Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AL 4376/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 1164/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. April 2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und die Rückforderung erbrachter Leistungen streitig.
Der am 1945 geborene Kläger war bis zum 31.03.1997 bei der F. GmbH versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde mit Schreiben vom 15.01.1997 durch den Kläger aus gesundheitlichen Gründen zum 31.03.1997 gekündigt. Ab 01.04.1997 war er selbstständig tätig, vom 22.05.1998 bis 31.05.1998 unter 15 Stunden wöchentlich.
Am 22.05.1998 meldete er sich arbeitslos und beantragte Alg. In dem Antrag trug die Mitarbeiterin der Beklagten E. D. unter Nr. 5b als Lohnsteuerklasse die Lohnsteuerklasse III/0 ein, die zu Jahresbeginn auf der Lohnsteuerkarte des Klägers eingetragen war. Angaben zur Änderung der Lohnsteuerklasse im Laufe des Jahres wurden nicht gemacht. Durch seine Unterschrift bestätigte der Kläger die Richtigkeit der zu Fragen 4 a bis 4 g vorgenommenen Änderungen bzw. Ergänzungen. Den Erhalt des Merkblatts für Arbeitslose bestätigte der Kläger nicht.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger am 04.06.1998 ab dem 22.05.1998 Alg in Höhe von DM 546,00 wöchentlich (Bemessungsentgelt 1.470,-, Leistungsgruppe C/0, Leistungstabelle 1998).
In der Zeit vom 05.11.1998 bis 13.12.1998 bezog der Kläger Krankengeld. In dem Fortzahlungsantrag vom 14.12.1998 verneinte der Kläger eine Änderung der Lohnsteuerklasse im Laufe des Jahres. Von der Mitarbeiterin der Beklagten Sigrid Zimmermann wurde zu Nr. 5b die Lohnsteuerklasse III/0 eingetragen. Der Kläger versicherte mit seiner Unterschrift jeweils, dass seine Angaben zuträfen, er das Merkblatt l für Arbeitslose "Dienste und Leistungen" erhalten habe und bestätigte die Richtigkeit der durch ihn oder die Antragsaufnahme des Arbeitsamtes vorgenommene Änderungen bzw. Ergänzungen der Fragen. Am 05.01.1999 wurde dem Kläger Alg ab 14.12.1998 in Höhe von wöchentlich DM 546,- weiterbewilligt. Ab 01.01.1999 betrug der wöchentliche Leistungssatz DM 551,74.
Im Zeitraum vom 17.06.1999 bis 03.04.2000 bezog der Kläger wiederum Krankengeld. Im Fortzahlungsantrag vom 04.04.2000 wurde von der Mitarbeiterin der Beklagten Ditsche als Lohnsteuerklasse die Klasse III/0 eingetragen; Angaben zu Änderungen der Lohnsteuerklasse im Laufe des Jahres wurden nicht gemacht. Der Kläger versicherte wiederum jeweils mit seiner Unterschrift, dass seine Angaben zuträfen, er das Merkblatt l erhalten habe und bestätigte die Richtigkeit der durch ihn oder die Antragsannahme des Arbeitsamts vorgenommenen Änderungen bzw. Ergänzungen der Fragen. Am 06.04.2000 wurde dem Kläger Alg in Höhe von wöchentlich DM 576,80 weiterbewilligt. Ab 01.07.2000 betrug der wöchentliche Leistungssatz DM 624,89, ab 01.01.2001 DM 642,46 und ab 01.04.2001 DM 645,61. Am 05.06.2001 war der Anspruch auf Alg erschöpft.
Am 15.06.2001 beantragte der Kläger die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi). Er verneinte eine Änderung der zu Jahresbeginn auf seiner Lohnsteuerkarte eingetragenen Lohnsteuerklasse. Ein Mitarbeiter der Beklagten vermerkte als Lohnsteuerklasse III/0. Der Kläger bestätigte wiederum jeweils unterschriftlich den Erhalt des Merkblatts l sowie die Richtigkeit der durch ihn oder die Antragsannahme des Arbeitsamtes vorgenommenen Änderungen bzw. Ergänzungen.
Am 02.07.2001 erfuhr die Beklagte durch eine Mitarbeiterin des Einwohnermeldeamts H., dass dem Kläger zuletzt im Jahr 1997 eine Steuerkarte mit der Steuerklasse III ausgestellt und diese am 01.06.1997 in Steuerklasse V geändert worden sei. Danach sei dem Kläger keine Steuerkarte mehr ausgestellt worden. Seine Frau habe seit 1997 die Steuerklasse III. Ihr sei jedes Jahr eine Steuerkarte ausgestellt worden.
Am 04.07.2001 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 06.06.2001 nach der Leistungsgruppe D/0 in Höhe von wöchentlich DM 190,82.
Mit Anhörungsschreiben vom 01.08.2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er in der Zeit vom 22.05.1998 bis 05.06.2001 Alg in Höhe von DM 27.842,07 (14.235,42 EUR) zu Unrecht bezogen habe. Er habe ab dem 01.06.1997 Steuerklasse V gehabt, so dass Alg ab Beginn des Leistungsbezugs nach Leistungsgruppe D zu zahlen gewesen sei; erhalten habe er jedoch Leistungen nach Leistungsgruppe C. Er habe die Überzahlung verursacht, da er in den Leistungsanträgen falsche Angaben zur Lohnsteuerklasse gemacht habe.
Mit Bescheid vom 12.11.2001 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X ab 22.05.1998 teilweise auf, da der Kläger den Steuerklassenwechsel entgegen § 60 SGB I nicht mitgeteilt habe. Er habe Leistungen in Höhe von DM 27.842,07 zu erstatten. Von seinem Leistungsanspruch würden künftig täglich DM 13,63 bis zur Begleichung der Forderung aufgerechnet.
Hiergegen erhob der Kläger am 30.11.2001 Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, bei seiner ersten Antragstellung auf Alg habe er alle ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen der Sachbearbeiterin des Arbeitsamts übergeben. Des Weiteren habe er in dem Antrag auf Bewilligung von Alg alle Angaben gemacht, die ihm bekannt gewesen seien. Zum 01.04.1997 habe er sich selbstständig gemacht und zum 31.05.1998 (gemeint wohl 31.05.1997) habe er ein Gewerbe angemeldet. Gleichzeitig mit dieser Anmeldung müsse es zu einem Wechsel der Lohnsteuerklasse von III nach V gekommen sein. Bewusst könne er sich nicht daran erinnern, dass er einen Wechsel beantragt habe. Da er von seiner ehemaligen Arbeitgeberin noch Tantiemen bekommen habe, habe er am 28.07.1997 die Lohnsteuerkarte 1997 an die Zentrale der Firma Flachsmann nach Heilbronn geschickt. Nach Erhalt der Steuerkarte 1997 habe er diese mit der Steuererklärung an das Finanzamt geschickt. Eine Lohnsteuerkarte für das Jahr 1998 habe er nicht erhalten, so dass er eine solche beim Arbeitsamt nicht habe vorlegen können. Da ihm eine Lohnsteuerkarte nicht vorgelegen habe, habe er im Antrag auf Alg und in den Folgeanträgen keine Angaben zu seiner Lohnsteuerklasse gemacht. Er habe seine letzten Gehaltsabrechnungen von der Firma Flachsmann zu den Akten gegeben. Die Sachbearbeiterin des Arbeitsamts habe die Lohnsteuerklasse ergänzt. Der falsche Eintrag sei demnach nicht auf sein Verhalten bzw. Unterlassen zurückzuführen. Nachdem ihm der Bewilligungsbescheid vorgelegen habe, habe er diesen auf seine Vollständigkeit hin überprüft. Er sei davon ausgegangen, dass die Steuerklasse III korrekt sei. Zum einen habe er zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst, dass er in der Lohnsteuerklasse V eingetragen sei. Zum anderen sei er davon ausgegangen, dass sich das Alg bei ihm nach der Steuerklasse III richte, nachdem er 35 Jahre Steuern und Beiträge auf der Grundlage der Steuerklasse III gezahlt habe. Es könne ihm nicht vorgeworfen werden, dass die Sachbearbeiterin einen falschen Eintrag vorgenommen habe. Eine Nachfrage bezüglich der fehlenden Eintragung der Steuerklasse im Alg-Antrag und nach der fehlenden Steuerkarte habe nicht stattgefunden. Er sei davon ausgegangen, dass der Eintrag der Sachbearbeiterin bezüglich der Steuerklasse richtig sei. Ein grob fahrlässiges Verhalten seinerseits liege nicht vor. Im Vertrauen auf den Bestand des Bewilligungsbescheides habe er die vom Arbeitsamt erbrachten Leistungen zur Finanzierung seines Lebensunterhalts verbraucht. Ihm sei Rente wegen Erwerbsunfähigkeit rückwirkend bewilligt worden. Hierzu legte er den Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 30.11.2001 vor, wonach dem Kläger ab 01.02.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bis 31.01.2003 bewilligt wurde; für die Zeit von 01.04.2000 bis 31.05.2001 wurde Rente nicht nachbezahlt. Die Zahlung von Alhi wurde ab 01.01.2002 eingestellt.
Am 08.02.2002 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid zu dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 12.11.2001. Nunmehr hob sie lediglich die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 14.12.1998 bis 05.06.2001 wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse gemäß § 48 Abs. l Satz 2 Nr. 2 SGB X teilweise auf, weil der Kläger im streitigen Zeitraum Alg nach Leistungsgruppe C erhalten habe, obwohl ihm dieses lediglich nach Leistungsgruppe D zugestanden habe. Er habe deswegen einen Betrag von DM 22.506,42 (11.507,35 EUR) zu erstatten. Der Bescheid werde Gegenstand des Widerspruchsverfahrens.
Am 19.06.2002 hörte die Beklagte den Kläger erneut an. In diesem Schreiben führte sie aus, hinsichtlich der Leistungen vom 22.05.1998 bzw. 04.11.1998 werde dem Kläger Vertrauensschutz eingeräumt. Die Bewilligung von Alg werde nunmehr für die Zeit vom 14.12.1998 bis 05.06.2001 teilweise zurückgenommen. In den Leistungsanträgen vom 14.12.1998 und 04.04.2000 habe er unterschriftlich bestätigt, dass zu Jahresbeginn auf seiner Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse III/0 eingetragen gewesen sei, was nicht richtig gewesen sei. Die Bewilligung des Alg beruhe somit auf Angaben, die der Kläger zumindest grob fahrlässig unrichtig gemacht habe. Er hätte aufgrund des Merkblattes für Arbeitslose, das er erhalten habe, erkennen müssen, dass ihm die bewilligten Leistungen nach der Leistungsgruppe C für die genannte Zeit nicht zugestanden habe. Sofern ihm seine Steuerklasse nicht bekannt gewesen sei, gehe das zu seinen Lasten.
Der Kläger äußerte sich mit Schreiben vom 24.07.2002, in dem er sein bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholte. Ergänzend trug er vor, er habe kein Merkblatt für Arbeitslose bekommen. Hätte die Sachbearbeiterin ihre Tätigkeit ordnungsgemäß und gründlich ausgeübt, hätte diese erkennen können und müssen, dass hier ein Fehler vorliege. Er sei nicht nach seiner Lohnsteuerkarte gefragt worden, obwohl bekannt gewesen sei, dass er eine berufstätige Ehefrau habe. Der Irrtum könne nicht ihm zugerechnet werden. Aufgrund seines Vertrauens zu den Mitarbeitern des Arbeitsamtes und deren umfassenden Sachverstand habe er die Anträge in der Annahme unterschrieben, dass der Antrag richtig ausgefüllt worden sei. Die Akte lasse das oberflächliche Arbeiten der Mitarbeiter des Arbeitsamtes erkennen. Er sei ein ehrlicher und gewissenhafter Mensch, der überkorrekt handele. Er habe keine Kenntnis von etwaigen falschen Angaben gehabt und müsse hiervon auch keine Kenntnis haben. Aus seinen Unterschriften könne kein Vorwurf auf falsche Angaben oder Vorsatz bzw. grobe Fahrlässigkeit konstruiert werden. Er habe auf den Bestand der Bewilligungsbescheide vertrauen dürfen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.08.2002 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch nach Erteilung des Änderungsbescheides vom 08.02.2002 als unbegründet zurück. Der Kläger habe im Alg-Antrag vom 22.05.1998 seine Lohnsteuerklasse unrichtig angegeben. Da er auf dem Antragsvordruck nicht bestätigt habe, das Merkblatt erhalten zu haben und auch hinsichtlich der Angabe unter Nr. 5b (Lohnsteuerklasse) die Richtigkeit nicht bestätigt habe, sei ihm Vertrauensschutz eingeräumt worden. Ab dem 14.12.1998 könne er aber keinen Vertrauensschutz mehr für sich beanspruchen. Er habe zumindest grob fahrlässig unrichtige Angaben gemacht.
Gegen den Kläger wurde außerdem ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Betruges eingeleitet (Staatsanwaltschaft Stuttgart, Az. 103 JS 108217/04 sgb 26).
Am 11.09.2002 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Er führte zur Begründung ergänzend aus, während seiner sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit habe er immer der Steuerklasse III angehört. Dem Wechsel der Steuerklasse aufgrund seiner Selbstständigkeit habe er keinerlei Bedeutung beigemessen. Seit 01.04.1997 habe er Einkommenssteuer gezahlt. Seine Lohnsteuerklasse sei für ihn ab diesem Zeitpunkt nicht mehr von Bedeutung gewesen. Er habe auch nicht gewusst, dass sein Alg nach der aktuellen Lohnsteuerklasse berechnet werde. Er sei davon ausgegangen, dass er Alg auf der Grundlage der Steuerklasse III erhalte, die in der Zeit der Beschäftigung gegolten habe. Deshalb sei der Bewilligungsbescheid für ihn richtig gewesen. Er habe den Fehler nicht bemerkt, weil er als juristischer Laie und zudem aufgrund der erstmaligen Arbeitslosigkeit nicht gewusst habe, dass ein Fehler enthalten gewesen sei. Dies werde auch dadurch deutlich, dass er bei der Ausfüllung des Antrages nicht gewusst habe, was er bei der Frage nach der Lohnsteuerklasse auszufüllen habe. Die Sachbearbeiterin habe diese Frage unrichtig ausgefüllt, obwohl ihr sämtliche Informationen zu seinen Lebensumständen, denen der Ehefrau und deren Berufstätigkeit bekannt gewesen seien. Sie habe es nicht für erforderlich gehalten nachzufragen, welcher Steuerklasse er angehöre. Eine Aufklärung und Besprechung dieser Frage habe zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Auf die Frage nach der Lohnsteuerklasse habe er angegeben, dass er diese zum einen aufgrund seiner Selbstständigkeit und zum anderen aufgrund der Tatsache, dass er seit Jahresbeginn 1998 keine Steuerkarte mehr hatte, nicht wisse. Er habe weder beim ersten Antrag noch bei den Folgeanträgen das Merkblatt erhalten. Er habe lediglich dort unterschrieben, wo er nach Mitteilung der Sachbearbeiterin unterschreiben sollte. Es könne ihm nicht vorgeworfen werden, er habe vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht. Ihm könne höchstens vorgeworfen werden, dass er auf die Richtigkeit und Gründlichkeit der Arbeit der Sachbearbeiter vertraut habe und nicht nochmals durchgelesen habe, was er letztlich unterschrieben habe, wobei zu beachten sei, dass er davon ausgegangen sei, dass die Angaben des ersten Antrages korrekt seien. Er habe bezüglich seiner Steuerklasse zu keinem Zeitpunkt Angaben gemacht, weil er diese tatsächlich nicht gewusst habe. Die Sachbearbeiterin habe die Angaben bezüglich der Lohnsteuer aus den Gehaltsnachweisen aus dem Jahr 1997 ohne Nachfrage und Nachforschungen übernommen, wozu sie verpflichtet gewesen wäre und was ein leichtes gewesen wäre.
Das SG hörte in der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2003 den Kläger persönlich an und vernahm E. D. und S. Z. als Zeugen. Hierzu wird die Sitzungsniederschrift des SG vom 25.04.2003 verwiesen.
Mit Urteil vom 25.04.2003 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Bewilligung von Alg vom 04.01.2001 sowie die darauf folgenden Bewilligungen seien rechtswidrig. Dem Kläger sei zu hohes Alg bewilligt worden, weil zu Unrecht die Leistungsgruppe C anstelle von D zugrunde gelegt worden sei. Der Kläger könne sich auch nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen. Die Bewilligungen beruhten auf Angaben, die der Kläger grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht habe. Der Kläger habe in dem Antragsformular zur Arbeitslosmeldung am 14.12.1998 die Frage nach der Lohnsteuerklasse nicht selbst beantwortet, sondern von der Mitarbeiterin des Arbeitsamts sei die Klasse III/0 eingetragen worden. Diese Eintragung müsse sich der Kläger zurechnen lassen. Der Kläger habe zwar nicht vorsätzlich eine falsche Angabe bezüglich der Lohnsteuerklasse gemacht, aber er habe grob fahrlässig gehandelt. Er hätte nicht einfach die Lohnsteuerklasse III angeben dürfen. Von einem Arbeitslosen sei zu verlangen, dass er die an ihn gerichteten Fragen aufmerksam durchlese und nicht blind Angaben mache oder Antragsformulare unterschreibe. Er hätte darauf aufmerksam werden müssen, dass die eingetragene Lohnsteuerklasse nicht stimmen könne. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung den Eindruck gemacht, dass er sich des Lohnsteuerklassenwechsels mit seiner Ehefrau bewusst gewesen sei, zumal dieser gerade wegen seiner Selbstständigkeit herbeigeführt worden sei. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, dass der Kläger den Wechsel bei der Beantragung von Alg vergessen habe. Der Kläger könne sich auch nicht darauf zurückziehen, er sei davon ausgegangen, dass aufgrund seiner vorangegangenen Selbstständigkeit die Lohnsteuerklassen für ihn keine Bedeutung hätten. Dem stehe die Formulierung in dem Antrag entgegen. Auch aus dem Merkblatt für Arbeitslose werde klar, dass die Lohnsteuerklasse entscheidend sei, die auf der Lohnsteuerkarte zu Beginn des Jahres vermerkt sei. Der Kläger könne sich also nicht darauf zurückziehen, er sei der Ansicht gewesen, er erhalte Alg aufgrund derjenigen Lohnsteuerklasse, mit welcher er bei seiner Tätigkeit zur Steuer veranlagt worden sei. Dem Kläger hätten sich Zweifel zumindest dahingehend aufdrängen müssen, dass er nicht im Besitz einer Lohnsteuerkarte gewesen sei. Den Erhalt der Merkblätter 1 für Arbeitslose habe der Kläger jeweils mit seiner Unterschrift bestätigt. Hieran müsse er sich fest halten lassen. Die Fristen für die Rücknahme seien eingehalten. Fehler bei der Berechnung der Erstattungsforderung seien nicht feststellbar. Die angefochtenen Bescheide seien mithin rechtmäßig.
Gegen das am 10.06.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.07.2003 Berufung eingelegt (L 9 AL 2668/03). Er hat vorgetragen, nach seiner Erkrankung habe er sich am 14.12.1998 wieder persönlich beim Arbeitsamt gemeldet. Die Mitarbeiterin des Arbeitsamtes habe seine Daten aus dem Computer aufgerufen und vom Bildschirm abgelesen. Sie habe die von ihm offen gelassenen Punkte selbst eingetragen. Fragen zu diesem Antrag habe die Sachbearbeiterin an ihn nicht mehr gestellt, zumal sie alle Daten aus dem Computer gehabt habe. Auch zur Lohnsteuerklasse habe die Sachbearbeiterin keine Fragen gestellt. Möglicherweise habe er bei dieser Gelegenheit unterzeichnet, dass ihm ein Merkblatt ausgehändigt worden sei. Tatsächlich habe er kein Merkblatt erhalten. Er habe bis dahin auch noch keinen Zusammenhang zwischen dem Leistungsbezug vom Arbeitsamt und seiner Lohnsteuerklasse erkannt. Es sei aus den Urteilsgründen nicht zu erkennen, weshalb seinen konkreten Angaben weniger Glauben zu schenken sei als den allgemeinen Angaben der Sachbearbeiterin, die sich konkret an nichts mehr erinnere. Ausgehend von dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne von einem grob fahrlässigen Verhalten beim Ausfüllen des Antragsformulars im Dezember 1998 nicht ausgegangen werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. April 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. November 2001 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 8. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend.
In der mündlichen Verhandlung am 23.03.2004 ist auf Antrag der Beteiligten im Hinblick auf ein Revisionsverfahren beim Bundessozialgericht (BSG) durch Beschluss das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden, das die Beklagte am 07.03.2006 wieder angerufen hat und das unter dem vorliegenden Aktenzeichen von dem nach der Geschäftsverteilung des Landessozialgerichts nunmehr zuständigen erkennenden Senat fortgeführt worden ist.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie auf ein Band Akten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 14.12.1998 bis 05.06.2001 teilweise zurückgenommen.
Die angefochtenen Bescheide sind nicht formell rechtswidrig. Insbesondere ist der Kläger vor deren Erlass ordnungsgemäß anhört worden.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Bewilligung von Alg ist § 45 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 330 Abs. 2 SGB III). Diese Voraussetzungen sind beim Kläger erfüllt.
Die Bewilligung von Alg war im streitigen Zeitraum teilweise rechtswidrig. Gemäß § 129 Nr. 2 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld für Arbeitslose, bei denen kein Kind im Sinne des § 32 Abs. l, 3 bis 5 Einkommenssteuergesetz zu berücksichtigen ist, 60% (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Leistungsentgelt ist gemäß § 136 Abs. l SGB III das um die gesetzlichen Entgeltabzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderte Bemessungsentgelt. Die als gewöhnlicher Abzug zugrunde zu legende Steuer richtet sich gemäß § 137 Abs. l SGB III nach der Leistungsgruppe, der der Arbeitslose zuzuordnen ist. Nach Abs. 2 Nr. 3a dieser Vorschrift sind Arbeitnehmer, auf deren Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse III eingetragen ist, der Leistungsgruppe C und nach Abs. 2 Nr. 4 Arbeitnehmer, auf deren Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse V eingetragen ist, der Leistungsgruppe D zuzuordnen. Die Zuordnung richtet sich gemäß Abs. 3 nach der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen war. Spätere Änderungen der eingetragenen Lohnsteuerklasse werden mit Wirkung des Tages berücksichtigt, an dem erstmals die Voraussetzungen für die Änderung vorlagen. Das gleiche gilt, wenn auf der für spätere Kalenderjahre ausgestellten Lohnsteuerkarte eine andere Lohnsteuerklasse eingetragen wird.
Im Kalenderjahr 1998, in dem der Anspruch des Klägers auf Alg entstand, war für diesen überhaupt keine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden. Für diesen Fall ist die Lohnsteuerklasse maßgebend, die nach den steuerrechtlichen Vorschriften zu Beginn des Kalenderjahres zunächst einzutragen gewesen wäre, wenn er sich eine Lohnsteuerkarte hätte ausstellen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 22.02.1984 - 7 RAr 52/82, abgedruckt in Juris; Pilz in Gagel, SGB III, Arbeitsförderung Rdnr. 29 zu § 137 m.w.N.). Da der Kläger zum 01.07.1997 seine Steuerklasse III in Steuerklasse V geändert hatte, während seine Ehefrau die Steuerklasse III erhielt und ihr eine Lohnsteuerkarte mit Steuerklasse III auch im Jahr 1998 ausgestellt worden war, wie sich aus der Auskunft des Einwohnermeldeamts Herrenberg vom 02.07.2001 ergibt und was vom Kläger im Übrigen nicht bestritten wird, kam für den Kläger nach § 38b Satz 2 Nr. 5 Einkommenssteuergesetz nur eine Lohnsteuerkarte mit Steuerklasse V in Betracht. Die Bewilligungen von Alg vom 04.01.1999 sowie vom 06.04.2000 waren damit rechtswidrig. Dem Kläger wurde zu hohes Alg bewilligt, da die Bewilligung nach Leistungsgruppe C erfolgte. Dem Kläger, in dessen Lohnsteuerkarte die Steuerklasse V hätte eingetragen werden müssen, stand dagegen Alg lediglich nach Leistungsgruppe D zu.
Die teilweise Rücknahme der Bewilligungen scheitert auch nicht am schutzwürdigen Vertrauen des Klägers. Gemäß § 45 Abs. 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Danach kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz berufen. Die Bewilligungen von Alg nach Leistungsgruppe C beruhen auf Angaben, die der Kläger grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig und unvollständig gemacht hat. Grobe Fahrlässigkeit ist zu bejahen, wenn der Betroffene schon einfachste, nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und deshalb nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. Entscheidend sind stets die besonderen Umstände des Einzelfalles und die individuellen Fähigkeiten des Betroffenen, d.h. seine Urteilsfähigkeit und sein Einsichtsvermögen, im Übrigen auch sein Verhalten. Unter Berücksichtigung dessen erfordert die einem Arbeitslosen abzuverlangende Sorgfalt, dass er vom Inhalt der ihm übersandten Bescheide Kenntnis nimmt und diese einer einfachen Schlüssigkeitsprüfung unterzieht. Von ihm ist weiterhin zu verlangen, dass er den Inhalt der ihm übergebenen Merkblätter zur Kenntnis nimmt und, abhängig von den Umständen des Einzelfalles, im Zweifelsfall bei der Beklagten nachfragt.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war vom Kläger zumindest zu erwarten, dass er der Mitarbeiterin der Beklagten angibt, dass er im Jahr 1998 keine Lohnsteuerkarte erhalten hat. Er durfte jedenfalls nicht behaupten, zu Beginn des Jahres 1998 sei die Steuerklasse III/0 auf der Lohnsteuerkarte eingetragen gewesen, nachdem er selbst im Hinblick auf die selbständige Tätigkeit bereits im Jahr 1997, also weit vor seiner Arbeitslosmeldung bei der Beklagten, auf Vorschlag des Wüstenrotberaters die Lohnsteuerklasse III mit seiner Frau getauscht hatte, wie er beim SG bei seiner Anhörung angegeben hat. Dieser Umstand musste dem Kläger (bei einfachsten Überlegungen) also auch bei den fraglichen Antragstellungen bekannt gewesen sein. Selbst wenn die Mitarbeiterin der Beklagten Zimmermann die Steuerklasse III/0 aus dem früheren Antrag übernommen hätte, hätte der Kläger somit nicht die Richtigkeit bestätigen dürfen, zumal ihm weiter bewusst sein musste, dass ihm zu Jahresbeginn keine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden war. Im Übrigen sind die Angaben der Zeugin Zimmermann auch für den Senat nachvollziehbar und glaubwürdig. Nach ihren Angaben fragt sie bei offenen Fragen nach und übernimmt nichts aus vorherigen Anträgen. Dabei sagt sie in der Regel, "was haben Sie für eine Lohnsteuerklasse. Sie haben das nicht eingetragen". Dieser Aussage der Zeugin widersprechen auch nicht die Angaben des Klägers. Dieser hat bei seiner persönlichen Anhörung nämlich angegeben, sich nicht mehr daran erinnern zu können, ob die Mitarbeiterin der Beklagten ihn tatsächlich nach der Lohnsteuerkarte gefragt habe oder nicht. Er hat jedoch bestätigt, dass ihm verschiedene Fragen gestellt wurden und auch verschiedenes korrigiert worden sei. Der Kläger kann sich auch nicht darauf zurückziehen zu behaupten, aufgrund seiner vorangegangenen Selbstständigkeit hätte die Lohnsteuerklasse für ihn keine Bedeutung gehabt. Dem steht die Formulierung im Antrag entgegen. Wenn ein Antragsteller im Formular nach bestimmten Angaben gefragt wird, muss er davon ausgehen, dass diese von Bedeutung sind. Auch aus dem Merkblatt l für Arbeitslose (Stand Januar 1998) ist zu entnehmen (S. 26), dass maßgebend für die Leistungsgruppe die Lohnsteuerklasse ist, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, auf der Lohnsteuerkarte vermerkt ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger die Lohnsteuerklasse III mit seiner Frau jedoch bereits getauscht gehabt. Ihm hätte also ohne weiteres klar sein müssen, dass er die Lohnsteuerklasse III nicht für sich beanspruchen kann. Für seine Behauptung, er sei der Ansicht gewesen, er erhalte Alg nach derjenigen Lohnsteuerklasse, nach der er während seiner versicherungspflichtigen Tätigkeit veranlagt worden sei, findet sich weder im Merkblatt noch in den Antragsformularen ein Anhalt. Unabhängig davon obliegt die rechtliche Bewertung des Sachverhaltes der Beklagten, weshalb die eigenen unrichtigen Erwägungen des Klägers die Angabe der unzutreffenden Lohnsteuerklasse ihn auch deshalb nicht entschuldigen können. Soweit der Kläger bestreitet, kein Merkblatt erhalten zu haben, sprechen seine Unterschriften auf den Formularen vom 14.12.1998 und 04.04.2000 dagegen.
Die neuere Rechtsprechung des BSG zum Lohnsteuerklassenwechsel unter Ehegatten (Erforderlichkeit einer besonderen Hinweis- und Beratungspflicht der Arbeitsverwaltung, vgl. insbesondere BSG Urteil vom 16.03.2005 - B 11a/11 AL 41/03 R -, NZS 2006, 159,160) rechtfertigt keine dem Kläger günstigere Entscheidung. Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da ein Steuerklassenwechsel, wie er der genannten Rechtsprechung des BSG zugrunde liegt, nicht erfolgt ist.
Die Beklagte hat auch die Fristen des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X und des § 45 Abs. 3 SGB X eingehalten.
Die Beklagte hat den Erstattungsbetrag auch zutreffend errechnet. Insoweit hat der Kläger im Übrigen auch keine Einwendungen erhoben.
Soweit die Beklagte die Bewilligung zurückgenommen hat, hat der Kläger die rechtswidrig gezahlten Leistungen gemäß § 50 Abs. l SGB X zu erstatten.
Die Aufrechnungsentscheidung im Bescheid vom 12.11.2001 ist gegenstandlos geworden. Sie ist ausweislich der Zahlungsnachweise der Beklagten nicht vollzogen worden und der Kläger ist aufgrund seiner Rente aus dem Leistungsbezug der Beklagten ausgeschieden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und die Rückforderung erbrachter Leistungen streitig.
Der am 1945 geborene Kläger war bis zum 31.03.1997 bei der F. GmbH versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde mit Schreiben vom 15.01.1997 durch den Kläger aus gesundheitlichen Gründen zum 31.03.1997 gekündigt. Ab 01.04.1997 war er selbstständig tätig, vom 22.05.1998 bis 31.05.1998 unter 15 Stunden wöchentlich.
Am 22.05.1998 meldete er sich arbeitslos und beantragte Alg. In dem Antrag trug die Mitarbeiterin der Beklagten E. D. unter Nr. 5b als Lohnsteuerklasse die Lohnsteuerklasse III/0 ein, die zu Jahresbeginn auf der Lohnsteuerkarte des Klägers eingetragen war. Angaben zur Änderung der Lohnsteuerklasse im Laufe des Jahres wurden nicht gemacht. Durch seine Unterschrift bestätigte der Kläger die Richtigkeit der zu Fragen 4 a bis 4 g vorgenommenen Änderungen bzw. Ergänzungen. Den Erhalt des Merkblatts für Arbeitslose bestätigte der Kläger nicht.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger am 04.06.1998 ab dem 22.05.1998 Alg in Höhe von DM 546,00 wöchentlich (Bemessungsentgelt 1.470,-, Leistungsgruppe C/0, Leistungstabelle 1998).
In der Zeit vom 05.11.1998 bis 13.12.1998 bezog der Kläger Krankengeld. In dem Fortzahlungsantrag vom 14.12.1998 verneinte der Kläger eine Änderung der Lohnsteuerklasse im Laufe des Jahres. Von der Mitarbeiterin der Beklagten Sigrid Zimmermann wurde zu Nr. 5b die Lohnsteuerklasse III/0 eingetragen. Der Kläger versicherte mit seiner Unterschrift jeweils, dass seine Angaben zuträfen, er das Merkblatt l für Arbeitslose "Dienste und Leistungen" erhalten habe und bestätigte die Richtigkeit der durch ihn oder die Antragsaufnahme des Arbeitsamtes vorgenommene Änderungen bzw. Ergänzungen der Fragen. Am 05.01.1999 wurde dem Kläger Alg ab 14.12.1998 in Höhe von wöchentlich DM 546,- weiterbewilligt. Ab 01.01.1999 betrug der wöchentliche Leistungssatz DM 551,74.
Im Zeitraum vom 17.06.1999 bis 03.04.2000 bezog der Kläger wiederum Krankengeld. Im Fortzahlungsantrag vom 04.04.2000 wurde von der Mitarbeiterin der Beklagten Ditsche als Lohnsteuerklasse die Klasse III/0 eingetragen; Angaben zu Änderungen der Lohnsteuerklasse im Laufe des Jahres wurden nicht gemacht. Der Kläger versicherte wiederum jeweils mit seiner Unterschrift, dass seine Angaben zuträfen, er das Merkblatt l erhalten habe und bestätigte die Richtigkeit der durch ihn oder die Antragsannahme des Arbeitsamts vorgenommenen Änderungen bzw. Ergänzungen der Fragen. Am 06.04.2000 wurde dem Kläger Alg in Höhe von wöchentlich DM 576,80 weiterbewilligt. Ab 01.07.2000 betrug der wöchentliche Leistungssatz DM 624,89, ab 01.01.2001 DM 642,46 und ab 01.04.2001 DM 645,61. Am 05.06.2001 war der Anspruch auf Alg erschöpft.
Am 15.06.2001 beantragte der Kläger die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi). Er verneinte eine Änderung der zu Jahresbeginn auf seiner Lohnsteuerkarte eingetragenen Lohnsteuerklasse. Ein Mitarbeiter der Beklagten vermerkte als Lohnsteuerklasse III/0. Der Kläger bestätigte wiederum jeweils unterschriftlich den Erhalt des Merkblatts l sowie die Richtigkeit der durch ihn oder die Antragsannahme des Arbeitsamtes vorgenommenen Änderungen bzw. Ergänzungen.
Am 02.07.2001 erfuhr die Beklagte durch eine Mitarbeiterin des Einwohnermeldeamts H., dass dem Kläger zuletzt im Jahr 1997 eine Steuerkarte mit der Steuerklasse III ausgestellt und diese am 01.06.1997 in Steuerklasse V geändert worden sei. Danach sei dem Kläger keine Steuerkarte mehr ausgestellt worden. Seine Frau habe seit 1997 die Steuerklasse III. Ihr sei jedes Jahr eine Steuerkarte ausgestellt worden.
Am 04.07.2001 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 06.06.2001 nach der Leistungsgruppe D/0 in Höhe von wöchentlich DM 190,82.
Mit Anhörungsschreiben vom 01.08.2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er in der Zeit vom 22.05.1998 bis 05.06.2001 Alg in Höhe von DM 27.842,07 (14.235,42 EUR) zu Unrecht bezogen habe. Er habe ab dem 01.06.1997 Steuerklasse V gehabt, so dass Alg ab Beginn des Leistungsbezugs nach Leistungsgruppe D zu zahlen gewesen sei; erhalten habe er jedoch Leistungen nach Leistungsgruppe C. Er habe die Überzahlung verursacht, da er in den Leistungsanträgen falsche Angaben zur Lohnsteuerklasse gemacht habe.
Mit Bescheid vom 12.11.2001 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X ab 22.05.1998 teilweise auf, da der Kläger den Steuerklassenwechsel entgegen § 60 SGB I nicht mitgeteilt habe. Er habe Leistungen in Höhe von DM 27.842,07 zu erstatten. Von seinem Leistungsanspruch würden künftig täglich DM 13,63 bis zur Begleichung der Forderung aufgerechnet.
Hiergegen erhob der Kläger am 30.11.2001 Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, bei seiner ersten Antragstellung auf Alg habe er alle ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen der Sachbearbeiterin des Arbeitsamts übergeben. Des Weiteren habe er in dem Antrag auf Bewilligung von Alg alle Angaben gemacht, die ihm bekannt gewesen seien. Zum 01.04.1997 habe er sich selbstständig gemacht und zum 31.05.1998 (gemeint wohl 31.05.1997) habe er ein Gewerbe angemeldet. Gleichzeitig mit dieser Anmeldung müsse es zu einem Wechsel der Lohnsteuerklasse von III nach V gekommen sein. Bewusst könne er sich nicht daran erinnern, dass er einen Wechsel beantragt habe. Da er von seiner ehemaligen Arbeitgeberin noch Tantiemen bekommen habe, habe er am 28.07.1997 die Lohnsteuerkarte 1997 an die Zentrale der Firma Flachsmann nach Heilbronn geschickt. Nach Erhalt der Steuerkarte 1997 habe er diese mit der Steuererklärung an das Finanzamt geschickt. Eine Lohnsteuerkarte für das Jahr 1998 habe er nicht erhalten, so dass er eine solche beim Arbeitsamt nicht habe vorlegen können. Da ihm eine Lohnsteuerkarte nicht vorgelegen habe, habe er im Antrag auf Alg und in den Folgeanträgen keine Angaben zu seiner Lohnsteuerklasse gemacht. Er habe seine letzten Gehaltsabrechnungen von der Firma Flachsmann zu den Akten gegeben. Die Sachbearbeiterin des Arbeitsamts habe die Lohnsteuerklasse ergänzt. Der falsche Eintrag sei demnach nicht auf sein Verhalten bzw. Unterlassen zurückzuführen. Nachdem ihm der Bewilligungsbescheid vorgelegen habe, habe er diesen auf seine Vollständigkeit hin überprüft. Er sei davon ausgegangen, dass die Steuerklasse III korrekt sei. Zum einen habe er zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst, dass er in der Lohnsteuerklasse V eingetragen sei. Zum anderen sei er davon ausgegangen, dass sich das Alg bei ihm nach der Steuerklasse III richte, nachdem er 35 Jahre Steuern und Beiträge auf der Grundlage der Steuerklasse III gezahlt habe. Es könne ihm nicht vorgeworfen werden, dass die Sachbearbeiterin einen falschen Eintrag vorgenommen habe. Eine Nachfrage bezüglich der fehlenden Eintragung der Steuerklasse im Alg-Antrag und nach der fehlenden Steuerkarte habe nicht stattgefunden. Er sei davon ausgegangen, dass der Eintrag der Sachbearbeiterin bezüglich der Steuerklasse richtig sei. Ein grob fahrlässiges Verhalten seinerseits liege nicht vor. Im Vertrauen auf den Bestand des Bewilligungsbescheides habe er die vom Arbeitsamt erbrachten Leistungen zur Finanzierung seines Lebensunterhalts verbraucht. Ihm sei Rente wegen Erwerbsunfähigkeit rückwirkend bewilligt worden. Hierzu legte er den Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 30.11.2001 vor, wonach dem Kläger ab 01.02.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bis 31.01.2003 bewilligt wurde; für die Zeit von 01.04.2000 bis 31.05.2001 wurde Rente nicht nachbezahlt. Die Zahlung von Alhi wurde ab 01.01.2002 eingestellt.
Am 08.02.2002 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid zu dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 12.11.2001. Nunmehr hob sie lediglich die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 14.12.1998 bis 05.06.2001 wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse gemäß § 48 Abs. l Satz 2 Nr. 2 SGB X teilweise auf, weil der Kläger im streitigen Zeitraum Alg nach Leistungsgruppe C erhalten habe, obwohl ihm dieses lediglich nach Leistungsgruppe D zugestanden habe. Er habe deswegen einen Betrag von DM 22.506,42 (11.507,35 EUR) zu erstatten. Der Bescheid werde Gegenstand des Widerspruchsverfahrens.
Am 19.06.2002 hörte die Beklagte den Kläger erneut an. In diesem Schreiben führte sie aus, hinsichtlich der Leistungen vom 22.05.1998 bzw. 04.11.1998 werde dem Kläger Vertrauensschutz eingeräumt. Die Bewilligung von Alg werde nunmehr für die Zeit vom 14.12.1998 bis 05.06.2001 teilweise zurückgenommen. In den Leistungsanträgen vom 14.12.1998 und 04.04.2000 habe er unterschriftlich bestätigt, dass zu Jahresbeginn auf seiner Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse III/0 eingetragen gewesen sei, was nicht richtig gewesen sei. Die Bewilligung des Alg beruhe somit auf Angaben, die der Kläger zumindest grob fahrlässig unrichtig gemacht habe. Er hätte aufgrund des Merkblattes für Arbeitslose, das er erhalten habe, erkennen müssen, dass ihm die bewilligten Leistungen nach der Leistungsgruppe C für die genannte Zeit nicht zugestanden habe. Sofern ihm seine Steuerklasse nicht bekannt gewesen sei, gehe das zu seinen Lasten.
Der Kläger äußerte sich mit Schreiben vom 24.07.2002, in dem er sein bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholte. Ergänzend trug er vor, er habe kein Merkblatt für Arbeitslose bekommen. Hätte die Sachbearbeiterin ihre Tätigkeit ordnungsgemäß und gründlich ausgeübt, hätte diese erkennen können und müssen, dass hier ein Fehler vorliege. Er sei nicht nach seiner Lohnsteuerkarte gefragt worden, obwohl bekannt gewesen sei, dass er eine berufstätige Ehefrau habe. Der Irrtum könne nicht ihm zugerechnet werden. Aufgrund seines Vertrauens zu den Mitarbeitern des Arbeitsamtes und deren umfassenden Sachverstand habe er die Anträge in der Annahme unterschrieben, dass der Antrag richtig ausgefüllt worden sei. Die Akte lasse das oberflächliche Arbeiten der Mitarbeiter des Arbeitsamtes erkennen. Er sei ein ehrlicher und gewissenhafter Mensch, der überkorrekt handele. Er habe keine Kenntnis von etwaigen falschen Angaben gehabt und müsse hiervon auch keine Kenntnis haben. Aus seinen Unterschriften könne kein Vorwurf auf falsche Angaben oder Vorsatz bzw. grobe Fahrlässigkeit konstruiert werden. Er habe auf den Bestand der Bewilligungsbescheide vertrauen dürfen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.08.2002 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch nach Erteilung des Änderungsbescheides vom 08.02.2002 als unbegründet zurück. Der Kläger habe im Alg-Antrag vom 22.05.1998 seine Lohnsteuerklasse unrichtig angegeben. Da er auf dem Antragsvordruck nicht bestätigt habe, das Merkblatt erhalten zu haben und auch hinsichtlich der Angabe unter Nr. 5b (Lohnsteuerklasse) die Richtigkeit nicht bestätigt habe, sei ihm Vertrauensschutz eingeräumt worden. Ab dem 14.12.1998 könne er aber keinen Vertrauensschutz mehr für sich beanspruchen. Er habe zumindest grob fahrlässig unrichtige Angaben gemacht.
Gegen den Kläger wurde außerdem ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Betruges eingeleitet (Staatsanwaltschaft Stuttgart, Az. 103 JS 108217/04 sgb 26).
Am 11.09.2002 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Er führte zur Begründung ergänzend aus, während seiner sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit habe er immer der Steuerklasse III angehört. Dem Wechsel der Steuerklasse aufgrund seiner Selbstständigkeit habe er keinerlei Bedeutung beigemessen. Seit 01.04.1997 habe er Einkommenssteuer gezahlt. Seine Lohnsteuerklasse sei für ihn ab diesem Zeitpunkt nicht mehr von Bedeutung gewesen. Er habe auch nicht gewusst, dass sein Alg nach der aktuellen Lohnsteuerklasse berechnet werde. Er sei davon ausgegangen, dass er Alg auf der Grundlage der Steuerklasse III erhalte, die in der Zeit der Beschäftigung gegolten habe. Deshalb sei der Bewilligungsbescheid für ihn richtig gewesen. Er habe den Fehler nicht bemerkt, weil er als juristischer Laie und zudem aufgrund der erstmaligen Arbeitslosigkeit nicht gewusst habe, dass ein Fehler enthalten gewesen sei. Dies werde auch dadurch deutlich, dass er bei der Ausfüllung des Antrages nicht gewusst habe, was er bei der Frage nach der Lohnsteuerklasse auszufüllen habe. Die Sachbearbeiterin habe diese Frage unrichtig ausgefüllt, obwohl ihr sämtliche Informationen zu seinen Lebensumständen, denen der Ehefrau und deren Berufstätigkeit bekannt gewesen seien. Sie habe es nicht für erforderlich gehalten nachzufragen, welcher Steuerklasse er angehöre. Eine Aufklärung und Besprechung dieser Frage habe zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Auf die Frage nach der Lohnsteuerklasse habe er angegeben, dass er diese zum einen aufgrund seiner Selbstständigkeit und zum anderen aufgrund der Tatsache, dass er seit Jahresbeginn 1998 keine Steuerkarte mehr hatte, nicht wisse. Er habe weder beim ersten Antrag noch bei den Folgeanträgen das Merkblatt erhalten. Er habe lediglich dort unterschrieben, wo er nach Mitteilung der Sachbearbeiterin unterschreiben sollte. Es könne ihm nicht vorgeworfen werden, er habe vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht. Ihm könne höchstens vorgeworfen werden, dass er auf die Richtigkeit und Gründlichkeit der Arbeit der Sachbearbeiter vertraut habe und nicht nochmals durchgelesen habe, was er letztlich unterschrieben habe, wobei zu beachten sei, dass er davon ausgegangen sei, dass die Angaben des ersten Antrages korrekt seien. Er habe bezüglich seiner Steuerklasse zu keinem Zeitpunkt Angaben gemacht, weil er diese tatsächlich nicht gewusst habe. Die Sachbearbeiterin habe die Angaben bezüglich der Lohnsteuer aus den Gehaltsnachweisen aus dem Jahr 1997 ohne Nachfrage und Nachforschungen übernommen, wozu sie verpflichtet gewesen wäre und was ein leichtes gewesen wäre.
Das SG hörte in der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2003 den Kläger persönlich an und vernahm E. D. und S. Z. als Zeugen. Hierzu wird die Sitzungsniederschrift des SG vom 25.04.2003 verwiesen.
Mit Urteil vom 25.04.2003 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Bewilligung von Alg vom 04.01.2001 sowie die darauf folgenden Bewilligungen seien rechtswidrig. Dem Kläger sei zu hohes Alg bewilligt worden, weil zu Unrecht die Leistungsgruppe C anstelle von D zugrunde gelegt worden sei. Der Kläger könne sich auch nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen. Die Bewilligungen beruhten auf Angaben, die der Kläger grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht habe. Der Kläger habe in dem Antragsformular zur Arbeitslosmeldung am 14.12.1998 die Frage nach der Lohnsteuerklasse nicht selbst beantwortet, sondern von der Mitarbeiterin des Arbeitsamts sei die Klasse III/0 eingetragen worden. Diese Eintragung müsse sich der Kläger zurechnen lassen. Der Kläger habe zwar nicht vorsätzlich eine falsche Angabe bezüglich der Lohnsteuerklasse gemacht, aber er habe grob fahrlässig gehandelt. Er hätte nicht einfach die Lohnsteuerklasse III angeben dürfen. Von einem Arbeitslosen sei zu verlangen, dass er die an ihn gerichteten Fragen aufmerksam durchlese und nicht blind Angaben mache oder Antragsformulare unterschreibe. Er hätte darauf aufmerksam werden müssen, dass die eingetragene Lohnsteuerklasse nicht stimmen könne. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung den Eindruck gemacht, dass er sich des Lohnsteuerklassenwechsels mit seiner Ehefrau bewusst gewesen sei, zumal dieser gerade wegen seiner Selbstständigkeit herbeigeführt worden sei. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, dass der Kläger den Wechsel bei der Beantragung von Alg vergessen habe. Der Kläger könne sich auch nicht darauf zurückziehen, er sei davon ausgegangen, dass aufgrund seiner vorangegangenen Selbstständigkeit die Lohnsteuerklassen für ihn keine Bedeutung hätten. Dem stehe die Formulierung in dem Antrag entgegen. Auch aus dem Merkblatt für Arbeitslose werde klar, dass die Lohnsteuerklasse entscheidend sei, die auf der Lohnsteuerkarte zu Beginn des Jahres vermerkt sei. Der Kläger könne sich also nicht darauf zurückziehen, er sei der Ansicht gewesen, er erhalte Alg aufgrund derjenigen Lohnsteuerklasse, mit welcher er bei seiner Tätigkeit zur Steuer veranlagt worden sei. Dem Kläger hätten sich Zweifel zumindest dahingehend aufdrängen müssen, dass er nicht im Besitz einer Lohnsteuerkarte gewesen sei. Den Erhalt der Merkblätter 1 für Arbeitslose habe der Kläger jeweils mit seiner Unterschrift bestätigt. Hieran müsse er sich fest halten lassen. Die Fristen für die Rücknahme seien eingehalten. Fehler bei der Berechnung der Erstattungsforderung seien nicht feststellbar. Die angefochtenen Bescheide seien mithin rechtmäßig.
Gegen das am 10.06.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.07.2003 Berufung eingelegt (L 9 AL 2668/03). Er hat vorgetragen, nach seiner Erkrankung habe er sich am 14.12.1998 wieder persönlich beim Arbeitsamt gemeldet. Die Mitarbeiterin des Arbeitsamtes habe seine Daten aus dem Computer aufgerufen und vom Bildschirm abgelesen. Sie habe die von ihm offen gelassenen Punkte selbst eingetragen. Fragen zu diesem Antrag habe die Sachbearbeiterin an ihn nicht mehr gestellt, zumal sie alle Daten aus dem Computer gehabt habe. Auch zur Lohnsteuerklasse habe die Sachbearbeiterin keine Fragen gestellt. Möglicherweise habe er bei dieser Gelegenheit unterzeichnet, dass ihm ein Merkblatt ausgehändigt worden sei. Tatsächlich habe er kein Merkblatt erhalten. Er habe bis dahin auch noch keinen Zusammenhang zwischen dem Leistungsbezug vom Arbeitsamt und seiner Lohnsteuerklasse erkannt. Es sei aus den Urteilsgründen nicht zu erkennen, weshalb seinen konkreten Angaben weniger Glauben zu schenken sei als den allgemeinen Angaben der Sachbearbeiterin, die sich konkret an nichts mehr erinnere. Ausgehend von dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne von einem grob fahrlässigen Verhalten beim Ausfüllen des Antragsformulars im Dezember 1998 nicht ausgegangen werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. April 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. November 2001 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 8. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend.
In der mündlichen Verhandlung am 23.03.2004 ist auf Antrag der Beteiligten im Hinblick auf ein Revisionsverfahren beim Bundessozialgericht (BSG) durch Beschluss das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden, das die Beklagte am 07.03.2006 wieder angerufen hat und das unter dem vorliegenden Aktenzeichen von dem nach der Geschäftsverteilung des Landessozialgerichts nunmehr zuständigen erkennenden Senat fortgeführt worden ist.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie auf ein Band Akten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 14.12.1998 bis 05.06.2001 teilweise zurückgenommen.
Die angefochtenen Bescheide sind nicht formell rechtswidrig. Insbesondere ist der Kläger vor deren Erlass ordnungsgemäß anhört worden.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Bewilligung von Alg ist § 45 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 330 Abs. 2 SGB III). Diese Voraussetzungen sind beim Kläger erfüllt.
Die Bewilligung von Alg war im streitigen Zeitraum teilweise rechtswidrig. Gemäß § 129 Nr. 2 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld für Arbeitslose, bei denen kein Kind im Sinne des § 32 Abs. l, 3 bis 5 Einkommenssteuergesetz zu berücksichtigen ist, 60% (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Leistungsentgelt ist gemäß § 136 Abs. l SGB III das um die gesetzlichen Entgeltabzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderte Bemessungsentgelt. Die als gewöhnlicher Abzug zugrunde zu legende Steuer richtet sich gemäß § 137 Abs. l SGB III nach der Leistungsgruppe, der der Arbeitslose zuzuordnen ist. Nach Abs. 2 Nr. 3a dieser Vorschrift sind Arbeitnehmer, auf deren Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse III eingetragen ist, der Leistungsgruppe C und nach Abs. 2 Nr. 4 Arbeitnehmer, auf deren Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse V eingetragen ist, der Leistungsgruppe D zuzuordnen. Die Zuordnung richtet sich gemäß Abs. 3 nach der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen war. Spätere Änderungen der eingetragenen Lohnsteuerklasse werden mit Wirkung des Tages berücksichtigt, an dem erstmals die Voraussetzungen für die Änderung vorlagen. Das gleiche gilt, wenn auf der für spätere Kalenderjahre ausgestellten Lohnsteuerkarte eine andere Lohnsteuerklasse eingetragen wird.
Im Kalenderjahr 1998, in dem der Anspruch des Klägers auf Alg entstand, war für diesen überhaupt keine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden. Für diesen Fall ist die Lohnsteuerklasse maßgebend, die nach den steuerrechtlichen Vorschriften zu Beginn des Kalenderjahres zunächst einzutragen gewesen wäre, wenn er sich eine Lohnsteuerkarte hätte ausstellen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 22.02.1984 - 7 RAr 52/82, abgedruckt in Juris; Pilz in Gagel, SGB III, Arbeitsförderung Rdnr. 29 zu § 137 m.w.N.). Da der Kläger zum 01.07.1997 seine Steuerklasse III in Steuerklasse V geändert hatte, während seine Ehefrau die Steuerklasse III erhielt und ihr eine Lohnsteuerkarte mit Steuerklasse III auch im Jahr 1998 ausgestellt worden war, wie sich aus der Auskunft des Einwohnermeldeamts Herrenberg vom 02.07.2001 ergibt und was vom Kläger im Übrigen nicht bestritten wird, kam für den Kläger nach § 38b Satz 2 Nr. 5 Einkommenssteuergesetz nur eine Lohnsteuerkarte mit Steuerklasse V in Betracht. Die Bewilligungen von Alg vom 04.01.1999 sowie vom 06.04.2000 waren damit rechtswidrig. Dem Kläger wurde zu hohes Alg bewilligt, da die Bewilligung nach Leistungsgruppe C erfolgte. Dem Kläger, in dessen Lohnsteuerkarte die Steuerklasse V hätte eingetragen werden müssen, stand dagegen Alg lediglich nach Leistungsgruppe D zu.
Die teilweise Rücknahme der Bewilligungen scheitert auch nicht am schutzwürdigen Vertrauen des Klägers. Gemäß § 45 Abs. 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Danach kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz berufen. Die Bewilligungen von Alg nach Leistungsgruppe C beruhen auf Angaben, die der Kläger grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig und unvollständig gemacht hat. Grobe Fahrlässigkeit ist zu bejahen, wenn der Betroffene schon einfachste, nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und deshalb nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. Entscheidend sind stets die besonderen Umstände des Einzelfalles und die individuellen Fähigkeiten des Betroffenen, d.h. seine Urteilsfähigkeit und sein Einsichtsvermögen, im Übrigen auch sein Verhalten. Unter Berücksichtigung dessen erfordert die einem Arbeitslosen abzuverlangende Sorgfalt, dass er vom Inhalt der ihm übersandten Bescheide Kenntnis nimmt und diese einer einfachen Schlüssigkeitsprüfung unterzieht. Von ihm ist weiterhin zu verlangen, dass er den Inhalt der ihm übergebenen Merkblätter zur Kenntnis nimmt und, abhängig von den Umständen des Einzelfalles, im Zweifelsfall bei der Beklagten nachfragt.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war vom Kläger zumindest zu erwarten, dass er der Mitarbeiterin der Beklagten angibt, dass er im Jahr 1998 keine Lohnsteuerkarte erhalten hat. Er durfte jedenfalls nicht behaupten, zu Beginn des Jahres 1998 sei die Steuerklasse III/0 auf der Lohnsteuerkarte eingetragen gewesen, nachdem er selbst im Hinblick auf die selbständige Tätigkeit bereits im Jahr 1997, also weit vor seiner Arbeitslosmeldung bei der Beklagten, auf Vorschlag des Wüstenrotberaters die Lohnsteuerklasse III mit seiner Frau getauscht hatte, wie er beim SG bei seiner Anhörung angegeben hat. Dieser Umstand musste dem Kläger (bei einfachsten Überlegungen) also auch bei den fraglichen Antragstellungen bekannt gewesen sein. Selbst wenn die Mitarbeiterin der Beklagten Zimmermann die Steuerklasse III/0 aus dem früheren Antrag übernommen hätte, hätte der Kläger somit nicht die Richtigkeit bestätigen dürfen, zumal ihm weiter bewusst sein musste, dass ihm zu Jahresbeginn keine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden war. Im Übrigen sind die Angaben der Zeugin Zimmermann auch für den Senat nachvollziehbar und glaubwürdig. Nach ihren Angaben fragt sie bei offenen Fragen nach und übernimmt nichts aus vorherigen Anträgen. Dabei sagt sie in der Regel, "was haben Sie für eine Lohnsteuerklasse. Sie haben das nicht eingetragen". Dieser Aussage der Zeugin widersprechen auch nicht die Angaben des Klägers. Dieser hat bei seiner persönlichen Anhörung nämlich angegeben, sich nicht mehr daran erinnern zu können, ob die Mitarbeiterin der Beklagten ihn tatsächlich nach der Lohnsteuerkarte gefragt habe oder nicht. Er hat jedoch bestätigt, dass ihm verschiedene Fragen gestellt wurden und auch verschiedenes korrigiert worden sei. Der Kläger kann sich auch nicht darauf zurückziehen zu behaupten, aufgrund seiner vorangegangenen Selbstständigkeit hätte die Lohnsteuerklasse für ihn keine Bedeutung gehabt. Dem steht die Formulierung im Antrag entgegen. Wenn ein Antragsteller im Formular nach bestimmten Angaben gefragt wird, muss er davon ausgehen, dass diese von Bedeutung sind. Auch aus dem Merkblatt l für Arbeitslose (Stand Januar 1998) ist zu entnehmen (S. 26), dass maßgebend für die Leistungsgruppe die Lohnsteuerklasse ist, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, auf der Lohnsteuerkarte vermerkt ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger die Lohnsteuerklasse III mit seiner Frau jedoch bereits getauscht gehabt. Ihm hätte also ohne weiteres klar sein müssen, dass er die Lohnsteuerklasse III nicht für sich beanspruchen kann. Für seine Behauptung, er sei der Ansicht gewesen, er erhalte Alg nach derjenigen Lohnsteuerklasse, nach der er während seiner versicherungspflichtigen Tätigkeit veranlagt worden sei, findet sich weder im Merkblatt noch in den Antragsformularen ein Anhalt. Unabhängig davon obliegt die rechtliche Bewertung des Sachverhaltes der Beklagten, weshalb die eigenen unrichtigen Erwägungen des Klägers die Angabe der unzutreffenden Lohnsteuerklasse ihn auch deshalb nicht entschuldigen können. Soweit der Kläger bestreitet, kein Merkblatt erhalten zu haben, sprechen seine Unterschriften auf den Formularen vom 14.12.1998 und 04.04.2000 dagegen.
Die neuere Rechtsprechung des BSG zum Lohnsteuerklassenwechsel unter Ehegatten (Erforderlichkeit einer besonderen Hinweis- und Beratungspflicht der Arbeitsverwaltung, vgl. insbesondere BSG Urteil vom 16.03.2005 - B 11a/11 AL 41/03 R -, NZS 2006, 159,160) rechtfertigt keine dem Kläger günstigere Entscheidung. Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da ein Steuerklassenwechsel, wie er der genannten Rechtsprechung des BSG zugrunde liegt, nicht erfolgt ist.
Die Beklagte hat auch die Fristen des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X und des § 45 Abs. 3 SGB X eingehalten.
Die Beklagte hat den Erstattungsbetrag auch zutreffend errechnet. Insoweit hat der Kläger im Übrigen auch keine Einwendungen erhoben.
Soweit die Beklagte die Bewilligung zurückgenommen hat, hat der Kläger die rechtswidrig gezahlten Leistungen gemäß § 50 Abs. l SGB X zu erstatten.
Die Aufrechnungsentscheidung im Bescheid vom 12.11.2001 ist gegenstandlos geworden. Sie ist ausweislich der Zahlungsnachweise der Beklagten nicht vollzogen worden und der Kläger ist aufgrund seiner Rente aus dem Leistungsbezug der Beklagten ausgeschieden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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