L 8 AL 266/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 AL 264/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 266/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.06.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist das Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) in der Zeit vom 29.02. bis 22.05.2000 streitig.

Der 1948 geborene Kläger war zuletzt bis 25.02.1991 als Ausfahrer beschäftigt. Vom 02.05.1991 bis 06.08.1992 war er als Kleintransportunternehmer selbständig tätig. Er bezog ab 11.08. 1992 Arbeitslosengeld (Alg) und ab 16.01.1993 Alhi, unterbrochen durch den Besuch einer kaufmännischen Übungsfirma vom 21.11. bis 15.12.1994 mit Bezug von Unterhaltsgeld (Uhg).

Am 24.08.1999 wurde dem Kläger die Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung mit der Bezeichnung "Berufspraktische Fortbildung (BPF) für Arbeitnehmer aus dem gewerblichen Bereich" in der Zeit vom 13.09.1999 bis 28.07.2000 angeboten; die Bewilligung von Uhg, Übernahme der Lehrgangs- und Fahrtkosten sowie gegebenenfalls Kosten für auswärtige Unterbringung und Verpflegung wurde zugesagt. Mit Bescheid vom 30.09.1999 wurden die Lehrgangsgebühren und Fahrkosten übernommen, mit Bescheid vom 01.10.1999 wurde für die Zeit ab 13.09.1999 Uhg bewilligt. Die Bewilligung der Alhi war mit Wirkung vom 12.09.1999 aufgehoben worden.

Der Kläger nahm zunächst ab 13.09.1999 an der Maßnahme teil, legte dann aber mehrere AU-Bescheinigungen vor, zuletzt durchgehend für die Zeit vom 02.12.1999 bis 28.12.2000. Die Bewilligung des Uhg wurde schließlich mit Bescheid vom 26.01.2000 ab 13.01.2000 aufgehoben unter Hinweis auf den Anspruch auf Krankengeld.

Am 29.02.2000 sprach der Kläger beim Arbeitsamt vor und unterzeichnete einen Antrag auf Förderung der Fortsetzung der Maßnahme ab 29.02.2000; laut Beratungsvermerk wurde zwischen ihm und dem Arbeitsvermittler B. die Fortsetzung der Maßnahme vereinbart. Der Kläger nahm in der Folgezeit jedoch nicht an der Maßnahme teil, sondern machte bei einer weiteren Vorsprache am 02.03.2000 beim Arbeitsamt Probleme nach einer Zahnbehandlung geltend; nach dem entsprechenden Aktenvermerk wurde er darüber belehrt, dass Freistellungen für Behördengänge und Hausbesuche ausschließlich vom Lehrgangsträger zu genehmigen seien und er sich umgehend dort melden solle. Nachdem der Kläger auch in den folgenden Tagen an dem Lehrgang nicht teilgenommen hatte, kündigte der Maßnahmeträger, das Berufsbildungszentrum Augsburg der Lehmbaugruppe (BBZ), den Teilnehmervertrag mit sofortiger Wirkung. Eine ärztliche AU-Bescheinigung oder anderweitige rechtsgültige Entschuldigung habe er nicht vorgelegt. Spätestens seit dem 08.03.2000 müsse sein Fernbleiben als unentschuldigt bewertet werden.

Mit Bescheid vom 16.03.2000 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 29.02. bis 22.05.2000 fest, weil der Kläger durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass zum Ausschluss aus der Maßnahme gegeben habe. Dagegen legte der Kläger anlässlich einer persönlichen Vorsprache am 20.03.2000 Widerspruch ein und gab an, nach Beendigung seiner AU am 29.02.2000 nicht in der Maßnahme erschienen zu sein, weil er Arbeit gesucht habe; er habe sich bei 15 Firmen vorgestellt und habe bei drei Firmen Aussicht auf Arbeit. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 13.04.2000).

Mit seiner zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, sich am 08.03.2000 beim BBZ telefonisch wegen Problemen mit seiner Zahnprothese entschuldigt zu haben; diese Entschuldigung sei nicht weitergeleitet worden. In der mündlichen Verhandlung hat er weiterhin angegeben, wegen der fehlenden Prothese sei ihm die Teilnahme am Unterricht nicht zumutbar gewesen, er habe die Beteiligten davon unterrichtet.

Mit Urteil vom 27.06.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Es habe sich um eine zumutbare Bildungsmaßnahme gehandelt, der Kläger habe sich mit seinem unberechtigten Fernbleiben seit dem 29.02.2000 maßnahmewidrig verhalten. Nach der beim Maßnahmeträger geltenden Anwesenheitsregelung habe er sich zeitgerecht entschuldigen und bei geltend gemachter Krankheit am dritten Tag eine AU-Bescheinigung vorlegen müssen. Einen objektiven Grund für sein Nichterscheinen nach dem 29.02. habe der Kläger nie nachgewiesen. Dem Gericht habe er entsprechende Ermittlungen verwehrt, nachdem er einer Nachfrage beim behandelnden Zahnarzt wegen der geltend gemachten Zahnprobleme nicht zugestimmt habe. Aus einer Abmahnung vom 17.11.1999 sei dem Kläger auch bekannt gewesen, dass er bei einem Verstoß gegen die Nachweispflicht mit der Kündigung habe rechnen müssen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers.

Er beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.06.2000 sowie den Bescheid vom 16.03.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 29.02. bis 22.05. 2000 Arbeitslosenhilfe zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es erscheine fraglich, ob der Kläger seit dem 28.02.2000 tatsächlich bereit gewesen sei, wieder an der Maßnahme teilzunehmen, oder ob sein Verhalten konkludent einen Maßnahmeabbruch darstelle. Soweit ein subjektiver Wille des Klägers, die Maßnahme weiterhin besuchen zu wollen, zu unterstellen sei, so habe er durch sein Verhalten den Ausschluss ab 14.03.2000 bewirkt, so dass in diesem Falle die Sperrzeit ab 15.03. beginne und am 06.06.2000 ende. Ab 23.05.2000 sei dem Kläger Alhi weiterbewilligt worden.

Das Gericht hat am 07.12.2001 die Zeugen B. und L. sowie die Zeugin H. vernommen; bezüglich ihrer Aussagen wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat die Beklagte eine Leistungsbewilligung in dem streitigen Zeitraum wegen Eintritts einer Sperrzeit abgelehnt.

Ein Anspruch auf Uhg bestand in diesem Zeitraum ohnehin nicht, da der Kläger nach Auffhebung der Bewilligung dieser Leistung nicht mehr an der Maßnahme teilgenommen hat. Auch ein Anspruch auf Alhi ist nicht gegeben, da dieser gemäß § 144 Abs.1 Nr.4 SGB III geruht hat. Hierbei kann dahinstehen, ob die Sperrzeit aufgrund des maßnahmewidrigen Verhaltens und eines dadurch bedingten Ausschluss aus der Maßnahme eingetreten ist, da das Verhalten des Klägers jedenfalls als Abbruch der Maßnahme zu werten ist, die in jedem Fall den Eintritt der Sperrzeit ausgelöst hat. Die gleiche Rechtsfolge ergibt sich, wenn man die Weigerung des Klägers, nach Ablauf der AU am 28.02.2000 die Maßnahme fortzusetzen, als Weigerung ansieht, an einer Maßnahme zur beruflichen Weiterbildung im Sinne des § 144 Abs.1 Nr.3 SGB III teilzunehmen.

Der Kläger hatte keinen wichtigen Grund, ab 29.02.2000 nicht an der Maßnahme teilzunehmen. Sein eigener diesbezüglicher Vortrag ist widersprüchlich. So hat er im Widerspruch geltend gemacht, er habe wegen Arbeitssuche an der Maßnahme nicht teilnehmen können, in der Klageschrift hat der demgegenüber vorgetragen, wegen Problemen mit seiner Zahnprothese sei ihm die Teilnahme nicht zumutbar gewesen; im Berufungsverfahren hat er zu der Frage, warum er nach dem 09.03.2000, an dem er angeblich - entsprechende Nachweise fehlen - noch einen Vorstellungstermin gehabt habe, immer noch nicht an der Maßnahme teilgenommen, erklärt, er habe auf eine entsprechende Aufforderung des Maßnahmeträgers gewartet. Sämtliche Gründe sind nicht stichhaltig und können die Nichtteilnahme nicht rechtfertigen.

Vorstellungstermine bei Arbeitgebern könnten allenfalls die Nichtteilnahme für die Tage vom 06. bis 08.03.2000 rechtfertigen. Insoweit hat der Zeuge B. angegeben, dass er aus einem von ihm gefertigten Beratungsvermerk vom 06.03.2000 schließe, dass der Kläger wegen solcher Termine bis 08.03.2000 freigestellt werden wollte, woraufhin er ihn aufgefordert habe, das BBZ hiervon zu unterrichten. Ob Letzteres geschehen ist, kann dahinstehen, denn keinesfalls hatte der Kläger einen wichtigen Grund, später immer noch nicht an der Maßnahme teilzunehmen. Er war vom Maßnahmeträger und von den Zeugen B. und L. zuvor darauf hingewiesen, dass er verpflichtet sei, an der Maßnahme teilzunehmen, und dass im Falle der Weigerung eine Sperrzeit eintrete. Diese Belehrung ist zudem, wie der Kläger selbst einräumt, auch bereits bei einer Informationsveranstaltung vor Beginn der Maßnahme erteilt worden. Weiterhin ist er von der Lehrgangsleiterin, der Zeugin H. , anlässlich eines Telefongespräches am 02.03.2000 aufgefordert worden, beim Maßnahmeträger zu erscheinen oder hinsichtlich der geltend gemachten Probleme mit der Zahnprothese ein ärztliches Attest vorzulegen. Die gleichen Erklärungen erfolgten am 06.03.2000 bei einem weiteren Telefongespräch. Der Hinweis auf die Vorlage eines ärztlichen Attestes war berechtigt, da eine aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen bedingte Nichtteilnahme spätestens am dritten Abwesenheitstag durch ein entsprechendes Attest entsprechend der Anwesenheitsregelung, deren Inhalt dem Kläger bekanntgegeben worden war, nachzuweisen ist. Der Kläger hat auch weder im Klage- noch im Berufungsverfahren einen Arzt benannt, der bestätigen hätte können, dass ihm aus gesundheitlichen Gründen eine Teilnahme an der Maßnahme nicht zumutbar war. Zudem ist sein Vortrag auch insoweit widersprüchlich, wenn er einerseits die Nichtteilnahme an der Maßnahme mit Zahnprothesenproblemen begründet, andererseits geltend macht - ohne dies nachzuweisen -, er habe Vorstellungsgespräche bei Arbeitgebern geführt.

Letztlich kann dahinstehen, ob bereits ab 29.02.2000 oder ab einem späteren Zeitpunkt das Verhalten des Klägers als Maßnahmeabbruch gewertet werden muss; Letzteres ist jedenfalls für die Zeit ab dem 09.03.2000 anzunehmen, da der Kläger selbst für die weitere Nichtteilnahme eine schlüssige Erklärung nicht anbietet, nachdem seine Einlassung, er habe auf eine entsprechende Aufforderung des BBZ gewartet, aufgrund der mehrfach ergangenen Aufforderungen, wie bereits dargestellt, völlig haltlos ist. Eine ab diesem Zeitpunkt eintretende Sperrzeit hätte gegenüber einer früher beginnenden für den Kläger keine rechtlichen Nachteile, da sie über den 22.05.2000 hinausreichen und damit einen Zeitraum erfassen würde, in dem ihm - bestandskräftig - Alhi bewilligt worden ist. Andererseits hat für die Zeit vor dem 14. bzw. 09.03.2000 ein Anspruch auf Alhi schon deshalb nicht bestanden, weil der Kläger diese Leistung bis dahin nicht beantragt hatte. Am 29.02.2000 hatte er vielmehr die Bewilligung von Uhg beantragt, die ihm wegen seiner Nichteinnahme nicht bewilligt wurde. Auch später hat er nicht ausdrücklich Alhi beantragt und sich auch nicht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt. Allenfalls könnte seine Vorsprache am 20.03.2000, anlässlich der er gegen den ergangenen Sperrzeitbescheid Widerspruch einlegte, als Antrag auf Alhi ausgelegt werden, so dass frühestens ab diesem Zeitpunkt ein solcher Anspruch in Betracht kommt. Jedenfalls bedurfte es, nachdem die Bewilligung der Alhi wegen Beginn der Maßnahme ab 13.09.1999 aufgehoben worden war, gemäß § 323 Abs.1 Sätze 1 und 2 SGB III einer erneuten Antragstellung (vgl. Niesel, SGB III, Rdnrn.12, 13 zu § 323).

Für seine Nichtteilnahme hatte der Kläger auch deshalb keinen wichtigen Grund, weil es sich bei dieser Maßnahme um eine zumutbare Maßnahme der Weiterbildung im Sinne des § 87 Abs.1 Nr.1 SGB III gehandelt hat, die dazu gedient hätte, seine beruflichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten festzustellen, zu erhalten, zu erweitern, der technischen Entwicklung anzupassen oder einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen. Maßnahmeinhalt waren laut Maßnahmebogen Unterrichtung in der Arbeitssicherheit, der Betriebswirtschaftslehre, der elektronischen Datenverarbeitung, der betrieblichen Abfallwirtschaft, im Arbeitsrecht, in den Grundlagen des Qualitätsmanagements, in der Arbeits- und Lerntechnik sowie im Bewerbungstraining. Zudem wären Werkprojekte im Holz-, Metall- und Elektrotechnikbereich durchgeführt worden. Angesichts der langen Arbeitslosigkeit seit August 1992 war es dringend notwendig, den Kläger entsprechend zu schulen, um die Chancen einer beruflichen Wiedereingliederung zu erhöhen.

Somit war die Berufung gegen das zutreffende Urteil des SG vom 27.06.2000 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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