parallelverfahren L 9 AL 116/01 Bezug genommen. Die Klägerin erschien bei der O. GmbH und legte ein Schreiben vom 17.03.1997 vor, in dem sie ausführte, die Maßnahme entspreche weder ihrer Qualifizierung als Diplom-Ingenieur noch ihrer Vorbildung noch ihrem Interesse. Gegen die Meldeaufforderung legte sie mit der Begründung Widerspruch ein, der Kurs diene zur Weiterqualifizierung von Kaufleuten, der Einsatz als DV-Fachkraft gehöre nicht zu ihren Berufsvorstellungen. Sie habe sich nicht angemeldet, da ihr bedeutet worden sei, der Kurs sei als Fortbildungslehrgang für kaufmännische Fachkräfte gedacht.

Der Rechtsbehelf wurde durch Widerspruchsbescheid vom 02.04.1997 als unbegründet zurückgewiesen. Die Meldeaufforderung, der die Klägerin tatsächlich nachgekommen sei, sei rechtmäßig gemäß § 132 AFG ergangen. Die Entscheidung wurde auf eine Stellungnahme des zuständigen Arbeitsberaters vom 29.04.1997 gestützt, derzufolge die Teilnahme an der Übungsfirma u.a.deswegen zumutbar gewesen sei, da die Klägerin dadurch in die Lage versetzt werden sollte, eine Bürotätigkeit aufzunehmen. Die Maßnahme sei niemals als Fortbildungsmaßnahme speziell für Architekten gedacht gewesen. Sie sollte nur die für eine Bürotätigkeit heute notwendigen Datenverarbeitungskenntnisse vermitteln.

Mit der zum Sozialgericht (SG) München erhobenen Klage begehrte die Klägerin die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Teilnahme an einer Maßnahme der Arbeitsberatung. Die Maßnahme "DV-Fachkraft in der Übungsfirma" fördere die Fortbildung kaufmännischer Kräfte und solle deren Wissen vertiefen. Sie könne allerdings den Zweck dieser Maßnahme nicht erkennen; außerdem solle die Rechtmäßigkeit der Meldeaufforderung überprüft werden, welche nach ihrer Auffassung gegenstandslos geworden sei.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.03.1998 verband die 37. Kammer diesen Rechtsstreit mit fünf weiteren und wies die Klage durch Urteil vom selben Tage im Wesentlichen mit der Begründung ab, der Widerspruch gegen die Meldeaufforderung sei zu Recht zurückgewiesen worden. Nach Auffassung des Gerichts sei der Rechtsbehelf unzulässig gewesen. Die Meldeaufforderung weise nämliche eine Außenwirkung nicht auf und stelle daher keinen Verwaltungsakt dar. Unabhängig davon wäre der Widerspruch allerdings auch unbegründet, da ein wichtiger Grund nicht erkennbar sei, der Aufforderung nicht nachzukommen. Außerdem habe die Klägerin der Aufforderung hier gerade Folge geleistet. Andere Mängel seien nicht erkennbar.

Im Berufungsverfahren hält Klägerin die Maßnahme für ungeeignet, da sie über einen Abschluss als Diplom-Ingenieur in der Baubranche, verfüge. Sie halte die Meldeaufforderung für einen Verwaltungsakt. Allerdings bestreite sie den Zweck der beruflichen Bildungsmaßnahme. Außerdem sei die Aufforderung mit keiner Rechtsmittelbelehrung versehen gewesen. Schließlich habe sie sich vor der Klageerhebung erledigt. Die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes solle im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage erörtert werden. Sie begründet ihr Feststellungsinteresse damit, dass die Maßnahme willkürlich unterbreitet worden sei, ohne dass Förderungsmöglichkeiten besprochen worden wären. Hier habe nur eine ungeeignete Gruppeninformation sowie die Ausgabe von Anmeldeformularen stattgefunden, eine individuelle Beratung sei nicht erfolgt.

Demgegenüber vertritt die Beklagte die Auffassung, die Meldeaufforderung sei kein Verwaltungsakt, da eine Regelung eines Einzelfalles mit unmittelbarer Außenwirkung nicht gegeben sei. Außerdem sei die Klägerin der Aufforderung nachgekommen. Eine Veranlassung zur Klage bzw. ein Rechtsschutzbedürfnis sei nicht gegeben. Die Teilnahme an der Maßnahme sowie die Zumutbarkeit der Letzteren seien bereits am 16.01.1997 erläutert worden, wie sich aus einem Beratungsvermerk vom selben Tage ergebe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Urteils des SG München vom 19.03.1998 festzustellen, dass die Meldeaufforderung vom 11.03.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.1997 rechtswidrig gewesen sei, hilfsweise beantragt sie die Revision zuzulassen, weiter hilfsweise die mündliche Verhandlung zu vertagen.

Der Antrag der Beklagten lautet,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG München vom 19.03.1998 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahrensakten beider Rechtszüge, der Berufungsakte L 9 AL 116/01 sowie der Leistungsakte des Arbeitsamtes München Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift der Senatssitzung vom 27.09.2001.

Entscheidungsgründe:

Die mangels Vorliegens einer Beschränkung gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, und insgesamt zulässige Berufung, §§ 143 ff. SGG, erweist sich als in der Sache nicht begründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die vom Anfechtungs- auf den Fortsetzungs-Feststellungantrag gemäß § 131 Abs.1 Satz 3 SGG umgestellte Klage gegen die Meldeaufforderung vom 11.03.1997 (Widerspruchsbescheid vom 02.04.1997) an die Klägerin, am 17.03.1997 bei der Übungsfirma O. GmbH zu erscheinen. Nach allgemeiner Meinung liegt insoweit eine Klageänderung nicht vor, vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 131 Anm.8 a. Wie sich aus dem Berufungsurteil im Parallelverfahren L 9 AL 116/01 ergibt, hat die Klägerin die ihr schon im Januar 1997 angebotene Maßnahme bereits seinerzeit abgelehnt. Es erscheint daher nicht von vornherein unbillig, die Unterbreitung des Bildungsangebotes bei der Übungsfirma mit einer Meldeaufforderung gemäß § 132 AFG zu kombinieren. Damit sollte der Klägerin offensichtlich deutlich gemacht werden, dass die Maßnahme ungeachtet ihrer Einstellung ernst gemeint und insbesondere wegen der notwendigen Eingliederung in den Arbeitsmarkt zumutbar war.

Die Meldepflicht gemäß § 132 AFG wird grundsätzlich durch eine rechtmäßige Aufforderung begründet. Diese kann ergehen, wenn ein Leistungsanspruch erhoben wird und einer der Meldegründe des Abs.1 der Vorschrift vorliegt. Das BSG hat dabei offengelassen, ob die Meldeaufforderung ein selbständiger Verwaltungsakt ist, vgl. BSG SozR 4100 § 132 Nr.4. Bei der vorliegenden verbindlichen Festlegung eines Meldetermins unter Androhung einer Säumniszeit dürfte eine Regelung mit Aussenwirkung im Sinne des § 31 SGB X jedoch anzunehmen sein, vgl. BSG SozR 4100 § 132 Nr.1 S.7. Die Aufforderung im obigen Sinne kann z.B. zur Vorbereitung von Maßnahmen der beruflichen Bildung erfolgen, vgl. § 132 Abs.1 Satz 2 AFG. Grundsätzlich ist nach der ermächtigungskonform erlassenen Meldeanordnung vom 14.12.1972 die zur Meldung vorgesehene Stelle anzugeben, § 6 der Anordnung, wobei nach § 7 der Anordnung zur Entgegennahme neben dem Arbeitsamt auch sonstige Einrichtungen der Arbeitsvermittlung bzw. Kommunen zugelassen sind.

Die Meldung bei der Übungsfirma O. GmbH der S.schulen erscheint dem Senat nicht problematisch, da nach dem schlüssigen und unwidersprochenen Vortrag der Beklagten bei Beginn der Maßnahme Mitarbeiter der Abteilung Arbeitsvermittlung und Arbeitsberatung regelmäßig zur Information und Vorstellung der Konzeption und zur Ausgabe der notwendigen Formblätter anwesend sind. Insoweit hat sich auch die Klägerin dahingehend eingelassen, dass eine Gruppeninformation stattgefunden hat. Anhaltspunkte dafür, dass die Einführungsveranstaltung am 17.03.1997 ausnahmsweise nicht von Bediensteten der Arbeitsvermittlung/Arbeitsberatung betreut worden ist, sind nach dem Sachverhalt nicht ersichtlich. Sie würden die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der Meldeaufforderung auch nicht berühren, sondern erst nachträglich die Rechtswidrigkeit begründen können.

Hinsichtlich der Zumutbarkeit der Maßnahme, welche sich auf die streitige Meldeaufforderung zum Erscheinen beim Träger auswirkt, wird auf die Feststellungen im Senatsurteil vom 27.09.2001, L 9 AL 116/01 ausdrücklich Bezug genommen.

Letztlich kann es der Senat aber offen lassen, ob die Meldeaufforderung rechtwidrig war; denn die Fortsetzungs-Feststellungsklage ist bereits unzulässig.

Angesichts der von der Klägerin eingeräumten, aufgrund ihres Erscheinens bei Beginn der Maßnahme und zugleich der Informationsveranstaltung vor Klageerhebung tatsächlich eingetretenen Erledigung der streitigen Meldeaufforderung fehlt es nämlich zur Überzeugung des Senats an dem erforderlichen Feststellungsinteresse des folgerichtig umgestellten Klagebegehrens. Denn ein nach Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigtes Interesse der Klägerin ist nicht ersichtlich. Es fehlt nämlich nach den Umständen des Sachverhaltes an einer konkreten, in naher Zukunft oder doch in absehbarer Zeit tatsächlich bevorstehenden Gefahr der Wiederholung des Verwaltungsaktes bei im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen, vgl. BSGE 40.196, Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm.10 b. Ein Interesse an der Bestätigung der eigenen Rechtsauffassung reicht dem gegenüber nicht aus, vgl. BVerwGE 61.164. Das SG hätte die Klage daher als unzulässig abweisen müssen.

Auf das Vorbringen der Klägerin, die mit der Meldeaufforderung verbundene Maßnahme habe nicht ihrer Qualifikation entsprochen, außerdem habe die S. Akademie andere Maßnahmen angeboten, kommt es ebensowenig an wie im Parallelverfahren L 9 AL 116/01. Auf die dortigen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich Bezug genommen.

Bei der Sachlage muss dem Rechtsmittel der Klägerin der Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenfolge ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG. Im Hinblick auf den Verfahrensausgang konnte die Beklagte, welche für das Berufungsverfahren keine Veranlassung gegeben hat, nicht zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen verpflichtet werden, die der Klägerin zu deren Rechtsverfolgung entstanden sind.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Weder wirft dieses Urteil nämlich eine entscheidungserhebliche höchstrichterlich bisher nicht geklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, noch weicht es ab von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht hierauf.
Rechtskraft
Aus
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