Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 8 RA 5949/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 RA 69/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) für die Zeit vom 10. Juli 1980 bis zum 30. Juni 1990.
Er ist 1939 geboren und war vom 1. März 1961 bis über den 30. Juni 1990 hinaus beim VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen L Bezirksdirektion B bzw. im VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B beschäftigt. Nachdem er zwischen 1975 und 1980 ein Fernstudium absolviert hatte, wurde ihm mit Urkunde vom 10. Juli 1980 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Er war als Ingenieur zunächst als Abteilungsleiter Technik und ab Januar 1981 als Leiter Rationalisierungsmittelbau beim VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B tätig.
Im Januar 2000 beantragte er die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Die Beklagte lehnte jedoch mit Bescheid vom 17. Juli 2000 die Feststellung der Beschäftigungszeit vom 1. Juli 1980 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG), also zum Zusatzversorgungssystem der AVItech ab. Der Kläger gehöre zwar zum Personenkreis der technischen Intelligenz, jedoch sei die Ingenieurtätigkeit nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem diesem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Sein Arbeitgeber sei ein Produktionsbetrieb gewesen. Der VEB Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen sei 1965 mit dem Ziel gebildet worden, die bis dahin in der Verantwortung der Herstellerbetriebe liegenden Kundendienst- und Serviceaufgaben in einem zentralen Betrieb für alle Produkte direkt vor Ort durchzuführen. Dem Betrieb habe zur Aufgabe gehabt zu warten, pflegen und reparieren unter Einsatz industrieller Reparaturmethoden. Ferner habe er die erforderlichen Reparaturtechnologien entwickeln und anwenden sollen, bis hin zur Produktion bzw. Regenerierung von ausgewählten Ersatzteilen und Geräten, der Herstellung und Entwicklung aller benötigten gerätespezifischen Mess- und Prüfmittel sowie der Durchführung aller hierzu notwendigen Forschungs- und Entwicklungsaufgaben, insbesondere zu Fragen der industriellen Reparaturtechnologien von Ersatzteilen und kompletten Geräten (zum Beispiel Modul- und Bildröhrenregenerierung). Schließlich habe er direkt bei der Erzeugnisentwicklung und Qualitätssicherung mitwirken sollen. Der Betrieb habe für diese Aufgaben mehr als 500 Mitarbeiter in sieben verschiedenen Betriebsteilen beschäftigt. Nur ein verschwindend kleiner Teil von Mitarbeitern, in Berlin etwa 80, seien für den klassischen Vertrieb tätig gewesen.
Die Aufgaben im Bereich von Service und Kundendienst seien aus dem Produktionsprofil der Herstellerbetriebe ausgegliedert worden. Der Betrieb habe –planwirtschaftlich- deshalb nicht dem zentralen Warenkonto für Technik und dessen übergeordnetem Organ, dem Ministerium für Handel und Versorgung, unterlegen, sondern habe zum Industrie- und Produktionsverband der VVB Rundfunk und Fernsehen gehört. Später sei er Teil des Kombinats Rundfunk und Fernsehen gewesen im Verantwortungsbereich des Ministeriums für Elektrotechnik/Elektronik. Die Zugehörigkeit zu den Produktionsbetrieben komme auch durch die Führung des Warenzeichens "RFT" zum Ausdruck. Auch habe der Kläger selbst zunächst im Fernsehgerätewerk Staßfurt gearbeitet und sei dann jahrelang mit der Entwicklung, Herstellung und technologischen Einsatzvorbereitung von industrieller Messtechnik und industrieller Reparaturtechnologie betraut gewesen. Ein weiteres Indiz sei schließlich, dass Betriebsangehörige Versorgungszusagen erhalten hätten.
Die Beklagte wies mit Bescheid vom 30. November 2000 den Widerspruch zurück. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) genüge (nur) eine konkrete Beschäftigung oder Tätigkeit, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen gewesen sei. Beim VEB Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen habe es sich nicht um einen Produktionsbetrieb gehandelt sondern um einen Betrieb des Dienstleistungsbereiches, da vordringlich Kundendienst- und Serviceaufgaben sowie Wartungs- und Reparaturaufgaben erfüllt worden seien. Dies ergebe sich auch daraus, dass vereinzelt im Wege von Ermessensentscheidungen Versorgungszusagen getroffen worden seien.
In seiner Klage hiergegen vor dem Sozialgericht Berlin (SG) hat der Kläger ergänzend vorgetragen, der VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen sei integrierter Bestandteil eines Industriekombinats gewesen. Seine Leistungen wären deshalb gegenüber dem Kombinat Rundfunk und Fernsehen, dem zuständigen Industrieministerium Elektrotechnik/Elektronik und der Zentralverwaltung für Statistik der DDR als industrielle Warenproduktion abgerechnet worden. Aufgrund der Zuordnung zu den Produktionsbetrieben seien der Praxis der DDR entsprechend auch Versorgungszusagen getroffen worden. Der Kläger habe einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit denjenigen, die in den Genuss solcher Zusagen gelangt seien. Ein Leistungsprofil wie das des RFT Industrievertriebes habe zum Zeitpunkt der Schaffung der Zweiten Durchführungbestimmung zur VO AVItech vom 24. Mai 1951 (2. DB) noch nicht existiert, könne deshalb von dieser Verordnung gar nicht erfasst sein.
Der Kläger hat sich zur Stützung seines Vortrages auf Schreiben der Nachfolgeunternehmen des Stammwerkes VEB Kombinat Rundfunk und Fernsehen berufen, konkret das der S gesellschaft mbH vom 13. Februar 2001 und das der T GmbH vom 26.03.2003.
Das SG hat mit Urteil vom 17. Juli 2003 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe gegen die Beklagte als Versorgungsträger keinen Anspruch auf Feststellung einer Zusatzversorgungszeit unter versorgungsspezifischen Daten. Er sei nicht Berechtigter im Sinne des § 8 AAÜG, da das AAÜG auf ihn keine Anwendung finde. Der Kläger habe bei Inkrafttreten des AAÜG am
1. August 1991 weder einen Anspruch auf Versorgung mangels Versorgungsfalles gehabt gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, noch eine Anwartschaft im Versorgungssystem der technischen Intelligenz. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf eine Versorgungszusage nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB gehabt. Beim VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen habe es sich nicht um einen Produktionsbetrieb gehandelt. Dies ergebe sich bereits aus dem Begriff "Industrievertrieb". Er habe Rundfunkgeräte und Fernseher verkauft, darüber hinaus Aufgaben der Wartung und Reparatur der Erzeugnisse vorgenommen. Soweit der Kläger vorgetragen habe, dass auch Module zu verkaufsfertigen Produkten montiert worden seien, habe dies nach der Überzeugung der Kammer den Betrieb nicht maßgeblich geprägt. Entsprechendes gelte für den Umstand, dass zwischen dem VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B und dem produzierenden VEB Kombinat Rundfunk und Fernsehen Staßfurt eine Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Verbesserung von Produkten stattgefunden habe. Auch aus den Schreiben des Geschäftsführers M der Nachfolgefirmen S gesellschaft und T S ergebe sich lediglich, dass über die Handelstätigkeit hinaus auch umfangreiche Wartungs- und Reparaturaufgaben wahrgenommen worden seien und auch gebrauchte Geräteteile wieder aufbereitet worden seien. Auch damit sei der Betrieb nicht zu einem der industriellen Produktion geworden. Die Wahrnehmungen solcher Aufgaben seien in der DDR angesichts der Konsumgüterknappheit nichts Ungewöhnliches gewesen.
Der VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B sei juristisch selbständig gewesen und nicht etwa lediglich eine unselbständige Ausgliederung eines Betriebsteiles aus dem Kombinat. Der VEB sei auch nicht einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellt gewesen.
In seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er verweist auf ein Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. Mai 2003 – S 2 RA 2570/00 -. Aus den eingereichten Unterlagen ergebe sich, dass das Profil des Betriebes von industriellen Leistungen geprägt gewesen sei, der seit seiner Gründung ausgegliederte Aufgaben der Herstellerbetriebe erfüllt habe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müsse ein Produktionsbetrieb nicht das ganze Produkt herstellen. Vielmehr reiche es, dass die industriellen Leistungen das Profil des Betriebes bestimmten, also überwiegend seien. Er wiederholt im Übrigen sein erstinstanzliches Vorbringen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere der eingeführten Gründungs-, Register- und Prüfungsunterlagen des VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die Akte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Es konnte entschieden werden, obgleich in der mündlichen Verhandlung für den Kläger niemand erschienen ist. Die Beteiligten sind nach § 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) darauf hingewiesen worden, dass im Falle des Ausbleibens nach Lage der Akte entschieden werden kann.
Der Kläger begehrt der Sache nach,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juli 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Zeitraum vom 10. Juli 1980 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr. 1 AAÜG) sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Berufung unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger hat zunächst keine Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG in direkter Anwendung. Er ist in der DDR niemals in ein Versorgungssystem einbezogen worden.
Eine Einbeziehung ergibt sich auch nicht in einer erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG und der Prüfung, ob nach dem am 1. August 1991 gültigen partiell bundesrechtlichen Versorgungsrecht im Beitrittsgebiet aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage ein fiktiver Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gegeben war.
Das BSG hat in dem Revisionsurteil vom 6. Mai 2004 – B 4 RA 44/03 R -, welches den Beteiligten bekannt ist und in dem es um einen Betriebsangehörigen des Parallelbetriebes VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen K gegangen ist, zu dieser Prüfung ausgeführt:
"Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Versorgungsberechtigung hängt im Bereich der AVItech gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO – AVItech) vom 17. August 1950 ( ...) und § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) zur VO AVItech vom 24. Mai 1951 ( ...) von drei Voraussetzungen ab:
Der Betroffene muss- berechtigt gewesen sein, eine der in § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB genannten Berufsbezeichnungen zu führen, und
- eine dem bezeichnenden Beruf entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben und zwar
- für einen Arbeitgeber der einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder der einen solchen Betrieb durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellt worden war."
Im hiesigen Verfahren ist nur die letzte dieser Voraussetzungen im Streit. In der genannten Entscheidung heißt es hierzu weiter:
"Die og betriebliche Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung eines Betroffenen in die AVItech zum 1. August 1991 ist ua nur erfüllt, wenn der VEB ein Produktionsbetrieb (der Industrie oder des Bauwesens) war. Materiell-rechtlich kommt es allein darauf an, ob der vom arbeitgebenden VEB tatsächlich verfolgte Hauptzweck auf die industrielle Fertigung (Fabrikation, Herstellung, Produktion) von Sachgütern ausgerichtet war.
( )
Die Frage, was der tatsächliche Hauptzweck eines bestimmten VEB war, ist keine Rechtsfrage; sie betrifft vielmehr die Haupttatsache, von deren Vorliegen die Erfüllung der o.g. betrieblichen Voraussetzung abhängt. Welche Aufgabe dem VEB faktisch das Gepräge gegeben hat, kann allein aufgrund der konkreten tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen VEB beurteilt werden. Die Tatsacheninstanzen haben nach Bundesrecht aufgrund der tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben, der Organisation und der Mittelverwendung durch Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 SGG) zu klären, welcher Hauptzweck tatsächlich verfolgt wurde. Hierfür können z.B. Eintragungen in die Liste der volkseigenen Betriebe, Statuten und Geschäftsunterlagen, ebenso aber auch die Zuordnung zu einem bestimmten Ministerium der DDR wichtige Hilfstatsachen (Indizien) sein, welche bei der Beweiswürdigung für die Geprägefeststellung erheblich werden können. Das Ergebnis der Beweiswürdigung des Tatsachengerichts ist die tatsächliche Feststellung, dass ein bestimmter Hauptzweck tatsächlich verfolgt wurde, anders gesprochen, dass bestimmte Aufgaben dem VEB sein Gepräge gegeben haben."
Diese Ausführungen macht sich der Senat zu Eigen.
In der Gesamtschau der hier vorliegenden Unterlagen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der VEB Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B allenfalls untergeordnet von einer Produktherstellung geprägt war. Übergeordnet waren die Aufgaben des Vertriebs und insbesondere des Services (Reparaturleistungen):
Für die Annahme eines Produktionsbetriebes sprechen nur der Umstand, dass der VEB letztlich einem Industrieministerium unterstanden hat und – nach den Angaben des Klägers – im Rahmen der Planwirtschaft der Produktion zugerechnet wurde. Diese Indizien allein vermögen aber in der Gesamtschau die gegen einen Produktionsbetrieb sprechenden Umstände nicht aufzuwiegen. Auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Urteil wird zunächst Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Sowohl nach den Schreiben der Nachfolgeunternehmen des Stammbetriebes, welche bereits das SG zutreffend gewürdigt hat, als auch nach der Widerspruchsbegründung des Klägers selbst umfasste der VEB Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen Kundendienst- und Serviceaufgaben für verschiedene Erzeugnisse der Unterhaltungselektronik direkt vor Ort mit den Schwerpunkten Wartung, Pflege und Reparatur. Dass dazu auch Reparaturmethoden selbst entwickelt und angewendet wurden einschließlich der Wiederverwendung (Regenerierung) und hierfür auch geforscht wurde, gibt der Tätigkeit nicht das Gepräge eines Produktionsbetriebes. Ohne Relevanz ist auch der Umstand, dass nur relativ wenige Mitarbeiter im eigentlichen Vertrieb beschäftigt waren. Die überwiegenden Aufgaben der anderen lagen im Service und Kundendienst. Soweit im Rahmen dieser Tätigkeiten für die Produktionsbetriebe durch Mitwirkung bei der Erzeugnisentwicklung und Qualitätssicherung zugearbeitet wurde, stellt dies auch kein Indiz für eine eigene Produktion dar. Vielmehr handelte es sich um Dienstleistungen.
Auch die Angaben in den Registern sprechen gegen die Annahme, dass der VEB Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B ein Produktionsbetrieb gewesen ist:
Der Registereintrag des Kombinats (Registernummer 101-07-1106 des Registers der volkseigenen Wirtschaft des Bezirks Magdeburg) führt als Betriebe des Kombinats VEB Kombinat Rundfunk und Fernsehen insgesamt 30 Betriebe auf, darunter alleine 10 Betriebe wie der des Klägers mit der Bezeichnung VEB RTF Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen. Die zehn Industrievertriebsbetriebe deckten die Bezirke der DDR ab. Dass ein nur regional zuständiges Unternehmen selbst Produkte im größeren Umfange hergestellt hat, erscheint wenig wahrscheinlich.
Aus dem Gründungsstatut ergibt sich ebenfalls nicht, dass Zweck des Unternehmens die Produktion gewesen ist. In der Anweisung Nr. 3/77 des Generaldirektors des VVB Rundfunk und Fernsehen vom 30. November /2. Dezember 1977 heißt es in § 8: "Der VEB RFT Industrievertrieb RuF B ist verantwortlich für die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung der B – auf dem Gebiet der Dienstleistungen, des Kundendienstes und der Ersatzteilbereitstellung und elektronischen Konsumgütern entsprechend Vorsorgungsplan." Aufgabe war es demnach nicht, elektronische Konsumgüter selbst herzustellen, sondern nur für die bedarfsgerechte Versorgung zu sorgen.
Über den Geschäftsbetrieb zum maßgeblichen Stichtag 30. Juni 1990 gibt schließlich der Bericht über die Prüfung der DM-Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1990 des Rechtsnachfolgers des Betriebes Aufschluss, der RFT gesellschaft mit beschränkter Haftung B Aufschluss. Dort ist als Gegenstand des Unternehmens im Hinblick auf Produktion lediglich die Projektierung und Errichtung von elektroakustischen Anlagen der Telekommunikation angegeben, ein Geschäftsbereich, der neu bestimmt wurde. Mit Telefonanlagen hatte sich der bisherige VEB Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B nach Aktenlage nie beschäftigt. Ansonsten ist Gegenstand des Unternehmens der Vertrieb und der Handel einschließlich des Services.
Die Gesellschaft verfügte nach dem Bericht über insgesamt 29 Mietobjekte, in denen Werkstätten und Ladengeschäfte unterhalten wurden. Die Grundfläche der einzelnen Objekte schwankte nur zwischen 65 m2 und 975 m2. Zusätzlich gab es in der R-Str. 39/41 ein Lager und Büro mit 3140 m2. Die Annahme einer überwiegenden Produktionstätigkeit – gar im industriellen Maßstab – bei einer großen Zahl von kleinen Werkstätten und Läden liegt fern. Unter "wirtschaftlichen Grundlagen" kennzeichnet das Prüfgutachten den Betrieb als einen Facheinzelhandel für Unterhaltungselektronik mit umfangreichem Servicebereich. In der Vergangenheit habe der Umsatzschwerpunkt im Servicebereich gelegen. Zwischenzeitlich sei eine Verlagerung vom Dienstleistungsbereich in den Bereich des Facheinzelhandels erkennbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen. Ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG liegt nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) für die Zeit vom 10. Juli 1980 bis zum 30. Juni 1990.
Er ist 1939 geboren und war vom 1. März 1961 bis über den 30. Juni 1990 hinaus beim VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen L Bezirksdirektion B bzw. im VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B beschäftigt. Nachdem er zwischen 1975 und 1980 ein Fernstudium absolviert hatte, wurde ihm mit Urkunde vom 10. Juli 1980 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Er war als Ingenieur zunächst als Abteilungsleiter Technik und ab Januar 1981 als Leiter Rationalisierungsmittelbau beim VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B tätig.
Im Januar 2000 beantragte er die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Die Beklagte lehnte jedoch mit Bescheid vom 17. Juli 2000 die Feststellung der Beschäftigungszeit vom 1. Juli 1980 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG), also zum Zusatzversorgungssystem der AVItech ab. Der Kläger gehöre zwar zum Personenkreis der technischen Intelligenz, jedoch sei die Ingenieurtätigkeit nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem diesem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Sein Arbeitgeber sei ein Produktionsbetrieb gewesen. Der VEB Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen sei 1965 mit dem Ziel gebildet worden, die bis dahin in der Verantwortung der Herstellerbetriebe liegenden Kundendienst- und Serviceaufgaben in einem zentralen Betrieb für alle Produkte direkt vor Ort durchzuführen. Dem Betrieb habe zur Aufgabe gehabt zu warten, pflegen und reparieren unter Einsatz industrieller Reparaturmethoden. Ferner habe er die erforderlichen Reparaturtechnologien entwickeln und anwenden sollen, bis hin zur Produktion bzw. Regenerierung von ausgewählten Ersatzteilen und Geräten, der Herstellung und Entwicklung aller benötigten gerätespezifischen Mess- und Prüfmittel sowie der Durchführung aller hierzu notwendigen Forschungs- und Entwicklungsaufgaben, insbesondere zu Fragen der industriellen Reparaturtechnologien von Ersatzteilen und kompletten Geräten (zum Beispiel Modul- und Bildröhrenregenerierung). Schließlich habe er direkt bei der Erzeugnisentwicklung und Qualitätssicherung mitwirken sollen. Der Betrieb habe für diese Aufgaben mehr als 500 Mitarbeiter in sieben verschiedenen Betriebsteilen beschäftigt. Nur ein verschwindend kleiner Teil von Mitarbeitern, in Berlin etwa 80, seien für den klassischen Vertrieb tätig gewesen.
Die Aufgaben im Bereich von Service und Kundendienst seien aus dem Produktionsprofil der Herstellerbetriebe ausgegliedert worden. Der Betrieb habe –planwirtschaftlich- deshalb nicht dem zentralen Warenkonto für Technik und dessen übergeordnetem Organ, dem Ministerium für Handel und Versorgung, unterlegen, sondern habe zum Industrie- und Produktionsverband der VVB Rundfunk und Fernsehen gehört. Später sei er Teil des Kombinats Rundfunk und Fernsehen gewesen im Verantwortungsbereich des Ministeriums für Elektrotechnik/Elektronik. Die Zugehörigkeit zu den Produktionsbetrieben komme auch durch die Führung des Warenzeichens "RFT" zum Ausdruck. Auch habe der Kläger selbst zunächst im Fernsehgerätewerk Staßfurt gearbeitet und sei dann jahrelang mit der Entwicklung, Herstellung und technologischen Einsatzvorbereitung von industrieller Messtechnik und industrieller Reparaturtechnologie betraut gewesen. Ein weiteres Indiz sei schließlich, dass Betriebsangehörige Versorgungszusagen erhalten hätten.
Die Beklagte wies mit Bescheid vom 30. November 2000 den Widerspruch zurück. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) genüge (nur) eine konkrete Beschäftigung oder Tätigkeit, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen gewesen sei. Beim VEB Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen habe es sich nicht um einen Produktionsbetrieb gehandelt sondern um einen Betrieb des Dienstleistungsbereiches, da vordringlich Kundendienst- und Serviceaufgaben sowie Wartungs- und Reparaturaufgaben erfüllt worden seien. Dies ergebe sich auch daraus, dass vereinzelt im Wege von Ermessensentscheidungen Versorgungszusagen getroffen worden seien.
In seiner Klage hiergegen vor dem Sozialgericht Berlin (SG) hat der Kläger ergänzend vorgetragen, der VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen sei integrierter Bestandteil eines Industriekombinats gewesen. Seine Leistungen wären deshalb gegenüber dem Kombinat Rundfunk und Fernsehen, dem zuständigen Industrieministerium Elektrotechnik/Elektronik und der Zentralverwaltung für Statistik der DDR als industrielle Warenproduktion abgerechnet worden. Aufgrund der Zuordnung zu den Produktionsbetrieben seien der Praxis der DDR entsprechend auch Versorgungszusagen getroffen worden. Der Kläger habe einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit denjenigen, die in den Genuss solcher Zusagen gelangt seien. Ein Leistungsprofil wie das des RFT Industrievertriebes habe zum Zeitpunkt der Schaffung der Zweiten Durchführungbestimmung zur VO AVItech vom 24. Mai 1951 (2. DB) noch nicht existiert, könne deshalb von dieser Verordnung gar nicht erfasst sein.
Der Kläger hat sich zur Stützung seines Vortrages auf Schreiben der Nachfolgeunternehmen des Stammwerkes VEB Kombinat Rundfunk und Fernsehen berufen, konkret das der S gesellschaft mbH vom 13. Februar 2001 und das der T GmbH vom 26.03.2003.
Das SG hat mit Urteil vom 17. Juli 2003 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe gegen die Beklagte als Versorgungsträger keinen Anspruch auf Feststellung einer Zusatzversorgungszeit unter versorgungsspezifischen Daten. Er sei nicht Berechtigter im Sinne des § 8 AAÜG, da das AAÜG auf ihn keine Anwendung finde. Der Kläger habe bei Inkrafttreten des AAÜG am
1. August 1991 weder einen Anspruch auf Versorgung mangels Versorgungsfalles gehabt gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, noch eine Anwartschaft im Versorgungssystem der technischen Intelligenz. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf eine Versorgungszusage nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB gehabt. Beim VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen habe es sich nicht um einen Produktionsbetrieb gehandelt. Dies ergebe sich bereits aus dem Begriff "Industrievertrieb". Er habe Rundfunkgeräte und Fernseher verkauft, darüber hinaus Aufgaben der Wartung und Reparatur der Erzeugnisse vorgenommen. Soweit der Kläger vorgetragen habe, dass auch Module zu verkaufsfertigen Produkten montiert worden seien, habe dies nach der Überzeugung der Kammer den Betrieb nicht maßgeblich geprägt. Entsprechendes gelte für den Umstand, dass zwischen dem VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B und dem produzierenden VEB Kombinat Rundfunk und Fernsehen Staßfurt eine Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Verbesserung von Produkten stattgefunden habe. Auch aus den Schreiben des Geschäftsführers M der Nachfolgefirmen S gesellschaft und T S ergebe sich lediglich, dass über die Handelstätigkeit hinaus auch umfangreiche Wartungs- und Reparaturaufgaben wahrgenommen worden seien und auch gebrauchte Geräteteile wieder aufbereitet worden seien. Auch damit sei der Betrieb nicht zu einem der industriellen Produktion geworden. Die Wahrnehmungen solcher Aufgaben seien in der DDR angesichts der Konsumgüterknappheit nichts Ungewöhnliches gewesen.
Der VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B sei juristisch selbständig gewesen und nicht etwa lediglich eine unselbständige Ausgliederung eines Betriebsteiles aus dem Kombinat. Der VEB sei auch nicht einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellt gewesen.
In seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er verweist auf ein Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. Mai 2003 – S 2 RA 2570/00 -. Aus den eingereichten Unterlagen ergebe sich, dass das Profil des Betriebes von industriellen Leistungen geprägt gewesen sei, der seit seiner Gründung ausgegliederte Aufgaben der Herstellerbetriebe erfüllt habe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müsse ein Produktionsbetrieb nicht das ganze Produkt herstellen. Vielmehr reiche es, dass die industriellen Leistungen das Profil des Betriebes bestimmten, also überwiegend seien. Er wiederholt im Übrigen sein erstinstanzliches Vorbringen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere der eingeführten Gründungs-, Register- und Prüfungsunterlagen des VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die Akte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Es konnte entschieden werden, obgleich in der mündlichen Verhandlung für den Kläger niemand erschienen ist. Die Beteiligten sind nach § 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) darauf hingewiesen worden, dass im Falle des Ausbleibens nach Lage der Akte entschieden werden kann.
Der Kläger begehrt der Sache nach,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juli 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Zeitraum vom 10. Juli 1980 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr. 1 AAÜG) sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Berufung unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger hat zunächst keine Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG in direkter Anwendung. Er ist in der DDR niemals in ein Versorgungssystem einbezogen worden.
Eine Einbeziehung ergibt sich auch nicht in einer erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG und der Prüfung, ob nach dem am 1. August 1991 gültigen partiell bundesrechtlichen Versorgungsrecht im Beitrittsgebiet aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage ein fiktiver Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gegeben war.
Das BSG hat in dem Revisionsurteil vom 6. Mai 2004 – B 4 RA 44/03 R -, welches den Beteiligten bekannt ist und in dem es um einen Betriebsangehörigen des Parallelbetriebes VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen K gegangen ist, zu dieser Prüfung ausgeführt:
"Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Versorgungsberechtigung hängt im Bereich der AVItech gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO – AVItech) vom 17. August 1950 ( ...) und § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) zur VO AVItech vom 24. Mai 1951 ( ...) von drei Voraussetzungen ab:
Der Betroffene muss- berechtigt gewesen sein, eine der in § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB genannten Berufsbezeichnungen zu führen, und
- eine dem bezeichnenden Beruf entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben und zwar
- für einen Arbeitgeber der einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder der einen solchen Betrieb durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellt worden war."
Im hiesigen Verfahren ist nur die letzte dieser Voraussetzungen im Streit. In der genannten Entscheidung heißt es hierzu weiter:
"Die og betriebliche Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung eines Betroffenen in die AVItech zum 1. August 1991 ist ua nur erfüllt, wenn der VEB ein Produktionsbetrieb (der Industrie oder des Bauwesens) war. Materiell-rechtlich kommt es allein darauf an, ob der vom arbeitgebenden VEB tatsächlich verfolgte Hauptzweck auf die industrielle Fertigung (Fabrikation, Herstellung, Produktion) von Sachgütern ausgerichtet war.
( )
Die Frage, was der tatsächliche Hauptzweck eines bestimmten VEB war, ist keine Rechtsfrage; sie betrifft vielmehr die Haupttatsache, von deren Vorliegen die Erfüllung der o.g. betrieblichen Voraussetzung abhängt. Welche Aufgabe dem VEB faktisch das Gepräge gegeben hat, kann allein aufgrund der konkreten tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen VEB beurteilt werden. Die Tatsacheninstanzen haben nach Bundesrecht aufgrund der tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben, der Organisation und der Mittelverwendung durch Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 SGG) zu klären, welcher Hauptzweck tatsächlich verfolgt wurde. Hierfür können z.B. Eintragungen in die Liste der volkseigenen Betriebe, Statuten und Geschäftsunterlagen, ebenso aber auch die Zuordnung zu einem bestimmten Ministerium der DDR wichtige Hilfstatsachen (Indizien) sein, welche bei der Beweiswürdigung für die Geprägefeststellung erheblich werden können. Das Ergebnis der Beweiswürdigung des Tatsachengerichts ist die tatsächliche Feststellung, dass ein bestimmter Hauptzweck tatsächlich verfolgt wurde, anders gesprochen, dass bestimmte Aufgaben dem VEB sein Gepräge gegeben haben."
Diese Ausführungen macht sich der Senat zu Eigen.
In der Gesamtschau der hier vorliegenden Unterlagen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der VEB Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B allenfalls untergeordnet von einer Produktherstellung geprägt war. Übergeordnet waren die Aufgaben des Vertriebs und insbesondere des Services (Reparaturleistungen):
Für die Annahme eines Produktionsbetriebes sprechen nur der Umstand, dass der VEB letztlich einem Industrieministerium unterstanden hat und – nach den Angaben des Klägers – im Rahmen der Planwirtschaft der Produktion zugerechnet wurde. Diese Indizien allein vermögen aber in der Gesamtschau die gegen einen Produktionsbetrieb sprechenden Umstände nicht aufzuwiegen. Auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Urteil wird zunächst Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Sowohl nach den Schreiben der Nachfolgeunternehmen des Stammbetriebes, welche bereits das SG zutreffend gewürdigt hat, als auch nach der Widerspruchsbegründung des Klägers selbst umfasste der VEB Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen Kundendienst- und Serviceaufgaben für verschiedene Erzeugnisse der Unterhaltungselektronik direkt vor Ort mit den Schwerpunkten Wartung, Pflege und Reparatur. Dass dazu auch Reparaturmethoden selbst entwickelt und angewendet wurden einschließlich der Wiederverwendung (Regenerierung) und hierfür auch geforscht wurde, gibt der Tätigkeit nicht das Gepräge eines Produktionsbetriebes. Ohne Relevanz ist auch der Umstand, dass nur relativ wenige Mitarbeiter im eigentlichen Vertrieb beschäftigt waren. Die überwiegenden Aufgaben der anderen lagen im Service und Kundendienst. Soweit im Rahmen dieser Tätigkeiten für die Produktionsbetriebe durch Mitwirkung bei der Erzeugnisentwicklung und Qualitätssicherung zugearbeitet wurde, stellt dies auch kein Indiz für eine eigene Produktion dar. Vielmehr handelte es sich um Dienstleistungen.
Auch die Angaben in den Registern sprechen gegen die Annahme, dass der VEB Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B ein Produktionsbetrieb gewesen ist:
Der Registereintrag des Kombinats (Registernummer 101-07-1106 des Registers der volkseigenen Wirtschaft des Bezirks Magdeburg) führt als Betriebe des Kombinats VEB Kombinat Rundfunk und Fernsehen insgesamt 30 Betriebe auf, darunter alleine 10 Betriebe wie der des Klägers mit der Bezeichnung VEB RTF Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen. Die zehn Industrievertriebsbetriebe deckten die Bezirke der DDR ab. Dass ein nur regional zuständiges Unternehmen selbst Produkte im größeren Umfange hergestellt hat, erscheint wenig wahrscheinlich.
Aus dem Gründungsstatut ergibt sich ebenfalls nicht, dass Zweck des Unternehmens die Produktion gewesen ist. In der Anweisung Nr. 3/77 des Generaldirektors des VVB Rundfunk und Fernsehen vom 30. November /2. Dezember 1977 heißt es in § 8: "Der VEB RFT Industrievertrieb RuF B ist verantwortlich für die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung der B – auf dem Gebiet der Dienstleistungen, des Kundendienstes und der Ersatzteilbereitstellung und elektronischen Konsumgütern entsprechend Vorsorgungsplan." Aufgabe war es demnach nicht, elektronische Konsumgüter selbst herzustellen, sondern nur für die bedarfsgerechte Versorgung zu sorgen.
Über den Geschäftsbetrieb zum maßgeblichen Stichtag 30. Juni 1990 gibt schließlich der Bericht über die Prüfung der DM-Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1990 des Rechtsnachfolgers des Betriebes Aufschluss, der RFT gesellschaft mit beschränkter Haftung B Aufschluss. Dort ist als Gegenstand des Unternehmens im Hinblick auf Produktion lediglich die Projektierung und Errichtung von elektroakustischen Anlagen der Telekommunikation angegeben, ein Geschäftsbereich, der neu bestimmt wurde. Mit Telefonanlagen hatte sich der bisherige VEB Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B nach Aktenlage nie beschäftigt. Ansonsten ist Gegenstand des Unternehmens der Vertrieb und der Handel einschließlich des Services.
Die Gesellschaft verfügte nach dem Bericht über insgesamt 29 Mietobjekte, in denen Werkstätten und Ladengeschäfte unterhalten wurden. Die Grundfläche der einzelnen Objekte schwankte nur zwischen 65 m2 und 975 m2. Zusätzlich gab es in der R-Str. 39/41 ein Lager und Büro mit 3140 m2. Die Annahme einer überwiegenden Produktionstätigkeit – gar im industriellen Maßstab – bei einer großen Zahl von kleinen Werkstätten und Läden liegt fern. Unter "wirtschaftlichen Grundlagen" kennzeichnet das Prüfgutachten den Betrieb als einen Facheinzelhandel für Unterhaltungselektronik mit umfangreichem Servicebereich. In der Vergangenheit habe der Umsatzschwerpunkt im Servicebereich gelegen. Zwischenzeitlich sei eine Verlagerung vom Dienstleistungsbereich in den Bereich des Facheinzelhandels erkennbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen. Ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG liegt nicht vor.
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Aus
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