Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AS 273/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 44/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 6. September 2005 und unter Abänderung des Bescheides vom 16. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2006 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. September bis 30. November 2005 die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu zahlen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist nurmehr streitig, ob dem Käger nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.09. bis 30.11.2005 Leistungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe zustehen.
Der 1944 geborene Kläger beantragte am 14.09.2004 Arbeitslosengeld II (Alg II). Seit 1999 hatte er Arbeitslosenhilfe (Alhi) bezogen. Seine 1939 geborene Ehefrau bezieht seit dem 01.08.2004 eine Altersrente von der Landesversicherungsanstalt (LVA) Schwaben in Höhe von 99,18 EUR. Das Ehepaar bewohnt eine Vier-Zimmerwohnung (Gesamtgröße 90 m², Wohnflächenanteil von 80 m²). Die Kaltmiete beträgt 469,00 EUR monatlich, die Warmmiete 550,00 EUR.
Mit Bescheid vom 02.12.2004 in der Gestalt des Bescheides vom 08.12.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2005 monatliche Leistungen in Höhe von 541,11 EUR.
Mit Schreiben vom 07.02.2005 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Kosten für die Unterkunft nicht angemessen seien und dass diese ab 01.07.2005 nicht mehr übernommen würden, sondern nur noch die Kosten für eine angemessene Wohnung mit 60 m² Wohnfläche und einer angemessenen Kaltmiete von 300,00 EUR.
Auf den Antrag vom 03.06.2005 auf die Fortzahlung von Alg II bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 16.06.2005 für die Zeit vom 01.07. bis 30.11.2005 Leistungen von monatlich 519,05 EUR. Dabei wurden die Leistungen für Unterkunft und Heizung mit 208,05 EUR monatlich abgesetzt (Anteil des Klägers).
Mit dem Widerspruch machte der Kläger geltend, er sei mit der Reduzierung von Alg II um ca. 100,00 EUR nicht einverstanden. Es seien weiterhin die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen, da ihm ein Umzug in eine günstigere Wohnung wegen seines Alters und der vielfältigen Investitionen in die Mietwohnung nicht zugemutet werden könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Für zwei Personen sei in der Regel eine Wohnung mit bis zu 60 m² Wohnfläche oder drei Wohnräumen als angemessen anzusehen. Maßgeblich sei jedoch, dass die Hilfebedürftigen ihren notwendigen Bedarf tatsächlich befriedigen könnten, so dass im Einzelfall auf das Alter der Personen einer Bedarfsgemeinschaft maßgebend für den Wohnbedarf sein könne und eine Abweichung zulasse. Als Orientierungshilfe für den angemessenen Wohnraum würden die in Verbindung mit § 5 Abs.2 Ziffer 2 Wohnungsbindungsgesetz und § 27 Abs.1 bis 5 Wohnraumförderungsgesetz von der zuständigen Landesbehörde ermittelten Richtwerte dienen. Die Höchstwerte für die Wohnungsgrößen würden grundsätzlich nur die Obergrenzen für angemessenen Wohnraum bilden. Es bestehe kein Anspruch darauf, diese Grenzen auch in vollem Umfang auszuschöpfen. Nach dem aktuellen Mietspiegel für S. , I. und den Nachbargemeinden liege der Quadratmeterpreis für Wohnungen mittleren Baujahres und Ausstattung zwischen 4,10 und 5,30 EUR. Der im angefochtenen Bescheid angegebene Mittelwert zwischen Mietobergrenze nach dem Wohngeldgesetz und der ortsüblichen Vergleichsmiete in Höhe von 300,00 EUR bewege sich in diesem Rahmen und sei von daher nicht zu beanstanden. Die Betriebs- und Heizkosten würden ebenfalls auf den angemessenen Wohnraum bezogen und auf Höchstbeträge begrenzt. Gründe, wie z.B. Krankheit oder eine körperliche Behinderung, die eine angemessene Verlängerung des Zeitraumes für die Übernahme der tatsächlichen Kosten für Wohnung und Heizung oder eine Erhöhung des Wohnbedarfs rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Auch älteren Menschen sei die Senkung unangemessen hoher Unterkunftskosten durch einen Umzug zuzumuten. Dies selbst dann, wenn die Wohnung bereits 30 Jahre bewohnt werde und eigenfinanzierte Veränderungen vorgenommen worden seien.
Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger ausgeführt, ihm bzw. seiner Ehefrau sei angeraten worden, Alg II wegen Alters in Anspruch zu nehmen. Im Rahmen dieses Antragsverfahrens sei allerdings seine Lebensversicherung, die er für seine Altersvorsorge abgeschlossen habe, berücksichtigt worden, so dass der Antrag auf Grundsicherung für seine Ehefrau abgelehnt worden sei. Sie seien aber dringend auf die Leistungen der Beklagten angewiesen. Er müsse seine Miete im Voraus jeweils zum Ersten eines Monats zahlen. Durch die Reduzierung seines Anspruchs wolle er nicht riskieren wollen, sein seit 1972 bestehendes Mietverhältnis zu gefährden. Auch sei zu berücksichtigen, dass er im August 2007 Altersrente beantragen werde. Er werde dann die Miete selbst aufbringen müssen. Die Kosten, die ein Umzug in eine kleinere und günstigere Wohnung verursachen würde, sofern er eine solche finden würde, stünden in keinem Verhältnis zu den Mehraufwendungen, die die Beklagte durch Fortzahlung der bisher geleisteten Miete habe.
Mit Urteil vom 06.09.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Anhand des aktuellen Mietspiegels habe die Beklagte dargelegt, dass auf dem Wohnungsmarkt Wohnungen vorhanden seien, die den Vorgaben zur Angemessenheit entsprechen würden. Der Kläger könne sich nicht nur auf den bisherigen Wohnsitz beschränken. Er habe demgegenüber nachhaltige Eigenbemühungen nicht dargelegt und nachgewiesen. Seine Ehefrau sei nach § 7 Abs.4 SGB II von Leistungen nach diesem Gesetzbuch ausgeschlossen, sei aber der Bedarfsgemeinschaft zuzurechnen. Damit seien die Kosten für Unterkunft und Heizung beim Kläger zur Hälfte zu berücksichtigen. Es läge auch kein vom Regelfall im Sinne von § 22 Abs.1 SGB II wesentlich abweichender Sachverhalt vor. Es könne nicht jede mit einem Umzug verbundene Belastung berücksichtigt werden, sondern es müsse sich um vom Durchschnitt abweichende besondere Belastungssituationen handeln wie Gebrechlichkeit bei hohem Alter, aktuelle schwere Erkrankung, Notwendigkeit einer behindertengerechten Wohnung und dergleichen. Eine Abweichung vom Regelfall läge etwa auch vor, wenn in Kürze z.B. wegen Arbeitsaufnahme an einem anderen Ort ohnehin die Wohnung gewechselt werden müsse. Der klägerseits angeführte Zeitraum bis zu einer möglichen Altersrente 2007 sei in diesem Sinne nicht mehr kurzzeitig.
Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger erneut vor, ein Umzug sei ihm nicht zuzumuten. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass er 61 Jahre alt sei und an Arthrose an beiden Händen leide. Seine Ehefrau sei 66 Jahre alt. Sie leide an Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule, wegen der sie in ständiger neurologischer Behandlung sei. Hierzu erhalte seine Ehefrau zur Zeit drei Wochen lang täglich Infusionen. Des Weiteren sei im Urteil nicht berücksichtigt worden, dass er erhebliche Eigenaufwendungen bezüglich der Wohnung vorgenommen habe. Des Weiteren setze sich das Gericht nicht mit seinem Vorbringen auseinander, der Wohnungsmarkt in seiner Heimatgemeinde bzw. der näheren Umgebung stelle keine Wohnungen, die kleiner und preiswerter seien, zur Verfügung. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass er sich um seinen in K. wohnenden Vater, der 85 Jahre alt sei, kümmere und diesen zweimal in der Woche besuche und Einkäufe für ihn erledige.
Der Kläger hat ein Attest des Neurologen und Psychiaters Dr.S. vom 07.10.2005 und des Internisten Dr.F. vom 13.10.2005 vorgelegt, beide seine Ehefrau betreffend. Dr.S. führte als medizinischen Diagnosen ein chronisches intensives Schmerzbild der Ehefrau des Klägers auf, wodurch diese in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt sei und körperlich wie auch psychisch zur Zeit nicht belastbar sei. Dr.F. bestätigte ebenfalls, dass die Ehefrau des Klägers nicht leistungsfähig sei und nicht in der Lage sei, einen Umzug zu organisieren.
Die Beklagte hat ausgeführt, grundsätzlich sei ein Umzug in eigener Regie durchzuführen. Lediglich ausnahmsweise, wenn Selbsthilfe z.B. aus gesundheitlichen Gründen, wegen Alters oder einer Behinderung nicht möglich oder zumutbar sei und auch keine anderen Personen aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis für einen Umzug zur Verfügung stehen, der Umzug ganz oder teilweise von einer professionellen, gewerblichen Umzugsfirma durchgeführt werden könne. Die Kosten hierfür würden sich, soweit aus Vergleichsfällen bekannt sei, in einem Bereich von 1.000,00 bis 1.500,00 EUR bewegen. Selbst wenn der Kläger ab 01.09.2007 Altersrente beziehe, würden die verfügbaren Einkünfte nicht ausreichen, um den notwendigen Bedarf zu decken. Es müsse deshalb angenommen werden, dass spätestens mit Renteneintritt des Klägers im Rahmen des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII) erneut in dieser Sache entschieden werden müsse.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 06.09.2005 aufzuheben und den Bescheid vom 16.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm auch für die Zeit vom 01.09. bis 30.11.2005 die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Abschließend weist der Kläger darauf hin, andere Personen aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis stünden für einen Umzug nicht zur Verfügung. Es möge sein, dass sich die Umzugskosten auf ca. 1.000,00 bis 1.500,00 EUR belaufen würden. Zu diesen Kosten kämen jedoch noch die weiteren in § 22 Abs.3 SGB II aufgeführten Kosten hinzu, insbesondere die Wohnungsbeschaffungskosten wie Maklergebühren und Mietkaution. Beziehe man diese weiteren Kosten in die Kalkulation mit ein, so falle auf, dass das Ansinnen der Beklagtenseite an ihn, die von ihm und seiner Ehefrau seit 34 Jahren bewohnte Wohnung aufzugeben, unverhältnismäßig sei. Das Umzugsverlangen sei insgesamt unangemessen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, weil das SG diese im Urteil vom 06.09.2005 zugelassen hat und auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen.
Das Rechtsmittel ist auch begründet, weil dem Kläger auch für die Zeit von September bis November 2005 die tatsächlichen Kos- ten für Unterkunft und Heizung (anteilig) zustehen. Dem Kläger und seiner Ehefrau ist ein Wohnungswechsel nicht zumutbar.
Gemäß § 22 Abs.1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft solange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Bei der Zumutbarkeitsbetrachtung sind insbesondere die Höhe der Überschreitung und die bei einem Umzug anfallenden Wohnungsbeschaffungskosten, Renovierungs- und Umzugskosten zu berücksichtigen.
Der Kläger hat mit seiner Klage bzw. im Berufungsverfahren einen Unterschiedsbetrag zwischen 208,05 EUR zu 300,11 EUR geltend gemacht. Die Differenz beträgt somit monatlich 92,06 EUR. Umgerechnet auf 24 Monate, d.h. im Zeitpunkt, ab dem der Kläger voraussichtlich Rente beziehen wird, würde sich die Belastung der Beklagtenseite auf 2.209,44 EUR belaufen. Die Beklagte führt selbst aus, dass für einen Umzug 1.000,00 bis 1.500,00 EUR in Ansatz zu bringen wären. Darin nicht eingeschlossen sind gegebenfalls Maklergebühren und Kautionszahlungen und zudem auch Renovierungskosten. Allein unter Gegenüberstellung dieser Kostengröße scheint der von der Beklagten geforderte Umzug unzumutbar. Des Weiteren ist im Rahmen der Zumutbarkeitsbetrachtung auch zu berücksichtigen, dass der Kläger und seine Ehefrau seit 34 Jahren die Wohnung in Wildpoldsried bewohnen. Hinzu kommt, dass der Kläger seinen in der Nähe wohnenden alten Vater (85 Jahre alt) zu versorgen hat. Des Weiteren fällt auch ins Gewicht, dass die Miete nur deshalb in der Vergangenheit um 11 v.H. gestiegen ist, da der Vermieter aufgrund in der Wohnung aufgetretenen Schimmels Renovierungsarbeiten durchgeführt hat und infolgedessen das gesamte Haus isoliert hat, wobei der Vermieter diese Kosten u.a. auch auf den Kläger umgelegt hat. Von entscheidender Bedeutung ist zudem der gesundheitliche Zustand der am 21.07.1939 geborenen Ehefrau des Klägers. Aufgrund der vorgelegten ärztlichen Atteste von Dr.S. und Dr.F. steht fest, dass die Ehefrau des Klägers an zahlreichen Gesundheitsstörungen leidet, wobei von beiden Ärzten bestätigt wird, dass die Ehefrau körperlich wie auch psychisch nicht belastbar sei. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Kläger im Jahr 2007 Rente erhalten wird, so dass es sich um einen relativ überschaubaren Zeitraum handelt. Das Vorbringen der Beklagten, dass spätestens mit Renteneintritt des Klägers im Rahmen des SGB XII erneut in dieser Angelegenheit zu entscheiden sei, lässt eine andere Beurteilung nicht zu. Denn Streitgegenstand dieses Verfahrens ist allein die Zahlung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung (anteilig) für die Zeit vom 01.09. bis 30.11.2005 und nicht in der Zukunft liegende Sachverhalte.
Somit war auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG Augsburg vom 06.09.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2006 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 01.09. bis 30.11.2005 die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu zahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist nurmehr streitig, ob dem Käger nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.09. bis 30.11.2005 Leistungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe zustehen.
Der 1944 geborene Kläger beantragte am 14.09.2004 Arbeitslosengeld II (Alg II). Seit 1999 hatte er Arbeitslosenhilfe (Alhi) bezogen. Seine 1939 geborene Ehefrau bezieht seit dem 01.08.2004 eine Altersrente von der Landesversicherungsanstalt (LVA) Schwaben in Höhe von 99,18 EUR. Das Ehepaar bewohnt eine Vier-Zimmerwohnung (Gesamtgröße 90 m², Wohnflächenanteil von 80 m²). Die Kaltmiete beträgt 469,00 EUR monatlich, die Warmmiete 550,00 EUR.
Mit Bescheid vom 02.12.2004 in der Gestalt des Bescheides vom 08.12.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2005 monatliche Leistungen in Höhe von 541,11 EUR.
Mit Schreiben vom 07.02.2005 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Kosten für die Unterkunft nicht angemessen seien und dass diese ab 01.07.2005 nicht mehr übernommen würden, sondern nur noch die Kosten für eine angemessene Wohnung mit 60 m² Wohnfläche und einer angemessenen Kaltmiete von 300,00 EUR.
Auf den Antrag vom 03.06.2005 auf die Fortzahlung von Alg II bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 16.06.2005 für die Zeit vom 01.07. bis 30.11.2005 Leistungen von monatlich 519,05 EUR. Dabei wurden die Leistungen für Unterkunft und Heizung mit 208,05 EUR monatlich abgesetzt (Anteil des Klägers).
Mit dem Widerspruch machte der Kläger geltend, er sei mit der Reduzierung von Alg II um ca. 100,00 EUR nicht einverstanden. Es seien weiterhin die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen, da ihm ein Umzug in eine günstigere Wohnung wegen seines Alters und der vielfältigen Investitionen in die Mietwohnung nicht zugemutet werden könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Für zwei Personen sei in der Regel eine Wohnung mit bis zu 60 m² Wohnfläche oder drei Wohnräumen als angemessen anzusehen. Maßgeblich sei jedoch, dass die Hilfebedürftigen ihren notwendigen Bedarf tatsächlich befriedigen könnten, so dass im Einzelfall auf das Alter der Personen einer Bedarfsgemeinschaft maßgebend für den Wohnbedarf sein könne und eine Abweichung zulasse. Als Orientierungshilfe für den angemessenen Wohnraum würden die in Verbindung mit § 5 Abs.2 Ziffer 2 Wohnungsbindungsgesetz und § 27 Abs.1 bis 5 Wohnraumförderungsgesetz von der zuständigen Landesbehörde ermittelten Richtwerte dienen. Die Höchstwerte für die Wohnungsgrößen würden grundsätzlich nur die Obergrenzen für angemessenen Wohnraum bilden. Es bestehe kein Anspruch darauf, diese Grenzen auch in vollem Umfang auszuschöpfen. Nach dem aktuellen Mietspiegel für S. , I. und den Nachbargemeinden liege der Quadratmeterpreis für Wohnungen mittleren Baujahres und Ausstattung zwischen 4,10 und 5,30 EUR. Der im angefochtenen Bescheid angegebene Mittelwert zwischen Mietobergrenze nach dem Wohngeldgesetz und der ortsüblichen Vergleichsmiete in Höhe von 300,00 EUR bewege sich in diesem Rahmen und sei von daher nicht zu beanstanden. Die Betriebs- und Heizkosten würden ebenfalls auf den angemessenen Wohnraum bezogen und auf Höchstbeträge begrenzt. Gründe, wie z.B. Krankheit oder eine körperliche Behinderung, die eine angemessene Verlängerung des Zeitraumes für die Übernahme der tatsächlichen Kosten für Wohnung und Heizung oder eine Erhöhung des Wohnbedarfs rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Auch älteren Menschen sei die Senkung unangemessen hoher Unterkunftskosten durch einen Umzug zuzumuten. Dies selbst dann, wenn die Wohnung bereits 30 Jahre bewohnt werde und eigenfinanzierte Veränderungen vorgenommen worden seien.
Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger ausgeführt, ihm bzw. seiner Ehefrau sei angeraten worden, Alg II wegen Alters in Anspruch zu nehmen. Im Rahmen dieses Antragsverfahrens sei allerdings seine Lebensversicherung, die er für seine Altersvorsorge abgeschlossen habe, berücksichtigt worden, so dass der Antrag auf Grundsicherung für seine Ehefrau abgelehnt worden sei. Sie seien aber dringend auf die Leistungen der Beklagten angewiesen. Er müsse seine Miete im Voraus jeweils zum Ersten eines Monats zahlen. Durch die Reduzierung seines Anspruchs wolle er nicht riskieren wollen, sein seit 1972 bestehendes Mietverhältnis zu gefährden. Auch sei zu berücksichtigen, dass er im August 2007 Altersrente beantragen werde. Er werde dann die Miete selbst aufbringen müssen. Die Kosten, die ein Umzug in eine kleinere und günstigere Wohnung verursachen würde, sofern er eine solche finden würde, stünden in keinem Verhältnis zu den Mehraufwendungen, die die Beklagte durch Fortzahlung der bisher geleisteten Miete habe.
Mit Urteil vom 06.09.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Anhand des aktuellen Mietspiegels habe die Beklagte dargelegt, dass auf dem Wohnungsmarkt Wohnungen vorhanden seien, die den Vorgaben zur Angemessenheit entsprechen würden. Der Kläger könne sich nicht nur auf den bisherigen Wohnsitz beschränken. Er habe demgegenüber nachhaltige Eigenbemühungen nicht dargelegt und nachgewiesen. Seine Ehefrau sei nach § 7 Abs.4 SGB II von Leistungen nach diesem Gesetzbuch ausgeschlossen, sei aber der Bedarfsgemeinschaft zuzurechnen. Damit seien die Kosten für Unterkunft und Heizung beim Kläger zur Hälfte zu berücksichtigen. Es läge auch kein vom Regelfall im Sinne von § 22 Abs.1 SGB II wesentlich abweichender Sachverhalt vor. Es könne nicht jede mit einem Umzug verbundene Belastung berücksichtigt werden, sondern es müsse sich um vom Durchschnitt abweichende besondere Belastungssituationen handeln wie Gebrechlichkeit bei hohem Alter, aktuelle schwere Erkrankung, Notwendigkeit einer behindertengerechten Wohnung und dergleichen. Eine Abweichung vom Regelfall läge etwa auch vor, wenn in Kürze z.B. wegen Arbeitsaufnahme an einem anderen Ort ohnehin die Wohnung gewechselt werden müsse. Der klägerseits angeführte Zeitraum bis zu einer möglichen Altersrente 2007 sei in diesem Sinne nicht mehr kurzzeitig.
Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger erneut vor, ein Umzug sei ihm nicht zuzumuten. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass er 61 Jahre alt sei und an Arthrose an beiden Händen leide. Seine Ehefrau sei 66 Jahre alt. Sie leide an Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule, wegen der sie in ständiger neurologischer Behandlung sei. Hierzu erhalte seine Ehefrau zur Zeit drei Wochen lang täglich Infusionen. Des Weiteren sei im Urteil nicht berücksichtigt worden, dass er erhebliche Eigenaufwendungen bezüglich der Wohnung vorgenommen habe. Des Weiteren setze sich das Gericht nicht mit seinem Vorbringen auseinander, der Wohnungsmarkt in seiner Heimatgemeinde bzw. der näheren Umgebung stelle keine Wohnungen, die kleiner und preiswerter seien, zur Verfügung. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass er sich um seinen in K. wohnenden Vater, der 85 Jahre alt sei, kümmere und diesen zweimal in der Woche besuche und Einkäufe für ihn erledige.
Der Kläger hat ein Attest des Neurologen und Psychiaters Dr.S. vom 07.10.2005 und des Internisten Dr.F. vom 13.10.2005 vorgelegt, beide seine Ehefrau betreffend. Dr.S. führte als medizinischen Diagnosen ein chronisches intensives Schmerzbild der Ehefrau des Klägers auf, wodurch diese in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt sei und körperlich wie auch psychisch zur Zeit nicht belastbar sei. Dr.F. bestätigte ebenfalls, dass die Ehefrau des Klägers nicht leistungsfähig sei und nicht in der Lage sei, einen Umzug zu organisieren.
Die Beklagte hat ausgeführt, grundsätzlich sei ein Umzug in eigener Regie durchzuführen. Lediglich ausnahmsweise, wenn Selbsthilfe z.B. aus gesundheitlichen Gründen, wegen Alters oder einer Behinderung nicht möglich oder zumutbar sei und auch keine anderen Personen aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis für einen Umzug zur Verfügung stehen, der Umzug ganz oder teilweise von einer professionellen, gewerblichen Umzugsfirma durchgeführt werden könne. Die Kosten hierfür würden sich, soweit aus Vergleichsfällen bekannt sei, in einem Bereich von 1.000,00 bis 1.500,00 EUR bewegen. Selbst wenn der Kläger ab 01.09.2007 Altersrente beziehe, würden die verfügbaren Einkünfte nicht ausreichen, um den notwendigen Bedarf zu decken. Es müsse deshalb angenommen werden, dass spätestens mit Renteneintritt des Klägers im Rahmen des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII) erneut in dieser Sache entschieden werden müsse.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 06.09.2005 aufzuheben und den Bescheid vom 16.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm auch für die Zeit vom 01.09. bis 30.11.2005 die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Abschließend weist der Kläger darauf hin, andere Personen aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis stünden für einen Umzug nicht zur Verfügung. Es möge sein, dass sich die Umzugskosten auf ca. 1.000,00 bis 1.500,00 EUR belaufen würden. Zu diesen Kosten kämen jedoch noch die weiteren in § 22 Abs.3 SGB II aufgeführten Kosten hinzu, insbesondere die Wohnungsbeschaffungskosten wie Maklergebühren und Mietkaution. Beziehe man diese weiteren Kosten in die Kalkulation mit ein, so falle auf, dass das Ansinnen der Beklagtenseite an ihn, die von ihm und seiner Ehefrau seit 34 Jahren bewohnte Wohnung aufzugeben, unverhältnismäßig sei. Das Umzugsverlangen sei insgesamt unangemessen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, weil das SG diese im Urteil vom 06.09.2005 zugelassen hat und auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen.
Das Rechtsmittel ist auch begründet, weil dem Kläger auch für die Zeit von September bis November 2005 die tatsächlichen Kos- ten für Unterkunft und Heizung (anteilig) zustehen. Dem Kläger und seiner Ehefrau ist ein Wohnungswechsel nicht zumutbar.
Gemäß § 22 Abs.1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft solange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Bei der Zumutbarkeitsbetrachtung sind insbesondere die Höhe der Überschreitung und die bei einem Umzug anfallenden Wohnungsbeschaffungskosten, Renovierungs- und Umzugskosten zu berücksichtigen.
Der Kläger hat mit seiner Klage bzw. im Berufungsverfahren einen Unterschiedsbetrag zwischen 208,05 EUR zu 300,11 EUR geltend gemacht. Die Differenz beträgt somit monatlich 92,06 EUR. Umgerechnet auf 24 Monate, d.h. im Zeitpunkt, ab dem der Kläger voraussichtlich Rente beziehen wird, würde sich die Belastung der Beklagtenseite auf 2.209,44 EUR belaufen. Die Beklagte führt selbst aus, dass für einen Umzug 1.000,00 bis 1.500,00 EUR in Ansatz zu bringen wären. Darin nicht eingeschlossen sind gegebenfalls Maklergebühren und Kautionszahlungen und zudem auch Renovierungskosten. Allein unter Gegenüberstellung dieser Kostengröße scheint der von der Beklagten geforderte Umzug unzumutbar. Des Weiteren ist im Rahmen der Zumutbarkeitsbetrachtung auch zu berücksichtigen, dass der Kläger und seine Ehefrau seit 34 Jahren die Wohnung in Wildpoldsried bewohnen. Hinzu kommt, dass der Kläger seinen in der Nähe wohnenden alten Vater (85 Jahre alt) zu versorgen hat. Des Weiteren fällt auch ins Gewicht, dass die Miete nur deshalb in der Vergangenheit um 11 v.H. gestiegen ist, da der Vermieter aufgrund in der Wohnung aufgetretenen Schimmels Renovierungsarbeiten durchgeführt hat und infolgedessen das gesamte Haus isoliert hat, wobei der Vermieter diese Kosten u.a. auch auf den Kläger umgelegt hat. Von entscheidender Bedeutung ist zudem der gesundheitliche Zustand der am 21.07.1939 geborenen Ehefrau des Klägers. Aufgrund der vorgelegten ärztlichen Atteste von Dr.S. und Dr.F. steht fest, dass die Ehefrau des Klägers an zahlreichen Gesundheitsstörungen leidet, wobei von beiden Ärzten bestätigt wird, dass die Ehefrau körperlich wie auch psychisch nicht belastbar sei. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Kläger im Jahr 2007 Rente erhalten wird, so dass es sich um einen relativ überschaubaren Zeitraum handelt. Das Vorbringen der Beklagten, dass spätestens mit Renteneintritt des Klägers im Rahmen des SGB XII erneut in dieser Angelegenheit zu entscheiden sei, lässt eine andere Beurteilung nicht zu. Denn Streitgegenstand dieses Verfahrens ist allein die Zahlung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung (anteilig) für die Zeit vom 01.09. bis 30.11.2005 und nicht in der Zukunft liegende Sachverhalte.
Somit war auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG Augsburg vom 06.09.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2006 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 01.09. bis 30.11.2005 die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu zahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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