L 10 AL 256/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AL 802/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 256/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.03.2001 - Az: S 8 AL 802/97 - wird als unzulässig verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) vom 10.05.1997 bis 26.05.1997.

Der Kläger nahm vom 21.10.1993 bis 20.10.1994 an einer Bildungsmaßnahme der Staatl. Berufsfachschule für Masseure und medizinische Bademeister mit dem Maßnahmeziel "Staatl. geprüfter Masseur und medizinischer Bademeister" teil. In der Zeit vom 01.11.1994 bis 31.05.1996 leistete er ein Anerkennungspraktikum. Die staatl. Anerkennung seiner Berufsausbildung hat der Kläger nicht beantragt.

Seit dem 01.06.1996 bezog er Arbeitslosengeld (Alg). Nach Erschöpfung seines Alg-Anspruchs gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 05.11.1996 ab 16.11.1996 Alhi in Höhe von 182,40 DM wöchentlich.

In den Beratungsgesprächen vom 03.04.1997 und 06.05.1997 wurde dem Kläger erläutert, dass ohne staatliche Anerkennung seiner Berufsausbildung keine Vermittlungsmöglichkeit als Masseur für ihn bestünde und er aufgrund seines bisherigen Berufsverlaufs und der Dauer seiner Arbeitslosigkeit auch Helferstellen annehmen müsse. Am 09.05.1997 wurde er nochmals über die Zumutbarkeit von Helferstellen und die Rechtsfolgen bei Wegfall seiner Verfügbarkeit aufgeklärt. Der Kläger erklärte dabei, dass er nicht bereit sei, Helferstellen anzunehmen, verweigerte jedoch die Unterschrift unter ein entsprechend vorbereitetes Schreiben der Beklagten.

Mit Leistungsnachweis/Entgeltbescheinigung vom 14.05.1997 bestätigte die Beklagte, dass die Zahlung von Alhi an den Kläger mit Ablauf des 09.05.1997 eingestellt wurde und er weitere Nachricht erhalte.

Mit Bescheid vom 03.06.1997 stellte die Beklagte wegen Vereitelung einer Arbeitsaufnahme beim Hausordnungsdienst F. den Eintritt einer Sperrzeit beim Kläger vom 10.05.1997 bis 01.08.1997 fest.

In einem weiteren Beratungsgespräch am 27.05.1997 änderte der Kläger seine Auffassung und erklärte, dass er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe.

Mit Bescheid vom 18.06.1997 erklärte die Beklagte daraufhin den Sperrzeitbescheid vom 03.06.1997 für gegenstandslos und hob die Alhi-Bewilligung an den Kläger ab dem 10.05.1997 wegen fehlender Verfügbarkeit gemäß § 103 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) auf.

Mit Bescheid vom 20.06.1997 bewilligte die Beklagte dem Kläger für den 27.05.1997 Alhi, stellte in einem weiteren Bescheid vom 18.06.1997 den Eintritt einer Sperrzeit vom 28.05.1997 bis 19.08.1997 fest und gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 24.06.1997 ab 20.08.1997 erneut Alhi.

Der gegen den Sperrzeitbescheid vom 18.06.1997 am 14.07.1997 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg. (Widerspruchsbescheid vom 02.10.1997).

Dagegen hat der Kläger am 21.10.1997 Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben, die unter dem Az S 15 Al 802/97 erfasst wurde. Am 07.09.1999 hat er den Vorsitzenden der 15.Kammer wegen Befangenheit abgelehnt. Das Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) hielt das Ablehnungsgesuch im Beschluss vom 03.02.2000 für unbegründet. Mit Schreiben vom 25.04.2000, 21.06.2000 und 28.08.2000 hat der Kläger dagegen Verfassungsbeschwerde erhoben.

Mit Schreiben vom 30.06.2000 hat der Kläger gegen den Vorsitzenden der 15.Kammer Strafanzeige erstattet und Strafantrag gestellt. Mit Verfügung vom 04.07.2000 hat sich der Vorsitzende der 15.Kammer daraufhin selbst abgelehnt.

Gegen die erste Vertreterin des Vorsitzenden der 15.Kammer, die Vorsitzende der 13.Kammer, hat der Kläger am 08.11.2000 Strafanzeige erstattet, Strafantrag gestellt und sie am 09.11.2000 ebenfalls wegen Befangenheit abgelehnt. Mit Verfügung vom 13.11.2000 hat sich die Vorsitzende der 13.Kammer daraufhin für befangen erklärt und die Akten dem zweiten Vertreter der 15.Kammer, dem Vorsitzenden der 8.Kammer zugeleitet.

Mit Schreiben vom 26.01.2001 hat der Kläger auch gegen den Vorsitzenden der 8.Kammer Strafanzeige erstattet und Strafantrag gestellt. Am 29.01.2001 hat er den Vorsitzenden der 8.Kammer ebenfalls abgelehnt und mit Schreiben vom 08.02.2000 erneut Verfassungsbeschwerde erhoben.

Im Beschluss vom 14.02.2001 hielt das BayLSG das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden der 8.Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit für unbegründet.

Dagegen hat der Kläger mit Schreiben vom 15.03.2001 erneut Verfassungsbeschwerde erhoben.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 30.03.2001 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Alhi, da er nach § 134 Abs 4 Satz 1, § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AFG der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung stehe, weil er nicht bereit wäre, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Zur subjektiven Verfügbarkeit nach § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AFG habe das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass der Arbeitslose seine Arbeitsbereitschaft weder von Bedingungen abhängig machen, noch sich aufgrund subjektiver Wünsche oder Neigungen auf bestimmte Tätigkeiten beschränken dürfe. Im Übrigen korreliere sein bestandskräftig festgestelltes Bemessungsentgelt von 440 DM wöchentlich mit einer Hilfstätigkeit nach § 10 der Zumutbarkeits-Anordnung der Beklagten. Anlässlich der Beratungsgespräche vom 06.05. und 09.05.1997 sei der Kläger auf die Rechtsfolgen bei Nichtannahme einer Helfertätigkeit hingewiesen worden, habe eine solche jedoch als unzumutbar abgelehnt, ohne dafür gesundheitliche Gründe zu haben. Nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 152 Abs 3 AFG sei die Bewilligung von Alhi an ihn deshalb mit Bescheid vom 18.06.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.10.1997 aufzuheben gewesen. Nach der Rechtsprechung des BSG sei in diesem Zusammenhang unerheblich, ob die Bundesanstalt für den fraglichen Zeitraum überhaupt Vermittlungsvorschläge habe unterbreiten können.

Gegen das ihm am 31.05.2001 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 02.07.2001 (einem Montag, der 30.06.2001 war ein Samstag) beim SG Nürnberg eingelegten Berufung.

Die 8.Kammer des SG Nürnberg sei ein unstatthaftes Ausnahmegericht, das für seinen Rechtsstreit nicht zuständig sei. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18.06.1997 und die folgenden Bescheide seien nicht Gegenstand seines Rechtsstreits mit dem Az S 15 AL 802/97. Die Zustellung des Urteils vom 30.03.2001 erst am 31.05.2001 verstoße gegen § 135 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Im Übrigen habe er dem Arbeitsmarkt immer zur Verfügung gestanden, da er immer erreichbar gewesen wäre und das Arbeitsamt habe täglich aufsuchen können.

Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Vorsitzenden des 10.Senats des BayLSG vom 28.12.2001 hat der Senat - ohne Beteiligung des abgelehnten Richters - im Beschluss vom 10.01.2002 für unbegründet gehalten.

In der mündlichen Verhandlung, zu der der Kläger nicht erschienen ist, hat der Senat darauf hingewiesen, dass Streitgegenstand die Aufhebung der Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 10.05.1997 bis 26.05.1997 sei, die im Wege einer Anfechtungsklage begehrt werde. Da dem Kläger von der Beklagten Alhi in Höhe von 182,40 DM wöchentlich bewilligt worden sei, dürfte der Beschwerdewert des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG von 1.000 DM nicht erreicht werden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des SG und des BayLSG wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (der 30.06.2001 war ein Samstag, so dass der nächstfolgende Werktag der 02.07.2001 war; §§ 64 Abs 3, 151 Abs 1 und 2 SGG) ist unzulässig.

Eine Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1000,00 DM nicht übersteigt (§ 144 Abs Satz 1 Nr 1 SGG).

Der Kläger begehrt mit seiner Klage vom 21.10.1997 den Bescheid vom 18.06.1997 aufzuheben und ihm Alhi ab dem 10.05.1997 weiter zu zahlen. Es handelt sich demnach um eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage iSd § 54 Abs 4 SGG. Die Alhi-Bewilligung an ihn war zunächst ohne Bescheid ab 10.05.1997 eingestellt worden. Mit Bescheid vom 18.06.1997 hob die Beklagte jedoch die Alhi-Gewährung an den Kläger ab dem 10.05.1997 wegen fehlender Verfügbarkeit gemäß § 103 AFG auf, bewilligte ihm anschließend mit Bescheid vom 20.06.1997 wieder ab dem 27.05.1997 Alhi, so dass Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens die Aufhebung der Bewilligung von Alhi an den Kläger für die Zeit vom 10.05.1997 bis 26.05.1997 ist, also für einen Zeitraum von 16 Tagen. Da die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 05.11.1996 Alhi in Höhe von 182,40 DM wöchentlich gewährt hatte, erreicht der Streitwert dieses Berufungsvefahrens nicht den erforderlichen Wert des Beschwerdegegenstandes von 1.000,00 DM.

Das SG hat die Berufung weder im Tenor noch im Tatbestand noch in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 30.03.2000 gemäß § 144 Abs 2 SGG zugelassen. Die bloße Beifügung einer auf die Möglichkeit der Berufung hinweisenden Rechtsmttelbelehrung reicht dafür nicht aus (vgl Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 6.Auflage, § 144 Rdnr 40 mwN aus der obergerichtlichen Rechtsprechung). Nach ständiger Rechtsprechung ersetzt eine fehlerhaft Rechtsmittelbelehrung nicht die positive Entscheidung des Sozialgerichts über die Zulassung (vgl BSG Urteil vom 19.11.1996 - Az: 1 RK 18/95 = NZS 1997 S 388 (390) mwN).

Die Rechtsfolge einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung, die hier gegeben ist, erschöpft sich gemäß § 66 Abs 2 SGG in der Verlängerung der Einlegungsfrist für die Nichtzulassungsbe- schwerde, dh, diese konnte nun statt innerhalb eines Monats (§ 145 SGG) innerhalb eines Jahres eingelegt werden (vgl Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 6.Auflage, § 144 Rdnr 45).

Die Berufung war auch nicht im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde zuzulassen. Denn eine Nichtzulassungsbeschwerde wurde nicht eingelegt. Eine Umdeutung der Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht möglich, da ausdrücklich Berufung eingelegt wurde (Meyer-Ladewig aaO).

Demzufolge war die Berufung des Klägers vom 02.07.2001 gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 30.03.2001 - Az: S 8 AL 802/97 - als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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