L 4 RA 127/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 29 RA 2211/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 RA 127/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. August 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt, die Zeiten vom 02. November bis zum 30. November 1989 sowie vom 02. April 1990 bis zum 28. Februar 1991 in einem Vormerkungsbescheid "uneingeschränkt als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit anzuerkennen".

Der im September 1952 geborene Kläger war in der Zeit vom 02. November bis zum 30. No¬vember 1989 sowie vom 02. April 1990 bis zum 28. Februar 1991 beim Arbeitsamt S arbeitslos gemeldet. In dieser Zeit nahm er an Fortbildungs-/Umschulungsmaßnahmen teil, und zwar im November 1989 an einem Lehrgang "EDV Einsteiger Seminar" und im folgenden Zeitraum am Lehrgang "EDV Kompakt-Seminar". Während dieser Zeiten bezog er jeweils Unterhaltsgeld nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG).

Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens stellte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Sep¬tember 2002 die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Zeiten bis zum 31. Dezem¬ber 1995 als für die Beteiligten verbindlich fest. Die oben aufgeführten Zeiten der Arbeitslosigkeit führte sie dabei vollständig auf und stellte ihnen die Abkürzung AFG ("von der – damaligen – Bundesanstalt für Arbeit – gemeldete Zeiten") voran. Zusätzlich waren die Zeiten mit der Bezeichnung "Unterhaltsgeld-AFG" versehen. Weiter führte sie in dem Bescheid aus, dass für den gesamten streitigen Zeitraum Ausbildungszeiten als Anrechnungszeiten vorgemerkt seien, jedoch erst im Leistungsfall zu entscheiden sei, in welchem Umfang die Zeiten einer schulischen Ausbildung als Anrechnungszeiten anerkannt würden. Weiter heißt es dann jedoch, dass die Zeit vom 02. bis zum 30. November 1989 nicht als Anrechnungszeit anerkannt werden könne, weil die Ausbildung keine Lehrzeit, Schul-, Fachschul-, Fachhochschul- oder Hochschulausbildung sei.

Mit seinem am 04. Oktober 2002 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, vom 02. bis zum 30. November 1989 als Arbeitsloser Unterhaltsgeld nach dem AFG bezogen zu haben. Diese Zeit sei der Beklagten auch als Ausfallzeittatbestand gemeldet worden und müsse uneingeschränkt als Anrechnungszeit anerkannt werden. Dies gelte ebenso für die Zeiten vom 02. April bis zum 31. Dezember 1990 sowie vom 01. Januar bis zum 28. Februar 1991.

Mit weiterem Vormerkungsbescheid vom 13. Dezember 2002 hob die Beklagte ihren Bescheid vom 25. September 2002 insoweit auf, als er dem jetzigen entgegenstehe. Im beigefügten Versicherungsverlauf war die Zeit vom 02. bis zum 30. November 1989 nunmehr mit der Bezeichnung "Arbeitslosigkeit" versehen, während die übrigen streitgegenständlichen Zeiten weiterhin den Zusatz "Unterhaltsgeld-AFG" enthielten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger die gleichen Einwendungen wie gegen den Vormerkungsbescheid vom 25. September 2002. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08. April 2003 zurück und führte zur Begründung aus, dass der begehrten Anrechnung der Zeit vom 02. bis zum 30. November 1989 nicht entsprochen werden könne. Eine Fachschulausbildung im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) liege nur vor, wenn die Ausbildung mindestens einen Halbjahreskurs mit Ganztagsunterricht umfasse oder im Rahmen eines zeitlich kürzeren Kurses mit mindestens 600 Unterrichtsstunden erfolge. Diese Voraussetzungen seien im fraglichen Zeitraum nicht erfüllt. Soweit diesbezüglich mit Bescheid vom 25. September 2002 eine Fachschulausbildung anerkannt worden sei, sei dies mit Bescheid vom 13. Dezember 2002 aufgehoben worden.

Hiergegen richtet sich die am 25. April 2003 erhobene Klage, mit der der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er meint, die streitigen Zeiten seien "uneingeschränkt als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI anzuerkennen" und im Versicherungsverlauf, nicht lediglich in anhängenden Probeberechnungen als "Anrechnungszeit" auszuweisen.

Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 19. August 2004 abgewiesen. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte nicht verpflichtet sei, einen Vormerkungsbescheid zu erlassen, in dem die fraglichen Zeiträume jeweils als "Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit" bezeichnet werden. Im Rahmen der Vormerkung könne ein Versicherter nur die Feststellung von "Daten" und nur von solchen beanspruchen, die der Versicherungsträger nach Maßgabe der Vorschriften des SGB VI in einem Versicherungskonto zu speichern habe (§ 149 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VI). Der Vormerkungsbescheid sei ausschließlich auf die Feststellung von Tatsachen gerichtet, die nach dem im Zeitpunkt der Vormerkung gültigen Recht in einem künftigen Leistungsfall möglicherweise rechtserheblich und nach Maßgabe des deutschen Rentenversicherungsrechts im Versicherungskonto vorzumerken sind. Diese Daten seien von der Beklagten zutreffend festgestellt worden. Sie habe nicht nur die jeweiligen Zeiträume bzgl. Beginn und Ende – insoweit unstreitig – zutreffend festgestellt, sondern auch inhaltlich richtig mit "Unterhaltsgeld-AFG" bzw. "Arbeitslosigkeit" bezeichnet, da der Kläger während der genannten Zeiten tatsächlich Unterhaltsgeld nach dem AFG bezogen habe und arbeitslos gewesen sei. Indes sei die Beklagte nicht verpflichtet, die Zeiten im Vormerkungsbescheid als "Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit" "anzuerkennen". Darüber, ob es sich bei den genannten Zeiten im Sinne des deutschen Rentenversicherungsrechts um Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit handele, werde die Beklagte erst bei Gewährung einer Rente nach dem dann geltenden Recht zu entscheiden haben.

Gegen dieses ihm am 22. Dezember 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 30. Dezember 2004 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er meint weiterhin, dass die Beklagte verpflichtet sei, einen förmlichen Vormerkungsbescheid über die "uneingeschränkte Anerkennung als Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 3 SGB VI)" zu erlassen, und fühlt sich in dieser Überzeugung durch die Entscheidung des BSG vom 31. Oktober 2002 – B 4 RA 54/01 R – bestärkt.

Da der Kläger weiter die EDV-Verarbeitung der Zeiten durch die Beklagte gerügt hat, hat diese mit Ergänzungsbescheid vom 17. Januar 2006 ausgeführt, dass die im Versicherungsverlauf aufgenommenen Zeiten - 02. April bis 31. Dezember 1990 9 Mon. Unterhaltsgeld-AFG - 01. Januar bis 28. Februar 1991 2 Mon. Unterhaltsgeld-AFG auch beinhalten würden - 02. April bis 31. Dezember 1990 9 Mon. Arbeitslosigkeit - 01. Januar bis 28. Februar 1991 2 Mon. Arbeitslosigkeit. In einem Schreiben vom gleichen Tage hat sie ihm schließlich ausdrücklich die "Auskunft" erteilt, dass u.a. die hier streitgegenständlichen Zeiträume nach derzeitiger Rechtslage als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit gewertet werden.

Der Kläger meint nunmehr, dass die Beklagte ein Anerkenntnis abgegeben habe. Auch wenn das Schreiben als Auskunft bezeichnet sei, komme ihm Bescheidqualität zu, sodass es zusammen mit dem Ergänzungsbescheid Gegenstand des Verfahrens nach § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) geworden sei. Es habe daher ein Anerkenntnisurteil zu ergehen, und der Beklagten seien die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Für den Fall, dass dies nicht so sei,

beantragt der Kläger,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. August 2004 sowie die Bescheide der Beklagten vom 25. September 2002 und 13. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. April 2003, dieser in der Fassung des Bescheides vom 17. Januar 2006, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Zeiten vom 02. November bis zum 30. November 1989, vom 02. April bis zum 31. Dezember 1990 sowie vom 01. Januar bis zum 28. Februar 1991 uneingeschränkt als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 3 SGB VI) anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegen¬stand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung des Klägers entscheiden, obwohl dieser in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, da mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (vgl. §§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126, 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -).

Die Berufung ist zulässig; jedoch unbegründet. Das Sozialgericht Berlin bewertet die Sach- und Rechtslage in seinem angegriffenen Urteil zutreffend.

Die Bescheide der Beklagten vom 25. September und vom 13. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. April 2003, dieser in der Fassung des Ergänzungsbescheides vom 17. Januar 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Vormerkung der Zeiten vom 02. November bis zum 30. November 1989 sowie vom 02. April 1990 bis zum 28. Februar 1991 als so bezeichnete Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit. Zur Begründung nimmt der Senat nach eigener Prüfung zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Gründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Weder das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt eine andere Entscheidung noch lässt sich eine abweichende rechtliche Bewertung auf die von dem Kläger zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichts stützen.

Soweit der Kläger meint, die Beklagte habe hinsichtlich seines Begehrens ein Anerkenntnis erteilt, geht dies offensichtlich fehl. Im Gegenteil hat die Beklagte hier klar und zutreffend zwischen einem Ergänzungsbescheid einerseits und ihrer als solcher bezeichneten Auskunft hinsichtlich der derzeitigen Rechtslage zur Wertung von Zeiten der Arbeitslosigkeit als Anrechnungszeit andererseits differenziert. Letztgenannter Auskunft kommt damit schon der Bezeichnung nach keine Verwaltungsakt-Qualität zu. Dies hat umso mehr zu gelten, als die Beklagte den von dem Kläger begehrten Verwaltungsakt den bereits vom Sozialgericht Berlin dargestellten gesetzlichen Vorgaben entsprechend und der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts folgend nicht hätte erlassen dürfen. Der von dem Kläger zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts ist an keiner Stelle zu entnehmen, dass irgendwelche Zeiten ausdrücklich als Anrechnungszeiten vorzumerken seien. Im Gegenteil spricht das Gericht deutlich stets nur von den Tatbeständen der Anrechnungszeiten. Genau diese aber hat die Beklagte hier auch vorgemerkt. Sie hat damit - dem Sinn und Zweck eines Vormerkungsbescheides entsprechend - Feststellungen über Tatbestände einer rentenversicherungsrechtlich relevanten Vorleistung, die grundsätzlich in den späteren Rentenbescheid und damit in den Rentenwert eingehen, getroffen, um im Interesse des Klägers Klarheit über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Zeiten rentenversicherungsrechtlicher Relevanz zu schaffen. Verbindlich festgestellt hat sie damit im Vormerkungsbescheid sowohl den Rechtscharakter der rentenrechtlichen Zeit (hier Arbeitslosigkeit) als auch deren zeitlichen Umfang und damit, ob ein behaupteter Anrechnungstatbestand nach seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen nach dem zum Zeitpunkt des Erlasses des Vormerkungsbescheides geltenden materiellen Recht erfüllt ist. Zu Recht hat sie hingegen nicht – wie vom Kläger begehrt - festgestellt, dass es sich bei den streitgegenständlichen Zeiten um Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit handele. Denn dies wäre bereits eine abschließende Entscheidung über die Anrechnung und Bewertung von Zeiten, die jedoch gerade nicht Gegenstand eines Vormerkungsbescheides ist, was sich eindeutig aus § 149 Abs. 5 Satz 3 SGB VI ergibt (vgl BSG, Urteil vom 10. Februar 2005 – B 4 RA 26/04 R -, SozR 4-2600 § 58 Nr. 4 m.w.N.) und worauf bereits die Beklagte sowie das Sozialgericht Berlin den Kläger wiederholt hingewiesen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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