L 11 AL 249/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AL 83/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AL 249/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 19.05.1998 und der Bescheid der Beklagten vom 13.10.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.12.1997 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 1.505,08 Euro zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der erstattungsfähigen Kosten eines Widerspruchsverfahrens streitig.

Die Klägerin ist eine juristische Person mit Sitz in der Tschechischen Republik. Sie schloss am 11.03.1997 mit Dr.K. B. und F. R. einen Werklieferungsvertrag. Danach sollte die Klägerin ein schlüsselfertiges Bettenhaus zur Betriebserweiterung eines Gaststätten- und Pensionsbetriebes in R. , liefern und aufbauen. Es war ein Festpreis von 2.496.000,00 DM vereinbart. Die Klägerin verpflichtete sich, eigenes qualifiziertes Personal einzusetzen, das nach eigener Disposition und auf eigene Kosten auf die Baustelle gebracht und ggf von der Baustelle abgeholt werden sollte. Sie verpflichtete sich ferner, vor Beginn der Arbeiten beim zuständigen Arbeitsamt (AA) die Genehmigung für die Bauarbeiten ihrer Arbeiter zu beantragen (Pkt.7.5 des Vertrages). Die Gültigkeit des Vertrages wurde von der Erteilung der entsprechenden Arbeitsgenehmigungen für die tschechischen Arbeitnehmer der Klägerin abhängig gemacht (Pkt.1.3 des Vertrages).

Die Klägerin wandte sich wegen der Arbeitsgenehmigungen an das AA Lüneburg. Dabei versicherte sie, dass bei der Beschäftigung aller auf der Baustelle eingesetzten Arbeitnehmer die in § 1 Arbeitnehmer-Entsendegesetz vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen eingehalten werden würden.

Mit Bescheid vom 21.05.1997 führte das AA Lüneburg aus, dass das geplante Bauvorhaben im Rahmen seiner Zuständigkeit nicht genehmigungsfähig iS des § 4 Abs 1a der Anwerbestoppausnahme-Verordung (ASAV) sei. Denn bei dem geplanten Bettenhaus handele es sich nicht um ein Ausbau- oder Fertighaus iS der genannten Vorschrift. Ob der Antrag im Rahmen der Kontingentregelung genehmigungsfähig sei, entscheide das AA Deggendorf.

In der Akte der Beklagten ist eine Telefax-Vorlage des AA Deggendorf an die Klägerin enthalten, in der ausgeführt wird, dass das geplante Bauvorhaben nicht als Werkvertrag genehmigt werden könne, da R. im gesperrten AA-Bezirk Cottbus liege.

Gegen den Bescheid vom 21.05.1997 erhob die Klägerin Widerspruch. Sie legte dar, dass für das Bauvorhaben in großer Zahl vorgefertigte Elemente verwendet werden würden, die auf der Baustelle nur noch miteinander zu verbinden seien.

Nach einer internen technischen Überprüfung des Bauvorhabens kam die Beklagte daraufhin zur Überzeugung, dass es sich bei dem Bauprojekt tatsächlich um den Aufbau eines Fertighauses handelte.

Mit dem Abhilfebescheid vom 29.06.1997 hob sie den Bescheid vom 21.05.1997 auf und erließ eine Kostenentscheidung dem Grunde nach. Danach werden die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Kosten der Klägerin auf Antrag vom AA Lüneburg erstattet. Die Zuziehung des bevollmächtigten Rechtsanwalts wurde als notwendig anerkannt.

Mit Schreiben vom 03.09.1997 beantragte die Klägerin, ihr 10.775,00 DM als Geschäftsgebühr gemäß §§ 119 Abs 1, 118 Abs 1 der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) nach einem Gegenstandswert von 2.496.000,00 DM gemäß § 13 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG) und 40,00 DM Postgebühren gemäß § 26 BRAGO zu erstatten. Eine Umsatzsteuer sei für sie als ausländisches Unternehmen nicht angefallen. Die volle Geschäftsgebühr sei unter Berücksichtigung der Schwierigkeit der Sache angemessen.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid des AA Lüneburg vom 13.10.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.12.1997 wurde der Klägerin lediglich eine Kostenerstattung in Höhe von 910,00 DM (Rahmengebühr von 870,00 DM gemäß § 116 Abs 1 BRAGO und Pauschalersatz für Postgebühren in Höhe von 40,00 DM gemäß § 26 BRAGO) gewährt. Nach § 116 Abs 1 BRAGO erhalte ein Rechtsanwalt im Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit grundsätzlich nur eine Rahmengebühr. An dieser Regelung hätten sich auch die Gebühren für ein Vorverfahren zu orientieren. Diese Gebühren seien jedoch geringer, sie seien auf 2/3 der im gerichtlichen Verfahren anfallenden Gebühren zu kürzen. Eine Berechnung der Gebühren nach dem Gegenstandswert komme nur ausnahmsweise in den in § 116 Abs 2 BRAGO vorgesehenen Fällen in Betracht. Ein solcher Fall sei hier nicht gegeben. In Streit habe eine Voranfrage wegen Arbeitserlaubnissen nach § 4 Abs 1a ASAV gestanden. Die Klägerin sei damit nicht in Wahrnehmung typischer, von § 116 Abs 2 Nr 3 BRAGO erfasster Arbeitgeberinteressen tätig geworden, sondern im unternehmerischen Interesse, ausländische Arbeitnehmer im Bundesgebiet einzusetzen.

Das anschließende Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) ist für die Klägerin erfolglos geblieben (Urteil vom 19.05.1998). Das SG ist der Rechtsansicht der Beklagten gefolgt. In dem Vorverfahren habe in erster Linie geklärt werden sollen, ob die Klägerin mit ihren Arbeitnehmern im Rahmen des anvisierten Bauprojekts überhaupt tätig werden könne, ob für ihre Bauarbeiter - außerhalb von kontingentierten Werkverträgen - ausnahmsweise gemäß § 4 Abs 1a ASAV Arbeitserlaubnisse in Frage kommen könnten. Damit seien nicht typische Arbeitgeber- interessen, sondern die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin als Bauunternehmerin verfolgt worden. Die Klägerin habe das Verfahren sozusagen vorsorglich für ihre Arbeitnehmer geführt.

Das Urteil vom 19.05.1998 ist der Klägerin am 01.07.1998 zugestellt worden. Dagegen hat sie am 30.07.1998 Berufung eingelegt.

Die Klägerin trägt vor: Gegenstand des streitrelevanten Vorverfahrens sei die Genehmigungsfähigkeit eines Werklieferungsvertrages gewesen. Das Verfahren habe sich zunächst nach der bilateralen Regierungsvereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik vom 23.04.1991 gerichtet. Danach seien antragsberechtigt ausschließlich die tschechischen Arbeitgeber, nicht die Arbeitnehmer. Streitpunkt sei die rechtliche Frage gewesen, ob es sich um einen Werklieferungsvertrag handelte, der die schlüsselfertige Errichtung eines Fertighauses zum Gegenstand gehabt habe.

Die Klägerin hat zunächst auch im Berufungsverfahren begehrt, die Rechtsanwaltsgebühren nach einem Gegenstandswert von 2.496.000,00 DM, dem Preis der Werklieferung, zu bestimmen. Davon ist sie abgegangen. Sie begehrt nun einen Gegenstandswert in Höhe des für ein derartiges Geschäft zu schätzenden Gewinns zu Grunde zu legen. Den Gewinn schätzt sie mit 9 % des Werk- lieferungspreises.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Urteil des SG Nürnberg vom 19.05.1998 wird aufgehoben.
2. Der Bescheid der Beklagten, erlassen durch das AA Lüneburg, vom 13.10.1997 sowie der Widerspruchsbescheid vom 23.12.1997 werden aufgehoben.
3. Die Beklagte zahlt Rechtsanwaltsgebühren zuzüglich Postpauschale in Höhe von DM 40,00 aus einem Gegenstandswert von DM 224.640,00 (EUR 144.856,60).

Die Beklagte beantragt, die Berufung vom 30.07.1998 gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 19.05.1998 als unbegründet zurückzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird verwiesen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze im anhängigen Verfahren und in dem kostenbegründenden Vorverfahren sowie auf den Kostenantrag der Klägerin und den Bescheid vom 13.10.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.12.1997 und das erstinstanzliche Urteil.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig (§§ 143 ff Sozialgerichtsgesetz -SGG-), insbesondere statthaft (BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 13 S 30).

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten dazu ihr Einverständnis erteilt hatten (§ 153 SGG iVm § 124 Abs 2 SGG).

Die Berufung ist begründet.

Streitgegenstand ist die Kostenfestsetzung nach § 63 Abs 3 Satz 1 und 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung dem Grunde nach getroffen hat, auf Antrag des Begünstigten den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.

Die Beklagte hat im Abhilfebescheid vom 29.06.1997 entschieden, dass sie der Klägerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen ersetzt (§ 63 Abs 1 SGB X). Sie hat auch entschieden, dass die Gebühren und Auslagen des von der Klägerin in diesem Verfahren beauftragten Rechtsanwalts erstattungsfähig sind.

Die Beklagte hat die erstattungsfähigen Kosten der Klägerin auf 910,00 DM begrenzt, wobei die Pauschale über Postgebühren in Höhe von 40,00 DM gemäß § 26 BRAGO zwischen den Beteiligten nicht streitig ist. Streitig ist jedoch die Höhe der Rechtsanwaltsgebühr, soweit sie 870,00 DM übersteigt. Die Klägerin begehrt eine Vollgebühr nach einem Streitwert von DM 224.640,00 dh von 9 % des Gesamtwerts des Werklieferungsvertrages in Höhe von DM 2.496.000,00, für den im kostenbegründenden Vorverfahren Arbeitserlaubnisse streitrelevant waren.

Danach ist primär streitentscheidend, ob § 116 Abs 1 BRAGO oder § 116 Abs 2 Nr 3 BRAGO - wie es die Beklagte begehrt - Anwendung findet.

Nach der letztgenannten Vorschrift werden Rechtsanwaltsgebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn ein Verfahren aufgrund von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gegeben war. Ein solcher Streit ist hier - entgegen der Ansicht der Beklagten und des Erstgerichts - gegeben.

Denn Regelungsgegenstand des vorangegangenen Verfahrens, in dem die Kostengrundentscheidung erging, war eine von der Klägerin begehrte Entscheidung vorab darüber, dass sie für ihre Arbeiter bei der Entsendung nach Deutschland auf die Baustelle in R. mit Arbeitserlaubnissen rechnen könne. Die Beklagte hat sich dementsprechend bei ihrer Entscheidung zwar an § 4 Abs 1a ASAV orientiert, aber keine Entscheidung nach § 4 Abs 1a ASAV getroffen. Es ging nämlich konkret nicht, was allein Regelungsgegenstand des § 4 Abs 1a ASAV war, um konkrete Arbeiterlaubnisse für ausländische Arbeitnehmer, die von ihrer ausländischen Arbeitgeberin nach Deutschland entsandt werden sollten, um ein von ihrer Arbeitgeberin im Ausland hergestelltes Fertig- oder Ausbauhaus in Deutschland zu montieren, sondern um eine pauschale Vorabentscheidung über eine Voraussetzung für derartige Entscheidungen.

Es ging konkret auch nicht um eine Arbeitserlaubnis nach der Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Entsendung tschechoslowakischer Arbeitnehmer aus in der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik ansässigen Unternehmen zur Beschäftigung auf der Grundlage von Werkverträgen vom 12.06.1991 (BGBl II 1991 II, S 820 ff). Darauf hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 21.05.1997 ausdrücklich hingewiesen.

Der Senat vermag deshalb der Argumentation der Beklagten und des Sozialgerichts, es handle sich bei dem Vorverfahren um eine Streitigkeit, die nicht typische Arbeitgeberinteressen betreffe, nicht zu folgen. Die Beklagte ist bei ihren Entscheidungen vom 21.05.1997 und 29.06.1997 offensichtlich davon ausgegangen, dass sie gegenüber der Klägerin vorab regeln könne, ob diese mit Arbeitserlaubnissen für ihre noch zu entsendenden Arbeitnehmer in Ansehung der Ausführung eines Werklieferungsvertrages rechnen könne.

Damit war primär zwischen der Beklagten und der Klägerin ein Streit gegeben, der die Eigenschaft der Klägerin als Arbeitgeberin berührte. Bei der Abgrenzung des Tatbestandes des § 116 Abs 2 Nr 3 BRAGO darf nicht verkannt werden, dass ein Arbeitgeber stets auch ein Unternehmer ist. Denn ein Arbeitgeber beschäftigt vernünftigerweise Arbeitnehmer nur für unternehmerische Zwecke, dh um durch den Einsatz von Arbeitnehmern Gewinne zu erwirtschaften. Es ist also darauf abzustellen, ob neben der Unternehmereigenschaft auch die Eigenschaft des Arbeitgebers bei einem Streit mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts iS des § 116 Abs 2 BRAGO eine charakterisierende Rolle spielt. Das ist hier der Fall. Hätte die Klägerin nicht mit ihren eigenen Arbeitnehmern das Bettenhaus in R. errichten dürfen, wäre der Werklieferungsvertrag hinfällig geworden. Die Klägerin hat nicht fürsorglich für ihre Arbeitnehmer Anträge auf Arbeitserlaubnisse gestellt, sondern eigene typische Arbeitgeberinteressen verfolgt (zur Abgrenzung: BSG SozR 3-1930 § 116 Nr 5).

Die dargelegte Bewertung des Streites von Unternehmern mit der Beklagten als Arbeitgeberstreitigkeiten steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bayer. Landessozialgerichts, das jeweils einen Arbeitgeberstreit angenommen hat, wenn zwischen einem deutschen oder ausländischen Unternehmer und der Beklagten streitig war, ob die ausländischen Arbeitnehmer des deutschen oder ausländischen Arbeitgebers in Deutschland bei bestimmten Beschäftigungen arbeitserlaubnisfrei oder mit Arbeitslaubnissen tätig sein durften (vgl zB Beschlüsse des BayLSG vom 04.11.1998 Az: L 8 B 259/97 AL-ER; vom 27.10.2001, Az: L 10 AL 51/98; vom 03.08.1999, Az: L 11 B 339/98 AL). Auch das Bundessozialgericht hat kürzlich entschieden, dass der Arbeitgeber bei Streitigkeiten um die Arbeitserlaubnispflicht eigene Rechte wahrnimmt (Urteil vom 02.08.2001, Az: B 7 AL 86/00 R, SozR 3-4210 § 9 Nr 2).

Gemäß § 118 BRAGO steht der Klägerin eine volle Gebühr zu. Denn es handelte sich um einen rechtlich schwierigen und für die Klägerin wirtschaftlich bedeutsamen Fall.

Der Senat teilt die Vorstellung der Klägerin über den zugrunde zu legenden Gegenstandswert.

Die Rechtsanwaltsgebühren errechnen sich nach dem Gegenstandswert (§ 7 BRAGO) gemäß § 11 BRAGO.

Wenn der Gegenstandswert sich nicht aus § 8 Abs 1 oder 2 Satz 1 BRAGO bestimmt, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 8 Abs 2 Satz 2 BRAGO).

Billigem Ermessen entspricht es, den Gegenstandswert nach der Bedeutung der Sache für die Klägerin zu bestimmen (vgl § 13 Abs 1 GKG). Bei Ansprüchen vermögensrechtlicher Art ergibt sich diese Bedeutung aus dem wirtschaftlichen Interesse an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen (vgl BSG SozR 3-1930 § 8 Nr 1).

Im Kostengrundverfahren ging es um die Verwirklichung eines Werklieferungsvertrages im Werte von 2.496.000,00 DM. Der wirtschaftliche Wert eines solchen Vertrages und somit der Gegenstandswert eines damit verbundenen Rechtsstreites ergibt sich aus dem wirtschaftlichen Gewinn, den die Betroffene, hier die Klägerin, damit erzielen wollte.

Das wirtschaftliche Interesse, den zu erwartenden Gewinn für die Klägerin, schätzt der Senat auf 9 % des Vertragsvolumens. Die Beklagte hat sich mit Schriftsatz vom 11.02.2002 mit einer derartigen Schätzung des Gewinns einverstanden erklärt. Dabei orientiert sich der Senat an der Richtwertsammlung 1997 für Gewinne der Finanzämter für Bauunternehmen bei Werkverträgen mit Materiallieferung über 1.000.000 DM. Die Richtwertsammlung gibt nach Ansicht des Senats auch für den vorliegenden Fall Anhaltspunkte für eine Gewinnschätzung, obwohl hier der angestrebte wirtschaftliche Erfolg eines ausländischen Bauunternehmens nach billigem Ermessen zu bewerten war.

Der streitrelevante Werklieferungsvertrag des Bauwerkes unterfiel bezüglich der in Deutschland auszuübenden Beschäftigungen, die einen Großteil der Wertschöpfung ausmachten, dem Gesetz über die zwingenden Arbeitsbedingungen der grenzüberschreitenden Dienstleistungen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz -AEntG-) vom 26.02.1996 (BGBl I S 227). Die Klägerin hatte sich gegenüber der Beklagten dementsprechend auch im Hinblick auf das AEntG ausdrücklich verpflichtet, für ihre Arbeiter deutsche Mindestlöhne zu zahlen, so dass angenommen werden kann, dass die Beklagte insoweit mit etwa den gleichen Gewinnen wie deutsche Unternehmen kalkulierte. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass tschechische Baubetriebe mit größerer Effektivität arbeiten als deutsche. Den Vorteilen des niedrigeren Preisniveaus in Tschechien sind die Nachteile des langen Anfahrtweges zu einer Baustelle in Deutschland gegenüberzustellen, so dass insgesamt eine Anlehnung an inländische Erfahrungswerte zur Gewinnbestimmung sinnvoll erscheint.

Aus einem Vertragswert von 2.496.000 DM ergibt sich unter Berücksichtigung eines Gewinnes von 9 % ein Streitwert von 224.640,00 DM. Daraus resultiert eine Gebühr nach § 11 Satz 1 BRAGO von 2.925,00 DM. Unter Berücksichtigung der Postgebühr (40,00 DM) stehen der Klägerin demnach 2.965,00 DM, dh 1.505,08 Euro zu. Im Übrigen hatte sich die Berufung durch konkludente Rücknahme in Form der Antragsbeschränkung erledigt.

Es ist in Ansehung der ursprünglichen Gebührenforderung billig, dass die Beklagte nur ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin dieses Verfahrens trägt (§ 193 SGG).

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben (§ 160 SGG).
Rechtskraft
Aus
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