Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 Al 353/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AL 27/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 11. November 1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger der Beklagten die für den Zeitraum vom 02.10.1984 bis zum 25.11.1987 gezahlte Arbeitslosenhilfe (Alhi) in Höhe von 16.959,15 DM zu erstatten hat. Die Beklagte hatte die Alhi ohne Leistungsbescheid in Ausführung eines Beschlusses des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 28. September 1984 gezahlt.
Der Kläger bezog seit 02. März 1982 Anschluss-Alhi. Zuletzt wurde ihm Alhi für den Bewilligungsabschnitt vom 01.09.1983 bis zum 31.08.1984 (Bescheid der Beklagten vom 14.10.1983) gewährt. Gleichzeitig bezog der Kläger eine Verletztenrente der Berufsgenossenschaft Druck und Papierverarbeitung (BG), die teilweise als Einkommen auf die Alhi angerechnet wurde.
Mit Bescheiden der Beklagten vom 12. und 16. April 1984 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.05.1984 wurde die Alhi-Bewilligung ab 01.04.1984 aufgehoben. Der Kläger sei ab 01.04.1984 ordentlicher Student an der Universität Frankfurt. Deshalb ruhe sein Alhi-Anspruch gemäß § 118a Arbeitsförderungsgesetz (AFG).
Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 09. Mai 1984 Klage zum Sozialgericht Frankfurt a.M.(Az: S 14 Ar 793/84). Er vertrat die Meinung, dass ihm trotz der Immatrikulation weiterhin Alhi zustehe. Am selben Tag beantragte er beim genannten Sozialgericht eine einstweilige Anordnung zur Weitergewährung der Alhi über den 31. März 1984 (Az: S 14 Ar 483/84 A) hinaus.
Durch Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 28. September 1984 (Az: S 14 Ar 483/84 A) wurde dem Antrag des Klägers dem Grunde nach für die Zeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache stattgegeben, der Höhe nach nur teilweise, da der Kläger neben dem Studium der Arbeitsvermittlung nur noch für eine Teilzeitbeschäftigung zur Verfügung stünde. In dem Beschluss vom 28. September 1984 wurde darauf hingewiesen, dass die ab Zustellung des Beschlusses für die Zukunft zu zahlende Alhi im Falle des Unterliegens des Klägers im Hauptsacheverfahren in gleicher Weise zurückzuerstatten sei, wie dies im Falle anderer mit einem Rechtsmittel anfechtbarer gerichtlicher Entscheidungen der Fall sei. Beispielhaft wurde auf die Fälle in BSGE 27, 102 und BSG SozR § 154 SGG Nr 9 verwiesen.
Die Beklagte zahlte dem Kläger aufgrund des gerichtlichen Beschlusses vom 28. September 1984 Alhi vom 02.10.1984 bis 25.11.1987. Auch die Beklagte hatte in einem Schreiben vom 05.10.1984 zu Beginn ihrer Zahlungen darauf hingewiesen, dass die Auszahlung der Alhi unter dem Vorbehalt der Rückforderung für den Fall des Unterliegens im Hauptsacheverfahren (S 14 Ar 793/84) erfolge. Die Einstellung der Alhi-Zahlung zum 26.11.1987 hatte die Beklagte wegen mangelnder Bedürftigkeit des Klägers vorgenommen. Der anrechenbare Teil seiner zwischenzeitlich erheblich erhöhten Verletztenrente (monatlich 2.246,80 DM) hätte den Anspruch auf Alhi ausgeschlossen.
Das Hauptsacheverfahren um die Alhi für die Zeit nach dem 31.03.1984 (Az: S 14 AR 793/84) wurde mit Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 05. April 1991 entschieden. Die Klage wurde abgewiesen. Der Kläger habe in der Zeit ab 01.04.1984 der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden und deshalb keinen Anspruch auf Alhi. Für die Zeit ab 26.11.1987 könne seine Verfügbarkeit dahinstehen, denn wegen der Höhe seiner Verletztenrente sei er jedenfalls nicht mehr Alhi-bedürftig gewesen.
Unter Bezugnahme auf das Urteil vom 05.04.1991 fordert die Beklagte mit den streitgegenständlichen Bescheiden vom 20.02.1992 und 31.03.1992, beide in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.02.1997, die geleistete Alhi für die Zeit vom 02.10.1984 bis zum 25.11.1987 in Höhe von 16.995,15 DM von dem Kläger zurück. In den Bescheiden wies die Beklagte darauf hin, dass sie von einer Beitreibung der Erstattungsforderung bis zum Abschluss der Klage des Klägers gegen die BG absehen werde. Der Kläger begehrte in dem sozialgerichtlichen Verfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt a.M. bzw dem Hessischen Landessozialgericht (Az: L 3/U 610/93) gegen die BG die Auskehrung einer (Rest)Nachzahlung seiner Verletztenrente in Höhe von 32.991,40 DM, die die BG zur Befriedigung von Erstattungsforderungen u.a. auch der Beklagten einbehalten hatte. Die Beklagte hatte mit Schreiben vom 25. November 1987 an die BG Erstattungen wegen im Zeitraum vom 01.12.1982 bis zum 25.11.1987 geleisteter Alhi von insgesamt 27.695,40 DM aus der erhöhten Verletztenrente des Klägers gefordert. Die Beklagte ist daraufhin zum genannten Verfahren beigeladen worden. Das Verfahren ist mit Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 30.10.1996 abgeschlossen worden. In den Gründen des Urteils wurde festgestellt, dass die Beklagte Alhi zu Unrecht an den Kläger in dem Zeitraum vom 02.10.1984 bis 25.11.1987 gezahlt habe und deshalb keine Erstattung aus der Nachzahlung der Verletztenrente nach § 104 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) verlangen könne. Die BG wurde verurteilt, den von der Beklagten begehrten Nachzahlungsbetrag der Verletztenrente an den Kläger auszukehren.
Nachdem die Beklagte erkannt hatte, dass sie wegen der zu Unrecht für den Zeitraum vom 02.10.1984 bis zum 25.11.1987 geleisteten Alhi von der BG keine Erstattung erlangen konnte, erließ sie den streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid vom 18.02.1997. Sie verlangte nun die Rückzahlung von 16.959,15 DM direkt vom Kläger. Der Kläger habe gewusst, dass es sich bei der ihm aufgrund des gerichtlichen Beschlusses vom 28.09.1984 gewährten Alhi nur um eine verläufige Leistung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren gehandelt habe. Die Rückforderung stützte die Beklagte auf § 50 Abs 2 SGB X.
Die Beklagte versuchte sofort nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 18.02.1997 wegen ihrer Erstattungsforderung einen Zugriff auf den noch nicht ausgezahlten Rest der Verletztengeldnachzahlung des Klägers im Wege eines Verrechnungsersuchens an die BG.
Im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) ist der Kläger erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 11.11.1997). Die Rechtsfolgen der Aufhebung einer nach § 97 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) getroffenen Vollzugsaussetzung seien nicht explizit geregelt. Die Pflicht des Klägers, die zu Unrecht gezahlten Leistungen zu erstatten, folge aus dem allgemeinen Prozessrechtsverhältnis (vgl BSG SozR 1500 § 97 Nr 7 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Dabei sei auf die allgemeinen Grundsätze des Bereicherungsrechts zurückzugreifen, wobei die Herausgabepflicht so zu bewerten sei, wie wenn der Erstattungsanspruch zur Zeit des Empfangs der Leistung rechtshängig geworden sei. Der Kläger könne sich insoweit nicht darauf berufen, dass er nicht mehr bereichert sei. Die Beklagte habe den Kläger mit ihrem Schreiben vom 05.10.1984 auf die Erstattungspflicht hingewiesen. Soweit es ausnahmsweise der Grundsatz von Treue und Glauben gebiete, die Erstattung einer Leistung, die während eines Prozesses zur Befriedigung des notwendigen Lebensbedarfs gewährt wurde, wegen Wegfalls der Bereicherung zu verweigern, sei ein solcher Ausnahmefall vorliegend nicht gegeben. Der Kläger verfüge über eine laufende Verletztenrente, die weit über der Sozialhilfegrenze liege. Es sei ihm zuzumuten, den bis zur Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts vom 30.10.1996 einbehalten gewesenen Nachzahlungsbetrag aus der Verletztenrentenerhöhung, der ihm zwischenzeitlich ausgezahlt worden sei, zur Befriedung der Erstattungsforderung der Beklagten zu verwenden.
Die Erstattungsforderung sei nicht verjährt. Durch die Erstattungsbescheide vom 20.02.1992 und 31.03.1992 sei für den Kläger erkennbar gewesen, dass die Beklagte ihn wegen der geltend gemachten Forderung in Anspruch nehmen wolle, aber die Forderung erst nach Abschluss des Verfahrens vor dem Hessischen Landessozialgericht realisiert werden sollte.
Gegen das dem Kläger am 18.12.1997 in Thailand zugestellte Urteil hat dieser am 27.01.1998 Berufung eingelegt.
Der Kläger trägt sinngemäß vor: Der Erstattungsanspruch sei verjährt. Er sei auch rechtswidrig. § 50 Abs 2 SGB X sei nicht anwendbar, da die Beklagte nicht Kraft eigener Regelungsmacht Alhi geleistet habe. Die Beklagte hätte gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt a.M., aufgrund dessen die streitrelevante Alhi geleistet wurde, vorgehen müssen. Er hätte nur mit der Hauptsache angefochten werden können. Dazu wäre das Sozialgericht Nürnberg nicht zuständig gewesen, da jenes Verfahren bereits in Frankfurt a.M. anhängig gewesen sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 11.11.1997 und die Bescheide der Beklagten vom 20.02.1992 und 31.03.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.1997 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 11.11.1997 - S 5 AL 353/97 - zurückzuweisen.
Das SG habe zutreffend entschieden, dass der Kläger zur Erstattung der zu Unrecht gezahlten Alhi verpflichtet sei.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakte des SG und der Akte der Beklagten, insbesondere auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Tatbestände der angegriffenen Entscheidungen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist die Berufungsfrist wegen der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils außerhalb Deutschlands gewahrt (§ 87 Abs 1 Satz 2 SGG).
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten dazu ihr Einverständnis erklärt hatten (§ 153 Abs 1 SGG iVm § 124 Abs 2 SGG).
Die Berufung ist nicht begründet.
Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Alhi, die die Beklagte in dem Zeitraum vom 02.10.1984 bis zum 25.11.1987 an den Kläger geleistet hat, ist § 50 Abs 2 SGB X. Nach dieser Vorschrift sind Leistungen zu erstatten, soweit sie ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht wurden. Die Zahlung erfolgte auf Grund eines Gerichtsbeschlusses, der keinen Bestand behalten hat. Die Regelungen der §§ 45 und 48 SGB X gelten dabei entsprechend (vgl BSG SozR 3-1300 § 45 Nr 10 mwN, Wiesner in Schroeder-Printzen, SGB X, 3. Auflage, § 50 RdNr 13; Freischmidt in Hauck, SGB X, Stand 01.03.1999, § 50 RdNr 14a).
Mit § 50 Abs 2 SGB X soll der grundsätzlich für die Fälle des § 50 Abs 1 SGB durch die Vorschaltung der §§ 45, 48 SGB X gesicherte Standard an Rechtssicherheit und Billigkeit für Leistungsempfänger nach dem SGB auch dann gewahrt werden, wenn kein Verwaltungsakt bei der Auszahlung der zu Unrecht erbrachten Leistung ergangen ist. Nach der Konzeption des § 50 SGB X insgesamt soll grundsätzlich in jedem Fall eine Interessenabwägung zwischen dem Rückforderungsinteresse des Sozialleistungsträgers und dem Interesse des Begünstigten am Verbleib der Sozialleistung stattfinden (Wiesner in Schroeder/Printzen SGB X, 3. Auflage, § 50 RdNr 10).
Von dieser Gesetzessystematik abzuweichen gibt es keine überzeugenden Gründe. Soweit sich das Sozialgericht bei seiner Entscheidung auf ein Urteil des 9/9a Senat des BSG (BSG SozR 1500 Nr 7) beruft, resultiert daraus für den vorliegenden Fall kein anderes Ergebnis. Das BSG hat in der zitierten Entscheidung, dem das Erstgericht gefolgt ist, ausgeführt, dass die Verwaltung die vorläufig aufgrund richterlicher Entscheidung nach § 97 Abs 2 SGG erbrachten Leistungen, falls die richterliche Entscheidung gegenstandslos geworden ist, grundsätzlich ohne Ermessenentscheidung zurückverlangen könne und grundsätzlich allenfalls zu berücksichtigen sei, ob von der zurückgeforderten Sozialleistung der notwendige Lebensbedarf im Sinne des Bundessozialhilfegesetzes bestritten wurde.
Allerdings ergibt sich bei der entsprechenden Anwendung des § 45 SGB X im Rahmen des § 50 Abs 2 SGB X für den vorliegenden Fall eine Besonderheit aus dem Umstand, dass der streitgegenständliche Widerspruchsbescheid im Jahre 1997 erging. Zu diesem Zeitpunkt war § 45 SGB X für den Bereich der Arbeitsförderung durch § 152 Abs 2 AFG, der mit Wirkung ab 01.01.1984 bis zum 31.12.1997 galt und ab 01.01.1998 wortgleich in § 330 Abs 2 SGB III fortgeführt wird, wesentlich eingeschränkt. Nach § 152 Abs 2 AFG ist ein rechtswidriger Verwaltungsakt, bei dem die Voraussetzungen des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X gegeben sind, nämlich ohne Ermessensausübung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Aus dem Sinnzusammenhang des § 50 SGB X ergibt sich, dass diejenigen Leistungsempfänger, die ohne einen Verwaltungsakt eine Leistung zu Unrecht empfangen haben, nicht schlechter gestellt werden sollen als jene, die mit einem Verwaltungsakt eine Leistung zu Unrecht erlangt haben. Dieser Grundgedanke der Gleichbehandlung bedeutet in seiner Umkehrung jedoch auch, dass die Leistungsempfänger, die ihre Leistungen zu Unrecht ohne Verwaltungsakt empfangen haben, nicht besser gestellt werden sollen als diejenigen, die sie mit einem Verwaltungsakt zu Unrecht erlangt haben. Allerdings sind von § 50 SGB X abweichende Sonderregelungen zu berücksichtigen (vgl Steinwedel in KassKomm, Stand 01.08.2000, § 50 Anm 30 mit Hinweis auf SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 3 (-Honorarrückforderung im Kassenarztrecht)).
Daraus ergibt sich für die Erstattung entsprechender Leistungsfälle nach dem Arbeitsförderungsrecht, dass neben der Vertrauensschutzprüfung nach § 45 Abs 2 Satz 1 und 3 SGB X eine Ermessensentscheidung, falls der Begünstigte sich nicht auf Vertrauen berufen kann, nicht stattfindet (§ 152 Abs 2 AFG).
Der Kläger kann sich im vorliegenden Fall grundsätzlich nicht auf Vertrauen im Sinne des § 45 Abs 2 Satz 1 SGG berufen, denn er ist wegen der im Zeitraum vom 02.10.1984 bis zum 25.11.1987 geleisteten Alhi so zu stellen, als ob er die Rechtswidrigkeit dieser Leistung schon gekannt hätte (st. Rspr. vgl SozR 1300 § 50 Nr 6 S 8; SozR 3-1300 § 45 Nr 10 S 33). Der Kläger wurde auf den Umstand, dass er bei negativem Ausgang des Hauptsacheverfahrens die vorläufige Zahlung der Alhi nicht behalten dürfe, sowohl durch das Sozialgericht Frankfurt wie durch die Beklagte unmissverständlich hingewiesen. Daraus folgt, dass der Kläger die zu Unrecht gezahlte Alhi zu erstatten hat.
Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht daraus, dass im Fall der Erstattung einer "Urteilsleistung" die Prüfung einer "besonderen Härte" für notwendig erachtet wird (vgl dazu Steinwedel in KassKomm, Stand August 2000, § 50 SGB X RdNr 39). Eine solche Prüfung hat die Beklagte im Rahmen der ihr bekannten Lebensumstände des Klägers im Widerspruchsbescheid vom 18.02.1997 durchgeführt. Mit Schreiben vom 24.02.1992 hatte die Beklagte den Kläger aufgefordert, Angaben über solche persönlichen Verhältnisse zu machen, die nach seiner Ansicht der Erstattung der Leistung entgegenstünden. Im Bescheid vom 31.03.1992 wurde mit Hinweis auf die monatliche Verletztenrente von über 2.000,- DM dargetan, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht gegen die Erstattung sprächen. Der Kläger hat darauf nicht reagiert. Die Beklagte war nicht verpflichtet, theoretisch denkbare Umstände, die möglicherweise zu Gunsten des Klägers hätten relevant werden können, gewissermaßen "ins Blaue hinein" zu ermitteln (vgl zu einem in der Interessenlage vergleichbaren Fall BSG SozR 3-1300 § 50 Nr 16 S 44). Aus dem ermittelten Sachverhalt ergaben sich bei der Härteprüfung keine weiteren Gesichtspunkte als die bereits berücksichtigte wirtschaftliche Lage des Klägers. Der Kläger verfügte nach Kenntnis der Beklagten über einen ausreichenden Mindestbedarf in dem streitrelevanten Zeitraum und für die absehbare Zukunft danach durch seine Verletztenrente. Durch die zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides noch nicht ausgekehrte Nachzahlung seiner Verletztenrente war er auch im Stande, die Erstattungsforderung ohne erkennbare Schwierigkeiten zu begleichen. Darauf hat die Beklagte verständlicherweise abgestellt.
Die Erstattungsforderung der Beklagten gegen den Kläger ist auch nicht verjährt. Das Sozialgesetzbuch enthält keine spezielle Verjährungsfrist für die Rückforderung von zu Unrecht wegen einer Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz geleisteten Alhi. Insofern kann grundsätzlich nur die regelmäßige Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuches in Frage kommen (Mrozynski, SGB I, 2. Auflage, § 45 RdNr 8). Für die Rückforderung nach § 50 SGB X beginnt die vierjährige Verjährungsfrist des § 50 Abs 4 SGB erst, nachdem der Erstattungsbescheid unanfechtbar geworden ist (Wiesner in Schroeder/Printzen, SGB X, 3. Auflage, § 50 RdNr 22).
Eine Verwirkung des Rückerstattungsanspruches ist ebenfalls trotz der langen Dauer des Verfahrens nicht gegeben. Denn es war prozessökonomisch sinnvoll, den Prozess des Klägers gegen die BG vor dem Hessischen Landessozialgericht um die Auskehrung der Nachzahlung aus seiner Verletztenrentenerhöhung, dem die Beklagte beigeladen war, abzuwarten. Der Kläger war im Bescheid vom 31.03.1992 durch die Beklagte ausdrücklich auf diese Verfahrensweise hingewiesen worden. Die Beklagte hat auch sonst keine Maßnahmen getroffen oder entsprechende Erklärungen abgegeben, die den Kläger in den Glauben hätten versetzen können, die Beklagte werde die erbrachten Leistungen nicht zurückfordern.
Zusammenfassend ist also festzustellen, dass die Entscheidung des Sozialgerichts im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.
Die Kostenentscheidung ergibt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben (§ 160 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger der Beklagten die für den Zeitraum vom 02.10.1984 bis zum 25.11.1987 gezahlte Arbeitslosenhilfe (Alhi) in Höhe von 16.959,15 DM zu erstatten hat. Die Beklagte hatte die Alhi ohne Leistungsbescheid in Ausführung eines Beschlusses des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 28. September 1984 gezahlt.
Der Kläger bezog seit 02. März 1982 Anschluss-Alhi. Zuletzt wurde ihm Alhi für den Bewilligungsabschnitt vom 01.09.1983 bis zum 31.08.1984 (Bescheid der Beklagten vom 14.10.1983) gewährt. Gleichzeitig bezog der Kläger eine Verletztenrente der Berufsgenossenschaft Druck und Papierverarbeitung (BG), die teilweise als Einkommen auf die Alhi angerechnet wurde.
Mit Bescheiden der Beklagten vom 12. und 16. April 1984 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.05.1984 wurde die Alhi-Bewilligung ab 01.04.1984 aufgehoben. Der Kläger sei ab 01.04.1984 ordentlicher Student an der Universität Frankfurt. Deshalb ruhe sein Alhi-Anspruch gemäß § 118a Arbeitsförderungsgesetz (AFG).
Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 09. Mai 1984 Klage zum Sozialgericht Frankfurt a.M.(Az: S 14 Ar 793/84). Er vertrat die Meinung, dass ihm trotz der Immatrikulation weiterhin Alhi zustehe. Am selben Tag beantragte er beim genannten Sozialgericht eine einstweilige Anordnung zur Weitergewährung der Alhi über den 31. März 1984 (Az: S 14 Ar 483/84 A) hinaus.
Durch Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 28. September 1984 (Az: S 14 Ar 483/84 A) wurde dem Antrag des Klägers dem Grunde nach für die Zeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache stattgegeben, der Höhe nach nur teilweise, da der Kläger neben dem Studium der Arbeitsvermittlung nur noch für eine Teilzeitbeschäftigung zur Verfügung stünde. In dem Beschluss vom 28. September 1984 wurde darauf hingewiesen, dass die ab Zustellung des Beschlusses für die Zukunft zu zahlende Alhi im Falle des Unterliegens des Klägers im Hauptsacheverfahren in gleicher Weise zurückzuerstatten sei, wie dies im Falle anderer mit einem Rechtsmittel anfechtbarer gerichtlicher Entscheidungen der Fall sei. Beispielhaft wurde auf die Fälle in BSGE 27, 102 und BSG SozR § 154 SGG Nr 9 verwiesen.
Die Beklagte zahlte dem Kläger aufgrund des gerichtlichen Beschlusses vom 28. September 1984 Alhi vom 02.10.1984 bis 25.11.1987. Auch die Beklagte hatte in einem Schreiben vom 05.10.1984 zu Beginn ihrer Zahlungen darauf hingewiesen, dass die Auszahlung der Alhi unter dem Vorbehalt der Rückforderung für den Fall des Unterliegens im Hauptsacheverfahren (S 14 Ar 793/84) erfolge. Die Einstellung der Alhi-Zahlung zum 26.11.1987 hatte die Beklagte wegen mangelnder Bedürftigkeit des Klägers vorgenommen. Der anrechenbare Teil seiner zwischenzeitlich erheblich erhöhten Verletztenrente (monatlich 2.246,80 DM) hätte den Anspruch auf Alhi ausgeschlossen.
Das Hauptsacheverfahren um die Alhi für die Zeit nach dem 31.03.1984 (Az: S 14 AR 793/84) wurde mit Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 05. April 1991 entschieden. Die Klage wurde abgewiesen. Der Kläger habe in der Zeit ab 01.04.1984 der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden und deshalb keinen Anspruch auf Alhi. Für die Zeit ab 26.11.1987 könne seine Verfügbarkeit dahinstehen, denn wegen der Höhe seiner Verletztenrente sei er jedenfalls nicht mehr Alhi-bedürftig gewesen.
Unter Bezugnahme auf das Urteil vom 05.04.1991 fordert die Beklagte mit den streitgegenständlichen Bescheiden vom 20.02.1992 und 31.03.1992, beide in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.02.1997, die geleistete Alhi für die Zeit vom 02.10.1984 bis zum 25.11.1987 in Höhe von 16.995,15 DM von dem Kläger zurück. In den Bescheiden wies die Beklagte darauf hin, dass sie von einer Beitreibung der Erstattungsforderung bis zum Abschluss der Klage des Klägers gegen die BG absehen werde. Der Kläger begehrte in dem sozialgerichtlichen Verfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt a.M. bzw dem Hessischen Landessozialgericht (Az: L 3/U 610/93) gegen die BG die Auskehrung einer (Rest)Nachzahlung seiner Verletztenrente in Höhe von 32.991,40 DM, die die BG zur Befriedigung von Erstattungsforderungen u.a. auch der Beklagten einbehalten hatte. Die Beklagte hatte mit Schreiben vom 25. November 1987 an die BG Erstattungen wegen im Zeitraum vom 01.12.1982 bis zum 25.11.1987 geleisteter Alhi von insgesamt 27.695,40 DM aus der erhöhten Verletztenrente des Klägers gefordert. Die Beklagte ist daraufhin zum genannten Verfahren beigeladen worden. Das Verfahren ist mit Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 30.10.1996 abgeschlossen worden. In den Gründen des Urteils wurde festgestellt, dass die Beklagte Alhi zu Unrecht an den Kläger in dem Zeitraum vom 02.10.1984 bis 25.11.1987 gezahlt habe und deshalb keine Erstattung aus der Nachzahlung der Verletztenrente nach § 104 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) verlangen könne. Die BG wurde verurteilt, den von der Beklagten begehrten Nachzahlungsbetrag der Verletztenrente an den Kläger auszukehren.
Nachdem die Beklagte erkannt hatte, dass sie wegen der zu Unrecht für den Zeitraum vom 02.10.1984 bis zum 25.11.1987 geleisteten Alhi von der BG keine Erstattung erlangen konnte, erließ sie den streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid vom 18.02.1997. Sie verlangte nun die Rückzahlung von 16.959,15 DM direkt vom Kläger. Der Kläger habe gewusst, dass es sich bei der ihm aufgrund des gerichtlichen Beschlusses vom 28.09.1984 gewährten Alhi nur um eine verläufige Leistung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren gehandelt habe. Die Rückforderung stützte die Beklagte auf § 50 Abs 2 SGB X.
Die Beklagte versuchte sofort nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 18.02.1997 wegen ihrer Erstattungsforderung einen Zugriff auf den noch nicht ausgezahlten Rest der Verletztengeldnachzahlung des Klägers im Wege eines Verrechnungsersuchens an die BG.
Im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) ist der Kläger erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 11.11.1997). Die Rechtsfolgen der Aufhebung einer nach § 97 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) getroffenen Vollzugsaussetzung seien nicht explizit geregelt. Die Pflicht des Klägers, die zu Unrecht gezahlten Leistungen zu erstatten, folge aus dem allgemeinen Prozessrechtsverhältnis (vgl BSG SozR 1500 § 97 Nr 7 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Dabei sei auf die allgemeinen Grundsätze des Bereicherungsrechts zurückzugreifen, wobei die Herausgabepflicht so zu bewerten sei, wie wenn der Erstattungsanspruch zur Zeit des Empfangs der Leistung rechtshängig geworden sei. Der Kläger könne sich insoweit nicht darauf berufen, dass er nicht mehr bereichert sei. Die Beklagte habe den Kläger mit ihrem Schreiben vom 05.10.1984 auf die Erstattungspflicht hingewiesen. Soweit es ausnahmsweise der Grundsatz von Treue und Glauben gebiete, die Erstattung einer Leistung, die während eines Prozesses zur Befriedigung des notwendigen Lebensbedarfs gewährt wurde, wegen Wegfalls der Bereicherung zu verweigern, sei ein solcher Ausnahmefall vorliegend nicht gegeben. Der Kläger verfüge über eine laufende Verletztenrente, die weit über der Sozialhilfegrenze liege. Es sei ihm zuzumuten, den bis zur Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts vom 30.10.1996 einbehalten gewesenen Nachzahlungsbetrag aus der Verletztenrentenerhöhung, der ihm zwischenzeitlich ausgezahlt worden sei, zur Befriedung der Erstattungsforderung der Beklagten zu verwenden.
Die Erstattungsforderung sei nicht verjährt. Durch die Erstattungsbescheide vom 20.02.1992 und 31.03.1992 sei für den Kläger erkennbar gewesen, dass die Beklagte ihn wegen der geltend gemachten Forderung in Anspruch nehmen wolle, aber die Forderung erst nach Abschluss des Verfahrens vor dem Hessischen Landessozialgericht realisiert werden sollte.
Gegen das dem Kläger am 18.12.1997 in Thailand zugestellte Urteil hat dieser am 27.01.1998 Berufung eingelegt.
Der Kläger trägt sinngemäß vor: Der Erstattungsanspruch sei verjährt. Er sei auch rechtswidrig. § 50 Abs 2 SGB X sei nicht anwendbar, da die Beklagte nicht Kraft eigener Regelungsmacht Alhi geleistet habe. Die Beklagte hätte gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt a.M., aufgrund dessen die streitrelevante Alhi geleistet wurde, vorgehen müssen. Er hätte nur mit der Hauptsache angefochten werden können. Dazu wäre das Sozialgericht Nürnberg nicht zuständig gewesen, da jenes Verfahren bereits in Frankfurt a.M. anhängig gewesen sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 11.11.1997 und die Bescheide der Beklagten vom 20.02.1992 und 31.03.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.1997 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 11.11.1997 - S 5 AL 353/97 - zurückzuweisen.
Das SG habe zutreffend entschieden, dass der Kläger zur Erstattung der zu Unrecht gezahlten Alhi verpflichtet sei.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakte des SG und der Akte der Beklagten, insbesondere auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Tatbestände der angegriffenen Entscheidungen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist die Berufungsfrist wegen der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils außerhalb Deutschlands gewahrt (§ 87 Abs 1 Satz 2 SGG).
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten dazu ihr Einverständnis erklärt hatten (§ 153 Abs 1 SGG iVm § 124 Abs 2 SGG).
Die Berufung ist nicht begründet.
Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Alhi, die die Beklagte in dem Zeitraum vom 02.10.1984 bis zum 25.11.1987 an den Kläger geleistet hat, ist § 50 Abs 2 SGB X. Nach dieser Vorschrift sind Leistungen zu erstatten, soweit sie ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht wurden. Die Zahlung erfolgte auf Grund eines Gerichtsbeschlusses, der keinen Bestand behalten hat. Die Regelungen der §§ 45 und 48 SGB X gelten dabei entsprechend (vgl BSG SozR 3-1300 § 45 Nr 10 mwN, Wiesner in Schroeder-Printzen, SGB X, 3. Auflage, § 50 RdNr 13; Freischmidt in Hauck, SGB X, Stand 01.03.1999, § 50 RdNr 14a).
Mit § 50 Abs 2 SGB X soll der grundsätzlich für die Fälle des § 50 Abs 1 SGB durch die Vorschaltung der §§ 45, 48 SGB X gesicherte Standard an Rechtssicherheit und Billigkeit für Leistungsempfänger nach dem SGB auch dann gewahrt werden, wenn kein Verwaltungsakt bei der Auszahlung der zu Unrecht erbrachten Leistung ergangen ist. Nach der Konzeption des § 50 SGB X insgesamt soll grundsätzlich in jedem Fall eine Interessenabwägung zwischen dem Rückforderungsinteresse des Sozialleistungsträgers und dem Interesse des Begünstigten am Verbleib der Sozialleistung stattfinden (Wiesner in Schroeder/Printzen SGB X, 3. Auflage, § 50 RdNr 10).
Von dieser Gesetzessystematik abzuweichen gibt es keine überzeugenden Gründe. Soweit sich das Sozialgericht bei seiner Entscheidung auf ein Urteil des 9/9a Senat des BSG (BSG SozR 1500 Nr 7) beruft, resultiert daraus für den vorliegenden Fall kein anderes Ergebnis. Das BSG hat in der zitierten Entscheidung, dem das Erstgericht gefolgt ist, ausgeführt, dass die Verwaltung die vorläufig aufgrund richterlicher Entscheidung nach § 97 Abs 2 SGG erbrachten Leistungen, falls die richterliche Entscheidung gegenstandslos geworden ist, grundsätzlich ohne Ermessenentscheidung zurückverlangen könne und grundsätzlich allenfalls zu berücksichtigen sei, ob von der zurückgeforderten Sozialleistung der notwendige Lebensbedarf im Sinne des Bundessozialhilfegesetzes bestritten wurde.
Allerdings ergibt sich bei der entsprechenden Anwendung des § 45 SGB X im Rahmen des § 50 Abs 2 SGB X für den vorliegenden Fall eine Besonderheit aus dem Umstand, dass der streitgegenständliche Widerspruchsbescheid im Jahre 1997 erging. Zu diesem Zeitpunkt war § 45 SGB X für den Bereich der Arbeitsförderung durch § 152 Abs 2 AFG, der mit Wirkung ab 01.01.1984 bis zum 31.12.1997 galt und ab 01.01.1998 wortgleich in § 330 Abs 2 SGB III fortgeführt wird, wesentlich eingeschränkt. Nach § 152 Abs 2 AFG ist ein rechtswidriger Verwaltungsakt, bei dem die Voraussetzungen des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X gegeben sind, nämlich ohne Ermessensausübung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Aus dem Sinnzusammenhang des § 50 SGB X ergibt sich, dass diejenigen Leistungsempfänger, die ohne einen Verwaltungsakt eine Leistung zu Unrecht empfangen haben, nicht schlechter gestellt werden sollen als jene, die mit einem Verwaltungsakt eine Leistung zu Unrecht erlangt haben. Dieser Grundgedanke der Gleichbehandlung bedeutet in seiner Umkehrung jedoch auch, dass die Leistungsempfänger, die ihre Leistungen zu Unrecht ohne Verwaltungsakt empfangen haben, nicht besser gestellt werden sollen als diejenigen, die sie mit einem Verwaltungsakt zu Unrecht erlangt haben. Allerdings sind von § 50 SGB X abweichende Sonderregelungen zu berücksichtigen (vgl Steinwedel in KassKomm, Stand 01.08.2000, § 50 Anm 30 mit Hinweis auf SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 3 (-Honorarrückforderung im Kassenarztrecht)).
Daraus ergibt sich für die Erstattung entsprechender Leistungsfälle nach dem Arbeitsförderungsrecht, dass neben der Vertrauensschutzprüfung nach § 45 Abs 2 Satz 1 und 3 SGB X eine Ermessensentscheidung, falls der Begünstigte sich nicht auf Vertrauen berufen kann, nicht stattfindet (§ 152 Abs 2 AFG).
Der Kläger kann sich im vorliegenden Fall grundsätzlich nicht auf Vertrauen im Sinne des § 45 Abs 2 Satz 1 SGG berufen, denn er ist wegen der im Zeitraum vom 02.10.1984 bis zum 25.11.1987 geleisteten Alhi so zu stellen, als ob er die Rechtswidrigkeit dieser Leistung schon gekannt hätte (st. Rspr. vgl SozR 1300 § 50 Nr 6 S 8; SozR 3-1300 § 45 Nr 10 S 33). Der Kläger wurde auf den Umstand, dass er bei negativem Ausgang des Hauptsacheverfahrens die vorläufige Zahlung der Alhi nicht behalten dürfe, sowohl durch das Sozialgericht Frankfurt wie durch die Beklagte unmissverständlich hingewiesen. Daraus folgt, dass der Kläger die zu Unrecht gezahlte Alhi zu erstatten hat.
Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht daraus, dass im Fall der Erstattung einer "Urteilsleistung" die Prüfung einer "besonderen Härte" für notwendig erachtet wird (vgl dazu Steinwedel in KassKomm, Stand August 2000, § 50 SGB X RdNr 39). Eine solche Prüfung hat die Beklagte im Rahmen der ihr bekannten Lebensumstände des Klägers im Widerspruchsbescheid vom 18.02.1997 durchgeführt. Mit Schreiben vom 24.02.1992 hatte die Beklagte den Kläger aufgefordert, Angaben über solche persönlichen Verhältnisse zu machen, die nach seiner Ansicht der Erstattung der Leistung entgegenstünden. Im Bescheid vom 31.03.1992 wurde mit Hinweis auf die monatliche Verletztenrente von über 2.000,- DM dargetan, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht gegen die Erstattung sprächen. Der Kläger hat darauf nicht reagiert. Die Beklagte war nicht verpflichtet, theoretisch denkbare Umstände, die möglicherweise zu Gunsten des Klägers hätten relevant werden können, gewissermaßen "ins Blaue hinein" zu ermitteln (vgl zu einem in der Interessenlage vergleichbaren Fall BSG SozR 3-1300 § 50 Nr 16 S 44). Aus dem ermittelten Sachverhalt ergaben sich bei der Härteprüfung keine weiteren Gesichtspunkte als die bereits berücksichtigte wirtschaftliche Lage des Klägers. Der Kläger verfügte nach Kenntnis der Beklagten über einen ausreichenden Mindestbedarf in dem streitrelevanten Zeitraum und für die absehbare Zukunft danach durch seine Verletztenrente. Durch die zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides noch nicht ausgekehrte Nachzahlung seiner Verletztenrente war er auch im Stande, die Erstattungsforderung ohne erkennbare Schwierigkeiten zu begleichen. Darauf hat die Beklagte verständlicherweise abgestellt.
Die Erstattungsforderung der Beklagten gegen den Kläger ist auch nicht verjährt. Das Sozialgesetzbuch enthält keine spezielle Verjährungsfrist für die Rückforderung von zu Unrecht wegen einer Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz geleisteten Alhi. Insofern kann grundsätzlich nur die regelmäßige Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuches in Frage kommen (Mrozynski, SGB I, 2. Auflage, § 45 RdNr 8). Für die Rückforderung nach § 50 SGB X beginnt die vierjährige Verjährungsfrist des § 50 Abs 4 SGB erst, nachdem der Erstattungsbescheid unanfechtbar geworden ist (Wiesner in Schroeder/Printzen, SGB X, 3. Auflage, § 50 RdNr 22).
Eine Verwirkung des Rückerstattungsanspruches ist ebenfalls trotz der langen Dauer des Verfahrens nicht gegeben. Denn es war prozessökonomisch sinnvoll, den Prozess des Klägers gegen die BG vor dem Hessischen Landessozialgericht um die Auskehrung der Nachzahlung aus seiner Verletztenrentenerhöhung, dem die Beklagte beigeladen war, abzuwarten. Der Kläger war im Bescheid vom 31.03.1992 durch die Beklagte ausdrücklich auf diese Verfahrensweise hingewiesen worden. Die Beklagte hat auch sonst keine Maßnahmen getroffen oder entsprechende Erklärungen abgegeben, die den Kläger in den Glauben hätten versetzen können, die Beklagte werde die erbrachten Leistungen nicht zurückfordern.
Zusammenfassend ist also festzustellen, dass die Entscheidung des Sozialgerichts im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.
Die Kostenentscheidung ergibt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben (§ 160 SGG).
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