Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 10 RA 406/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 R 1191/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 29. April 2005 wird verworfen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungs-verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist in der Hauptsache streitig, ob die Klägerin Anspruch auf eine Altersrente nach § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hat. Vorab ist jedoch darüber zu entscheiden, ob das Sozialgericht Berlin die Klage mangels Vorlage einer wirksamen Prozessvollmacht des klägerischen Prozessbevollmächtigten für das Klageverfahren zu Recht als unzulässig abgewiesen hat.
Die 1927 in M geborene Klägerin wurde, nachdem ihr Vater als langjähriger Funktionär und Reichstagsabgeordneter der KPD im Konzentrationslager Dachau ermordet worden war, zusammen mit ihren Zwillingsschwestern und ihrer Mutter im April 1937 ausgebürgert. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Familie bereits in der Sowjetunion, in die sie aus Furcht vor weiterer physischer und psychischer Bedrohung bereits im November 1933 nach Durchgangsstationen in Paris und London geflüchtet war. Die Klägerin verbrachte ihre Schul- und Studienzeit und ihr weiteres Erwerbsleben - im wesentlichen als Dolmetscherin - in der Sowjetunion. Von Juli 1982 bis August 1996 bezog sie Altersrente nach den Vorschriften der ehemaligen UdSSR beziehungsweise Russlands. Mit Einbürgerungsurkunde vom 08. Januar 1996, ausgehändigt am 22. Februar 1996, wurde der Klägerin wieder die deutsche Staatsangehörigkeit zuerkannt. Nach ihren Angaben ist sie im August 1996 in Berlin zugezogen und lebt hier nach dem Tode ihrer Mutter seit März 1998 bei ihrer Schwester, Dr. Emmi Wolf. Der Ehemann der Klägerin sowie ihre drei Kinder verblieben in Moskau.
Am 04. November 1997 stellte die Klägerin bei der Beklagten mit eigenhändig unterschriebenem Formvordruck einen Antrag auf Gewährung von Regelaltersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres und gab als ihren Bevollmächtigten Herrn G R an. Hierzu legte sie eine "Generalvollmacht" vom 18. November 1996 vor, wonach dieser berechtigt sei, ihre sämtlichen Angelegenheiten wahrzunehmen; er sei befugt, für sie die Klägerin in gesetzlicher Weise ohne Einschränkung jede rechtlich bedeutsame Handlung vorzunehmen, die von ihr und ihr gegenüber nach dem Gesetz vorgenommen werden könne, und zwar mit denselben Wirkungen, wie wenn sie selbst gehandelt hätte. Die Vollmacht umfasse insbesondere das Recht, sie gegenüber Gerichten, Behörden, sonstigen öffentlichen Stellen und Privatpersonen gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten sowie alle Prozesshandlungen für sie vorzunehmen, bewegliche Sachen, Grundstücke und Rechte für sie zu erwerben oder zu veräußern, Zahlungen oder Wertgegenstände für sie anzunehmen, zu quittieren oder Zahlungen vorzunehmen, sie in Nachlassangelegenheiten umfassend zu vertreten, Kündigungen von Todes wegen anzufechten oder anzuerkennen, Erbschaften anzunehmen oder auszuschlagen sowie alle Handlungen vorzunehmen, die zur vollständigen Regelung von Nachlässen und zur Teilung erforderlich oder förderlich seien. Die Vollmacht schließe für den Bevollmächtigten dessen Befreiung von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch BGB ein. Der Bevollmächtigte sei berechtigt, für bestimmte Arten von Geschäften oder für einzelne Geschäfte Untervollmacht zu erteilen. Diese Vollmacht gelte über ihren Tod hinaus, könne aber von ihr oder nach ihrem Ableben von ihren Erben widerrufen werden. Früher an andere Personen erteilte Vollmachten seien hiermit widerrufen. Unterschrieben war die schriftliche "Generalvollmacht" eigenhändig von der Klägerin. Ihre Unterschrift ist notariell beglaubigt worden (Urkundsnummer 445/1996 der Notarin D vom 18. November 1996).
Mit Bescheid vom 16. Juli 1999 wurde der Rentenantrag der Klägerin mit der Begründung abgelehnt, die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten mit Beitragszeiten gemäß § 50 SGB VI sei nicht erfüllt. Auch über die Regelung des Fremdrentengesetzes (FRG) ergebe sich keine Erfüllung der allgemeinen Wartezeit, da die Klägerin nicht zu den Personenkreisen der §§ 1 oder 17 a FRG beziehungsweise § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) gehöre.
Hiergegen erhob "in Vollmacht seiner Mandantin" der Prozessbevollmächtigte am 19. August 1999 Widerspruch, der mit ausführlichem Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2003 zurückgewiesen wurde.
Gegen den am 18. Dezember 2003 an den Bevollmächtigten der Klägerin abgesandten Widerspruchsbescheid hat der Prozessbevollmächtigte per Telefax vom 18. Januar 2004 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben und mit der Klage auch die "Generalvollmacht" vom 18. November 1996 sowie den Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2003 gefaxt.
Der Kammervorsitzende hat den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 27. Januar 2004 gebeten, eine Klagebegründung sowie eine auf das Gerichtsverfahren bezogene Originalvollmacht einzureichen und zu erklären, in welchem Verhältnis er zu der Klägerin stünde ("Hintergrund der Vollmachterteilung").
Nachdem sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hierauf nicht gemeldet hatte, hat der Vorsitzende der Kammer mit weiterem Schreiben vom 05. Mai 2004 den Prozessbevollmächtigten der Klägerin darauf hingewiesen, dass entgegen § 73 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz SGG eine schriftliche, auf ihn lautende Vollmacht der Klägerin nicht zu den Gerichtsakten eingereicht oder zur Niederschrift des Gerichts erteilt worden sei; eine vollmachtlose Klage könne als unzulässig abgewiesen werden; es werde auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. Januar 1986, Az.: 11 a RA 34/85, hingewiesen, wonach eine Heilung des Mangels der nicht vorgelegten Vollmacht in der Berufungsinstanz nicht möglich sei. Es werde Gelegenheit gegeben, die Vollmacht binnen einem Monat nach Erhalt dieses Schreibens nachzureichen. Innerhalb dieser Frist sei die Klage auch zu begründen und ein genauer Klageantrag zu stellen sowie die Frage des Gerichts vom 27. Januar 2004 zu beantworten. Es werde erwogen, über die Klage mittels Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin telefonisch auf der Geschäftsstelle der 10. Kammer des Sozialgerichts Berlin u. a. um Mitteilung gebeten hatte, warum die übersandte Generalvollmacht nicht ausreiche, hat der Vorsitzende der 10. Kammer mit Schreiben vom 15. Juli 2004 "an die Vollmacht und die Beantwortung der gestellten Fragen zu seiner Person sowie eine Klagebegründung" erinnert.
Mit Schriftsatz vom 26. September 2004 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf seine "Generalvollmacht" Bezug genommen und nochmals um Mitteilung gebeten, welche Gestalt eine Bevollmächtigung für den Fall, dass die vorliegende nicht ausreichen würde, haben sollte.
Mit Schreiben des Vorsitzenden der 10. Kammer vom 28. September 2004 ist ihm daraufhin u. a. mitgeteilt worden, dass hinsichtlich der "Generalvollmacht" erhebliche Zweifel an deren Gültigkeit bestünden, da ein so weitgehender Verzicht auf Autonomie sittenwidrig und damit rechtswidrig sein könnte; erforderlich sei gemäß § 73 a SGG in jedem Fall eine Vollmacht, die auch auf das individuelle Verfahren bezogen sei. Er der Vorsitzende möchte insgesamt anregen, ernsthaft zu überlegen, ob die durchaus nicht trivialen Rentenangelegenheiten der Klägerin nicht besser von einem mit dem Sozialrecht vertrauten Rechtsanwalt betreut oder gerichtlich geltend gemacht werden sollten. Aufgrund des bisherigen Verfahrensverlaufs und der offensichtlich regelmäßigen Abwesenheit (Auslandsaufenthalt) des Prozessbevollmächtigten sei der Eindruck entstanden, dass dieser zwar altruistische Motive habe und der Klägerin zu ihrem Recht verhelfen wolle, mit der komplexen prozess- und materiellrechtlichen Materie aber vielleicht etwas überfordert sei.
Mit weiterem Schreiben vom 21. Januar 2005 hat der Kammervorsitzende den Prozessbevollmächtigten der Klägerin letztmalig aufgefordert, binnen zwei Wochen auf das Schreiben vom 28. September 2004 zu antworten, andernfalls verbleibe es bei seinem Schreiben vom 05. Mai 2004.
Durch Gerichtsbescheid vom 29. April 2005 ist die Klage als unzulässig abgewiesen worden. Zur Begründung wird in den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheides im Wesentlichen ausgeführt, dass die in Kopie eingereichte Generalvollmacht vom 18. November 1996 nicht die Anforderungen an eine wirksame Vollmacht erfüllen würde. Es sei weder ein konkreter Bezug zum Klageverfahren erkennbar, da die Generalvollmacht bereits im November 1996, lange vor Beginn des Klageverfahrens, ausgestellt worden sei; zudem sei die "Generalvollmacht" so umfassend formuliert, dass sie dem Prozessbevollmächtigten jede nur erdenkliche rechtlich bedeutsame Handlung mit Wirkung für die Klägerin ermögliche und dabei auch die Vertretung gegenüber Gerichten mit einschließe. Ihr Wortlaut schließe daher das hiesige Gerichtsverfahren nicht aus. Allerdings mangele es sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht an irgendeinem Hinweis auf das konkrete Verfahren, den das Gericht für erforderlich halte. Die globale Bevollmächtigung einer dritten, offensichtlich nicht verwandten Person hinsichtlich jeglichen rechtlichen Handelns durch eine natürliche Person ohne zeitliche und sachliche Beschränkung und ohne erkennbaren wichtigen Grund stelle anders als bei juristischen Personen nach Auffassung der Kammer eine Aufgabe der Privatautonomie und eine Einschränkung der grundgesetzlich geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit der Vollmachtgeberin dar, die mit den guten Sitten nicht vereinbar sei. Sie sei daher gemäß § 138 in Verbindung mit § 167 BGB nichtig und im konkreten Klageverfahren unbeachtlich.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 30. Juni 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser zu Händen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Berlin am 01. August 2005 Berufung eingelegt und sich zur Begründung auf sein bisheriges Vorbringen bezogen. Er hat im Berufungsverfahren auf entsprechende Anforderung einer Prozessvollmacht wiederum in Kopie seine "Generalvollmacht" vom 18. November 1996 übersandt.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der aufgefordert worden ist, bis spätestens in der Sitzung des Senats am 21. Dezember 2005 die Originalurkunde der "Generalvollmacht" vorzulegen, ist ebenso wenig wie die Klägerin im Termin am 21. Dezember 2005 erschienen.
Der Senat geht davon aus, die Klägerin wolle beantragen,
den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2003 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 29. April 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr, der Klägerin, Altersrente zu gewähren,
hilfsweise,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 29. April 2005 aufzuheben und die Sache an das Sozialgericht Berlin zurückzuverweisen.
Der im Termin erschienene Prozessvertreter der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 29. April 2005 aufzuheben und die Sache an das Sozialgericht Berlin zurückzuverweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten (Gz.: ), die dem Senat vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Dem Senat ist verwehrt, in der Sache, d. h. nach materiellem (Rentenversicherungs )Recht zu entscheiden, denn die Berufung der Klägerin ist wegen Formverstoßes unzulässig und damit nach § 158 Satz 1 SGG zu verwerfen. Das nach § 105 Abs. 2 Satz 1 richtige Rechtsmittel der Berufung ist zwar gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft, es ist auch fristgerecht im Sinne des § 151 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG eingelegt worden.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. April 2005 nämlich zur Niederschrift der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Berlin innerhalb der Monatsfrist des § 151 Abs. 1 SGG am 01. August 2005, dem Ablauftag der Monatsfrist, eingelegt. Der Lauf der Frist begann gemäß § 64 Abs. 1 SGG mit dem Tag nach der Zustellung der Ausfertigung des Gerichtsbescheides am 30. Juni 2005. Die Frist begann auch dann zu laufen, wenn man wie das Sozialgericht Berlin von einer unwirksamen Bevollmächtigung des Zustellungsadressaten Herrn G R ausgeht. Denn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin war "bestellter" Prozessbevollmächtigter im Sinne von § 73 Abs. 3 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 172 Zivilprozessordnung ZPO , an den Mitteilungen des Gerichts und gerichtliche Zustellungen (hier nach § 63 Abs. 1 SGG) zu richten sind. Entscheidend ist dabei allein, ob der Prozessbevollmächtigte selbst sich ausdrücklich oder durch schlüssiges Handeln zum Prozessbevollmächtigten bestellt hat (Bundesgerichtshof BGH , Beschluss vom 22. Oktober 1986, VIII ZB 40/86, in NJW 1987, 440, zum Fall einer wegen Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers unwirksamen Vollmacht; vgl. auch Stein/Jonas/Roth, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 22. Auflage 2005, Band 2, § 172 Rz. 9). Dies ist geschehen; denn mit Vorlage einer Kopie der Generalvollmacht vom 18. November 1996 und gleichzeitiger Klageerhebung "namens und in Vollmacht der Klägerin" am 18. Januar 2004 hat sich Herr G R zum Prozessbevollmächtigten der Klägerin bestellt. Der Ablauftag der Monatsfrist fiel auf einen Sonnabend (30. Juli 2005), so dass die Frist gemäß § 64 Abs. 3 SGG erst mit Ablauf des nächsten Werktages (Montag/01. August 2005) ablief.
Nach § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 73 Abs. 1 Satz 1 SGG können sich die Beteiligten in jeder Lage des Verfahrens von Prozessbevollmächtigten vertreten lassen.
Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Berufungsverfahren wiederum in Kopie vorgelegte "Generalvollmacht" vom 18. November 1996 entspricht inhaltlich auch den rechtlichen Voraussetzungen an eine wirksame Prozessvollmacht nach § 73 Abs. 2, Abs. 4 SGG in Verbindung mit §§ 80, 81 ZPO. Denn sie lässt erkennen, wer bevollmächtigt ist, wer bevollmächtigt hat und wozu bevollmächtigt wurde. Es besteht kein Zweifel darüber, dass Herr GR Prozesshandlungen wirksam für die Klägerin vornehmen darf und der Umfang der "Generalvollmacht" auch die Prozessführung erster wie zweiter Instanz umfasst.Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgenommenen Prozesshandlungen würden die Klägerin somit binden, als hätte sie sie selbst vorgenommen (§ 73 Abs. 4 SGG in Verbindung mit § 85 Satz 1 ZPO). Dies ergibt sich aus Folgendem: Die "Generalvollmacht" vom 18. November 1996, bei der es sich um eine Vollmacht im Sinne des § 167 BGB, also um eine Willenserklärung, mit der die Klägerin gegenüber Herrn schriftlich Vertretungsmacht erteilt hat, ermächtigt den Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausdrücklich zur Prozessführung "gegenüber Gerichten " sowie "zur Vornahme aller Prozesshandlungen" auch in Vermögensangelegenheiten der Klägerin ("Der Bevollmächtigte ist berechtigt, meine sämtlichen Angelegenheiten wahrzunehmen."). Die Generalvollmacht ist ihrem Umfang nach nicht begrenzt; soweit es in der Urkunde heißt, dass "die Vollmacht insbesondere das Recht umfasst, gerichtlich zu vertreten sowie alle Prozesshandlungen vorzunehmen", enthält sie keine Beschränkung, sondern lässt den Willen der Klägerin als Vollmachtgeberin erkennen, dass Herr G R, der in der Urkunde als Vollmachtnehmer ausdrücklich bezeichnet ist, ihr Prozessbevollmächtigter ist. Soweit das Sozialgericht die Generalvollmacht gemäß § 138 in Verbindung mit § 167 BGB für nichtig gehalten hat, kann dem nicht gefolgt werden. Eine sachlich rechtliche Generalvollmacht, die eine Prozessvollmacht als Bestandteil enthält, die zur Vornahme aller Gerichtsgeschäfte durch den Vertretenden befugt, ist rechtlich zulässig, soweit Vertretung überhaupt rechtsgeschäftlich zulässig ist (vgl. Palandt Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Auflage 2005, § 167 Anmerkung 2 b cc). Hierfür gibt es auch von Seiten der Klägerin gute Gründe; denn die Klägerin befand sich bei Ausstellung der von ihr eigenhändig unterschriebenen Generalvollmacht bereits im 69. Lebensjahr; sie bewegte sich erst kurz seit August 1996 in einem ihr unbekannten Rechtskreis, in den sie aus Russland zugezogen war. Dass sie sich in dieser Situation eines Prozessbevollmächtigten ihres Vertrauens zur Vertretung ihrer Rechte bediente, ist durchaus verständlich und nicht außergewöhnlich. Auch die Einlegung der Klage und der Berufung, die der Verfolgung eines Altersrentenanspruchs der Klägerin dienen, ist durch den Umfang der Vollmacht gedeckt, da es sich um einen Vermögensanspruch der Klägerin handelt, dessen Durchsetzung höchstpersönliche Erklärungen der Klägerin, bei denen sie sich nicht vertreten lassen kann, nicht verlangt. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin musste auch keine neue (Prozess)Vollmacht im Hinblick auf die bereits seit 1996 bestehende Generalvollmacht zur Einlegung der Klage/Berufung vorlegen. Denn einerseits sind nach § 167 BGB Dauervollmachten rechtlich zulässig und andererseits verfolgt die Klägerin einen Anspruch auf Altersrente bereits seit 1996 mit der Antragstellung bei der Beklagten, schon damals vertreten durch den Bevollmächtigten GR. Da der geltend gemachte Anspruch auf Altersrente der Existenzsicherung der Klägerin dient, sie ausweislich ihrer schriftlichen Erklärungen bereits im Verwaltungsverfahren diesen Anspruch unbedingt weiterverfolgt, deckt die Prozessvollmacht in der Generalvollmacht vom 18. November 1996 auch die gesamte weitere Prozessführung vor den Sozialgerichten. Zwar ist dem Sozialgericht Berlin darin beizupflichten, dass die Prozessvollmacht in der Generalvollmacht vom 18. November 1996 nicht ausreichend konkret ist; denn daraus ist nur ersichtlich, wer wen wann und wozu generell-abstrakt bevollmächtigt hat, jedoch fehlt jeder Hinweis auf ein konkretes Gerichtsverfahren in der Generalvollmacht selbst. Dieser Bezug lässt sich aber durch die konkreten Umstände hier ohne weiteres herstellen (vgl. hierzu BFH, Beschluss vom 31. Juli 1996, III R 137/95, juris, mit weiteren Nachweisen, und Ulmer, in Hennig, SGG, § 73 Rz. 7). Denn die Generalvollmacht, auf die sich der Prozessbevollmächtigte zum Nachweis seiner Bevollmächtigung auch bezogen hat, wurde als Anlage der Klage vom 18. Januar 2004 gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2003 mit Angabe des Geschäftszeichens der Beklagten mitgefaxt; im Berufungsverfahren hat der Prozessbevollmächtigte ebenfall die Generalvollmacht zum Nachweis seiner Bevollmächtigung in Kopie vorgelegt. Bei der gebotenen Zusammenschau der Unterlagen wird somit dem Mangel der fehlenden Konkretisierung der Prozessvollmacht sowohl durch die Klageschrift als auch durch die Einlegung der Berufung zu Händen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Berlin abgeholfen. Hinweise für eine rechtsmissbräuchliche Vertretung im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes liegen im Übrigen nicht vor.
Nach § 73 Abs. 2 Satz 1 SGG ist die Vollmacht aber schriftlich zu erteilen und bis zur Verkündung einer Entscheidung einzureichen. Die Generalvollmacht ist zwar schriftlich im Sinne der Vorschrift erteilt worden. Sie ist aber trotz Aufforderung des Berichterstatters im Berufungsverfahren nicht im Original zu den Akten gereicht worden.
Im Einzelnen:
Die Generalvollmacht ist im Klageverfahren nur per Telefax übersandt und die Originalurkunde auch nicht zu den Akten gereicht worden, so dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Klageverfahren als vollmachtloser Vertreter gehandelt hat. Zur Rechtswirksamkeit der Prozessvollmacht hat aber nach § 73 Abs. 2 Satz 1 SGG in jedem Falle die Einreichung der Vollmachtsurkunde zu den Akten zu erfolgen, und zwar im Original; in Fotokopie oder als Telefax reicht nicht aus. Diese Formvorschrift ist vergleichbar auch in § 67 Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Finanzgerichtsordnung geregelt. Insoweit ist die Rechtsprechung aus der Finanz- und Verwaltungsgerichtsbarkeit auch auf die Sozialgerichtsbarkeit übertragbar und umgekehrt. Die Formvorschrift hat vor allem den Zweck, die Erhebung von unberechtigten Klagen in fremdem Namen zu verhüten, d. h. das Auftreten von vollmachtlosen Prozessvertretern zu unterbinden. Weiterhin ist auch an die Belange des Datenschutzes zu denken, da die Prozessbevollmächtigten über die Akteneinsicht unter Umständen sehr persönliche und intime Daten erfahren können. Verschiedene Landessozialgerichte haben eine Vollmachtsvorlage per Fax genügen lassen (z. B. LSG Berlin, Urteil vom 07. Februar 1991, L 10 An 21/90, in JURIS veröffentlicht; LSG Nordrhein Westfalen, Breithaupt 1990, 95 ff.). Demgegenüber hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 14. März 1996 (BFHE 179, 569) die Ansicht vertreten, dass die durch den Prozessbevollmächtigten übermittelte Telekopie/Telefax der Prozessvollmacht zur Wahrung der gemäß § 62 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung gesetzten Ausschlussfrist nicht ausreiche. Ähnliches vertritt seit längerem auch der Bundesgerichtshof (vgl. BGHZ 126, 266). Auf der anderen Seite existiert eine Vielzahl von Urteilen des Bundesfinanzhofs und des Bundesgerichtshofs, wonach eine Prozessvollmacht auch durch Telegramm und durch ein Telefax erteilt werden kann (vgl. Ulmer: Wirksame Klage eines Anwalts per Fax?, in: Die Sozialgerichtsbarkeit 2003, Seite 671 ff., mit den entsprechenden Nachweisen der Rechtsprechung in den Fußnoten 16 und 17). Nach neuerer Auffassung im Schrifttum (vgl. Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Auflage 2005, 6. Kapitel 6.3 Rdnr. 44; Keller/Leitherer, in: Meyer Ladewig, SGG, 8. Auflage 2005, § 73 Rdnr. 13) wahrt auch ein Telefax die Schriftform im sozialgerichtlichen Verfahren: Grundsätzliche Akzeptierung der elektronischen Übertragung, auch die Übermittlung einer Textdatei per E mail oder Computerfax) als formwirksam durch den Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes (Beschluss vom 05. April 2000, GmS OGB 1/98, SozR 3 1750 § 130 Nr. 1) lasse ein Festhalten an dieser Formstrenge unter Berücksichtigung des durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und der Rechtsvorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. Juli 2001 (BGBl. I Seite 1541) neu eingefügten § 108 a SGG nicht mehr zu. Dieser Rechtsansicht folgt der Senat nicht.
Nach § 108 a SGG können Parteien Erklärungen, für die die Schriftform vorgesehen ist, auch als elektronisches Dokument abgeben, wenn dies für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist. Die verantwortende Person soll das Dokument aber mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen. Letzteres ist zwar nur eine Soll Vorschrift; eine solche Einfügung ist technisch aber bei einem Fax nicht möglich. Die kopierte Unterschrift ist bereits keine "elektronische Signatur" (vgl. Dästner, NJW 2001, 3470 unter Hinweis auf die Intention des Gesetzgebers). Diese liegt nach der Legaldefinition des § 2 Signaturgesetz vor, wenn Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verknüpft sind und die zur Authentifizierung dienen. Letzteres ist bei einer Kopie oder einem Telefax nicht der Fall. Dies zeigt daher im Gegenteil, dass die Schriftform nicht generell durch eine (Tele)Kopie ersetzt werden kann. Im Übrigen haben die Bundesländer bisher diese Bestimmung für das sozialgerichtliche Verfahren nicht wie in § 108 a Abs. 2 SGG vorgesehen - umgesetzt (Leitherer, in: Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage 2005, § 108 a Rz. 2 a), so dass sie zurzeit ohnehin nicht angewandt werden kann. Weiterhin ist der über § 202 SGG anwendbare § 130 Nr. 6 ZPO dahingehend geändert, dass bei der Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in Kopie genügt. Damit wird jedoch nur die bereits gefestigte Rechtsprechung nachgezeichnet, wonach die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig ist (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 05. April 2000 mit weiteren Nachweisen). Diese Vorschrift bezieht sich aber nur auf den Inhalt der Schriftsätze, d. h., sie ist auf eine Vollmacht gar nicht anwendbar. Zudem handelt es sich um eine Soll Vorschrift. Wenn aber die fehlende Wiedergabe der Unterschrift in Kopie unschädlich ist, dann wird klar, dass der Regelungsgegenstand dieser Vorschrift etwas anderes ist. Sie betrifft allein die Form, in der das Dokument das Gericht erreichen muss, um fristwahrend zu wirken (vgl. § 130 a Abs. 3 ZPO, § 108 a SGG). Damit berührt sie die Anforderungen, die an das Original zu stellen sind, nicht (vgl. zum Ganzen: Ulmer, Seite 672, auch unter Hinweis auf ein neueres Urteil des BFH, NV 2002, 1597 ff.). Eine derart kopierte Vollmacht erfüllt auch nach den zeitgleich geänderten Bestimmungen des BGB nicht das Erfordernis für eine Schriftform, sondern bloß der Textform im Sinne des neuen § 126 b BGB. § 126 a BGB bestimmt demgegenüber ausdrücklich, dass, soweit die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden soll, der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen muss. Da diese Einfügung in das BGB zeitgleich vorgenommen wurde (Palandt/Heinrichs, BGB, § 126 a Anm. 1 a), ist es zulässig, von dieser Norm auf den Willen des Gesetzgebers in dem hier interessierenden Zusammenhang zu schließen. Damit ändert sich durch diese Reform nichts an der bisherigen Rechtslage.
Aber auch Sinn und Zweck der Vorschrift des § 73 Abs. 2 Satz 2 SGG gebieten ein Festhalten an der bisherigen Rechtslage. Nach § 73 Abs. 2 Satz 2 SGG soll durch das Schriftlichkeitserfordernis sichergestellt werden, dass die als Prozessbevollmächtigte eines Beteiligten auftretende Person tatsächlich von diesem bevollmächtigt worden ist. Dieser Nachweis kann, wenn er durch schriftliche Vollmacht zu erbringen ist, allein durch Vorlage der Urkunde selbst geführt werden. Insoweit geht es nicht um die rechtzeitige Einreichung eines Schriftsatzes unter Wahrung der Schriftform mittels moderner Übertragungsmittel, sondern um den Nachweis eines tatsächlichen Geschehens mittels Schriftstücken, die ihrer Funktion, Beweis zu erbringen, auch gerecht werden können. Schriftstücke, die lediglich die Kopie einer Urkunde über ein solches Geschehen hier der Bevollmächtigung enthalten (Fotokopien, Telefaxe), genügen dem nicht; sie haben im Rechtsverkehr keine Beweiskraft (vgl. Ulmer, Seite 673, unter Hinweis auf entsprechende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs). Die Zulässigkeit des Rechtsmittels hängt von der Wirksamkeit der Vollmacht ab, Zweifel dürfen hier nicht verbleiben. Dies spricht entscheidend gegen die Zulässigkeit einer Vollmachtsvorlage per Telefax.
Eine Heilung des Mangels ist auch in der Rechtsmittelinstanz noch möglich, wenn das Sozialgericht ein Prozessurteil erlassen hat, ohne eine Frist zur Vorlage der Originalvollmacht festzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 23. Januar 1985, 1 a RA 34/85, SozR 1500 § 73 SGG Nr. 5). Eine Frist zur Vorlage der ausreichenden Originalurkunde in Gestalt der Generalvollmacht hat das Sozialgericht aber nicht gesetzt, was seiner Rechtsansicht zur Nichtigkeit der Generalvollmacht auch entsprach.
Das Sozialgericht hat in seinem letzten, an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerichteten Schreiben vom 21. Januar 2005 nicht die Vorlage der Generalvollmacht im Original gefordert, sondern unter Bezugnahme auf sein vorheriges Schreiben vom 28. September 2004 nochmals seine Zweifel daran zum Ausdruck gebracht, dass überhaupt eine Prozessvollmacht im Sinne des § 73 SGG vorliege. Darauf, dass eine Prozessvollmacht als Originalurkunde vorzulegen sei, hat das Gericht zwar in seinem Schreiben vom 27. Januar 2004 nach Eingang der Klage hingewiesen; dies war aber nicht mehr Gegenstand der nachfolgenden Schreiben vom 05. Mai 2004 und vom 28. September 2004, auf die sich das letzte, entscheidende fristsetzende Schreiben des Sozialgerichts vom 21. Januar 2005 bezog. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat im Übrigen noch mit Schreiben vom 26. September 2004 auch um einen Hinweis gebeten, "welche Gestalt" eine gültige Bevollmächtigung haben sollte. Daraufhin hat das Sozialgericht nicht etwa auf das Fehlen einer Originalurkunde hingewiesen, sondern nochmals seine "erheblichen Zweifel an der Gültigkeit, da ein so weitgehender Verzicht auf Autonomie sittenwidrig und damit rechtswidrig sein könnte" bezogen auf den Inhalt der Generalvollmacht mit Schreiben vom 28. September 2004 zum Ausdruck gebracht. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin konnte also zum Zeitpunkt des Schreibens des Sozialgerichts vom 21. Januar 2005 nicht davon ausgehen, dass die Vorlage der Generalvollmacht "binnen zwei Wochen" ausreichen würde; er wusste aber auch nicht, welche anderer Vollmacht dem Sozialgericht genügen würde. Insoweit lässt sich feststellen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin lediglich durch die Rechtsmeinung des Sozialgerichts zur Generalvollmacht als nicht ausreichender Prozessvollmacht daran gehindert gewesen ist, die Generalvollmacht als Originalurkunde auch schon im Klageverfahren vorzulegen und so die Zulässigkeitsvoraussetzungen zu erfüllen. Unter diesen Voraussetzungen hätte auch noch nach dem die Instanz abschließenden Erlass des Prozess-Gerichtsbescheides vom 29. April 2005 im Berufungsverfahren der Mangel der nicht im Original vorgelegten Vollmacht geheilt werden können; diese Möglichkeit wäre nur abgeschnitten gewesen, wenn das Sozialgericht mit seinem fristsetzenden Schreiben vom 21. Januar 2005, anstelle eine neue Prozessvollmacht zu verlangen, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin aufgefordert hätte, die ausreichende Generalvollmacht im Original "binnen zwei Wochen" zu den Akten zu reichen.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat aber trotz schriftlicher Bitte des Berichterstatters vom 15. Dezember 2005, bis zum Ende der mündlichen Verhandlung das Original der Generalvollmacht vorzulegen, weil ansonsten die Berufung als unzulässig verworfen werden könnte, die Originalurkunde weder übersandt noch in der mündlichen Verhandlung, zu der er nicht erschienen ist, überreicht. Insoweit ist der Mangel nicht geheilt worden.
Die Kostenentscheidung, die dem Ausgang des Rechtsstreits entspricht, beruht auf § 193 Abs.1 Satz 1 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da es an den Voraussetzungen hierfür gemäß § 160 Abs. 1, 2 Nr. 1 und 2 SGG fehlt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist in der Hauptsache streitig, ob die Klägerin Anspruch auf eine Altersrente nach § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hat. Vorab ist jedoch darüber zu entscheiden, ob das Sozialgericht Berlin die Klage mangels Vorlage einer wirksamen Prozessvollmacht des klägerischen Prozessbevollmächtigten für das Klageverfahren zu Recht als unzulässig abgewiesen hat.
Die 1927 in M geborene Klägerin wurde, nachdem ihr Vater als langjähriger Funktionär und Reichstagsabgeordneter der KPD im Konzentrationslager Dachau ermordet worden war, zusammen mit ihren Zwillingsschwestern und ihrer Mutter im April 1937 ausgebürgert. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Familie bereits in der Sowjetunion, in die sie aus Furcht vor weiterer physischer und psychischer Bedrohung bereits im November 1933 nach Durchgangsstationen in Paris und London geflüchtet war. Die Klägerin verbrachte ihre Schul- und Studienzeit und ihr weiteres Erwerbsleben - im wesentlichen als Dolmetscherin - in der Sowjetunion. Von Juli 1982 bis August 1996 bezog sie Altersrente nach den Vorschriften der ehemaligen UdSSR beziehungsweise Russlands. Mit Einbürgerungsurkunde vom 08. Januar 1996, ausgehändigt am 22. Februar 1996, wurde der Klägerin wieder die deutsche Staatsangehörigkeit zuerkannt. Nach ihren Angaben ist sie im August 1996 in Berlin zugezogen und lebt hier nach dem Tode ihrer Mutter seit März 1998 bei ihrer Schwester, Dr. Emmi Wolf. Der Ehemann der Klägerin sowie ihre drei Kinder verblieben in Moskau.
Am 04. November 1997 stellte die Klägerin bei der Beklagten mit eigenhändig unterschriebenem Formvordruck einen Antrag auf Gewährung von Regelaltersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres und gab als ihren Bevollmächtigten Herrn G R an. Hierzu legte sie eine "Generalvollmacht" vom 18. November 1996 vor, wonach dieser berechtigt sei, ihre sämtlichen Angelegenheiten wahrzunehmen; er sei befugt, für sie die Klägerin in gesetzlicher Weise ohne Einschränkung jede rechtlich bedeutsame Handlung vorzunehmen, die von ihr und ihr gegenüber nach dem Gesetz vorgenommen werden könne, und zwar mit denselben Wirkungen, wie wenn sie selbst gehandelt hätte. Die Vollmacht umfasse insbesondere das Recht, sie gegenüber Gerichten, Behörden, sonstigen öffentlichen Stellen und Privatpersonen gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten sowie alle Prozesshandlungen für sie vorzunehmen, bewegliche Sachen, Grundstücke und Rechte für sie zu erwerben oder zu veräußern, Zahlungen oder Wertgegenstände für sie anzunehmen, zu quittieren oder Zahlungen vorzunehmen, sie in Nachlassangelegenheiten umfassend zu vertreten, Kündigungen von Todes wegen anzufechten oder anzuerkennen, Erbschaften anzunehmen oder auszuschlagen sowie alle Handlungen vorzunehmen, die zur vollständigen Regelung von Nachlässen und zur Teilung erforderlich oder förderlich seien. Die Vollmacht schließe für den Bevollmächtigten dessen Befreiung von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch BGB ein. Der Bevollmächtigte sei berechtigt, für bestimmte Arten von Geschäften oder für einzelne Geschäfte Untervollmacht zu erteilen. Diese Vollmacht gelte über ihren Tod hinaus, könne aber von ihr oder nach ihrem Ableben von ihren Erben widerrufen werden. Früher an andere Personen erteilte Vollmachten seien hiermit widerrufen. Unterschrieben war die schriftliche "Generalvollmacht" eigenhändig von der Klägerin. Ihre Unterschrift ist notariell beglaubigt worden (Urkundsnummer 445/1996 der Notarin D vom 18. November 1996).
Mit Bescheid vom 16. Juli 1999 wurde der Rentenantrag der Klägerin mit der Begründung abgelehnt, die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten mit Beitragszeiten gemäß § 50 SGB VI sei nicht erfüllt. Auch über die Regelung des Fremdrentengesetzes (FRG) ergebe sich keine Erfüllung der allgemeinen Wartezeit, da die Klägerin nicht zu den Personenkreisen der §§ 1 oder 17 a FRG beziehungsweise § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) gehöre.
Hiergegen erhob "in Vollmacht seiner Mandantin" der Prozessbevollmächtigte am 19. August 1999 Widerspruch, der mit ausführlichem Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2003 zurückgewiesen wurde.
Gegen den am 18. Dezember 2003 an den Bevollmächtigten der Klägerin abgesandten Widerspruchsbescheid hat der Prozessbevollmächtigte per Telefax vom 18. Januar 2004 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben und mit der Klage auch die "Generalvollmacht" vom 18. November 1996 sowie den Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2003 gefaxt.
Der Kammervorsitzende hat den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 27. Januar 2004 gebeten, eine Klagebegründung sowie eine auf das Gerichtsverfahren bezogene Originalvollmacht einzureichen und zu erklären, in welchem Verhältnis er zu der Klägerin stünde ("Hintergrund der Vollmachterteilung").
Nachdem sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hierauf nicht gemeldet hatte, hat der Vorsitzende der Kammer mit weiterem Schreiben vom 05. Mai 2004 den Prozessbevollmächtigten der Klägerin darauf hingewiesen, dass entgegen § 73 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz SGG eine schriftliche, auf ihn lautende Vollmacht der Klägerin nicht zu den Gerichtsakten eingereicht oder zur Niederschrift des Gerichts erteilt worden sei; eine vollmachtlose Klage könne als unzulässig abgewiesen werden; es werde auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. Januar 1986, Az.: 11 a RA 34/85, hingewiesen, wonach eine Heilung des Mangels der nicht vorgelegten Vollmacht in der Berufungsinstanz nicht möglich sei. Es werde Gelegenheit gegeben, die Vollmacht binnen einem Monat nach Erhalt dieses Schreibens nachzureichen. Innerhalb dieser Frist sei die Klage auch zu begründen und ein genauer Klageantrag zu stellen sowie die Frage des Gerichts vom 27. Januar 2004 zu beantworten. Es werde erwogen, über die Klage mittels Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin telefonisch auf der Geschäftsstelle der 10. Kammer des Sozialgerichts Berlin u. a. um Mitteilung gebeten hatte, warum die übersandte Generalvollmacht nicht ausreiche, hat der Vorsitzende der 10. Kammer mit Schreiben vom 15. Juli 2004 "an die Vollmacht und die Beantwortung der gestellten Fragen zu seiner Person sowie eine Klagebegründung" erinnert.
Mit Schriftsatz vom 26. September 2004 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf seine "Generalvollmacht" Bezug genommen und nochmals um Mitteilung gebeten, welche Gestalt eine Bevollmächtigung für den Fall, dass die vorliegende nicht ausreichen würde, haben sollte.
Mit Schreiben des Vorsitzenden der 10. Kammer vom 28. September 2004 ist ihm daraufhin u. a. mitgeteilt worden, dass hinsichtlich der "Generalvollmacht" erhebliche Zweifel an deren Gültigkeit bestünden, da ein so weitgehender Verzicht auf Autonomie sittenwidrig und damit rechtswidrig sein könnte; erforderlich sei gemäß § 73 a SGG in jedem Fall eine Vollmacht, die auch auf das individuelle Verfahren bezogen sei. Er der Vorsitzende möchte insgesamt anregen, ernsthaft zu überlegen, ob die durchaus nicht trivialen Rentenangelegenheiten der Klägerin nicht besser von einem mit dem Sozialrecht vertrauten Rechtsanwalt betreut oder gerichtlich geltend gemacht werden sollten. Aufgrund des bisherigen Verfahrensverlaufs und der offensichtlich regelmäßigen Abwesenheit (Auslandsaufenthalt) des Prozessbevollmächtigten sei der Eindruck entstanden, dass dieser zwar altruistische Motive habe und der Klägerin zu ihrem Recht verhelfen wolle, mit der komplexen prozess- und materiellrechtlichen Materie aber vielleicht etwas überfordert sei.
Mit weiterem Schreiben vom 21. Januar 2005 hat der Kammervorsitzende den Prozessbevollmächtigten der Klägerin letztmalig aufgefordert, binnen zwei Wochen auf das Schreiben vom 28. September 2004 zu antworten, andernfalls verbleibe es bei seinem Schreiben vom 05. Mai 2004.
Durch Gerichtsbescheid vom 29. April 2005 ist die Klage als unzulässig abgewiesen worden. Zur Begründung wird in den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheides im Wesentlichen ausgeführt, dass die in Kopie eingereichte Generalvollmacht vom 18. November 1996 nicht die Anforderungen an eine wirksame Vollmacht erfüllen würde. Es sei weder ein konkreter Bezug zum Klageverfahren erkennbar, da die Generalvollmacht bereits im November 1996, lange vor Beginn des Klageverfahrens, ausgestellt worden sei; zudem sei die "Generalvollmacht" so umfassend formuliert, dass sie dem Prozessbevollmächtigten jede nur erdenkliche rechtlich bedeutsame Handlung mit Wirkung für die Klägerin ermögliche und dabei auch die Vertretung gegenüber Gerichten mit einschließe. Ihr Wortlaut schließe daher das hiesige Gerichtsverfahren nicht aus. Allerdings mangele es sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht an irgendeinem Hinweis auf das konkrete Verfahren, den das Gericht für erforderlich halte. Die globale Bevollmächtigung einer dritten, offensichtlich nicht verwandten Person hinsichtlich jeglichen rechtlichen Handelns durch eine natürliche Person ohne zeitliche und sachliche Beschränkung und ohne erkennbaren wichtigen Grund stelle anders als bei juristischen Personen nach Auffassung der Kammer eine Aufgabe der Privatautonomie und eine Einschränkung der grundgesetzlich geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit der Vollmachtgeberin dar, die mit den guten Sitten nicht vereinbar sei. Sie sei daher gemäß § 138 in Verbindung mit § 167 BGB nichtig und im konkreten Klageverfahren unbeachtlich.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 30. Juni 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser zu Händen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Berlin am 01. August 2005 Berufung eingelegt und sich zur Begründung auf sein bisheriges Vorbringen bezogen. Er hat im Berufungsverfahren auf entsprechende Anforderung einer Prozessvollmacht wiederum in Kopie seine "Generalvollmacht" vom 18. November 1996 übersandt.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der aufgefordert worden ist, bis spätestens in der Sitzung des Senats am 21. Dezember 2005 die Originalurkunde der "Generalvollmacht" vorzulegen, ist ebenso wenig wie die Klägerin im Termin am 21. Dezember 2005 erschienen.
Der Senat geht davon aus, die Klägerin wolle beantragen,
den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2003 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 29. April 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr, der Klägerin, Altersrente zu gewähren,
hilfsweise,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 29. April 2005 aufzuheben und die Sache an das Sozialgericht Berlin zurückzuverweisen.
Der im Termin erschienene Prozessvertreter der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 29. April 2005 aufzuheben und die Sache an das Sozialgericht Berlin zurückzuverweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten (Gz.: ), die dem Senat vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Dem Senat ist verwehrt, in der Sache, d. h. nach materiellem (Rentenversicherungs )Recht zu entscheiden, denn die Berufung der Klägerin ist wegen Formverstoßes unzulässig und damit nach § 158 Satz 1 SGG zu verwerfen. Das nach § 105 Abs. 2 Satz 1 richtige Rechtsmittel der Berufung ist zwar gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft, es ist auch fristgerecht im Sinne des § 151 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG eingelegt worden.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. April 2005 nämlich zur Niederschrift der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Berlin innerhalb der Monatsfrist des § 151 Abs. 1 SGG am 01. August 2005, dem Ablauftag der Monatsfrist, eingelegt. Der Lauf der Frist begann gemäß § 64 Abs. 1 SGG mit dem Tag nach der Zustellung der Ausfertigung des Gerichtsbescheides am 30. Juni 2005. Die Frist begann auch dann zu laufen, wenn man wie das Sozialgericht Berlin von einer unwirksamen Bevollmächtigung des Zustellungsadressaten Herrn G R ausgeht. Denn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin war "bestellter" Prozessbevollmächtigter im Sinne von § 73 Abs. 3 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 172 Zivilprozessordnung ZPO , an den Mitteilungen des Gerichts und gerichtliche Zustellungen (hier nach § 63 Abs. 1 SGG) zu richten sind. Entscheidend ist dabei allein, ob der Prozessbevollmächtigte selbst sich ausdrücklich oder durch schlüssiges Handeln zum Prozessbevollmächtigten bestellt hat (Bundesgerichtshof BGH , Beschluss vom 22. Oktober 1986, VIII ZB 40/86, in NJW 1987, 440, zum Fall einer wegen Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers unwirksamen Vollmacht; vgl. auch Stein/Jonas/Roth, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 22. Auflage 2005, Band 2, § 172 Rz. 9). Dies ist geschehen; denn mit Vorlage einer Kopie der Generalvollmacht vom 18. November 1996 und gleichzeitiger Klageerhebung "namens und in Vollmacht der Klägerin" am 18. Januar 2004 hat sich Herr G R zum Prozessbevollmächtigten der Klägerin bestellt. Der Ablauftag der Monatsfrist fiel auf einen Sonnabend (30. Juli 2005), so dass die Frist gemäß § 64 Abs. 3 SGG erst mit Ablauf des nächsten Werktages (Montag/01. August 2005) ablief.
Nach § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 73 Abs. 1 Satz 1 SGG können sich die Beteiligten in jeder Lage des Verfahrens von Prozessbevollmächtigten vertreten lassen.
Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Berufungsverfahren wiederum in Kopie vorgelegte "Generalvollmacht" vom 18. November 1996 entspricht inhaltlich auch den rechtlichen Voraussetzungen an eine wirksame Prozessvollmacht nach § 73 Abs. 2, Abs. 4 SGG in Verbindung mit §§ 80, 81 ZPO. Denn sie lässt erkennen, wer bevollmächtigt ist, wer bevollmächtigt hat und wozu bevollmächtigt wurde. Es besteht kein Zweifel darüber, dass Herr GR Prozesshandlungen wirksam für die Klägerin vornehmen darf und der Umfang der "Generalvollmacht" auch die Prozessführung erster wie zweiter Instanz umfasst.Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgenommenen Prozesshandlungen würden die Klägerin somit binden, als hätte sie sie selbst vorgenommen (§ 73 Abs. 4 SGG in Verbindung mit § 85 Satz 1 ZPO). Dies ergibt sich aus Folgendem: Die "Generalvollmacht" vom 18. November 1996, bei der es sich um eine Vollmacht im Sinne des § 167 BGB, also um eine Willenserklärung, mit der die Klägerin gegenüber Herrn schriftlich Vertretungsmacht erteilt hat, ermächtigt den Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausdrücklich zur Prozessführung "gegenüber Gerichten " sowie "zur Vornahme aller Prozesshandlungen" auch in Vermögensangelegenheiten der Klägerin ("Der Bevollmächtigte ist berechtigt, meine sämtlichen Angelegenheiten wahrzunehmen."). Die Generalvollmacht ist ihrem Umfang nach nicht begrenzt; soweit es in der Urkunde heißt, dass "die Vollmacht insbesondere das Recht umfasst, gerichtlich zu vertreten sowie alle Prozesshandlungen vorzunehmen", enthält sie keine Beschränkung, sondern lässt den Willen der Klägerin als Vollmachtgeberin erkennen, dass Herr G R, der in der Urkunde als Vollmachtnehmer ausdrücklich bezeichnet ist, ihr Prozessbevollmächtigter ist. Soweit das Sozialgericht die Generalvollmacht gemäß § 138 in Verbindung mit § 167 BGB für nichtig gehalten hat, kann dem nicht gefolgt werden. Eine sachlich rechtliche Generalvollmacht, die eine Prozessvollmacht als Bestandteil enthält, die zur Vornahme aller Gerichtsgeschäfte durch den Vertretenden befugt, ist rechtlich zulässig, soweit Vertretung überhaupt rechtsgeschäftlich zulässig ist (vgl. Palandt Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Auflage 2005, § 167 Anmerkung 2 b cc). Hierfür gibt es auch von Seiten der Klägerin gute Gründe; denn die Klägerin befand sich bei Ausstellung der von ihr eigenhändig unterschriebenen Generalvollmacht bereits im 69. Lebensjahr; sie bewegte sich erst kurz seit August 1996 in einem ihr unbekannten Rechtskreis, in den sie aus Russland zugezogen war. Dass sie sich in dieser Situation eines Prozessbevollmächtigten ihres Vertrauens zur Vertretung ihrer Rechte bediente, ist durchaus verständlich und nicht außergewöhnlich. Auch die Einlegung der Klage und der Berufung, die der Verfolgung eines Altersrentenanspruchs der Klägerin dienen, ist durch den Umfang der Vollmacht gedeckt, da es sich um einen Vermögensanspruch der Klägerin handelt, dessen Durchsetzung höchstpersönliche Erklärungen der Klägerin, bei denen sie sich nicht vertreten lassen kann, nicht verlangt. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin musste auch keine neue (Prozess)Vollmacht im Hinblick auf die bereits seit 1996 bestehende Generalvollmacht zur Einlegung der Klage/Berufung vorlegen. Denn einerseits sind nach § 167 BGB Dauervollmachten rechtlich zulässig und andererseits verfolgt die Klägerin einen Anspruch auf Altersrente bereits seit 1996 mit der Antragstellung bei der Beklagten, schon damals vertreten durch den Bevollmächtigten GR. Da der geltend gemachte Anspruch auf Altersrente der Existenzsicherung der Klägerin dient, sie ausweislich ihrer schriftlichen Erklärungen bereits im Verwaltungsverfahren diesen Anspruch unbedingt weiterverfolgt, deckt die Prozessvollmacht in der Generalvollmacht vom 18. November 1996 auch die gesamte weitere Prozessführung vor den Sozialgerichten. Zwar ist dem Sozialgericht Berlin darin beizupflichten, dass die Prozessvollmacht in der Generalvollmacht vom 18. November 1996 nicht ausreichend konkret ist; denn daraus ist nur ersichtlich, wer wen wann und wozu generell-abstrakt bevollmächtigt hat, jedoch fehlt jeder Hinweis auf ein konkretes Gerichtsverfahren in der Generalvollmacht selbst. Dieser Bezug lässt sich aber durch die konkreten Umstände hier ohne weiteres herstellen (vgl. hierzu BFH, Beschluss vom 31. Juli 1996, III R 137/95, juris, mit weiteren Nachweisen, und Ulmer, in Hennig, SGG, § 73 Rz. 7). Denn die Generalvollmacht, auf die sich der Prozessbevollmächtigte zum Nachweis seiner Bevollmächtigung auch bezogen hat, wurde als Anlage der Klage vom 18. Januar 2004 gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2003 mit Angabe des Geschäftszeichens der Beklagten mitgefaxt; im Berufungsverfahren hat der Prozessbevollmächtigte ebenfall die Generalvollmacht zum Nachweis seiner Bevollmächtigung in Kopie vorgelegt. Bei der gebotenen Zusammenschau der Unterlagen wird somit dem Mangel der fehlenden Konkretisierung der Prozessvollmacht sowohl durch die Klageschrift als auch durch die Einlegung der Berufung zu Händen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Berlin abgeholfen. Hinweise für eine rechtsmissbräuchliche Vertretung im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes liegen im Übrigen nicht vor.
Nach § 73 Abs. 2 Satz 1 SGG ist die Vollmacht aber schriftlich zu erteilen und bis zur Verkündung einer Entscheidung einzureichen. Die Generalvollmacht ist zwar schriftlich im Sinne der Vorschrift erteilt worden. Sie ist aber trotz Aufforderung des Berichterstatters im Berufungsverfahren nicht im Original zu den Akten gereicht worden.
Im Einzelnen:
Die Generalvollmacht ist im Klageverfahren nur per Telefax übersandt und die Originalurkunde auch nicht zu den Akten gereicht worden, so dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Klageverfahren als vollmachtloser Vertreter gehandelt hat. Zur Rechtswirksamkeit der Prozessvollmacht hat aber nach § 73 Abs. 2 Satz 1 SGG in jedem Falle die Einreichung der Vollmachtsurkunde zu den Akten zu erfolgen, und zwar im Original; in Fotokopie oder als Telefax reicht nicht aus. Diese Formvorschrift ist vergleichbar auch in § 67 Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Finanzgerichtsordnung geregelt. Insoweit ist die Rechtsprechung aus der Finanz- und Verwaltungsgerichtsbarkeit auch auf die Sozialgerichtsbarkeit übertragbar und umgekehrt. Die Formvorschrift hat vor allem den Zweck, die Erhebung von unberechtigten Klagen in fremdem Namen zu verhüten, d. h. das Auftreten von vollmachtlosen Prozessvertretern zu unterbinden. Weiterhin ist auch an die Belange des Datenschutzes zu denken, da die Prozessbevollmächtigten über die Akteneinsicht unter Umständen sehr persönliche und intime Daten erfahren können. Verschiedene Landessozialgerichte haben eine Vollmachtsvorlage per Fax genügen lassen (z. B. LSG Berlin, Urteil vom 07. Februar 1991, L 10 An 21/90, in JURIS veröffentlicht; LSG Nordrhein Westfalen, Breithaupt 1990, 95 ff.). Demgegenüber hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 14. März 1996 (BFHE 179, 569) die Ansicht vertreten, dass die durch den Prozessbevollmächtigten übermittelte Telekopie/Telefax der Prozessvollmacht zur Wahrung der gemäß § 62 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung gesetzten Ausschlussfrist nicht ausreiche. Ähnliches vertritt seit längerem auch der Bundesgerichtshof (vgl. BGHZ 126, 266). Auf der anderen Seite existiert eine Vielzahl von Urteilen des Bundesfinanzhofs und des Bundesgerichtshofs, wonach eine Prozessvollmacht auch durch Telegramm und durch ein Telefax erteilt werden kann (vgl. Ulmer: Wirksame Klage eines Anwalts per Fax?, in: Die Sozialgerichtsbarkeit 2003, Seite 671 ff., mit den entsprechenden Nachweisen der Rechtsprechung in den Fußnoten 16 und 17). Nach neuerer Auffassung im Schrifttum (vgl. Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Auflage 2005, 6. Kapitel 6.3 Rdnr. 44; Keller/Leitherer, in: Meyer Ladewig, SGG, 8. Auflage 2005, § 73 Rdnr. 13) wahrt auch ein Telefax die Schriftform im sozialgerichtlichen Verfahren: Grundsätzliche Akzeptierung der elektronischen Übertragung, auch die Übermittlung einer Textdatei per E mail oder Computerfax) als formwirksam durch den Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes (Beschluss vom 05. April 2000, GmS OGB 1/98, SozR 3 1750 § 130 Nr. 1) lasse ein Festhalten an dieser Formstrenge unter Berücksichtigung des durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und der Rechtsvorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. Juli 2001 (BGBl. I Seite 1541) neu eingefügten § 108 a SGG nicht mehr zu. Dieser Rechtsansicht folgt der Senat nicht.
Nach § 108 a SGG können Parteien Erklärungen, für die die Schriftform vorgesehen ist, auch als elektronisches Dokument abgeben, wenn dies für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist. Die verantwortende Person soll das Dokument aber mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen. Letzteres ist zwar nur eine Soll Vorschrift; eine solche Einfügung ist technisch aber bei einem Fax nicht möglich. Die kopierte Unterschrift ist bereits keine "elektronische Signatur" (vgl. Dästner, NJW 2001, 3470 unter Hinweis auf die Intention des Gesetzgebers). Diese liegt nach der Legaldefinition des § 2 Signaturgesetz vor, wenn Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verknüpft sind und die zur Authentifizierung dienen. Letzteres ist bei einer Kopie oder einem Telefax nicht der Fall. Dies zeigt daher im Gegenteil, dass die Schriftform nicht generell durch eine (Tele)Kopie ersetzt werden kann. Im Übrigen haben die Bundesländer bisher diese Bestimmung für das sozialgerichtliche Verfahren nicht wie in § 108 a Abs. 2 SGG vorgesehen - umgesetzt (Leitherer, in: Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage 2005, § 108 a Rz. 2 a), so dass sie zurzeit ohnehin nicht angewandt werden kann. Weiterhin ist der über § 202 SGG anwendbare § 130 Nr. 6 ZPO dahingehend geändert, dass bei der Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in Kopie genügt. Damit wird jedoch nur die bereits gefestigte Rechtsprechung nachgezeichnet, wonach die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig ist (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 05. April 2000 mit weiteren Nachweisen). Diese Vorschrift bezieht sich aber nur auf den Inhalt der Schriftsätze, d. h., sie ist auf eine Vollmacht gar nicht anwendbar. Zudem handelt es sich um eine Soll Vorschrift. Wenn aber die fehlende Wiedergabe der Unterschrift in Kopie unschädlich ist, dann wird klar, dass der Regelungsgegenstand dieser Vorschrift etwas anderes ist. Sie betrifft allein die Form, in der das Dokument das Gericht erreichen muss, um fristwahrend zu wirken (vgl. § 130 a Abs. 3 ZPO, § 108 a SGG). Damit berührt sie die Anforderungen, die an das Original zu stellen sind, nicht (vgl. zum Ganzen: Ulmer, Seite 672, auch unter Hinweis auf ein neueres Urteil des BFH, NV 2002, 1597 ff.). Eine derart kopierte Vollmacht erfüllt auch nach den zeitgleich geänderten Bestimmungen des BGB nicht das Erfordernis für eine Schriftform, sondern bloß der Textform im Sinne des neuen § 126 b BGB. § 126 a BGB bestimmt demgegenüber ausdrücklich, dass, soweit die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden soll, der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen muss. Da diese Einfügung in das BGB zeitgleich vorgenommen wurde (Palandt/Heinrichs, BGB, § 126 a Anm. 1 a), ist es zulässig, von dieser Norm auf den Willen des Gesetzgebers in dem hier interessierenden Zusammenhang zu schließen. Damit ändert sich durch diese Reform nichts an der bisherigen Rechtslage.
Aber auch Sinn und Zweck der Vorschrift des § 73 Abs. 2 Satz 2 SGG gebieten ein Festhalten an der bisherigen Rechtslage. Nach § 73 Abs. 2 Satz 2 SGG soll durch das Schriftlichkeitserfordernis sichergestellt werden, dass die als Prozessbevollmächtigte eines Beteiligten auftretende Person tatsächlich von diesem bevollmächtigt worden ist. Dieser Nachweis kann, wenn er durch schriftliche Vollmacht zu erbringen ist, allein durch Vorlage der Urkunde selbst geführt werden. Insoweit geht es nicht um die rechtzeitige Einreichung eines Schriftsatzes unter Wahrung der Schriftform mittels moderner Übertragungsmittel, sondern um den Nachweis eines tatsächlichen Geschehens mittels Schriftstücken, die ihrer Funktion, Beweis zu erbringen, auch gerecht werden können. Schriftstücke, die lediglich die Kopie einer Urkunde über ein solches Geschehen hier der Bevollmächtigung enthalten (Fotokopien, Telefaxe), genügen dem nicht; sie haben im Rechtsverkehr keine Beweiskraft (vgl. Ulmer, Seite 673, unter Hinweis auf entsprechende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs). Die Zulässigkeit des Rechtsmittels hängt von der Wirksamkeit der Vollmacht ab, Zweifel dürfen hier nicht verbleiben. Dies spricht entscheidend gegen die Zulässigkeit einer Vollmachtsvorlage per Telefax.
Eine Heilung des Mangels ist auch in der Rechtsmittelinstanz noch möglich, wenn das Sozialgericht ein Prozessurteil erlassen hat, ohne eine Frist zur Vorlage der Originalvollmacht festzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 23. Januar 1985, 1 a RA 34/85, SozR 1500 § 73 SGG Nr. 5). Eine Frist zur Vorlage der ausreichenden Originalurkunde in Gestalt der Generalvollmacht hat das Sozialgericht aber nicht gesetzt, was seiner Rechtsansicht zur Nichtigkeit der Generalvollmacht auch entsprach.
Das Sozialgericht hat in seinem letzten, an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerichteten Schreiben vom 21. Januar 2005 nicht die Vorlage der Generalvollmacht im Original gefordert, sondern unter Bezugnahme auf sein vorheriges Schreiben vom 28. September 2004 nochmals seine Zweifel daran zum Ausdruck gebracht, dass überhaupt eine Prozessvollmacht im Sinne des § 73 SGG vorliege. Darauf, dass eine Prozessvollmacht als Originalurkunde vorzulegen sei, hat das Gericht zwar in seinem Schreiben vom 27. Januar 2004 nach Eingang der Klage hingewiesen; dies war aber nicht mehr Gegenstand der nachfolgenden Schreiben vom 05. Mai 2004 und vom 28. September 2004, auf die sich das letzte, entscheidende fristsetzende Schreiben des Sozialgerichts vom 21. Januar 2005 bezog. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat im Übrigen noch mit Schreiben vom 26. September 2004 auch um einen Hinweis gebeten, "welche Gestalt" eine gültige Bevollmächtigung haben sollte. Daraufhin hat das Sozialgericht nicht etwa auf das Fehlen einer Originalurkunde hingewiesen, sondern nochmals seine "erheblichen Zweifel an der Gültigkeit, da ein so weitgehender Verzicht auf Autonomie sittenwidrig und damit rechtswidrig sein könnte" bezogen auf den Inhalt der Generalvollmacht mit Schreiben vom 28. September 2004 zum Ausdruck gebracht. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin konnte also zum Zeitpunkt des Schreibens des Sozialgerichts vom 21. Januar 2005 nicht davon ausgehen, dass die Vorlage der Generalvollmacht "binnen zwei Wochen" ausreichen würde; er wusste aber auch nicht, welche anderer Vollmacht dem Sozialgericht genügen würde. Insoweit lässt sich feststellen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin lediglich durch die Rechtsmeinung des Sozialgerichts zur Generalvollmacht als nicht ausreichender Prozessvollmacht daran gehindert gewesen ist, die Generalvollmacht als Originalurkunde auch schon im Klageverfahren vorzulegen und so die Zulässigkeitsvoraussetzungen zu erfüllen. Unter diesen Voraussetzungen hätte auch noch nach dem die Instanz abschließenden Erlass des Prozess-Gerichtsbescheides vom 29. April 2005 im Berufungsverfahren der Mangel der nicht im Original vorgelegten Vollmacht geheilt werden können; diese Möglichkeit wäre nur abgeschnitten gewesen, wenn das Sozialgericht mit seinem fristsetzenden Schreiben vom 21. Januar 2005, anstelle eine neue Prozessvollmacht zu verlangen, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin aufgefordert hätte, die ausreichende Generalvollmacht im Original "binnen zwei Wochen" zu den Akten zu reichen.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat aber trotz schriftlicher Bitte des Berichterstatters vom 15. Dezember 2005, bis zum Ende der mündlichen Verhandlung das Original der Generalvollmacht vorzulegen, weil ansonsten die Berufung als unzulässig verworfen werden könnte, die Originalurkunde weder übersandt noch in der mündlichen Verhandlung, zu der er nicht erschienen ist, überreicht. Insoweit ist der Mangel nicht geheilt worden.
Die Kostenentscheidung, die dem Ausgang des Rechtsstreits entspricht, beruht auf § 193 Abs.1 Satz 1 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da es an den Voraussetzungen hierfür gemäß § 160 Abs. 1, 2 Nr. 1 und 2 SGG fehlt.
Rechtskraft
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