Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 AL 234/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 148/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 14. März 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) ab 01.01.1995 streitig.
Der 1946 geborene Kläger war vom 16.05.1978 bis 31.12.1994 als Geschäftsführer eines Verbandes, und zwar des G. Glas-, Metall- und Schmuckwaren e.V., beschäftigt. In den letzten sechs Monaten erzielte er ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 6.577,00 DM, im Juli 1994 erhielt er zusätzlich ein Urlaubsgeld und im November 1994 ein 13. Monatsgehalt. Neben seiner beitagspflichtigen Beschäftigung betrieb der Kläger seit 1978 eine Rechtsanwaltskanzlei.
Am 29.12.1994 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Alg. In der von ihm vorgelegten Lohnsteuerkarte ist die Lohnsteuerklasse III eingetragen. Er gab an, für die weiterhin geführte Rechtsanwaltskanzlei 15 Arbeitsstunden in der Woche aufzuwenden. 1993 habe lt. Steuerbescheid der Gewinn aus seiner selbständigen Tätigkeit 68.794,00 DM betragen. Für seine Krankenversicherung wende er monatlich 464,28 DM, für die Rechtsanwaltsversorgung monatlich 1.459,20 DM, als Beitrag zur Haftpflichtversicherung - jährlich - 308,80 DM und für eine Tagegeldversicherung monatlich 164,70 DM auf.
Die Beklagte errechnete nach anteiligem Abzug der Versicherungsbeiträge und der gezahlten Steuern ein jährliches Nettoeinkommen von 48.229,66 DM und hieraus -: 52- ein wöchentliches von 927,49 DM.
Mit Bescheid vom 03.02.1995 lehnte sie den Antrag auf Alg mit mit der Begründung ab, nach Abzug des Freibetrages in Höhe von wöchentlich DM 30,00 und der Anrechnung der Hälfte des verbleibenden Nettoeinkommens auf die Leistung überstiegen das Neben- Leistungssatz maßgebenden Arbeitsentgeltes, weshalb das Nebeneinkommen insoweit in voller Höhe auf den Leistungssatz anzurechnen sei; das anzurechnende Einkommen übersteige den Tabellenleistungssatz, so dass sich kein Zahlbetrag ergebe.
In seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, Durchschnittsberechnungen der letzten Jahre könnten nicht in Ansatz gebracht werden, da bekanntermaßen bei einer freiberuflichen Tätigkeit Einkommen nicht regelmäßig zufließe bzw. auch nicht garantiert sei. § 115 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) stelle sich auch insoweit als verfassungswidrig dar, als er nahezu 17 Jahre die berufliche Tätigkeit und die die Beitragspflicht begründende Beschäftigung nebeneinander ausgeübt habe und hinsichtlich einer Beschäftigung im Angestelltenverhältnis heute noch dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehe. Falls es aber rechtens sein solle, dass bei der Konstellation, wie sie bei ihm die letzten Jahre vorgeherrscht habe, im Vorhinein schon bekannt sei, dass kein Anspruch auf Alg bestehe, so dürfe auf der anderen Seite kein Beitrag zur Arbeitslosenversicherung verlangt werden. Um in den Genuss von Alg zu kommen, müsste er seine freiberufliche Tätigkeit, d.h. seine seit 17 Jahren aufgebaute Kanzlei, aufgeben und die dort vorhandenen Arbeitsverhältnisse lösen. Dies würde einen Eingriff in die Eigentumsrechte bedeuten. Gleichermaßen stelle sich § 125 AFG als verfassungswidrig dar, da bekanntermaßen in der freien Wirtschaft eine Garantie von zukünftigen, stabilen Einkommen nicht gegeben sei. Sollten aufgrund einer Änderung die Einnahmen aus der freiberuflichen Tätigkeit zur Bestreitung des Lebensbedarfs nicht ausreichen, so würde der Anspruch auf Alg trotz 17-jähriger beitragspflichtiger Tätigkeit nach vier Jahren erlöschen. Vorsorglich werde die Rückzahlung der ab 16.05.1978 gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung beantragt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.09.1995 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Höhe des Alg würde im vorliegenden Fall bei einem gerundeten Bemessungsentgelt von Leistungssatz von 67 v.H. 632,40 DM betragen. Aus dem wöchentlichen Einkommen von 927,49 DM errechne sich gemäß § 115 Abs.1 Sätze 1 und 2 AFG ein Anrechnungsbetrag von 805,79 DM, der den Leistungssatz übersteige. Die Anrechnung habe nach dem Einkommen des Jahres 1993 erfolgen dürfen, da ein neueres Einkommen nicht nachgewiesen worden und auch nicht zu erwarten sei, dass das Einkommen im Jahre 1995 geringer ausfalle.
Das Sozialgericht Augsburg (SG) wies die Klage (S 14 Al 531/95) mit Urteil vom 15.12.1995 ab und hielt die verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der §§ 115, 125 AFG für nicht begründet. In dem Berufungsverfahren L 9 AL 81/96 schlossen die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 18.09.1997 einen Vergleich, mit dem sich die Beklagte bereit erklärte, auf der Grundlage der maßgeblichen Wocheneinkünfte für die Zeit ab 01.01.1995 den Antrag des Klägers vom 29.12.1994 erneut rechtsbehelfsfähig zu verbescheiden, und sich der Kläger verpflichtete, die hierzu erforderlichen Angaben (Betriebseinnahmen, Betriebsausgaben, sonstige Abzugsbeträge nach § 115 AFG) unverzüglich zu machen.
Nachdem der Kläger der Aufforderung der Beklagten mit Schreiben vom 23.10.1997, zum Vollzug des Vergleiches weitere Unterlagen, nämlich den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1995, vorzulegen, nicht nachgekommen war, versagte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 10.07.1998 die Bewilligung der beantragten Leistung wegen fehlender Mitwirkung. Der Kläger übersandte sodann den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1995, der bei ihm Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit von 70.809,00 DM aufwies, bei seiner Ehefrau negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 118.597,00 DM, weshalb sich aufgrund der gemeinsamen Veranlagung keine zu zahlende Einkommensteuer ergab.
Mit Bescheid vom 14.08.1998 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Alg erneut mit der Begründung ab, es ergebe sich nach Abzug der Versicherungen in Höhe von jährlich 28.763,76 DM ein anzu- nicht abzuziehen, da keine entrichtet worden sei. Das jährliche Einkommen ergebe, geteilt durch 52 Jahreswochen, einen wöchentlichen Nebenverdienst von 806,56 DM. Nach Abzug des Freibetrages von 30,00 DM pro Woche und Anrechnung der Hälfte des verbleibenden Nebenverdienstes auf den zustehenden Leistungssatz von 632,40 DM überstiegen der Nebenverdienst und die verbleibende Leistung 80 v.H. des für den Leistungssatz maßgebenden Arbeitsentgelts, weshalb insoweit ein Nebenverdienst in voller Höhe anzurechnen sei. Insgesamt übersteige das sich sodann ergebende anzurechnende Einkommen den Leistungssatz.
Mit seinem Widerspruch wiederholte der Kläger sein bisheriges Vorbringen. Hilfsweise trug er noch vor, die Beklagte habe es versäumt, eine wöchentliche bzw. monatliche Berechnung vorzunehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.1999 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Aufwendungen für die Versicherungen betrügen richtigerweise 25.366,96 DM statt 28.763,76 DM, da es sich bei dem Beitrag für die Hftpflichtversicherung von 308,80 DM um einen Jahres- und nicht um einen Monatsbeitrag handele. Das sich nunmehr ergebende anzurechnende Einkommen von 45.422,04 DM, wöchentlich 873,89 DM, übersteige ebenfalls den Leistungssatz. Eine nach Wochen aufgeschlüsselte Einnahmen-Überschussrechnung sei dem Kläger offensichtlich nicht möglich, weshalb die Berechnung entsprechend dem Einkommenssteuerbescheid habe vorgenommen werden müssen. Über den Antrag auf Erstattung der Beiträge erhalte er noch gesondert Bescheid.
Das SG hat die hiergegen erhobene Klage S 2 AL 234/99 mit Urteil vom 14.03.2000 abgewiesen. Ob die Vorausetzungen der Arbeitslosigkeit bzw. Kurzzeitigkeit der selbständigen Tätigkeit erfüllt seien, erscheine zweifelhaft, insbesondere, da von 1995 auf 1996 die Einkünfte hätten verdoppelt werden können. Jedoch könne dies offen bleiben, nachdem auf jeden Fall ein Anspruch wegen Anrechnung von Nebeneinkommen entfalle. Bei Selbständigen sei das Einkommen gegebenenfalls zu schätzen, wenn, wie beim Kläger, nur der Jahresgewinn festgestellt werde. Entsprechend dem steuerlichen Jahresprinzip könne der Schätzung nur dieser Jahresgewinn zugrunde gelegt werden. Die berücksichtigungsfähigen Abzüge ergäben sich aus § 115 Abs.1 AFG. Einkommensteuer sei beim Kläger weder 1995 noch 1996 angefallen. Die Beklagte habe höhere Versicherungsbeiträge zugrunde gelegt, als im Einkommensteuerbescheid 1995 ausgewiesen seien, Der Kläger habe auch keinerlei detaillierte Nachweise zu höheren berücksichtigungsfähigen Absetzungsbeträgen vorgelegt. § 115 Abs.2 AFG sei nicht anwendbar, da der Kläger die Tätigkeit in seiner Rechtsanwaltskanzlei neben einer Vollzeitbeschäftigung als Geschäftsführer verrichtet habe. Die Regelung des § 115 AFG sei nicht deswegen verfassungswidrig, weil sie bei der hier vorliegenden Konstellation im Ergebnis dazu geführt habe, dass der aus der langjährigen Geschäftsführertätigkeit erworbene Anspruch wegen der Anrechnung von Nebeneinkommen nicht realisiert werden könne. Dieses Ergebnis sei die Folge der persönlichen Entscheidung des Klägers; im Falle einer nicht erfolgreichen Fortführung der Kanzlei hätte der Versicherungsschutz voll gegriffen. Der Gesetzgeber sei bei der Ausgestaltung sozialversicherungsrechtlicher Systeme von Verfassungs wegen nicht gehalten, Geldleistungen der Höhe nach in voller Äquivalenz zu den Beiträgen festzusetzen.
Zur Begründung seiner Berufung wiederholt der Kläger sein bisheriges Vorbringen.
Er beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 14.03.2000 und des Bescheides vom 14.08.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.1999 zu verurteilen, ihm ab 01.01.1995 Alg zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger habe nur wegen der Anrechnung des Einkommens aus der selbständigen Nebentätigkeit keinen Anspruch auf Alg, jedoch wäre der Versicherungsschutz eingetreten, wenn er die Nebentätigkeit aufgegeben oder das erzielte Nebeneinkommen sich drastisch reduziert hätte. Sein Vortrag zur Einkommensanrechnung sei aus mehrfachen Gründen zurückzuweisen. Zum einen habe er sich in dem Vergleich vom 18.09.1997 verpflichtet, die für die Neuberechnung des Anrechnungsbetrages erforderlichen Angaben unverzüglich zu machen, zum anderen habe er bereits zum 29.12. 1994 seine Beitragszahlungen an die Krankenkasse usw. aufgelistet.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf Alg hat.
Der Kläger hat in dem nach § 112 Abs.2 Satz 1 AFG in der Fassung des Gesetzes vom 21.12.1993 (BGBl.I S.2353) maßgebenden Bemessungszeitraum der letzten sechs Monate seiner die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung ein Monatsgehalt von jeweils 6.577,00 DM bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden in der Woche erzielt. Hieraus errechnet sich ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 1.517,76 DM, gerundet von 1.520,00 DM. Nach der maßgebenden AFG-Leistungsverordnung 1995 der Steuerklasse III und hieraus resultierender Leistungsgruppe C ein erhöhter wöchentlicher Leistungssatz von 632,40 DM.
Gemäß § 115 Abs.1 Satz 1 AFG mindert sich das Alg um die Hälfte des um die Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und Werbungskosten verminderten Einkommens aus der kurzzeitig ausgeübten selbständigen Tätigkeit, soweit es 30,00 DM übersteigt. Der Kläger hat 1995 ein wöchentliches Nettoeinkommen von 873,79 DM erzielt. Dies ergibt sich aus den in dem Steuerbescheid für dieses Jahr ausgewiesenen Einkünften von 70.809,00 DM abzüglich der vom Kläger selbst angegebenen Ver- sicherungsbeiträge, nämlich den Aufwendungen für die Krankenkasse in Höhe von DM 464,28 DM, für die Rechtsanwaltsversorgung in Höhe von monatlich 1.459,20 DM, für die Tagegeldversicherung in Höhe von monatlich 164,70 DM und die Haftpflichtversicherung in Höhe von jährlich 308,80 DM. Da laut Steuerbescheid Einkommensteuer nicht zu zahlen war, ist eine solche nicht abzuziehen. Somit ergibt sich insoweit ein Anrechnungsbetrag von 421,95 DM.
Gemäß § 115 Abs.1 Satz 2 wird das Nettoarbeitsentgelt voll berücksichtigt, soweit es zusammen mit dem nach Satz 1 verbleibenden Alg 80 v.H. des für das Alg nach § 111 maßgebenden Arbeitsentgelts übersteigt. 80 v.H. des für das Alg nach § 111 maßgebenden Arbeitsentgelts sind hier 755,10 DM (632,40 x 80: 67); dem ist das nach § 115 Abs.1 Satz 1 AFG verbleibende Alg von 210,45 DM einschließlich des Nettoeinkommens von 873,79 DM (insgesamt 1.084,34 DM) gegenüberzustellen, so dass sich ein weiterer Anrechnungsbetrag von 329,24 DM ergibt, der zusammen mit dem sich aus Satz 1 ergebenden Anrechnungsbetrag von 421,95 DM den Leistungssatz von 632,40 DM übersteigt, so dass sich ein Anspruch auf Alg nicht ergibt. Gleiches gilt für die Jahre 1996 und 1997, da der Kläger in diesen Jahren Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 155.487,00 DM bzw. 131.374,00 DM erzielt hat, wobei ebenfalls keine Einkommensteuer entrichtet wurde. Für die Zeit ab 01.01.1997 errechnet sich auch unter Berücksichtigung von § 434c Abs.1 Satz 1 SGB III, eingefügt durch das Gesetz vom 21.12.2000 (BGBl.I S.1971), kein Alg, da auch bei Erhöhung des Bemessungsentgelts um 10 v.H. der Anrechnungsbetrag den Leistungssatz deutlich übersteigt. Für das Jahr 1998 hat der Kläger keinen Einkommensnachweis vorgelegt, so dass eine nach § 141 Abs.1, 3 SGB III vorzunehmende Berechnung nicht möglich ist. Nebeneinkommen in der Größenordnung der Jahre 1996 und 1997 lässt aber auch insoweit einen Anspruch entfallen.
Zwar ist gemäß § 115 Abs.1 Satz 1 AFG dem Leistungssatz jeweils das für die Kalenderwoche erzielte Einkommen gegenüberzustellen. Jedoch hat der Kläger keine Unterlagen vorgelegt, aus denen die jeweiligen wöchentlichen Einkünfte und die mit ihnen korrespondierenden Werbungskosten usw. ersichtlich wären, weshalb es nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte von dem im Steuerbescheid ausgewiesenen Jahreseinkommen ausgegangen ist und dieses durch die 52 Jahreswochen geteilt hat. Zu dieser Schätzung der wöchentlichen Einkünfte war sie berechtigt, da eine sachnähere Berechnungsmethode nicht ersichtlich ist (vgl. BSG SozR 4100 § 115 Nr.2).
Die Regelung der §§ 115 AFG, 141 SGB III, die im vorliegenden Fall einen Anspruch des Klägers ausschließt, ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar ist der Anspruch auf Alg durch Art.14 Grundgesetz (GG) geschützt, steht aber damit unter dem Gesetzesvorbehalt des Art.14 Abs.1 Satz 2 GG. Das Alg ist eine Lohnersatzleistung, die anstelle eines zuvor aus einer beitragspflichtigen Beschäftigung erzielten Entgelts den Lebensunterhalt des Versicherten sichern soll. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber für den Fall, dass ein Versicherter aus einer während der Arbeitslosigkeit ausgeübten kurzzeitigen Tätigkeit ein Einkommen erzielt, das für sich genommen eine ausreichende Sicherung der Lebensgrundlage darstellt, einen Anspruch auf eine zusätzliche Lohnersatzleistung verneint. Dies gilt auch angesichts der Tatsache, dass der Kläger Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet hat, ohne in den Genuss einer entsprechenden Versicherungsleistung zu kommen. Zum einen war im Zeitpunkt der Beitragsentrichtung noch nicht sicher, dass der Kläger nach Eintritt der Arbeitslosigkeit ein Einkommen in der Höhe erzielen würde, die einen Anspruch ausschließt. Zum anderen gilt im Bereich der sozialen Sicherung nicht der Grundsatz, dass zu einer Abgabe nur derjenige herangezogen werden kann, der auch Aussicht hat, in den Genuss der damit verbundenen Vorteile zu kommen (BVerfG, SozR 4100 § 168 Nr.12; SozR 3-4100 § 168 Nr.12). Gerade bei der Ordnung von Massenentscheidungen, wie es im Bereich der Sozialversicherung der Fall ist, ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn der Gesetzgeber eine generalisierende und typisierende Regelung trifft und insoweit an eine Beitragsentrichtung nicht in jedem Fall einen Leistungsanspruch knüpft (BVerfG a.a.O.).
Gemäß §§ 125 Abs.2 AFG, 147 Abs.2 SGB III ist der zum 01.01. 1995 entstandene Anspruch auf Alg nach dem 31.12.1998 erloschen. Auch diese Regelung ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Gesetzgeber ist insoweit berechtigt, einen erworbenen Anspruch auf Alg nur für den begrenzten Zeitraum von vier Jahren aufrecht zu erhalten und ansonsten den Erwerb einer neuen Anwartschaft zu fordern. Es handelt sich insoweit um die Eingrenzung des versicherten Risikos. Im Übrigen kommt im Falle des Klägers die Rechtswirkung der §§ 125 Abs.2 AFG, 147 Abs.2 SGB III solange nicht zum Tragen, als er wegen der Höhe des erzielten Einkommens ohnehin, also auch ab 01.01.1999, keinen Anspruch auf Alg hätte.
Aus den dargelegten Gründen kann auch dahinstehen, ob das vom Kläger ab 01.01.1995 erzielte Einkommen tatsächlich aus einer kurzzeitigen Tätigkeit im Sinne des § 101 Abs.1 Satz 2 AFG, § 118 Abs.2 und 3 SGB III resultiert, weshalb insoweit der Sachverhalt nicht aufzuklären war.
Nicht Streitgegenstand war eine Erstattung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Insoweit hat die Beklagte einer rechtsbehelfsfähigen Entscheidung zugesagt.
Somit war die Berufung gegen das zutreffende Urteil des SG vom 14.03.2000 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) ab 01.01.1995 streitig.
Der 1946 geborene Kläger war vom 16.05.1978 bis 31.12.1994 als Geschäftsführer eines Verbandes, und zwar des G. Glas-, Metall- und Schmuckwaren e.V., beschäftigt. In den letzten sechs Monaten erzielte er ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 6.577,00 DM, im Juli 1994 erhielt er zusätzlich ein Urlaubsgeld und im November 1994 ein 13. Monatsgehalt. Neben seiner beitagspflichtigen Beschäftigung betrieb der Kläger seit 1978 eine Rechtsanwaltskanzlei.
Am 29.12.1994 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Alg. In der von ihm vorgelegten Lohnsteuerkarte ist die Lohnsteuerklasse III eingetragen. Er gab an, für die weiterhin geführte Rechtsanwaltskanzlei 15 Arbeitsstunden in der Woche aufzuwenden. 1993 habe lt. Steuerbescheid der Gewinn aus seiner selbständigen Tätigkeit 68.794,00 DM betragen. Für seine Krankenversicherung wende er monatlich 464,28 DM, für die Rechtsanwaltsversorgung monatlich 1.459,20 DM, als Beitrag zur Haftpflichtversicherung - jährlich - 308,80 DM und für eine Tagegeldversicherung monatlich 164,70 DM auf.
Die Beklagte errechnete nach anteiligem Abzug der Versicherungsbeiträge und der gezahlten Steuern ein jährliches Nettoeinkommen von 48.229,66 DM und hieraus -: 52- ein wöchentliches von 927,49 DM.
Mit Bescheid vom 03.02.1995 lehnte sie den Antrag auf Alg mit mit der Begründung ab, nach Abzug des Freibetrages in Höhe von wöchentlich DM 30,00 und der Anrechnung der Hälfte des verbleibenden Nettoeinkommens auf die Leistung überstiegen das Neben- Leistungssatz maßgebenden Arbeitsentgeltes, weshalb das Nebeneinkommen insoweit in voller Höhe auf den Leistungssatz anzurechnen sei; das anzurechnende Einkommen übersteige den Tabellenleistungssatz, so dass sich kein Zahlbetrag ergebe.
In seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, Durchschnittsberechnungen der letzten Jahre könnten nicht in Ansatz gebracht werden, da bekanntermaßen bei einer freiberuflichen Tätigkeit Einkommen nicht regelmäßig zufließe bzw. auch nicht garantiert sei. § 115 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) stelle sich auch insoweit als verfassungswidrig dar, als er nahezu 17 Jahre die berufliche Tätigkeit und die die Beitragspflicht begründende Beschäftigung nebeneinander ausgeübt habe und hinsichtlich einer Beschäftigung im Angestelltenverhältnis heute noch dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehe. Falls es aber rechtens sein solle, dass bei der Konstellation, wie sie bei ihm die letzten Jahre vorgeherrscht habe, im Vorhinein schon bekannt sei, dass kein Anspruch auf Alg bestehe, so dürfe auf der anderen Seite kein Beitrag zur Arbeitslosenversicherung verlangt werden. Um in den Genuss von Alg zu kommen, müsste er seine freiberufliche Tätigkeit, d.h. seine seit 17 Jahren aufgebaute Kanzlei, aufgeben und die dort vorhandenen Arbeitsverhältnisse lösen. Dies würde einen Eingriff in die Eigentumsrechte bedeuten. Gleichermaßen stelle sich § 125 AFG als verfassungswidrig dar, da bekanntermaßen in der freien Wirtschaft eine Garantie von zukünftigen, stabilen Einkommen nicht gegeben sei. Sollten aufgrund einer Änderung die Einnahmen aus der freiberuflichen Tätigkeit zur Bestreitung des Lebensbedarfs nicht ausreichen, so würde der Anspruch auf Alg trotz 17-jähriger beitragspflichtiger Tätigkeit nach vier Jahren erlöschen. Vorsorglich werde die Rückzahlung der ab 16.05.1978 gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung beantragt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.09.1995 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Höhe des Alg würde im vorliegenden Fall bei einem gerundeten Bemessungsentgelt von Leistungssatz von 67 v.H. 632,40 DM betragen. Aus dem wöchentlichen Einkommen von 927,49 DM errechne sich gemäß § 115 Abs.1 Sätze 1 und 2 AFG ein Anrechnungsbetrag von 805,79 DM, der den Leistungssatz übersteige. Die Anrechnung habe nach dem Einkommen des Jahres 1993 erfolgen dürfen, da ein neueres Einkommen nicht nachgewiesen worden und auch nicht zu erwarten sei, dass das Einkommen im Jahre 1995 geringer ausfalle.
Das Sozialgericht Augsburg (SG) wies die Klage (S 14 Al 531/95) mit Urteil vom 15.12.1995 ab und hielt die verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der §§ 115, 125 AFG für nicht begründet. In dem Berufungsverfahren L 9 AL 81/96 schlossen die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 18.09.1997 einen Vergleich, mit dem sich die Beklagte bereit erklärte, auf der Grundlage der maßgeblichen Wocheneinkünfte für die Zeit ab 01.01.1995 den Antrag des Klägers vom 29.12.1994 erneut rechtsbehelfsfähig zu verbescheiden, und sich der Kläger verpflichtete, die hierzu erforderlichen Angaben (Betriebseinnahmen, Betriebsausgaben, sonstige Abzugsbeträge nach § 115 AFG) unverzüglich zu machen.
Nachdem der Kläger der Aufforderung der Beklagten mit Schreiben vom 23.10.1997, zum Vollzug des Vergleiches weitere Unterlagen, nämlich den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1995, vorzulegen, nicht nachgekommen war, versagte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 10.07.1998 die Bewilligung der beantragten Leistung wegen fehlender Mitwirkung. Der Kläger übersandte sodann den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1995, der bei ihm Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit von 70.809,00 DM aufwies, bei seiner Ehefrau negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 118.597,00 DM, weshalb sich aufgrund der gemeinsamen Veranlagung keine zu zahlende Einkommensteuer ergab.
Mit Bescheid vom 14.08.1998 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Alg erneut mit der Begründung ab, es ergebe sich nach Abzug der Versicherungen in Höhe von jährlich 28.763,76 DM ein anzu- nicht abzuziehen, da keine entrichtet worden sei. Das jährliche Einkommen ergebe, geteilt durch 52 Jahreswochen, einen wöchentlichen Nebenverdienst von 806,56 DM. Nach Abzug des Freibetrages von 30,00 DM pro Woche und Anrechnung der Hälfte des verbleibenden Nebenverdienstes auf den zustehenden Leistungssatz von 632,40 DM überstiegen der Nebenverdienst und die verbleibende Leistung 80 v.H. des für den Leistungssatz maßgebenden Arbeitsentgelts, weshalb insoweit ein Nebenverdienst in voller Höhe anzurechnen sei. Insgesamt übersteige das sich sodann ergebende anzurechnende Einkommen den Leistungssatz.
Mit seinem Widerspruch wiederholte der Kläger sein bisheriges Vorbringen. Hilfsweise trug er noch vor, die Beklagte habe es versäumt, eine wöchentliche bzw. monatliche Berechnung vorzunehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.1999 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Aufwendungen für die Versicherungen betrügen richtigerweise 25.366,96 DM statt 28.763,76 DM, da es sich bei dem Beitrag für die Hftpflichtversicherung von 308,80 DM um einen Jahres- und nicht um einen Monatsbeitrag handele. Das sich nunmehr ergebende anzurechnende Einkommen von 45.422,04 DM, wöchentlich 873,89 DM, übersteige ebenfalls den Leistungssatz. Eine nach Wochen aufgeschlüsselte Einnahmen-Überschussrechnung sei dem Kläger offensichtlich nicht möglich, weshalb die Berechnung entsprechend dem Einkommenssteuerbescheid habe vorgenommen werden müssen. Über den Antrag auf Erstattung der Beiträge erhalte er noch gesondert Bescheid.
Das SG hat die hiergegen erhobene Klage S 2 AL 234/99 mit Urteil vom 14.03.2000 abgewiesen. Ob die Vorausetzungen der Arbeitslosigkeit bzw. Kurzzeitigkeit der selbständigen Tätigkeit erfüllt seien, erscheine zweifelhaft, insbesondere, da von 1995 auf 1996 die Einkünfte hätten verdoppelt werden können. Jedoch könne dies offen bleiben, nachdem auf jeden Fall ein Anspruch wegen Anrechnung von Nebeneinkommen entfalle. Bei Selbständigen sei das Einkommen gegebenenfalls zu schätzen, wenn, wie beim Kläger, nur der Jahresgewinn festgestellt werde. Entsprechend dem steuerlichen Jahresprinzip könne der Schätzung nur dieser Jahresgewinn zugrunde gelegt werden. Die berücksichtigungsfähigen Abzüge ergäben sich aus § 115 Abs.1 AFG. Einkommensteuer sei beim Kläger weder 1995 noch 1996 angefallen. Die Beklagte habe höhere Versicherungsbeiträge zugrunde gelegt, als im Einkommensteuerbescheid 1995 ausgewiesen seien, Der Kläger habe auch keinerlei detaillierte Nachweise zu höheren berücksichtigungsfähigen Absetzungsbeträgen vorgelegt. § 115 Abs.2 AFG sei nicht anwendbar, da der Kläger die Tätigkeit in seiner Rechtsanwaltskanzlei neben einer Vollzeitbeschäftigung als Geschäftsführer verrichtet habe. Die Regelung des § 115 AFG sei nicht deswegen verfassungswidrig, weil sie bei der hier vorliegenden Konstellation im Ergebnis dazu geführt habe, dass der aus der langjährigen Geschäftsführertätigkeit erworbene Anspruch wegen der Anrechnung von Nebeneinkommen nicht realisiert werden könne. Dieses Ergebnis sei die Folge der persönlichen Entscheidung des Klägers; im Falle einer nicht erfolgreichen Fortführung der Kanzlei hätte der Versicherungsschutz voll gegriffen. Der Gesetzgeber sei bei der Ausgestaltung sozialversicherungsrechtlicher Systeme von Verfassungs wegen nicht gehalten, Geldleistungen der Höhe nach in voller Äquivalenz zu den Beiträgen festzusetzen.
Zur Begründung seiner Berufung wiederholt der Kläger sein bisheriges Vorbringen.
Er beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 14.03.2000 und des Bescheides vom 14.08.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.1999 zu verurteilen, ihm ab 01.01.1995 Alg zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger habe nur wegen der Anrechnung des Einkommens aus der selbständigen Nebentätigkeit keinen Anspruch auf Alg, jedoch wäre der Versicherungsschutz eingetreten, wenn er die Nebentätigkeit aufgegeben oder das erzielte Nebeneinkommen sich drastisch reduziert hätte. Sein Vortrag zur Einkommensanrechnung sei aus mehrfachen Gründen zurückzuweisen. Zum einen habe er sich in dem Vergleich vom 18.09.1997 verpflichtet, die für die Neuberechnung des Anrechnungsbetrages erforderlichen Angaben unverzüglich zu machen, zum anderen habe er bereits zum 29.12. 1994 seine Beitragszahlungen an die Krankenkasse usw. aufgelistet.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf Alg hat.
Der Kläger hat in dem nach § 112 Abs.2 Satz 1 AFG in der Fassung des Gesetzes vom 21.12.1993 (BGBl.I S.2353) maßgebenden Bemessungszeitraum der letzten sechs Monate seiner die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung ein Monatsgehalt von jeweils 6.577,00 DM bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden in der Woche erzielt. Hieraus errechnet sich ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 1.517,76 DM, gerundet von 1.520,00 DM. Nach der maßgebenden AFG-Leistungsverordnung 1995 der Steuerklasse III und hieraus resultierender Leistungsgruppe C ein erhöhter wöchentlicher Leistungssatz von 632,40 DM.
Gemäß § 115 Abs.1 Satz 1 AFG mindert sich das Alg um die Hälfte des um die Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und Werbungskosten verminderten Einkommens aus der kurzzeitig ausgeübten selbständigen Tätigkeit, soweit es 30,00 DM übersteigt. Der Kläger hat 1995 ein wöchentliches Nettoeinkommen von 873,79 DM erzielt. Dies ergibt sich aus den in dem Steuerbescheid für dieses Jahr ausgewiesenen Einkünften von 70.809,00 DM abzüglich der vom Kläger selbst angegebenen Ver- sicherungsbeiträge, nämlich den Aufwendungen für die Krankenkasse in Höhe von DM 464,28 DM, für die Rechtsanwaltsversorgung in Höhe von monatlich 1.459,20 DM, für die Tagegeldversicherung in Höhe von monatlich 164,70 DM und die Haftpflichtversicherung in Höhe von jährlich 308,80 DM. Da laut Steuerbescheid Einkommensteuer nicht zu zahlen war, ist eine solche nicht abzuziehen. Somit ergibt sich insoweit ein Anrechnungsbetrag von 421,95 DM.
Gemäß § 115 Abs.1 Satz 2 wird das Nettoarbeitsentgelt voll berücksichtigt, soweit es zusammen mit dem nach Satz 1 verbleibenden Alg 80 v.H. des für das Alg nach § 111 maßgebenden Arbeitsentgelts übersteigt. 80 v.H. des für das Alg nach § 111 maßgebenden Arbeitsentgelts sind hier 755,10 DM (632,40 x 80: 67); dem ist das nach § 115 Abs.1 Satz 1 AFG verbleibende Alg von 210,45 DM einschließlich des Nettoeinkommens von 873,79 DM (insgesamt 1.084,34 DM) gegenüberzustellen, so dass sich ein weiterer Anrechnungsbetrag von 329,24 DM ergibt, der zusammen mit dem sich aus Satz 1 ergebenden Anrechnungsbetrag von 421,95 DM den Leistungssatz von 632,40 DM übersteigt, so dass sich ein Anspruch auf Alg nicht ergibt. Gleiches gilt für die Jahre 1996 und 1997, da der Kläger in diesen Jahren Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 155.487,00 DM bzw. 131.374,00 DM erzielt hat, wobei ebenfalls keine Einkommensteuer entrichtet wurde. Für die Zeit ab 01.01.1997 errechnet sich auch unter Berücksichtigung von § 434c Abs.1 Satz 1 SGB III, eingefügt durch das Gesetz vom 21.12.2000 (BGBl.I S.1971), kein Alg, da auch bei Erhöhung des Bemessungsentgelts um 10 v.H. der Anrechnungsbetrag den Leistungssatz deutlich übersteigt. Für das Jahr 1998 hat der Kläger keinen Einkommensnachweis vorgelegt, so dass eine nach § 141 Abs.1, 3 SGB III vorzunehmende Berechnung nicht möglich ist. Nebeneinkommen in der Größenordnung der Jahre 1996 und 1997 lässt aber auch insoweit einen Anspruch entfallen.
Zwar ist gemäß § 115 Abs.1 Satz 1 AFG dem Leistungssatz jeweils das für die Kalenderwoche erzielte Einkommen gegenüberzustellen. Jedoch hat der Kläger keine Unterlagen vorgelegt, aus denen die jeweiligen wöchentlichen Einkünfte und die mit ihnen korrespondierenden Werbungskosten usw. ersichtlich wären, weshalb es nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte von dem im Steuerbescheid ausgewiesenen Jahreseinkommen ausgegangen ist und dieses durch die 52 Jahreswochen geteilt hat. Zu dieser Schätzung der wöchentlichen Einkünfte war sie berechtigt, da eine sachnähere Berechnungsmethode nicht ersichtlich ist (vgl. BSG SozR 4100 § 115 Nr.2).
Die Regelung der §§ 115 AFG, 141 SGB III, die im vorliegenden Fall einen Anspruch des Klägers ausschließt, ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar ist der Anspruch auf Alg durch Art.14 Grundgesetz (GG) geschützt, steht aber damit unter dem Gesetzesvorbehalt des Art.14 Abs.1 Satz 2 GG. Das Alg ist eine Lohnersatzleistung, die anstelle eines zuvor aus einer beitragspflichtigen Beschäftigung erzielten Entgelts den Lebensunterhalt des Versicherten sichern soll. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber für den Fall, dass ein Versicherter aus einer während der Arbeitslosigkeit ausgeübten kurzzeitigen Tätigkeit ein Einkommen erzielt, das für sich genommen eine ausreichende Sicherung der Lebensgrundlage darstellt, einen Anspruch auf eine zusätzliche Lohnersatzleistung verneint. Dies gilt auch angesichts der Tatsache, dass der Kläger Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet hat, ohne in den Genuss einer entsprechenden Versicherungsleistung zu kommen. Zum einen war im Zeitpunkt der Beitragsentrichtung noch nicht sicher, dass der Kläger nach Eintritt der Arbeitslosigkeit ein Einkommen in der Höhe erzielen würde, die einen Anspruch ausschließt. Zum anderen gilt im Bereich der sozialen Sicherung nicht der Grundsatz, dass zu einer Abgabe nur derjenige herangezogen werden kann, der auch Aussicht hat, in den Genuss der damit verbundenen Vorteile zu kommen (BVerfG, SozR 4100 § 168 Nr.12; SozR 3-4100 § 168 Nr.12). Gerade bei der Ordnung von Massenentscheidungen, wie es im Bereich der Sozialversicherung der Fall ist, ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn der Gesetzgeber eine generalisierende und typisierende Regelung trifft und insoweit an eine Beitragsentrichtung nicht in jedem Fall einen Leistungsanspruch knüpft (BVerfG a.a.O.).
Gemäß §§ 125 Abs.2 AFG, 147 Abs.2 SGB III ist der zum 01.01. 1995 entstandene Anspruch auf Alg nach dem 31.12.1998 erloschen. Auch diese Regelung ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Gesetzgeber ist insoweit berechtigt, einen erworbenen Anspruch auf Alg nur für den begrenzten Zeitraum von vier Jahren aufrecht zu erhalten und ansonsten den Erwerb einer neuen Anwartschaft zu fordern. Es handelt sich insoweit um die Eingrenzung des versicherten Risikos. Im Übrigen kommt im Falle des Klägers die Rechtswirkung der §§ 125 Abs.2 AFG, 147 Abs.2 SGB III solange nicht zum Tragen, als er wegen der Höhe des erzielten Einkommens ohnehin, also auch ab 01.01.1999, keinen Anspruch auf Alg hätte.
Aus den dargelegten Gründen kann auch dahinstehen, ob das vom Kläger ab 01.01.1995 erzielte Einkommen tatsächlich aus einer kurzzeitigen Tätigkeit im Sinne des § 101 Abs.1 Satz 2 AFG, § 118 Abs.2 und 3 SGB III resultiert, weshalb insoweit der Sachverhalt nicht aufzuklären war.
Nicht Streitgegenstand war eine Erstattung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Insoweit hat die Beklagte einer rechtsbehelfsfähigen Entscheidung zugesagt.
Somit war die Berufung gegen das zutreffende Urteil des SG vom 14.03.2000 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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